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LG Hamburg: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "German Quality" und Farben der Deutschlandfahne wenn Produkt im Ausland hergestellt wird

LG Hamburg
Urteil vom 02.06.2022
327 O 307/21


Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "German Quality" und Farben der Deutschlandfahne vorliegt, wenn das Produkt im Ausland hergestellt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG i. V. m. den §§ 3, 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG.

Die streitgegenständlichen Verpackungsaufmachungen sind irreführungsgeeignet i. S. v. § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG. Die angesprochenen Durchschnittsverbraucher der hier in Rede stehenden Waren werden der Abbildung der Farben der Deutschlandfahne schwarz/rot/gold in drei Balken nebeneinander mit dem Zusatz „German Quality“ nicht nur die Beschreibung einer bestimmten - deutschen, „German“ - Qualität, unabhängig vom Ort der Herstellung, entnehmen, sondern diese Bestandteile der Verpackungsaufmachungen als Hinweise auf den Ort der Herstellung der Kondome auffassen, auch wenn - anders als in dem vom OLG Frankfurt a. M. (Beschluss v. 17.08.2020, Az. 6 W 84/20, GRUR-RS 2020, 21585) entschiedenen Fall - auf der Verpackung kein Bezug auf den Herstellungsprozess als solchen genommen wird. Das Argument der Beklagten, unter deutscher Qualität verstehe der Verbraucher unabhängig vom Herstellungsort die Einhaltung der für Deutschland einschlägigen Industrienormen und Parameter sowie überobligatorische Tests und die stichprobenartige Qualitätsprüfung durch die Beklagte als deutsches Unternehmen, überzeugt insoweit nicht. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher hat nämlich keine Kenntnis von etwaig hier einschlägigen konkreten Industrienormen und sonstigen Herstellungsparametern im Einzelnen oder davon, ob und welche besonderen technischen Qualitätsnormen in Deutschland im Vergleich zum Ausland gelten. Eine derartige Vorstellung des angesprochenen Verkehrs anzunehmen, überspannte vielmehr dessen Kenntnisstand und die daraus resultierenden Vorstellungen von einer - wie auch immer gestalteten - „deutschen Qualität“. Gerade bei einem - wie vorliegend - einteiligen Produkt, das aus einem Rohstoff in einem Herstellungsschritt erzeugt wird, wird der Verbraucher der Abbildung einer Deutschlandfahne mit den Worten „German Quality“ entnehmen, dass dieses in Deutschland hergestellt wird, sich die Qualität mithin aus den Fertigungsstandards sowie der Ausbildung und Kenntnisse der Mitarbeiter am Produktionsstandort Deutschland ergibt, nicht hingegen lediglich daraus, dass einem Lohnhersteller im Ausland bestimmte qualitative Vorgaben gemacht werden, deren Einhaltung im Inland lediglich stichprobenartig überprüft wird.

II. Der von der Klägerin geltend gemachte Abmahnkostenersatzanspruch nebst Rechtshängigkeitszinsen folgt aus § 13 Abs. 3 UWG i. V. m. den §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB. Dem Grunde nach wird wegen der Irreführungseignung der abgemahnten Produktaufmachung auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Auch die übrigen abgemahnten Werbeaussagen waren irreführend i. S. v. § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG, da auch sie dem angesprochenen Verkehr suggeriert haben, die so beworbenen Produkte würden - wie unstreitig nicht - in Deutschland hergestellt. Der Höhe nach ist der von der Klägerin für die Abmahnung zugrunde gelegte Gegenstandswert von 125.000,00 €, von dem ein Teilgegenstandswert von 75.000,00 € auf die Abmahnung der Produktaufmachungen und der Gegenstandswert im Übrigen auf die Abmahnung der drei o. g. Werbeaussagen im Internet entfällt, nicht übersetzt. Der höhere Gegenstandswert der Abmahnung der Produktaufmachungen bildet vielmehr das höhere wirtschaftliche Interesse der Klägerin an deren Verbot, insbesondere aufgrund deren hohen Angriffsfaktors, nachvollziehbar ab.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Werbung durch Amazon bei Google mit Produktpreisen wenn beworbene Preise nur für Amazon Prime-Kunden gelten

LG Frankfurt
Urteil vom 13.01.2023
3-10 O 93/22


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn Amazon bei Google mit Produktpreisen wirbt, wenn die beworbene Preises nur für Amazon Prime-Kunden gelten und dies nicht für den Nutzer durch einen klaren Hinweis erkennbar ist. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Darmstadt: Finanzvermittler darf nicht die Bezeichnung bzw. den Zusatz "Banka" verwenden - wettbewerbswidrige Irreführung

LG Darmstadt
Versäumnisurteil vom 22.11.2022
20 0 49/22


Das LG Darmstadt hat entschieden, dass dass ein Finanzvermittler nicht die Bezeichnung bzw. den Zusatz "Banka" verwenden darf. Es liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor. Es handelt sich bei "Banka" um den türkische Übersetzung für "Bank". Der Zusatz darf nur von erlaubnispflichtigen Kreditinstituten geführt werden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

OLG Frankfurt: Auch einmaliger Ausreißer bei falscher Preisangabe im Online-Shop begründet Wettbewerbsverstoß wegen irreführender Preisangabe nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG

OLG Frankfurt
Urteil vom 24.11.2022
6 U 276/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass auch ein einmaliger Ausreißer bei falscher Preisangabe im Online-Shop einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß wegen irreführender Preisangabe nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG begründet.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung hat in der Sache einen Erfolg. Dem Kläger steht aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG ein Unterlassungsanspruch zu, da die Beklagte im Rahmen ihrer Rabattaktion im Hinblick auf das Produkt „X“ eine zur Täuschung geeignete Angabe gemacht hat, indem sie es zu einem Preis von 114,90 € brutto zum Verkauf angeboten, tatsächlich aber von dem Käufer Buchholz 175,00 € brutto verlangt hat.

1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist z.B. dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis enthält, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG. Wegen der Bedeutung des Preises für den Absatz ist ein wirksamer Schutz vor irrführenden Preisangaben unbedingt geboten und die wettbewerbliche Relevanz in der Regel gegeben (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 37. Aufl., § 5 Rn 3.22 f.).

Eine Angabe ist unwahr im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH GRUR 2013, 1254 Rn 15 - Matratzen Factory Outlet; BGH GRUR 2016, 1193 Rn 20 - Ansprechpartner; BGH GRUR 2018, 1263 Rn 11 - Vollsynthetisches Motorenöl; BGH GRUR 2019, 1202 Rn 18 - Identitätsdiebstahl).

Der Verkehr wird bei der Preisangabe in einem Online-Shop die Erwartung haben, dass er den angebotenen Artikel auch tatsächlich zu dem Preis erwerben kann. Dabei wird er zwar einkalkulieren, dass es ggf. durch begrenzte Vorräte im Einzelfall zu einer Verzögerung der Lieferung oder ggf. sogar zu einer fehlenden Lieferbarkeit kommen. Der Verkehr ist derartige Üblichkeiten gewöhnt. Der angesprochene Verkehr - zu dem die Mitglieder des Senats gehören - wird indes keine Veranlassung haben, einer vorbehaltslosen Preisangabe zu entnehmen, dass die Lieferung zu diesem Preis in Einzelfällen nicht zustande kommt und es nicht zu einer „Preiserhöhung“ in dem Sinne kommt, dass das Produkt nur zu einem um 50 % höheren Preis zustande kommt.

Die so verstandene Angabe der Beklagten ist unwahr. Die Beklagte hat tatsächlich im konkreten Fall eine Lieferung zum Angebotspreis nicht nur einmal, sondern auf konkrete Nachfrage des Kunden auch ein zweites Mal verweigert. Unabhängig von dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten zu den internen Abläufen auf Seiten der Beklagten war damit die Angabe der Beklagten unwahr. Soweit die Beklagte einwendet, es habe ein Fehler der zuständigen Mitarbeiterin vorgelegen, die dem System nicht entnommen habe, dass es sich um einen Angebotsartikel gehandelt habe, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Anknüpfungspunkt für den Unlauterkeitsvorwurf ist bei richtlinienkonformer Auslegung die (relevante) Unwahrheit bzw. Täuschungseignung der Angaben. Eine Täuschungsabsicht ist für den Art. 6 UGP-RL umsetzenden Irreführungsschutz des § 5 UWG nicht erforderlich (EuGH C-388/13 - EU:C:2015:225 Rn 47 (zu Art. 6 Abs. 1 UGP-RL) - UPC Magyarország). Auch andere Motive des Unternehmers spielen im Rahmen des § 5 UWG keine Rolle (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer UWG, 5. Aufl. 2021, § 5 Rn 304).

2. Es fehlt auch nicht an der nach § 5 Abs. 1 UWG erforderlichen Geeignetheit, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es liegt auf der Hand, dass der Preis ein entscheidendes Element für die Kaufentscheidung darstellt. Dass bei einem Produkt im Wert von ca. 150 € ein Preisnachlass von 50 € ein ganz erheblicher kaufentscheidender Faktor ist, bedarf keiner ausführlichen Begründung.

Auch die Tatsache, dass es sich lediglich um einen Einzelfall handelt, würde die Geeignetheit nicht in Frage stellen, da diese auf die konkrete Handlung abstellt und in der konkreten Situation für den einen Verbraucher eine Veranlassung zu einer entsprechenden geschäftlichen Entscheidung möglich ist.

Die Tatsache, dass dem Kunden vor Abschluss des Kaufvertrages dann der tatsächliche Preis doch noch genannt wurde, ist nicht geeignet, eine Veranlassung zu einer geschäftlichen Entscheidung auszuschließen. Dann ist die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die Bestellung aufzugeben, nämlich unabhängig davon schon getroffen, ob tatsächlich ein Kauf zustande kommt. Die geschäftliche Entscheidung, zu deren Veranlassung die im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG relevante Irreführung geeignet ist, ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden. In der Rechtsprechung des EuGH wird der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ im Sinne der zugrundeliegenden Art. 2 lit. k UGP-RL, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UGP-RL voraussichtlich veranlasst wird, weit definiert. Erfasst ist nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH GRUR 2014, 196 Rn 36 - Trento Sviluppo) oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet (BGH GRUR 2017, 1269 Rn 19 - MeinPaket.de II). Nach diesen Maßgaben kann daher auch eine Irreführung relevant sein, die lediglich einen „Anlockeffekt“ bewirkt, selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung - etwa dem Kauf der Ware - kommt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn 1.195).

Die Veranlassung einer der endgültigen Marktentscheidung vorgelagerten geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers ist regelmäßig für Mitbewerber potentiell schädlich, etwa, weil der in das Geschäft gelockte Verbraucher sich zwar gegen den Kauf der irreführend beworbenen Ware, aber für den Kauf einer anderen Ware entscheiden mag, und den Mitbewerbern dieses Geschäft dann entgeht. Insofern bewirkt das weite Verständnis des Begriffs der „geschäftlichen Entscheidung“ gem. § 2 Nr. 1, Art. 2 lit. k UGP-RL nicht nur den von der UGP-RL vorrangig bezweckten Verbraucherschutz, sondern dient mittelbar auch dem Mitbewerberschutz (vgl. Erwägungsgrund 8 der UGP-RL).

Dass die Gefahren, die von einer Irreführung mit bloßem Anlockeffekt ausgehen, in der Regel geringer sind als die einer Irreführung, die unmittelbar in eine durch Täuschung und mangelnde Aufklärung bewirkte (Kauf-)Entscheidung mündet, ist allerdings nicht zu bestreiten. Im Rahmen einer Interessenabwägung kann dieser Umstand ggf. berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 1999, 1122 (1124) - EG-Neuwagen I; BGH GRUR 1999, 1125 (1126) - EG-Neuwagen II).

Der Senat sieht hierzu jedoch - auch unter dem Aspekt des von der Beklagten behaupteten „Ausreißers“ - keine Veranlassung. Der Verstoß als solcher bietet im Hinblick auf seine potentiellen Auswirkungen für den angelockten Verkehr keinen Spielraum. Zudem hatte der Kunde hier seine Kaufentscheidung sogar schon getroffen; dass es dann zu keinem Vertrag kam, lag nicht am Kaufentschluss des Kunden.

3. Dem Kläger steht aus § 13 Abs. 3 UWG auch ein Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung ausgelösten Kosten zu.

Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von der Beklagten dabei den anteiligen Ersatz der Personal-und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen. Der Kläger hat die Kostenpauschale auf 367,50 € brutto beziffert und dies ausführlich unter Darlegung der Parameter für das Jahr 2019 belegt (Bl. 6-8). Diesem Zahlenwerk ist die Beklagte nicht entgegengetreten, so dass es als unstreitig zu behandeln ist und damit einer Schätzung nach § 287 ZPO zugrunde gelegt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht erforderlich, da Revisionsgründe weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich sind.

Soweit die Beklagte eine Aussetzung und Vorlage an der Europäischen Gerichtshof beantragt, sieht der Senat hierzu keine Veranlassung, da sich keine Auslegungsprobleme im Hinblick auf die UGP-Richtlinie stellen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, die UGP-Richtlinie erfasse nicht Konstellationen, in denen die Angabe „im Nachhinein“ falsch werde, liegt hier - wie oben ausgeführt - kein solcher Fall vor. Vielmehr war schon die ursprüngliche Angabe falsch.

Soweit die Beklagte an der Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 UGP-Richtlinie im Hinblick darauf zweifelt, dass nur ein einmaliger, nicht vorsätzlicher Verstoß vorliege, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Auch eine einmalige Falschangabe kann eine Unlauterkeit begründen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit Preisempfehlung des Herstellers wenn diese vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten wird

LG Frankfurt
Urteil vom 05.08.2022
3-10 O 58/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers vorliegt, wenn diese vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten wird. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.

OLG Nürnberg: Bei objektiv unwahrer Werbebehauptung ist eine Eignung zur Täuschung keine Voraussetzung für eine wettbewerbswidrige Irreführung

OLG Nürnberg
Urteil vom 24.05.2022
3 U 4652/21


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass nach RL 2005/29/EG bei einer objektiv unwahren Werbebehauptung die Eignung zur Täuschung keine Voraussetzung für eine wettbewerbswidrige Irreführung ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Werbebehauptung ist irreführend gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.

a) Die Werbung der Beklagten ist objektiv unwahr.

aa) Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält. Dies setzt zum einen voraus, dass es sich bei der streitgegenständliche Angabe um eine Tatsachenbehauptung handelt, über die Beweis erhoben werden kann (BGH, GRUR 2020, 886 Rn. 38 - Preisänderungsregelung). Zum anderen muss die Angabe unwahr sein. Das ist dann der Fall, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Dabei kommt es für diese Beurteilung darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 18 - Identitätsdiebstahl).

Die Verkehrsauffassung kann durch gesetzliche Vorschriften grundsätzlich in der Form beeinflusst werden, dass sie den bestehenden Normen entspricht (BGH, GRUR 2009, 970 Rn. 25 - Versicherungsberater; KG, GRUR 1989, 850 [851] - Speisequarkzubereitung; vgl. auch BGH, GRUR 2020, 432 Rn. 30 - Kulturchampignons II). Wird das Verständnis einer Angabe durch gesetzliche Definitionen beeinflusst, leitet der angesprochene Verkehr sein Verständnis aus diesen Prägungen ab. Denn regelmäßig formuliert der Verkehr seine Vorstellungen nicht eigenständig, sondern normativ aufgrund der Vorgaben durch Dritte (Pfeifer/Obergfell, in Fezer/Büscher/ Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, § 5 Rn. 241).

bb) Im vorliegenden Fall erwecken die angegriffenen Werbebehauptungen bei einem maßgeblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, als führte die Beklagte Krankentransporte mit medizinisch-fachlicher Betreuung durch.

(1) Die streitgegenständliche Werbung wendet sich an Verbraucher, die sich für Fahrten in das Krankenhaus durch einen Dienstleister interessieren, somit an das allgemeine Publikum. Dessen Verständnis kann der Senat als Mitglied der angesprochenen Verkehrskreise aus eigener Sachkunde selbst beurteilen.

(2) Der von der Beklagten in der Werbung mehrfach verwendete Begriff des Krankentransportes ist gesetzlich definiert. Nach Art. 2 Abs. 5 S. 1 BayRDG ist ein Krankentransport „der Transport von kranken, verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die keine Notfallpatienten sind, aber während der Fahrt einer medizinisch fachlichen Betreuung durch nichtärztliches medizinisches Fachpersonal oder der besonderen Einrichtungen des Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen solches aufgrund ihres Zustands zu erwarten ist. Er wird vorwiegend mit Krankentransportwagen durchgeführt.“ Für die Durchführung von Krankentransporten in diesem Sinne ist gemäß Art. 21 Abs. 1 BayRDG eine Genehmigung erforderlich, über die die Beklagte nicht verfügt.

Unter den Begriff der Krankenfahrten fällt hingegen die „Beförderung von kranken, verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die während der Fahrt nicht der medizinisch fachlichen Betreuung durch medizinisches Fachpersonal oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen und bei denen solches auf Grund ihres Zustands nicht zu erwarten ist“ (Art. 3 Nr. 6 BayRDG).

Vor diesem Hintergrund versteht im vorliegenden Fall ein nicht unmaßgeblicher Teil der Verbraucher die streitgegenständliche Werbung auf der Homepage, in der die Beklagte unter der Überschrift „Krankenhaustransporte“ zweimal den Begriff „Krankentransporte“ verwendet, dahingehend, dass die Beklagte auch Transporte mit medizinisch-fachlicher Betreuung während der Fahrt durchführt. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der klaren gesetzlichen Definition, die insoweit die Verkehrsauffassung mit beeinflusst. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den Zusatz in der Werbung, in welcher der Leser aufgefordert wird, „die gesetzlichen Vorgaben bzw. ggf. Anpassungen“ zu beachten. Gleiches gilt für die Verwendung der Formulierung, dass „als Krankentransporte […] aktuell Fahrten zu ambulanten Behandlungen, ambulanten Operationen oder in die Tagesklinik, stationären Behandlungen, Chemo- oder Strahlentherapie [gelten]; damit wird der Anschein einer gesetzlichen Definition hervorgerufen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher, die im konkreten Fall nach der Dienstleistung eines Krankentransportes nachfragen, aufgrund beispielsweise vorangegangener Korrespondenz mit der Krankenkasse über die gesetzlichen Begrifflichkeiten informiert sind.

(3) Dieser durch die mehrfache Verwendung des Begriffs „Krankentransport“ erweckte Eindruck wird nicht durch die sonstigen für die Beurteilung maßgeblichen Gesamtumstände durch eine irrtumsausschließende Aufklärung korrigiert.

In der Leistungsbeschreibung - wonach als Krankentransporte „aktuell Fahrten zu ambulanten Behandlungen, ambulanten Operationen oder in die Tagesklinik, stationären Behandlungen, Chemo- oder Strahlentherapie“ gelten - wird nicht darauf hingewiesen, dass eine medizinische Betreuung während der Fahrt nicht erfolgt.

Das von der Beklagten verwendete Lichtbild mit einem Großraumtaxi mit einer in einem Rollstuhl sitzenden Patientin, die gerade in dieses Taxi verbracht werden soll, ist ebenfalls nicht geeignet, aus der entstandenen Irreführung heraus zu führen, weil daraus nicht mit der notwendigen Klarheit ersichtlich ist, dass eine medizinische Betreuung während der Fahrt nicht erfolgt. Vielmehr kann der Fotografie nicht mit der notwendigen Klarheit entnommen werden, ob es sich um ein „normales“ Taxi und bei der abgebildeten Person nicht um medizinisch geschultes Personal handelt.

Auf die Firmierung der Beklagten sowie die Tatsache, dass die streitgegenständliche Werbung lediglich in einem untergeordneten Abschnitt unter dem Menüpunkt „Leistungen“ auf der Homepage der Beklagten auftaucht, kommt es dabei entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts nicht an.

cc) Dieser erweckte Eindruck ist objektiv unzutreffend. Denn die Beklagte bietet unstreitig keine Krankentransporte i.S.v. Art. 2 Abs. 5 S. 1 BayRDG an und hat auch nicht die dafür erforderliche Genehmigung nach Art. 21 Abs. 1 BayRDG.

b) Bei einer objektiv unwahren Werbebehauptung ist eine Eignung zur Täuschung keine Tatbestandsvoraussetzung von § 5 UWG.

aa) Die vom Bundesgerichtshof bislang offengelassene Frage, ob auch unwahre Angaben zur Täuschung geeignet sein müssen oder ob bei unwahren Angaben das Erfordernis der Täuschungseignung entfällt (vgl. BGH, GRUR 2022, 170 Rn. 14 - Identitätsdiebstahl II), ist umstritten.

Nach einer Ansicht entfällt bei unwahren Angaben das Erfordernis der Täuschungseignung. Dies soll sich aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vom 11.05.2005 (UGP-RL) ergeben, der ausdrücklich unterscheidet zwischen einer Geschäftspraxis, die „falsche Angaben enthält und somit unwahr ist“ und einer Geschäftspraxis, die „in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf einen oder mehrere der nachstehend aufgeführten Punkte täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist“ (Dreyer, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/, UWG, 5. Aufl. 2021, § 5 Rn. 316; Pfeifer/Obergfell, in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, § 5 Rn. 231).

Nach einer anderen Auffassung würde ein derartiges Verständnis auf ein - wenig sinnvolles - per-se-Verbot unwahrer Angaben hinauslaufen (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.52). Vielmehr komme es immer auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise an; wird eine objektiv unrichtige Angabe richtig verstanden, bestehe daher kein Grund, sie zu verbieten (Diekmann, in Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., Stand 15.01.2021, § 5 UWG Rn. 120). Der Tatbestand des § 5 Abs. 1 S. 2 UWG, der sich auf unwahre und sonstige zur Täuschung geeignete Angaben bezieht, sei daher - da die zur Täuschung geeigneten Angaben als „sonstige“ bezeichnet werden - dahingehend auszulegen, dass die Eignung zur Täuschung in beiden Fällen gegeben sein muss (Sosnitza, in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 5 Rn. 158).

bb) Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht an, wonach bei einer objektiv unwahren Werbebehauptung eine Eignung zur Täuschung keine Tatbestandsvoraussetzung von § 5 UWG ist. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der § 5 UWG zugrundeliegenden Richtlinie.

Die UGP-RL strebt für den Bereich der unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern eine Vollharmonisierung des Lauterkeitsrechts an. Sie enthält daher in Art. 6 Mindest- und Maximalstandards, von denen die Mitgliedstaaten weder in die eine noch in die andere Richtung abweichen dürfen (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 0.27).

Nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 UGP-RL kommt es, wenn die Geschäftspraxis falsche Angaben enthält und somit unwahr ist, nicht darauf an, ob sie den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf einen oder mehrere der nachstehend aufgeführten Punkte täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist. Diese Unterscheidung zwischen falschen und täuschenden Angaben, wobei das Erfordernis der Täuschungseignung nur für Letztere besteht, ergibt nur Sinn, wenn bei unwahren Angaben die Prüfung entbehrlich ist, ob diese geeignet sind, den Verbraucher zu täuschen. Ob sich diese Unterscheidung - aufgrund der Verwendung des Wortes „sonstige“ - so in § 5 Abs. 1 S. 2 UWG wiederfindet, kommt es aufgrund der Vollharmonisierung durch die UGP-RL nicht an.

Den von der Gegenansicht verwendeten Argumenten - insbesondere, dass ein per-se-Verbot unwahrer Angaben wenig sinnvoll ist - ist dadurch Rechnung zu tragen, dass auch bei unwahren Angaben das Relevanzerfordernis gilt. Versteht ein durchschnittlich informiertes, verständiges und aufmerksames Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises eine unwahre Angabe richtig, kann es an der geschäftlichen Relevanz fehlen (vgl. dazu nachfolgend unter Ziffer III.2.)

c) Die Täuschung bezieht sich auf wesentlichen Merkmale der von der Beklagten angebotenen Dienstleistung i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, nämlich den Umfang der im Zusammenhang mit Kranken verfügbaren Transportdienstleistungen.

2. Die streitgegenständliche Werbung ist auch geeignet, die angesprochenen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

a) Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG muss die geschäftliche Handlung geeignet sein, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Erforderlich ist, dass die betroffene Angabe geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (BGH, GRUR 2021, 1422 Rn. 16 - Vorstandsabteilung).

b) Im vorliegenden Fall ist die angegriffene Werbung geeignet, die Verbraucher über die Leistungen der Beklagten zu täuschen. Denn es wird damit suggeriert, dass die Beklagte auch die gesondert genehmigungsbedürftige Dienstleistung der Durchführung von Krankentransporten durchführt. Anhaltspunkte dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die - objektiv unrichtige - Werbung der Beklagten zutreffend verstehen, bestehen nicht.

In diesem Zusammenhang ist zum einen zu berücksichtigen, dass bei objektiv falschen Angaben schon niedrigere Irreführungsquoten genügen, um die Verbotsfolge der §§ 3, 5 UWG auszulösen. Denn es ist schwer vorstellbar ist, wie mit einer objektiv unzutreffenden Angabe gleichwohl ein schutzwürdiges Kommunikations- und Informationsinteresse verbunden sein soll (Ruess, in MüKoUWG, 3. Aufl. 2020, § 5 UWG Rn. 188).

Zum anderen muss der Werbende im Fall der Mehrdeutigkeit seiner Werbeaussage die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen (BGH, GRUR 2012, 1053 Rn. 17 - Marktführer Sport). Selbst wenn daher die Bezeichnung „Krankentransport“ die Beförderung von kranken, verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen sowohl mit als auch ohne medizinisch-fachlicher Betreuung während der Fahrt verstanden werden kann, muss die Beklagte die ungünstigere, aber verständigerweise mögliche Auslegung - nämlich, dass damit ein Krankentransport i.S.v. Art. 2 Abs. 5 S. 1, Art. 21 Abs. 1 BayRDG gemeint ist - gegen sich gelten lassen.

Schließlich ist zu beachten, dass - wie bereits ausgeführt - sich die streitgegenständliche Werbung an Verbraucher wendet, die sich für Fahrten in das Krankenhaus durch einen Dienstleister interessieren. Diesen sind oftmals - beispielsweise aufgrund vorangegangener Korrespondenz mit der Krankenkasse - die gesetzlichen Begrifflichkeiten bekannt. Dieser informierte angesprochene Personenkreis interpretiert das Dienstleistungsangebot der Beklagten falsch und vermutet, dass die Beklagte Krankentransporte - als die im Vergleich zur einfachen Krankenfahrt höherwertige Leistung - anbietet.

c) Die hervorgerufenen irrigen Vorstellungen können die angesprochenen Verbraucher auch zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

aa) Als geschäftliche Entscheidung ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung darüber anzusehen, ob, wie und unter welchen Bedingungen der Verbraucher ein Geschäft abschließen will, unabhängig davon, ob er sich entschließt, tätig zu werden. Erfasst ist nicht nur die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Dienstleistung, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH, GRUR 2014, 196 Rn. 36 - Trento Sviluppo) oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet (BGH, GRUR 2017, 1269 Rn. 19 - MeinPaket.de II). Nach diesen Maßgaben kann also auch eine Irreführung relevant sein, die lediglich einen „Anlockeffekt“ bewirkt, selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung - etwa dem Kauf der Ware oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung - kommt (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.195).

bb) Die Klägerin legte im vorliegenden Fall als Anlage K 7 ein Suchergebnis auf Google vor. Dieser erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag der Klägerin ist - da unstreitig - zu berücksichtigen (vgl. BGH, NJW 2018, 2269 Rn. 25). Diesem Suchergebnis ist zu entnehmen, dass wenn ein Verbraucher im Internet-Browser Google nach „Krankentransporten Ostbayern“ sucht, sich die Beklagte neben anderen Unternehmen wie dem Deutschen Roten Kreuz als Anlaufstelle für die Durchführung von Krankentransporten wiederfindet. Der Verbraucher, der auf der Suche nach einem Unternehmen ist, welches Krankentransporte durchführt ist, stößt also auch auf die Beklagte, nicht jedoch auf deren Wettbewerber, welche ihre Leistung (zutreffend) als Krankenfahrten bezeichnen. Bei der Trefferliste auf Google wird auch ein Auszug der Homepage der Beklagten mit der streitgegenständlichen Werbeanzeige, welche die Durchführung von Krankentransporten bewirbt, gezeigt.

Daraus folgt, dass die Verwendung des Begriffs Krankentransport in der streitgegenständlichen Werbung zu einem Anlockeffekt führt, da der nach Krankentransporten im Internet suchende Verbraucher über die Suchmaschine Google auch auf die Homepage der Beklagten verwiesen wird. Dies führt dazu, dass sich der Verbraucher mit dem Dienstleistungsangebot der Beklagten befasst, was für die geschäftliche Relevanz der Irreführung ausreicht.

IV. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ein Unterlassungsanspruch auch auf der Grundlage einer Zuwiderhandlung gegen die Marktverhaltensvorschrift des Art. 21 Abs. 1 BayRDG und damit eines unlauteren Verhaltens nach § 3a UWG gegeben ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Gütesiegel die auf Konsumentenbefragungen beruhen fehlt nicht per se die zur Vermeidung einer wettbewerbswidrigen Irreführung notwendige Objektivität

BGH
Urteil vom 12.05.2022
I ZR 203/20
Webshop Awards
UWG § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass Gütesiegeln, die auf Konsumentenbefragungen beruhen, nicht per se die zur Vermeidung einer wettbewerbswidrigen Irreführung notwendige Objektivität fehlt.

Leitsätze des BGH:
a) Eine geschäftliche Handlung, die eine im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG unwahre Angabe enthält, kann unabhängig davon im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend sein, ob diese Angabe einen der in § 5 Abs. 1 Satz 2
Fall 2 UWG aufgeführten Umstände betrifft (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. April 2018 - I ZR 244/16, GRUR 2018, 950 Rn. 41 = WRP 2018, 1069 - Namensangabe; Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202
Rn. 20 = WRP 2019, 1471 - Identitätsdiebstahl I).

b) Die fehlende Unabhängigkeit oder Neutralität des Veranstalters einer Konsumentenbefragung kann nicht allein daraus gefolgert werden, dass der Veranstalter den zu bewertenden Unternehmen Werbematerialien zur Verfügung
stellt, mithilfe derer Verbraucher zur Abgabe einer Bewertung aufgefordert werden können. Zweifel an der Objektivität einer Verbraucherbefragung können sich allerdings dann ergeben, wenn die Werbematerialien geeignet sind,
die von den Kunden abzugebende qualitative Bewertung der Unternehmen oder das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen.

BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 - I ZR 203/20 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

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LG Halle: Wettbewerbswidrige Irreführung nach 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG durch Werbung für Handwerksleistungen mit einem nicht vorhandenen Standort

LG Halle
Urteil vom 26.08.2021
8 O 51/20


Das LG Halle hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG vorliegt, wenn für Handwerksleistungen mit einem nicht vorhandenen Standort geworben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger kann gem. §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG von dem Beklagten verlangen, dass er die Werbung mit einem nicht existierenden Standort unterlässt.

Der Rechtsverkehr erwartet bei der Angabe eines Standortes, d.h. örtliche Adresse und örtliche Telefonnummer, regelmäßig eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal, mit einem erkennbar dem Betrieb zuzuordnenden Ansprechpartner, über den er mit dem Unternehmen in Kontakt treten kann, um dort seine Belange anbringen zu können (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2015, 481 - bei juris Rdnr. 14 m.w.N.). Unstreitig unterhält der Beklagte an den von ihm beworbenen Standort in ... keine Räumlichkeiten mit Ansprechpartner. Von daher ist der Unterlassungsantrag des Klägers entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht zu weit gefaßt.

Die beanstandete Werbung ist objektiv geeignet, die Entscheidung des angesprochenen Verkehrskreises in relevanter Weise zu beeinflussen.

Es wird der Eindruck erweckt, daß vor Ort eine persönliche Ansprechbarkeit besteht. Es genügt, wenn interessierte Kunden mit der Aussicht auf die Möglichkeit einer solchen Kontaktaufnahme - und sei es nur in einem Gewährleistungsfall - angelockt werden (vgl. OLG Celle a.a.O. - bei juris Rdnr. 18). Zudem suggeriert die Angabe verschiedener Standorte eine besondere wirtschaftliche Bedeutung und Unternehmensgröße, die für die Kundenentscheidung ebenfalls von Bedeutung sein kann (vgl. OLG Düsseldorf MMR 2009, 477 - bei juris Rdnr. 24).

Die Androhung von Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

Gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. bzw. § 13 Abs. 3 UWG n.F. kann der Kläger Ersatz seiner Abmahnkosten beanspruchen, die derzeit 294,- EUR betragen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 13 Rdnr. 132).


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OLG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit eigenem Bio-Logo dass Eindruck erweckt von unabhängigen Dritten erteilt worden zu sein

OLG München
Urteil vom 09.12.2021
6 U 1973/21


Das OLG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn Produkte mit einem eigenem Bio-Logo beworben werden, so dass der Eindruck erweckt wird, dass das Logo von unabhängigen Dritten stammt und eine Zertifizierung vorliegt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.



LG Stuttgart: Wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG wenn Sachverständiger mit tatsächlich nicht bestehender Mitgliedschaft in Verband wirbt

LG Stuttgart
Urteil vom 13.12.2021
37 O 52/21 KfH


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG vorliegt, wenn ein Sachverständiger mit einer tatsächlich nicht bestehenden Mitgliedschaft in einem Verband wirbt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Essen: Wettbewerbsverstoß wenn Werbung für Gewinnspiel keine Angaben zur Ermittlung der Gewinner und Beschränkungen des Teilnehmerkreises enthält

LG Essen
Urteil vom 02.10.2020
44 O 6/20


Das LG Essen hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn die Werbung für ein Gewinnspiel keine Angaben zur Ermittlung der Gewinner und Beschränkungen des Teilnehmerkreises enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung sowie auf Ersatz der Aufwendungen für die Abmahnung.

1. Der Unterlassungsanspruch gemäß Antrag zu I. des Klägers folgt aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1 ,5 a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 UWG i.V.m. §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG analog.

a) Der Kläger ist aktivlegitimiert, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Anspruchsberechtigt sind rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist anhand der Zielsetzung, der Satzung und der tatsächlichen Betätigung des Verbandes zu ermitteln (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.31f., 3.34).

Ferner sind Verbände nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen. Es kommt darauf an, ob sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Dieses abstrakte Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitgliedern und dem Verletzer wird in der Regel durch die Zugehörigkeit zur selben Branche (z.B. Unterhaltungselektronik) oder zumindest zu angrenzenden Branchen begründet. Wird die Werbung für ein konkretes Produkt beanstandet, ist daher grundsätzlich nicht das Gesamtsortiment maßgeblich. Vielmehr ist grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.35 m. w. Nachw.).

Als Unternehmer, deren Interessen von dem Verband wahrgenommen werden, kommen auch Unternehmer in Betracht, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbandes ist. Der die Mitgliedschaft vermittelnde Verband braucht nicht nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt zu sein; es reicht aus, wenn der vermittelnde Verband von seinen Mitgliedern mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt ist (BGH GRUR 2006, 778ff., Rn. 17 - I ZR 103/03 "Sammelmitgliedschaft IV").

Die Beteiligten müssen nicht derselben Wirtschafts- oder Handelsstufe angehören. Unerheblich für die sachliche Marktabgrenzung sind auch die Vertriebsform (z.B. Direktvertrieb; Versandhandel; Auktionen) oder die Vertriebsmethode (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.38a).

Danach vertritt der Kläger hier eine ausreichende Anzahl von Mitbewerbern der Beklagten und ist damit aktivlegitimiert.

Die sachliche Überschneidung ergibt sich daraus, dass der Kläger Unternehmen der Möbelbranche als auch des Elektrofacheinzelhandels vertritt. Beide stehen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten, die in den streitgegenständlichen Werbebeilagen Küchenelektrogroßgeräte (Kühlschrank, Herd, Geschirrspüler) als Teil von Einbauküchen und Möbel anbot.

Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei den Mitbewerbern gerade um Discount-Möbelhäuser handelt. Vielmehr ist bei Anwendung des gebotenen weiten Maßstabs bereits der Verkauf von Möbeln bzw. Elektrogeräten geeignet, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen.

Soweit die Beklagte einwendet, bei der Firma G GmbH handele es sich um einen Schreibwarenhändler, geht dieser Einwand ins Leere. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Firma auch Bürostühle und -tische vertreibt, was ebenfalls im Sortiment der Beklagten erhalten ist. Ob es sich dabei um hochpreisige Büromöbel handelt, spielt für die Mitbewerbereigenschaft insoweit keine Rolle.

Ausgehend von den oben dargestellten Anforderungen vertritt der Kläger aber auch eine ausreichende Anzahl von Mitbewerbern im örtlichen Bereich. Soweit die Beklagte bezüglich der Fa. N1 GmbH, der Fa. L GmbH, der Fa. N3 GmbH & Co KG, die in N2 bzw. W ansässig sind, einwendet, die Beklagte habe in diesen Orten keine Filiale, greift dieser Einwand nicht durch. Wie die Klägerseite unbestritten vorgetragen hat, befindet sich zwischen den betreffenden Filialen und der nächstgelegenen Filiale der Beklagten lediglich eine Distanz von 7,9 km, so dass ein räumlich relevanter Markt jedenfalls zu bejahen ist.

Die Firma K1 GmbH & Co. KG kann mit jeder der in der Anl. K8 genannten Filialen gezählt werden, da jede Filiale in gesonderter Konkurrenz zu der Beklagten steht.

Weiter kann dahinstehen, ob die über die F2 GmbH vermittelten Mitglieder in die Zahl der Mitglieder einzubeziehen sind oder nicht. Denn die in der Anl. K8 aufgeführten direkten Mitglieder und die über die N und U GmbH & Co. KG vermittelten Mitglieder reichen der Anzahl nach bereits aus, um eine erhebliche Zahl darzustellen. Das pauschale Bestreiten der Mitgliedschaft der aufgeführten vermittelten Mitglieder durch die Beklagte ist insoweit nicht ausreichend.

Bei dieser Bewertung ist zu berücksichtigen, dass eine Mindestanzahl von Mitgliedern aus dem betreffenden sachlich und räumlich maßgebenden Markt nicht erforderlich ist; ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.42a). Vielmehr muss lediglich ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden; dafür reichen acht bis neun Verbandsmitglieder aus (vgl. BGH GRUR 2009, 692f., Rn. 11ff. - I ZR 197/06), nach Auffassung der Kammer aber auch die hier vorliegende Anzahl von Mitbewerbern.

Die hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers hat die Beklagtenseite lediglich einfach und damit nicht ausreichend substantiiert bestritten.

b) Die streitgegenständlichen Werbeanzeigen der Beklagten stellen auch eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1, 5, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG analog dar.

Gemäß § 5 Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Informationen vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Eine Information ist wesentlich im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Verbraucher erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt (BGH, Beschluss vom 15.12.2016 - I ZR 241/15). Gemäß § 5 Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne von Abs. 2 auch spezialgesetzliche unionsrechtliche Vorschriften betreffend Information, die im Bereich der kommerziellen Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing dem Verbraucher nicht vorenthalten werden dürfen. Nach Maßgabe des auch im nicht elektronischen Geschäftsverkehr entsprechend anwendbaren § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG müssen Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter klar als solche erkennbar und die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden (BGH, Urteil vom 27 03.07.2017 - I ZR 153/16).

Bei der streitgegenständlichen Anzeige der Beklagten handelt es sich um ein Gewinnspiel mit Werbecharakter im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 TMG, weil der Gewinner durch einen Zufallselement ermittelt wird und die Anzeige dem Absatz der Beklagten zu dienen bestimmt ist.

Der Begriff "Teilnahmebedingungen" des §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG ist weit zu verstehen, sodass nicht nur die Berechtigung der Inanspruchnahme bzw. Teilnahme sondern auch deren Modalitäten angegeben werden müssen. Der Diensteanbieter muss deshalb angeben, welcher Personenkreis die jeweilige Verkaufsförderungsmaßnahmen in Anspruch nehmen kann bzw. zur Teilnahme berechtigt ist und anhand welcher Kriterien die Wohnort, Alter oder Beruf dies zu beurteilen ist (Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, TMG, § 6 Rn. 76)

diese Informationen müssen bereits in der Werbung selbst angegeben sein (BGH, Urteil vom 30.04.2009 - I ZR 66/07). Da § 6 Abs. 1 TMG eine "informierte" geschäftliche Entscheidung des Kunden ermöglichen will, ist die Information so rechtzeitig zu erteilen, dass ein durchschnittlich informierter, (situationadäquat) aufmerksamer und verständiger Kunde die bei seiner Entscheidung über die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahmen berücksichtigen kann. Das entspricht dem § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 TMG und dem § 5 Abs. 2 2 Nr. 3 TMG. Eine derartige Entscheidung kann bereits darin liegen, dass der Kunde das Ladenlokal betritt (BGH, Urteil vom 30.04.2009 - I ZR 66/07).

Die Beklagte hat in den Werbebeilagen im September 2019 mit dem "Mega Gewinnspiel" bzw. dem "Jahrhundert- Jubiläum K Gewinnspiel" geworben, ohne dass darauf hingewiesen worden ist, wie der Gewinn ermittelt wird und welche Beschränkung des Teilnehmerkreises bestehen. Hierzu heißt es in dem einen Prospekt lediglich "Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel finden Sie auf den Teilnahmekarten in Ihrer S1-Filiale" und in dem anderen Prospekt lediglich "Alle Infos und Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel finden Sie in Ihrer S1-Filiale und unter www.S1.gewinnspiel/50jahre.de".

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies nicht ausreichend. Dies gilt zum einen hinsichtlich der fehlenden Beschränkungen des Teilnehmerkreises schon hinsichtlich der Angabe zur Altersbeschränkung. Soweit die Beklagte meint, der durchschnittlich informierte und adäquat aufmerksame Verbraucher wisse, dass Kinder und Jugendliche nicht an Gewinnspielen teilnehmen dürfen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass Kinder und Jugendliche nicht per se von Glücksspielen ausgeschlossen sind, sondern gemäß § 6 Abs. 2 JSchG an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in der Öffentlichkeit auf Volksfesten, Schützenfest, Jahrmärkten, Spezialmärkten und ähnlichen Veranstaltungen und nur, wenn der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht, teilnehmen nehmen dürfen. Gerade vor diesem Hintergrund müssen Einschränkungen hinsichtlich der Teilnahmemöglichkeit aufgrund des Alters angegeben werden und zwar schon in der Werbung selbst (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008 - I ZR 196/05.

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Mitteilung in der Werbung selbst, wie der Gewinn ermittelt wird. Der Verbraucher benötigt die Informationen, um informiert die geschäftliche Entscheidung zu treffen, sich ins Möbelhaus der Beklagte begeben, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Bereits die Entscheidung des Verbrauchers, das Möbelhaus der Beklagten aufzusuchen, ist eine geschäftliche Entscheidung im Sinne von Paragraf vom § 5a Abs. 2 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 27.72017 - I ZR 153/16).

Das Vorenthalten der Information ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Denn es macht für ihn einen erheblichen Unterschied, ob und wie er teilnehmen kann und wie der Gewinner ermittelt wird. Das Vorenthalten ist damit geeignet, den Verbraucher zum Besuch der das Geschäft der Beklagten zu veranlassen, wovon er in Kenntnis der Teilnahmebedingungen sonst abgesehen hätte. Aus diesem Grund der Verstöße auf spürbar im Sinne von § 3a UWG.

Die Beklagte kann den Kläger nicht darauf verweisen, der Hinweis auf die Internetseite, welcher die notwendigen Informationen aufgefunden werden könnten, sei ausreichend. Der Verweis auf ein anderes Medium setzt nach § 5a Abs. 5 UWG voraus, dass das gewählte Kommunikationsmittel räumliche oder zeitliche Beschränkungen aufweist. Daran fehlt es aber bei einem mehr seitigen Prospekt wie den hier vorliegenden. Die Teilnahmebedingungen müssen daher bereits in der Werbung angegeben werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 1183).

2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz des Klägers gegen die Beklagte folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Abmahnungen des Klägers vom 19.09.2019 und 30.09.2019 waren berechtigt. Die Höhe des Aufwendungsersatzes von jeweils 220 € wird von der Beklagten nicht beanstandet.

3. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2019 bzw. 16.10.2019 folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich nach Ablauf der in den Abmahnungen gesetzten Fristen in Verzug."


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OLG Celle: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern" wenn nur alle 2 Wochen ein Salmonellentest durchgeführt wird

OLG Celle
Urteil vom 11.11.2021
13 U 84/20


Das OLG Celle hat entschieden, eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern" vorliegt, wenn tatsächlich nur alle 2 Wochen ein Salmonellentest durchgeführt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Der Kläger hat insoweit einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) bzw. § 5 Abs. 1 UWG, weil die Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ eine irreführende Information über die Eigenschafften der verkauften Bio-Eier darstellte.

a) Die Aktivlegitimation des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist gegeben. Sie steht auch nicht im Streit.

b) Die beanstandete Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ verstieß gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG, weil sie eine irreführende Information über die in Verkehr gebrachten Eier gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV darstellte und mithin gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verboten ist.

aa) Das vom Landgericht zugrunde gelegte Verständnis dieser Angabe ist zutreffend.

(1) Abzustellen ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 5 Rn. 1.76, mwN). Das Verbraucherleitbild des deutschen Lauterkeitsrechts entspricht dem des europäischen Rechts (aaO, mwN). Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs ist die Aufmerksamkeit des Verbrauchers regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16 –, Rn. 27, juris).

Das Verbraucherverständnis kann der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern zählen, aus eigener Sachkunde feststellen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht veranlasst.

(2) Die angesprochenen Verbraucher verstehen die Angabe dahin, dass die Eier, die sich in dem abgepackten Karton mit der streitgegenständlichen Angabe befinden, von Hühnern stammen, deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eierlegens oder aber jedenfalls vor dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte jeweils durch einen entsprechenden Test nachgewiesen ist. Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut der Angabe. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe sich nicht auf dem vorgedruckten Etikett befindet, sondern auf dem jeweils individuell hergestellten Etikett, dass die Packstelle mit dem jeweiligen Packdatum und einem Barcode ausweist. Dies bestärkt die schon durch den Wortlaut bedingte Vorstellung, dass diejenigen Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind. Für den Verbraucher bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich tatsächlich nur um regelmäßige - zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes zweiwöchentliche - Salmonellentests handelt, bei der auch nicht die einzelnen Hühner, sondern Ausscheidungen aus der Herde getestet werden. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Beklagten, dass eine solche Testung der einzelnen Hühner unmöglich zu realisieren sei und dies den Verbrauchern bekannt sei. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten hat der durchschnittlich informierte Verbraucher keine konkreten Kenntnisse darüber, welche Testverfahren in Bezug auf Salmonellen bei der Eierproduktion eingesetzt werden. Der Verbraucher wird sich daher auch - zumal in der konkreten Verkaufssituation im Lebensmittelgeschäft - keine Gedanken darüber machen, ob das Versprechen der Beklagten unrealistisch sein könnte und ihre Aussage daher in einem eingeschränkten, vom Wortlaut abweichenden Sinn gemeint sein könnte.

bb) Das Verständnis, das der durchschnittliche Verbraucher demnach von der beanstandete Aussage hat, stimmt nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Unstreitig war bei dem Inverkehrbringen der Eier - der Auslieferung an die Lebensmittelhändler - nicht durch einen Test nachgewiesen, dass die jeweiligen Hühner salmonellenfrei waren, als sie die in dem Karton befindlichen Eier legten.

Die Beklagte testet nach ihrem eigenen Vorbringen nicht die einzelnen Hühner zum Zeitpunkt des Eierlegens oder des Inverkehrbringens der Eier, sondern lediglich den Bestand in regelmäßigen Intervallen, zum Zeitpunkt der Produktion der streitgegenständlichen Bio-Eier zweiwöchentlich. Dabei erfolge die Beprobung nach Maßgabe der EU-Verordnung Nr. 517/2011.

Nach Nr. 2.2.1 b) des Anhangs zu dieser Verordnung wird die Beprobung wie folgt durchgeführt:

„In Scheunen- oder Bodenhaltungsställen sind zwei Paar Stiefelüberzieher oder Socken für die Probenahme zu verwenden.

Die verwendeten Stiefelüberzieher müssen aus saugfähigem Material bestehen, damit sie Feuchtigkeit aufnehmen können. Die Oberfläche des Stiefelüberziehers muss mit einem geeigneten Verdünnungsmittel befeuchtet werden.

Die Proben müssen im Rahmen einer Begehung so entnommen werden, dass sie für alle Teile des Stalls oder des entsprechenden Bereichs repräsentativ sind. Begangen werden auch Bereiche mit Einstreu oder Latten, falls diese sicher begehbar sind. Alle gesonderten Buchten eines Stalls müssen in die Beprobung einbezogen werden. Am Ende der Beprobung des gewählten Bereichs müssen die Stiefelüberzieher vorsichtig abgenommen werden, damit sich daran haftendes Material nicht löst.“

Mit dieser im Zweiwochenturnus durchgeführten Testmethode war bei dem Inverkehrbringen der Eier nicht nachgewiesen, dass jedes Huhn beim Legen eines Eies salmonellenfrei war.

Selbst wenn die einzelnen Hühner zum Nachweis ihrer Salmonellenfreiheit getestet würden, kann bei einem zweiwöchentlichen Testturnus nicht ausgeschlossen werden, dass Hühner zwischen zwei Testungen infiziert wurden und das zweite Testergebnis bei dem Inverkehrbringen der Eier noch nicht vorlag. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz die Eier in dem geschilderten Fall schon sechs Tage nach dem Legen ausgeliefert wurden und zwischen der Weiterleitung der Folgeprobe an das Labor und der Mitteilung des Testergebnisses drei Tage vergingen.

Darüber hinaus wird durch eine negative Testung der Herde aber auch nicht nachgewiesen, dass alle Hühner zum Testzeitpunkt salmonellenfrei waren. Durch die Entnahme „repräsentativer“ Proben soll eine Ausbreitung von Salmonelleninfektionen im Bestand entdeckt werden; sie ist ersichtlich nicht darauf ausgerichtet, die Salmonellenfreiheit jedes einzelnen Huhns nachzuweisen. Die Beklagte geht auch selbst nicht davon aus, dass eine Salmonelleninfektion einzelner Hühner, zu der es - unstreitig - trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bei freilaufenden Hühnern, insbesondere durch den Kontakt mit infizierten Wildvögeln, kommen kann, bei einem Test der Herde sofort entdeckt werden würde. Vielmehr trägt sie vor, wenn trotz negativer Testung der Herde einzelne Hühner unentdeckt mit Salmonellen infiziert sein sollten, würde sich die Infektion in den Folgewochen so stark im Bestand ausbreiten, bis ein Großteil oder alle Hühner der Herde infiziert seien, sodass spätestens „bei einer der Folgetestungen“ die Salmonelleninfektion zwangsläufig aufgedeckt würde (Bl. 150 d.A.).

Es mag sehr unwahrscheinlich sein, dass trotz der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen Hühner zum Zeitpunkt des Eierlegens von Salmonellen befallen sind, obwohl die regelmäßigen Bestandstests negativ waren. Diese Schlussfolgerung ändert jedoch nichts daran, dass die Aussage, die Salmonellenfreiheit der einzelnen Hühner, die die Eier in der Packung gelegt haben, sei nachgewiesen, nicht zutrifft. Aus Sicht des Verbrauchers besteht ein erheblicher Unterschied zwischen dieser plakativen und für ihn sehr eingängigen Werbeaussage und der von der Beklagten gezogenen Schlussfolgerung, dass eine unentdeckte Salmonelleninfektion von Hühnern sehr unwahrscheinlich sei, weil sie Schutzmaßnahmen gegen den Eintrag von Salmonellen treffe und alle zwei Wochen repräsentative Proben aus dem Stall der Herde getestet würden.

Einer Irreführung steht es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. auf der von ihm betriebenen Internetseite lebensmittelklarheit.de, davon ausgeht, dass die Werbung zulässig sei (https://www.lebensmittelklarheit.de/forum/werbung-mit-salmonellenfreien-huehnern, Anlage B 4) . Diese Einschätzung beruht nicht auf einer abweichenden Beurteilung des Verbraucherverständnisses, sondern auf einer - ersichtlich unzutreffenden - rechtlichen Beurteilung. Dort wird ausgeführt:

„(…) In der Folge wurde eine EU-Verordnung erlassen, die dänische Anbieter dazu berechtigt, mit besonderen Garantien in Bezug auf die Salmonellenfreiheit ihrer Hühner zu werben. Die Werbung mit „nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ ist daher aus unserer Sicht zulässig.“

Es existiert jedoch keine europarechtliche Regelung, die dänische Anbieter zu der Verwendung der streitgegenständlichen Aussage berechtigt.

cc) Der dargestellten Irreführung steht es auch nicht entgegen, wenn die Beklagte sich im Fall einer nachträglich festgestellten Salmonelleninfektion der Herde noch um eine Rückholung der an die Lebensmittelhändler ausgelieferter Eier bemüht hätte.

(1) Zum einen wäre die Werbeaussage auch dann unzutreffend und irreführend, wenn bei einem nachträglich festgestellten Salmonellenbefall noch verhindert werden könnte, dass bereits von der Beklagten ausgelieferte Eier an die Endkunden verkauft werden. Die Werbeaussage wird - wie ausgeführt - als Zusicherung der Beklagten verstanden, dass jedenfalls bei dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte ein Nachweis vorlag, dass die betreffenden Hühner beim Legen der Eier salmonellenfrei waren. Es macht aus Sicht des Verbrauchers einen erheblichen Unterschied, ob dieser Nachweis bei der Auslieferung der Eier durch die Beklagte tatsächlich vorlag oder die Beklagte lediglich versprechen will, dass sie bereits an Lebensmittelhändler ausgelieferte Eier bei einem nachträglich festgestellten Salmonellenbefall noch rechtzeitig zurückholen wird, bevor sie dem Endkunden zum Kauf angeboten werden. Denn bei einer nachträglichen Rückholung wäre die Beklagte auf die Mitwirkung ihrer Abnehmer angewiesen. Ob diese bei einem Rückruf unverzüglich und fehlerfrei reagieren, hat die Beklagte nicht in der Hand. Sie kann darüber keine verlässlichen Zusagen abgeben. Der Verbraucher geht nicht davon aus, dass die Beklagte lediglich eine solche Rückholung zusagen will.

(2) Darüber hinaus ist auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass der Verkauf salmonellenbelasteter Eier an Endkunden nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Auch die Beklagte hält es für möglich, dass eine Salmonelleninfektion von Hühnern bei der Herdentestung noch nicht entdeckt wird, sondern erst infolge der weiteren Ausbreitung bei einer der Folgetestungen festgestellt wird. Hingegen unterstellt sie in ihrem nachgelassenen Schriftsatz, dass ein Salmonellenbefall bereits bei der ersten Herdentestung nach dem Legedatum festgestellt worden wäre. Es ist aber nach ihrem eigenen Vortrag möglich, dass ein Salmonellenbefall erst bei einer der Folgetestungen - das heißt noch einmal zwei oder mehr Wochen später - bemerkt wird. In diesem Fall würden die Eier auch bei den von der Beklagten für den Beispielsfall vorgetragenen Abläufen in den Verkauf gelangen, bevor sie Rückrufmaßnahmen ergreifen kann. Im Beispielsfall lagen nach ihrem Vortrag nur 12 Tage zwischen dem Legedatum (3. November 2019) und dem Kauf der Eier (15. November 2019).

c) Der Verstoß gegen das lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot ist auch zu seiner spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen im Sinne von § 3a UWG geeignet, weil die Kaufentscheidung des Verbrauchers hierdurch beeinflusst werden kann. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird großen Wert auf die zugesagte nachgewiesene Salmonellenfreiheit legen, daher die derart beworbenen Eier bei gleichem Preis bevorzugen und auch bereit sein, hierfür einen gewissen Preisaufschlag zu zahlen. Der Spürbarkeit des Verstoßes steht es nicht entgegen, dass das Risiko einer Salmonellenbelastung der verkauften Eier sehr gering sein mag. Aus Sicht des Verbraucher ist von Bedeutung, ob der Produzent klar und eindeutig zusagt, dass die Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern stammen oder er - mit für den Verbraucher nicht im Einzelnen nachvollziehbaren und überprüfbaren Erwägungen - ausführt, dass das Risiko einer Salmonellenbelastung aufgrund verschiedener Maßnahmen äußerst gering sei.

d) Die gemäß § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr wird vermutet. Die Vermutung ist nicht dadurch entkräftet, dass die Beklagte das zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes praktizierte zweiwöchige Testintervall nach ihrem Vorbringen inzwischen weiter verkürzt hat. Dies bietet noch keine hinreichende Sicherheit dafür, dass die Beklagte nicht wieder zu dem zweiwöchigen Testintervall zurückkehrt. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Werbeaussage bei einer bestimmten Verkürzung des Testintervalls zulässig sein könnte, was allerdings bei dem vorgetragenen Wochenrhythmus zweifelhaft erscheint.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Wettbewerbswidrige Irreführung durch unzutreffende Angabe auf Website aktuell Mitglied einer Vorstandsabteilung der Rechtsanwaltskammer zu sein

BGH
Urteil vom 22.07.2021
I ZR 123/20
Vorstandsabteilung
ZPO § 138 Abs. 1, 2 und 4 ZPO; UWG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Satz 1


Der BGH hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die unzutreffende Angabe auf einer Website, aktuell Mitglied einer Vorstandsabteilung der Rechtsanwaltskammer zu sein, vorliegt.

Leitsätze des BGH:

a) Die im Internetauftritt einer Rechtsanwältin enthaltene unzutreffende Behauptung, derzeit Mitglied der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer zu sein, ist eine irreführende geschäftliche Handlung, die auch dann im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wenn in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden hat.

b) Tatsächliche Umstände, die gegen eine geschäftliche Relevanz des als Irreführung beanstandeten Verhaltens im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG sprechen, liegen in der Darlegungs- und Beweislast der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Partei.

c) Eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die gegen eine Rechtsanwältin wegen der als unzutreffend beanstandeten Behauptung einer derzeitigen Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer Klage erhoben hat, kann den Vortrag der Beklagten, zu einem früheren Zeitpunkt Mitglied dieser Vorstandsabteilung gewesen zu sein, gemäß § 138 Abs. 4
ZPO wirksam mit Nichtwissen bestreiten.

BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 123/20 - Kammergericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Stuttgart: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung eines Hotels mit 4 Sternen nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist

OLG Stuttgart
Urteil vom 29.07.202
2 U 163/20


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG vorliegt, wenn ein Hotel auch nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist mit 4 Sternen wirbt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Bonn: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Bewerbung einer KN95-Schutzmaske mit "ähnlich einer FFP2-Maske"

LG Bonn
Urteil vom 09.12.2020
1 O 275/20


Das LG Bonn hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Bewerbung einer KN95-Schutzmaske mit "ähnlich einer FFP2-Maske" vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Verfügungsklägerin ist Mitbewerberin i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da die Parteien beide Internetvermittlungsplattformen für persönliche Schutzausrüstung betreiben und daher in einem direkten Wettbewerbsverhältnis stehen.

b. Unlautere geschäftliche Handlung
[...] cc.
„ähnlich einer FFP2-Maske“
In der Werbung mit dieser Formulierung liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 UWG.

Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass die KN95-Atemschutzmasken auch nicht den Anforderungen der DIN EN 149:2009-08 entsprechen (vgl. Anl. AS 3, Bl. 24-28, v.a. 27-28 d.A.), da sie entgegen der dortigen Vorgaben nicht in der Lage seien, ölhaltige Aerosole (Paraffinnebel) zu filtern und es ihnen an der erforderlichen Dichtsitze fehle. Dies ergibt sich auch eindeutig aus den vorgelegten Warnhinweisen der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (Anl. AS4, Bl. 29 d.A.). Daher ist nach Auffassung der Kammer auch nicht davon auszugehen, dass die Masken „ähnlich FFP2“ sind. Gegenteiliges hat die Verfügungsbeklagte zudem nicht vorgetragen.


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