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LG Kiel: Cyberversicherung muss bei falscher Beantwortung der Risikofragen im Schadensfall nicht zahlen sondern kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten

LG Kiel
Urteil vom 23.05.2024
5 O 128/21


Das LG Kiel hat entschieden, dass eine Cyberversicherung bei falscher Beantwortung der Risikofragen im Schadensfall nicht zahlen muss, sondern den Vertrag deshalb wegen arglistiger Täuschung anfechten kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag zu, da der Vertrag aufgrund der von der Beklagten erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig ist (§§ 20, 22 VVG i.V.m. §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB).

Die Beklagte hat mit der Klagerwiderung vom 18.08.2021 und damit noch binnen der Jahresfrist des § 124 BGB die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Die Klägerin hat die Beklagte bei Vertragsschluss über vertragsrelevante Risiken arglistig getäuscht, indem sie nach Überzeugung der Kammer jedenfalls die im Rahmen der Invitatio gestellten Risikofragen zu Ziffer 3) und 4) durch ihren beauftragten Verhandlungsgehilfen, den Zeugen J. falsch beantworten ließ, der seine Angaben im Bewusstsein seiner Unkenntnis ins Blaue hinein machte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass, wie sich auch aus der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 11 ergibt, dem Abschluss des Versicherungsvertrages zunächst eine sogenannte Invitatio vorausgeht, bei der der künftige Versicherungsnehmer, also hier die Klägerin über ihren Makler, nicht nur allgemeine Angaben zu ihrem Unternehmen und den Umfang des gewünschten Versicherungsschutzes über ein Onlineportal eingibt, sondern auch die dort abgefragten Risikofragen entweder mit ja oder nein beantworten muss, um im Anschluss die Invitatio starten zu können, das heißt die Beklagte als Versicherung zur Abgabe eines Angebotes auf Abschluss eines Versicherungsvertrages einzuladen. Es handelt sich also nicht um den von der Klägerseite angeführten Fall einer Täuschung über nicht erfragte Umstände. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die über das Onlineportal gestellten Risikofragen im weiteren Verlauf der Vertragsverhandlung und des Abschlusses des Vertrages auch in Textform gemäß § 126b BGB, wie im Fall des § 19 Abs. 1 VVG gefordert, gestellt worden sind. Eine arglistige Täuschung liegt selbst dann vor, wenn vor dem Vertragsschluss gestellte mündliche Fragen objektiv falsch beantwortet worden sind. Dies gilt damit erst recht, wenn die über ein Onlineportal auf dem Bildschirm sichtbaren Fragen falsch beantwortet werden (OLG Celle VersR 2020, 830; OLG Hamm BeckRS 2019, 37498; Langheid/Wandt- Bußmann Münchener Komm. z. VVG § 22 R. 19; Piontek r+s 2019 S. 1 ff (4)). Anzumerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Zeuge J., der zum Vertragsschluss und den dortigen Angaben vernommen worden ist von sich auch erklärte, dass er die dortigen Angaben und Erklärungen für sich nochmals ausgedruckt habe, da er noch ein Anhänger der Papierform sei, was gegen die Darstellung der Klägerseite spricht, die gestellten Risikofragen hätten vor Vertragsschluss nicht in Textform im Sinne des § 126b BGB vorgelegen.

Jedenfalls die hier gestellten Risikofragen zu Ziffer 3) und 4) wurden bezogen auf den als Speicherplatz genutzten Windows 2003 Rechner, den für den Betrieb des WEB-Shops eingesetzten Windows 2008 SQL-Server und den noch im Auslieferungszustand von 2019 befindlichen Domain-Controller DC09 objektiv falsch beantwortet, so dass dahin gestellt bleiben kann, inwieweit auch weitere Fragen falsch beantwortet worden sind. Die Frage zu 3), ob „alle stationären und mobilen Arbeitsrechner mit aktueller Software zur Erkennung und Vermeidung von Schadsoftware ausgestattet“ sind, wurde mit „ja“ beantwortet. Ebenso wurde die Frage zu Ziffer 4) nach der Durchführung verfügbarer Sicherheitsupdates ohne schuldhaftes Zögern und dem Einsatz von Produkten für die Software für Betriebssysteme, Virenscanner, Firewall, Router, NAS-Systeme usw., für die vom Hersteller Sicherheitsupdates bereitgestellt werden, bejaht. Tatsächlich war unstreitig auf dem Windows 2003 Rechner kein Virenschutzprogramm installiert und Sicherheitsupdates des Herstellers für die Klägerin nicht verfügbar. Das gilt auch für den zum Betrieb des WEB-Shops als Verbindung zum Warenwirtschaftssystem der Klägerin eingesetzten Windows 2008 Rechner. Auch hier war vor dem Vertragsschluss im Januar 2020 das von dem Hersteller bereit gestellte Sicherheitsupdate ausgelaufen. Einen erweiterten Supportvertrag, über den weiterhin Sicherheitsupdates hätten abgerufen werden können, hatte die Klägerin unstreitig für diesen Rechner nicht abgeschlossen. Zudem bestätigte der Zeuge J., dass, wie sich auch aus der von der Beklagten beauftragten forensischen Analyse durch die Diplom-Informatikerin R. ergibt, der Microsoft Windows 2008 R2 Rechner, der als WEB-SQL Server genutzt worden ist, nicht über einen Virenscanner verfügte. Schließlich befand sich auch der Domaincontroller DC 09 noch im Auslieferungszustand von 2019, dass heißt weder waren Sicherheitsupdates und Aktualisierung erfolgt noch ein Virenschutz installiert. Die Fragen zu Ziffer 3) und 4) sind damit objektiv falsch beantwortet worden.

Die Klägerin kann nicht damit gehört werden, dass unter den Begriff des Arbeitsrechners in Frage 3) lediglich die Arbeitsplatzrechner, auf denen ein Virenscanner installiert war, nicht jedoch die im Netzwerk der Klägerin installierten Server, insbesondere nicht der - nach dem Klägervortrag - bei Vertragsschluss in einer demilitarisierten Zone (DMZ) befindliche SQL- Server, erfasst sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Auslegung von allgemeinen Versicherungsbedingungen wie auch für Erklärungen des Versicherers und damit den hier gestellten Risikofragen auf den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen. In erster Linie ist bei der Auslegung vom Wortlaut auszugehen. Zudem ist der verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang zu berücksichtigen (BGH Urteil vom 23.06.1993 - IV ZR 135/92). Der Versicherungsnehmer, der eine Cyberversicherung zur Absicherung seines betrieblichen IT-Netzwerkes vor Schäden durch Hackerangriffe oder Ähnlichem absichern möchte, wird hierbei ohne weiteres erkennen, dass die vor dem Versicherungsvertragsschluss erfolgende Risikobewertung durch den Versicherer maßgeblich von verfügbaren Schutzmaßnahmen gegen IT-Angriffe von außen, wie installierten Virenschutzprogrammen und vom Hersteller bereitgestellten und auch abgerufenen Sicherheitsupdates abhängt. Gerade wenn die in der Verfügungsgewalt des Versicherungsnehmers stehenden Rechner in einem Netzwerk verbunden sind, ist ohne weiteres ersichtlich, dass die Gesamtheit des Netzes nur so sicher sein kann, wie deren schwächsten Glieder. Er wird daher den Begriff des Arbeitsrechners weiter verstehen als den des bloßen Arbeitsplatzrechners und hierunter alle Computersysteme verstehen, die in dem Betrieb Funktionen, sei es als Eingabegerät oder als Server wahrnehmen, weil bereits durch den Zugriff auf einzelne Komponenten mit Malware das gesamte Netzwerk Schaden nehmen kann. Er wird aus der Formulierung in Frage 4), in der nach „durchgeführten“ Sicherheitsupdates gefragt wird, des Weiteren erkennen, dass der Versicherer sich hier nach tatsächlich verfügbaren und von dem Anfragenden genutzte Sicherheitsupdates des Herstellers erkundigt.

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass ein ausreichender Virenschutz über die mit den Windows 2003 verbundenen mobilen Arbeitsplatzrechner gewährt worden sei oder der Windows 2008 SQL Rechner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sich in einer sogenannten DMZ befunden habe und es sich hierbei nicht um einen Arbeitsrechner handele. Damit blieben weiterhin die im Netzwerk eingebundenen, als Speicherplatz genutzten Server mit dem Windows 2003 Betriebssystem sowie der WEB-SQL-Server mit dem Windows 2008 System ohne aktuellen Virenschutz und Sicherheitsupdates. Sie waren dennoch, wie der Sachverständige S. im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung erklärte, über die angeschlossenen Arbeitsplatzrechner mit dem Internet verbunden. Die älteren Rechner verfügten über allgemein bekannte Sicherheitsmängel, wie zum Beispiel das aktive SMB1 Protokoll, die von externen Angreifern zur Kompromittierung des gesamten Netzsystems genutzt werden konnten. Es steht der Klägerin als Versicherungsnehmerin nicht zu, an Stelle des Versicherers und ohne dies offen zu legen, die Risikobewertung selbst vorzunehmen. Dies ist vergleichbar mit dem Fall, in dem im Rahmen einer Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung die Gesundheitsfrage nach einem Bluthochdruck von dem Versicherungsnehmer verneint wird, weil dieser durch die Einnahmen von Medikamenten gut eingestellt ist. Auch wenn daneben weitere Schutzmaßnahmen vor einem Schadangriff getroffen worden sein sollten, bleibt es dabei, dass die Fragen zu Ziffer 3) und 4) objektiv falsch beantwortet worden sind.

Der Zeuge J. hat die zu Ziffer 3)und 4) gestellten Fragen ins Blaue hinein unrichtig beantwortet und damit arglistig getäuscht.

Die Klägerin hat sich dahingehend eingelassen, dass der Zeuge J. bei der Beantwortung der Risikofragen weder an den Windows 2003 Server und Speicherplatz, noch an den als SQL Server für den Betrieb des WEB-Shops genutzten Windows 2008 Rechner gedacht habe. Auch sei ihm unbekannt gewesen, dass der Domain-Controller DC09 seit März 2019 kein Update oder Virenschutz erhalten hatte und sich noch im Auslieferungszustand befunden habe. Der Zeuge J. bestätigte diesen Vortrag der Klägerin im Rahmen seiner Vernehmung und gab an, er habe sich darauf verlassen, dass die von ihm hierzu beauftragten Mitarbeiter, wie der inzwischen verstorbene Angestellte P. sowie der externe Dienstleister F., die ihnen übertragenen Aufgaben zur Absicherung des Netzwerkes korrekt wahrgenommen hätten. Das überzeugt die Kammer nicht. Hinsichtlich der Falschbeantwortung der Risikofragen zu 3) und 4) zu den oben genannten Rechnern liegt kein Fall der bloß fahrlässigen Unkenntnis vor, sondern der „bewussten Unkenntnis“ in dem Sinne des „na wenn schon“, was den Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt.

Der Zeuge J. gab im Rahmen seiner Vernehmung an, dass die als Speicherplatz genutzten Rechner mit Windows 2003 Betriebssystem bei Beantwortung der Risikofragen „geflissentlich übersehen“ worden seien. Zu berücksichtigen ist weiter, dass es sich bei den oben genannten drei Rechnersystemen nicht um im Betrieb funktionell untergeordnete Rechner handelte, wie beispielsweise der ebenfalls mit einem Windows 2003 System ausgestattete, nach Angaben des Zeugen J. nicht mehr genutzte, gleichwohl im Netz angeschlossene Fax-Server an dem Standort G.. Vielmehr hatten sowohl die Windows 2003 und 2008 Rechner als auch der Domain Controller 09 entscheidende und zentrale Funktionen im Betrieb der Klägerin, sodass es nicht vorstellbar ist, dass diese Rechner „einfach vergessen“ worden sind. So dienten die Windows 2003 Rechner als zentraler Speicherplatz für Vertragsunterlagen, Rechnungen oder sonstige Dokumente des Unternehmens, waren über die angeschlossenen Arbeitsplatzrechner erreichbar und auf diese Weise mit dem IT-Netz verbunden. Die Rechner wurden, wie es der Zeuge J. angab, als „riesiger USB-Stick“ genutzt.

Ebenso hatte der als WEB-SQL-Server genutzte, mit dem Windows 2008 Betriebssystem ausgestattete Rechner, der schließlich das Einfallstor für den Hackerangriff bot, eine zentrale Rolle im Unternehmen der Klägerin. Er diente zum Betrieb des Herzstückes des Unternehmens, nämlich dem Betrieb des WEB-Shops, indem er eine Verbindung zu dem Warenwirtschaftssystem der Klägerin herstellte. Hierdurch erhielt der bestellende Kunde eine Rückmeldung, inwieweit der von ihm angefragte Artikel auf Lager und verfügbar war. Hierbei war man sich im Unternehmen der Klägerin durchaus der Risiken eines Schadangriffes auf diesen Server bewusst, da dieser, nach ihrem Vortrag, durch eine doppelte Firewall abgesichert gewesen sei und sich in einer sogenannten DMZ befunden habe. Es ist nicht vorstellbar, dass dieser so gesondert gesicherte Server bei den ausdrücklich gestellten Risikofragen nach Software zum Erkennen und Vermeiden von Schadsoftware und Sicherheitsupdates von dem Zeugen J. als Leiter der IT-Abteilung einfach vergessen worden ist.

Schließlich kam auch dem Domain-Controller DC09 eine zentrale Funktion im Unternehmen zu. Der Domain-Controller, der von der Beklagten als „Schatztruhe mit den Schlüsseln zum Königreich“ bezeichnet worden ist, wurde von dem Zeugen J. weniger poetisch als „Telefonbuch des Unternehmens“ bezeichnet. Die Funktion des Domain-Controller sei so wichtig, wie der Zeuge J. weiter anmerkte, dass im Unternehmen deshalb zwei davon zur Verfügung stünden, da bei einem Ausfall eines Domain-Controllers bei der Klägerin praktisch niemand mehr arbeiten könne. Der Domain-Controller ist ein Server zur zentralen Authentifizierung von Computern und Rechner in einem Rechnernetz, also von zentraler Bedeutung für die Funktionsweise des gesamten, 400 Rechner umfassenden Rechnernetzes der Klägerin.

Hinzu kommt, dass, wie der Sachverständige S. im Termin vom 28.02.2024 erläuterte, der Sicherheitszustand des IT-Netzwerkes von dem Zeugen J. vor Beantwortung der Risikofragen relativ leicht durch einen Blick hätte überprüft werden können. So gibt es in der Regel eine zentrale Konsole, über die der Virenschutz verwaltet wird und die nach den Angaben des Sachverständigen eigentlich auch täglich angeschaut werden müsste, um den Sicherheitszustand des IT-Systems zu prüfen. Hierdurch wäre für den Zeugen J. leicht erkennbar gewesen, inwieweit der Virenschutz im Netzwerk vollständig vorliegt und aktualisiert ist und ob hiervon alle Rechner, wie angegeben, erfasst sind. Gleiches gilt für die durchgeführten, vom Hersteller angebotenen Sicherheitsupdates. Diese hätten über das im Betrieb der Klägerin genutzte WSUS-System sofort erfasst werden können und hier wären dann die nicht aktualisierten Windows-Rechner und der Domain-Controller in der Gruppe der Rechner aufgefallen, bei denen kein Update erfolgt war. Eine Kontrolle dieser Systeme hatte der Zeuge J. nach eigenen Angaben nicht vorgenommen, so dass er seine Antworten ins Blaue hinein abgegeben hat. Er hat, jedenfalls nach der ersten Antwort auf die Frage, welche Erkundigungen er vor Beantwortung der Risikofragen eingeholt habe, bekundet, dass er sich heute nicht daran erinnere, bezüglich der Risikofragen Rücksprache mit Herrn P. gehalten zu haben. Er hatte vor Beantwortung der Risikofragen auch keine Systemüberprüfung durchgeführt, obgleich, wie oben geschildert, dies durch einen einfachen Blick möglich gewesen wäre. Die nach seinen Vorgaben dem Mitarbeiter des Maklers, dem Zeugen H., mitgeteilten Antworten auf die Risikofragen waren danach ungeprüft mitgeteilt worden. Der Zeuge J. hielt es daher jedenfalls für möglich, dass die von ihm auf die Risikofragen der Beklagten abgegebenen Antworten falsch waren. Auch Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhalten“ reduziert sind, sind von der Arglist im Sinne des § 123 BGB umfasst. Die Kammer ist nach Wertung aller Gesamtumstände zudem davon überzeugt, dass der Zeuge J. es jedenfalls für möglich hielt, dass die Beklagte durch seine Antworten zum Vertragsschluss bestimmt wird und den Vertrag jedenfalls bei der wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen diesen nicht oder zu anderen Bedingungen geschlossen hätte.

Das Verhalten des Zeugen J. muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Sie hat sich des Zeugen als Verhandlungsgehilfen bei Abschluss des Versicherungsvertrages bezüglich der Beantwortung der Risikofragen bedient. Er ist daher nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB (Münchener Kommentar Langheid/Wandt/Bußmann VVG § 22 Rn. 37).

Schließlich war die Falschbeantwortung der Risikofragen und damit die erfolgte Täuschung auch kausal für den Vertragsschluss. Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Vertrag nicht in der erfolgten Weise abgeschlossen worden wäre. Es versteht sich ohne weiteres, dass die Frage der Absicherung des IT-Netzwerkes durch verfügbare Virenscanner oder auch Sicherheitsupdates entscheidend ist für die Frage eines möglichen zukünftigen Schadenseintritts und damit geeignet ist, die Entscheidung der Beklagten zur Übernahme dieses Risikos und zum Abschluss des Versicherungsvertrages zu beeinflussen. Jedenfalls auf die Höhe der zu entrichtenden Prämie hat die Beantwortung der Risikofragen, wie sich aus der eingereichten Anlage K 11 unmittelbar ergibt, Einfluss. Der Eindeckungsprozess erfolgt danach in einzelnen Schritten, wie sie in der Anlage K 11 anhand von Screenshots dargestellt ist. Nach der Eingabe allgemeiner Unternehmensdaten und der Auswahl des Versicherungsschutzes wird zunächst eine sogenannte Indikationsprämie, also eine vorläufige Prämie angegeben. Dann erfolgt unter Schritt 5 die Beantwortung der im Tatbestand dargestellten Risikofragen, indem der Anfragende die neben den Fragen befindlichen Button entweder bei ja oder nein festlegen kann. Im Anschluss erfolgt unter Schritt 6 eine neue Prämienübersicht, in der nun die endgültig ausgewiesene individuelle Prämie angegeben wird. Damit steht fest, dass jedenfalls die Höhe der Versicherungsprämie durch die Falschbeantwortung der Risikofragen beeinflusst wird.

Nach alledem ist der Versicherungsvertrag aufgrund der begründeten Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung nichtig. Die Beklagte ist zur Erbringung der vereinbarten Versicherungsleistungen nicht verpflichtet. Angesichts der arglistigen Täuschung kommt es auf die Regelung in der Anerkenntnisklausel in der Sondervereinbarung der X-Gruppe nicht an. Die Klage ist daher insgesamt, das heißt auch bezüglich des geltend gemachten Feststellungsantrages und der als Nebenforderungen beantragten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abzuweisen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro bei erfolgloser Partnervermittlung

LG München
Urteil vom 31.08.2023
29 O 11980/22


Das LG München hat im vorliegenden Fall einen Anspruch auf Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gegen eine Partnervermittlungsagentur wegen erfolgloser Partnervermittlung abgelehnt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Kein Rückzahlungsanspruch bei erfolgloser Partnervermittlung

Die 29. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage einer Kundin gegen eine Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften auf Rückabwicklung ihres Partnervermittlungsvertrags abgewiesen

Die Klägerin hatte die Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gefordert mit dem Argument, die Agentur hätte ihr – anders als vertraglich vereinbart - keinerlei adäquate Partner vorgeschlagen.

Nachdem die Klägerin sich bei der Beklagten aufgrund einer Anzeige in einer Fachzeitschrift gemeldet hatte, suchte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin zu einem persönlichen, mehrstündigen Beratungsgespräch auf. In dem Gespräch wurde die berufliche und private Situation der Klägerin thematisiert. Auch wurden ihre Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Partners besprochen. Die Klägerin erhielt nach dem sich anschließenden Abschluss eines Partnervermittlungsvertrags innerhalb einer Woche 20 Partnervorschläge, insgesamt bekam sie von der Beklagten 31 Partnervorschläge.

Die Klägerin beschwerte sich mehrfach bei der Beklagten darüber, dass die Partnerauswahl für sie nicht stimmig sei. Im Juli 2022 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und machte hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch die Beklagte geltend.

Die Klägerin erklärte, dass die Mitarbeiterin der Beklagten ihr versichert habe, sie sei ihrem Aussehen, ihrem Bildungsgrad und Beruf, sowie ihrer Umgebung nach leicht zeitnah zu vermitteln. Allerdings habe keiner der übermittelten Partnervorschläge ihrem Anforderungsprofil entsprochen. Die private und berufliche Situation der Klägerin sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Sie habe deutlich und mehrfach angegeben, dass sie sowohl zeitlich als auch örtlich unflexibel sei. Der Partnervorschlag sollte daher zwingend in München oder dem näheren Münchner Umland stattfinden. Auch sei der Klägerin insbesondere ein Alter von maximal bis 50 wichtig gewesen. Die Figur sollte groß, schlank und insbesondere sehr sportlich sein. Dabei habe sie auch in dem persönlichen Gespräch mehrfach herausgestellt, dass ihr die Optik sehr wichtig sei. Eine genau auf die Klägerin abgestimmte und handverlesene Partnersuche sei trotz der immer wieder hervorgehobenen Exklusivität der Beklagten nicht erkennbar. Die Dokumente der Beklagten seien nichtssagend und pauschal gewesen. Das Anforderungsprofil werde bewusst vage gehalten. Der Klägerin seien völlig unzureichende, nicht passende und willkürlich wirkende Vermittlungsvorschläge gemacht worden.

Nach informatorischer Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und Einvernahme der Mitarbeiterin der Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften als Zeugin, kam das Gericht zu der Überzeugung, dass weder eine Rückabwicklung des Vertrags möglich sei noch ein Verstoß gegen die guten Sitten oder eine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege.

Ein grobes Missverhältnis zwischen der geforderten Bezahlung und den von der Beklagten erbrachten Partnervorschlägen, sei nicht zu erkennen. Zudem schulde die Beklagte der Klägerin nach dem Vertrag keine erfolgreiche Vermittlung.

Die von der der Klägerin im Formular „So stelle ich mir meinen Partner vor“ gegenüber der Beklagten gemachten Angaben seien nach Überzeugung des Gerichts in den vorgelegten Partnervorschlägen enthalten gewesen.

Weder der Vertrag noch die ausgefüllten Kundenformulare oder die Gesprächsnotizen ließen zudem eine Vereinbarung dahingehend erkennen, dass lediglich Partner aus München und dem näheren Umkreis in Betracht kämen. Vielmehr führte die Vermittlerin der Beklagten für das Gericht glaubhaft aus, Ortswünsche der Klägerin seien damals besprochen worden. Die Klägerin habe zu ihr gesagt, dass sie am liebsten etwas in München hätte. Diesbezüglich habe sie mit der Klägerin aber auch besprochen, dass die Klägerin flexibler sein solle, weil Männer gegebenenfalls bereit sind, ihre Örtlichkeit aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Wenn das nämlich ein Ausschlusskriterium sei, dann könne sie die Kundin oder den Kunden auch nicht in die Datenbank der Beklagten mitaufnehmen, weil das örtlich zu spezifisch sei. Vor diesem Hintergrund befand das Gericht die Vermittlungsvorschläge der Beklagten insgesamt nicht in einem solchen Maße ungeeignet, dass sie bei wertender Betrachtung einer Nichtleistung gleichzusetzen seien. Die Partnervorschläge seien zumindest nicht völlig unbrauchbar gewesen.

Das Urteil vom 31.08.2023 ist nicht rechtskräftig.



BGH legt EuGH vor: Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für Klage auf Schadensersatz bei Kaufvertragsschluss nach arglistiger Täuschung

BGH
Beschluss vom 13.10.2020
VI ZR 63/19
Verordnung (EU) 1215/2012 Art. 7 Nr. 2



Leitsatz der Entscheidung:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

Sind Art. 7 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 351 vom 20. Dezember 2012) dahin auszulegen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für eine auf Schadensersatz gerichtete Klage eröffnet ist, wenn der Kläger durch arglistige Täuschung zum Abschluss eines Kaufvertrages und zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst worden ist?

BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - VI ZR 63/19 - OLG Celle - LG Hannover

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Koblenz: Schadensersatz gegen VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Dieselskandal - aber Anrechnung des Nutzungsvorteils

OLG Koblenz
Urteil vom 13.06.2019
5 U 1318/18


Das OLG Koblenz hat entschieden, dass Käufer eines VW-Schummeldiesels einen Schadensersatzanspruch gegen VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haben, aber der Nutzungsvorteil anzurechnen ist.


Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Diesel-Skandal" - VW schuldet dem Käufer eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung ausgerüstet ist, Schadensersatz; der Käufer muss sich aber einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen

Die Volkswagen AG ist dem Käufer eines Fahrzeugs, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verpflichtet. Der Käufer hat aber durch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs einen geldwerten Vorteil erlangt, um den sein Anspruch zu kürzen ist. Das hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz mit heute verkündetem Urteil entschieden (5 U 1318/18).

Im konkreten Fall hatte der Kläger im Januar 2014 einen Pkw der Marke VW, Modell Sharan, als Gebrauchtfahrzeug (Erstzulassung 12.7.2012) gekauft. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut, der nach Auffassung des Kraftfahrtbundesamtes über eine unzulässige Abschaltvorrichtung verfügt. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs und Motors auf Schadensersatz in Anspruch. Er hat vorgetragen, dass er den Pkw nicht gekauft hätte, wenn er vom Einbau der unzulässigen Software gewusst hätte. Er habe geglaubt, umweltbewusst zu handeln. Daher verlangt er in der Hauptsache die Erstattung des von ihm gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Der Kläger stützt seinen Anspruch unter anderem darauf, dass die Beklagte die Käufer mit dem Ziel der Gewinnmaximierung bewusst getäuscht und in der Folge vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe (§ 826 BGB).

Das Landgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Eine Haftung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung wurde ausdrücklich verneint.

Gerade das bewertet der 5. Zivilsenat anders und bejaht einen Anspruch des Klägers aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Die Beklagte habe dadurch, dass sie das Fahrzeug unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprogrammierung in Verkehr gebracht habe, dem Käufer der Wahrheit zuwider vorgespiegelt, dass der Einsatz des Fahrzeuges im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig sei. Das Inverkehrbringen trage die Aussage in sich, dass der Pkw nicht nur fahren könne, sondern auch fahren dürfe. Tatsächlich bestehe jedoch durch die verwendete Steuerungssoftware die Gefahr der Betriebsuntersagung und Fahrzeugstilllegung. Die Täuschung hierüber wirke auch beim Gebrauchtwagenkauf fort, da auch bei diesem unter anderem die Herstellerangaben Grundlage der Kaufentscheidung seien. Das Vorgehen der Beklagten sei auch sittenwidrig, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar und besonders verwerflich. Insoweit wirke sich aus, dass staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher in großer Zahl systematisch zur Profitmaximierung getäuscht worden seien. Das Bestreben des Käufers, durch den Kauf eines möglichst umweltschonenden Produkts einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, sei durch eine gezielte Täuschung unterlaufen worden. Angesichts der großen Zahl der manipulierten Fahrzeuge halte es der Senat auch für ausgeschlossen, dass Mitarbeiter der Beklagten in leitender Stellung (zumindest der Leiter der Entwicklungsabteilung) keine Kenntnis von den Manipulationen hatten.

Diese Kenntnis müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Dem Kläger sei auch durch die Täuschung ein Schaden entstanden, da er, beeinflusst durch die Täuschung, den Kaufvertrag geschlossen habe und somit eine „ungewollte“ Verbindlichkeit eingegangen sei. Seine Erwartungen seien enttäuscht worden. Zudem stelle die drohende Stilllegung des Fahrzeugs einen Schaden dar, da die uneingeschränkte Nutzung des Fahrzeuges hierdurch in Frage gestellt sei.

Obwohl der Senat dem Kläger somit einen Schadensersatzanspruch zugestanden hat, hatte die Berufung nicht in vollem Umfang Erfolg. Denn der Kläger muss sich den durch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges gezogenen geldwerten Vorteil anrechnen lassen. Der Senat hat daher den von der Beklagten zu erstattenden Kaufpreis um diesen Betrag gekürzt. Dabei geht der Senat von einer durchschnittlichen Laufleistung des Motors von 300.000 Kilometer aus.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.



OLG Koblenz: Vom Diesel-Skandal betroffene Fahrzeuge sind mangelhaft aber Verjährung nach 2 Jahren gegenüber Verkäufer- keine Zurechnung der Arglist des Herstellers

OLG Koblenz
Urteil vom 06.06.2019
1 U 1552/18


Das OLG Koblenz hat entschieden, dass vom Diesel-Skandal betroffene Fahrzeuge mangelhaft sind, Ansprüche aber gegenüber dem Verkäufer nach 2 Jahren verjähren. Eine Zurechnung der Arglist des Herstellers auf den Kfz-Händler lehnt das Gericht ab

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Diesel-Skandal" - betroffene Fahrzeuge sind mangelhaft, weil die Gefahr der Betriebsuntersagung besteht; der Händler kann sich aber erfolgreich auf Verjährung berufen, wenn der Kauf mehr als zwei Jahre zurückliegt
Fahrzeuge, die mit einem Dieselmotor ausgerüstet sind, der nach der Bewertung des Kraftfahrtbundesamtes über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügen, sind mangelhaft, weil die Gefahr der Betriebsuntersagung durch die Kfz-Zulassungsbehörde besteht. Hieraus resultierende Gewährleistungsansprüche verjähren – unabhängig von der Kenntnis des Mangels – innerhalb von 2 Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Soweit das Gesetz für den Fall, dass der Mangel vom Verkäufer arglistig verschwiegen wird, eine längere Verjährungsfrist vorsieht (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB), greift diese längere Verjährungsfrist nur dann ein, wenn der Händler selbst arglistig gehandelt hat. Eine Arglist des Fahrzeugherstellers wird dem Fahrzeughändler nicht zugerechnet. Das hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz mit heute verkündetem Urteil entschieden und damit die Berufung des Fahrzeugkäufers zurückgewiesen (1 U 1552/18).

Im konkreten Fall hatte der Kläger im Jahre 2009 einen Pkw der Marke VW, Modell Golf, von der beklagten Fahrzeughändlerin gekauft. Das Auto wurde dem Kläger am 19. Mai 2009 übergeben. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut, der vom sogenannten „Diesel-Skandal“ betroffen ist. Bei Bekanntwerden des „Diesel-Skandals“ im Jahre 2015 nutzte der Kläger den Pkw mithin bereits seit mehr als 6 Jahren. Im Jahre 2017 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Nachlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Fahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion auf.

Die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Lieferung eines gleichartigen und gleichwertigen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion Zug um Zug gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs beansprucht, wurde in erster Instanz in vollem Umfang wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der 1. Zivilsenat diese Entscheidung bestätigt.

Dabei betont der Senat, dass die Verwendung der als unzulässig eingestuften Steuerungssoftware einen Mangel des Fahrzeugs begründet, weil durch deren Einbau die Gefahr der behördlichen Betriebsuntersagung bestehe, so dass das Fahrzeug nicht mehr zur Fortbewegung genutzt werden könne.

Obwohl der Pkw damit mangelhaft sei, scheitere die Klage aber unter anderem daran, dass der Händler sich gegenüber Gewährleistungsansprüchen erfolgreich auf Verjährung berufen könne. Maßgebend sei dabei die kaufrechtliche Verjährungsfrist von 2 Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), die unabhängig davon, ob der Mangel bekannt ist oder bekannt wird, mit Übergabe des Fahrzeugs zu laufen beginnt. Lediglich dann, wenn der Händler den Mangel arglistig verschweige, greife die längere, allgemeine Verjährungsfrist. Unstreitig habe im konkreten Fall die Beklagte aber selbst nicht arglistig gehandelt. Folglich seien die Gewährleistungsansprüche des Klägers bereits vor Bekanntwerden des „Diesel-Skandals“ verjährt. Eine etwaige Arglist der Fahrzeugherstellerin spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle, da eine Arglist des Herstellers dem Händler grundsätzlich nicht zugerechnet werde (Fortführung der Senatsrechtsprechung aus Urteil vom 28.9.2017, Az. 1 U 302/17).

Auch im Bereich der deliktischen Haftung erfolge keine Zurechnung eines etwaigen Fehlverhaltens der Fahrzeugherstellerin, beispielsweise eines betrügerischen oder vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens. Hierüberhinaus hat der Senat angedeutet, dass er Zweifel an einer deliktischen Haftung der Fahrzeugherstellerin hat. Die Annahme einer betrügerischen Absicht bzw. eines vorsätzlich sittenwidrigen Handelns zu Lasten des Fahrzeugkäufers erscheine nicht naheliegend, wenn die Abschaltvorrichtung dazu gedient haben sollte, eine Beeinträchtigung des Motors durch eine dauerhafte Abgasrückführung zu verhindern.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, da die tragende Rechtsfrage (keine Zurechnung einer etwaigen Arglist des Fahrzeugherstellers) geklärt ist.



OLG Koblenz: VW-Diesel-Abgas-Skandal - Keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber Vertragshändler aufgrund von Täuschungshandlungen des Herstellers

OLG Koblenz
Urteil vom 28.09.2017
1 U 302/17


Das OLG Koblenz hat im VW-Diesel-Abgas-Skandal entschieden, dass keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber einem Vertragshändler aufgrund von Täuschungshandlungen des Herstellers möglich ist.

Das Gericht hat nicht über etwaige Gewährleistungsansprüche entschieden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Vertragshändler haftet nicht für etwaige Täuschungshandlung des Herstellers ("Diesel-Abgasskandal")

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat in seinem ersten Urteil zum sogenannten Diesel-Abgasskandal entschieden, dass dem Vertragshändler eine etwaige Täuschung des Kunden durch den Fahrzeughersteller nicht zuzurechnen ist.

Die Beklagte ist Vertragshändlerin für Fahrzeuge der Marke Volkswagen. Die Klägerin erwarb bei der Beklagten mit Kaufvertrag vom 8.7.2014 einen Neuwagen der Marke VW, Modell Tiguan Sport & Style mit „BlueMotion“-Technik. In dem Fahrzeug ist ein von der Volkswagen AG hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut. Das erworbene Fahrzeug bzw. der darin verbaute Motor ist vom sogenannten „Abgas-Skandal“ betroffen. Die Klägerin hat die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie Ersatz der aufgewendeten Kraftfahrzeugsteuer und der geleisteten Beiträge zur Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit seiner heutigen Entscheidung die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Unstreitig ist die Klägerin nicht durch die Beklagte und ihre Mitarbeiter getäuscht worden. Die Beklagte hatte ebenso wie die Klägerin erst durch die mediale Berichterstattung von den Manipulationsvorwürfen erfahren. Soweit die Klägerin sich auf eine Täuschung der Kunden durch die Volkswagen AG gestützt hat, wäre eine solche Täuschung durch den Fahrzeughersteller der Beklagten nicht zuzurechnen. Es greift auch insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist, der die Sache an den Kunden verkauft. Der Hersteller ist im Regelfall - so wie hier - nicht in den Pflichtenkreis des Händlers einbezogen. Im Streitfall hat auch die Stellung der Beklagten als Vertragshändlerin hieran nichts geändert. Bei der Beklagten handelt es sich um eine eigenständige juristische Person, die die Verträge im eigenen Namen schließt. Sie trägt das mit dem Absatz der Waren verbundene wirtschaftliche Risiko. Die Volkswagen AG war weder unmittelbar am Vertragsschluss noch an der Übergabe des Fahrzeugs beteiligt. Die Beklagte hat auch gegenüber der Klägerin keinen gegenteiligen Rechtsschein erzeugt. Die Klägerin konnte daher den Kaufvertrag nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Da nach alledem auch eine schuldhafte Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung der Beklagten nicht festgestellt werden konnte und eine Zurechnung auch insoweit nicht erfolgt, war auch kein Anspruch auf Schadensersatz begründet.

Der Senat hatte sich hier nicht mit der Frage einer Mängelhaftung nach Gewährleistungsrecht auseinanderzusetzen, da die Klägerin ihre Ansprüche ausdrücklich nicht hierauf gestützt hat.




LG Bielefeld: Arglistige Täuschung des Franchisenehmers durch Franchisegeber über nicht vorhandene Leistungen - Anspruch auf Rückzahlung der Franchisegebühr

LG Bielefeld
21 S 1/13
Hinweisbeschluss vom 19.08.2013


Wir hatten in dem Beitrag "AG Bielefeld: Franchisegeber täuscht über nicht vorhandenes Call-Center - Franchisegeber eines Franchisesystems für Online-Bonitätsauskünfte zur Rückzahlung der Franchisegebühr verurteilt" über eine Entscheidung des AG Bielefeld berichtet. Gegen diese Entscheidung hatte der Franchisegeber Berufung eingelegt.

Nun liegt in dieser Sache eine Hinweisbeschluss des LG Bielefeld vor. Dem Franchisegeber wird darin zutreffend angeraten, die Berufung zurückzunehmen, da die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Franchisenehmer mit falschen Versprechungen in Franchisverträge gelockt werden, um Franchisegebühren zu kassieren.

Wie dieser Fall abermals zeigt, sind Franchisenehmer nicht schutzlos, auch wenn ursprünglich in der Anwerbephase versprochene Leistungen des Franchisegebers nicht explizit im später unterzeichneten Vertrag enthalten sind.

Den vollständigen Hinweisbeschluss des LG Bielefeld finden Sie hier:


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AG Bielefeld: Franchisegeber täuscht über nicht vorhandenes Call-Center - Franchisegeber eines Franchisesystems für Online-Bonitätsauskünfte zur Rückzahlung der Franchisegebühr verurteilt

AG Bielefeld
Urteil vom 29.11.2012
15 C 289/11
nicht rechtskräftig


Das AG Bielefeld musste sich im vorliegenden Fall mit der Wirksamkeit einem Franchisevertrages befassen. Der Franchisenehmer wurde dabei von uns vertreten.

Gegenstand des Vertrages war ein Franchisesystem für Online-Bonitätsauskünfte. Vor Vertragsunterzeichnung hatte der Franchisegeber dem Franchisenehmer u.a. zugesichert, dass das Franchiseunternehmen über ein eigens Call-Center verfügt, welches dem Franchisenehmer qualifizierte Kundenkontakte vermittelt. Nach Unterzeichnung des Vertrages stellte sich heraus, dass der Franchisegeber kein eigenes Call-Center unterhält und dem Franchisenehmer auch nicht die versprochenen Kundenkontakte vermittelt. Daraufhin erklärte der Franchisenehmer die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

Der Franchisgeber klagte die zum Teil vom Franchisenehmer zurückbehaltene restliche Franchisegebühr ein.

Im Wege der Widerklage verlangte der von uns vertretene Franchisenehmer Rückzahlung der bereits gezahlten Franchisegebühr. Das Gericht wies die Klage des Franchisegebers auf Zahlung der restlichen Franchisegebühr ab und gab der Widerklage des Franchisenehmers auf Rückerstattung der gezahlten Franchisegebühr statt.

Der Franchisegeber hat Berufung eingelegt. Wir werden über den Ausgang des Berufungsverfahrens berichten.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:








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Button-Lösung für Online-Shops ist ab 01.08.2012 Pflicht - Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht

Die Regelungen zur Button-Lösung für Online-Shops und sonstige Anbieter von Fernabsatzgeschäften treten am 01.08.2012 in Kraft. Wir hatten bereits mehrfach darüber berichten (siehe z.B. "Gut gemeint ist nicht gut gemacht - Bundestag verabschiedet Gesetz gegen Kostenfallen im Internet und Button-Lösung").

Das entsprechende "Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes" wurden heute im Bundesgesetzblatt veröffenlicht.

Shopbetreiber und Betreiber von Handels- und Auktionsplattformen sind nun gefragt, die
gesetzlichen Vorgaben pünktlich umzusetzen. Zahlreiche (Serien-)Abmahner dürften bereits die Messer wetzen, um zeitnah Angebote abzumahnen, die nicht pünktlich zum 01.08.2012 an die Rechtslage angepasst wurden.

§ 312g BGB erhält drei neue Absätze:

(2) Bei einem Vertrag im elektronischen Ge­schäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Absatz 1 Nummer 4 erster Halbsatz und Nummer 5, 7 und 8 des Einführungs­gesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, unmittel­bar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt nicht für Verträge über die in § 312b Absatz 1 Satz 2 genannten Finanzdienstleistungen.

(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung aus­drücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schalt­fläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeu­tigen Formulierung beschriftet ist.

(4) Ein Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 kommt nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt.


Gesetz gegen Internetfallen und Button-Lösung - Gesetzestext und Gesetzesbegründeung

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz gegen Kostenfallen im Internet verabschiedet (siehe dazu unser Beitrag Gut gemeint ist nicht gut gemacht - Bundestag verabschiedet Gesetz gegen Kostenfallen im Internet und Button-Lösung). Die dazugehörige Bundestagsdrucksache 17/8805 mit dem neuen Gesetzestext und der Gesetzesbegründung finden Sie hier:

Gut gemeint ist nicht gut gemacht - Bundestag verabschiedet Gesetz gegen Kostenfallen im Internet und Button-Lösung

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz gegen Kostenfallen im Internet verabschiedet und damit auch die sogenannte Button-Lösung auf den Weg gebracht. Abofallen und Abzocke im Internet werden die neunen Regelungen leider nicht wirksam bekämpfen. Wir haben uns zu den kommenden Regelungen bereits in dem Beitrag "BMJ zur Buttonlösung gegen Internetabzocke und angeblich verbessertem Verbraucherschutz" kritisch geäußert. Das Politik und auch zahlreiche der im Gesetzgebungsverfahren angehörten "Experten",meinen, dass nun wirksame Schutzmechanismen gegen Abofallen und Internetabzocke vorliegen, zeugt schlicht von Unkenntnis. Die neuen Regelungen sollen sollen zum Sommer 2012 in Kraft treten. Online-Shop-Betreiber müssen die neuen Regelungen bis dahin umsetzen. Andernfalls drohen Abmahnungen.

BMJ: Die Button-Lösung zur (angeblichen) Verbesserung des Verbraucherschutzes vor Kostenfallen im Internet kommt - Regierungsentwurf liegt vor

Die Bundesregierung hat sich laut einer Pressemitteilung des Bundeministeriums der Justiz auf die Umsetzung der von vielen Seiten völlig zu Recht stark kritisierte Button-Lösung verständigt (siehe dazu "BMJ zur Buttonlösung gegen Internetabzocke und angeblich verbessertem Verbraucherschutz"). Die Bundesregierung hat einen neuen Entwurf des "Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr" vorgelegt.

Die Regelungen werden den Verbraucherschutz im Internet faktisch nicht verbessern und die schwarzen Schafe nicht an ihrem Geschäftsgebahren hindern, gleichzeitig aber Online-Shop-Betreiber mit weiteren formellen Vorgaben für den Bestellvorgang weiter belasten.


Die Pressemitteilung des BMJ finden Sie hier:

"BMJ: Die Button-Lösung zur (angeblichen) Verbesserung des Verbraucherschutzes vor Kostenfallen im Internet kommt - Regierungsentwurf liegt vor" vollständig lesen

LG Düsseldorf: Euroweb-Kunden haben jederzeit die Möglichkeit den Internet-System-Vertrag zu kündigen

LG Düsseldorf
Urteil vom 28.07.2011
7 O 311/10
Euroweb Kündigungsmöglichkeit


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Kunden des Anbieters von sog. Internet-Systemverträgen Euroweb jederzeit die Möglichkeit haben, den Vertrag zu kündigen. Leider bejaht das LG Düsseldorf einen wirksamen Vertragsschluss und lehnt auch die Möglichkeit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ab. Nichtsdestotrotz bedeutet diese Entscheidung eine Erleichterung für Euroweb-Kunden.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Da der Internet-System-Vertrag nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2010, 1449), der sich die Kammer anschließt, insgesamt als Werkvertrag einzuordnen ist, steht dem jeweiligen Vertragspartner der Klägerin auch grundsätzlich das Recht zur sog. freien Kündigung nach § 649 S. 1 BGB zu.

Das Recht zur freien Kündigung nach § 649 S. 1 BGB haben die Parteien auch nicht vertraglich abbedungen. Dahingehende ausdrückliche Abreden enthält der Vertrag nicht. Sie ergeben sich auch nicht durch Auslegung der Klausel in § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in Verbindung mit der Regelung zur Vertragslaufzeit von 36 Monaten. Diese Vertragsgestaltung ist darauf gerichtet, eine etwa für möglich gehaltene, fristgebundene ordentliche Kündigung zu verhindern, um das Interesse der Klägerin an der Erfüllung des Vertrages zu sichern."


Wird der Vertrag gekündigt, so steht Euroweb jedoch ein Teilvergütungsanspruch zu.

"Da sich somit die Kündigung als wirksam erweist, steht der Klägerin ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 649 S. 2 BGB zu. Dazu hätte sie die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen darlegen und bezüglich letzterer die ersparten Aufwendungen gegenüberstellen müssen (Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl., § 649 Rdnr. 11 mit Nachw.). "

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Neuer Beitrag in Heft 13/11 der Zeitschrift Telecom Handel zur EU-Verbraucherrechte-Richtlinie

In Heft 13/11, Seite 26 der Zeitschrift Telecom Handel erläutert Rechtsanwalt Beckmann in dem Beitrag "EU-RICHTLINIE -
Europaweite Regeln für Händler"
die vor kurzem verabschiedete EU-Verbraucherrechte-Richtlinie (siehe auch: unser Beitrag"BMJ zur Buttonlösung gegen Internetabzocke und angeblich verbessertem Verbraucherschutz") und die dadurch anstehenden Änderungen für Online-Shop-Betreiber und Anbieter sonstiger Fernabsatzgeschäfte, wenn die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erfolgt ist.

BMJ zur Buttonlösung gegen Internetabzocke und angeblich verbessertem Verbraucherschutz

Das BMJ hat heute in der Pressemitteilung "Buttonlösung gegen Internetabzocke kommt – Mehr Verbraucherschutz durch neue EU-Richtlinie" die Verabschiedung der neuen Verbraucherschutzrichtlinie durch das Europäische Parlament kommentiert und eine entsprechende Umsetzung in das deutsche Recht angekündigt.

Die Button-Lösung dürfte den Verbraucherschutz nicht verbessern und ist eher als PR-Aktion zu werten. Nicht ohne Grund wird diese Regelung von vielen Seiten kritisiert. Das BMJ meint, dass Internetabzocke angeblich wirksam ein "ein Riegel vorgeschoben wird". Button-Lösung hin oder her, werden Internet-Abzocker, Abofallen-Betreiber weiterhin auf Beutezug gehen. Die angeblichen Kunden werden weiterhin mit Rechnungen, Mahnungen und Schreiben der Anbieter und Inkassounternehmen konfrontiert werden, um diese einzuschüchtern und so zur Zahlung zu bewegen. Wenn auch nur ein Bruchteil der Nutzer zahlt, handelt es sich häufig (leider) um ein lohnendes Geschäft. Daran wird auch die Button-Lösung nichts ändern, denn bereits nach derzeitiger Rechtslage kommt kein wirksamer Vertrag zustande, wenn der Betreiber einer Internetseite nicht deutlich auf die Entgeltlichkeit seiner Leistung hinweist. Auch folgt u.a. schon aus der PAngV , dass der Anbieter auf die Entgeltlichkeit seiner Leistungen deutlich hinweisen muss.

Gerade die Verbraucherschutzverbände und auch die strafrechtliche Ermittlungsbehörden müssen sich den Vorwurf gefallen lasse, dass sie nicht konsequent gegen fragwürdige Angebote vorgehen. Dies ist auch nach geltendem Recht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts und des Strafrechts möglich.

Die Zeche müssen wieder einmal die Online-Shop-Betreiber zahlen. Nach Umsetzung der Button-Lösung in deutsches Recht ist leider damit zu rechnen, dass Online-Shop-Betreiber wieder mit Abmahnungen wegen fehlender oder fehlerhafter Umsetzung des Button-Lösung konfrontiert werden. Der ohnehin zu stark durch formelle Regelungen reglementierte Bestellvorgang in Online-Shops wird durch die Button-Lösung weiter verkompliziert.





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