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EuGH-Generalanwalt: Pfandbetrag bei Mehrwegbehältern ist nicht Bestandteil des Verkaufspreises im Sinne der Richtlinie 98/6/EG und kann gesondert angegeben werden

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 02.02.2023
C-543/21
Verband Sozialer Wettbewerb e. V. gegen famila-Handelsmarkt Kiel GmbH & Co. KG


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Erhebnis, dass der Pfandbetrag bei Mehrwegbehältern nicht Bestandteil des Verkaufspreises im Sinne der Richtlinie 98/6/EG ist und gesondert angegeben werden kann.

Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts:
Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) wie folgt zu antworten:

Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse

ist dahin auszulegen, dass

der darin festgelegte Begriff „Verkaufspreis“ nicht einen rückerstattbaren Pfandbetrag umfasst, der auf Mehrwegbehälter erhoben wird, in denen die Waren dem Verbraucher angeboten werden.

Den Volltext finden Sie hier:


BGH: Grundpreis muss nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein sondern auch zusammen mit Verkaufspreis auf einen Blick wahrgenommen werden können

BGH
Versäumnisurteil vom 19.05.2022
I ZR 69/21
Grundpreisangabe im Internet
UWG § 5a Abs. 2 und 4; PAngV § 2 Abs. 1; Richtlinie 98/6/EG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Grundpreis nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein muss, sondern auch zusammen mit dem Verkaufspreis auf einen Blick wahrnehmbar sein muss.
Leitsätze des BGH:
a) § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV geht mit seiner Forderung, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, nicht über die Mindestharmonisierung der Richtlinie 98/6/EG hinaus. § 2 Abs. 1 Satz 1 PAnGV konkretisiert damit lediglich das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG.

b) Da der Grundpreis als Preis je Maßeinheit auf den Verkaufspreis bezogen ist, ist er nicht schon dann klar erkennbar, wenn er für sich genommen deutlich wahrnehmbar ist. Vielmehr ist er nur dann als solcher klar erkennbar, wenn er in dem Sinne in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises steht, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden kann (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 163/06, GRUR 2009, 982 = WRP 2009, 1248 - Dr. Clauder's Hufpflege).

BGH, Versäumnisurteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - OLG Naumburg - LG Halle

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Aschaffenburg: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen PAngV und Irreführung durch Werbung für Ferienwohnungen ohne Berücksichtigung der Reinigungskosten beim Gesamtpreis

LG Aschaffenburg
Urteil vom 14.12.202
1 HK O 47/21


Das LG Aschaffenburg, hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV i.V.m. § 3a UWG und eine Irreführung gemäß § 5a Abs. 1 und 2 UWG durch die Werbung für Ferienwohnungen ohne Berücksichtigung der Reinigungskosten beim angegebenen Gesamtpreis vorliegt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


Volltext BGH-Vorlagebeschluss an EuGH: Muss bei Werbung für Waren mit Pfand der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen oder der Gesamtpreis inklusive Pfand angegeben werden

BGH
Beschluss vom 29.07.2021
I ZR 135/20
Flaschenpfand III
Richtlinie 98/6/EG Art. 2 Buchst. a, Art. 10


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH legt EuGH vor, ob bei Werbung für Waren mit Pfand der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen oder der Gesamtpreis inklusive Pfand angegeben werden muss über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst. a und Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. L 80 vom 18. März 1998, S. 27) und der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 11. Juni 2005, S. 22; Berichtigung ABl. L 253 vom 25. September 2009, S. 18) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist der Begriff des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG dahin auszulegen, dass er den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zu zahlen hat ?

2. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird:
Sind die Mitgliedsstaaten nach Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG berechtigt, eine von Art. 3 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG abweichende Regelung wie die in § 1 Abs. 4 PAngV beizubehalten, wonach für den Fall, dass außer dem Entgelt für eine Ware eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird, deren Höhe neben dem Preis für die Ware anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden ist, oder steht dem der Ansatz der Vollharmonisierung der Richtlinie 2005/29/EG entgegen ?

BGH, Beschluss vom 29. Juli 2021 - I ZR 135/20 - OLG Schleswig - LG Kiel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH legt EuGH vor, ob bei Werbung für Waren mit Pfand der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen oder der Gesamtpreis inklusive Pfand angegeben werden muss

BGH
Beschluss vom 29.07.2021
I ZR 135/20


Der BGH hat dem EuGH vorgelegt, ob bei der Werbung für Waren mit Pfand, der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen oder der Gesamtpreis inklusive Pfand angegeben werden muss.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof legt dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Zulässigkeit der
gesonderten Ausweisung von Flaschenpfand vor

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen dazu vorgelegt, ob bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen werden darf oder ein Gesamtpreis einschließlich des Pfandbetrags angegeben werden muss.

Sachverhalt:

Der Kläger ist ein Verein, der satzungsgemäß das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt bewarb sie unter anderem Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Der Pfandbetrag war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern mit dem Zusatz "zzgl. … € Pfand" ausgewiesen. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.

Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) zu. Unabhängig davon ob ein Pfandbetrag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV in den Gesamtpreis einzurechnen sei, könne der Klage aus rechtsstaatlichen Gründen nicht stattgegeben werden, weil § 1 Abs. 4 PAngV eine Ausnahmevorschrift enthalte, nach der aus dem Preis für die Ware und dem Pfand kein Gesamtbetrag zu bilden sei. Diese Vorschrift sei zwar europarechtswidrig und deshalb nicht mehr anwendbar, bleibe aber geltendes Recht. Es sei daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, die Beklagte, die sich an diese Vorschrift gehalten habe, zu verurteilen.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse und der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vorgelegt.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt sich die Frage, ob der Begriff des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG dahin auszulegen ist, dass er den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zahlen muss.

Falls der Verkaufspreis im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG den Pfandbetrag enthalten muss, möchte der Bundesgerichtshof mit der zweiten Vorlagefrage wissen, ob die Mitgliedsstaaten nach Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG berechtigt sind, eine von Art. 3 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG abweichende Regelung wie die in § 1 Abs. 4 PAngV beizubehalten, wonach für den Fall, dass außer dem Entgelt für eine Ware eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird, deren Höhe neben dem Preis für die Ware anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden ist, oder ob dem der Ansatz der Vollharmonisierung der Richtlinie 2005/29/EG entgegensteht.

Vorinstanzen:

LG Kiel - Urteil vom 26. Juni 2019 - 15 HKO 38/18

OLG Schleswig - Urteil vom 30. Juli 2020 - 6 U 49/19



Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1 Abs. 1 Satz 1 PAnGV

Wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).

§ 1 Abs. 4 PAnGV

Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden.

Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG

Diese Richtlinie regelt die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden; dadurch soll für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und ein Preisvergleich erleichtert werden.

Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck "Verkaufspreis" den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt.

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG

Bei den in Artikel 1 bezeichneten Erzeugnissen sind der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit anzugeben, wobei für die Angabe des Preises je Maßeinheit die Bestimmungen von Artikel 5 gelten. Der Preis je Maßeinheit muss nicht angegeben werden, wenn er mit dem Verkaufspreis identisch ist.

Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG

Bei jeglicher Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse gemäß Artikel 1 genannt wird, ist vorbehaltlich des Artikels 5 auch der Preis je Maßeinheit anzugeben.

Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG

Diese Richtlinie hindert die Mitgliedsstaaten nicht, unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach dem Vertrag für die Unterrichtung der Verbraucher und den Preisvergleich günstigere Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten.



OLG Frankfurt: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen PAngV wenn Fitnessstudio mit monatlichem Preis wirbt ohne quartalsweise anfallende Servicegebühr mit einzuberechnen

OLG Frankfurt
Urteil vom 04.02.2021
6 U 269/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die PAngV vorliegt, wenn ein Fitnessstudio mit einem monatlichem Preis wirbt ohne die quartalsweise anfallende Servicegebühr mit einzuberechnen

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Preiswerbung für einen Fitnessstudio-Vertrag ohne Einbeziehung einer quartalsweise anfallenden Servicegebühr ist unlauter

Preisangaben in der Werbung müssen den Gesamtpreis ausweisen, der vom Verbraucher für die Leistung zu zahlen ist. Die Preiswerbung für einen Fitnessstudio-Vertrag ohne Einbeziehung einer quartalsweise zu zahlenden Servicegebühr verstößt gegen diese Verpflichtung und ist unlauter. Der Verletzer kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich Wettbewerber ebenso verhalten wie er. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute veröffentlichter Entscheidung die Berufung eines Fitnessstudios gegen eine Unterlassungsverpflichtung zurückgewiesen.

Die Parteien streiten um Preisangaben für einen Fitnessstudio-Vertrag. Die Beklagte betreibt ein Fitnessstudio im Großraum Frankfurt. Sie warb für Mitgliedschaften mit einem Monatspreis von „Euro 29,99 bei 24-Monats-Abo“. Die Angabe war durch ein Sternchen gekennzeichnet, das auf der rechten Seite kleingedruckt mit dem Hinweis „zzgl. 9,99 € Servicegebühren/Quartal“ aufgelöst wurde.

Das Landgericht hatte die Beklagte zur Unterlassung der geschilderten Preiswerbung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die angegriffene Werbung sei wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) unlauter, begründete das OLG die Entscheidung. Preisangaben sollten „durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Klarheit über die Preise und ihre Gestaltung gewährleisten“. Die Beklagte habe den Verbrauchern gegenüber in der Werbung den Gesamtpreis angeben müssen, dies jedoch nicht getan.

Der Gesamtpreis sei gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung das „tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt“, d.h. einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile. Hier hätte die Beklagte den Gesamtpreis unter Einbeziehung der Servicegebühr ausweisen müssen. Es genüge nicht, einen Teilpreis zu nennen und einen weiteren Betrag anzugeben, den der Kunde hinzurechnen muss, um den Gesamtpreis zu ermitteln. Dies komme allenfalls in Betracht, wenn der zusätzlich zu zahlende Preis unschwer erkennbar sei und die Aufspaltung keinen nennenswerten Einfluss auf die Verbraucherentscheidung habe. Davon könne hier jedoch nicht ausgegangen werden. Der Hinweis auf die Servicegebühr und die zu Grunde liegenden Konditionen seien nicht so deutlich erkennbar, dass der Verbraucher diesen weiteren Preisbestandteil ohne weiteres erkenne. Gerade die drucktechnische Gestaltung spreche dagegen. Mit ihr werde vielmehr der unter der psychologisch wichtigen Schwelle von 30 € liegende monatliche Preis von 29,99 € hervorgehoben. Lediglich ein Sternchen verweise auf die obligatorisch anfallende Servicegebühr, die zudem deutlich kleiner dargestellt und quer gedruckt sei.

Durch diesen Verstoß habe sich die Beklagte auch unlauter verhalten. Ihr Verhalten eigne sich zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen. Ohne Erfolg verweise die Beklagte darauf, andere Wettbewerber würden ebenso handeln, weshalb die Verbraucher hieran gewöhnt seien. „Die Tatsache, dass sich auch eine Vielzahl anderer (nicht aller!) Wettbewerber rechtswidrig verhalten, kann nicht dazu führen, mit diesem Argument die Spürbarkeit zu verneinen“, betont das OLG. Andernfalls würde dies dazu führen, „dass die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, die eine ganze Branche regelmäßig begeht, nicht mehr möglich wäre“. Ein solches Ergebnis entspreche nicht dem Schutzzweck des UWG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim BGH begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 04.02.2021, Az. 6 U 269/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.10.2019, Az. 3/8 O 36/19)

[...]
Erläuterungen:
§ 1 PAngV Grundvorschriften
Wer Verbrauchern gemäß § BGB § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise). ...



OLG Schleswig-Holstein: Kein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß wenn Preisauszeichnung einer gültigen nationalen aber europarechtswidrigen Vorschrift entspricht

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 30.07.2020
6 U 49/19


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass kein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn die Preisauszeichnung von Waren einer gültigen nationalen aber europarechtswidrigen Vorschrift entspricht

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Gesonderte Ausweisung von "Pfand": Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch bei einer Preisauszeichnung, die einer gültigen nationalen, jedoch europarechtswidrigen Vorschrift entspricht

Entspricht die Preisauszeichnung für Waren in Pfandbehältnissen einer gültigen nationalen Vorschrift, so kann die Werbung mit einer solchen Preisauszeichnung auch dann nicht verboten werden, wenn die nationale Vorschrift europarechtswidrig ist und deshalb nicht mehr angewendet werden darf. Das hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in der letzten Woche entschieden.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist ein Verein, der die Einhaltung der Wettbewerbsregeln überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einer Werbebroschüre bewarb sie im Herbst 2018 u. a. Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Das Pfand war in die angegebenen Preise nicht eingerechnet, sondern mit dem Zusatz "zzgl. … € Pfand" angegeben. Der Kläger hält dies für unzulässig. Er meint, nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Preisangabenverordnung (PAngV) müsse der Gesamtpreis angegeben werden. Er nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung der beanstandeten Werbung in Anspruch. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und verweist auf die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 4 PAngV, wonach das Pfand gesondert ausgewiesen werden muss. Das Landgericht Kiel hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten vor dem Oberlandesgericht hatte Erfolg. Der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen: Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Werbung mit der beanstandeten Preisauszeichnung ist nicht wettbewerbswidrig. Sie entspricht der Vorschrift des § 1 Abs. 4 PAngV. Hierauf kann sich die Beklagte auch berufen, obwohl § 1 Abs. 4 PAngV europarechtswidrig ist und deshalb nicht mehr angewendet werden darf.

Es kann offenbleiben, ob das Pfand überhaupt ein Bestandteil des nach § 1 Abs. 1 PAngV anzugebenden Gesamtpreises ist. Selbst wenn das so wäre, kann sich die Beklagte für ihre Preisauszeichnung auf § 1 Abs. 4 PAngV berufen. Die Vorschrift verstößt zwar gegen Europarecht, denn nationale Vorschriften zu Preisangaben müssen mit den Vorgaben aus EU-Richtlinien in Einklang stehen. § 1 Abs. 4 PAngV kann jedoch weder auf die europäische Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken noch auf die europäische Preisangaben-Richtlinie zurückgeführt werden. § 1 Abs. 4 PAngV ist deshalb richtlinienwidrig, was zur Folge hat, dass ein Gericht die Vorschrift nicht mehr anwenden darf. Gleichwohl ist sie geltendes Recht und deshalb für den Einzelnen bindend und von ihm zu beachten. Die Preisauszeichnung der Beklagten entspricht somit dem, was das Recht von ihr verlangt. Ein rechtlich gebotenes Verhalten kann aber niemals die Grundlage für eine Verurteilung sein, in der unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben wird, dieses Verhalten zu unterlassen. Eine solche Verurteilung wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, denn wer sich rechtstreu verhält, muss die Gewissheit haben, dafür nicht belangt zu werden. Die Folge des Widerspruchs zwischen der Nichtanwendbarkeit und der Gültigkeit des § 1 Abs. 4 PAngV kann deshalb nur die Abweisung der Unterlassungsklage sein.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Juli 2020, Az. 6 U 49/19, Revision wurde zugelassen)




OLG Hamburg: Grundpreis muss nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Gesamtpreis angegeben werden - § 2 Abs. 1 PAngV ist richtlinienkonform auszulegen

OLG Hamburg
Hinweisbeschluss vom 22.04.2020
3 U 154/19

Das OLG Hamburg hat in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass der Grundpreis nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Gesamtpreis angegeben werden muss. § 2 Abs. 1 PAngV ist insoweit richtlinienkonform auszulegen, da die deutsche Vorschrift unzulässigerweise über die Vorgaben von Art. 4 Abs. 1 RL 98/6/EG hinausgeht.

LG Köln: Bei pfandpflichtigen Getränken muss der Gesamtpreis nicht inklusive Pfand angegeben werden - § 1 Abs. 4 PAngV unionsrechtskonform

LG Köln
Urteil vom 03.04.2020
84 O 256/18


Das LG Köln hat entschieden, dass bei pfandpflichtigen Getränken der Gesamtpreis nicht inklusive Pfand angegeben werden muss. § 1 Abs. 4 PAngV ist - so das LG Köln - unionsrechtskonform.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Kammer vermag sich der insbesondere von Köhler (in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 1 PAngV, Rn. 28 sowie „Haircut“ bei der Preisangabenverordnung am 12.06.2013, WRP 2013, 723 ff., Rn. 43) vertretenen Ansicht, § 1 Abs. 4 PAngV verstoße gegen Art. 4 UGP-RL und dürfe nicht mehr angewandt werden, da weder die UGP-RL noch die RL 98/6/EG eine entsprechende Bestimmung kennen und auch die Mindestangleichungsklausel des Art. 10 RL 98/6/EG nach Art. 3 V 1 UGP-RL infolge Zeitablaufs nicht mehr eingreift, nicht anzuschließen. Hiergegen spricht, dass mit der Pfandregelung des § 1 Abs. 4 PAngV insbesondere auch umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden (BR-Drucks. 238/97, S. 7 f.), die außerhalb des Regelungsbereiches der UGP-RL liegen (so auch: Weidert in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Auflage 2016, § 1 PAngV, Rn. 73; Goldberg, (K)ein „Haircut“ bei der Preisangabenverordnung?, WRP 2013, 1561 ff. Rn. 40). § 1 Abs. 4 PAnGV ist im Jahre 1997 nicht zur Umsetzung von EU-Richtlinien erlassen worden, sondern zielt auf die Beseitigung einer optischen Benachteiligung von Mehrweggebinden gegenüber Einweggebinden ab und hat insoweit auch eine umweltpolitische Zielsetzung (BR-Drucks. 238/97, S. 8). Insoweit fällt § 1 Abs. 4 PAngV nicht in den Anwendungsbereich der UGP-RL.

Die Beklagte hat die Preise daher in Einklang mit der PAngV angegeben, so dass der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Unterlassung verlangen kann.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 30.000,00 €"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Bei Werbung für pfandpflichtige Getränke muss der Gesamtpreis nicht inklusive Pfand angegeben werden

OLG Köln
Urteile vom 06.03.2020
6 U 89/19 und 6 U 90/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass bei der Werbung für pfandpflichtige Getränke der Gesamtpreis nicht inklusive Pfand angegeben werden muss.

Die Pressemitteilung des OLG Köln:

Werbung ohne Flaschenpfand
Für Getränke muss nicht mit einem Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand geworben werden

Für Getränke muss nicht mit einem Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand geworben werden. Ein Wettbewerbsverband, der dies von zwei großen Handelsketten erreichen wollte, unterlag nun auch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln.

Der Wettbewerbsverband hatte die Beklagten dazu verpflichten wollen, bei der Werbung mit pfandpflichtigen Getränken den Gesamtpreis inklusive Pfand anzugeben. Das Landgericht Köln hatte die Klagen in zwei parallel geführten Verfahren abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteilen vom 06.03.2020 zurückgewiesen.

Der Kläger war der Auffassung, die Beklagten seien verpflichtet, bei der Bewerbung von Getränken einen Gesamtpreis einschließlich des Pfandes anzugeben. Soweit nach § 1 Abs. 4 der Preisangabenverordnung (PAngV) gerade kein Gesamtbetrag zu bilden sei, dürfe die Vorschrift mangels Grundlage im Recht der Europäischen Union nicht mehr angewendet werden. Dies ergebe sich aus Art. 7 Abs. 4 lit c) und Art. 3 Abs. 5 der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Dieser Auffassung folgte der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln nicht. Nach deutschem Recht - § 1 Abs. 4 PAngV - sei die Einbeziehung des Pfandes in den Gesamtpreis unzulässig. Es könne keinen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch auslösen, dass die Beklagten das deutsche Recht eingehalten hätten. Zwar habe die deutsche Vorschrift keine Grundlage im Recht der Europäischen Union. Sie sei jedoch geltendes deutsches Recht und daher vom Gericht gerade auch im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes niedergelegte Rechtsstaatsprinzip anzuwenden. Der deutsche Gesetzgeber habe trotz der geltend gemachten Bedenken bis heute keine Veranlassung gesehen, die Preisangabenverordnung zu ändern. Das Gericht sei an das geltende Recht gebunden und nicht befugt, eine bestehende Vorschrift zu ignorieren. Es könne sich insbesondere nicht aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz bewegen. EU-Richtlinien hätten keine unmittelbare Geltung in den EU-Mitgliedsstaaten und eine richtlinienkonforme Auslegung von § 1 Abs. 4 PAngV sei nicht möglich.

Darüber hinaus ist der Senat aber auch der Auffassung, dass die Vorschrift des § 1 Abs. IV der PAngV außerhalb des vollharmonisierten Regelungsbereichs der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stehe und vom deutschen Gesetzgeber nicht gestrichen werden musste. Die Vorschrift verfolgt den umweltpolitischen Zweck, Benachteiligungen von Mehrweggebinden gegenüber Einweggebinden bei der Preisangabe zu vermeiden, weil andernfalls Mehrwegflaschen teurer erschienen. Der Senat betont auch, dass die Preisauszeichnung gemäß § 1 Abs. 4 PAngV die Interessen der Verbraucher wahrt und gerade nicht spürbar beeinträchtigt. Die separate Auszeichnung von Warenpreis und zu zahlendem Pfand sei nicht nur marktüblich, sondern auch in hohem Maße transparent. Sie trage erheblich dazu bei, Rechenfehler bei der Ermittlung des relevanten Warenpreises ohne Pfand zu vermeiden. Der Auffassung einiger Landgerichte, wonach § 1 Abs. 4 PAngV nicht mehr angewendet werden dürfe, sei nicht zu folgen. Es gebe keine tragende Begründung für die Forderung, geltendes Recht zu ignorieren.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Urteile des Oberlandesgerichts Köln vom 06.03.2020 - Az. 6 U 89/19 und 6 U 90/19.



OLG Frankfurt: Online-Shop muss nach der PAngV Versandkosten bereits vor Einlegen der Ware in den Warenkorb anzeigen da dies bereits ein geschäftliche Handlung ist

OLG Frankfurt
Urteil vom 10.01.2019
6 U 19/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Online-Shop nach der PAngV die anfallenden Versandkosten bereits vor Einlegen der Ware in den Warenkorb anzeigen muss, da dies bereits ein geschäftliche Handlung ist

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klageantrag I.) erweist sich als zulässig und begründet. Auch die begehrten Folgeansprüche stehen der Klägerin zu.

1.) Der Antrag zu I. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.

a) Nach § 253 II Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 S. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Bekl. deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (vgl. BGH GRUR 2005, 692 - "statt"-Preis; BGH GRUR 2003, 958 - Paperboy). Aus diesem Grund sind in der Rechtsprechung wiederholt Unterlassungsanträge, die Formulierungen wie "eindeutig" und "unübersehbar" enthielten, für zu unbestimmt und damit als unzulässig erachtet worden (vgl. BGH, GRUR 1978, 652 - mini-Preis; GRUR 1978, 649 - Elbe-Markt; GRUR 1979, 116, 117 - Der Superhit).

b) Der Antrag richtet sich gegen die konkrete Verletzungsform (Anlage K 1), die deswegen beanstandet wird, weil sie nach Auffassung der Klägerin keine deutliche oder sonst hinreichende Information über die Versandkosten enthalte. Unter diesen Umständen verdeutlicht der abstrakt beschreibende Teil nur, unter welchem Gesichtspunkt die konkrete Verletzungsform angegriffen wird. Das Charakteristische der unter diesem Gesichtspunkt beanstandeten Verletzungsform besteht allerdings darin, dass sie keinerlei Angaben über die Versandkosten enthält. Daher wird mit dem gegen diese Verletzungsform gerichteten Antrag nicht das Ziel verfolgt, etwa ein Verbot auszusprechen, das alle Fälle unzureichender Information über die Versandkosten erfasst. Es sollen nur solche Angebote untersagt werden, die in gleicher Weise wie die angegriffene konkrete Verletzungsform (einschließlich kerngleicher Abwandlungen) Informationen über die Versandkosten vollständig vermissen lassen (vgl. zur Zulässigkeit entsprechender Klageanträge in solchen Fällen BGH GRUR 2005, 692 - "statt"-Preis, Rn. 18).

2.) Der Klageantrag I. ist insoweit auch begründet. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, § 3a UWG i.V.m. § 1 II, VI PangV und §§ 5, 5a III Nr. 3 UWG vor.

a) Die Parteien waren und sind Wettbewerber (§ 2 I Nr. 3 UWG).

Das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zum Verletzungszeitpunkt hat das Landgericht zu Recht angenommen. Die Klägerin vertreibt ebenso wie die Beklagte Poster, Fotokalender sowie verschiedene Foto- und Druckereiprodukte. Der in Anlage K 10 bzw. K 10-1 vorgelegte Internetauftritt der Klägerin - deren Echtheit von der Beklagten nicht bestritten wird - lässt keinerlei Zweifel daran, dass die Parteien unmittelbare Wettbewerber waren. Zwar hat die Beklagte bestritten, dass die Ausdrucke vom 31.05.2017 stammen. Dies stellt jedoch kein zulässiges Bestreiten dar. Die Beklagte kann sich nicht darauf beschränken, das Aussehen ihrer eigenen Internetseite an einem bestimmten Tag zu bestreiten. Sie müsste aufgrund der Tatsache, dass es sich um Tatsachen aus ihrer Wahrnehmungs- und Verantwortungssphäre handelt, genauer darlegen, wie ihre Seite zu dem behaupteten Zeitpunkt tatsächlich ausgesehen hat.

Im Hinblick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch muss das Wettbewerbsverhältnis indes nicht nur zum Verletzungszeitpunkt bestanden haben, sondern auch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (BGH GRUR 1995, 697, 699 - FUNNY PAPER). Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, eine X-Suche nach dem Unternehmenskennzeichen "A" führe nur zu einer A ... SE, firmierend unter der Adresse der Klägerin. Dieser Vortrag ist jedoch nicht erheblich. Dass sich an der Ausgestaltung der Seite, insbesondere im für die Verantwortlichkeit für die Seite entscheidenden Impressum irgendetwas geändert habe, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

b) § 3a UWG ist grundsätzlich neben § 5a UWG anwendbar. Die Voraussetzungen des dort geregelten Unlauterkeitstatbestands, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information "je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen" und "deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte", stellen nach § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UWG zusätzliche Tatbestandsmerkmale dar, die als solche selbständig geprüft werden müssen (vgl. BGH, GRUR 2017, 922 Rn. 31 - Komplettküchen; GRUR 2018, 438 Rn. 36 - Energieausweis; GRUR 2018, 324 Rn. 24 - Kraftfahrzeugwerbung). Für das Erfordernis der Spürbarkeit im Sinne von § 3a UWG gilt nichts anderes. Besteht der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist dieser Verstoß nur dann spürbar im Sinne von § 3a UWG, wenn er die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

c) In der Sache liegt ein Verstoß gegen § 3a UWG i.V.m. § 1 II, VI PangV vor.

aa) Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liegt im Allgemeinen nicht schon darin, dass auf einer Internetseite nur der Preis einer Ware ohne Hinweis darauf genannt wird, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Der Verbraucher rechnet im Versandhandel damit, dass zusätzlich zum Warenpreis noch Versandkosten anfallen können. Daher genügt es in aller Regel den Anforderungen des § 1 VI PAngV, wenn die nach § 1 II 1 Nr. 2 PAngV anzugebenden Liefer- und Versandkosten alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite genannt werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb notwendig aufgerufen werden muss (vgl. BGH GRUR 2010, 1110 , Rnr. 22 f. - Froogle; BGH, GRUR 2008, 84 Rnrn. 31 u. 33 - Versandkosten; GRUR 2010, 248 Rnrn. 24ff. - Kamerakauf im Internet).

Die Höhe der Liefer- und Versandkosten hängt zudem häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden ab. Deshalb reicht es auch im Hinblick auf § 1 II 2 PAngV aus, bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis "zzgl. Versandkosten" aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird (BGH, GRUR 2010, 248 Rnr. 27 - Kamerakauf im Internet).

Die erforderlichen Informationen dürfen dem Verbraucher aber nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet hat (BGH GRUR 2010, 248 , Rnr. 24 f. - Kamerakauf im Internet; BGH, GRUR 2008, 84 Rnr. 33 - Versandkosten). Der Verbraucher benötigt die Angaben nach der Preisangabenverordnung nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits dann, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Nach Art. 7 II der Richtlinie 2005/29/EG müssen die für den Verbraucher wesentlichen Informationen "rechtzeitig" bereitgestellt werden. Dies gilt auch für die im Falle der Aufforderung zum Kauf erforderlichen Informationen i.S. des Art. 7 IV lit. c der Richtlinie 2005/29/EG, zu denen die nach der Preisangabenverordnung erforderlichen Angaben zählen. Wie sich aus dem Zweck des Art. 7 der Richtlinie und dem systematischen Zusammenhang der Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung ergibt, muss die Information so rechtzeitig erfolgen, dass der durchschnittliche Verbraucher eine "informierte geschäftliche Entscheidung" treffen kann. Dabei sind gem. Art. 7 I der Richtlinie die Beschränkungen des Kommunikationsmediums zu berücksichtigen.

bb) Diese Anforderungen an die Information des Verbrauchers erfüllt die Beklagte auf ihrer Seite nicht, da diese gar keinen Hinweis auf Versandkosten enthält.

Nach dem Ablauf der Bestellungen im Online-Shop der Beklagten entscheidet sich der Kunde zwar erst dann endgültig für den Kauf einer Ware, wenn er nach Eingabe seiner persönlichen Daten und Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bekl. seine Bestellung absendet. Zu diesem Zeitpunkt sind die Versandkosten bereits offenbart. Das ändert aber nichts daran, dass eine Ware nur dann in den virtuellen Warenkorb eingelegt wird, wenn der Kunde sich zuvor näher mit ihr befasst und jedenfalls vorläufig für ihren Erwerb entschieden hat. Schon das Einlegen in den Warenkorb ist eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, für die er alle wesentlichen Informationen benötigt. Dazu zählen sowohl die Angabe der Liefer- und Versandkosten als auch, wie sich aus Art. 5 II der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr ergibt, der Hinweis auf im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer (vgl. BGH, GRUR 2008, 532 Rnr. 28 - Umsatzsteuerhinweis).

Nach dem Tatbestand des Urteils erschien vor Einleitung der Bestellung keine Seite mit den erforderlichen Informationen; an einem Hinweisfenster fehlt es. Die Beklagte hatte zwar in der Klageerwiderung und in der Duplik behauptet, sie weise auf ihrer Webseite durch einen Sternchenhinweis auf die Versandkosten hin. Die Anlage K 1 lässt einen solchen Sternchenhinweis jedoch nicht erkennen. Dass die von Klägerseite vorgelegte Anlage K 1 manipuliert ist, hat die Beklagte nicht behauptet, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass ein Sternchenhinweis nicht vorhanden war.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die Seite 5 der Anlage K 1 die Internetseite ausweislich des Scrollbalkens nur zur Hälfte zeige, ist dies richtig, ändert jedoch an der rechtlichen Bewertung nichts. Dies wäre nämlich allenfalls dann von Bedeutung, wenn sich auf der unteren - nicht gezeigten - Hälfte Hinweise zu Versandkosten befänden. Dies behauptet die Beklagte allerdings nicht in einer substantiierten Weise.

3.) Die Berufung hat auch Erfolg, soweit die Klägerin die in erster Instanz abgewiesenen Folgeansprüche auf Auskunft und Schadensersatz für alle erstinstanzlich anhängigen Verletzungshandlungen weiterverfolgt. Die Haftung der Beklagten folgt aus § 831 BGB.

a) Das Landgericht hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, § 8 II UWG gelte nur für Unterlassungsansprüche. Der Anwendung des § 831 BGB steht die in § 8 II UWG enthaltene Regelung jedoch nicht entgegen. Die Bestimmung des § 8 II UWG soll verhindern, dass sich der Inhaber eines Unternehmens hinter von ihm abhängigen Dritten verstecken kann, und begründet daher einen zusätzlichen selbstständigen Anspruch gegen den Inhaber des Unternehmens (vgl. BGH, GRUR 1995, 605 - Franchise-Nehmer; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler/Feddersen, 37. Aufl. 2019, UWG § 8 Rnr 2.32-2.34; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 4. Aufl. 2016, UWG § 8 Rnr. 255-259). Sie gilt nach ihrem Wortlaut für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche und erfasst nach ihrem Sinn und Zweck auch Auskunftsansprüche, die der Durchsetzung dieser Abwehransprüche dienen. Dagegen gilt sie - anders als die mit ihr ansonsten vergleichbaren Regelungen in § 13 VII und § 128 III MarkenG - nicht für Schadensersatzansprüche nach § 9 UWG und damit in Zusammenhang stehende Auskunftsansprüche (vgl. BGH, GRUR 2006, 426 Rdnr. 24 - Direktansprache am Arbeitsplatz II. Eine Sperrwirkung des § 8 II UWG liefe dem erklärten Zweck der Regelung des § 8 II UWG zuwider, den Gläubigern wettbewerbsrechtlicher Ansprüche eine stärkere Stellung zu verschaffen (BGH GRUR 2012, 1279 , Rnr. 43 - Das große Rätselheft).

b) Die Tat ist auch von einem Verrichtungsgehilfen begangen worden.

Zu einer Verrichtung bestellt ist, wem mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn eine Tätigkeit übertragen wurde, bei der er weisungsgebunden, also von dessen Weisungen abhängig ist. Zu den weisungsgebundenen Gehilfen gehören in erster Linie und typischerweise Arbeitnehmer. Hier ist nach den Gesamtumständen prima facie davon auszugehen, dass entweder der Geschäftsführer der Beklagten oder einer ihrer Mitarbeiter den Internetauftritt gemäß Anlage K 1 veranlasst oder gebilligt haben. Es wäre daher an der Beklagten gewesen, eine hiervon abweichende Sonderkonstellation vorzutragen, z.B. bei der Beauftragung externer Dritter. Trotz des Hinweises des Senats hat die Beklagte hierzu nichts vorgetragen.

c) Die Voraussetzungen für den Auskunfts- und Schadenersatz liegen im Übrigen vor. Das Landgericht hat im Urteil für die Unterlassungsansprüche mit ausführlicher Begründung bejaht, warum jeweils UWG-Verstöße vorliegen. Der Senat schließt sich insoweit der Begründung, gegen die die Beklagte auch nichts eingewendet hat, vollumfänglich an.

Die für den Schadensersatzfeststellungsanspruch notwendige (geringe) Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt ebenfalls vor."



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LG Hamburg: Grundpreis muss nicht in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis angegeben werden - Europarechtskonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 PAngV im Sinne der EU-Preisangabenrichtlinie

LG Hamburg
Urteil vom 20.08.2019
406 HKO 106/19

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Grundpreis nicht in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis angegeben werden muss. Dies folgt - so das Gericht - aus der gebotenen europarechtskonformen Auslegung von § 2 Abs. 1 PAngV im Sinne der EU-Preisangabenrichtlinie.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der zulässige Widerspruch ist begründet. Die einstweilige Verfügung erweist sich unter Berücksichtigung des Parteivorbringens im Widerspruchsverfahren im Umfang des Widerspruchs als zu Unrecht ergangen, weil bei europarechtskonformer Auslegung des § 2 Abs. 1 der Preisangabenverordnung abweichend von dessen Wortlaut eine Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises nicht erforderlich ist.

Wie auch von Antragstellerseite zu Recht nicht in Zweifel gezogen wird, dürfen die Vorschriften der Preisangabenverordnung wegen der Vollharmonisierung dieses Rechtsgebietes keine strengeren Anforderungen stellen als die maßgeblichen Normen des Europarechtes. Hinsichtlich des Grundpreises heißt es hierzu in Art. 4 Abs. 1 der EU-Preisangabenrichtlinie: „Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.“ Entgegen der Auffassung des Antragstellers setzt dies nicht notwendig voraus, dass der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben wird. Dem Wortlaut der Norm nach ist eine unmissverständliche, klar erkennbare und gut lesbare Angabe des Grundpreises auch an anderer Stelle als in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises möglich.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus Art. 6 der Erwägungsgründe der Richtlinie ein Anhaltspunkt dafür, dass die vorgenannte Regelung eine Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises erfordert. Nach dem 6. Erwägungsgrund trägt die Verpflichtung, den Verkaufspreis und den Preis je Maßeinheit anzugeben, merklich zur Verbesserung der Verbraucherinformation bei, da sie den Verbrauchern auf einfachste Weise optimale Möglichkeiten biete, die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen und somit anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen. Dieser Erwägungsgrund spricht im Gegenteil dafür, dass bereits die Regelung der Grundpreisangabe in Art. 4 Abs. 1 optimale Möglichkeiten zum Preisvergleich biete, ohne dass es zusätzlicher, im Wortlaut der Norm nicht enthaltener Anforderungen bedürfe. Soweit der Antragsteller geltend macht, Grundpreis und Gesamtpreis müssten auf einen Blick wahrnehmbar sein, weil nicht ersichtlich sei, wie ein optimaler Preisvergleich möglich sein solle, wenn nicht beide Preise von dem Verbraucher auf einen Blick wahrgenommen werden können, verkennt der Antragsteller, dass Gegenstand des Preisvergleiches nicht Grundpreis und Gesamtpreis sind, sondern die Grundpreise verschiedener Artikel. Damit lässt sich kein Anhaltspunkt dafür feststellen, dass die EU-Preisangabenrichtlinie über ihren Wortlaut hinaus eine Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gefordert hätte. Vielmehr geht die Richtlinie davon aus, dass optimale Möglichkeiten des Preisvergleiches auf einfachste Weise bereits dann bestehen, wenn der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sind. Dies entspricht auch den Tatsachen. Wenn die Grundpreisangabe unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar ist, bietet sie dem Verbraucher tatsächlich optimale Möglichkeiten des Preisvergleiches. § 2 Abs. 1 der Preisangabenverordnung ist daher europarechtskonform dahin auszulegen, dass es ausreicht, wenn der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird, auch wenn dies nicht in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises erfolgt.


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OLG Schleswig-Holstein: Gesamtpreis einer Kreuzfahrt muss obligatorische Trinkgelder enthalten und diese müssen angegeben werden

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 13.12.2018
6 U 24/17


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass der Gesamtpreis einer Kreuzfahrt obligatorische Trinkgelder enthalten muss und diese angegeben werden müssen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in zwei kürzlich ergangenen Entscheidungen die Rechte von Verbrauchern gestärkt. In einer Entscheidung zur Zusammensetzung des Gesamtpreises für eine Kreuzfahrt hat der 6. Zivilsenat entschieden, dass obligatorische Trinkgelder im beworbenen Reisepreis angegeben werden müssen.

[...]

Zum Sachverhalt "Kreuzfahrt": Die Beklagte, die Schiffsreisen vermittelt, hat mit einem Gesamtpreis für eine Kreuzfahrt geworben. In diesem Gesamtpreis fehlte die Angabe eines Serviceentgelts von 10 € pro Tag. Nach den Vertragsbedingungen muss das Serviceentgelt von jedem Kreuzfahrtgast bezahlt werden. Es wird nur dann nicht berechnet, wenn der Gast eine Nacht nicht an Bord verbringt. Der Kläger, ein Verein zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung einer derartigen Werbung in Anspruch. Das Landgericht Lübeck hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Aus den Gründen "Kreuzfahrt": Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter dem Begriff "Gesamtpreis" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Preisangabenverordnung der Preis zu verstehen, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile vom Verbraucher zu zahlen ist. Sonstige Preisbestandteile sind dabei alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind. Dies zu Grunde gelegt, stellt das von der Beklagten erhobene Serviceentgelt einen sonstigen Preisbestandteil dar, denn es handelt sich nicht um eine freiwillige Leistung des Gastes. Vielmehr wird dessen Bordkonto zwingend mit dem Trinkgeld belastet und der Gast braucht das Serviceentgelt nur dann nicht zu entrichten, wenn er eine Nacht nicht an Bord verbringt. Aus diesem Grunde ist das Serviceentgelt im Gesamtpreis zu berücksichtigen und auszuweisen.
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 13. Dezember 2018, Az. 6 U 24/17) [...]




BGH: Werbung ohne Preisangabe für das beworbene Produkt unterfällt nicht PAngV - Werbung im Schaufenster durch Präsentation ohne Preisangabe

BGH
Urteil vom 10.11.2016
I ZR 29/15
Hörgeräteausstellung
PAngV § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 4 Abs. 1; UWG § 5a Abs. 2; Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der ihnen angebotenen Erzeugnisse; Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken Art. 3 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass Werbung ohne Preisangabe für das beworbene Produkt nicht der PAngV unterfällt. Vorliegend ging es um Werbung im Schaufenster durch Präsentation der Ware ohne Preisangabe.

Leitsätze des BGH:

a) Die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV hat ihre (alleinige) unionsrechtliche
Grundlage in der Richtlinie 98/6/EG.

b) Eine Werbung, in der kein Preis für das beworbene Produkt angegeben ist, kann nicht als Angebot im Sinne der Richtlinie 98/6/EG und - entsprechend - im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV angesehen werden.

c) Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 PAngV erfasst nicht die reine Werbung im Schaufenster
durch Präsentation der Ware ohne Preisangabe.

d) Die der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG dienende Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG ist hinsichtlich des in der Richtlinie 98/6/EG geregelten Aspekts eines in einer Werbung angegebenen oder anzugebenden Verkaufspreises einer Ware nicht anwendbar.

BGH, Urteil vom 10. November 2016 - I ZR 29/15 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Köln: Bei Verkauf von Klebeband muss der Grundpreis angegeben werden - Verstoß gegen Preisangabenverordnung

AG Köln
Urteil vom 23.05.2016
142 C 566/15


Das AG Köln hat entschieden, das beim Verkauf von Klebeband der Grundpreis angegeben werden muss. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

" 2 Abs. 1 PAngV sieht vor, dass derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben hat. Dies gilt auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt. Nach § 2 Abs. 3 PAngV ist die Mengeneinheit für den Grundpreis jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Sinn und Zweck der Angabe des Grundpreises ist es, dem Verbraucher im Interesse der Preisklarheit bei Waren, die in unterschiedlichen Quantitäten angeboten werden, einen leichteren Überblick über die Preisgestaltung und damit eine einfachere Möglichkeit des Preisvergleiches zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013 – I ZR 139/12 –, juris). Die Voraussetzung der unmittelbaren Nähe zu dem Gesamtpreis ist richtlinienkonfom (RL 98/6; PreisangabenRL-EU) dahingehend zu verstehen, dass Gesamtpreis und Grundpreis unmissverständlich, klar und gut lesbar sein müssen, zudem beide Preise auf einen Blick für den Verbraucher erkennbar sein müssen (Köhler/Bornkamm, UWG, § 3 PAngV Rn. 3; LG Erfurt, Urteil vom 10. Juli 2015 – 3 O 1333 /14 –). In jedem Fall müssen die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Die Pflicht zur Grundpreisangabe wird dann nicht ausgelöst, wenn Angaben über Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche ausschließlich zur Erläuterung des Produkts bzw. zur Verbraucherinformation erfolgen wie z.B. Angabe von Länge und Breite bei Handtüchern und Bettwäsche, Angabe der Länge bei Gürteln oder Schnürsenkeln, Angabe des Volumens bei Töpfen und anderen Behältnissen. Bei den genannten Beispielen dient die Größenangabe jeweils der Auswahl des Produktes als für den Verbraucher passend (LG Düsseldorf - Urteil vom 09.09.2015 - 12 O 465/14 zitiert nach juris).

Auf dieser Grundlage ist vorliegend ein Verstoss gegen Ziffer 1 und 2 des Unterlassungvertrages festzustellen. Die streitgegenständlichen Angebote der Beklagten betreffend der Klebebänder vom 14.08.2015 wurden im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform ebay unter Bürobedarf veröffentlicht und unterfallen Ziffer 1 des Unterlassungsvertrages. Die Angebote unterfallen weiter dem Begriff der Werbung unter Ziffer 2, da Werbung nur ein "Minus" zu Angebot ist (BGH, MDR 2009, 1294 f.) Bei den Klebebändern handelt es sich sodann um Verkaufseinheiten ohne Umhüllung (§ 2 Abs. 1 PAngV iVm. § 33 FertigpackungsV, vgl. zur Maßgeblichkeit der FPV Köhler/Bornkamm, UWG, 3 § PAngV Rn. 2), da § 33 FPV ausdrücklich „Bänder“ sowie „Geflechte und Gewebe jeder Art“ erfasst. Schliesslich wurden sie entgegen der Ansicht der Beklagten der Länge nach angeboten. Zwar ist der Beklagte zuzugestehen, dass sie in der Artikelbeschreibung auch Angaben zu der Breite machte ( 66 Meter x 48 mm breit bzw. 50 mm x 50 m vgl. Bl.22, 24, 27 d.A. dort die 2 mittleren Angebote). Indes ändert das nichts daran, dass die Angaben zur Länge massgeblich sind; denn letztlich besteht die Beschreibung aus Angaben zu den Seitenlängen des Bandes. Die Beklagte macht gerade keine Angaben zur Fläche, die nach § 2 Abs. 3 PAngV in qm zu machen gewesen wären. Die Verwendung des Wortes Breite ändert daran nichts; denn auch sie wird in Längenmassen angegeben. Zudem ist nach der Verkehrsauffassung für den Verbraucher bei Klebeband hinsichtlich der Ergiebigkeit des Produktes die Länge für einen Preisvergleich massgebend. Sie zeigt ihm an, wieviel Band ihm zur Verwendung zur Verfügung steht, während die Breite nur von Bbedeutung ist für die Frage der Stabilität der Verklebung. Die Längenangabe ist daher der für den Verbraucher zum Preisvergleich entscheidende Parameter. Er dient anders als die Breite nicht nur der Information des Verbrauchers über die Klebewirkung. Zuletzt ist sowohl auf den Artikelseiten (Bl. 22, 24 dA.) als auch auf der Galerieseite (Bl. 27 d.A.,) bei den streitgegenständlichen Angebote an keiner Stelle ein Grundpreis ausgewiesen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: