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OLG München: Bestreiten eines Behandlungskontaktes durch bewerteten Arzt löst immer Prüfpflichten des Bewertungsportalbetreibers aus

OLG München
Urteil vom 06.08.2024
18 U 2631/24


Das OLG München hat entschieden, dass das Bestreiten eines Behandlungskontaktes durch einen bewerteten Arzt immer Prüfpflichten des Bewertungsportalbetreibers auslöst.

Aus den Entscheidungsgründen:
B. Dem Verfügungskläger steht gegen die Verfügungsbeklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der angegriffenen (Text- und Sterne-) Bewertung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu. Die Äußerungen verletzen den Verfügungskläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

1. Den vom Verfügungskläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch hat das Landgericht – was in der Berufungsinstanz ebenfalls von Amts wegen zu prüfen ist – ohne Rechtsfehler gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach deutschem Recht beurteilt; denn der maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Der Verfügungskläger hat sein Bestimmungsrecht in der Antragsschrift (auf S. 16) sogar ausdrücklich ausgeübt. Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung) ist vorliegend nicht anwendbar, da gemäß deren Art. 1 Abs. 2 lit. g außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen sind. Im Übrigen käme aber auch nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung deutsches Recht als das am Erfolgsort geltende Recht zur Anwendung.

2. Der Verfügungskläger kann von der Verfügungsbeklagten gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG die Sperrung der streitgegenständlichen Bewertung verlangen.

a) Zutreffend hat das Landgericht dargelegt, dass die Verfügungsbeklagte insoweit nicht als unmittelbare Störerin bzw. Täterin (siehe dazu BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20 – „Hotelbewertungsportal“, NJW 2022, 3072, 3074, Rn. 23) haftet (LGU, S. 7 f. unter Ziffer 1).

b) Der Verfügungskläger kann die Verfügungsbeklagte jedoch als mittelbare Störerin in Anspruch nehmen. Denn die Beanstandung der Bewertung durch den Verfügungskläger gegenüber der Verfügungsbeklagten hat bei dieser eine Prüfpflicht ausgelöst; sie war daher gehalten, eine Stellungnahme der bewertenden Person einzuholen.

aa) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Die Haftung als mittelbarer Störer darf aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbarer Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.).

Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen – die richtig oder falsch sein kann – konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.).

Zu berücksichtigen ist dabei, dass Bewertungsportale eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllen. Der vom Hostprovider zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb seines Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren. Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des zumutbaren Prüfungsaufwands nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Portals mit Bewertungsmöglichkeit im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen – rechtlich zulässig (vgl. § 19 Abs. 2 TTDSG [bzw. seit 14.05.2024: § 19 TDDDG]) – anonym oder unter einem Pseudonym abgegeben werden können. Die Möglichkeit, Bewertungen verdeckt abgeben zu können, erschwert es dem Betroffenen zudem erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

bb) Nach diesen Maßgaben trifft die Verfügungsbeklagte hier eine Verantwortlichkeit als mittelbare Störerin.

(1) Die vom Verfügungskläger bei der Verfügungsbeklagten beanstandete Bewertung betraf die Rezension des Verfügungsklägers als Arzt. Die Bewertende machte u.a. geltend, der Verfügungskläger habe sie zweimal an der Nase operiert, die Operationsergebnisse seien aber jeweils alles andere als zufriedenstellend gewesen. Es liegt auf der Hand, dass der Durchschnittsleser bei dieser Sachlage davon ausgeht, die Bewertende habe sich als Patientin beim Verfügungskläger in ärztlicher Behandlung befunden. Dies war auch für die Verfügungsbeklagte ersichtlich, zumal diese in ihren Richtlinien selbst ausdrücklich u.a. darauf hinweist, dass Beiträge „auf tatsächlichen Erfahrungen und Informationen basieren“ müssen (Anlage AS 2). Als „verbotene und eingeschränkt zulässige Inhalte“ benennt die Verfügungsbeklagte u.a. solche, „die nicht auf realen Erlebnissen basieren“ (Anlage AS 3).

Der Einwand der Verfügungsbeklagten, anders als bei einem reinen Hotelbewertungsportal könne man bei ihrem Dienst z.B. auch Parks, Gebäude oder Naturschauspiele bewerten, bei denen es nicht Voraussetzung sei, dass der Bewertende eine – zumal vertragliche – Beziehung zum bewerteten Ort oder der bewerteten Unternehmung habe, sondern maßgeblich sei allein „eine tatsächliche, wie auch immer geartete Erfahrung des Bewerteten“ greift daher zu kurz. Lediglich der Vollständigkeit halber darf angemerkt werden, dass – sollte die Bewerterin sich nicht – wie in der Rezension explizit behauptet – zweimal vom Verfügungskläger operieren lassen haben, insoweit nicht nur keine vertragliche Beziehung oder zumindest ein Behandlungskontakt vorläge, sondern noch nicht einmal eine betreffende „Erfahrung“. Der Verfügungsbeklagten ist zuzugeben, dass Besonderheiten wohl z.B. in einer Sachverhaltskonstellation gelten könnten, in der ein Rezensent in einer Bewertung moniert, ein Regenbogen, den er im Wartezimmer der Praxis des Verfügungsklägers sitzend aus dem Fenster blickend betrachtet habe, habe nur unschön blasse Farben gehabt. Da insoweit nach dem Verständnis des Durchschnittslesers ersichtlich kein Behandlungsverhältnis behauptet wird, sondern der Bewertende ebenso gut etwa auch eine im Wartezimmer des Verfügungsklägers tätige Reinigungskraft sein könnte, wäre ggf. näher zu prüfen, ob die Prüfpflicht der Verfügungsbeklagten auch eine Stellungnahme des Rezensenten zum klägerseits bestrittenen Behandlungsverhältnis beinhalten müsste. Dies hat mit dem hier einschlägigen – ersichtlich anders liegenden – Fall indes nichts gemein.

Der Verfügungskläger hat bei der Verfügungsbeklagten beanstandet, er bestreite, „dass der Verfasser der Bewertung eine irgend geartete tatsächliche Erfahrung“ mit seiner Arztpraxis gemacht habe. Auf der Grundlage dieser Behauptung, der angegriffenen Bewertung liege kein Patientenkontakt zugrunde – die richtig oder falsch sein kann (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 28) –, war ein Rechtsverstoß für die Verfügungsbeklagte hinreichend unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – zu bejahen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.). Der (unter Bezugnahme auf OLG Köln, Urteil vom 01.09.2015 – 15 U 27/15, BeckRS 2015, 134477 [Anlage AG 4] erhobene) Einwand der Verfügungsbeklagten, die Durchführung eines Stellungnahmeverfahrens habe von ihr nicht verlangt werden können, weil sie selbst bereits auf der Grundlage der klägerischen Beanstandung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung habe verneinen können, verfängt daher nicht. Vielmehr wusste und weiß die Verfügungsbeklagte im hier zu entscheidenden Fall nicht, ob die Bewerterin überhaupt den behaupteten Behandlungskontakt zum Verfügungskläger hatte; sie konnte und kann daher auch nicht ausschließen, dass dies nicht der Fall war und deshalb eine Verletzung des klägerischen Persönlichkeitsrechts vorliegt.

(2) Zu weitergehenden Angaben als der, dass die Bewertende nicht seine Patientin war, war der Verfügungskläger – anders als die Verfügungsbeklagte meint – auch angesichts der in der angegriffenen Bewertungen enthaltenen weiteren Angaben zu der Person der Bewerterin sowie den (angeblichen) Operationen des Verfügungsklägers, denen diese sich unterzogen habe und den betreffenden Folgen nicht verpflichtet. Auf die Frage, ob der Verfügungskläger aufgrund der in der angegriffenen Bewertung enthaltenen Ausführungen zu weiteren Angaben überhaupt in der Lage war, um den Kreis der in Betracht kommenden Patientinnen einzugrenzen, kommt es nicht an (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 39 m.w.N.).

In einer früheren Entscheidung betreffend die Bewertung eines dort klagenden (Zahn-) Arztes durch einen Dritten auf einem von der dortigen Beklagten als Hostproviderin betriebenen Ärztbewertungsportal hatte der Bundesgerichtshof zwar noch wie folgt formuliert: „Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zu Grunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen, dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage“ (BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15 – „Ärztebewertungsportal III“, NJW 2016, 2106, 2108, Rn. 26). Inzwischen hat der Bundesgerichtshof aber ausdrücklich klargestellt, dass ein bewerteter Betreiber eines Ferienparks grundsätzlich schon mit der Rüge, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, Prüfpflichten des Bewertungsportals auslöse. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist der Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthält und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20 – „Hotelbewertungsportal“, NJW 2022, 3072, 3075, Rn. 37).

Dem Landgericht ist zuzugeben, dass es in dem der letztgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt nicht um die Bewertung eines Arztes, sondern um diejenige eines Ferienparkbetreibers ging. Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof nicht judiziert, nur bei Ferienparkbetreibern sei keine nähere Begründung der Behauptung eines fehlenden Gästekontakts geboten, wohingegen es bei bewerteten (Zahn-) Ärzten davon abweichend bei die konkrete Behandlung beschreibenden Bewertungen geboten sei, dass der Bewertete der Beklagten gegenüber konkretere Darlegungen zu seiner Behauptung tätige, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde. So hat der Bundesgerichtshof mit seiner „Hotelbewertungsportal“-Entscheidung seine einen (Zahn-) Arzt betreffenden Ausführungen in der „Ärztebewertungsportal-Entscheidung III“ ausdrücklich „klargestellt“ (siehe BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20 – „Hotelbewertungsportal“, NJW 2022, 3072, 3075, Rn. 37); schon hieraus ergibt sich, dass diese „Klarstellung“ eben nicht nur für Hotelbewertungen, sondern sogar explizit auch für Ärztebewertungen Geltung beansprucht. Der Senat versteht mithin nicht nur den Bundesgerichtshof so, dass insoweit kein Unterschied zwischen der Bewertung von Ärzten und Ferienparkbetreibern/Hoteliers besteht (so wohl auch OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 – 7 W 11/24, GRUR-RS 2024, 1814, Rn. 9 ff.; LG Hamburg, Urteil vom 12.01.2018 – 324 O 63/17, BeckRS 2018, 726, Rn. 24; Frey in Gerecke: Handbuch Social-Media-Recht, 1. Aufl., Kap. 2, Rn. 83 m.w.N.; BeckOGK/T. Hermann, 01.03.2024, § 823 BGB, Rn. 1650; Bauermeister, NJW 2022, 3072, 3076), sondern hält es auch selbst nicht für geboten, insoweit unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Das Landgericht hat zwar zutreffend erläutert, dass es für einen Hotelbetreiber oftmals schwerer sein dürfte, anhand einer Bewertung zu erkennen, ob und ggf. um welchen Gast es sich bei dem Bewerter gehandelt hat, als es für einen plastischen Chirurgen wie den Kläger ist, anhand der Bewertung festzustellen, ob die Bewertende seine Patientin war oder nicht. Allgemeingültige und halbwegs konkrete und abgrenzbare Fallgruppen lassen sich nach diesen Kriterien aber nicht bilden. So gibt es etwa auch größere Arztpraxen oder Krankenhäuser, bei denen eine vergleichbare „Anonymität“ wie in einem Hotel besteht. Andererseits gibt es auch familiäre Pensionen mit nur zwei Gastzimmern, deren Betreiber ihre wenigen Stammgäste sogar besser kennen, als der durchschnittliche Arzt seine Patienten (gegen einen abweichenden Beurteilungsmaßstab in Bezug auf ein dort verfahrensgegenständliches Arbeitgeber-Bewertungsportal auch OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 – 7 W 11/24, GRUR-RS 2024, 1814, Rn. 13 f.). Im vorliegenden Verfahren sind jedenfalls keine Umstände dargetan oder ersichtlich, angesichts derer der Verfügungskläger nach den betreffenden Maßgaben des Bundesgerichtshofs – denen der Senat sich anschließt – noch detaillierter als geschehen der Verfügungsbeklagten gegenüber hätte untermauern müssen, worauf er seine Rüge eines fehlenden Behandlungskontakts stützt.

Hinzu kommt, dass die gemäß der Rechtsprechung für ein Bewertungsportal / einen Hostprovider einschlägigen Prüfpflichten auch hinreichend konkret, verständlich und handhabbar sein müssen. Eine allzu „verästelte“ Entwicklung von Ausnahmefallgruppen brächte – auf beiden Seiten – für die betroffenen Akteure auch keine sachgerechte Entlastung. In der Gesamtschau führt die Bejahung einer Prüfpflicht der Verfügungsbeklagten – in deren Rahmen sie auch gehalten gewesen wäre, die Beanstandung an die Bewerterin zur Stellungnahme weiterzuleiten (vgl. BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20, NJW 2022, 3072, 3075, Rn. 31) – vorliegend auch bei Berücksichtigung der von der Rechtsordnung gebilligten und gesellschaftlich erwünschten Funktion von Bewertungsportalen nicht dazu, dass diese – rein reaktive – Pflicht und der damit verbundene von der Verfügungsbeklagten zu erbringende Prüfungsaufwand ihren Geschäftsbetrieb wirtschaftlich gefährden oder unverhältnismäßig erschweren würde (vgl. dazu BGH, a.a.O., Rn. 30). Denn die klaren Kriterien unterliegende und mit nur relativ geringem Durchführungsaufwand verbundene Prüfpflicht stellt sich angesichts des nicht unerheblichen Gewichts der klägerseits angezeigten Rechtsverletzung nicht als überzogen dar.

cc) Somit war die Rüge des Verfügungsklägers, der Bewertung liege kein Behandlungskontakt zu Grunde, hinreichend konkret, um eine Prüfpflicht der Verfügungsbeklagten inklusive der Weiterleitung der Beanstandung des Verfügungsklägers an die Bewerterin zur Stellungnahme auszulösen.

dd) Es ist auch kein Ausnahmefall gegeben, in dem es einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedurft hätte, weil sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt (vgl. dazu BGH, a.a.O., Rn. 30). Diese Fallgruppe ist also nicht bereits dann einschlägig, wenn dem Verfügungskläger die Möglichkeit offenstünde, einen etwaigen Behandlungskontakt durch Prüfung einer Vielzahl von Patientenakten und/oder Abrechnungsunterlagen zu ermitteln. Vielmehr müsste die Patienteneigenschaft der Bewertenden sich dem Verfügungskläger „ohne Weiteres aus der Bewertung“ – also ohne längere Prüfung sowie ohne – über die Lektüre der Bewertung hinausgehende – zusätzliche Rechercheanstrengungen – erschließen. Dies ist vorliegend indes weder dargetan noch ersichtlich:

Der Verfügungskläger hat u.a. insbesondere auch „ausdrücklich und wörtlich bestritten, dass es sich bei dem Verfasser / der Verfasserin um einen Patienten des [Verfügungsklägers] oder um eine Person handelt, die eine eigene Erfahrung mit der Praxis gemacht hat“ (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 08.07.2024, S. 1 = Bl. 50 LG-Akte); hierzu hat er auch eidesstattliche Versicherungen (Anlagen AS 4 und AS 11) vorgelegt.

Der Senat hat den Verfügungskläger im Termin am 06.08.2024 ergänzend auch noch informatorisch angehört. Der Verfügungskläger hat schlüssig und im Einklang mit seinen eidesstattlichen Versicherungen (Anlagen AS 4 und AS 11) im Einzelnen erläutert, dass und warum er anhand der Bewertung nicht erkennen könne, dass es sich bei der Bewertenden um eine seiner Patientinnen gehandelt hätte und gegebenenfalls um welche. Er führe seit über 20 Jahren nur Nasenoperationen durch; im Schnitt etwa fünf bis sechs pro Woche sowie ca. 300 im Jahr. Die Behandlung ziehe sich im Regelfall über Jahre. Das Risiko einer Revisionsoperation liege bei etwa 20%. Die Bewertung passe – auch wenn man sich insoweit auf die „hard facts“ beschränke – auf keine seiner Patientinnen. Dies betreffe nicht nur Unfallpatientinnen, sondern gelte für seinen gesamten Patientenstamm. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (auf Seiten 2/3) Bezug genommen.

Auf Grundlage der schlüssigen und trotz Detailreichtums widerspruchsfreien Angaben des Klägers, hinsichtlich dessen Glaubwürdigkeit der Senat keinen Anlass für Zweifel hat, ist der Senat in der Gesamtschau mit dessen eidesstattlichen Versicherungen davon überzeugt, dass es diesem auf Grundlage der Bewertung nicht möglich ist, ohne Weiteres auf die Identität des Bewertenden zu schließen.

ee) Die Grenze des Rechtsmissbrauchs (vgl. dazu BGH, a.a.O., Rn. 37) ist vorliegend ebenfalls nicht überschritten.

(1) Dies könnte etwa angenommen werden, wenn – anders als im hiesigen Verfahren – davon auszugehen wäre, dass der Verfügungskläger in Wahrheit weiß, dass die Bewerterin eine seiner Patienten war. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) wäre es dem Verfügungskläger bei dieser Sachlage verwehrt, gegen die Verfügungsbeklagte den streitgegenständlichen Anspruch geltend zu machen (siehe dazu OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.09.2022 – 5 U 117/21, GRUR 2023, 91, 93 f., Rn. 25).

Zwar muss der Verfügungskläger seine Behauptung, der Bewertung liege kein Behandlungskontakt zu Grunde, darlegen und beweisen (bzw. im Verfügungsverfahren glaubhaft machen). Dies andererseits aber grundsätzlich eben erst auf Grundlage der ihm von der Verfügungsbeklagten nach Aufforderung der Bewerterin zur Stellungnahme übermittelten Informationen. In Fällen, in denen indes schon vor Einholung der Stellungnahme der Bewerterin feststeht, dass der Verfügungskläger wahrheitswidrig behauptet, es hätte keinen Behandlungskontakt gegeben, kann dem Anspruch beklagtenseits schon auf dieser Ebene der Einwand der Treuwidrigkeit entgegengehalten werden. Zum Bestehen eines Behandlungskontaktes hat das Landgericht im angegriffenen Urteil keine Feststellungen getroffen.

Zuzugeben ist der Verfügungsbeklagten zwar, dass der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers sich ausweislich des Internetauftritts seiner Kanzlei darauf spezialisiert hat, bundesweit Google-Bewertungen löschen zu lassen. Hierbei wirbt er insbesondere auch damit, man könne sogar rechtmäßige Bewertungen löschen lassen, indem man den Portalbetreiber durch eine Beanstandung bzw. Beschwerde veranlasse, ein Prüfverfahren einzuleiten, wenn sich in dessen Rahmen herausstelle, „dass die Bewertung nicht rechtens war“. Der Senat verkennt nicht diesbezüglich denkbare Missbrauchsgefahren bezüglich der Rechtsprechung zum Prüfverfahren. Dies kann aber gleichwohl keinen Generalverdacht rechtfertigen und schon gar nicht erbringt dies den Nachweis, dass der Verfügungskläger nicht nur aus Prozesstaktik, sondern überdies auch noch wahrheitswidrig behaupten würde, der Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.

Zur Frage eines etwaigen Behandlungskontakts hat der Senat den Verfügungskläger deshalb im Termin am 06.08.2024 ebenfalls informatorisch angehört. Der Verfügungskläger hat dargelegt, dass und warum er davon ausgehe, dass die Bewertung nicht von einer Patientin stamme. Der Ton in der „Branche“ sei „rauher“ geworden. Nicht nur Kollegen, sondern auch der Berufsverband warne bereits vor kursierenden Falschbewertungen. Er habe im betreffenden Zeitraum keine Patientin gehabt, auf welche die Bewertung passe. Dies gelte auch, wenn man etwaige „Übertreibungen“ in der Bewertung „ausklammere“. Es passe auch schlicht nicht zusammen, dass man eine Patientin, deren Nase gebrochen gewesen sei und die präoperativ über Atemschwierigkeiten geklagt habe, operiere und die Nase dann postoperativ größer sei. Größer werde die Nase vielmehr nur, wenn man dies absichtlich durch den Eingriff herbeiführe. Gegebenenfalls plane er dies mittels Computersimulation im Beisein der Patientin. Es gebe zwar einzelne Details aus der Bewertung, die bei Patientinnen tatsächlich vorkämen; in der in der Bewertung geschilderten Kombination sei ein solcher Fall, wie er in der Bewertung geschildert werde, aber bei keiner seiner Patientinnen passiert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auch diesbezüglich auf das Sitzungsprotokoll (auf Seiten 2/3) Bezug genommen.

Insoweit überzeugten die Angaben des Verfügungsklägers den Senat ebenfalls. Auch auf kritische Nachfragen zu Einzelheiten seines Sachvortrags und seiner beiden eidesstattlichen Versicherungen blieb der Verfügungskläger keine schlüssige Erklärung schuldig, sondern konnte durchweg überzeugend erläutern, dass und warum er davon ausgehe, dass es sich nicht um die Bewertung einer tatsächlich von ihm behandelten Patientin handeln könne.

Wenn man unterstellt, die Bewerterin wäre tatsächlich beim Verfügungskläger in Behandlung gewesen und hätte sich von diesem zweifach an der Nase operieren lassen, müsste der Verfügungskläger sie aus Sicht des Senats zwar wohl grundsätzlich identifizieren können. So äußert sich die Bewertung recht detailliert zu den seitens der Rezensentin prä- und postoperativ beklagten Beschwerden sowie zum Behandlungsablauf. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass der Verfügungskläger die Patientin in Wahrheit kennt. Denn in den Blick genommen werden muss die Tatsache, dass nach dem Sach- und Streitstand gar nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Bewerterin überhaupt beim Verfügungskläger in Behandlung war. Vielmehr kann die gesamte Bewertung z.B. von einem Konkurrenten stammen bzw. beauftragt worden sein und jeglicher Tatsachengrundlage entbehren. Es steht also gerade nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Bewertung tatsächlich von einer Patientin stammt, die beim Verfügungskläger in Behandlung war und die er anhand der detaillierten Angaben zu einem angeblichen Behandlungsverlauf tatsächlich erkennen könnte. In der Gesamtschau kann zur Überzeugung des Senats daher nicht davon ausgegangen werden, dem Verfügungskläger wäre bekannt, dass die Bewerterin tatsächlich Patientin bei ihm war und dass er wahrheitswidrig das Gegenteil behauptet, um in diesem Verfahren zu obsiegen.

(2) Von Rechtsmissbrauch wäre ferner auszugehen, wenn sich die Geltendmachung des verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruchs als treuwidrig (§ 242 BGB) bzw. als Verstoß gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB) darstellen würde.

Die Argumentation der Verfügungsbeklagten, die angegriffene Bewertung sei bereits derart detailreich, dass von der seitens des Verfügungsklägers begehrten, von der Verfügungsbeklagten bei der Bewerterin zu erholenden Stellungnahme ohnehin keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten wären, greift indes in zweierlei Hinsicht zu kurz.

Erstens könnte selbst dann nicht ohne Weiteres vom Fehlen eines schutzwürdigen Eigeninteresses des Verfügungsklägers an der Durchsetzung des verfahrensgegenständlichen Anspruchs ausgegangen werden, wenn man zu Gunsten der Verfügungsbeklagten unterstellen wollte, dass eine von dieser bei der Bewerterin angefragte Stellungnahme zur Beanstandung des Verfügungsklägers keine über die angegriffene Bewertung hinausgehenden Erkenntnisse bringen würde. Denn der Verfügungskläger macht mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht etwa einen betreffenden Auskunftsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte geltend. Vielmehr nimmt er die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung der Verbreitung der Bewertung in Anspruch. Die die Verfügungsbeklagte diesbezüglich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung treffenden Prüfpflichten und das Erfordernis, insoweit die Bewerterin zur Stellungnahme aufzufordern (siehe dazu BGH, 2110, Rn. 42 f.), ist lediglich ein prozeduraler „Zwischenschritt“ im Rahmen der die Verfügungsbeklagte treffenden sekundären Darlegungslast (siehe dazu BGH, 2110, Rn. 42 ff.). Auf Grundlage der ihm übermittelten – ggf. hinreichend anonymisierten – Stellungnahme hätte es dem Verfügungskläger dann im Weiteren ggf. oblegen, den fehlenden Behandlungskontakt zu beweisen. Hinsichtlich der Durchsetzung des verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruchs kann dem Verfügungskläger indes ein schutzwürdiges Eigeninteresse nicht abgesprochen werden.

Zweitens ist auch nicht etwa dargetan oder ersichtlich, dass eine etwaig eingeholte Stellungnahme der Bewerterin für den Verfügungskläger keinen über die Bewertung hinausgehenden Erkenntnisgewinn gebracht hätte. Vielmehr ist diese Frage gänzlich offen. Es steht noch nicht einmal fest, ob die anonym verfasste Bewertung tatsächlich von einer Patientin des Verfügungsklägers stammt oder etwa von einem Konkurrenten, der diesen lediglich schädigen will. Außerdem ist es möglich, dass die Erstellerin der Rezension trotz Aufforderung der Verfügungsbeklagten gar keine Stellungnahme abgegeben hätte, so dass die Verfügungsbeklagte die Bewertung schon deshalb hätte sperren müssen. Ferner hätte es passieren können, dass die Bewerterin Rechnungen (vgl. dazu Bauermeister, NJW 2022, 3072, 3076) oder Behandlungsunterlagen vorgelegt hätte, die – dem Verfügungskläger in anonymisierter Fassung zur Verfügung gestellt – diesem die Beweisführung eines fehlenden Behandlungskontakts ermöglicht hätten. In den Blick zu nehmen ist überdies, dass die Rezension zwar umfangreich ist, aber in vielen Punkten aus Wertungen / Meinungen besteht, die nicht „objektiv richtig oder falsch sind“; selbst, wenn es sich tatsächlich um Formulierungen einer Patientin des Verfügungsklägers handeln sollte, lassen weite Teile der Bewertung für den Verfügungskläger daher potentiell selbst dann keine belastbare Zuordnung zu konkreten Behandlungsvorgängen zu, falls diese tatsächlich stattgefunden haben sollten.

Umstände, die es rechtfertigen würden, dem Verfügungskläger wegen Treuwidrigkeit bereits in der „Vorstufe der Prüfungspflichten“ der Verfügungsbeklagten die Möglichkeit abzuschneiden, im Wege der Einholung einer Stellungnahme der Bewerterin die Frage des Vorliegens eines klägerseits bestrittenen Behandlungskontakts zu hinterfragen, sind hier mithin weder dargetan noch ersichtlich.

ff) Somit hat die Rüge des Verfügungsklägers bei der Verfügungsbeklagten einer Prüfpflicht ausgelöst. Dieser ist die Verfügungsbeklagte unstreitig nicht nachgekommen; vielmehr hat sie jede Nachfrage bei ihrer Nutzerin verweigert. Daher ist davon auszugehen, dass der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde liegt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 40). Bei diesem Sach- und Streitstand stellen sich etwaige in der Bewertung enthaltene Tatsachenbehauptungen als unwahr dar; soweit es Meinungsäußerungen / Werturteile betrifft, entbehren diese jeglicher Tatsachengrundlage. Die Bewertung verletzt daher das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers (vgl. dazu BGH, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.; siehe auch BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15 – Ärztebewertungsportal III, NJW 2016, 2106, 2108, Rn. 36 m.w.N.). Die Verfügungsbeklagte als mittelbare Störerin, die ihre Prüfungspflicht verletzt hat, ist verpflichtet, derartige Störungen künftig zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20, NJW 2022, 3072, 3075, Rn. 27 m.w.N.), so dass der Verfügungskläger verlangen kann, dass sie die Bewertung sperrt.

3. Die für einen Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr wird aufgrund der von der Verfügungsbeklagten mit der Veröffentlichung der Bewertung begangenen Persönlichkeitsrechtsverletzung vermutet. Die Verfügungsbeklagte hat diese Vermutung nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt.

4. Ob der Verfügungskläger den Unterlassungsanspruch – wie von ihm geltend gemacht – überdies auch auf eine Verletzung seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stützen kann, kann dahinstehen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Traunstein: Buchungsportal haftet für per Inline-Link eingebettete Inhalte - 3-Sterne-Werbung eines Hotels ohne DEHOGA-Klassifizierung

LG Traunstein
Urteil vom 30.03.2023
1 HK O 2790/22


Das LG Traunstein hat entschieden, dass ein Buchungsportal für per Inline-Link eingebettete Inhalte haftet. Vorliegend ging es um eine wettbewerbswidrige Irreführung mit der 3-Sterne-Werbung eines Hotels ohne DEHOGA-Klassifizierung.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässsige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte den tenorierten Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3 I, 5 I, 3 III UWG iVm. Anhang Nr. 2 sowie den geltend gemachten Aufwendungsersatz in Höhe von 374,50 € (§ 13 III UWG).

I. Der Kläger kann Unterlassung der Drei – Sterne – Bewertung von der Beklagten verlangen.

Nach § 8 I UWG kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des Erstverstoßes vermutet.

1. Der Kläger ist aktiv legitimiert. Die Aktivlegitimation ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Als eingetragener Verein ist der Verfügungskläger ein rechtsfähiger Verband; auch ist er die Liste gemäß § 8b Abs. 1 UWG eingetragen. Er dient ferner der Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen. Denn zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört die Förderung der gewerblichen Interessen u.a. durch Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ggf. im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege.

2. Die Drei–Sterne–Werbung für das Hotel I. auf der Internetseite der Beklagten ist irreführend und verstößt gegen §§ 3 I, 5, 3 III UWG iVm. Anhang Nr. 2.

Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises irrige Vorstellungen hervorzurufen und die zu treffende Markterschließung in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise zu beeinflussen. Dabei richtet sich die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, U. v. 5.11.2015 – I ZR 182/14 – Durchgestrichener Preis II).

Vorliegend wird der Adressat der Werbung in der Verwendung der drei waagrecht angeordneten fünfzackigen Sterne neben der Geschäftsbezeichnung eines Hotels auf dem Portal der Beklagten die Behauptung sehen, dass diesen Sternen eine offizielle Klassifizierung einer neutralen Klassifizierungsstelle zu Grunde liegt. Da die Kammermitglieder selbst zu dem angesprochenen Adressatenkreis gehören, können sie die maßgebliche Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde beurteilen. Danach geht der Verkehr bei der Sternebewertung von Hotels wie bei einer Verwendung von Güte- und Qualitätszeichen davon aus, dass die Güte anhand objektiver Merkmale in Erfüllung von Mindestanforderungen bestimmt wird und dass dies durch eine neutrale unabhängige und außerhalb des gewerblichen Gewinns stehende Stelle überprüft und gewährleistet wird (Link, in: Ullmann, juris PK UWG, 3. Aufl., § 5 UWG Rdnr. 375). Entscheidend für den Verbraucher ist, dass die Sterneklassifizierung von einer neutralen unabhängigen Stelle nach objektiver Prüfung des Hotels und seiner Ausstattung erfolgt.

Das vorgenannte Hotel wird im Internetauftritt der Beklagten mit drei fünfzackigen Sternen beworben. Klickt man auf die Sternesymbole erscheint zudem der Hinweis „DEHOGA Klassifizierung“. Dies suggeriert dem Kunden, dass es sich um ein offiziell von der DEHOGA klassifiziertes Hotel handelt, dass folglich eine Drei – Sterne – Klassifizierung nach der DEHOGA, d.h. eine Einordnung in eine bestimmte Komfort Kategorie erfolgt ist.

Unstreitig existiert für das Hotel I. tatsächlich jedoch keine aktuell gültige (Drei – Sterne –) Klassifizierung nach Maßgabe der DEHOGA. Damit liegt eine Irreführung des Verkehrs zu Wettbewerbszwecken vor. Die Werbung ist unlauter.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Beklagte auch Schuldnerin des Unterlassungsanspruches nach § 8 I UWG. Denn sie hat auf ihrer eigenen Internetseite vorliegend ein eigenes (Pauschal-) Angebot, nämlich das Angebot „A.“, angeboten und stellt nicht lediglich eine Plattform zur Verfügung, auf der Drittanbieter (deren) Angebote einstellen können; sie ist folglich selbst Täterin durch die Veröffentlichung eigener unlauterer Inhalte (a). Jedenfalls hat sie sich jedoch fremde Inhalte einer anderen Internetseite, nämlich des Buchungssystems T. zu eigen gemacht und muss auch deshalb für den Wettbewerbsverstoß einstehen (b).

a) Die Beklagte ist vorliegend selbst Täterin des wettbewerbswidrigen Verhaltens, weil sie das Produkt „Pauschale A.“ als ihr eigenes eigenständiges Produkt unlauter auf dem Markt auf ihrer Internetseite angeboten hat; es handelt sich soweit um eigene Inhalte.

Schuldner der in § 8 I UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer hieran beteiligt. Hier hat die Beklagte den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung durch das Erstellen und Bewerben eines eigenen Angebots selbst verwirklicht.

Für unzulässige Internet-Werbung haftet zunächst – auch ohne Privilegierung nach den § 7 ff TMG – der Inhaber der Domain, u.u. auch derjenige der im Impressum genannt ist (Gloy/Loscheider/Dackwerts Wettbewerbsrecht, § 79 Rnr. 148). Hier handelt es sich bei der Internetseite www.h. unstreitig um die Internetseite der Beklagte; auch ist sie im Impressum als Verantwortliche genannt.

Die Beklagte war es auch, die das streitgegenständliche Angebot, das in dieser Form als Pauschale (mit Vergünstigungen) nur sie so anbietet, erstellt und in ihren eigenen Internetauftritt hineingeschrieben hat. Wie der Geschäftsführer in seiner informatorischen Anhörung ebenfalls eingeräumt hat, ist sie auch der Reiseveranstalter und der Rechnungssteller des Pauschalangebots. Damit haftet sie auch für ihr Angebot. Dass sie hierin die Angaben der Anbieter der einzelnen Komponenten, aus denen sich ihr eigenes Angebot zusammensetzt, teilweise übernommen hat, bzw. dass es teilweise nicht die „Waren der Beklagten“ sind, ändert hieran nichts. Erstellt sie ein eigenes selbstständiges Angebot, ist sie die Anbieterin und hierfür auch komplett verantwortlich. Sie ist dann auch verpflichtet, die einzelnen Komponenten zu prüfen, bevor sie sie in ihr eigenes Angebot übernimmt, jedenfalls dann wenn sie nicht ausdrücklich in ihrem Angebot klarstellt, dass das Angebot nicht komplett von ihr stammt bzw. dass bestimmte Bestandteile – und diese muss sie genau bezeichnen, hier also die Hotelübernachtung – lediglich von anderen Anbietern übernommen und in ihr eigenes Angebot integriert worden sind. Hierauf hat die Beklagte vorliegend aber nicht hingewiesen, wie ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung ausführte. Vielmehr merke der Kunde nicht, dass er bei der Hotelsuche auf einer anderen Plattform unterwegs ist.

b) Selbst wenn man, weil nicht alle Komponenten des Angebots von der Beklagten stammen und sie nicht auf alle Bestandteile ihres Pauschalangebotes tatsächlich Einfluss hat, nicht von einem ausschließlich eigenen Inhalt der Beklagten ausgeht, für den sie komplett verantwortlich ist (s.o. unter a)), hat die Beklagte sich durch die (Inline-) Verlinkung auf das Hotelbuchungssysten T. des I. fremde Inhalte anderer Internetseiten jedenfalls zu eigen gemacht und ist auch aus diesem Grund Schuldnerin des Unterlassungsanspruchs nach § 8 I UWG.

Entgegen der Meinung der Beklagten entfällt die Verantwortlichkeit der Beklagten für die streitgegenständliche Drei – Sterne – Hotelbewertung nicht deshalb, weil die Beklagte als Diensteanbieterin nach den §§ 8 bis 10 TMG für fremde Inhalte nur eingeschränkt haftet. Ein Haftungsprivileg nach den §§ 8 – 10 TMG kommt der Beklagten nicht zu Gute. Denn zum einen handelt es sich nicht um fremde, sondern um jedenfalls zu eigen gemachte Inhalte und zum anderen sind die §§ 7 – 10 TMG nicht auf das Setzen von Links, die zu fremden Inhalten führen, anwendbar, auch nicht entsprechend. Es gelten vielmehr insoweit die allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechtes: Wer sich fremde Informationen zu eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Links verweist, haftet dafür mithin wie für eigene Informationen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8 Rnr 2.27a; BGHZ 206, 103 Rn. 12 = GRUR 2016, 209 – Haftung für Hyperlink).

Die Beklagte kann sich daher nicht erfolgreich darauf berufen, dass sie sich der Internetseite des I. und dessen Hotelbuchungssystems T., bedient, dessen Daten wiederum von der B. in eigener Zuständigkeit und Verantwortung geprüft werden, und dass sie nicht für deren Inhalte haftet. Denn die Verlinkung auf das Suchportal des I. wird nach außen nirgends ersichtlich (s.o.). Die Inhalte erscheinen für den Marktteilnehmer bzw. Internetnutzer als eigene Informationen der Beklagten. Der Kunde merkt nicht, dass er bei der Hotelsuche auf einer anderen Plattform unterwegs ist. Die Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen zu einem Hotel als Teil ihres Pauschalangebotes erspart, indem sie den Nutzern ihrer Internetseite auf die Internetseite T. weiterleitete. Der Link dient dabei der Vervollständigung des eigenen Angebots des Beklagten und ist so in ihre eigene Internetseite eingebettet, dass er für den normalen Durchschnittsnutzer als eigene Information der Beklagten erscheint. Die Beklagte macht sich somit nach den Gesamtumständen Angebote Dritter, nämlich des I. im Wege des Inline-Linking zu eigen. Damit haftet sie aber auch selbst für die verlinkten Inhalte wie für eigene (Gloy/Loscheder/Dankwerts, Wettberbsrecht, § 79 Rnr. 150; MüKo, UWG, § 8 Rnr. 330). Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn die Beklagte die Verlinkung auf das nicht von ihr betriebene Buchungssystem offengelegt hätte, wie das Betreiber anderer Internetseiten durchaus praktizieren (z.B. verweisen Kinobetreiber beim Angebot von Filmtrailern teilweise ausdrücklich darauf, dass nun auf externe Inhalte weitergeleitet wird). Dadurch hätte sie klargestellt, dass es sich um fremde Inhalte handelt und sie sich diese nicht zu eigen machen will.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es daher auf eine mögliche Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, die nur zur Haftung führt, wenn derjenige, der fremde Inhalte auf seiner Internetseite präsentiert, zumutbare Prüfpflichten bezüglich dieser fremder Inhalte, die erst ab Kenntniserlangung des Wettbewerbsverstoßes entstehen, verletzt hat, nicht an. Gleiches gilt für die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten durch den Betreiber eines Online-Marktplatzes. Denn nach den Gesamtumständen handelt es sich nicht um fremde, sondern um jedenfalls sich zu eigen gemachte Inhalte der Beklagten (s.o.). Zudem ist die Beklagte kein Betreiber eines Online-Marktplatzes bei dem Drittanbieter ihre Angebote einstellen können.

d) Einer Haftung der Beklagten steht schließlich auch nicht entgegen, dass sie im Impressum ihrer Internetseite allgemein erklärt, nach § 7 TMG nur für eigene Inhalte verantwortlich zu sein und nicht verpflichtet zu sein, gespeicherte oder fremde Inhalte zu überwachen. Denn wie oben dargelegt handelte es sich nicht um fremde, sondern um eigene Inhalte der Beklagten.

Auch ist der allgemeine Hinweis im Impressum der Beklagten, dass das Angebot Links zu externen Webseiten enthält, auf deren Inhalt kein Einfluss besteht und für die keine Gewähr übernommen wird, so nicht ausreichend, um eine Haftung auszuschließen. Da durch eine solch allgemeine Klausel unklar bleibt, bei welchen Inhalten der Internetseite es sich um eigene und bei welchen es sich um verlinkte fremde Inhalte handelt, und hierauf auch keinerlei Hinweise/Einschränkungen auf der Internetseite zu finden sind, ist für den Nutzer nicht zu erkennen, für welche Inhalte die Beklagte nun ihre Haftung einschränken will und für welche nicht. Durch solche intransparenten salvatorischen Klausel kann der Diensteanbieter eine Haftung nicht ausschließen, wenn er sich nach den Gesamtumständen die fremden Informationen zu eigen macht (BGH NJW 2015, 3443). Nach den obigen Ausführungen hat sich die Beklagte nach den Gesamtumständen die fremden Inhalte jedoch gerade zu eigen gemacht.

II. Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Abmahnkosten nach § 13 III UWG in Höhe von 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 29.12.2022.

1. Die Abmahnung war begründet. Die Höhe der Kosten folgt aus der Rechtsprechung zu der anerkannten Pauschale für den Anspruch des Klägers auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten (Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 13 Rnr. 132 mit weiteren Nachweisen). Insoweit wurden die Kosten auf 350,00 € zuzüglich 7% MwSt, mithin 374,50 € geschätzt (§ 287 ZPO).


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BGH: Schon bloße Rüge eines Bewerteten gegenüber Bewertungsportal dass Bewertung kein Kundenkontakt zugrunde liegt löst Prüfpflichten des Bewertungsportals

BGH
Urteil vom 09.08.2022
VI ZR 1244/20
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823


Der BGH hat entschieden, dass schon die bloße Rüge eines Bewerteten gegenüber einem Bewertungsportal, dass der Bewertung kein Kundenkontakt zugrunde liegt, Prüfpflichten des Bewertungsportals auslöst.

Leitsatz des BGH:
Bei einem Bewertungsportal (hier: Hotelbewertungsportal) reicht die Rüge des Bewerteten, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist der Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthält und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorliegen (Klarstellung zu Senatsurteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 26). Denn der Bewertete kann diese Angaben regelmäßig nicht überprüfen und damit den behaupteten Gästekontakt nicht sicher feststellen. Einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedarf es nur, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Im Übrigen gilt die Grenze des Rechtsmissbrauchs.

BGH, Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20 - OLG Köln - LG Köln

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OLG Stuttgart: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung eines Hotels mit 4 Sternen nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist

OLG Stuttgart
Urteil vom 29.07.202
2 U 163/20


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG vorliegt, wenn ein Hotel auch nach Beendigung des Klassifizierungsvertrages mit DEHOGA und Ablauf der Aufbrauchfrist mit 4 Sternen wirbt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG Berlin: Google darf deutsche Hotels in Google Local Listings auf Suchergebnisseite nicht mit "x-Sterne-Hotel" bewerben wenn keine DEHOGA-Bewertung vorliegt

LG Berlin
Anerkenntnisurteil vom 08.07.2020
101 O 3/19


Das LG Berlin hat gegen die Google LLC, Mountain View ein Anerkenntnisurteil erlassen, wonach der Suchmaschinenbetreibe es zu unterlassen hat, deutsche Hotels in den Google Local Listings auf der Suchergebnisseite mit "x-Sterne-Hotel" bewerben, wenn keine entsprechend zertifizierte DEHOGA-Bewertung vorliegt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Die Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier:

LG München: Verkauf von Fake-Bewertungen denen keine tatsächliche Inanspruchnahme der bewerteten Angebote zugrunde liegt ist wettbewerbswidrig

LG München
Versäumnisurteil vom 14.11.2019
17 HK O 1734/19


Das LG München hat entschieden, dass das Anbieten von Fake-Bewertungen, denen keine tatsächliche Inanspruchnahme der bewerteten Angebote zugrunde liegt,wettbewerbswidrig ist. Geklagt hatte das Buchungsportal Holidaycheck gegen einen Online-Anbieter, der positive Fake-Bewertungen zum Verkauf anbietet.

OLG Celle: Werbung eines Hotels mit Sternen die nicht von einer neutralen Stelle wie DEHOGA erteilt wurden ist wettbewerbswidrige Irreführung

OLG Celle
Urteil vom 30.01.2018
13 U 106/17


Auch das OLG Celle hat wenig überraschend entschieden, dass die Werbung eines Hotels mit Sternen, die nicht von einer neutralen Stelle wie DEHOGA erteilt wurden, eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Berufung ist - mit Ausnahme des inhaltlich zu weitreichend formulierten Unterlassungsgebots (vgl. nachfolgend unter 2.) - begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG sowie ein Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten in Höhe von 267,50 € aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gegenüber der Beklagten zu.

1. Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings die nicht ordnungsgemäße Besetzung der erkennenden Handelskammer, weil mit Frau R.-W. eine ehrenamtliche Richterin mitgewirkt habe, die nach § 109 Abs.1 Nr.3 GVG die Voraussetzungen für die Ernennung nicht erfülle. Danach kann zum ehrenamtlichen Richter ernannt werden, wer als Geschäftsführer einer juristischen Person in das Handelsregister eingetragen ist. Das ist bei Frau R.-W. der Fall. Der mit der Berufungserwiderung vorgelegte Handelsregisterauszug der Landesjustizverwaltungen weist sie spätestens seit dem 23. August 2006 als Geschäftsführerin der Dr. W. Partner GmbH (HRB ….61) aus.

2. Allerdings war das mit dem Klageantrag zu 1) begehrte Unterlassungsgebot zu weitreichend formuliert. Die Werbung der Beklagten mit den drei sternenähnlichen Symbolen wäre nicht mehr zu beanstanden, wenn sie eine entsprechende Klassifizierung nicht von der DEHOGA, sondern von einem neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz nach objektiven Prüfkriterien erhalten hätte (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 15. Juli 2014 - 13 U 76/14, WRP 2014, 1216, juris Rn. 3; offengelassen: OLG Nürnberg, WRP 2016, 428 juris Rn. 30). Deshalb hat der Senat die angegebene Einschränkung „nach Maßgabe der deutschen Hotelklassifizierung” nicht ausgeurteilt.

3. Die Verwendung der reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole stellt keinen Verstoß gegen Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG dar, der Vorrang vor § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG hätte (vgl. Weidert in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., Anh. § 3 Abs. 3 II. Nr. 2 Rn. 4; Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG. §. Aufl. Anh UWG, Nr. 2 Rn. 10).

Unter die eng auszulegende Bestimmung des Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fällt nur der Gebrauch von Zeichen, die aufgrund einer objektiven Prüfung anhand von festgelegten Standards durch eine unabhängige staatliche oder private Stelle im Wege einer Genehmigung vergeben werden (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., Anh. zu § 3 III Nr. 2 Rn. 2.3; Diekmann, in: Ullmann, jurisPk, UWG 4. Aufl., Anh § 3 Abs. 3 (Nr.2) UWG Rn. 2; Lindacher/Anh Nr. 2 in: Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 2. Aufl., Anh. Nr. 2 Rn. 3). Nicht erfasst wird hingegen die Verwendung eines Zeichens, das eine besondere Qualität des fraglichen Unternehmens oder Produktes werbend zum Ausdruck bringt, in dieser Form aber überhaupt nicht vergeben wird, sondern mit dem nur ein entsprechender Anschein erweckt wird (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Rn. 2.4; Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO.: Anh. § 3 Abs. 3 II. Nr. 2 Rn. 2).

4. Ebenso wenig ist in der Anbringung der reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Hotelnamen und dem Familiennamen ein Verstoß gegen Nr. 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zu sehen. Es fehlt dafür am Vorliegen einer objektiv unwahren Tatsache (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Anh. zu § 3 III Nr. 4 Rdnr. 4.3), da es ein entsprechendes Klassifizierungszeichen, wie von der Beklagten genutzt, (bislang) nicht gibt.

5. Die Verwendung der drei sternenähnlichen Zeichen stellt in der beanstandeten Art der Darstellung eine irreführende Werbung i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar.

a) Es handelt sich dabei um eine geschäftliche Handlung der Beklagten, die zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware bzw. Dienstleistung enthält. Die Verwendung der sternenähnlichen Symbole erweckt bei einem erheblichen Teil der Verbraucher den Anschein, dass dem Hotel eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie verliehen ist.

aa) Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 18. September 2013 - I ZR 65/12, GRUR 2014, 494Rn. 14 - Diplomierte Trainerin, m.w.Nachw. und vom 5. November 2015 - I ZR 182/14 WRP 2016, 590 ff. juris Tz. 10 - durchgestrichener Preis II). In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 - Orient-Teppichmuster; vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184Rn. 19 - Branchenbuch Berg und vom 5. November 2015 - I ZR 182/14, aaO. - Durchgestrichener Preis II). Danach ist die Werbung irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteile vom 6. November 2013 - I ZR 104/12; GRUR 2014, 88 Rn. 30 - Vermittlung von Netto-Policen m.w.Nachw.; OLG Karlsruhe, MDR 2017, 104 juris Rn. 6). Das ist vorliegend der Fall.

aaa) Es ist üblich, dass Hotels in durch die Anzahl der Sterne gekennzeichneten Kategorien eingeteilt sind und damit auch nach außen werben, um den Kunden auf diese Weise ihren Qualitäts- und Ausstattungsstandard auf den ersten Blick nahe zu bringen. Die Internetwerbung der Beklagten mit der Darstellung der drei reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Namen des Hotels und dem Familiennamen im Fettdruck und an zentraler Stelle wird von den angesprochenen Verkehrskreisen - also den durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchern, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören - dahingehend verstanden, dass sich dahinter eine „offizielle“ Klassifizierung, d. h. Einordnung des Hotels in eine bestimmte Komfort- und Qualitätskategorie, verbirgt (vgl. nur OLG Schleswig, Urteil vom 18. Mai - 6 U 87/98, juris Rn. 3; LG Koblenz, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 HKO 86/13, juris Rn.20; LG Oldenburg, Urteil vom 29. November 2006 - 5 O 1583/06, juris Rn. 16 für Reisebusse; Diekmann, in: Ullmann, jurisPK UWG, 4. Aufl., § 5 Rn. 357 m.w.Nachw.). Da weder der Hotelname noch die Familienbezeichnung eine anderweitige gedankliche Verbindung mit den verwendeten Zeichen nahelegen, drängt sich dieses Verständnis förmlich auf.

Dass die sternenähnlichen Symbole in einer grünlichen Farbe gehalten sind, bewirkt keine andere Wahrnehmung, weil die gesamte Seite der Beklagten sich in dieser Farbgebung präsentiert. Der Einwand der Beklagten, es handele sich um stilisierte Blüten, ist angesichts der konkreten Formgestaltung fernliegend. Sofern sie vorträgt, die - ihrer Ansicht nach - blütenähnlichen Zeichen entsprächen der grünen Grundfarbe ihres Hauses, der Blütenpracht auf ihrem Anwesen und der Flower-Power-Atmosphäre im Künstlerdorf W., mag das zutreffend, kann aber den eindeutig vorherrschenden Eindruck einer Hotelklassifizierung, den der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher der Darstellung dieser als sternenähnlich wahrgenommenen Symbole beimisst, nicht entkräften. Das hat ursprünglich auch die Beklagte selbst so beurteilt. So stellt sie in ihrer unter dem 06. Februar 2017 verfassten Antwort auf das Abmahnschreiben der Klägerin vom 16. Januar 2017 dar, im Rahmen ihrer Internetseite im vorletzten Absatz der Rubrik „Gesichte und Fotos unseres Hauses“ auf die Bestätigung der drei Sterne durch die DEHOGA in 2005 (gültig bis 2008) hingewiesen zu haben, und führt abschließend dazu aus, „Da wir drei Sterne erhielten und sich an unserem Haus nichts geändert hat, wir ferner in unserer Homepage auf den temporären Charakter der Bewertung hinweisen, sind wir uns keiner Schuld bewusst (…).“

bbb) Die Verwendung der drei reihenförmig angeordneten, sternenähnlichen Symbole zwischen dem Hotelnamen und dem Familiennamen ist irreführend, weil die Beklagte - in Wirklichkeit - zum Zeitpunkt der Werbung vom 9. Januar 2017 und bis April 2017 unstreitig nicht von einer neutralen Stelle mit drei Sternen ausgezeichnet worden war.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass es sich bei dem Hotel tatsächlich um ein Hotel dieser Komfortklasse handele und sie die drei Sterne - wie später auch geschehen - auf entsprechenden Antrag auch erhalten würde, steht dies einer Irreführung nicht entgegen. Eine solche ist bereits dann festzustellen, wenn mit einem Qualitätskennzeichen geworben wird, ohne dass dieses von einer unabhängigen Stelle vergeben worden ist. Ohne Bedeutung für die Irreführung ist daher, ob die erforderliche „Genehmigung“ hätte erteilt werden müssen, ob ein Rechtsanspruch auf die Erteilung besteht und ob die Dienstleistung die mit dem Zeichen verbürgte Qualität aufweist (OLG Schleswig, aaO. Rn. 3; Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO., Anh. § 3 Abs. 23 II. Nr. 2 Rn. 12; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, aaO., Nr. 2 Anh. zu § 3 III Rn. 2.7; vgl. auch Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zu Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 2 BT-Drucks. 16/10145 S. 31). Deshalb ist es für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Werbung im Januar 2017 unerheblich, dass die DEHOGA das Hotel der Beklagten ab April 2017 (wieder) mit drei Sternen klassifizierte.

Ohne Erfolg macht die Beklagte ferner geltend, sie habe die Irreführungsgefahr über eine Klassifizierung als „Drei-Sterne-Hotel“ dadurch beseitigt, das sie auf ihrer Homepage in der Unterrubrik „Geschichte und Fotos unseres Hauses“ angegeben habe:

„Besonders stolz sind wir jedoch darauf, dass die … DEHOGA anlässlich der Hotelbewertung (2005 gültig bis 2008), bei der unsere beantragten „drei Sterne“ mit großem Erfolg bestätigt wurden, fragte, warum wir nicht gleich einen Antrag auf „vier Sterne“ gestellt hätten.“

So bleibt schon der konkrete Bezug dieser Aussage für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Werbung mit den sternenähnlichen Symbolen zwischen dem Hotel- und dem Familiennamen unklar. Unabhängig davon vermag dieser Hinweis nicht eine Irreführung durch die Verwendung der sternenähnlichen Zeichen zwischen dem Namen des Hotels und dem Familiennamen eingangs ihrer Internetseite zu entkräften. Erforderlich dafür wäre, dass der aufklärende Hinweis leicht erkennbar, ähnlich deutlich und der blinkfangmäßig ins Auge fallenden Werbung klar zuzuordnen herausgestellt wird (BGHZ 139, 368, 373 juris Rn. 27 - Handy für 0,0 DM; 151, 84, 90 juris Rn. 27 - Koppelungsangebot; BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 14/07, GRUR 2009, 1180 Rn. 29 - 0,00 Grundgebühr). Das ist hier allein schon deshalb ausgeschlossen, weil sich die gerügte Darstellung oben und hervorgehoben auf der ersten Seite der Homepage der Beklagten befindet, während der Hinweis nicht auf derselben Seite, sondern erst versteckt auf einer von über zehn Unterrubriken erfolgt.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch die nach § 5 UWG erforderliche wettbewerbliche Relevanz der Irreführung für den Kaufentschluss gegeben. Die irreführende Werbung ist geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des Senates gehören, die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. hierzu: BGH, Urteile vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888Rn. 18 - Thermoroll; vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053Rn. 19 - Marktführer Sport). Die Klassifizierung ist - wie bereits unter ausgeführt aa) aaa) - im Bereich des Hotelgewerbes ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel. Wenn die angesprochenen Verkehrskreise wüssten, dass die Sterne angegeben wurden, ohne das die damit allgemein verbundene Überprüfung durch eine neutrale Stelle vorgenommen worden war, so wäre das Angebot der Beklagten weniger attraktiv gewesen. Die Werbewirksamkeit der Sterneklassifizierung besteht gerade darin, dass - jedenfalls in der Vorstellung der Verbraucher - eine Überprüfung durch eine neutrale Stelle vorausgegangen ist. Nach der Verkehrsauffassung rechtfertigt eine höhere Anzahl an Sternen einen höheren Preis bzw. lässt einen angebotenen niedrigeren Preis als besondere Gelegenheit erscheinen (Senat, aaO, Rn. 13).

b) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass die DEHOGA das Hotel der Beklagten im April 2017 erneut mit drei Sternen klassifiziert hat. Die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (BGH, Urteil vom 16. Januar 1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. - Jubiläumsverkauf, m.w.Nachw. und Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, juris Rn - TCM-Zentrum). Der bloße Wegfall der Störung genügt zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, aaO., § 8 Rn. 1.49). Dasselbe gilt für eine tatsächliche Veränderung der Verhältnisse, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt wird; sie entfällt nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichartiger Umstände nicht zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 - I ZR 167/85, GRUR 1988, 38 f., juris Rn.9 - Leichenaufbewahrung). So liegt der Fall hier, da die von der DEHOGA verliehene Klassifizierung nur bis 2020 Gültigkeit hat und die Beklagte schon in der Vergangenheit von der Absolvierung eines erneuten Klassifizierungsverfahrens - nach Ablauf ihrer in 2005 verliehenen drei Sterne - abgesehen hat.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Hotelbetreiber und Hotelbewertungsportal sind Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG - Hotel muss falsche Tatsachenbehauptungen in Bewertung konkret wiederlegen

OLG Hamburg
Urteil vom 30.06.2016
5 U 58/13


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass Hotelbetreiber und Hotelbewertungsportal Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind, so dass ggf. auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Entfernung unberechtigter negativer Bewertungen wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 UWG bestehen können. Ein Bewertungsportal haftet regelmäßig erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung. Dabei muss der Betroffene falsche Tatsachenbehauptungen in einer Bewertung konkret wiederlegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Parteien sind auch Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, BGHZ 168, 314 Tz. 14 - Kontaktanzeigen; BGH GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE, m.w.N.; BGH GRUR 2014, 1114 - nickelfrei). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2014, 1114 Tz. 32 - nickelfrei). Hiernach ist vorliegend von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis auszugehen. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Hotels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 20- Hotelbewertungsportal).

[...]

Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht feststellen. Auf Grundlage der E-Mail der Klägerin vom 7.5.2012 ließ sich aus Sicht der Beklagten die Unwahrheit der von der Nutzerin „...“ aufgestellten Behauptungen nicht unschwer erkennen. Wie bereits ausgeführt, war der Inhalt der E-Mail unter Berücksichtigung des Nutzerbeitrags vielmehr erläuterungsbedürftig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Nutzerin nach erhobener Beschwerde ein anderes Zimmer zugeteilt worden war. Aus Sicht des Beklagten blieb nach Lektüre der E-Mail deshalb unklar, ob die Kritikpunkte hinsichtlich eines der Zimmer möglicherweise doch berechtigt waren. Von der Klägerin war gerade auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Hausleiter offenbar noch eine gute Erinnerung an die Reisegruppe hatte, zu welcher die Nutzerin „...“ gehörte, zu erwarten, dass sie hinreichend konkret auf die einzelnen Vorhaltungen erwidert. Denn hierzu war sie nach den besonderen Umständen in diesem Fall in der Lage. Der Inhalt der E-Mail vom 7.5.2012 ermöglichte der Beklagten nicht, eine konkrete Nachfrage an die Nutzerin „...“ zu richten und diese unter Überreichung einer abweichenden Darstellung der Sachlage zu einer Stellungnahme aufzufordern und einen Prüfprozess einzuleiten. Die noch am selben Tag nach Erhalt der E-Mail gehaltene, erfolglos gebliebene Nachfrage der Beklagten war somit nachvollziehbar und plausibel. Die Beklagte war zu einer sofortigen Löschung des Beitrags der Nutzerin „...“ nach Erhalt der E-Mail vom 7.5.2012 nach allem somit nicht verpflichtet. Denn die in der E-Mail vom 7.5.2012 behauptete Rechtsverletzung war nicht offenkundig, sondern bedurfte hinsichtlich ihres Vorliegens einer eingehenden tatsächlichen Überprüfung.

Die Beklagte hat mithin keine spezifischen Prüfungs- und Überwachungspflichten verletzt und damit keine unwahren Tatsachen gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet.

ee. Auch aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten folgt keine Haftung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 42 - Hotelbewertungsportal m.w.N.). Wie ausgeführt, fehlt es an dem erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH-Entscheidung zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für Bewertungen der Nutzer liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 19.03.2015
I ZR 94/13
Hotelbewertungsportal
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3, §§ 3, 4 Nr. 8, § 8 Abs. 3 Nr. 1; TMG § 2 Nr. 1, §§ 7 bis 10


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Hotelbewertungsportal haftet für unwahre Tatsachenbehauptung eines Nutzers erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem Anbieter eines Online-Reisebüros, das mit einem Hotelbewertungsportal
verknüpft ist, besteht im Hinblick auf den Betrieb des Hotelbewertungsportals ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Zwischen der vorteilhaften Wirkung des Hotelbewertungsportals für die Attraktivität des Online-Reisebüros und dem Absatznachteil, der einem Hotelbetreiber aus einer im Bewertungsportal verzeichneten negativen Hotelbewertung zu erwachsen droht, besteht eine für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses hinreichende
Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann.

b) Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals macht sich erkennbar von Dritten in das Portal eingestellte Äußerungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG als Tatsachenbehauptung zu Eigen, wenn er die Äußerungen nicht inhaltlich-redaktionell aufbereitet oder ihren Wahrheitsgehalt überprüft, sondern die Anwendung eines automatischen Wortfilters sowie ggf. eine anschließende manuelle Durchsicht lediglich dem Zweck dienen, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßende Einträge (etwa Formalbeleidigungen oder von Hotelbetreibern abgegebene Eigenbewertungen) von der Veröffentlichung auszuschlie-
ßen. Eine inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung stellt es mangels inhaltlicher Einflussnahme nicht dar, wenn die von Nutzern vergebenen "Noten" durch die Angabe von Durchschnittswerten oder einer "Weiterempfehlungsrate" statistisch ausgewertet werden.

c) Durch die Aufnahme von Äußerungen Dritter in ein Hotelbewertungsportal werden fremde Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG "verbreitet", sofern der Betreiber des Portals seine neutrale Stellung nicht aufgibt und spezifische Prüfungspflichten nicht verletzt. Der Betreiber verlässt seine neutrale Stellung nicht, wenn er Nutzerangaben statistisch auswertet oder einen Wortfilter sowie ggf. eine manuelle Nachkontrolle einsetzt, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen sicherzustellen. Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber einer Internet-Bewertungsplattform erst, wenn er - nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist - die betroffene Angabe nicht unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch zukünftig unterbleibt.

BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Kammergericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Hotelbewertungsportal haftet für unwahre Tatsachenbehauptung eines Nutzers erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung

BGH
Urteil vom 19.03.2015
I ZR 94/13
Hotelbewertungsportal


Der BGH hat entschieden, dass der Betreiber eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers in einer Bewertung erst haftet, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt und dennoch untätig bleibt. Eine Vorabprüfung und gesteigerte Prüfungspflichten sind - so der BGH - dem Betreiber eines Bewertungsportals nicht zuzumuten, da es sich nicht um ein "hochgradig gefährliches" Geschäftsmodell handelt.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines
Nutzers

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG oder § 3 Abs. 1 UWG auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen" erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin.

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene "Behauptung" der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht "verbreitet". Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG, der - wie die Beklagte - eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Hotelbewertungsportal

LG Berlin - Urteil vom 16. Februar 2012 - 52 O 159/11

Kammergericht - Urteil vom 16. April 2013 - 5 U 63/12

Karlsruhe, den 19. März 2015

§ 4 Nr. 8 UWG

Unlauter handelt insbesondere, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer (...) Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, soweit die Tatsachen nicht erweislich wahr sind. ...

§ 3 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 2 TMG

Im Sinne dieses Gesetzes

1. ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt; …



§ 7 TMG



(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. (...)

§ 10 TMG

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben. … "

LG Berlin: Irreführende Werbung mit Hotel-Sternen, wenn diese nicht der DEHOGA-Sterneklassifizierung entsprechen

LG Berlin
Beschlüsse vom 22.08.2013
15 O 404/13
15 O 395/13
52 O 231/13


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn Hotelbetreiber mit Sternen werben und diese nicht der DEHOGA-Sterneklassifizierung entsprechen.




OLG Stuttgart: Negative Hotelbewertung mit Begriff "Hühnerstall" ist keine unzulässige Schmähkritik, sondern eine zulässige Meinungsäußerung

OLG Stuttgart
Urteil vom 11.09.2013
4 U 88/13


Das OLG Stuttgart musste sich in dieser Entscheidung mit einer Hotel-Bewertung befassen. Das Gericht kommt zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Bezeichnung eines Hotels als "Hühnerstall" im Rahmen einer Hotelbewertung keine unzulässige Schmähkritik sondern zulässige Meinungsäußerung ist.

OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden

OLG Hamburg
Urteil vom 18.01.2012
5 U 51/11.
Anonyme Hotelbewertung


Das OLG Hamburg hat völlig zu Recht entschieden, dass Bewertungsportale im Internet rechtlich nicht zu beanstanden sind, auch wenn dort anonyme Bewertungen möglich sind. Im vorliegenden Fall wollte ein Hotelbetreiber generell verhindern, dass das Hotel in einem Hotel-Bewertungsportal bewertet werden kann.

Aus der Pressemitteilung des OLG Hamburg:

"Der zuständige 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat entschieden, die Abwägung der Interessen der Klägerin gegen jene der Beklagten, der Nutzer des Bewertungsportals sowie der an Hotelbewertungsportalen interessierten Öffentlichkeit ergebe, dass der Klägerin der geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Die Klägerin sei unzutreffenden und für ihren Hotelbetrieb abträglichen Bewertungen nicht schutzlos ausgeliefert, da sie deren Löschung verlangen und dies ggf. auch gerichtlich durchsetzen könne. Das von der Klägerin begehrte allgemeine Bewertungsverbot führe jedoch dazu, dass das von der Rechtsordnung anerkannte Betreiben einer Hotelbewertungsplattform unmöglich gemacht werden könnte. Das liege nicht im Interesse der Allgemeinheit, die ein schutzwürdiges Interesse an Information auch durch derartige Bewertungsportale besitze. An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändere sich nichts dadurch, dass die Beklagte eine im Wesentlichen anonyme Bewertung zulasse. Denn auch anonym abgegebene Meinungsäußerungen stünden unter dem Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit."

Damit sind rechtliche Schritte gegen unangemessene und unwahre Bewertungen nicht ausgeschlossen. Werden unwahre Tatsachen verbreitet, geschieht die Bewertung allein mit Schädigungsabsicht (z.B. durch einen Mitbewerber) oder werden die Grenzen zur Schmähkritik überschritten, so besteht im Einzelfall ein Anspruch auf Löschung der konkreten Bewertung.

Die vollständige Pressemitteilung des OLG Hamburg finden Sie hier:



"OLG Hamburg: Anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen im Internet sind rechtlich nicht zu beanstanden" vollständig lesen

LG Hamburg: Reisebuchungs- und Bewertungsportal haftet für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer

LG Hamburg
Urteil
37 O 607/10


Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Reisebuchungs- und Bewertungsportal für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer haftet.

Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg:

"Das Gericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und es der Beklagten verboten, mehrere der von der Klägerin angegriffenen Nutzerkommentare zu verbreiten. Die Beklagte betreibe das Bewertungsportal als Teil ihres gewerblichen Online-Reisebüros. Buchungsgeschäft und Bewertungsportal seien derart engmaschig verbunden, dass eine klare Trennung in zwei verschiedene Geschäftsbereiche nicht möglich sei. Im Vordergrund stehe für die Beklagte bei dem Meinungsportal nicht das uneigennützige Motiv, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern die Attraktivität ihres gewerblichen Online-Angebots zu steigern. Daran sei nichts verwerflich, jedoch würden andere Maßstäbe gelten als für die Betreiber rein informativer und nicht gewerblichen Zwecken dienender Bewertungs- und Meinungsäußerungsportale. Wer als Mitbewerber einen anderen Mitbewerber herabsetze, werde strenger beurteilt, als derjenige, der nicht gewerblich tätig sei. Wer als Mitwettbewerber herabsetzende Tatsachen über einen anderen Wettbewerber verbreite, müsse diese auch beweisen können. Dies sei der Beklagten nur zum Teil gelungen."

Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier:

"LG Hamburg: Reisebuchungs- und Bewertungsportal haftet für rechtswidrige negative Bewertungen seiner Nutzer" vollständig lesen

LG Berlin: Erkauftes Beliebtheitsranking in einem Hotel-Buchungsportal ist eine Täuschung der Nutzer und damit wettbewerbswidrig

LG Berlin
Beschluss vom 25.08.2011
16 O 418/11
Erkauftes Ranking


Das LG Berlin hat einem Hotel-Buchungsportal untersagt, den gelisteten Hotels zu ermöglichen, ihr Beliebtheitsranking durch Zahlung zusätzlicher Provisionen zu steigern. Der Nutzer hatte dabei nicht die Möglichkeit zu erkennen, dass es sich ggf. um erkaufte Rankings handelt.

Aus der Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale:

"Im deutschsprachigen Buchungsportal listet [...].com Hotels in der Standardeinstellung unter dem Titel „Beliebtheit“ auf. Gleichzeitig bietet [...].com in den dortigen Geschäftsbedingungen Hotelbetrieben die Möglichkeit, die Reihenfolge der Auflistung durch Zahlung einer höheren Provision an [...].com positiv zu beeinflussen.
[...]
Mit dem Beschluss folgte das LG Berlin der Auffassung der Wettbewerbszentrale, die in dieser Praxis eine grobe Täuschung des Publikums sah.
[...]
Bei diesem insoweit „erkauften“ Ranking erleiden ferner die Hotelbetriebe gravierende Wettbewerbsnachteile, die zwar in der Bewertung durch Kunden besser abschneiden, sich aber der Zahlung höherer Provisionen verweigern. "


Richtigerweise müsste das Portal derartig erkaufte Einträge deutlich als "Werbung" oder "Anzeige" kennzeichnen.

Die vollständige Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier: