Leitsätze des BGH:
a) Nach § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV muss der zur Angabe eines Gesamtpreises Verpflichtete bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis, den er für das beworbene Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat, in einer für den angesprochenen Verbraucher eindeutigen, klaren und verständlichen Weise angeben.
b) In Fällen der Verletzung des § 11 Abs. 1 PAngV ist die Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung nach §§ 5a und 5b UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21, GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 60] = WRP 2022, 977 - Grundpreisangabe im Internet; Urteil vom 23. März 2023 - I ZR 17/22, BGHZ 237, 1 [juris Rn. 65] - Aminosäurekapseln, jeweils mwN).
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2025 - I ZR 183/24 - OLG Nürnberg - LG Amberg
Der BGH hat entschieden, dass die Werbung mit einer Preisermäßigung nur zulässsig ist, wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird
Die Pressemitteilung des BGH: Unzulässige Werbung mit einer Preisermäßigung
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Werbung mit einer Preisermäßigung unzulässig ist, wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung nicht in einer für den Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise angegeben wird.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Wettbewerbszentrale. Die Beklagte ist ein Lebensmitteldiscounter. In einem Werbeprospekt bewarb die Beklagte ein Kaffeeprodukt unter Angabe des aktuellen Verkaufspreises ("4.44") und eines weiteren klein gedruckten Preises ("6.991") sowie einer Preisermäßigung ("-36 %"). Die hochgestellte Ziffer 1 nach der Preisangabe "6.99" verweist auf den am Seitenende stehenden und in kleiner Schriftgröße gehaltenen Text "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbenes Kaffeeprodukt] 4.44". Die Beklagte verlangte für das beworbene Kaffeeprodukt in der Vorwoche der Werbung einen Preis von 6,99 € und in der davorliegenden Woche einen Preis von 4,44 €.
Die Klägerin hält die Preiswerbung der Beklagten für wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten weitgehend zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Preiswerbung der Beklagten gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstößt und daher nach § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG unlauter ist.
Die Beklagte ist nach § 3 Abs. 1 PAngV zur Angabe der Gesamtpreise verpflichtet. Sie hat deshalb nach § 11 Abs. 1 PAngV gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV reicht es nicht aus, dass der niedrigste Gesamtpreis in beliebiger Weise angegeben wird. Aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierten Gebot der Preisklarheit folgt vielmehr, dass diese Angabe in einer für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise zu erfolgen hat. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Werbung der Beklagten diesen Anforderungen nicht gerecht. Mit der unzureichenden Angabe des niedrigsten Gesamtpreises enthält die Beklagte den Verbrauchern eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG vor. Die Preiswerbung der Beklagten ist deshalb unzulässig.
Vorinstanzen:
Landgericht Amberg - Urteil vom 29. Januar 2024 - 41 HK O 334/23
Oberlandesgericht Nürnberg - Urteil vom 24. September 2024 - 3 U 460/24
(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Als Vorenthalten gilt auch (…)
2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (…)
(4) Als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1 gelten auch solche Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.
§ 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV
(3) (...) Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.
§ 3 Abs. 1 PAngV
(1) Wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Gesamtpreise anzugeben.
§ 11 Abs. 1 PAngV
(1) Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers vorliegt, wenn diese vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten wird. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.
BGH
Urteil vom 05.11.2015 I ZR 182/14
Durchgestrichener Preis II
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Leitsatz des BGH:
Werbung mit einem durchgestrichenen Preis misst der Verbraucher nicht eine je nach Vertriebsform unterschiedliche Bedeutung bei. Auch im Internethandel und auf einer Handelsplattform wie Amazon.de erkennt der Verkehr in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis.
BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 182/14 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart
Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass eine unveränderte Werbung mit einem durchgestrichenen Preis über mehrere Wochen (hier: 12 Wochen) eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellt.
Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein neuer Shop mit einem Eröffnungspreis in Kombination mit durchgestrichenem Preis wirbt.
Aus den Entscheidungsgründen: "Wird eine Eröffnungswerbung mit einem durchgestrichenen Preis kombiniert, so handelt es um eine konkludente Irreführung, nämlich die Angabe über einen Preisvorteil im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG, nicht hingegen um die Vorenthaltung einer wesentliche Information im Sinne des § 4 Nr. 4 oder des § 5a Abs. 2 UWG, wie es bei der Bewerbung eines nicht befristeten „Einführungspreises“ der Fall sein mag (BGH GRUR 2011, 1151).
Die Gruppe der angemessen gut unterrichteten, aufmerksamen und kritischen Durchschnittsverbraucher, zu der im Bereich der Bewerbung von Möbeln auch die Mitglieder des erkennenden Senates gehören, versteht die Gegenüberstellung eines beworbenen Eröffnungs- mit einem durchgestrichenen höheren Preis als Preissenkungswerbung des Anbieters (Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl. 2010, § 5 Rn. 422) und damit als Angabe über einen Preisvorteil im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG. "
Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine irrfeührende wettbewerbswidrige Werbung mit einem durchgestrichenem "statt"-Preis vorliegt, wenn nicht eindeutig klargestellt wird, was mit dem genannten "statt"-Preis gemeint ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die beanstandete Werbung mit durchgestrichenen Statt-Preisen ist zumindest mehrdeutig und als solche irreführend, da die Gefahr besteht, dass sie von einem nicht völlig unerheblichen Teil des Verkehrs in einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechendem Sinne aufgefasst wird
[...]
Ob die Werbung im Übrigen jedenfalls auch deshalb irreführend i.S.d. § 5 UWG ist, weil die durchgestrichenen höheren Preise zuvor nicht oder nicht ernsthaft verlangt wurden – so wohl der Hinweisbeschluss des OLG Oldenburg vom 17.12.2012 – 6 U 197/12 -, mithin ohnehin sog. Mondpreise sind, ist vorliegend unerheblich. Dieser Irreführungsvorwurf ist nicht streitgegenständlich. Er war und ist nach wie vor vom Verfügungsantrag der Antragstellerin nicht erfasst."
BGH
Urteil vom 17.03.2011 I ZR 81/09 -
Original Kanchipur
UWG § 4 Nr. 4, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 5a Abs. 2
Leitsatz des BGH:
Eine Werbung mit hervorgehobenen Einführungspreisen, denen durchgestrichene (höhere) Normalpreise gegenübergestellt werden, ist irreführend, wenn sich aus ihr nicht eindeutig ergibt, ab welchem Zeitpunkt die Normalpreise verlangt werden. Sie ist zudem wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unlauter.
BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 81/09 - OLG Karlsruhe in Freiburg LG Freiburg
BGH
Urteil vom 17.03.2011 I ZR 81/09
Original Kanchipur
Der BGH hat entschieden, dass die Werbung mit Einführungspreisen, denen höhere durchgestrichene Preise gegenübergestellt werden, wettbewerbswidrig ist, wenn in der Werbung nicht deutlich darauf hingewiesen wird, wie lange die Einführungspreise und ab wann die durchgestrichenen Preise gelten.
Aus der Pressemitteilung des BGH:
"Der Bundesgerichtshof hat die Ansicht des Berufungsgerichts bestätigt, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Verkaufsförderungsmaßnahme in der Werbeanzeige nicht - wie in § 4 Nr. 4 UWG gefordert - klar und eindeutig angegeben waren. Außerdem verstoße die Werbung gegen das Irreführungsverbot. Wer mit einem höheren durchgestrichenen Preise werbe, müsse deutlich machen, worauf sich dieser Preis beziehe. Handele es sich um den regulären Preis, den der Händler nach Abschluss der Einführungswerbung verlange, müsse er angeben, ab wann er diesen regulären Preis in Rechnung stellen werde. Anders als beim Räumungsverkauf, bei dem der Kaufmann nach der Rechtsprechung zu einer zeitlichen Begrenzung genötigt ist, muss damit ein Einführungsangebot, das mit durchgestrichenen höheren Preisen wirbt, eine zeitliche Begrenzung aufweisen."
Oberlandesgericht Düsseldorf,
Urteil vom 29.06.2010 I-20 U 28/10
Durchgestrichener “statt“-Preis
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Werbung mit einem durchgestrichenen "statt"-Preis keine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG ist. Wettbewerbswidrig ist eine derartige Werbung nur dann, wenn der durchgestrichene Preis früher nicht tatsächlich vom werbenden Unternehmer über einen gewissen Zeitraum für das Produkt verlangt wurde.
In den Entscheidungsgründen heißt es dazu:
" Die Werbung schafft keine Unklarheiten über einen besonderen Preisvorteil oder den Preis selbst oder die Art und Weise, wie er berechnet wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der im Streitfall angesprochene Verkehr, nämlich die an Herrenschuhen interessierten Durchschnittsverbraucher, in dem durchgestrichenen Preis etwas anderes sehen könnte als den vom werbenden Unternehmen früher geforderten Preis. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart in dem von den Parteien erörterten Urteil vom 8. März 1996 (WRP 1996,791), durchgestrichene Preise würden allgemein dahin verstanden, dass es sich um die früher vom Gewerbetreibenden verlangten Preise handele, weil das Durchstreichen eines Preises für sein Ungültigmachen stehe und im Zusammenhang mit der Angabe des nun gültigen niedrigeren Preises für eine Preisherabsetzung. Durchgestrichene und damit ungültig gemachte Eigenpreise sind dem Verkehr nicht nur aus der Werbung bekannt, sondern auch von Preisschildern her bestens vertraut. Das Durchstreichen steht Gedanken an Preise anderer Herkunft und Bedeutung geradezu entgegen, denn andere Preise macht der Gewerbetreibende nicht ungültig, sondern bezieht sich vielmehr auf ihre Geltung, damit der von ihm geforderte Preis im Vergleich als günstig erscheint. Der Umstand, dass in der durchgestrichenen Angabe des Streitfalls vor dem Betrag noch das Wort "Statt" erscheint, beeinträchtigt die Klarheit der Aussage nicht. Vielmehr erschöpft sich im gegebenen Zusammenhang die Bedeutung des Wortes in einer Bekräftigung der Aussage, dass es anstelle des durch den Strich für ungültig erklärten Preises einen anderen jetzt geltenden Verkaufspreis gibt.
Da der Streitfall durch die Streichung des höheren Preises geprägt wird, können Zweifel, die ein nicht durchgestrichener, vielmehr nur mit "statt" als Vergleichsobjekt in eine Werbung eingeführter Preis erwecken mag, dahinstehen und braucht nicht entschieden zu werden, ob mit Bornkamm (Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 5 Rn. 7.132) die bisherige Rechtsprechung zu Hinweisen auf "Statt-Preisen" im Hinblick auf das europäische Verbraucherleitbild und deshalb, weil die Verbraucher gewohnt seien, dass mit "Statt"-Preisen ohne besondere Angaben frühere Preise gemeint würden (und nicht etwa unverbindliche Preisempfehlungen o.ä.), als überholt anzusehen ist. Zur diskutierten "’statt’-Preis"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei nur angemerkt, dass im damaligen Fall eine Reihe von Umständen zusammenkam, die den Gegenstand des Preisvergleichs unklar erscheinen ließen."