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Volltext BGH liegt vor: Fehlen der Telefonummer in der Widerrufsbelehrung steht bei richlinienenkonformer Auslegung dem Anlaufen der Widerrufsfrist nicht entgegen

BGH
Beschluss vom 25.02.2025
VIII ZR 143/24
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. h


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Fehlen der Telefonummer in der Widerrufsbelehrung steht bei richlinienenkonformer Auslegung dem Anlaufen der Widerrufsfrist nicht entgegen über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:
Zur Frage, ob dem Verbraucher beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags in einer von der Musterwiderrufsbelehrung in Teilen abweichenden Widerrufsbelehrung zusätzlich eine (hier auf der Internet-Seite des Unternehmers zugängliche) Telefonnummer des Unternehmers mitgeteilt werden muss, wenn in der Widerrufsbelehrung als Kommunikationsmittel beispielhaft dessen Postanschrift und E-Mail-Adresse genannt werden.

BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 - VIII ZR 143/24 - KG Berlin - LG Berlin II

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Fehlen der Telefonummer in der Widerrufsbelehrung steht bei richlinienenkonformer Auslegung dem Anlaufen der Widerrufsfrist nicht entgegen

BGH
Beschluss vom 25.02.2025
VIII ZR 143/24


Der BGH hat entschieden, dass das Fehlen der Telefonummer in der Widerrufsbelehrung bei richlinienenkonformer Auslegung dem Anlaufen der Widerrufsfrist nicht entgegensteht.

Die Pressemitteilung des BGH:
Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in Neuwagenkaufverträgen mit Verbrauchern im Fernabsatz

Dem unter anderem für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs liegen zahlreiche Nichtzulassungsbeschwerden vor, die namentlich die Frage zum Gegenstand haben, ob ein Unternehmer, der bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern die Musterwiderrufsbelehrung nicht oder nicht vollständig verwendet, in der von ihm formulierten Widerrufsbelehrung neben seiner (als beispielhafte Kommunikationsmittel genannten) Postanschrift und seiner E-Mail-Adresse zusätzlich auch seine - hier auf dessen Internet-Seite zugängliche - Telefonnummer angeben muss.

Von dieser Frage hängt in den Streitfällen ab, ob eine Widerrufsfrist von vierzehn Tagen ab Erhalt der Ware gilt (§ 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB) oder ob das Widerrufsrecht erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist erloschen ist (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB).

In einem ausgewählten Verfahren, dem ein die Berufung des dortigen Fahrzeugkäufers nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisender Beschluss des Kammergerichts Berlin - 27. Zivilsenat - vom 23. Juli 2024 (27 U 33/24) zugrunde liegt, hat der Senat nunmehr über die von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entschieden.

Sachverhalt und Prozessverlauf

Am 18. Februar 2022 erwarb der Kläger als Verbraucher von der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Die Beklagte, die auf ihrer Internet-Seite unter "Kontakt" und im Impressum ihre Telefonnummer angegeben hat, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Widerrufsbelehrung. Dort werden die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der Beklagten mitgeteilt, nicht aber ihre Telefonnummer. Dazu heißt es, dass der Widerruf mittels einer eindeutigen Erklärung "z.B." durch einen per Post versandten Brief oder eine E-Mail erklärt werden könne.

Am 23. August 2022 wurde dem Kläger das Fahrzeug übergeben. Am 20. Juni 2023 erklärte er per E-Mail den Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Erklärung.

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt, möchte er sein Klagebegehren weiterverfolgen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht gerichtete Beschwerde zurückgewiesen, da ein Grund für die Zulassung der Revision nicht vorliegt. Insbesondere soweit die Beschwerde im Hinblick auf unionsrechtliche Fragestellungen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend macht, ist für eine hierauf gestützte Zulassung der Revision kein Raum.

Die Beklagte hat nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung verwendet. Teilt der Unternehmer in einem solchen Fall in der Widerrufsbelehrung (als beispielhafte Kommunikationsmittel für den Widerruf) seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mit, ist nach Maßgabe des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, der Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU (im Folgenden: Verbraucherrechterichtlinie) umsetzt und demgemäß richtlinienkonform auszulegen ist, die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Unternehmers nicht erforderlich, zumal diese hier ohne Weiteres auf seiner Internet-Seite zugänglich war. Diese Beurteilung der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Aus diesem Grund bedarf es einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) nicht ("acte clair").

Die Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie legt zwar nicht die genaue Art des vom Unternehmer mitzuteilenden Kommunikationsmittels fest. Sie verpflichtet diesen jedoch unzweifelhaft dazu, jedem Verbraucher Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, über die dieser schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es insoweit Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen der Verbraucher mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen kann, die dem Verbraucher von dem Unternehmer mitgeteilten Kommunikationsmittel es dem Verbraucher ermöglichen, mit dem Unternehmer schnell in Kontakt zu treten und effizient mit ihm zu kommunizieren.

In Anbetracht dessen hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden ist. Für eine schnelle und effiziente Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem Unternehmer ist es ohne Zweifel nicht erforderlich, dass in der Widerrufsbelehrung - über die Post- und die E-Mail-Anschrift hinaus - auch eine Telefonnummer des Unternehmers angegeben wird. Bereits durch die Angabe ihrer E-Mail-Adresse, ergänzt durch die Mitteilung ihrer Postanschrift, hat die Beklagte den Verbrauchern Möglichkeiten eröffnet, schnell mit ihr in Kontakt zu treten und effizient mit ihr zu kommunizieren, ohne den Verbrauchern andere Kommunikationswege, wie zum Beispiel ein Telefonat, zu verstellen, zumal die vom Kläger in der Widerrufsbelehrung vermisste Telefonnummer der Beklagten auf ihrer Internetseite (im Impressum und unter "Kontakt") ohne Weiteres verfügbar war.

Selbst wenn aber von einer Unvollständigkeit der Widerrufsbelehrung der Beklagten im Hinblick auf die fehlende Angabe ihrer Telefonnummer auszugehen wäre, stünde dies - woran ebenfalls keine vernünftigen Zweifel bestehen ("acte clair") - bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschriften der § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 BGB dem Anlaufen der Widerrufsfrist hier nicht entgegen. Denn eine - unterstellt - insoweit unvollständige Widerrufsbelehrung ist unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten - konkret: seines Widerrufsrechts - einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken. Ihm wird auch nicht die Möglichkeit genommen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben. Der Umstand, dass die Beklagte in der Widerrufsbelehrung beispielhaft zwar ihre Postanschrift sowie ihre E-Mail-Adresse, nicht jedoch ihre - auf ihrer Internet-Seite bereits mitgeteilte und unschwer zugängliche - Telefonnummer angegeben hat, hat sich nicht auf die Befähigung des Verbrauchers ausgewirkt, den Widerruf rechtzeitig innerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist der § 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB zu erklären. Denn die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, dem Verbraucher - und damit auch dem Kläger - Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt, über die er schnell mit ihr in Kontakt treten und effizient mit ihr kommunizieren konnte, ohne dabei die Möglichkeit eines Telefonats auszuschließen oder gar den Verbraucher insoweit irrezuführen.

Die Entscheidung des Senats wird mit ausführlicher Begründung in Kürze auf der Homepage des Bundesgerichtshofs veröffentlicht werden.

Vorinstanzen:

Landgericht Berlin II - Urteil vom 19. März 2024 - 63 O 14/23, veröffentlicht in juris

Kammergericht Berlin - Beschluss vom 23. Juli 2024 - 27 U 33/24

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

[…]

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

§ 356 Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen

[…]

(2) Die Widerrufsfrist beginnt

1. bei einem Verbrauchsgüterkauf,

a) der nicht unter die Buchstaben b bis d fällt, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Waren erhalten hat,

[…]

(3) Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 […] unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt [...]

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Art. 246a § 1 Informationspflichten

[…]

(2) Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu informieren

1. über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [...]

Unionsrecht

Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie)

Art. 6

Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

[…]

h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts


OLG Schleswig-Holstein: Fehlen der Telefonnummer in der Widerufsbelehrung führt nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 18.11.2024
10 U 31/24


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass das Fehlen der Telefonnummer in der Widerufsbelehrung nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist führt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Beklagte hat den Kläger nach Maßgabe des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB unterrichtet, obwohl in der von ihr erstellten und dem Kläger bei Vertragsabschluss erteilten Widerrufsbelehrung (Bestandteil der Anlage K 1) keine Telefonnummer mitgeteilt wird. Bei Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB ist der Unternehmer gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu informieren. Das Landgericht hat diese Bestimmung zutreffend dahin ausgelegt, dass die Angabe einer Telefonnummer des Unternehmers nicht von diesen Informationspflichten umfasst ist, wenn er - wie hier - nicht von der in Abs. 2 S. 2 der Vorschrift eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, die Muster-Widerrufsbelehrung in der Anlage 1 zu verwenden.

Die von der Beklagten im Berufungsverfahren als Anlagen B 1 bis B 7 und Anlagenkonvolut B 12 vorgelegten obergerichtlichen Entscheidungen überzeugen ebenso wie das als Anlage B 8 erneut eingereichte Rechtsgutachten des Prof. Dr. Stürner (bereits mit der Klageerwiderung vorgelegt als Anlage B 1) und die Veröffentlichung von Prof. Dr. Schmidt-Kessel in der ZIP 2014, S. 272 ff.

a. Der Wortlaut des § 356 Abs. 3 S. 1 BGB und des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unternehmer dem Verbraucher in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer mitzuteilen hat und dass von dieser Angabe der Lauf der Widerrufsfrist abhängt.

Zu informieren ist nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB in der Widerufsbelehrung über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular in Anlage 2, welches der Verbraucher für seine eigene Erklärung verwenden kann, aber nicht muss. Die Angabe einer Telefonnummer des Unternehmers ist in der Norm nicht vorgeschrieben. Lediglich der Gestaltungshinweis [2] zur Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 1 sieht die Angabe einer Telefonnummer des Unternehmers vor, und zwar in der bis zum 27. Mai 2022 (also bei Vertragsabschluss) geltenden Fassung „soweit verfügbar“ und in der seit dem 28. Mai 2022 geltenden Fassung ohne einen solchen einschränkenden Zusatz. Da die Beklagte die Muster-Widerrufsbelehrung nicht verwendet, sondern Formulierungen daraus um weitere Bestandteile ergänzt hat, war sie von dem Gestaltungshinweis nach dem Gesetzeswortlaut nicht betroffen.

Soweit in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 2 a. F. EGBGB (jetzt Nr. 3 n. F.) die Angabe einer Telefonnummer des Unternehmers verlangt wird, verweist § 356 Abs. 3 S. 1 BGB - die Vorschrift über den Beginn der Widerrufsfrist - darauf gerade nicht. Für den Fristbeginn ist nur die Erfüllung der widerrufsspezifischen Informationspflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 erforderlich, nicht aber die Erfüllung der allgemeinen Informationspflichten in Abs. 1.

Das nationale Recht steht insoweit im Einklang mit den Vorschriften der EU-Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU), wo ebenfalls zwischen der Erfüllung allgemeiner Informationspflichten (Art. 6 Abs. 1 lit. c) und den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung (Art. 6 Abs. 1 lit. h) unterschieden wird. Auf die Ausführungen auf S. 9 des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

b. Die Ausführungen des Landgerichts zur Systematik der Vorschriften des nationalen Rechts treffen ebenfalls zu. Dass § 356 Abs. 3 S. 1 BGB für den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen nur auf Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB verweist und nicht auf die allgemeinen Informationspflichten in Abs. 1 der Vorschrift, beruht ersichtlich nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Für Verträge über Finanzdienstleistungen verweist § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nämlich auf Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB, wonach dem Verbraucher die in Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB genannten Informationen zu erteilen sind. Dort wird der Beginn der Widerrufsfrist also auch von der Erfüllung allgemeiner Informationspflichten abhängig gemacht, nicht aber im hier einschlägigen Bereich der Fernabsatzverträge.

Auch für Bauverträge mit Verbrauchern hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Angabe einer Telefonnummer des Unternehmers in der Widerrufsbelehrung vorzuschreiben und davon den Lauf der Widerrufsfrist abhängig zu machen (§ 356e BGB, Art. 249 § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB).

c. Dafür, dass die Erfüllung der allgemeinen Informationspflichten nicht Voraussetzung für den Lauf der Widerrufsfrist ist, spricht ferner der Vergleich zwischen der seit dem 13. Juni 2014 zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie geltenden Fassung des deutschen Rechts und den zuvor geltenden Bestimmungen. Nach § 312d Abs. 2 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung begann die Widerrufsfrist nicht vor Erfüllung der Informationspflichten nach Art. 246 § 2, § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB a. F., also nicht vor Erteilung aller vertragsrelevanten Informationen. Dies ist nach den §§ 312d, 356 Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht mehr der Fall. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ausdrücklich ausgeführt, dass der Beginn der Widerrufsfrist mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen künftig nicht mehr von der Erfüllung der sonstigen Informationspflichten abhänge (BT-Drucks. 17/12637, S. 61). Auf die weiteren Ausführungen des Landgerichts zu den Gesetzesmaterialien auf S. 7 des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

d. Der Kläger kann sich des Weiteren nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Angabe der Telefonnummer eine Information über „das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts“ sei, so dass diese Angabe schon über Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB zum Pflichtinhalt der Widerrufsbelehrung gehöre. Eine ordnungsgemäße Aufklärung über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs ist erteilt, wenn der Verbraucher aufgrund der Belehrung weiß, was er für einen wirksamen Widerruf tun muss. Es bedarf eines Hinweises auf die in § 355 Abs. 1 S. 2 bis 5 BGB genannten Umstände (Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Auflage, Art. 246a EGBGB Rn. 118). Dem Verbraucher muss ein zumutbarer Weg aufgezeigt werden, den Widerruf zu erklären (Schirmbacher, a. a. O., Rn. 120). Diesen Anforderungen genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten, die den Verbraucher in die Lage versetzt, rechtzeitig gegenüber der richtigen Adressatin eine eindeutige Erklärung über die Ausübung des Widerrufs abzugeben, wobei verschiedene einfache und effektive Kontaktmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Die Angabe über die Telefonnummer des Unternehmers gehört hingegen nicht zu den Informationen über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist über die Form des (in beliebiger Form erklärbaren) Widerrufs nach den gesetzlichen Vorschriften gerade nicht zu belehren, so dass die Angabe einer Telefonnummer nicht etwa als Belehrung über die Möglichkeit des telefonischen Widerrufs erforderlich ist. Entgegen der Auffassung des Klägers suggeriert das Weglassen eines Hinweises auf die Möglichkeit des telefonischen Widerrufs auch nicht, dass dies nicht möglich sei. Die Beklagte belehrt in ihrer Widerrufsbelehrung darüber, dass der Widerruf „mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail)“ erfolgen müsse. Damit hat die Beklagte nur beispielhaft die Kommunikationswege genannt, die ein Verbraucher für den Widerruf in aller Regel wählen wird, weil diese Wege zugleich einfach und zur dauerhaften Dokumentation geeignet sind. Die Beklagte musste zum Beispiel nicht zusätzlich über die Möglichkeit belehren, wegen des Widerrufs persönlich bei ihr vorstellig zu werden bzw. ein entsprechendes Schreiben bei ihr abzugeben oder sich die Tesla-App zur Kommunikation herunterzuladen. Das Fehlen eines Hinweises darauf bedeutet nicht, dass diese für den Verbraucher komplizierteren Wege verschlossen sind. Ebenso wenig wird der Verbraucher durch das Fehlen eines Hinweises auf den telefonisch möglichen Widerruf davon abgehalten, den Widerruf unter der nach den eigenen Angaben des Klägers an mehreren Stellen auf der Internetseite der Beklagten angegebenen und leicht auffindbaren Telefonnummer zu erklären. Verbraucher werden von dieser Form der Übermittlung lediglich im eigenen Interesse in aller Regel Abstand nehmen, weil die Nutzung des Telefons für sie gerade keine Vorteile bietet, sondern - entgegen den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 25. Oktober 2024 - weniger beweissicher und wegen Wartezeiten zeitintensiver ist als eine E-Mail (vgl. Schmidt-Kessel, ZIP 2024, S. 277).

e. Zutreffend sind ferner die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass die individuelle Widerrufsbelehrung der Beklagten nicht deshalb fehlerhaft ist, weil sie in Bezug auf die Telefonnummer nicht den Anforderungen des Gestaltungshinweises [2] zu der in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB enthaltenen Muster-Widerrufsbelehrung entspricht. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte bei Verwendung der Musterbelehrung auch ihre Telefonnummer hätte angeben müssen. Aus den so genannten EIS-Entscheidungen des EuGH vom 14. Mai 2020 (C-266/19, juris) und des BGH vom 24. September 2020 (I ZR 169/17, juris) folgt, dass die im Internetauftritt der Beklagten genannte Telefonnummer „verfügbar“ im Sinne des Gestaltungshinweises in der bei Vertragsabschluss geltenden Fassung wäre. Die Beklagte hat jedoch nicht die Muster-Widerrufsbelehrung verwendet.

Entgegen der Auffassung des Klägers normiert der Gestaltungshinweis zur Muster-Widerrufsbelehrung auch nicht etwa den Mindeststandard für individuelle Widerrufsbelehrungen. Die Muster-Widerrufsbelehrung hat den Zweck, durch die so genannte Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 4 der Verbraucherrechterichtlinie den Unternehmer vor Überforderung zu schützen (Schmidt-Kessel, ZIP 2024, S. 274). Wenn der Unternehmer die Musterwiderrufsbelehrung unter Einhaltung der Gestaltungshinweise nutzt, ist er sicher davor, dass aus dem nationalen Recht oder den Unionsvorschriften in irgendeinem Punkt noch höhere Anforderungen hergeleitet werden könnten. Der Detaillierungsgrad der Musterbelehrung ist der Preis der Gesetzlichkeitsfiktion, aber keine Orientierung für die Auslegung der Belehrungsanforderungen (Schmidt-Kessel, a. a. O., S. 275). Eine individuelle Widerrufsbelehrung ohne Angabe einer Telefonnummer ist gerade nicht - wie vom Kläger angenommen - als „Widerrufsbelehrung light“ anzusehen, sondern lediglich individuell am Maßstab des nationalen und des Unionsrechts auf ihre Ordnungsgemäßheit zu überprüfen, ohne dass der Unternehmer durch die Gesetzlichkeitsfiktion privilegiert wird.

f. Schließlich ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass sich aus den so genannten EIS-Entscheidungen des EuGH und des BGH nicht die Anforderungen an eine individuell gestaltete Widerrufsbelehrung ergeben. Es mag zwar sein, dass die dort aufgestellten Grundsätze nicht nur für das Wettbewerbsrecht, sondern auch für das Verhältnis zwischen einem Unternehmer und einem Kunden, der Verbraucher ist, gelten. Die Entscheidungen befassen sich aber ausschließlich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises [2] zu der in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB enthaltenen Muster-Widerrufsbelehrung „verfügbar“ ist. Die vom Kläger auf S. 9 der Berufungsbegründung vertretene Auffassung, der BGH habe im Leitsatz zu einem ansonsten nicht näher bezeichneten Urteil vom 21. Januar 2021 (gemeint wohl: Urteil zum Az. I ZR 17/18, juris) ausdrücklich die frei gewählte Widerrufsbelehrung eingeschlossen, trifft nicht zu. Der vom Kläger zitierte Leitsatz der Entscheidung vom 24. September 2020 befasst sich nur mit der Verfügbarkeit der Telefonnummer und nicht damit, dass der Gestaltungshinweis auch für individuelle Belehrungen gelten würde. Der EuGH und der BGH hatten in den so genannten EIS-Entscheidungen keinen Anlass, dazu Stellung zu nehmen, weil die entscheidungserheblichen Rechtsprobleme und damit auch die Vorlagefragen an den EuGH sich allein auf den Fall einer Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung bezogen. Soweit der BGH sich mit der Frage der Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes zu befassen hatte, stellt sich diese Frage hier dagegen nicht, weil ohne Verwendung der Musterbelehrung schon kein Verstoß vorliegt.

2. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf neues Vorbringen im Berufungsverfahren berufen, wonach die Widerrufsbelehrung der Beklagten aus anderen Gründen nicht die Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB erfülle. Die zugrunde liegenden Tatsachen, insbesondere der Inhalt der im konkreten Fall verwendeten Widerrufsbelehrung und der sonstigen Vertragsbedingungen gemäß Anlage K 1, sind für sich zwar unstreitig, so dass der Senat sich auch insoweit mit der rechtlichen Einordnung der vermeintlichen Mängel der Belehrung zu befassen hat. Einen Verstoß gegen Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB zeigt der Kläger aber mit seinem neuen Vorbringen nicht auf.

a. Es trifft nicht zu, dass die Beklagte den Kläger nicht hinreichend klar über die Erstattung auch der Bestellgebühr im Falle eines Widerrufs belehrt haben soll.

Der Vortrag auf Seite 3 der Berufungsbegründung und auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 25. Oktober 2024 ist schon nicht auf den vorliegenden Einzelfall bezogen, sondern geht formularmäßig von der Zahlung einer Bestellgebühr „i. H. v. 100,00 EUR bzw. 250,00 EUR“ aus. Der bereits in der Berufungsbegründung angekündigte Screenshot findet sich nunmehr auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 25. Oktober 2024, hat aber keinen Bezug zum vorliegenden Fall und betrifft eine Bestellgebühr von 250,00 €, die für einen Fahrzeugkauf mit Finanzierung erhoben werden soll und im Falle der Ablehnung der Finanzierung rückerstattbar ist. Eine E-Mail, mit der der „Fahrzeugbestellvertrag“ (also die Anlage K 1) übersandt worden sein soll, nennt der Kläger, ohne sie vorzulegen. Die in der Berufungsbegründung und im Schriftsatz vom 25. Oktober 2024 zitierten Passagen aus dem Vertrag der Parteien lassen sich in der Anlage K 1 nicht auffinden.

Den als Anlage K 1 vorgelegten Unterlagen ist nur zu entnehmen, dass der Kläger offenbar eine „Anzahlung für Bestellung“ von 100,00 € zu leisten hatte. In den AGB in der Fassung der Anlage K 1 heißt es unter „Bestellvorgang Model 3, Y und Vertragsbeendigung“ zwar, dass die Beklagte im Falle einer Stornierung durch den Kunden „womöglich eine von Ihnen bezahlte Bestellgebühr als pauschalierten Schadensersatz einbehalten“ könne, dies aber ausdrücklich „vorbehaltlich anderweitiger entgegenstehender gesetzlicher Regelungen“. Der vom Kläger auf Seite 3 unten in der Berufungsbegründung eingerückte Text aus Vertragsbedingungen der Beklagten weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass beim Vorliegen von gesetzlichen Widerrufs- und Rücktrittsrechten ein Rückerstattungsanspruch bestehe.

Vor allem aber hat die Beklagte den Kläger in der ihm erteilten Widerrufsbelehrung ausdrücklich darüber belehrt, dass sie dem Kunden im Falle eines Widerrufs „alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, ... zurückzuzahlen“ habe. Dies ist eindeutig und wird nicht dadurch relativiert, dass es gegenüber Kunden, die nicht Verbraucher sind, die Möglichkeit gibt, dass sie eine etwa geleistete Bestellgebühr im Falle der Vertragsstornierung - außerhalb des nur für Verbraucher geltenden Widerrufsrechts - nicht zurückerhalten könnten. Entgegen der Auffassung des Klägers (Seite 18 der Berufungsbegründung, Seite 10 des Schriftsatzes vom 25. Oktober 2024) hat die Beklagte auch nicht mehrere Widerrufsbelehrungen erteilt, sondern genau eine, die ordnungsgemäß auf den vollen Rückerstattungsanspruch hinweist.

b. Der Hinweis des Klägers auf die „Mindesthaltedauer“ in den AGB der Beklagten ist im Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung nicht nachvollziehbar. Dem Kläger ist in den als Anlage K 1 eingereichten Unterlagen ersichtlich nicht suggeriert worden, er müsse das Fahrzeug sechs Monate lang halten, so dass deshalb kein Widerruf des Vertrages in Betracht komme. Die Klägervertreter zitieren auf Seite 4 der Berufungsbegründung (und wiederholend im Schriftsatz vom 25. Oktober 2024) zu dem Punkt „Kein Weiterverkauf“ schon nicht aus der Anlage K 1, sondern möglicherweise aus dem Vertrag eines anderen Mandanten. Eine Verpflichtung, „das Fahrzeug mindestens sechs Monate ab Auslieferung zu halten“ ist in der Anlage K 1 unter dem Punkt „Kein Weiterverkauf“ überhaupt nicht enthalten (22 eA I). Aus dem dort thematisierten Verbot des Weiterverkaufs lässt sich nicht im Ansatz herleiten, dass der Widerruf ausgeschlossen sein könnte.

c. Schließlich ist die Einleitung der Widerrufsbelehrung der Beklagten klar und verständlich und hat dem Kläger als Verbraucher kein Subsumtionsrisiko in Bezug auf seine Verbrauchereigenschaft und die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln bei Vertragsabschluss aufgebürdet.

Letztere wird von der Beklagten ausdrücklich erläutert mit dem Zusatz „(wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.)“. Jeder normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher kann beurteilen, ob er den Vertrag mit diesen Mitteln abgeschlossen hat. Ein Kunde, der wie der Kläger den Kaufvertrag über die Internetseite der Beklagten abgeschlossen hat, kann nicht ernsthaft hinterfragen, dass es sich um einen Vertragsabschluss ausschließlich mit Fernkommunikationsmitteln handelt. Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass sich bei ihm irgendwelche Zweifel ergeben hätten.

Auch die eigene Einordnung als Verbraucher ist für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Kunden einfach zu treffen, ohne dass er die Legaldefinition in § 13 BGB kennen muss. Der Hinweis auf den persönlichen Anwendungsbereich des Widerrufsrechts nur für Verbraucher verstößt nicht gegen das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot (BGH, Urteil vom 9. November 2010, Az. I ZR 123/10, juris). Die Beklagte, die Verträge über die von ihr hergestellten Fahrzeuge sowohl mit Verbrauchern als auch mit Unternehmern schließt, kann hingegen nicht beurteilen, ob der jeweilige Kunde Verbraucher und über das Widerrufsrecht zu belehren ist oder ob es sich um einen Unternehmer handelt. Bei natürlichen Personen wie dem Kläger ist aus Sicht der Beklagten beides gleichermaßen möglich, während der Kläger wusste, dass er Verbraucher ist. Die Gefahr, dass ein Kunde wegen Zweifeln an seiner Eigenschaft als Verbraucher nicht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, besteht auch abstrakt nicht, zumal die Zuordnung in aller Regel - wie hier - eindeutig ist, der Kunde sich bei gleichwohl auftretenden Zweifeln einfach über die Definition des Begriffs „Verbraucher“ informieren kann und ihm im Übrigen keine Nachteile entstehen, wenn er im Zweifel das Widerrufsrecht ausübt und möglicherweise später die Erkenntnis gewinnen muss, dass dies ins Leere geht.

3. Selbst wenn aus einem der vom Kläger genannten Gründe - insbesondere wegen Nichtangabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung - die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hinter den gesetzlichen Anforderungen zurückbliebe (was nicht der Fall ist), wäre der Kläger jedenfalls wegen Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Widerruf des Kaufvertrages zu berufen. Die Ausführungen des OLG Celle in dem als Anlage B 4 im Berufungsverfahren vorgelegten Beschluss vom 12. Juni 2024 (Az. 16 U 12/24) sind überzeugend.

Selbst wenn die Widerrufsbelehrung einen Mangel aufweisen würde, wäre dieser derart geringfügig, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der Kläger sich auf eine daraus etwa entstehende formale Rechtsposition beruft. Dass ein etwaiger Mangel der Belehrung Auswirkungen auf das Verhalten des Klägers innerhalb der regulären Frist von zwei Wochen ab Übergabe des Fahrzeuges hatte, ist hier ausgeschlossen. Er hat den Widerruf noch fast ein Jahr später - selbstverständlich - in einer beweissicheren Form und nicht telefonisch erklärt, obwohl er die Verlängerung der Frist auf insgesamt 12 Monate und 14 Tage gerade mit dem Fehlen der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung begründet hat. Nachdem der Kläger den Vertrag über die Internetseite der Beklagten abgeschlossen hat, war der Widerruf per E-Mail, auf den die Beklagte ausdrücklich hingewiesen hat, bei objektiver Betrachtung mit Abstand am einfachsten und am besten geeignet, während nichts für einen telefonischen Widerruf sprach. Die Telefonnummer wurde von der Beklagten auch nicht verborgen gehalten, sondern war gerade nach dem Vortrag des Klägers einfach auffindbar. Die Beklagte hatte kein Interesse, einen telefonischen Widerruf zu verhindern, da dieser Weg allein für den Kunden nachteilig wäre.

Der Zeitpunkt des Widerrufs - der nicht etwa wenige Wochen nach Ablauf der 2-Wochen-Frist, sondern kurz vor Ablauf der Höchstfrist erfolgt ist - verdeutlicht im Zusammenspiel mit dem allenfalls geringfügigen und für den Kläger unbedeutenden Mangel der Widerrufsbelehrung, dass die Kaufreue erst spät eingetreten ist und/oder es ihm darum geht, kostenlos für ein Jahr in den Genuss der Nutzung des neuen Fahrzeuges zu gelangen. Die Ausübung eines bestehenden Widerrufsrechts nach § 312g BGB bedarf zwar keiner Begründung, so dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen der Verbraucher den Widerruf erklärt. Dies können auch sachfremde Motive sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger in erster Linie das Ziel verfolgt, die Beklagte zu schädigen. Gleichwohl wäre es treuwidrig, eine rein formal bestehende Position zu nutzen, um sich nachträglich einen erheblichen eigenen Vermögensvorteil zu sichern, nachdem der fristgemäße Widerruf unabhängig vom Inhalt der Widerrufsbelehrung nicht erfolgt ist.


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LG Frankenthal: Fehlendene Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung führt nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung und nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist

LG Frankenthal
Urteil vom 13.12.2013
6 O 198/23


Das LG Frankentha hat entschieden, dass eine fehlendene Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung und nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist führt.

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß §§ 357 Abs. 1, 355 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises, nachdem unabhängig von der Frage, ob aufgrund eines vorhergehenden Kontaktes zwischen den Parteien im Rahmen einer Probefahrt überhaupt von einem Fernabsatzgeschäft auszugehen ist und unabhängig von der Frage, ob der Kläger tatsächlich als Verbraucher handelte, ein dem Kläger möglicherweise zustehendes Widerrufsrecht nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist. Die im Fahrzeugbestellvertrag vom 16.03.2022 erfolgte Belehrung ist ordnungsgemäß und die Widerrufsfrist war daher (auch unter Berücksichtigung der Übergabe des Fahrzeuges am 10.11.2022) bei Erklärung des Widerrufs am 20.05.2023 abgelaufen.

Randnummer22
Gemäß § 356 Abs. 3 BGB beginnt die Widerrufsfrist nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen von Artikel 246a § 1 Abs. 2 S. 1 EGBGB insbesondere über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB belehrt hat. Nachdem die Beklagten vorliegend offensichtlich nicht das gemäß Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 EGBGB mögliche Belehrungsmuster verwendet hat, sondern die erteilte Belehrung an zahlreichen Stellen vom Muster abweicht, ist deren Wirksamkeit nach allgemeinen Kriterien zu beurteilen. Die Beklagte kann ihre Informationspflichten auch durch eine Belehrung erfüllen, die von der Musterbelehrung abweicht, aber inhaltlich den in § 356 Abs. 2 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB geregelten Anforderungen genügt. In einem solchen Fall trägt die Beklagte als Unternehmer allerdings das Risiko, dass ihre Information den allgemeinen Anforderungen an eine umfassende, unmissverständliche und nach dem Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers eindeutige Belehrung nicht genügt (BGH, NJW 2023, 1964).

1. Die Belehrung genügt nach Auffassung der Kammer den allgemeinen Anforderungen, nachdem hinreichend über die allgemeinen Bedingungen und Fristen belehrt worden ist, was der Kläger auch nicht ernsthaft in Zweifel zieht. Die Belehrung ist auch hinsichtlich des Verfahrens ausreichend. Insbesondere die einzige vom Kläger konkret gerügte Beanstandung einer fehlenden Telefonnummer führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Belehrung, nachdem deren Mitteilung nicht für eine ordnungsgemäße Belehrung über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs erforderlich ist. Es ist lediglich erforderlich, aber auch ausreichend den Adressaten des Widerrufs zu benennen und einen möglichen Kontaktweg aufzuzeigen (vgl. Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312d, Rn. 47; BeckOK BGB/Martens, 68. Ed. 1.11.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 28). Die in der Belehrung enthaltene Mitteilung des Adressaten einschließlich der Postadresse genügt diesen Anforderungen. Dem Wortlaut des Gesetzes kann nicht entnommen werden, dass sämtliche oder jedenfalls bestimmte Kontaktwege für einen Widerruf in der Belehrung genannt werden müssen, nachdem nur über die Bedingungen, das Verfahren und die Fristen, nicht aber über mögliche Formen des Widerrufs zu belehren ist. Hinzu kommt, dass eine grundsätzliche Pflicht zur Benennung sämtlicher Kontaktwege zu einer kaum zu rechtfertigenden Benachteiligung von Marktakteuren führen würde, die den Widerruf auch über eine Telefonnummer ermöglichen, obwohl sie zur Bereitstellung einer Telefonnummer zu diesem Zweck nach der Rechtsprechung des EuGH nicht verpflichtet sind (vgl. zur fehlenden Verpflichtung zur Einrichtung einer Telefonnummer zum Zwecke des Widerrufs, EuGH (1. Kammer), Urteil vom 10.7.2019 – C-649/17). Die gegenteilige Auffassung (vgl. BeckOGK/Busch, 1.7.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 36; MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312d Rn. 55), wonach eine zum Widerruf bereitstehende Telefonnummer immer anzugeben ist, würde dazu führen, dass diejenigen Marktakteure, die eine Telefonnummer zur Verfügung stellen auch umfangreichere Belehrungspflichten haben, als diejenigen, die diesen (zusätzlichen) Weg zur Erklärung des Widerrufs nicht zur Verfügung stellen und so im Ergebnis einem nicht gerechtfertigten, größeren Risiko einer fehlerhaften Belehrung ausgesetzt wären.

Dieses Ergebnis gilt auch bei Würdigung der in der Anlage zum EGBGB zur Verfügung gestellten Musterwiderrufsbelehrung. Zum einen besteht keine Obliegenheit diese zu verwenden, sondern deren Verwendung bietet lediglich eine rechtssichere Belehrungsmöglichkeit für den Unternehmer (BGH, NJW 2023, 1964), sodass aus deren Inhalt nicht zwingend auf den Inhalt sämtlicher möglicher Belehrungen geschlossen werden kann. Zum anderen kann der bei Vertragsschluss geltenden Musterwiderrufsbelehrung einschließlich der damaligen Gestaltungshinweise nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass die Telefonnummer als möglicher Kommunikationsweg Bestandteil des in Art 246a § 1 EGBGB genannten Verfahrens ist, wenn dort bei den beispielhaft genannten Erklärungswegen lediglich der Brief und die E- Mail, jedoch nicht der telefonische Widerruf genannt werden und eine Telefonnummer nach den Gestaltungshinweisen nur angegeben werden muss, soweit diese verfügbar ist (vgl. mit ähnlichen Erwägungen, OLG Hamm Urt. v. 9.2.2023 – 18 U 125/22, BeckRS 2023, 3615 Rn. 55).

Eine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer ergibt sich auch nicht aus Art 10 Abs. 1 RL 2011/83/EU, wonach dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. h RL 2011/83/EU über sein Widerrufsrecht belehrt hat, die Widerrufsfrist erst 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist abläuft. Insofern ist entsprechend der Umsetzung in das deutsche Recht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. h RL 2011/83/EU ausdrücklich nur über das Bestehen eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und das Verfahren sowie das Muster-Widerrufsformular zu belehren. Jedenfalls ausdrücklich ist keine Mitteilungspflicht der in Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2011/83/EU genannten Telefonnummer oder über die möglichen Formen des Widerrufs normiert worden.

Ein Abgleich mit dem erforderlichen Inhalt der Widerrufsbelehrung eines Verbraucherbauvertrages spricht zusätzlich gegen das Erfordernis, eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung von Fernabsatzverträgen angeben zu müssen, da eine Mitteilung für den Verbraucherbauvertrag gemäß § 356e BGB, Art. 249, § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB - anders als für Fernabsatzverträge - ausdrücklich normiert ist.

Aus der vom Kläger in Bezug genommenen Rechtsprechung des BGH ergibt sich nichts Abweichendes, nachdem im dortigen Sachverhalt (nach den Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts) davon auszugehen war, dass anders als im vorliegenden Fall die Widerrufsbelehrung auf der Basis der Muster- Widerrufsbelehrung erstellt worden ist (BGH, Urteil vom 24.9.2020 – I ZR 169/17, MMR 2021, 328 Rn. 31) deren (damalige) Ausfüllhinweise das Einfügen einer Telefonnummer vorsahen, soweit diese verfügbar war. In der vorgenannten Entscheidung befasst sich der BGH (jedenfalls ausdrücklich) nur mit einer Nichtbeachtung der Gestaltungshinweise der Musterbelehrung. Die Kammer kann der Entscheidung keine konkreten Ausführungen dazu entnehmen, dass der BGH mit dieser Entscheidung zugleich eine Angabepflicht der Telefonnummer für die Fälle einer vom Unternehmer selbst - in Abweichung zur Musterwiderrufsbelehrung - erstellten Belehrung sieht.

2. Die Belehrung der Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam, etwa weil sie den Eindruck erweckt, dass ein telefonischer Widerruf nicht zulässig wäre (vgl. BeckOK BGB/Martens, 68. Ed. 1.11.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 28). Unzulässig ist eine Belehrung dann, wenn deren Inhalt oder Gestaltung die Gefahr begründet, dass der Verbraucher irregeführt und von einem rechtzeitigen Widerruf abgehalten wird (vgl. BGH NJW 2021, 3122 Rn. 15 und Rn. 22 f.). Dies ist beispielsweise für den Fall bejaht worden, dass eine verwendete Klausel zur Berechnung des Wertersatzes erheblich zum Nachteil des Verbrauchers von der zutreffend in der Belehrung dargestellten Regelung abweicht (BGH, NJW 2021, 3122 Rn. 15) oder für den Fall widersprüchlicher Angaben zum Adressaten eines Widerrufs, welche mit der Gefahr einer Irreführung über den Vertragspartner einhergeht (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 28/22 –, Rn. 45, juris).

Eine Irreführung oder ein Abhalten vom rechtzeitigen Widerruf ist durch die vorliegende Belehrung, insbesondere die Nichtangabe einer Telefonnummer, nicht erfolgt. Insbesondere suggeriert die Belehrung nicht, dass ein Widerruf nur an die angegebene Anschrift und daher per Post oder an die angegebenen E- Mail – Adresse übersendet werden kann, obwohl keine anderen Kontaktmöglichkeiten genannt wurden. Mit der Passage, dass „z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail“ möglich sind, wird durch die Formulierung „z.B.“ zum Ausdruck gebracht, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist. Zusätzlich wird durch die ausdrückliche Erwähnung eines Widerrufs per Telefax verdeutlicht, dass die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme über die Post- und die E- Mail - Adresse nicht abschließend sind, wenn ein Widerruf per Telefax erwähnt, eine Telefaxnummer aber nicht genannt wird.


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OLG Köln: Deutsche Post darf Gültigkeit von Mobiler Briefmarke bzw. Portocode nicht auf 14 Tage beschränken - AGB-Klausel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam

OLG Köln
Urteil vom 13.06.2023
3 U 148/22


Das OLG Köln hat die Vorinstanz bestätigt und entschieden, dass dass die Deutsche Post die Gültigkeit der "Mobilen Briefmarke" bzw. des Portocodes nicht auf 14 Tage beschränken darf. Eine entsprechende AGB-Klausel ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Befristung der Gültigkeitsdauer "Mobiler Briefmarken" auf 14 Tage unwirksam

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat im Streit um die Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung, wonach "Mobile Briefmarken" mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit verlieren, u.a. entschieden, dass die entsprechende Befristung Käufer unangemessen benachteiligt und insoweit unwirksam ist.

Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 28 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Die Beklagte bietet Beförderungsleistungen für Briefe und Pakete an. Für Briefe und Postkarten offeriert sie Verbrauchern als Nachweis für die Zahlung des Beförderungsentgelts eine sogenannte Mobile Briefmarke, auch "Portocode" genannt. Kauf und Zahlung dieser mobilen Briefmarke erfolgen durch die Verbraucher über eine Smartphone-App. Nach der Bestellung und Bezahlung wird diesen in der App der achtstellige Porto-Code zur Frankierung angezeigt, damit sie ihn handschriftlich auf der Briefsendung oder der Postkarte anbringen können. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) für den Onlinehandel der Beklagten heißt es, die Mobile Briefmarke sei lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Weiterhin ist darin Folgendes niedergelegt: "Erworbene Mobile Briefmarken verlieren daher mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit. Das maßgebliche Kaufdatum ist in der Auftragsbestätigung genannt. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist ausgeschlossen." Auf die Gültigkeitsdauer weist die Beklagte die Verbraucher bereits vor dem Erwerb der mobilen Briefmarke hin.

Der Kläger sieht in der Regelung einen Verstoß gegen die Regelung des § 307 Abs.1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (s.u.) und macht insoweit einen Unterlassungs- sowie Aufwendungsersatzanspruch geltend. Die Beklagte vertritt im Kern die Auffassung, die Regelungen unterlägen nicht der Inhaltskontrolle nach der vorbezeichneten Vorschrift, zudem werde der Verbraucher nicht einseitig benachteiligt, sondern durch ein besonders einfach zu handhabendes Produkt begünstigt. Jede Ausdehnung der Gültigkeitsdauer bedeute im Übrigen eine deutliche Zunahme an notwendigen Zeichen, was der einfachen Handhabbarkeit des Produktes zuwiderliefe. Zudem sei die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit des Codes angesichts der hohen Anzahl an Verkäufen bei der "mobilen Marke" und der begrenzten Anzahl an Zeichen zur Sicherung des Produkts und zur Vermeidung von Missbrauch erforderlich.

Das Landgericht Köln hat der Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2022 (Az. 33 O 258/21) vollumfänglich stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hin hat der 3. Zivilsenat die Entscheidung mit Urteil vom 13. Juni 2023 - Az. 3 U 148/22 - bestätigt und insoweit ausgeführt, das Landgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche (u.a. nach § 1 UKlaG, s.u.) zu Recht bejaht. Die angegriffene AGB benachteilige den Verbraucher unangemessen. Im Einzelnen:

Das Landgericht sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Regelungen als AGB unwirksam seien. Sie seien, wozu näher ausgeführt wird, nicht von einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ausgenommen. Bei dem Erwerb der "mobilen Briefmarke" handele es sich im Übrigen um einen Kaufvertrag und nicht, wie von der Beklagten angenommen, bereits um einen konkreten Frachtvertrag, so dass sich die Verjährungsfrist nach § 195 BGB (s.u.) bestimme und drei Jahre betrage.

Zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts gehöre das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Im Falle einer temporalen Verfallfrist - wie hier - werde in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung eingegriffen, weil der Verwendungsgegner zwar den Preis für die Leistung bezahlt habe, ihm die Gegenleistung aber nur befristet zustehen solle und zeitlich über die Verjährungsregelungen hinaus beschränkt werde. Solche Verfallklauseln seien daher an der Vorschrift des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu messen, wobei der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB eine Leitbildfunktion zukomme. Zwar sei nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips und unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen. Durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (vgl. § 195 BGB a.F.) auf drei Jahre (vgl. § 195 BGB) habe der Gesetzgeber allerdings bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen; damit hätten sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht. Vorliegend habe das Landgericht (auch) zutreffend in den Blick genommen, dass es sich um eine erhebliche zeitliche Beschränkung des Erfüllungsanspruchs handele. Denn durch die Beschränkung der Gültigkeit auf 14 Tage werde der Erfüllungsanspruch auf etwa 1% der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist verkürzt. Höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen der Beklagten, die der Bewertung entgegenstünden, seien hier nicht ersichtlich. Zwar halte der Senat es für ein nachvollziehbares Interesse, den Code auf eine praktikable und einfach zu handhabende Länge zu beschränken. Es bestehe aber, wozu näher ausgeführt ist, keine Notwendigkeit, die Gültigkeit der Codes auf 14 Tage zu begrenzen.

An der unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher ändere sich auch nichts dadurch, dass die Möglichkeit bestehe, die Bestellung einer Briefmarke binnen 14 Tagen kostenlos zu stornieren oder zu widerrufen. Vorliegend fehle es bereits an der erforderlichen Wechselbeziehung zwischen der kurzen Gültigkeitsdauer und dem eingeräumten Stornierungsrecht, weil Verbrauchern bei jedem Fernabsatzvertrag ein 14-tägiges Widerrufsrecht von Gesetzes wegen zustehe.

Die Unangemessenheit der angegriffenen Klausel folge zudem daraus, dass bei Nichtnutzung der "mobilen Briefmarke" innerhalb der gesetzten Gültigkeitsdauer der ersatzlose Entzug des Anspruchs auf Beförderung der Briefe/Postkarten folge.

Die Revision zum Bundesgerichtshof hat der Senat nicht zugelassen.

LG Köln: Deutsche Post darf Gültigkeit von Mobiler Briefmarke bzw. Portocode nicht auf 14 Tage beschränken - AGB-Klausel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam

LG Köln
Urteil vom 20.10.2022
33 O 258/21

Das LG Köln hat entschieden, dass die Deutsche Post die Gültigkeit der "Mobilen Briefmarke" bzw. des Portocodes nicht auf 14 Tage beschränken darf. Eine entsprechende AGB-Klausel ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:
II. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen AGB gemäß § 1 UKIaG zu, da die Klausel die Verbraucher:innen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist.

1. Der Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB ist eröffnet.

Der Bundesgerichtshof hat zum Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle ausgeführt:

„Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB gelten diese Vorschriften nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Klauseln, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu bezahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind dagegen von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Es ist nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie den Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen; mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es insoweit regelmäßig auch an einem Kontrollmaßstab […]. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Leistungsgegenstand, während Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren sind […]. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann […]. Diese zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehörenden Abreden sind von den kontrollfähigen Nebenabreden zu unterscheiden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, aber nicht das Ob und den Umfang der zu erbringenden Leistungen bestimmen, sondern als ergänzende Regelungen lediglich Art und Weise der Leistungserbringung und/oder etwaige Leistungsmodifikationen zum Inhalt haben. Diese treten neben eine bereits bestehende Leistungshauptabrede und an deren Stelle kann, wenn eine vertragliche Regelung fehlt, dispositives
[…]

Die Bedingungen sind dabei ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden.“

Die beanstandete Klausel ist eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung und damit eine Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 BGB.

Auch ergibt die Auslegung der beanstandeten AGB der Beklagten, dass diese keine bloße Leistungsbeschreibung enthält. Unter Zugrundelegung der oben genannten Grundsätze regelt sie nicht unmittelbar die Hauptleistungspflichten der Parteien. Zwar wird in der angegriffenen Klausel die mobile Frankierung als „ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch“ bezeichnet. Der Kern der Vertragsleistung wird jedoch dadurch bestimmt, dass Verbraucher:innen gegen Zahlung eines Entgelts einen Code erhalten, mit welchem sie einen Brief oder eine Postmarke durch handschriftliche Anbringung frankieren können. Die Gültigkeitsbefristung ist somit für die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts entbehrlich; der wesentliche Vertragsinhalt mit den Hauptleistungspflichten der Parteien ist auch ohne die Befristung der Gültigkeit bestimmt. Bei der Gültigkeitsbefristung des Codes handelt es sich nach alledem um eine neben die Hauptleistung tretende, zusätzliche Bestimmung, die lediglich Art und Weise der Leistungserbringung bzw. eine Leistungsmodifikationen zum Inhalt hat.

2. Die angegriffene Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach der vorgenannten Norm sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen; die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist (vgl. BGH, NJW 2010, 57; NJW 2005, 1774 [1775] m.w.N.). Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung in AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Eine solche unangemessene Benachteiligung liegt im Streitfall vor.

Das bürgerliche Recht kennt für Verpflichtungen aus schuldrechtlichen Verträgen im Allgemeinen nur das in den §§ 194 ff. BGB im Einzelnen geregelte Rechtsinstitut der Verjährung, nicht dagegen besondere, von der Frage der Verjährung unabhängige Ausschlussfristen (BGH, Urt. v. 12. Juni 2001 – XI ZR 274/00 –, BGHZ 148, 74-84, Rn. 26). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Vertrag über den Erwerb einer mobilen Briefmarke nicht als Frachtvertrag im Sinne des § 407 HGB zu qualifizieren, da ein solcher erst durch die Aufgabe der jeweiligen Sendung zustande kommt (vgl. BGH, Urt. v. 11. 10. 2005 - XI ZR 395/04, juris; LG Bonn, Urt. v. 14. Mai 2004 – 10 O 17/04 , juris). Er ist vielmehr als Kaufvertrag einzustufen. Mithin findet auch die besondere, für wirksam abgeschlossene Frachtverträge geltende Verjährungsvorschrift des § 439 HGB keine Anwendung, sodass es bei den vorgenannten allgemeinen Regelungen verbleibt.

Auch für den mit dem Erwerb der mobilen Briefmarke verknüpften Anspruch gegen die Beklagte ist keine gesetzlich vorgesehene Ausschlussfrist ersichtlich. Die Gültigkeitsbefristung der mobilen Briefmarke der Beklagten enthält daher eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

Zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts gehört das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung (BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – XI ZR 274/00 –, BGHZ 148, 74-84, Rn. 27), das durch die Verjährungsvorschriften in zeitlicher Hinsicht näher ausgestaltet wird. Die streitige Gültigkeitsbefristung greift in das Äquivalenzverhältnis des Vertrags insoweit ein, als die Verbraucher:innen die mobile Briefmarke nur im Rahmen der Geltungsdauer von 14 Tagen zur Frankierung ihrer Briefe und Postkarten nutzen können.

In ihrer konkreten Ausgestaltung enthält die streitgegenständliche Gültigkeitsbefristung der mobilen Briefmarke einen so weitgehenden Eingriff in das vertragliche Äquivalenzverhältnis, dass sie als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher:innen zu qualifizieren ist.

Es kann zwar nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips und unangemessene Benachteiligung des Kunden angesehen werden. Solche Ausschlussfristen sind, obwohl im Gesetz in aller Regel nicht vorgesehen, in weiten Bereichen üblich und werden unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der beiderseits Beteiligten häufig als nicht unangemessen anzusehen sein (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juni 2001 – XI ZR 274/00 –, BGHZ 148, 74-84, Rn. 29: zur Verkürzung der Gültigkeitsdauer bei Berechtigungskarten und Gutscheinen, die dem Inhaber die Möglichkeit verschaffen, eine bestimmte Ware oder Leistung zu verlangen). Durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (vgl. § 195 BGB a.F.) auf drei Jahre (vgl. § 195 BGB) im Rahmen der Schuldrechtsreform hat der Gesetzgeber allerdings bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen; damit haben sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht (OLG München, Urt. v. 17. 1. 2008 - 29 U 3193/07, NJW-RR 2008, 1233).

Die Umstände des vorliegenden Falls führen jedenfalls dazu, dass die von der Beklagten gewählte Ausgestaltung der Gültigkeitsbefristung der von ihr angebotenen mobilen Briefmarke bei einer Abwägung ihrer Interessen und derjenigen der Verbraucher:innen als eine die Verbraucher:innen unangemessen benachteiligende, nicht hinnehmbare Abweichung vom Äquivalenzprinzip anzusehen ist.

Die angegriffene Klausel zielt auf eine Benachteiligung der Verbraucher:innen im Vergleich zu der gesetzlichen Regelung der §§ 195, 199 BGB ab, nach der entsprechende Ansprüche mit dem Ablauf einer Frist von drei Jahren – beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht – verjähren. So wird der Zeitraum, in dem die unmittelbare Geltendmachung des Anspruchs – die Beförderung eines mit der mobilen Briefmarke versehenen Briefes bzw. einer Postkarte – möglich ist, auf einen minimalen Bruchteil (ca. 1 %) des vom gesetzlichen Leitbild Vorgesehenen herabgesetzt. Der dadurch bewirkte ersatzlose Verlust der Möglichkeit, einen nicht verjährten Anspruch geltend zu machen, stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher:innen dar.

Diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild betreffend die Rechtsfrage, wie sich der Zeitablauf auf einen bestehenden Anspruch auswirkt, begründet die Unangemessenheit der Benachteiligung der Verbraucher:innen, weil keine anerkennenswerten höherrangigen oder zumindest gleichwertigen Interessen der Beklagten für eine derartige Regelung sprechen. Die Berufung der Beklagten auf eine erforderliche zeitliche Begrenzung der Codes zur Sicherung des Produktes bzw. zur Vermeidung von Missbrauch sowie der nur begrenzten Verfügbarkeit einer bestimmten Anzahl von Codes ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte verwendet unstreitig achtstellige Codes. Selbst wenn für die Generierung der Codes lediglich Ziffern verwendet werden, bestehen 100.000.000 Möglichkeiten für die Erstellung verschiedener Codes. Unter Zugrundelegung des beklagtenseits behaupteten Umfangs von 12 Mio. verkauften mobilen Briefmarken pro Jahr würde die Anzahl der Codes für einen Zeitraum von acht Jahren und 4 Monaten ausreichen. Auch der Verweis auf eine etwaig bestehende Missbrauchsgefahr ist nicht geeignet, die durch die angegriffenen Klauseln bewirkte Beschneidung der Rechte der Verbraucher:innen zu rechtfertigen. Es handelt sich insoweit um Folgen, die in dem von der Beklagten zur Steigerung ihres Umsatzes selbst gewählten Geschäftsmodell angelegt und daher nicht zu berücksichtigen sind. Es obliegt der Beklagten, ihr System derart zu gestalten, dass eine mehrfache Verwendung von Codes erkannt und verhindert wird.

Jedenfalls aber folgt die Unangemessenheit der Benachteiligung der Verbraucher:innen daraus, dass bei Nichtnutzung der mobilen Briefmarke innerhalb der gesetzten Gültigkeitsdauer der ersatzlose Entzug des Anspruchs auf Beförderung der Briefe/Postkarten folgt. Denn nach Ablauf der Frist von 14 Tagen ist eine Erstattung des geleisteten Betrages durch die Beklagte an die Verbraucher:innen gerade nicht vorgesehen. Die Beklagte führt nur dazu aus, dass eine Stornierung innerhalb der 14 Tage nach Erwerb möglich sei und der gezahlte Betrag auf das getätigte Bezahlmittel erstattet werde. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist nach den AGB der Beklagten aber gerade ausgeschlossen.

Dass die Beklagte vor dem Erwerb der mobilen Briefmarke auf die begrenzte Gültigkeitsdauer hinweist, lässt die Unangemessenheit der Benachteiligung der Verbraucher:innen nicht entfallen.

3. Die mündliche Verhandlung war nicht wiederzueröffnen, da ein Wiedereröffnungsgrund im Sinne des § 156 ZPO nicht vorliegt. Soweit nach der Replik des Klägers bestimmter Tatsachenvortrag der Beklagten streitig ist, führt dies aus den oben ersichtlichen Gründen auch bei Wahrunterstellung des Tatsachenvortrages der Beklagten nicht zu einem anderen Ergebnis. Soweit die Replik der Klägerin neuen Tatsachenvortrag enthält, war dieser nicht entscheidungserheblich.


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OLG Frankfurt: Verlängerung der Widerrufsfrist in der Widerrufsbelehrung zum Vorteil des Verbrauchers zulässig und kein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß - 1 Monat statt 14 Tagen

OLG Frankfurt 6.
Beschluss vom 07.05.2015
6 W 42/15


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Verlängerung der Widerrufsfrist (hier: 1 Monat statt 14 Tage ) in der Widerrufsbelehrung zum Vorteil des Verbrauchers zulässig ist und keinen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Antragsteller steht der mit der Beschwerde weiterverfolgte Unterlassungsanspruch nicht zu, da die angegriffene Widerrufsbelehrung mit den Vorgaben der §§ 312d I, 312g BGB i.V.m. Art. 246a II Nr. 1 EGBGB vereinbar ist.

Die das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat, enthält die Widerrufsbelehrung das an den Vertragspartner gerichtete Angebot, die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen auf einen Monat zu verlängern. Nimmt der Verbraucher dieses Angebot an, beträgt die Widerrufsfrist tatsächlich einen Monat. Insbesondere kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sich der Verwender der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung gegenüber dem Käufer nicht darauf berufen könnte, die Widerrufsfrist betrage nach dem Gesetz nur vierzehn Tage. Die über das Widerrufsrecht erteilte Belehrung ist damit richtig.

Der vorliegende Fall ist insbesondere nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt, der den in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidungen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 15.4.2010 m.w.N.) zugrunde lag. Dort stellte sich die – von den Gerichten verneinte - Frage, ob durch eine Widerrufsbelehrung zum Nachteil des Verbrauchers eine Kostentragungspflicht vereinbart werden kann. Hier geht es allein um die für den Verbraucher günstige Verlängerung des gesetzlichen Widerrufsrechts."


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AG Winsen: Widerrufsfrist beginnt nicht mit Abgabe des Pakets beim Nachbarn

AG Winsen (Luhe)
Urteil vom 28.06.2012
22 C 1812/11


Das AG Winsen hat entschieden, dass die 14-tägige Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften nicht bereits mit der Abgabe des Pakets beim Nachbarn beginnt. Vielmehr ist erforderlich, dass der Kunde das Paket erhält. Etwaige Verzögerungen gehen - so die Ansicht des Gerichts - zu Lasten des Versenders.

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