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LG Traunstein: Buchungsportal haftet für per Inline-Link eingebettete Inhalte - 3-Sterne-Werbung eines Hotels ohne DEHOGA-Klassifizierung

LG Traunstein
Urteil vom 30.03.2023
1 HK O 2790/22


Das LG Traunstein hat entschieden, dass ein Buchungsportal für per Inline-Link eingebettete Inhalte haftet. Vorliegend ging es um eine wettbewerbswidrige Irreführung mit der 3-Sterne-Werbung eines Hotels ohne DEHOGA-Klassifizierung.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässsige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte den tenorierten Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3 I, 5 I, 3 III UWG iVm. Anhang Nr. 2 sowie den geltend gemachten Aufwendungsersatz in Höhe von 374,50 € (§ 13 III UWG).

I. Der Kläger kann Unterlassung der Drei – Sterne – Bewertung von der Beklagten verlangen.

Nach § 8 I UWG kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des Erstverstoßes vermutet.

1. Der Kläger ist aktiv legitimiert. Die Aktivlegitimation ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Als eingetragener Verein ist der Verfügungskläger ein rechtsfähiger Verband; auch ist er die Liste gemäß § 8b Abs. 1 UWG eingetragen. Er dient ferner der Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen. Denn zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört die Förderung der gewerblichen Interessen u.a. durch Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ggf. im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege.

2. Die Drei–Sterne–Werbung für das Hotel I. auf der Internetseite der Beklagten ist irreführend und verstößt gegen §§ 3 I, 5, 3 III UWG iVm. Anhang Nr. 2.

Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises irrige Vorstellungen hervorzurufen und die zu treffende Markterschließung in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise zu beeinflussen. Dabei richtet sich die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, U. v. 5.11.2015 – I ZR 182/14 – Durchgestrichener Preis II).

Vorliegend wird der Adressat der Werbung in der Verwendung der drei waagrecht angeordneten fünfzackigen Sterne neben der Geschäftsbezeichnung eines Hotels auf dem Portal der Beklagten die Behauptung sehen, dass diesen Sternen eine offizielle Klassifizierung einer neutralen Klassifizierungsstelle zu Grunde liegt. Da die Kammermitglieder selbst zu dem angesprochenen Adressatenkreis gehören, können sie die maßgebliche Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde beurteilen. Danach geht der Verkehr bei der Sternebewertung von Hotels wie bei einer Verwendung von Güte- und Qualitätszeichen davon aus, dass die Güte anhand objektiver Merkmale in Erfüllung von Mindestanforderungen bestimmt wird und dass dies durch eine neutrale unabhängige und außerhalb des gewerblichen Gewinns stehende Stelle überprüft und gewährleistet wird (Link, in: Ullmann, juris PK UWG, 3. Aufl., § 5 UWG Rdnr. 375). Entscheidend für den Verbraucher ist, dass die Sterneklassifizierung von einer neutralen unabhängigen Stelle nach objektiver Prüfung des Hotels und seiner Ausstattung erfolgt.

Das vorgenannte Hotel wird im Internetauftritt der Beklagten mit drei fünfzackigen Sternen beworben. Klickt man auf die Sternesymbole erscheint zudem der Hinweis „DEHOGA Klassifizierung“. Dies suggeriert dem Kunden, dass es sich um ein offiziell von der DEHOGA klassifiziertes Hotel handelt, dass folglich eine Drei – Sterne – Klassifizierung nach der DEHOGA, d.h. eine Einordnung in eine bestimmte Komfort Kategorie erfolgt ist.

Unstreitig existiert für das Hotel I. tatsächlich jedoch keine aktuell gültige (Drei – Sterne –) Klassifizierung nach Maßgabe der DEHOGA. Damit liegt eine Irreführung des Verkehrs zu Wettbewerbszwecken vor. Die Werbung ist unlauter.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Beklagte auch Schuldnerin des Unterlassungsanspruches nach § 8 I UWG. Denn sie hat auf ihrer eigenen Internetseite vorliegend ein eigenes (Pauschal-) Angebot, nämlich das Angebot „A.“, angeboten und stellt nicht lediglich eine Plattform zur Verfügung, auf der Drittanbieter (deren) Angebote einstellen können; sie ist folglich selbst Täterin durch die Veröffentlichung eigener unlauterer Inhalte (a). Jedenfalls hat sie sich jedoch fremde Inhalte einer anderen Internetseite, nämlich des Buchungssystems T. zu eigen gemacht und muss auch deshalb für den Wettbewerbsverstoß einstehen (b).

a) Die Beklagte ist vorliegend selbst Täterin des wettbewerbswidrigen Verhaltens, weil sie das Produkt „Pauschale A.“ als ihr eigenes eigenständiges Produkt unlauter auf dem Markt auf ihrer Internetseite angeboten hat; es handelt sich soweit um eigene Inhalte.

Schuldner der in § 8 I UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer hieran beteiligt. Hier hat die Beklagte den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung durch das Erstellen und Bewerben eines eigenen Angebots selbst verwirklicht.

Für unzulässige Internet-Werbung haftet zunächst – auch ohne Privilegierung nach den § 7 ff TMG – der Inhaber der Domain, u.u. auch derjenige der im Impressum genannt ist (Gloy/Loscheider/Dackwerts Wettbewerbsrecht, § 79 Rnr. 148). Hier handelt es sich bei der Internetseite www.h. unstreitig um die Internetseite der Beklagte; auch ist sie im Impressum als Verantwortliche genannt.

Die Beklagte war es auch, die das streitgegenständliche Angebot, das in dieser Form als Pauschale (mit Vergünstigungen) nur sie so anbietet, erstellt und in ihren eigenen Internetauftritt hineingeschrieben hat. Wie der Geschäftsführer in seiner informatorischen Anhörung ebenfalls eingeräumt hat, ist sie auch der Reiseveranstalter und der Rechnungssteller des Pauschalangebots. Damit haftet sie auch für ihr Angebot. Dass sie hierin die Angaben der Anbieter der einzelnen Komponenten, aus denen sich ihr eigenes Angebot zusammensetzt, teilweise übernommen hat, bzw. dass es teilweise nicht die „Waren der Beklagten“ sind, ändert hieran nichts. Erstellt sie ein eigenes selbstständiges Angebot, ist sie die Anbieterin und hierfür auch komplett verantwortlich. Sie ist dann auch verpflichtet, die einzelnen Komponenten zu prüfen, bevor sie sie in ihr eigenes Angebot übernimmt, jedenfalls dann wenn sie nicht ausdrücklich in ihrem Angebot klarstellt, dass das Angebot nicht komplett von ihr stammt bzw. dass bestimmte Bestandteile – und diese muss sie genau bezeichnen, hier also die Hotelübernachtung – lediglich von anderen Anbietern übernommen und in ihr eigenes Angebot integriert worden sind. Hierauf hat die Beklagte vorliegend aber nicht hingewiesen, wie ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung ausführte. Vielmehr merke der Kunde nicht, dass er bei der Hotelsuche auf einer anderen Plattform unterwegs ist.

b) Selbst wenn man, weil nicht alle Komponenten des Angebots von der Beklagten stammen und sie nicht auf alle Bestandteile ihres Pauschalangebotes tatsächlich Einfluss hat, nicht von einem ausschließlich eigenen Inhalt der Beklagten ausgeht, für den sie komplett verantwortlich ist (s.o. unter a)), hat die Beklagte sich durch die (Inline-) Verlinkung auf das Hotelbuchungssysten T. des I. fremde Inhalte anderer Internetseiten jedenfalls zu eigen gemacht und ist auch aus diesem Grund Schuldnerin des Unterlassungsanspruchs nach § 8 I UWG.

Entgegen der Meinung der Beklagten entfällt die Verantwortlichkeit der Beklagten für die streitgegenständliche Drei – Sterne – Hotelbewertung nicht deshalb, weil die Beklagte als Diensteanbieterin nach den §§ 8 bis 10 TMG für fremde Inhalte nur eingeschränkt haftet. Ein Haftungsprivileg nach den §§ 8 – 10 TMG kommt der Beklagten nicht zu Gute. Denn zum einen handelt es sich nicht um fremde, sondern um jedenfalls zu eigen gemachte Inhalte und zum anderen sind die §§ 7 – 10 TMG nicht auf das Setzen von Links, die zu fremden Inhalten führen, anwendbar, auch nicht entsprechend. Es gelten vielmehr insoweit die allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechtes: Wer sich fremde Informationen zu eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Links verweist, haftet dafür mithin wie für eigene Informationen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8 Rnr 2.27a; BGHZ 206, 103 Rn. 12 = GRUR 2016, 209 – Haftung für Hyperlink).

Die Beklagte kann sich daher nicht erfolgreich darauf berufen, dass sie sich der Internetseite des I. und dessen Hotelbuchungssystems T., bedient, dessen Daten wiederum von der B. in eigener Zuständigkeit und Verantwortung geprüft werden, und dass sie nicht für deren Inhalte haftet. Denn die Verlinkung auf das Suchportal des I. wird nach außen nirgends ersichtlich (s.o.). Die Inhalte erscheinen für den Marktteilnehmer bzw. Internetnutzer als eigene Informationen der Beklagten. Der Kunde merkt nicht, dass er bei der Hotelsuche auf einer anderen Plattform unterwegs ist. Die Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen zu einem Hotel als Teil ihres Pauschalangebotes erspart, indem sie den Nutzern ihrer Internetseite auf die Internetseite T. weiterleitete. Der Link dient dabei der Vervollständigung des eigenen Angebots des Beklagten und ist so in ihre eigene Internetseite eingebettet, dass er für den normalen Durchschnittsnutzer als eigene Information der Beklagten erscheint. Die Beklagte macht sich somit nach den Gesamtumständen Angebote Dritter, nämlich des I. im Wege des Inline-Linking zu eigen. Damit haftet sie aber auch selbst für die verlinkten Inhalte wie für eigene (Gloy/Loscheder/Dankwerts, Wettberbsrecht, § 79 Rnr. 150; MüKo, UWG, § 8 Rnr. 330). Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn die Beklagte die Verlinkung auf das nicht von ihr betriebene Buchungssystem offengelegt hätte, wie das Betreiber anderer Internetseiten durchaus praktizieren (z.B. verweisen Kinobetreiber beim Angebot von Filmtrailern teilweise ausdrücklich darauf, dass nun auf externe Inhalte weitergeleitet wird). Dadurch hätte sie klargestellt, dass es sich um fremde Inhalte handelt und sie sich diese nicht zu eigen machen will.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es daher auf eine mögliche Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, die nur zur Haftung führt, wenn derjenige, der fremde Inhalte auf seiner Internetseite präsentiert, zumutbare Prüfpflichten bezüglich dieser fremder Inhalte, die erst ab Kenntniserlangung des Wettbewerbsverstoßes entstehen, verletzt hat, nicht an. Gleiches gilt für die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten durch den Betreiber eines Online-Marktplatzes. Denn nach den Gesamtumständen handelt es sich nicht um fremde, sondern um jedenfalls sich zu eigen gemachte Inhalte der Beklagten (s.o.). Zudem ist die Beklagte kein Betreiber eines Online-Marktplatzes bei dem Drittanbieter ihre Angebote einstellen können.

d) Einer Haftung der Beklagten steht schließlich auch nicht entgegen, dass sie im Impressum ihrer Internetseite allgemein erklärt, nach § 7 TMG nur für eigene Inhalte verantwortlich zu sein und nicht verpflichtet zu sein, gespeicherte oder fremde Inhalte zu überwachen. Denn wie oben dargelegt handelte es sich nicht um fremde, sondern um eigene Inhalte der Beklagten.

Auch ist der allgemeine Hinweis im Impressum der Beklagten, dass das Angebot Links zu externen Webseiten enthält, auf deren Inhalt kein Einfluss besteht und für die keine Gewähr übernommen wird, so nicht ausreichend, um eine Haftung auszuschließen. Da durch eine solch allgemeine Klausel unklar bleibt, bei welchen Inhalten der Internetseite es sich um eigene und bei welchen es sich um verlinkte fremde Inhalte handelt, und hierauf auch keinerlei Hinweise/Einschränkungen auf der Internetseite zu finden sind, ist für den Nutzer nicht zu erkennen, für welche Inhalte die Beklagte nun ihre Haftung einschränken will und für welche nicht. Durch solche intransparenten salvatorischen Klausel kann der Diensteanbieter eine Haftung nicht ausschließen, wenn er sich nach den Gesamtumständen die fremden Informationen zu eigen macht (BGH NJW 2015, 3443). Nach den obigen Ausführungen hat sich die Beklagte nach den Gesamtumständen die fremden Inhalte jedoch gerade zu eigen gemacht.

II. Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Abmahnkosten nach § 13 III UWG in Höhe von 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 29.12.2022.

1. Die Abmahnung war begründet. Die Höhe der Kosten folgt aus der Rechtsprechung zu der anerkannten Pauschale für den Anspruch des Klägers auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten (Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 13 Rnr. 132 mit weiteren Nachweisen). Insoweit wurden die Kosten auf 350,00 € zuzüglich 7% MwSt, mithin 374,50 € geschätzt (§ 287 ZPO).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Schon bloße Rüge eines Bewerteten gegenüber Bewertungsportal dass Bewertung kein Kundenkontakt zugrunde liegt löst Prüfpflichten des Bewertungsportals

BGH
Urteil vom 09.08.2022
VI ZR 1244/20
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823


Der BGH hat entschieden, dass schon die bloße Rüge eines Bewerteten gegenüber einem Bewertungsportal, dass der Bewertung kein Kundenkontakt zugrunde liegt, Prüfpflichten des Bewertungsportals auslöst.

Leitsatz des BGH:
Bei einem Bewertungsportal (hier: Hotelbewertungsportal) reicht die Rüge des Bewerteten, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist der Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthält und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorliegen (Klarstellung zu Senatsurteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 26). Denn der Bewertete kann diese Angaben regelmäßig nicht überprüfen und damit den behaupteten Gästekontakt nicht sicher feststellen. Einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedarf es nur, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Im Übrigen gilt die Grenze des Rechtsmissbrauchs.

BGH, Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Stuttgart: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung eines Hotels mit 4 Sternen nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist

OLG Stuttgart
Urteil vom 29.07.202
2 U 163/20


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG vorliegt, wenn ein Hotel auch nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist mit 4 Sternen wirbt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Berlin: Google darf deutsche Hotels in Google Local Listings auf Suchergebnisseite nicht mit "x-Sterne-Hotel" bewerben wenn keine DEHOGA-Bewertung vorliegt

LG Berlin
Anerkenntnisurteil vom 08.07.2020
101 O 3/19


Das LG Berlin hat gegen die Google LLC, Mountain View ein Anerkenntnisurteil erlassen, wonach der Suchmaschinenbetreibe es zu unterlassen hat, deutsche Hotels in den Google Local Listings auf der Suchergebnisseite mit "x-Sterne-Hotel" bewerben, wenn keine entsprechend zertifizierte DEHOGA-Bewertung vorliegt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Die Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier:

LG München: Verkauf von Fake-Bewertungen denen keine tatsächliche Inanspruchnahme der bewerteten Angebote zugrunde liegt ist wettbewerbswidrig

LG München
Versäumnisurteil vom 14.11.2019
17 HK O 1734/19


Das LG München hat entschieden, dass das Anbieten von Fake-Bewertungen, denen keine tatsächliche Inanspruchnahme der bewerteten Angebote zugrunde liegt,wettbewerbswidrig ist. Geklagt hatte das Buchungsportal Holidaycheck gegen einen Online-Anbieter, der positive Fake-Bewertungen zum Verkauf anbietet.

OLG Celle: Werbung eines Hotels mit Sternen die nicht von einer neutralen Stelle wie DEHOGA erteilt wurden ist wettbewerbswidrige Irreführung

OLG Celle
Urteil vom 30.01.2018
13 U 106/17


Auch das OLG Celle hat wenig überraschend entschieden, dass die Werbung eines Hotels mit Sternen, die nicht von einer neutralen Stelle wie DEHOGA erteilt wurden, eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Berufung ist - mit Ausnahme des inhaltlich zu weitreichend formulierten Unterlassungsgebots (vgl. nachfolgend unter 2.) - begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG sowie ein Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten in Höhe von 267,50 € aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gegenüber der Beklagten zu.

1. Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings die nicht ordnungsgemäße Besetzung der erkennenden Handelskammer, weil mit Frau R.-W. eine ehrenamtliche Richterin mitgewirkt habe, die nach § 109 Abs.1 Nr.3 GVG die Voraussetzungen für die Ernennung nicht erfülle. Danach kann zum ehrenamtlichen Richter ernannt werden, wer als Geschäftsführer einer juristischen Person in das Handelsregister eingetragen ist. Das ist bei Frau R.-W. der Fall. Der mit der Berufungserwiderung vorgelegte Handelsregisterauszug der Landesjustizverwaltungen weist sie spätestens seit dem 23. August 2006 als Geschäftsführerin der Dr. W. Partner GmbH (HRB ….61) aus.

2. Allerdings war das mit dem Klageantrag zu 1) begehrte Unterlassungsgebot zu weitreichend formuliert. Die Werbung der Beklagten mit den drei sternenähnlichen Symbolen wäre nicht mehr zu beanstanden, wenn sie eine entsprechende Klassifizierung nicht von der DEHOGA, sondern von einem neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz nach objektiven Prüfkriterien erhalten hätte (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 15. Juli 2014 - 13 U 76/14, WRP 2014, 1216, juris Rn. 3; offengelassen: OLG Nürnberg, WRP 2016, 428 juris Rn. 30). Deshalb hat der Senat die angegebene Einschränkung „nach Maßgabe der deutschen Hotelklassifizierung” nicht ausgeurteilt.

3. Die Verwendung der reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole stellt keinen Verstoß gegen Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG dar, der Vorrang vor § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG hätte (vgl. Weidert in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., Anh. § 3 Abs. 3 II. Nr. 2 Rn. 4; Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG. §. Aufl. Anh UWG, Nr. 2 Rn. 10).

Unter die eng auszulegende Bestimmung des Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fällt nur der Gebrauch von Zeichen, die aufgrund einer objektiven Prüfung anhand von festgelegten Standards durch eine unabhängige staatliche oder private Stelle im Wege einer Genehmigung vergeben werden (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., Anh. zu § 3 III Nr. 2 Rn. 2.3; Diekmann, in: Ullmann, jurisPk, UWG 4. Aufl., Anh § 3 Abs. 3 (Nr.2) UWG Rn. 2; Lindacher/Anh Nr. 2 in: Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 2. Aufl., Anh. Nr. 2 Rn. 3). Nicht erfasst wird hingegen die Verwendung eines Zeichens, das eine besondere Qualität des fraglichen Unternehmens oder Produktes werbend zum Ausdruck bringt, in dieser Form aber überhaupt nicht vergeben wird, sondern mit dem nur ein entsprechender Anschein erweckt wird (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Rn. 2.4; Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO.: Anh. § 3 Abs. 3 II. Nr. 2 Rn. 2).

4. Ebenso wenig ist in der Anbringung der reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Hotelnamen und dem Familiennamen ein Verstoß gegen Nr. 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zu sehen. Es fehlt dafür am Vorliegen einer objektiv unwahren Tatsache (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Anh. zu § 3 III Nr. 4 Rdnr. 4.3), da es ein entsprechendes Klassifizierungszeichen, wie von der Beklagten genutzt, (bislang) nicht gibt.

5. Die Verwendung der drei sternenähnlichen Zeichen stellt in der beanstandeten Art der Darstellung eine irreführende Werbung i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar.

a) Es handelt sich dabei um eine geschäftliche Handlung der Beklagten, die zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware bzw. Dienstleistung enthält. Die Verwendung der sternenähnlichen Symbole erweckt bei einem erheblichen Teil der Verbraucher den Anschein, dass dem Hotel eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie verliehen ist.

aa) Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 18. September 2013 - I ZR 65/12, GRUR 2014, 494Rn. 14 - Diplomierte Trainerin, m.w.Nachw. und vom 5. November 2015 - I ZR 182/14 WRP 2016, 590 ff. juris Tz. 10 - durchgestrichener Preis II). In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 - Orient-Teppichmuster; vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184Rn. 19 - Branchenbuch Berg und vom 5. November 2015 - I ZR 182/14, aaO. - Durchgestrichener Preis II). Danach ist die Werbung irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteile vom 6. November 2013 - I ZR 104/12; GRUR 2014, 88 Rn. 30 - Vermittlung von Netto-Policen m.w.Nachw.; OLG Karlsruhe, MDR 2017, 104 juris Rn. 6). Das ist vorliegend der Fall.

aaa) Es ist üblich, dass Hotels in durch die Anzahl der Sterne gekennzeichneten Kategorien eingeteilt sind und damit auch nach außen werben, um den Kunden auf diese Weise ihren Qualitäts- und Ausstattungsstandard auf den ersten Blick nahe zu bringen. Die Internetwerbung der Beklagten mit der Darstellung der drei reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Namen des Hotels und dem Familiennamen im Fettdruck und an zentraler Stelle wird von den angesprochenen Verkehrskreisen - also den durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchern, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören - dahingehend verstanden, dass sich dahinter eine „offizielle“ Klassifizierung, d. h. Einordnung des Hotels in eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie, verbirgt (vgl. nur OLG Schleswig, Urteil vom 18. Mai - 6 U 87/98, juris Rn. 3; LG Koblenz, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 HKO 86/13, juris Rn.20; LG Oldenburg, Urteil vom 29. November 2006 - 5 O 1583/06, juris Rn. 16 für Reisebusse; Diekmann, in: Ullmann, jurisPK UWG, 4. Aufl., § 5 Rn. 357 m.w.Nachw.). Da weder der Hotelname noch die Familienbezeichnung eine anderweitige gedankliche Verbindung mit den verwendeten Zeichen nahelegen, drängt sich dieses Verständnis förmlich auf.

Dass die sternenähnlichen Symbole in einer grünlichen Farbe gehalten sind, bewirkt keine andere Wahrnehmung, weil die gesamte Seite der Beklagten sich in dieser Farbgebung präsentiert. Der Einwand der Beklagten, es handele sich um stilisierte Blüten, ist angesichts der konkreten Formgestaltung fernliegend. Sofern sie vorträgt, die - ihrer Ansicht nach - blütenähnlichen Zeichen entsprächen der grünen Grundfarbe ihres Hauses, der Blütenpracht auf ihrem Anwesen und der Flower-Power-Atmosphäre im Künstlerdorf W., mag das zutreffend, kann aber den eindeutig vorherrschenden Eindruck einer Hotelklassifizierung, den der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher der Darstellung dieser als sternenähnlich wahrgenommenen Symbole beimisst, nicht entkräften. Das hat ursprünglich auch die Beklagte selbst so beurteilt. So stellt sie in ihrer unter dem 06. Februar 2017 verfassten Antwort auf das Abmahnschreiben der Klägerin vom 16. Januar 2017 dar, im Rahmen ihrer Internetseite im vorletzten Absatz der Rubrik „Gesichte und Fotos unseres Hauses“ auf die Bestätigung der drei Sterne durch die DEHOGA in 2005 (gültig bis 2008) hingewiesen zu haben, und führt abschließend dazu aus, „Da wir drei Sterne erhielten und sich an unserem Haus nichts geändert hat, wir ferner in unserer Homepage auf den temporären Charakter der Bewertung hinweisen, sind wir uns keiner Schuld bewusst (…).“

bbb) Die Verwendung der drei reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Hotelnamen und dem Familiennamen ist irreführend, weil die Beklagte - in Wirklichkeit - zum Zeitpunkt der Werbung vom 9. Januar 2017 und bis April 2017 unstreitig nicht von einer neutralen Stelle mit drei Sternen ausgezeichnet worden war.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass es sich bei dem Hotel tatsächlich um ein Hotel dieser Komfortklasse handele und sie die drei Sterne - wie später auch geschehen - auf entsprechenden Antrag auch erhalten würde, steht dies einer Irreführung nicht entgegen. Eine solche ist bereits dann festzustellen, wenn mit einem Qualitätskennzeichen geworben wird, ohne dass dieses von einer unabhängigen Stelle vergeben worden ist. Ohne Bedeutung für die Irreführung ist daher, ob die erforderliche „Genehmigung“ hätte erteilt werden müssen, ob ein Rechtsanspruch auf die Erteilung besteht und ob die Dienstleistung die mit dem Zeichen verbürgte Qualität aufweist (OLG Schleswig, aaO. Rn. 3; Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO., Anh. § 3 Abs. 23 II. Nr. 2 Rn. 12; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Nr. 2 Anh. zu § 3 III Rn. 2.7; vgl. auch Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zu Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 2 BT-Drucks. 16/10145 S. 31). Deshalb ist es für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Werbung im Januar 2017 unerheblich, dass die DEHOGA das Hotel der Beklagten ab April 2017 (wieder) mit drei Sternen klassifizierte.

Ohne Erfolg macht die Beklagte ferner geltend, sie habe die Irreführungsgefahr über eine Klassifizierung als „Drei-Sterne-Hotel“ dadurch beseitigt, das sie auf ihrer Homepage in der Unterrubrik „Geschichte und Fotos unseres Hauses“ angegeben habe:

„Besonders stolz sind wir jedoch darauf, dass die … DEHOGA anlässlich der Hotelbewertung (2005 gültig bis 2008), bei der unsere beantragten „drei Sterne“ mit großem Erfolg bestätigt wurden, fragte, warum wir nicht gleich einen Antrag auf „vier Sterne“ gestellt hätten.“

So bleibt schon der konkrete Bezug dieser Aussage für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Werbung mit den sternenähnlichen Symbolen zwischen dem Hotel- und dem Familiennamen unklar. Unabhängig davon vermag dieser Hinweis nicht eine Irreführung durch die Verwendung der sternenähnlichen Zeichen zwischen dem Namen des Hotels und dem Familiennamen eingangs ihrer Internetseite zu entkräften. Erforderlich dafür wäre, dass der aufklärende Hinweis leicht erkennbar, ähnlich deutlich und der blinkfangmäßig ins Auge fallenden Werbung klar zuzuordnen herausgestellt wird (BGHZ 139, 368, 373 juris Rn. 27 - Handy für 0,0 DM; 151, 84, 90 juris Rn. 27 - Koppelungsangebot; BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 14/07, GRUR 2009, 1180 Rn. 29 - 0,00 Grundgebühr). Das ist hier allein schon deshalb ausgeschlossen, weil sich die gerügte Darstellung oben und hervorgehoben auf der ersten Seite der Homepage der Beklagten befindet, während der Hinweis nicht auf derselben Seite, sondern erst versteckt auf einer von über zehn Unterrubriken erfolgt.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch die nach § 5 UWG erforderliche wettbewerbliche Relevanz der Irreführung für den Kaufentschluss gegeben. Die irreführende Werbung ist geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des Senates gehören, die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. hierzu: BGH, Urteile vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888Rn. 18 - Thermoroll; vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053Rn. 19 - Marktführer Sport). Die Klassifizierung ist - wie bereits unter ausgeführt aa) aaa) - im Bereich des Hotelgewerbes ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel. Wenn die angesprochenen Verkehrskreise wüssten, dass die Sterne angegeben wurden, ohne das die damit allgemein verbundene Überprüfung durch eine neutrale Stelle vorgenommen worden war, so wäre das Angebot der Beklagten weniger attraktiv gewesen. Die Werbewirksamkeit der Sterneklassifizierung besteht gerade darin, dass - jedenfalls in der Vorstellung der Verbraucher - eine Überprüfung durch eine neutrale Stelle vorausgegangen ist. Nach der Verkehrsauffassung rechtfertigt eine höhere Anzahl an Sternen einen höheren Preis bzw. lässt einen angebotenen niedrigeren Preis als besondere Gelegenheit erscheinen (Senat, aaO, Rn. 13).

b) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass die DEHOGA das Hotel der Beklagten im April 2017 erneut mit drei Sternen klassifiziert hat. Die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (BGH, Urteil vom 16. Januar 1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. - Jubiläumsverkauf, m.w.Nachw. und Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, juris Rn - TCM-Zentrum). Der bloße Wegfall der Störung genügt zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, aaO., § 8 Rn. 1.49). Dasselbe gilt für eine tatsächliche Veränderung der Verhältnisse, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt wird; sie entfällt nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichartiger Umstände nicht zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 - I ZR 167/85, GRUR 1988, 38 f., juris Rn.9 - Leichenaufbewahrung). So liegt der Fall hier, da die von der DEHOGA verliehene Klassifizierung nur bis 2020 Gültigkeit hat und die Beklagte schon in der Vergangenheit von der Absolvierung eines erneuten Klassifizierungsverfahrens - nach Ablauf ihrer in 2005 verliehenen drei Sterne - abgesehen hat.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Hotelbetreiber und Hotelbewertungsportal sind Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG - Hotel muss falsche Tatsachenbehauptungen in Bewertung konkret wiederlegen

OLG Hamburg
Urteil vom 30.06.2016
5 U 58/13


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass Hotelbetreiber und Hotelbewertungsportal Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind, so dass ggf. auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Entfernung unberechtigter negativer Bewertungen wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 UWG bestehen können. Ein Bewertungsportal haftet regelmäßig erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung. Dabei muss der Betroffene falsche Tatsachenbehauptungen in einer Bewertung konkret wiederlegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Parteien sind auch Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, BGHZ 168, 314 Tz. 14 - Kontaktanzeigen; BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE, m.w.N.; BGH GRUR 2014, 1114 - nickelfrei). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2014, 1114 Tz. 32 - nickelfrei). Hiernach ist vorliegend von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis auszugehen. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Hotels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 20- Hotelbewertungsportal).

[...]

Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht feststellen. Auf Grundlage der E-Mail der Klägerin vom 7.5.2012 ließ sich aus Sicht der Beklagten die Unwahrheit der von der Nutzerin „...“ aufgestellten Behauptungen nicht unschwer erkennen. Wie bereits ausgeführt, war der Inhalt der E-Mail unter Berücksichtigung des Nutzerbeitrags vielmehr erläuterungsbedürftig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Nutzerin nach erhobener Beschwerde ein anderes Zimmer zugeteilt worden war. Aus Sicht des Beklagten blieb nach Lektüre der E-Mail deshalb unklar, ob die Kritikpunkte hinsichtlich eines der Zimmer möglicherweise doch berechtigt waren. Von der Klägerin war gerade auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Hausleiter offenbar noch eine gute Erinnerung an die Reisegruppe hatte, zu welcher die Nutzerin „...“ gehörte, zu erwarten, dass sie hinreichend konkret auf die einzelnen Vorhaltungen erwidert. Denn hierzu war sie nach den besonderen Umständen in diesem Fall in der Lage. Der Inhalt der E-Mail vom 7.5.2012 ermöglichte der Beklagten nicht, eine konkrete Nachfrage an die Nutzerin „...“ zu richten und diese unter Überreichung einer abweichenden Darstellung der Sachlage zu einer Stellungnahme aufzufordern und einen Prüfprozess einzuleiten. Die noch am selben Tag nach Erhalt der E-Mail gehaltene, erfolglos gebliebene Nachfrage der Beklagten war somit nachvollziehbar und plausibel. Die Beklagte war zu einer sofortigen Löschung des Beitrags der Nutzerin „...“ nach Erhalt der E-Mail vom 7.5.2012 nach allem somit nicht verpflichtet. Denn die in der E-Mail vom 7.5.2012 behauptete Rechtsverletzung war nicht offenkundig, sondern bedurfte hinsichtlich ihres Vorliegens einer eingehenden tatsächlichen Überprüfung.

Die Beklagte hat mithin keine spezifischen Prüfungs- und Überwachungspflichten verletzt und damit keine unwahren Tatsachen gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet.

ee. Auch aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten folgt keine Haftung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 42 - Hotelbewertungsportal m.w.N.). Wie ausgeführt, fehlt es an dem erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH-Entscheidung zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für Bewertungen der Nutzer liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 19.03.2015
I ZR 94/13
Hotelbewertungsportal
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3, §§ 3, 4 Nr. 8, § 8 Abs. 3 Nr. 1; TMG § 2 Nr. 1, §§ 7 bis 10


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Hotelbewertungsportal haftet für unwahre Tatsachenbehauptung eines Nutzers erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem Anbieter eines Online-Reisebüros, das mit einem Hotelbewertungsportal
verknüpft ist, besteht im Hinblick auf den Betrieb des Hotelbewertungsportals ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Zwischen der vorteilhaften Wirkung des Hotelbewertungsportals für die Attraktivität des Online-Reisebüros und dem Absatznachteil, der einem Hotelbetreiber aus einer im Bewertungsportal verzeichneten negativen Hotelbewertung zu erwachsen droht, besteht eine für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses hinreichende
Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann.

b) Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals macht sich erkennbar von Dritten in das Portal eingestellte Äußerungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG als Tatsachenbehauptung zu Eigen, wenn er die Äußerungen nicht inhaltlich-redaktionell aufbereitet oder ihren Wahrheitsgehalt überprüft, sondern die Anwendung eines automatischen Wortfilters sowie ggf. eine anschließende manuelle Durchsicht lediglich dem Zweck dienen, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßende Einträge (etwa Formalbeleidigungen oder von Hotelbetreibern abgegebene Eigenbewertungen) von der Veröffentlichung auszuschlie-
ßen. Eine inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung stellt es mangels inhaltlicher Einflussnahme nicht dar, wenn die von Nutzern vergebenen "Noten" durch die Angabe von Durchschnittswerten oder einer "Weiterempfehlungsrate" statistisch ausgewertet werden.

c) Durch die Aufnahme von Äußerungen Dritter in ein Hotelbewertungsportal werden fremde Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG "verbreitet", sofern der Betreiber des Portals seine neutrale Stellung nicht aufgibt und spezifische Prüfungspflichten nicht verletzt. Der Betreiber verlässt seine neutrale Stellung nicht, wenn er Nutzerangaben statistisch auswertet oder einen Wortfilter sowie ggf. eine manuelle Nachkontrolle einsetzt, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen sicherzustellen. Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber einer Internet-Bewertungsplattform erst, wenn er - nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist - die betroffene Angabe nicht unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch zukünftig unterbleibt.

BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Kammergericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Hotelbewertungsportal haftet für unwahre Tatsachenbehauptung eines Nutzers erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung

BGH
Urteil vom 19.03.2015
I ZR 94/13
Hotelbewertungsportal


Der BGH hat entschieden, dass der Betreiber eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers in einer Bewertung erst haftet, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt und dennoch untätig bleibt. Eine Vorabprüfung und gesteigerte Prüfungspflichten sind - so der BGH - dem Betreiber eines Bewertungsportals nicht zuzumuten, da es sich nicht um ein "hochgradig gefährliches" Geschäftsmodell handelt.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines
Nutzers

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG oder § 3 Abs. 1 UWG auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen" erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin.

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene "Behauptung" der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht "verbreitet". Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG, der - wie die Beklagte - eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Hotelbewertungsportal

LG Berlin - Urteil vom 16. Februar 2012 - 52 O 159/11

Kammergericht - Urteil vom 16. April 2013 - 5 U 63/12

Karlsruhe, den 19. März 2015

§ 4 Nr. 8 UWG

Unlauter handelt insbesondere, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer (...) Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, soweit die Tatsachen nicht erweislich wahr sind. ...

§ 3 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 2 TMG

Im Sinne dieses Gesetzes

1. ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt; …



§ 7 TMG



(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. (...)

§ 10 TMG

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben. … "

LG Berlin: Irreführende Werbung mit Hotel-Sternen, wenn diese nicht der DEHOGA-Sterneklassifizierung entsprechen

LG Berlin
Beschlüsse vom 22.08.2013
15 O 404/13
15 O 395/13
52 O 231/13


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn Hotelbetreiber mit Sternen werben und diese nicht der DEHOGA-Sterneklassifizierung entsprechen.




OLG Stuttgart: Negative Hotelbewertung mit Begriff "Hühnerstall" ist keine unzulässige Schmähkritik, sondern eine zulässige Meinungsäußerung

OLG Stuttgart
Urteil vom 11.09.2013
4 U 88/13


Das OLG Stuttgart musste sich in dieser Entscheidung mit einer Hotel-Bewertung befassen. Das Gericht kommt zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Bezeichnung eines Hotels als "Hühnerstall" im Rahmen einer Hotelbewertung keine unzulässige Schmähkritik sondern zulässige Meinungsäußerung ist.

OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden

OLG Hamburg
Urteil vom 18.01.2012
5 U 51/11.
Anonyme Hotelbewertung


Das OLG Hamburg hat völlig zu Recht entschieden, dass Bewertungsportale im Internet rechtlich nicht zu beanstanden sind, auch wenn dort anonyme Bewertungen möglich sind. Im vorliegenden Fall wollte ein Hotelbetreiber generell verhindern, dass das Hotel in einem Hotel-Bewertungsportal bewertet werden kann.

Aus der Pressemitteilung des OLG Hamburg:

"Der zuständige 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat entschieden, die Abwägung der Interessen der Klägerin gegen jene der Beklagten, der Nutzer des Bewertungsportals sowie der an Hotelbewertungsportalen interessierten Öffentlichkeit ergebe, dass der Klägerin der geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Die Klägerin sei unzutreffenden und für ihren Hotelbetrieb abträglichen Bewertungen nicht schutzlos ausgeliefert, da sie deren Löschung verlangen und dies ggf. auch gerichtlich durchsetzen könne. Das von der Klägerin begehrte allgemeine Bewertungsverbot führe jedoch dazu, dass das von der Rechtsordnung anerkannte Betreiben einer Hotelbewertungsplattform unmöglich gemacht werden könnte. Das liege nicht im Interesse der Allgemeinheit, die ein schutzwürdiges Interesse an Information auch durch derartige Bewertungsportale besitze. An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändere sich nichts dadurch, dass die Beklagte eine im Wesentlichen anonyme Bewertung zulasse. Denn auch anonym abgegebene Meinungsäußerungen stünden unter dem Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit."

Damit sind rechtliche Schritte gegen unangemessene und unwahre Bewertungen nicht ausgeschlossen. Werden unwahre Tatsachen verbreitet, geschieht die Bewertung allein mit Schädigungsabsicht (z.B. durch einen Mitbewerber) oder werden die Grenzen zur Schmähkritik überschritten, so besteht im Einzelfall ein Anspruch auf Löschung der konkreten Bewertung.

Die vollständige Pressemitteilung des OLG Hamburg finden Sie hier:



"OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden" vollständig lesen

LG Hamburg: Reisebuchungs- und Bewertungsportal haftet für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer

LG Hamburg
Urteil
37 O 607/10


Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Reisebuchungs- und Bewertungsportal für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer haftet.

Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg:

"Das Gericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und es der Beklagten verboten, mehrere der von der Klägerin angegriffenen Nutzerkommentare zu verbreiten. Die Beklagte betreibe das Bewertungsportal als Teil ihres gewerblichen Online-Reisebüros. Buchungsgeschäft und Bewertungsportal seien derart engmaschig verbunden, dass eine klare Trennung in zwei verschiedene Geschäftsbereiche nicht möglich sei. Im Vordergrund stehe für die Beklagte bei dem Meinungsportal nicht das uneigennützige Motiv, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern die Attraktivität ihres gewerblichen Online-Angebots zu steigern. Daran sei nichts verwerflich, jedoch würden andere Maßstäbe gelten als für die Betreiber rein informativer und nicht gewerblichen Zwecken dienender Bewertungs- und Meinungsäußerungsportale. Wer als Mitbewerber einen anderen Mitbewerber herabsetze, werde strenger beurteilt, als derjenige, der nicht gewerblich tätig sei. Wer als Mitwettbewerber herabsetzende Tatsachen über einen anderen Wettbewerber verbreite, müsse diese auch beweisen können. Dies sei der Beklagten nur zum Teil gelungen."

Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier:

"LG Hamburg: Reisebuchungs- und Bewertungsportal haftet für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer" vollständig lesen

LG Berlin: Erkauftes Beliebtheitsranking in einem Hotel-Buchungsportal ist eine Täuschung der Nutzer und damit wettbewerbswidrig

LG Berlin
Beschluss vom 25.08.2011
16 O 418/11
Erkauftes Ranking


Das LG Berlin hat einem Hotel-Buchungsportal untersagt, den gelisteten Hotels zu ermöglichen, ihr Beliebtheitsranking durch Zahlung zusätzlicher Provisionen zu steigern. Der Nutzer hatte dabei nicht die Möglichkeit zu erkennen, dass es sich ggf. um erkaufte Rankings handelt.

Aus der Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale:

"Im deutschsprachigen Buchungsportal listet [...].com Hotels in der Standardeinstellung unter dem Titel „Beliebtheit“ auf. Gleichzeitig bietet [...].com in den dortigen Geschäftsbedingungen Hotelbetrieben die Möglichkeit, die Reihenfolge der Auflistung durch Zahlung einer höheren Provision an [...].com positiv zu beeinflussen.
[...]
Mit dem Beschluss folgte das LG Berlin der Auffassung der Wettbewerbszentrale, die in dieser Praxis eine grobe Täuschung des Publikums sah.
[...]
Bei diesem insoweit „erkauften“ Ranking erleiden ferner die Hotelbetriebe gravierende Wettbewerbsnachteile, die zwar in der Bewertung durch Kunden besser abschneiden, sich aber der Zahlung höherer Provisionen verweigern. "


Richtigerweise müsste das Portal derartig erkaufte Einträge deutlich als "Werbung" oder "Anzeige" kennzeichnen.

Die vollständige Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier: