OLG Frankfurt
Hinweisbeschluss vom 05.07.2022 17 U 116/21
Das OLG Frankfurt hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass bei eine kosmetischen Behandlung in Form einer Augenbrauenpigmentierung ein gewisser künstlerischer Gestaltungsspielraum besteht und bei Geschmacksabweichungen kein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld besteht.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Kein Mangel bei Geschmacksabweichungen über eine Augenbrauenpigmentierung
Eine Augenbrauenpigmentierung betrifft neben der reinen handwerklichen Leistung auch künstlerische Aspekte. Der Besteller hat deshalb grundsätzlich einen künstlerischen Gestaltungsspielraum des Unternehmers hinzunehmen, so dass Geschmacksabweichungen keinen Mangel begründen. Dies ist nur anders, wenn konkrete Vorgaben im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung gemacht wurden. Da derartige Vorgaben nicht feststellbar waren, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung den mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüchen auf Schmerzensgeld und Ersatz der Kosten einer Korrekturbehandlung keinen Erfolg beigemessen.
Der Kläger unterzog sich einer kosmetischen Behandlung seiner Augenbrauen in einem Kosmetikstudio der Beklagten in Wiesbaden. Er bestätigte mit seiner Unterschrift unter anderem, dass vor der Pigmentierung das Permanent Make-up vorgezeichnet und mittels Spiegel gezeigt worden sei. Gleiches gelte für das ungefähre Farbendergebnis. Der Kläger unterzeichnete zudem einen als „Abnahme“ bezeichneten Passus, wonach er das Permanent Make-up genauestens überprüft und nach der Behandlung als einwandfrei und ordnungsgemäß beurteilt habe.
Für die Behandlung zahlte er 280 €. Einen Tag später beschwerte er sich über die zu dunkle Farbe; weitere drei Tage später verlangte er das Honorar wegen eines nicht zufriedenstellenden Behandlungsergebnisses zurück. Drei Monate später unterzog er sich einer korrigierenden Laserbehandlung an den Augenbrauen. Diese kostete 289 €.
Der Kläger verlangt nunmehr Schmerzensgeld i.H.v. 3.500 € sowie Erstattung der Kosten der Korrekturbehandlung. Er behauptet, es sei ein so genanntes Micro-Blading vereinbart worden, bei welchem die Linien der Härchen der Augenbrauen eingeschnitten und mit Farbpigmenten in die Haut eingearbeitet würden. Die vorgenommene Pigmentierung der Beklagten entstelle ihn dagegen; ihm seien „zwei schwarze Balken“ in Höhe der Augenbrauen tätowiert worden.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Auch das OLG maß der Berufung keinen Erfolg bei. Der Kläger habe weder Anspruch auf Zahlung der Kosten der Laserbehandlung noch auf Entrichtung eines Schmerzensgeldes, führte das OLG im Hinweisbeschluss aus. Der Kläger habe mit der Beklagten ausweislich der Einwilligungserklärung einen Vertrag zur Durchführung eines Permanent-Make-Ups geschlossen, nicht aber für eine Härchenzeichnung mittels Micro-Blading. Ausweislich der Erklärung habe der Kläger sich ausdrücklich mit einem Permanent Make-up einverstanden erklärt. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die danach geschuldete Permanent Make-up-Behandlung fehlerhaft durchgeführt worden sei.
Das Werk der Beklagten sei auch nicht wegen etwaiger optischer Abweichungen mangelhaft. „Da bei einer Augenbrauenpigmentierung neben der reinen handwerklichen Leistung auch künstlerische Aspekte betroffen sind, hat der Besteller grundsätzlich einen künstlerischen Gestaltungsspielraum des Unternehmers hinzunehmen ..., so dass Geschmacksabweichungen nicht geeignet sind, einen Mangel zu begründen“, betont das OLG. Dies wäre nur anders, wenn der Besteller konkrete Vorgaben gemacht hätte. Dies könne hier nicht festgestellt werden. Der Kläger habe - so das OLG - vielmehr nicht bewiesen, „dass die auf den Lichtbildern erkennbare von der Augenbrauenlinie, der Augenform und der Dicke der Augenbrauen abweichende, zum Teil oberhalb derselben liegende, balkenförmig mit Spitzzulauf ausgeführte Tätowierung von der Absprache abweicht, die der Kläger mit der Beklagten zur Gestaltung der Augenbrauen getroffen hat“. Darüber hinaus habe der Kläger durch Unterzeichnung der Abnahmeerklärung das Werk als einwandfreien ordnungsgemäß gebilligt. Soweit der Farbton der Segmentierung als zu dunkel gerügt werde, habe der Kläger nicht dargelegt, welchen konkreten anderen Farbton er ausgewählt habe.
Der Kläger hat auf diesen Hinweisbeschluss in die Berufung zurückgenommen.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 5.7.2022, Az. 17 U 116/21
(vorausgehend Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 13.10.2021, Az. 1 O 24/21)
EuGH
Urteil vom 02.06.2022 C-122/21
Get Fresh Cosmetics gegen Valstybinė vartotojų teisių apsaugos tarnyba
Der EuGH hat entschieden, dass eine Vertriebsverbot für kosmetische Mittel (hier: schäumende Badekugeln), die mit Lebensmitteln verwechselt werden können und bei Verzehr gesundheitsschädlich sind, zulässig ist.
Die Pressemitteilung des EuGH: Schäumende Badekugeln: Die Mitgliedstaaten können den Vertrieb von kosmetischen Mitteln, die wegen ihres Erscheinungsbildes mit Lebensmitteln verwechselt werden und Gefahren für die Gesundheit nach sich ziehen können, unter bestimmten Voraussetzungen einschränken
Das Interesse am Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher kann in bestimmten Fällen dem Recht auf Vermarktung bestimmter kosmetischer Mittel vorgehen GET Fresh Cosmetics Limited vermarktet bestimmte kosmetische Mittel in Litauen über eine Website. Die litauischen Behörden führten eine Kontrolle durch und waren der Ansicht, dass einige dieser Erzeugnisse, nämlich verschiedene Arten von Badekugeln, das Erscheinungsbild von Lebensmitteln hätten, für Verbraucher und
insbesondere Kinder mit der Gefahr einer Vergiftung verbunden seien und die Sicherheit der Verbraucher gefährdeten. Sie ordneten an, dass Get Fresh Cosmetics sie vom Markt nehmen muss.
Das Oberste Verwaltungsgericht von Litauen, das mit dem Rechtsstreit zwischen Get Fresh Cosmetics und den litauischen Behörden in dieser Sache in letzter Instanz befasst ist, ersucht den Gerichtshof um Erläuterungen zur Auslegung der Richtlinie 87/3571 , um zu ermitteln, ob durch objektive und belegte Daten nachgewiesen werden muss, dass es mit Risiken für die Gesundheit oder die Sicherheit verbunden sein kann, wenn Erzeugnisse in den Mund genommen werden, die zwar keine Lebensmittel sind, aber das Erscheinungsbild von Lebensmitteln haben.
Mit seinem Urteil von heute weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Richtlinie 87/357 für Erzeugnisse gilt, deren tatsächliche Beschaffenheit nicht erkennbar ist und die die Sicherheit oder die Gesundheit der Verbraucher gefährden.
Er führt weiter aus, dass diese Richtlinie ihrem Wortlaut nach Erzeugnisse betrifft, die die Sicherheit oder die Gesundheit der Verbraucher gefährden und die zwar keine Lebensmittel sind, aber das Erscheinungsbild von Lebensmitteln haben, und deren Einnahme mit Risiken wie der Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals verbunden ist. Der Gerichtshof betont aber, dass der Wortlaut dieser Bestimmungen keine Vermutung der Gefährlichkeit von Erzeugnissen, die mit Lebensmitteln verwechselt werden können, einführt.
Der Gerichtshof erläutert, dass die Richtlinie 87/357 das Verbot der Vermarktung, der Einfuhr, der Herstellung oder der Ausfuhr bestimmter Erzeugnisse vorsieht, wenn vier kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, die durch Art. 1 dieser Richtlinie vorgeschrieben werden: Erstens muss es sich bei dem Erzeugnis um ein Nicht-Lebensmittel handeln, das die Form, den Geruch, die Farbe, das Aussehen, die Aufmachung, die Etikettierung, das Volumen oder die Größe eines Lebensmittels hat. Zweitens müssen die vorstehend genannten Merkmale so beschaffen sein, dass vorhersehbar ist, dass Verbraucher, insbesondere Kinder, das Erzeugnis mit einem Lebensmittel verwechseln.
Drittens muss vorhersehbar sein, dass Verbraucher das Erzeugnis deshalb zum Mund führen, lutschen oder schlucken. Viertens muss es mit Risiken wie der Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals verbunden sein können, wenn dieses Erzeugnis zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt wird.
Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass die Richtlinie 87/357 keine Bestimmung enthält, die eine Vermutung der
Gefährlichkeit von Erzeugnissen, deren tatsächliche Beschaffenheit nicht erkennbar ist, und insbesondere auch
keine Vermutung darüber einführt, dass es mit solchen Risiken verbunden ist, wenn solche Erzeugnisse zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden, sondern dass der Unionsgesetzgeber in Bezug auf diese letzte Voraussetzung im Gegenteil verlangt, dass diese Risiken im Einzelfall beurteilt werden.
Der Gerichtshof führt sodann aus, dass eine solche Vermutung der Tatsache zuwiderlaufen würde, dass die Richtlinie 87/357 kein Verbot der Vermarktung von Erzeugnissen auferlegt, die mit Lebensmitteln verwechselt werden können, sondern Behinderungen des freien Warenverkehrs beseitigen soll, die sich aus den nationalen Vorschriften über solche Erzeugnisse ergeben, und gleichzeitig den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher sicherstellen soll.
Im Übrigen sind die nationalen Behörden verpflichtet, die objektiven Merkmale der betreffenden Erzeugnisse in jedem Einzelfall zu prüfen, um zu ermitteln, ob die vier durch Art. 1 der Richtlinie 87/357 auferlegten Voraussetzungen erfüllt sind, was den Erlass einer Entscheidung über ein Verbot der Vermarktung dieser Erzeugnisse rechtfertigen würde.
Der Gerichtshof hebt außerdem hervor, dass die nationalen Behörden bei dieser Beurteilung die Verletzlichkeit der spezifischen Personen- und Verbrauchergruppen zu berücksichtigen haben, darunter insbesondere von Kindern. Die Bestimmungen der Richtlinie 87/357 verpflichten die nationalen Behörden jedoch nicht, durch objektive und belegte Daten nachzuweisen, dass Erzeugnisse, die das Erscheinungsbild von Lebensmitteln haben, mit Lebensmitteln verwechselt werden können oder dass die Gefahren für die Gesundheit und die Sicherheit, die diese Verwechslung nach sich ziehen kann, erwiesen sind.
Somit ist der Gerichtshof der Ansicht, dass das Unionsrecht es nicht erlaubt, das Erfordernis festzulegen, die Gewissheit, dass sich solche Gefahren verwirklichen werden, nachzuweisen, da dadurch kein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem freien Warenverkehr und dem Verbraucherschutz gewährleistet würde.
Tenor der Entscheidung:
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 87/357/EWG des Rates vom 25. Juni 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Erzeugnisse, deren tatsächliche Beschaffenheit nicht erkennbar ist und die die Gesundheit oder die Sicherheit der Verbraucher gefährden ist dahin auszulegen, dass es nicht erforderlich ist, durch objektive und belegte Daten nachzuweisen, dass es mit Risiken wie der Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals verbunden sein kann, wenn Erzeugnisse zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden, die zwar keine Lebensmittel sind, bei denen jedoch aufgrund ihrer Form, ihres Geruchs, ihrer Farbe, ihres Aussehens, ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung, ihres Volumens oder ihrer Größe vorhersehbar ist, dass sie von den Verbrauchern, insbesondere von Kindern, mit Lebensmitteln verwechselt werden und deshalb zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden. Die zuständigen nationalen Behörden müssen jedoch im Einzelfall prüfen, ob ein Erzeugnis die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt, und begründen, warum dies der Fall ist.
OLG Nürnberg
Hinweisbeschluss vom 16.02.2022 3 U 3933/21
Das OLG Nürnberg hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass Messeauftritt in Deutschland für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch auch dann genügt, wenn ein Vertrieb in Deutschland nicht geplant geplant ist. Ferner hat das Gericht Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen "Lavera" und "Levrana" im Bereich Naturkosmetik angenommen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klagepartei begehrt Unterlassung, in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Zeichen „Levrana“ Naturkosmetik und / oder flüssige Pflaster zu bewerben und / oder dies durch Dritte tun zu lassen. Die für diesen Anspruch erforderliche Wiederholungsgefahr setzt unter anderem voraus, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Zeichen in der Werbung im Inland verwendete. Eine derartige Verwendung ist vorliegend durch den Messeauftritt zu bejahen.
1. In rechtlicher Hinsicht ist von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:
a) Nach dem Territorialitätsprinzip, das auf Unternehmenskennzeichen anwendbar ist, beschränkt sich der Schutzbereich eines inländischen Kennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Benutzung des Unternehmenskennzeichens ohne jeden Inlandsbezug stellt deshalb keine Verletzung eines inländischen Kennzeichenrechts dar (BGH, Urteil vom 29.07.2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239, Rn. 44 - BTK). Voraussetzung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach § 15 Abs. 4 MarkenG ist somit eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland durch die Beklagte.
b) Für die Feststellung einer Verletzungshandlung kann - auch wenn der Unterlassungsanspruch nicht auf § 14 Abs. 5 MarkenG, sondern auf § 15 Abs. 4 MarkenG gestützt wird - auf die Bestimmungen der § 14 Abs. 3 und Abs. 4 MarkenG zurückgegriffen werden. Daher kann auch in einer Benutzung in der Werbung i.S.v. § 14 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG eine Verletzung eines Unternehmenskennzeichens liegen (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018 - I ZR 201/16, GRUR 2018, 935, Rn. 50 - goFit).
Der Begriff der „Werbung“ als eigenständige markenrechtliche Verletzungsform ist dabei im denkbar weitesten Sinne zu verstehen. Unter ihn fallen alle Formen der Werbung. Inhaltlich genügt jede unmittelbar oder mittelbar absatzfördernde Zielrichtung einschließlich bloß imagepflegender oder aufmerksamkeitserzeugender Maßnahmen, solange die Zuordnung zu der Art nach bestimmbaren Waren/Dienstleistungen noch möglich ist (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 256).
Für die Handlungsform der Benutzung kommt es nicht auf eine bestimmte äußere Form der Verwendungshandlung an. Vielmehr kommt grundsätzlich jede wahrnehmbare Wiedergabe des Zeichens in Betracht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 257).
Maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzungshandlung sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2014 - I ZR 133/13, GRUR 2015, 603., Rn. 19 - Keksstangen).
c) Die Präsentation als Unternehmen und das Ausstellen von schutzrechtsverletzenden Produkten anlässlich einer Fachmesse in Deutschland kann eine in das Unternehmenskennzeichenrecht eingreifende Benutzungshandlung der Bewerbung im Inland begründen.
Stellt ein Unternehmen ein Erzeugnis im Inland auf einer Messe aus, wird zwar noch keine Vermutung für ein Anbieten oder Inverkehrbringen dieses Produkts im Inland begründet. Die Ausstellung stellt jedoch eine Benutzung im Inland im Rahmen einer kommerziellen Tätigkeit dar, sodass eine rechtsverletzende Verwendung in Form der Bewerbung gegeben ist (BGH, Urteil vom 22.04.2010 - I ZR 17/05, GRUR 2010, 1103, Rn. 20 ff. - Pralinenform II; BGH, Urteil vom 21.10.2015 - I ZR 23/14, GRUR 2016, 197, Rn. 46 - Bounty). In der Verwendung eines mit einer geschützten Marke verwechslungsfähigen Zeichens auf dem Stand einer in Deutschland stattfindenden internationalen Fachmesse durch ein ausländisches Unternehmen liegt somit eine Benutzung des beanstandeten Zeichens gegenüber dem auf dieser Messe anwesenden Fachpublikum in der Werbung im Inland (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 12.05.2015 - 6 W 43/15, GRUR 2015, 903, Rn. 11 - Tuppex).
Diese Grundsätze zum Begriff des Benutzens in der Werbung haben durch das Urteil des BGH vom 23.10.2014 (I ZR 133/13, GRUR 2015, 603 - Keksstangen) keine Änderung oder Einschränkung erfahren. Zwar führte der BGH in dieser Entscheidung aus, dass die Ausstellung einer Ware auf einer Messe keine Begehungsgefahr für ein Bewerben des fraglichen Produkts gegenüber dem allgemeinen Publikum begründe (BGH, a.a.O. Rn. 32 - Keksstangen). In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall, der den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach § 4 Nr. 3 UWG betraf, ging es jedoch nur um die Frage, ob die Ausstellung einer Ware auf einer lediglich dem Fachpublikum zugänglichen Messe eine Begehungsgefahr für ein Anbieten der Ware an das allgemeine Publikum im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG hervorruft. Nur dies ist verneint worden. Da es im Rahmen einer Markenrechtsverletzung nicht darauf ankommt, ob die Werbung gegenüber dem Fachverkehr oder dem allgemeinen Publikum erfolgt, hat sich für das Markenrecht insoweit keine Änderung ergeben (OLG Frankfurt a. M., a.a.O., Rn. 12 - Tuppex; Hacker, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 14 Rn. 221), zumal der Bundesgerichtshof auch in dieser Entscheidung bestätigte, dass in dem Ausstellen der Produkte auf einer Messe in Deutschland die Benutzung im Inland im Rahmen der kommerziellen Tätigkeit erfolgte (BGH, a.a.O. Rn. 32 - Keksstangen). Denn anders als für die Tatbestandsmerkmale der vermeidbaren Herkunftstäuschung und der unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung nach § 4 Nr. 3 lit. a bzw. lit. b UWG ist für eine Markenrechtsverletzung auf einer reinen Fachmesse gerade (auch) das Verständnis der Fachkreise relevant (Schmitt, WRP 2017, 26 [28]).
Gleiches gilt für die Entscheidung des BGH vom 23.02.2017 (I ZR 92/16, GRUR 2017, 793 - Mart-Stam-Stuhl). Zwar führte der BGH in diesem Urteil aus, dass in der Präsentation eines Produkts auf einer internationalen Messe nicht ohne Weiteres eine gezielte Werbung für den Erwerb des ausgestellten Erzeugnisses im Inland zu sehen sei. Für international ausgerichtete Fachmessen sei es charakteristisch, dass sich dort Aussteller aus verschiedenen Staaten an in- und ausländische Interessenten wenden. Bei internationalen Messen gehe es mithin gerade auch um die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen Parteien ohne Inlandsbezug (BGH, a.a.O., Rn. 25 - Mart-Stam-Stuhl). In diesem zum Urheberrecht ergangenen Urteil war jedoch die Frage maßgeblich, ob ein Aussteller durch die Präsentation des Produkts auf der Messe das Verbreitungsrecht des Urhebers nach § 17 Abs. 1 UrhG - also das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen - verletzte, weil das bloße Bewerben der Verbreitung von urheberrechtsverletzenden Produkten noch keinen Eingriff in ein Verwertungsrecht des Urhebers darstellt. Für ein somit im Urheberrecht erforderliches Anbieten an die Öffentlichkeit ist - wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausführte - Voraussetzung, dass die ausgestellten Erzeugnisse zum (späteren) Erwerb (im Inland) angeboten und damit verbreitet werden, wofür die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen Parteien auf internationalen Messen ohne Inlandsbezug nicht ausreicht. Dagegen greift der eigenständige, markenrechtliche Verletzungstatbestand der Benutzung in der Werbung (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG) ohne Rücksicht darauf ein, ob das beworbene Geschäft im In- oder Ausland abgeschlossen werden soll (Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 221). Ausreichend ist eine allgemeine absatzfördernde Zielrichtung, auch wenn die Ware ausschließlich außerhalb Deutschlands vertrieben werden soll. Auch durch diese Entscheidung des BGH hat sich somit für das Markenrecht nichts geändert.
2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist im vorliegenden Fall durch den Auftritt der Beklagten auf der Fachmesse für Naturkosmetik in Nürnberg „VIVANESS 2020“ bei Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ein Eingriff in das Unternehmenskennzeichenrecht der Klägerin in Form der Benutzung in der Werbung zu bejahen.
a) Unstreitig produziert und vertreibt die Beklagte unter dem Firmenschlagwort „Levrana“ unter anderem Naturkosmetik. Außerdem ist unstreitig, dass die Beklagte auf der internationalen Fachmesse „VIVANESS 2020“, die vom 12.02.2020 bis 15.02.2020 in Nürnberg stattfand und zu der jeweils die Hälfte der Fachbesucher aus dem In- und Ausland kam, unter ihrem Firmennamen einen Messestand betreiben und dort ihre Produkte unter der Bezeichnung „Levrana“ präsentieren wollte. Schließlich ist unstreitig, dass ein entsprechender Eintrag mit einer Präsentation als Ausstellerin auf der Homepage der genannten Messe in einem auf Deutsch gehaltenen Online-Messekatalog veröffentlicht wurde, in welchem der Firmenname der Beklagten und ihr Logo sowie mit dem Kennzeichen „Levrana“ versehene Produkte - darunter auch Naturkosmetikprodukte - bildlich einsehbar waren.
b) Damit liegt ein Bewerben der Produkte im Inland an die Messebesucher aus dem In- und Ausland - was einen selbständigen kennzeichenrechtlichen Verletzungstatbestand darstellt - vor, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte beabsichtigte, den deutschen Markt zu adressieren, oder ob die präsentierten Produkte in Deutschland verkehrsfähig waren.
In Bezug auf die ausländischen Fachbesucher ist eine Benutzung in der Werbung bereits deshalb zu bejahen, weil der markenrechtliche Verletzungstatbestand des § 14 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG ohne Rücksicht darauf eingreift, ob das beworbene Geschäft im In- oder Ausland abgeschlossen werden soll. Aber auch hinsichtlich der deutschen Fachbesucher erfolgte die Präsentation auf der Messe im Rahmen der kommerziellen Tätigkeit der Beklagten. Da unter Werbung auch imagepflegende oder aufmerksamkeitserzeugende Maßnahmen fallen, kann ein Profitieren der Beklagten durch die Messeteilnahme auch gegenüber der inländischen Besucher nicht verneint werden, weil dadurch - unabhängig davon, ob die mit LEVRANA gekennzeichneten Produkte tatsächlich nach Deutschland geliefert werden oder die Präsentation am Messestand nur auf Russisch und Englisch erfolgte - auch bei diesen Aufmerksamkeit erweckt wurde. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte ihre Produkte zu einem späteren Zeitpunkt in Deutschland auf den Markt bringen wird. Dabei würde sie davon profitieren, dass die Marke LEVRANA bereits in Deutschland bekannt gemacht wurde.
Vor diesem Hintergrund steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch die Tatsache, dass die Produkte der Beklagten nicht nach Deutschland geliefert werden sollten und - weil sie nicht den Anforderungen der EU-Kosmetikverordnung entsprachen - für den deutschen Markt nicht verkehrsfähig waren, nicht entgegen. Gleichermaßen wird ein Benutzen in der Werbung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte an ihrem Messestand den Hinweis anbringen wollte, ihre Produkte nicht dem deutschen Fachpublikum anzubieten und nicht nach Deutschland zu liefern. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Hinweis letztendlich nicht aufgestellt wurde. Sofern sich die Beklagte darauf beruft, dass die einstweilige Verfügung verhindert habe, dass sie auf der Messe einen entsprechenden Hinweis platziert habe, ist darauf hinzuweisen, dass sie auch ohne Verwendung des streitgegenständlichen Kennzeichens LEVRANA auf ihrem Messestand einen entsprechenden Hinweis hätte präsentieren können.
Schließlich steht den geltend gemachten Ansprüchen nicht entgegen, dass die Beklagte aufgrund der von der Klägerin erwirkten einstweiligen Verfügung, die der Beklagten bereits vor Eröffnung der Messe überreicht worden war, bereits im Laufe des ersten Messetags die streitgegenständlichen Kennzeichen unkenntlich machte. Denn eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr besteht auch dann, wenn es nur zu einem kurzzeitigen Markenverstoß gekommen ist. Dabei ist auch die zumindest seit 05.01.2020 bestehende Präsenz der Beklagten im Messekatalog zu berücksichtigen.
3. Da somit nach den Maßstäben des Markenrechts für den eigenständigen Verletzungstatbestand „Benutzung in der Werbung” nach § 14 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG das „bloße“ Ausstellen eines mit der Marke gekennzeichneten Produkts auf einer Fachmesse genügt, um eine Markenrechtsverletzung herbeizuführen, und diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind, kommt es auf die von der Beklagten problematisierte wirtschaftliche Relevanz des Inlandsbezugs oder die Notwendigkeit einer Gesamtabwägung nicht an. Denn es liegt - da es um die Beurteilung des Bewerbens auf einer Messe in Deutschland geht - ein (reiner) Inlands-Sachverhalt vor.
III. Es besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen den Kollisionszeichen „Laverana“ und „Levrana“.
1. Die Beurteilung der Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Nähe der Unternehmensbereiche, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klagepartei und dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen (BGH, Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, Rn. 23 - ConText).
2. Im vorliegenden Fall ist von mindestens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft des Klagezeichens „Laverana“ auszugehen.
a) Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen. Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb - anders als bei der Marke - darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (BGH, Urteil vom 22.03.2012 - I ZR 55/10, GRUR 2012, 635, Rn. 18 - METRO/ROLLER's Metro).
b) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs verfügt das Unternehmensschlagwort „Laverana“ über mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft.
Zum einen weist er für die angesprochenen Verkehrskreise keine beschreibenden Anklänge für die von der Klägerin angebotenen Waren auf. Weder für die Fachkreise noch für den Durchschnittsverbraucher erschließt sich - selbst wenn diese teilweise über Lateinkenntnisse verfügen - ein unmittelbar beschreibender Bedeutungsgehalt des Zeichens „Laverana“ in Bezug auf Naturkosmetik. Denn die Zusammensetzung des Unternehmenskennzeichens aus „la vera Na(turkosmetik)“ für die wahre Naturkosmetik ist für weite Teile des angesprochenen Publikums nicht selbsterklärend und erkennbar.
Zum anderen ist gerichtsbekannt, dass die Klägerin ein Naturkosmetikunternehmen ist, das mit viel Werbeaufwand seit vielen Jahren unter ihrem Unternehmenskennzeichen Körperpflege- und Kosmetikprodukte über Drogerien und einen eigenen Onlineshop vertreibt. Dies führt - zusammen mit den von der Klägerin vorgetragenen und unter Beweis gestellten Auszeichnungen für das klägerische Unternehmen, der Presseberichterstattung über die Klägerin und den von ihr herausgegebenen Pressemeldungen - zu einer Stärkung der Kennzeichnungskraft des Unternehmensschlagworts „Laverana“. Zwar ist der Einwand der Beklagten zutreffend, dass die Klägerin teilweise auch unter dem Namen „Lavera Naturkosmetik“ auftritt; dies führt jedoch nicht zu einer Schwächung des Unternehmenskennzeichens dahingehend, dass es lediglich über unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt.
3. Es besteht Branchenidentität, da beide Kennzeichen (auch) von den Parteien in der Branche der Naturkosmetik verwendet werden.
4. Die erforderliche Zeichenähnlichkeit ist bei den sich gegenstehenden Zeichen „Laverana“ und „Levrana“ ebenfalls gegeben.
a) Auf Beklagtenseite ist das Zeichen „Levrana“ in die Prüfung der Verwechslungsgefahr einzustellen.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit von Unternehmenskennzeichen ist grundsätzlich sowohl bei dem geschützten Zeichen als auch dem Kollisionszeichen auf den Teil des gesamten Zeichens abzustellen, der gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz genießt. Der Grund für diesen selbständigen Schutz besteht in der Neigung des Verkehrs, längere Firmenbezeichnungen auf den (allein) unterscheidungskräftigen Bestandteil zu verkürzen (BGH, Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705, Rn. 28 - ConText), der seiner Art nach geeignet ist, im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen verwendet zu werden; beschreibende Zusätze in den Firmierungen bleiben daher regelmäßig außer Betracht (BGH, Urteil vom 14.02.2008 - I ZR 162/05, GRUR 2008, 803, Rn. 19 - HEITEC). Vor diesem Hintergrund ist bei der Firmierung der Beklagten der Zusatz „OOO“ - der die Rechtsform nach russischem Recht ausdrückt - bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht zu berücksichtigen.
Gleiches gilt für den Zusatz „NATURAL“ im Rahmen der markenmäßigen Verwendung der Zeichen
Zwar sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen grundsätzlich jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt es allerdings nicht aus, einem einzelnen Zeichenbestandteil unter bestimmten Voraussetzungen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen und die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen daher im Falle der Übereinstimmung der Zeichen in ihren sie jeweils prägenden Bestandteilen zu bejahen (vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2008 - I ZR 171/05, GRUR 2008, 1104, Rn. 27 - Haus & Grund II). Im vorliegenden Fall ist die Bezeichnung „levrana“ der prägende Bestandteil des Gesamtzeichens, weil der Teilbestandteil „NATURAL“ durch die deutlich kleinere Schrift und den beschreibenden Charakter für die bezeichnete Naturkosmetik zurücktritt.
b) Zwischen „Laverana“ und „Levrana“ besteht mindestens durchschnittliche Zeichenähnlichkeit.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche aus; es genügt daher, wenn die Zeichen einander entweder im (Schrift-)Bild oder im Klang oder in der Bedeutung ähnlich sind. Allerdings kann eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn zumindest einem der Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt. Dies setzt jedoch einen die Zeichen unterscheidenden, ohne Weiteres erkennbaren konkreten Begriffsinhalt voraus; ein Sinngehalt, der sich erst nach analytischer Betrachtung ergibt, reicht nicht aus (BGH, Urteil vom 02.03.2017 - I ZR 30/16, GRUR 2017, 914, Rn. 27 - Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke).
Im vorliegenden Fall führt das Landgericht zutreffend aus, dass die sich gegenüberstehenden Kennzeichen klanglich sowie schriftbildlich ähnlich sind. Beide Bezeichnungen beginnen mit dem Buchstaben „L“ und enden mit dem Bestandteil „-rana“. Dazwischen finden sich die Buchstaben „ev“ (angegriffene Bezeichnung) bzw. „ave“ (Klagezeichen), so dass sämtliche Buchstaben der angegriffenen Bezeichnung - wenn auch in anderer Reihenfolge - im Unternehmenskennzeichen der Klägerin enthalten sind. In der gesprochenen Form kann der fehlende Vokal zwischen „v“ und „r“ als durch den Aussprechenden „verschluckt“ betrachtet werden. Die übrigen Vokale tauschen allenfalls ihre Reihenfolge. Von geringerem Gewicht ist deshalb, dass sich die angegriffene Bezeichnung aus lediglich drei Silben zusammensetzt, das Klagezeichen jedoch aus vier Silben. Denn auf Grund undeutlicher Erinnerung an eine Bezeichnung fallen übereinstimmende Merkmale stärker ins Gesicht als Unterschiede. Eine begriffliche Bedeutung der angegriffenen Bezeichnung bzw. des Unternehmenskennzeichens ist - wie bereits ausgeführt - für das Publikum nicht ohne weiteres erkennbar.
5. Der Verwechslungsgefahr steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Verletzungshandlung - die Bewerbung auf der Messe in Nürnberg - ausschließlich gegenüber Fachbesuchern erfolgte. Zwar kann von Fachkreisen grundsätzlich ein höherer Aufmerksamkeitsgrad erwartet werden als vom Verbraucher im Allgemeinen (vgl. BGH, Beschluss vom 01.06.2011 - I ZB 52/09, GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY). Doch bei den streitgegenständlichen Naturkosmetikprodukten handelt es sich nicht um Spezialprodukte, sondern um Alltagswaren, die in Drogerie- und Supermärkten zu finden sind und sich damit an den Durchschnittsverbraucher richten. Bei derartigen Produkten wenden auch Fachbesucher einer Messe keine größere Aufmerksamkeit bei der Erfassung der Marken auf.
6. Schließlich ist die Verwechslungsgefahr nicht deshalb zu verneinen, weil sich vorliegend ein Unternehmenskennzeichen und (zumindest teilweise) eine produktkennzeichnende Verwendung gegenüberstehen.
Die Klägerin kann, gestützt auf ihr Unternehmenskennzeichen, der Beklagten die Benutzung in der Werbung sowohl im Zusammenhang mit der Verwendung der angegriffenen Kennzeichnung „Levrana“ als Marke auf den Produkten als auch zur Bezeichunung ihres Unternehmens untersagen. Denn der Schutz des Unternehmenskennzeichens erstreckt sich auf jede kennzeichenmäßige Verwendung der Bezeichnung und erfasst daher nicht nur eine firmenmäßige, sondern auch eine markenmäßige Benutzung (BGH, Urt. v. 21.10.2015 - I ZR 173/14, GRUR 2016, 201, Rn. 65 - Ecosoil). Die Rechtsprechung, wonach ein rein firmenmäßiger Gebrauch keine markenmäßige Benutzung darstellen kann, ist auf den umgekehrten Fall nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 14.04. 2011 - I ZR 41/08, GRUR 2011, 623, Rn. 44 - Peek & Cloppenburg II).
Auch soweit die Beklagte das Zeichen „Levrana“ produktbezogen verwendete, ist Verwechslungsgefahr gegeben. Zwar kann eine Verwechslungsgefahr unter Umständen ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn durch besondere Umstände ausgeschlossen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der verwendeten Form der Geschäftsbezeichnung (auch) einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung sehen (BGH GRUR 2012, 635 Rn. 38 - METRO/ROLLER’s Metro). Diese Ausnahme ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da die Beklagte sowohl unter dem Firmenschlagwort „Levrana“ als auch unter Verwendung des im prägenden Teil identischen Zeichens „LEVRANA NATURAL“ Naturkosmetikprodukte produziert und vertreibt.
Der EuGH hat entschieden, dass die Angabe des Verwendungszwecks auf Verpackung oder Behälter von Kosmetik klar über Anwendung und Verwendungsweise informieren muss.
Die Pressemitteilung des EuGH:
Die Angabe des „Verwendungszwecks“ eines kosmetischen Mittels, die auf dessen Behältnis und Verpackung anzubringen ist, muss den Verbraucher klar über die Anwendung und die Verwendungsweise des Mittels informieren
Die Angaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch des kosmetischen Mittels, zu seinem Verwendungszweck und zu seinen Bestandteilen können nicht in einem Firmenkatalog vermerkt werden, auf den das Symbol einer Hand mit einem aufgeschlagenen Buch, das auf der Verpackung oder dem Behältnis angebracht ist, verweist A. M., die u. a. Inhaberin eines Schönheitssalons in Polen ist, kaufte 2016 Cremes, Masken und Puder eines amerikanischen Herstellers bei E. M., die diese kosmetischen Mittel vertreibt. Auf der Verpackung der Mittel befanden sich der Name des verantwortlichen Unternehmens, der Originalname des kosmetischen Mittels, seine Zusammensetzung, sein Verfallsdatum und seine Seriennummer sowie folgendes Symbol einer Hand mit einem aufgeschlagenen Buch, das auf einen Katalog verwies, der alle Informationen in polnischer Sprache enthielt:
A. M. löste den Kaufvertrag über die kosmetischen Mittel auf und machte geltend, dass auf der Verpackung keine Informationen in polnischer Sprache über den Verwendungszweck des Mittels vorhanden seien, so dass es nicht möglich sei, es zu identifizieren und seine Wirkung zu erkennen, und dass diese Elemente nicht klar aus der Aufmachung hervorgingen. Sie trug weiter vor, dass sich die Angaben in polnischer Sprache, die das polnische Recht vorschreibe und die sich aus dem Unionsrecht ergäben, nur im Katalog befänden, der nicht mit dem kosmetischen Mittel verbunden sei.
Nachdem ihre Klage auf Erstattung der Kosten für den Kauf der kosmetischen Mittel abgewiesen worden war, legte A. M. Berufung beim Sąd Okręgowy w Warszawie XXIII Wydział Gospodarczy Odwoławczy (Bezirksgericht Warschau, 23. Abteilung für Berufungen in Wirtschaftssachen, Polen) ein. Dieses Gericht hat den Gerichtshof um Auslegung der Verordnung der Union über kosmetische Mittel ersucht.
Mit seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass mit dieser Verordnung die Rechtsvorschriften über kosmetische Mittel in der Union umfassend harmonisiert werden sollen, um zu einem Binnenmarkt für kosmetische Mittel zu gelangen und zugleich ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten.
Er stellt insoweit fest, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Sicherheit der auf den Markt gebrachten kosmetischen Mittel und den Anforderungen an ihre Aufmachung und Kennzeichnung besteht. Daher kann sich die Anforderung, auf den Behältnissen und Verpackungen kosmetischer Mittel unverwischbare, leicht lesbare und deutlich sichtbare Angaben zum Verwendungszweck des kosmetischen Mittels anzubringen, nicht auf eine Verpflichtung beschränken, über die mit dem
Gebrauch des kosmetischen Mittels verfolgten Zwecke, d. h. zu reinigen, zu parfümieren, das Aussehen zu verändern, einen der in dieser Vorschrift aufgeführten Teile des menschlichen Körpers zu schützen oder in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen, zu informieren. Zwar ist es anhand dieser Zwecke möglich, zu bestimmen, ob ein bestimmtes Produkt je nach seiner Verwendung und seinem Zweck als kosmetisches Mittel eingestuft werden kann, und somit, es von anderen Produkten, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, abzugrenzen, doch bezieht sich der „Verwendungszweck des kosmetischen Mittels“ auf die Angabe spezifischerer Merkmale des Mittels.
Der Gerichtshof folgert daraus, dass die Angabe des „Verwendungszweck[s] eines kosmetischen Mittels“, die auf dem Behältnis und der Verpackung eines solchen Mittels anzubringen ist, geeignet sein muss, den Verbraucher klar über die Anwendung und die Verwendungsweise des Mittels zu informieren, um sicherzustellen, dass die Verbraucher das Mittel sicher und ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit verwenden können. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der Merkmale und Eigenschaften des betreffenden kosmetischen Mittels sowie der Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers Art und Umfang der Informationen zu bestimmen, die auf dem Behältnis und der Verpackung des Mittels erscheinen müssen, damit es ohne Gefahr für die menschliche Gesundheit verwendet werden kann.
Der Gerichtshof prüft sodann die Frage, ob die Angaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch des kosmetischen Mittels, zu seinem Verwendungszweck und zu seinen Bestandteilen in einem Firmenkatalog vermerkt werden können, in dem auch andere Produkte aufgeführt sind, wenn auf der Verpackung oder dem Behältnis des kosmetischen Mittels das Symbol einer Hand mit einem aufgeschlagenen Buch angebracht ist.
Er stellt fest, dass, wenn ein Verweis erfolgen muss, als externe Träger zum kosmetischen Mittel nur „dem kosmetischen Mittel [beigepackte] oder an ihm [befestigte] Zettel, Etikett[en], Papierstreifen, Anhänger oder Kärtchen“ verwendet werden können. Ein gesondert zur Verfügung gestellter Firmenkatalog, der eine Beschreibung des oder der betreffenden kosmetischen Mittel, aber auch anderer Produkte der vom Hersteller angebotenen Produktpalette enthält, ist einem bestimmten Produkt nicht beigelegt oder an diesem befestigt. Außerdem ist es nur dann zulässig, auf einen externen Träger zurückzugreifen, wenn es „aus praktischen Gründen“ nicht möglich ist, die Angaben auf einem Etikett aufzuführen. Diese Unmöglichkeit bezieht sich auf Fälle, in denen es schon aufgrund der Art und der Aufmachung des kosmetischen Mittels faktisch unmöglich ist, bestimmte Angaben erscheinen zu lassen.
Der Umstand, dass die streitigen kosmetischen Mittel importiert werden, was in Anbetracht der Anforderung, die erforderlichen Angaben in der Sprache erscheinen zu lassen, die vom Recht des Mitgliedstaats, in dem das kosmetische Mittel für die Endverbraucher bereitgestellt wird, bestimmt wird, zu organisatorischen und finanziellen Schwierigkeiten führen kann, die mit der Notwendigkeit verbunden sind, bestimmte Informationen zu übersetzen und das Mittel neu zu kennzeichnen oder selbst neu zu verpacken, macht es für sich genommen nicht praktisch unmöglich, die Angaben auf dem Etikett aufzuführen. Die Kosten, die durch die Kennzeichnung dieser Mittel in einer anderen Sprache für ihre Vermarktung in anderen Mitgliedstaaten entstehen, können in keinem Fall als Rechtfertigungsgrund für eine unvollständige Kennzeichnung des Mittels auf seinem Behältnis und seiner Verpackung angesehen werden. Eine solche Anforderung erlaubt die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Der Schutz der menschlichen Gesundheit könnte nämlich nicht in vollem Umfang gewährleistet werden, wenn die Verbraucher nicht in der Lage wären, insbesondere von der Angabe des Verwendungszwecks des betreffenden kosmetischen Mittels und der bei seiner Verwendung zu beachtenden besonderen Vorsichtsmaßnahmen umfassend Kenntnis zu nehmen und sie zu verstehen. Die Informationen, die die Hersteller- oder Vertriebsunternehmen kosmetischer Mittel, die unter die Verordnung fallen, auf dem Behältnis und der Verpackung des Mittels angeben müssen, sind, sofern sie nicht durch Piktogramme oder andere Zeichen als Worte erfolgreich übermittelt werden können, ohne praktischen Nutzen, wenn sie nicht in einer für ihre Adressaten verständlichen Sprache abgefasst sind.
Auch der Umstand, dass die Kennzeichnung kosmetischer Mittel ihrem Hersteller und nicht dem Unternehmen, das sie vertreibt, obliegt, macht es ebenfalls nicht praktisch unmöglich, die erforderlichen Angaben in die Kennzeichnung der Mittel aufzunehmen. Insoweit reicht der Wille des Hersteller- oder Vertriebsunternehmens, den Verkehr der kosmetischen Mittel innerhalb der Union zu erleichtern, für sich allein nicht aus, um die unvollständige Angabe der vorgeschriebenen Informationen zu rechtfertigen. Der Begriff der Unmöglichkeit bezieht sich im Allgemeinen auf Umstände, auf die derjenige, der sich auf sie beruft, keinen Einfluss hat; er kann daher nicht so verstanden werden, dass er es dem Hersteller- oder Vertriebsunternehmen kosmetischer Mittel erlaubt, sich wegen der Anzahl der von ihm gewählten Sprachen – unabhängig davon, ob es sich dabei um Unionssprachen handelt oder nicht – nach seinem Belieben auf eine „Unmöglichkeit aus praktischen Gründen“ im Sinne der Verordnung zu berufen.
Daraus folgt, dass die Angaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch des kosmetischen Mittels, zu seinem Verwendungszweck und zu seinen Bestandteilen nicht in einem Firmenkatalog vermerkt werden können, auf den das Symbol einer Hand mit einem aufgeschlagenen Buch, das auf der Verpackung oder dem Behältnis des Mittels angebracht ist,
verweist.
Das OLG Dresden hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika mit dem für Arzneimitteln vorgeschriebenen Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..." beworben werden. Durch den Hinweis wird fälschlicherweise eine Wirksamkeit suggeriert, wie sie üblicherweise nur Arzneimitteln zukommt.
Das OLG München hat entschieden, dass der Verkauf von Markenkosmetika als Sonderposten im Discounterumfeld regelmäßig keine Markenrechtsverletzung darstellt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist jedoch unbegründet; der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 119 Abs. 1, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 6, 19 MarkenG nicht zu.
1. Unstreitig hat die Beklagte mit den Klagemarken gekennzeichnete Hautpflegeprodukte in ihrem Ladengeschäft in der Münchner Innenstadt zum Kauf angeboten und daher mit den Klagemarken identische Zeichen für identische Waren iSv § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG benutzt.
2. Eine Kennzeichenrechtsverletzung ist darin jedoch nicht zu sehen, da die so gekennzeichneten Waren erschöpft iSv § 24 Abs. 1 MarkenG sind.
a) Gem. § 24 Abs. 1 MarkenG hat ein Markeninhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.
b) Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Waren von einem Vertriebspartner der Klägerin erhalten hat; sie räumt vielmehr selbst ein, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte - soweit die Klägerin diese zurückverfolgen habe können - von einem deutschen Depositär der Klägerin stammen, so dass grundsätzlich die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MarkenG zugunsten der Beklagten als erfüllt anzusehen sind.
c) Dass es auch in Fällen, in denen ein Lizenznehmer Markenwaren in den Verkehr bringt, nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2009, 593, Rn. 51 - Copad/Dior) im Einzelfall am Merkmal der Zustimmung des Markeninhabers iSv § 24 Abs. 1 MarkenG fehlen kann (nämlich wenn ein Fall des § 30 Abs. 2 MarkenG vorliegt) und aus diesem Grund der Erschöpfungseinwand nicht zum Tragen kommen kann, ist für den hiesigen Rechtsstreit ohne Belang, denn die Klägerin hat bereits erstinstanzlich (im Schriftsatz vom 28.04.2017, dort S. 7; Bl. 57 d.A.) klargestellt, dass die aus ihrer Sicht einzig relevanten Rechtsfragen des Falles die Fragen betreffen, ob die Umstände des Anbietens und Vertreibens der streitgegenständlichen Produkte deren Qualität und Ruf schädigen und sich die Klägerin daher gem. § 24 Abs. 2 MarkenG dem weiteren Anbieten und Vertreiben widersetzen darf. Auch in der Berufungsbegründung macht die Klägerin deutlich, dass es im vorliegenden Fall nicht darum gehe, dass die Klägerin sich auf eine Klausel im Depositärvertrag gegenüber ihren Vertriebshändlern berufe (S. 8 der Berufungsbegründung; Bl. 116 d.A.). Es kann folglich an dieser Stelle dahinstehen, ob die Klägerin - wie sie behauptet - ein selektives Vertriebssystem betreibt und inwieweit sie ein solches konsequent gegen Vertragsverstöße ihrer Vertriebspartner absichert.
3. Auf § 24 Abs. 2 MarkenG kann sich die Klägerin vorliegend nicht berufen. Nach der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung stehen der Klägerin keine berechtigten Gründe zu, sich trotz der nach § 24 Abs. 1 MarkenG eingetretenen Erschöpfung gegen den streitgegenständlichen Vertrieb und das dem zugrunde liegende Angebot erfolgreich zu wehren.
a) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 MarkenG kann sich ein Markeninhaber auch dann gegen das Angebot und den Vertrieb von Waren unter seiner Marke wehren, wenn an sich ein Fall der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG vorliegt, die Waren also - zunächst - als zumindest mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht anzusehen sind. Erforderlich sind hierzu berechtigte Gründe des Markeninhabers, sich dem weiteren Vertrieb der Waren zu widersetzen, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.
b) Die Fälle, in denen derart berechtigte Gründe zugunsten des Markeninhabers anzunehmen sind, sind nicht auf die Fälle der Veränderung oder der Verschlechterung der Ware beschränkt. Vielmehr kann sich ein Markeninhaber auch dann auf § 24 Abs. 2 MarkenG berufen, wenn die konkret beanstandete Verwendung seiner Marke(n) geeignet ist, deren Ruf zu schädigen (EuGH GRUR Int 1998, 140, Rn. 43 - Dior/Evora; EuGH GRUR 2009, 593, Rn. 55 - Copad/Dior; BGH GRUR 2007, 882, Rn. 26 - Parfümtester; Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 164). Solche Umstände können insbesondere beim Vertrieb von Waren mit Luxus- und/oder Prestigecharakter vorliegen, wenn nämlich die konkret zu beurteilenden Umstände des Angebots und/oder des Vertriebs derartiger Waren dazu geeignet sind, das den Marken zukommende Luxusimage negativ zu beeinträchtigen.
c) Die Anforderungen, die an die Bejahung einer für § 24 Abs. 2 MarkenG relevanten Rufschädigung zu stellen sind, sind jedoch am Normzweck des § 24 MarkenG zu messen. Die Erschöpfung beschränkt die Verbotsrechte des Markeninhabers hinsichtlich solcher Einzelstücke der gekennzeichneten Waren, die von ihm selbst oder zumindest mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind. Damit wird dem Markeninhaber zwar die Entscheidung über das erstmalige Inverkehrbringen zugewiesen, was ihm ermöglicht, den wirtschaftlichen Wert der Ware zu realisieren, ihm aber im Ergebnis die markenrechtliche Kontrolle des weiteren Vertriebswegs untersagt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 24, Rn. 7). Grundlage hierfür ist eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Markeninhabers einerseits und insbesondere dem Interesse an Rechtssicherheit der Abnehmer und einem freien Wirtschaftsverkehr bereits in Verkehr gebrachter Waren innerhalb des Binnenmarktes andererseits (Ingerl/Rohnke, a.a.O.). Will man daher dem Markeninhaber in den Fällen, in denen dieser aufgrund eines mit seiner Zustimmung erfolgten erstmaligen Inverkehrbringens der mit seinen Marken gekennzeichneten Waren den wirtschaftlichen Wert der Ware bereits realisiert hat, gleichwohl das Recht zubilligen, den weiteren Vertrieb auf unteren Handelsstufen von seiner Zustimmung abhängig zu machen, ist dies nur gerechtfertigt, wenn die Interessen des Markeninhabers die genannten ordnungspolitischen Interessen wie auch diejenigen der Abnehmer und Wiederverkäufer überwiegen.
d) Ein berechtigter Grund iSv § 24 Abs. 2 MarkenG kann daher nur in Fällen angenommen werden, in denen eine Beeinträchtigung von einigem Gewicht zu bejahen ist, in Fällen der Rufschädigung also nur dann, wenn eine solche zumindest droht (Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 164). Dabei ist das Vorliegen eines berechtigten Grundes auch nach der von der Klagepartei für ihre Position in Anspruch genommenen Entscheidung des OLG Düsseldorf streng zu prüfen (GRUR-RR 2018, 335, Rn. 30 - Japanischer Kosmetikhersteller), wenngleich die Anforderungen nach zutreffender Auffassung nicht überspannt werden dürfen (ebda.).
e) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen sind vorliegend keine berechtigten Gründe anzunehmen, die es der Klägerin erlauben würden, die konkret beanstandete Kennzeichenverwendung zu untersagen.
(i) Zugunsten der Klagepartei unterstellt der Senat, dass diese das von ihr im einzelnen dargestellte selektive Vertriebssystem unterhält, dass sie die Einhaltung der mit den Depositären vereinbarten Vorgaben im Rahmen ihrer Möglichkeiten überwacht und kartellrechtliche Beanstandungen gegen ihr Vertriebssystem nicht bestehen. Des Weiteren ist entsprechend den Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass die von der Beklagten angebotenen Waren dem Luxusbereich zuzuordnen sind und die Klägerin im Rahmen ihres selektiven Vertriebssystems besonderen Wert auf die herausgehobene Präsentation ihrer Waren in den von den Depositären betriebenen Ladengeschäften wie auch im Onlinevertrieb legt.
(ii) Vor diesem Hintergrund ist zwar festzustellen, dass die antragsgegenständlichen und die Verletzungshandlung konkretisierenden Lichtbilder eine von den Vorstellungen der Klägerin abweichende Präsentation der klägerischen Produkte zeigen. Dass aus dieser Art des Anbietens und Vertreibens der klägerischen Produkte zumindest die Gefahr einer Schädigung des Rufs der klägerischen Kennzeichen und des ihnen anhaftenden Luxusimages begründet würde, kann jedoch nicht konstatiert werden.
(1) Das von der Klägerin beanstandete „discountartige“ Umfeld, in dem die Produkte angeboten werden, genügt für sich alleine nicht, denn allein der Umstand, dass ein Discounter Luxuswaren in den in seiner Branche üblichen Formen bewirbt oder anbietet, begründet nicht die Gefahr einer Rufschädigung (vgl. Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 164). So ist der Verkehr mittlerweile daran gewöhnt, dass auch klassische Discounter oder auch große Ketten, die nicht zuletzt aufgrund ihrer im Verhältnis zu Flagstores vergleichsweise spartanisch gehaltenen Ausstattung in der Lage sind, günstigere Preise zu verlangen, in ihrem Sortiment auch solche Parfümerie- und Kosmetikprodukte vorhalten, die dem höheren Preissegment zuzuordnen sind, ohne dass der Verkehr dies allein als imageschädigend ansehen würde.
(2) Die von der Klägerin beanstandete „nicht produkt- und imagespezifische Art und Weise der Produktpräsentation“, wie sie sich aus den Lichtbildern ergibt, begründet ebenfalls nicht die Gefahr einer Rufschädigung. Zutreffend ist zwar, dass die Produkte nicht in der Art präsentiert werden, wie sie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Fotos aus Geschäften ihrer Vertriebspartner ergibt. Gleichwohl ist auch hier festzustellen, dass die klägerischen Produkte im Geschäft der Beklagten gerade nicht im gleichen Regalteil mit Fremdprodukten und insbesondere mit klassischen Billigprodukten angeboten werden, sondern für den angesprochenen Verkehr sichtbar räumlich abgesetzt präsentiert werden, mit der Folge, dass der Verkehr bereits aufgrund dieser Art der Präsentation erkennt, dass die so ausgestellten Waren eine Sonderstellung im Vergleich zum sonstigen Sortiment der Beklagten einnehmen. Eine Rufschädigung wird hierdurch nicht hervorgerufen, vielmehr wird auf diese Weise das Besondere der angebotenen Waren unterstrichen.
(3) Entsprechendes gilt für die Plastikumverpackungen, die ersichtlich allein dem Zweck dienen, den Diebstahl dieser Produkte zu erschweren. Dass die Beklagte diese Maßnahme getroffen hat, unterstreicht ebenfalls ihre nach außen ohne weiteres erkennbare Aussage, dass die so gesicherten Produkte im Sortiment der Beklagten etwas Besonderes darstellen. Insbesondere ist dieser Fall nicht dem von § 24 Abs. 2 MarkenG erfassten Fall des Umverpackens gleichzustellen, denn wie aus den Fotos ersichtlich, bleibt die eigentliche Produktverpackung erhalten und insbesondere nach wie vor uneingeschränkt erkennbar. Der Verkehr erkennt in der Plastikumverpackung daher allein eine - gerade für Luxuswaren, soweit sie in größeren und damit schwerer einsehbaren Kaufhäusern angeboten werden - übliche Diebstahlssicherung, die jedenfalls keine negativen Auswirkungen auf das Image der so präsentierten Produkte und der darauf befindlichen Marken haben kann.
(4) Auch die fehlende Beratung durch geschultes Personal, wie sie zwar nicht aus den Fotos ersichtlich wird, aber laut Klägerin (s. S. 29 der Klageschrift) ebenfalls maßgeblich für § 24 Abs. 2 MarkenG sein soll, lässt eine Rufschädigung nicht besorgen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin (vgl. Klageschrift S. 6 ff.) werden ihre Produkte unter anderem auch im Karstadt in Hamburg oder im KaDeWe in Berlin verkauft, mithin in großen Warenhäusern. Von Warenhäusern weiß der Verkehr indes, dass dort in aller Regel deutlich weniger Personal anzutreffen ist, als in kleineren Boutiquen oder Fachgeschäften. Er findet zudem - unstreitig - Produkte der Klägerin auch im Internet, wo naturgemäß keine Beratung durch geschultes Personal stattfindet, sondern der Käufer seine Wahl auch ohne diese Beratung trifft. Das Fehlen geschulten Personals rechnet der Verkehr daher allenfalls dem Geschäft selbst zu - imageschädigend auf die Marke wirkt sich dies allein jedoch nicht aus (jedenfalls solange nicht, solange der Verkehr die streitgegenständlichen Waren nicht ausschließlich über solche Geschäfte beziehen kann, in denen derartiges Personal zwingend anzutreffen ist - was hier jedoch nicht der Fall ist).
(5) Der Umstand, dass in räumlicher Nähe zu den klägerischen Produkten solche zu Preisen von 2 - 3 EUR angeboten wurden und diese als „Sale“ gekennzeichnet wurden, begründet ebenfalls keine Rufschädigung. Wie bereits dargestellt, erkennt der angesprochene Verkehr die von der Beklagten tatsächlich vorgenommene räumliche Trennung der klägerischen Waren vom sonstigem Sortiment und wird daher so darauf hingewiesen, dass sich das Angebot der streitgegenständlichen Waren von den genannten Billigprodukten deutlich abhebt.
(6) Soweit die Klägerin schließlich darauf abstellt, dass sich unter den von der Beklagten angebotenen Produkten auch ein solches mit beschädigter Verpackung habe finden lassen, begründet auch dies die behauptete Rufschädigung nicht. Selbst wenn dies zutreffen sollte - was zwischen den Parteien streitig ist -, erscheint die Präsentation im Geschäft der Beklagten nicht in einer Art und Weise, die das exklusive Image der klägerischen Marken wie ihrer Produkte beeinträchtigen könnte. Da auch die Klägerin nur diesen einen Fall benennt, wird der Verkehr, wenn er diese Packung im Sortiment der Beklagten wahrgenommen hat, ohne weiteres davon ausgehen, dass es sich um einen - wodurch auch immer - verursachten Ausreißer handelt, der in keiner Weise Rückschlüsse auf den Ruf der Klägerin und ihrer Marken zulässt.
(7) Auch eine Gesamtwürdigung aller genannten Einzelumstände führt nicht dazu, dass eine Rufschädigung der klägerischen Marken angenommen werden kann: aufgrund der konkreten Art der Präsentation erkennt der angesprochene Verkehr, dass es sich bei den im Geschäft der Beklagten angebotenen Waren um etwas Besonderes im Sortiment der Beklagten handelt, welches gesondert präsentiert und gegen Diebstahl gesichert ist, weil es sich um hochwertige Markenartikel handelt, die sich - zumindest von einem nicht unerheblichen Teil des Sortiments der Beklagten - deutlich abheben. Dass durch dieses Angebot das Image der Klägerin und ihrer Marken negativ beeinträchtigt würde, kann nicht erkannt werden. Zwar findet der Verkehr unbestreitbar nicht die aus den Fotos aus Geschäften der Depositäre deutlich aufwendigere Warenpräsentation wieder, er erkennt aber auch bei der Beklagten, dass ihm hier Luxuswaren angeboten werden, wenn auch zu einem deutlich geringeren Preis.
(iii) Die von der Klägerin gegen diese im Ergebnis auch vom Landgericht vertretene Auffassung herangezogene Rechtsprechung steht dieser Würdigung nicht entgegen.
(1) Die Entscheidung Copad/Dior (EuGH, GRUR 2009, 593) stellt lediglich klar, dass die Schädigung des Rufes einer Marke für einen Markeninhaber grundsätzlich ein berechtigter Grund i.S. des § 24 Abs. 2 MarkenG sein kann, sich dem Wiederverkauf von Prestigewaren zu widersetzen (dort Rn. 55). Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob das Ansehen der Marke dadurch geschädigt wird, dass der Dritte (hier die Beklagte) die mit der Marke versehenen Waren unter Verwendung der in seiner Branche üblichen Vertriebsformen weiterverkauft (a.a.O., Rn. 57). Hierbei sind insbesondere der Adressatenkreis, an den die Waren weiterverkauft werden sollen, und die spezifischen Umstände des Verkaufs von Prestigewaren zu berücksichtigen. Dass und warum im vorliegenden Fall die konkreten Umstände des Weitervertriebs durch die Beklagte keine Rufschädigung begründen können, wurde oben bereits ausgeführt.
(2) Die kürzlich ergangene Entscheidung Coty/Akzente (EuGH GRUR 2018, 211) führt ebenfalls im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Beurteilung: Die Entscheidung, die sich mit der kartellrechtlichen Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme auseinandersetzt, hat zwar auch Aussagekraft für die Beurteilung der markenrechtlichen Erschöpfung (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2018, 335, Rn. 31 - Japanischer Kosmetikhersteller), da dort die für § 30 Abs. 2 MarkenG relevante Frage, inwieweit sich der Markeninhaber aus seinen Markenrechten (und nicht nur aus Vertrag) gegen Vertriebshandlungen seiner Lizenznehmer wenden kann, dahingehend konkretisiert wurde, dass für Luxuswaren in Anbetracht ihrer Eigenschaften und ihres Wesens die Einrichtung eines selektiven Vertriebssystems erforderlich sein kann, um ihre Qualität zu wahren und ihren richtigen Gebrauch zu gewährleisten (a.a.O., Rn. 31), und dass es danach kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist, dem Lizenznehmer auch bestimmte Vorgaben hinsichtlich des Internetverkaufs von Luxuswaren vertraglich aufzuerlegen. Gleichwohl ist bei der Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall von vornherein zu berücksichtigen, dass die Zulässigkeit derartiger Vertriebsbeschränkungen und die Relevanz etwaiger Verstöße der Lizenznehmer hiergegen in kennzeichenrechtlicher Hinsicht zunächst die Frage betreffen, ob die inmitten stehenden Waren als mit Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebracht angesehen werden können und damit überhaupt ein Fall der Erschöpfung iSv § 24 Abs. 1 MarkenG vorliegt. Auf dieser Ebene die Interessen des Markeninhabers stärker zu gewichten als diejenigen eines vertragsbrüchigen Lizenznehmers, erscheint durchaus gerechtfertigt, auch mit der Folge, dass bei den in einem solchen Fall gleichwohl vertriebenen Waren keine Erschöpfung angenommen werden kann. Die vorliegende Konstellation ist jedoch eine andere: die streitgegenständlichen Waren sind als mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht anzusehen, der Markeninhaber hat den wirtschaftlichen Wert seiner Marken bereits realisiert; er soll sich daher gem. § 24 Abs. 2 MarkenG nur bei Vorliegen berechtigter Gründe dem Weiterverkauf der Ware widersetzen können. Insoweit ist es erforderlich, nach wie vor und auch unter Berücksichtigung der jüngeren EuGH-Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Bejahung derartiger berechtigter Gründe zu stellen, die sich an den konkreten Umständen des Einzelfalls zu orientieren haben, um Rechtsunsicherheiten zulasten des freien Warenverkehrs und eine diesem letztlich schadende zu weit gehende Einflussmöglichkeit des Markeninhabers auf den ungehinderten Vertrieb erschöpfter Waren zu verhindern.
(3) Soweit die obergerichtliche Rechtsprechung in jüngerer Zeit (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2018, 335 - Japanischer Kosmetikhersteller; OLG Hamburg, BeckRS 2018, 22030) in den dort entschiedenen Fällen § 24 Abs. 2 MarkenG für anwendbar gehalten hat, führt auch dies im vorliegenden Fall nicht zu einem anderen Ergebnis. Dort haben die Gerichte unter anderem darauf abgestellt, dass der „dauerhaft angelegte und umfangreiche Vertrieb der in Rede stehenden Kosmetikprodukte“ (OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 33; OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 45) geeignet sei, das Image der jeweiligen Markeninhaber erheblich zu beeinträchtigen. Unabhängig davon, ob die dort entschiedenen Fälle - die jedenfalls zum Teil den Onlinevertrieb betrafen - mit dem hiesigen hinsichtlich der konkret zu beurteilenden Umstände überhaupt vergleichbar sind, fehlt es vorliegend jedenfalls an einem auf Dauer angelegten und umfangreichen Vertrieb. Denn wie sich bereits aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Presseartikeln zum Geschäftsmodell der Beklagten ergibt und wie auch das Landgericht festgestellt hat, hat die Beklagte keinen festen Lagerbestand und kein auf Dauer angelegtes Produktsortiment, sondern ein aus unterschiedlichen günstigen Einkäufen aus Geschäftsauflösungen und vergleichbaren Sonderposten kurzfristig und auch nicht flächendeckend vorgehaltenes Angebot. Der Kunde geht daher bei der Beklagten von vornherein davon aus, deswegen günstige Angebote vorzufinden, weil diese Markenprodukte als kurzfristige Sonderposten anbieten kann. Während er bei einem auf Dauer und umfangreich angebotenen Sortiment, welches auch ansonsten hochpreisige Luxusartikel „zum Schleuderpreis“ beinhaltet, durchaus die Exklusivität und den Luxuscharakter solcher Markenprodukte in Zweifel ziehen wird, weil er zu erkennen glaubt, jedermann könne sich die vermeintlichen Prestigeprodukte ohne weiteres und jederzeit leisten, wird er dies bei einem als solchem erkennbaren Sonderposten nicht annehmen. Ein dermaßen preisgünstiges kurzfristiges Angebot wird er lediglich als attraktive Gelegenheit erkennen, ein unter normalen Umständen deutlich teureres Luxusgut erwerben zu können. Der Charakter als Prestigeobjekt wird durch solch eine Aktion gerade nicht negativ tangiert.
(4) Dies bedeutet zwar nicht, dass nicht auch das Angebot eines Sonderpostens den Ruf einer Marke schädigen kann. Vorliegend wäre das unter Umständen der Fall, wenn die streitgegenständlichen Produkte nicht räumlich von den „Billigwaren“ getrennt angeboten wären, sondern in einem Wühltisch zusammen mit anderen, deutlich minderwertigeren Produkten. Da vorliegend aber die erforderliche Trennung und damit die nötige Abgrenzung zum sonstigen Sortiment erfolgt ist, ist im Ergebnis eine Rufbeeinträchtigung iSv § 24 Abs. 2 MarkenG zu verneinen.
(iv) Auch soweit die Klägerin sich konkret gegen den Vertrieb ihres Produkts in der im Antrag wiedergegebenen beschädigten Verpackung wendet, fehlt es an dem nach § 24 Abs. 2 MarkenG erforderlichen berechtigten Grund, auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Ware in dieser Form bei der Beklagten angeboten wurde. Ungeachtet der bereits ausgeführten Umstände liegt insoweit insbesondere kein Fall der in der Vorschrift genannten Verschlechterung vor, denn diese ist nur dann relevant, wenn dieser Zustand nach dem Inverkehrbringen der Ware eingetreten ist. Dass dies so ist, trägt die Klägerin jedoch nicht vor, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Ware bereits in dieser Form vom Lizenznehmer der Klägerin und damit mit ihrer Zustimmung in Verkehr gebracht wurde. Eine davon unabhängige Rufbeeinträchtigung könnte indes nur dann angenommen werden, wenn die Beklagte in größerem Umfang Waren in derart beschädigten Verpackungen angeboten hätte. Auch dies wird jedoch auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass beim Verkauf Naturkosmetik im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Insofern handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.
Das LG Heidelberg hat entschieden, dass Kosmetik nicht mit dem Zusatz "natürlich" beworben werden darf, wenn Butylphenyl Methylpropional enthalten ist. Es dürfen in einem solchen Fall nur ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe verwendet werden.
Das LG München hat entschieden, dass die teilweise Überdeckung der Inhaltsstoffe auf der Umverpackung für Kosmetikprodukte ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die KosmetikVO ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat hinsichtlich der Cremes einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 a UWG in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 1 g VO (EG) Nr. 1223/2009. Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Badetörtchen beruht auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 a UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 LFGB. Der Kostenerstattungsanspruch beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
1. Produkt „ByeBye Cellulite“
Die teilweise Überlappung der Inhaltsstoffe auf der Kartonumverpackung entspricht nicht Artikel 19 Abs. 1 g der KosmetikVO. Danach müssen die Behältnisse und Verpackungen kosmetischer Mittel „leicht lesbar und deutlich sichtbar“ u.a. eine Liste der Bestandteile enthalten. Diese Angabe braucht nur auf der Verpackung zu erscheinen und trägt die Überschrift „Ingredients“. Der Cremetiegel selbst enthält keine Liste der Bestandteile. Diese ist nur auf der Kartonverpackung auf der Unterseite wie abgebildet enthalten.
Ob in dem Online-Shop des Beklagten die Liste der Bestandteile aufgeführt ist, spielt für das hier streitgegenständliche Verfahren keine Rolle: Hier ist nur die Verpackung des Tiegels streitgegenständlich, nicht die Online-Werbung. Die KosmetikVO selbst unterscheidet nicht zwischen einem Online-Angebot und einem stationären Angebot oder einem Direktvertrieb. Sie schreibt nur vor, wie das kosmetische Mittel gekennzeichnet sein muss und welche Informationen es auf der Verpackung enthalten muss. Ein „Bereitstellen auf dem Markt“ (Artikel 19 Abs. 1) wird in Artikel 2 g der KosmetikVO definiert, nämlich als „jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines kosmetischen Mittels zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.“ Es kommt daher nicht darauf an, ob die Creme in der Verpackung direkt an den Verbraucher abgegeben wird, oder über eine Online-Bestellung an den Verbraucher versandt wird.
EuGH
Urteil vom 21.09.2016 C 592/14
European Federation for Cosmetic Ingredients
gegen
Secretary of State for Business, Innovation and Skills
Der EuGH hat entschieden, dass ein Vertriebsverbot für Kosmetika besteht, deren Bestandteile durch Tierversuche außerhalb der EU bestimmt worden sind.
Tenor der Entscheidung:
Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel ist dahin auszulegen, dass er das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln auf dem Markt der Europäischen Union, bei denen einige Bestandteile durch Tierversuche außerhalb der Union bestimmt worden sind, um kosmetische Mittel in Drittländern vermarkten zu können, verbieten kann, wenn die dabei gewonnenen Daten verwendet werden, um die Sicherheit dieser Mittel im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen auf dem Unionsmarkt nachzuweisen.
BGH
Urteil vom 08.01.2015 I ZR 141/13
Mundspüllösung II
ArzneimittelG § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; Richtlinie 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2 Buchst. b
Leitsatz des BGH
Der Umstand, dass kosmetische Mittel nach dem Anhang VI (1. Teil Nr. 42) der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel und nach dem Anhang V Nr. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel Chlorhexidin in einer Konzentration von bis zu 0,3% als Konservierungsstoff enthalten dürfen, besagt nicht, dass Erzeugnisse, die diesen Stoff in einer geringeren Konzentration enthalten, keine Funktionsarzneimittel sein können.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - I ZR 141/13 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main
Das LG München hat wenig überraschend entschieden, dass eine Zufriedenheitsumfrage kein Nachweis für die Wirksamkeit einer Anti-Age-Wirkung eines Kosmetikproduktes ist.
Das LG Dortmund hat entschieden, dass der Slogan "Wohlgeformten Busen in 28 Tagen" für eine Lotion eine wettbewerbswidrige Irreführung ist, sofern die beworbende Wirkung nicht wissenschaftlich gesichert ist.
Aus den Entscheidungsgründen: "Vorliegend ist ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 UWG glaubhaft gemacht.
[...]
Es bestehen jedenfalls Zweifel daran, dass die von der Verfügungsbeklagten vertriebene Lotion die behauptete Wirkung, insbesondere Tiefenwirkung mit Straffung und Wohlformung des Busens, tatsächlich erzielen kann.
[...]
Das Versprechen einer busenformenden, busenstraffenden und/oder busenhebenden Wirkung in einer nur sehr kurzen Anwendungszeit von 28 Tagen ist, soweit die Wirkung selbst noch umstritten ist, in diesem Zusammenhang besonders irreführend."
OLG Frankfurt am Main
Urteil vom 01.03.2012 6 U 264/10
Das OLG Frankfurt hat auf ein Klage der Landeszahnärztekammer Hessen hin entschieden, dass es einer Zahnarzthelferin nicht gestattet ist, Zahnreinigungen mittels "Airflow" und diverse Zahnbleachings als selbstständige gewerbliche Tätigkeit ohne Zusammenwirken mit einem Zahnarzt anzubieten.
Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt finden Sie hier:
BPatG
Bechluss vom 28.09.2010
26 W (pat) 26/09
Fluidum
Das BPatG hat in dieser Entscheidung die Löschung der Wortmarke "Fluidum" für
"Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Badezusätze, soweit in Klasse 3 enthalten, Duschbäder, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Haarfestiger, Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Nagellack, Nagellackentferner, kosmetische Sonnenschutzmittel, Zahnputzmittel, nichtmedizinische Mund- und Zahnpflegemittel"
angeordnet.
In den Entscheidungsgründen heißt es:
"Der aus dem Lateinischen stammende Begriff „Fluidum“ ist lexikalisch als Bestandteil der Gegenwartssprache belegt, und zwar allgemein im Sinne einer „von jemandem oder einer Sache ausgehenden besonderen Ausstrahlung, Wirkung“, aber auch in der Bedeutung „Flüssigkeit, etwas Fließendes“ (Anlage ASt. 1, Bl. S. 9 d. VA - Meyers Lexikononline 2.0; Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, S. 594; Duden – Fremdwörterbuch, 8. Auflage 2005, S. 331, 332). Die streitgegenständlichen Waren der Klasse 3 können ihrer Art nach alle in flüssiger Form hergestellt werden und auf den Markt kommen. Damit ist die angegriffene Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, die betreffenden Produkte hinsichtlich ihrer Konsistenz zu beschreiben. Ob derselbe Sinngehalt auch - oder sogar bevorzugt - durch das Wort „liquid“ ausgedrückt werden kann, ist rechtlich unerheblich (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rn. 243 m. w. N.)."