LG Tübingen: Wettbewerbsverstoß durch Bewerbung eines Hotels mit 3 Sternen ohne gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung
LG Tübingen
Urteil vom 16.06.2025
20 O 38/24
Das LG Tübungen hat entschieden, dass die Bewerbung eines Hotels mit 3 Sternen ohne gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung wettbewerbswidrig ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG; 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG.
Nach Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG ist die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung gegenüber Verbrauchern stets unzulässig. Die Vorschrift erfasst auch Hotelklassifizierungen (Stenzel, GRURPrax 2015, 291). Die Verwendung der Klassifizierung als „3-Sterne-Hotel" im Hotellogo sowie im Text der Internetseite der Beklagten war damit gemäß § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG unzulässig.
Die Verwendung der „3-Sterne-Klassifizierung" erfüllt darüber hinaus auch den Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG. Dies gilt sowohl für das Hotellogo als auch für die ausdrückliche Behauptung einer solchen Kategorisierung. Es handelt sich um eine geschäftliche Handlung der Beklagten, die zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware bzw. Dienstleistung enthält. Denn dem angesprochenen Verkehrskreis wird mit dieser Werbung eine Verbindung des Hotelnamens mit einer tatsächlich vorhandenen Sterneklassifizierung suggeriert. Die Verwendung von Sternen ohne einen erläuternden oder klärenden Zusatz erweckt den Anschein, dass dem Hotel eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie verliehen ist. Das Hotellogo der Beklagten suggeriert durch die Darstellung dreier fünfzackiger Sterne, dass dem Hotel der Beklagten eine entsprechende Komfort- und Qualitätskategorie verliehen wurde, was jedoch unstreitig nicht der Fall ist. Deshalb ist es auch unerheblich ist, ob das Hotel seiner Ausstattung nach derjenigen eines 3-Sterne Hotels entspricht.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die Hotelklassifizierung heutzutage kein entscheidendes Kriterium für den Verbraucher mehr darstelle. Es mag zwar sein, dass der angesprochene Verkehrskreis - zu dem auch die Vorsitzende der Kammer zählt - sich auch über andere Bewertungsportale über Hotelangebote informiert, jedoch ist die Sterneklassifizierung nach wie vor ein (mit-)entscheidendes Bewertungskriterium.
Letztlich verhilft es der Beklagten auch nicht zum Erfolg, dass sie zwischenzeitlich ihren Internetauftritt angepasst hat, denn die durch die Erstbegehung verursachte Wiederholungsgefahr vermag sie nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu beseitigen.
3. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beruht auf § 13 Abs. 3 UWG. Da die Abmahnung berechtigt war, ist die Beklagte nach dieser Norm verpflichtet, dem Kläger die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von der Beklagten dabei den anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen, den die Kammer gem. § 287 ZPO auf 350,00 Euro zzgl. 7% Mwst schätzt.
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Beklagten die beiden Abmahnschreiben des Klägers tatsächlich wie sie behauptet nicht zugegangen sind. Die Abmahnung ist eine Willenserklärung, die dem Schuldner zugehen muss. Nach allgemeinen Beweislastregeln trägt der Kläger hierfür die Beweislast. Soweit in der Rechtsprechung und Literatur auf die Entscheidung des BGH (Beschluss vom 21. Dezember 2006 - I ZB 17/06) Bezug genommen wird und ausgeführt wird, dass den Kläger nur eine sekundäre Darlegungslast treffe gilt dies nicht für die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des materiellen Kostenerstattungsanspruchs. Denn die vorgenannte höchstrichterliche Entscheidung erging zu § 93 ZPO, der eben gerade dem Beklagten die Beweislast dafür auferlegt, dass er keine Klagveranlassung gegeben hat.
Der Kläger hat unter Vorlage des Absendeprotokolls bewiesen, dass er die Abmahnung vom 4.4.2024 auf den Postweg gebracht hat. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist auch davon auszugehen, dass ein Brief beim Empfänger ankommt. Dies vermochten die beiden vernommenen Zeugen auch nicht zu widerlegen. Der Zeuge ... meinte, er habe im April über seinen Anwalt Kenntnis von der Abmahnung erhalten. Dies kann aber offenbar schon deshalb nicht sein, weil die Klagschrift nebst Anlagen der Beklagten erst Ende Juni 2025 zugestellt wurden und diese sodann den Prozessbevollmächtigten beauftragte. Soweit in der mündlichen Verhandlung irrtümlich von Seiten der Prozessbevollmächtigten und der Vorsitzenden davon ausgegangen wurde, die Beklagte habe bereits am 3. Juni 2024 ihren Internetauftritt angepasst, war dieser Vorhalt an die Zeugen unzutreffend, denn aus der Anlage MB 5 vom 3. Juni 2024 ergibt sich gerade, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt noch mit der streitgegenständlichen Sterneangabe geworben hat. Der Zeuge ... erklärte, dass in den Fällen, wenn er den Briefkasten der Beklagten nicht selbst leeren konnte, er den mit ihm befreundeten und in der Nähe des Firmensitzes der Beklagten wohnenden Zeugen .... gebeten habe, den Briefkasten zu leeren. Dies sei auch im April 2024 so gewesen und nur er und der Zeuge .... hätten in dieser Zeit über einen Briefkastenschlüssel verfügt. Damit steht fest, dass in der fraglichen Zeit, als die beiden Abmahnschreiben die Beklagte erreicht haben, der Zeuge ... den Briefkasten nicht regelmäßig selbst geleert hat. Er kann deshalb nicht zur Überzeugung der Kammer bestätigen, dass das Schreiben des Klägers vom 4. April 2024 der Beklagten nicht zugegangen ist. Übereinstimmend mit den Angaben des Zeugen ... erinnerte sich auch der Zeuge ... daran, dass der Zeuge ... im Frühjahr 2024 nicht vor Ort, sondern im Urlaub gewesen ist und er selbst den Briefkasten der Beklagten geleert habe. Der Zeuge ... konnte aber nicht bestätigen, dass er kein Schreiben des Klägers aus dem Briefkasten entnommen hat, sondern nur ausführen, er sei sich nicht mehr sicher, ob er ein oder beide Schreiben des Klägers aus dem Briefkasten entnommen habe.
Angesichts dieser Angaben vermochte sich die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen, dass das Abmahnschreiben, obwohl abgesandt und nicht an den Absender zurückgekehrt, tatsächlich der Beklagten nicht zugegangen ist.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 16.06.2025
20 O 38/24
Das LG Tübungen hat entschieden, dass die Bewerbung eines Hotels mit 3 Sternen ohne gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung wettbewerbswidrig ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG; 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG.
Nach Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG ist die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung gegenüber Verbrauchern stets unzulässig. Die Vorschrift erfasst auch Hotelklassifizierungen (Stenzel, GRURPrax 2015, 291). Die Verwendung der Klassifizierung als „3-Sterne-Hotel" im Hotellogo sowie im Text der Internetseite der Beklagten war damit gemäß § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 2 des Anhangs zu § 3 UWG unzulässig.
Die Verwendung der „3-Sterne-Klassifizierung" erfüllt darüber hinaus auch den Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG. Dies gilt sowohl für das Hotellogo als auch für die ausdrückliche Behauptung einer solchen Kategorisierung. Es handelt sich um eine geschäftliche Handlung der Beklagten, die zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware bzw. Dienstleistung enthält. Denn dem angesprochenen Verkehrskreis wird mit dieser Werbung eine Verbindung des Hotelnamens mit einer tatsächlich vorhandenen Sterneklassifizierung suggeriert. Die Verwendung von Sternen ohne einen erläuternden oder klärenden Zusatz erweckt den Anschein, dass dem Hotel eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie verliehen ist. Das Hotellogo der Beklagten suggeriert durch die Darstellung dreier fünfzackiger Sterne, dass dem Hotel der Beklagten eine entsprechende Komfort- und Qualitätskategorie verliehen wurde, was jedoch unstreitig nicht der Fall ist. Deshalb ist es auch unerheblich ist, ob das Hotel seiner Ausstattung nach derjenigen eines 3-Sterne Hotels entspricht.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die Hotelklassifizierung heutzutage kein entscheidendes Kriterium für den Verbraucher mehr darstelle. Es mag zwar sein, dass der angesprochene Verkehrskreis - zu dem auch die Vorsitzende der Kammer zählt - sich auch über andere Bewertungsportale über Hotelangebote informiert, jedoch ist die Sterneklassifizierung nach wie vor ein (mit-)entscheidendes Bewertungskriterium.
Letztlich verhilft es der Beklagten auch nicht zum Erfolg, dass sie zwischenzeitlich ihren Internetauftritt angepasst hat, denn die durch die Erstbegehung verursachte Wiederholungsgefahr vermag sie nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu beseitigen.
3. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beruht auf § 13 Abs. 3 UWG. Da die Abmahnung berechtigt war, ist die Beklagte nach dieser Norm verpflichtet, dem Kläger die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von der Beklagten dabei den anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen, den die Kammer gem. § 287 ZPO auf 350,00 Euro zzgl. 7% Mwst schätzt.
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Beklagten die beiden Abmahnschreiben des Klägers tatsächlich wie sie behauptet nicht zugegangen sind. Die Abmahnung ist eine Willenserklärung, die dem Schuldner zugehen muss. Nach allgemeinen Beweislastregeln trägt der Kläger hierfür die Beweislast. Soweit in der Rechtsprechung und Literatur auf die Entscheidung des BGH (Beschluss vom 21. Dezember 2006 - I ZB 17/06) Bezug genommen wird und ausgeführt wird, dass den Kläger nur eine sekundäre Darlegungslast treffe gilt dies nicht für die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des materiellen Kostenerstattungsanspruchs. Denn die vorgenannte höchstrichterliche Entscheidung erging zu § 93 ZPO, der eben gerade dem Beklagten die Beweislast dafür auferlegt, dass er keine Klagveranlassung gegeben hat.
Der Kläger hat unter Vorlage des Absendeprotokolls bewiesen, dass er die Abmahnung vom 4.4.2024 auf den Postweg gebracht hat. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist auch davon auszugehen, dass ein Brief beim Empfänger ankommt. Dies vermochten die beiden vernommenen Zeugen auch nicht zu widerlegen. Der Zeuge ... meinte, er habe im April über seinen Anwalt Kenntnis von der Abmahnung erhalten. Dies kann aber offenbar schon deshalb nicht sein, weil die Klagschrift nebst Anlagen der Beklagten erst Ende Juni 2025 zugestellt wurden und diese sodann den Prozessbevollmächtigten beauftragte. Soweit in der mündlichen Verhandlung irrtümlich von Seiten der Prozessbevollmächtigten und der Vorsitzenden davon ausgegangen wurde, die Beklagte habe bereits am 3. Juni 2024 ihren Internetauftritt angepasst, war dieser Vorhalt an die Zeugen unzutreffend, denn aus der Anlage MB 5 vom 3. Juni 2024 ergibt sich gerade, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt noch mit der streitgegenständlichen Sterneangabe geworben hat. Der Zeuge ... erklärte, dass in den Fällen, wenn er den Briefkasten der Beklagten nicht selbst leeren konnte, er den mit ihm befreundeten und in der Nähe des Firmensitzes der Beklagten wohnenden Zeugen .... gebeten habe, den Briefkasten zu leeren. Dies sei auch im April 2024 so gewesen und nur er und der Zeuge .... hätten in dieser Zeit über einen Briefkastenschlüssel verfügt. Damit steht fest, dass in der fraglichen Zeit, als die beiden Abmahnschreiben die Beklagte erreicht haben, der Zeuge ... den Briefkasten nicht regelmäßig selbst geleert hat. Er kann deshalb nicht zur Überzeugung der Kammer bestätigen, dass das Schreiben des Klägers vom 4. April 2024 der Beklagten nicht zugegangen ist. Übereinstimmend mit den Angaben des Zeugen ... erinnerte sich auch der Zeuge ... daran, dass der Zeuge ... im Frühjahr 2024 nicht vor Ort, sondern im Urlaub gewesen ist und er selbst den Briefkasten der Beklagten geleert habe. Der Zeuge ... konnte aber nicht bestätigen, dass er kein Schreiben des Klägers aus dem Briefkasten entnommen hat, sondern nur ausführen, er sei sich nicht mehr sicher, ob er ein oder beide Schreiben des Klägers aus dem Briefkasten entnommen habe.
Angesichts dieser Angaben vermochte sich die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen, dass das Abmahnschreiben, obwohl abgesandt und nicht an den Absender zurückgekehrt, tatsächlich der Beklagten nicht zugegangen ist.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: