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LG Freiburg: Wettbewerbsverstoß nach § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 3 BGB durch Voreinstellung eines mit Zusatzkosten verbunden Expressversands im Online-Shop

LG Freiburg
Urteil vom 16.06.2023
12 O 57/22 KfH


Das LG Freiburg hat entschieden, dass es nach § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 3 BGB wettbewerbswidrig ist, wenn in einem Online-Shop ein mit Zusatzkosten verbundener Expressversand voreingestellt ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Die Beklagte betreibt unter www.pearl.de einen Versandhandel im Internet. Der Kläger - ein Verbraucherschutzverband - will ihr untersagen lassen, den Expressversand, den die Beklagte für einen Teil ihrer Produkte anbietet, im Wege eines "opt-out" voreinzustellen. Der Kläger trägt vor, dies verstoße gegen § 312a Abs. 3 BGB. Er beantragt wie erkannt. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, dass sie bestimmte Artikel grundsätzlich per Express versende. Bei diesen sei der Expressversand keine Zusatzleistung, sondern Teil der vereinbarten Hauptleistung. Außerdem finde § 312a Abs. 3 BGB keine Anwendung, da das Vorgehen transparent sei und dem Verbraucher nicht unbemerkt ein Zusatzentgelt untergeschoben werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.

III. Die Klage ist auch begründet.

1. Es besteht ein Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten geschäftlichen Handlungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1,§ 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 3 BGB.

Das auf der Internetseite der Beklagten praktizierte Voreinstellen des Expressversands, für den ein Zuschlag zu bezahlen ist, verstößt gegen § 312a Abs. 3 BGB.

a) Bei dem Expressversand handelt es sich um eine entgeltliche Zusatzleistung neben der Hauptleistung gemäß § 312a Abs. 3 Satz 1 BGB.

In der mündlichen Verhandlung war unstreitig, dass der Preis für den Kugelgrill, der auf dem im Urteilstenor wiedergegebenen Screenshot zu sehen ist, 111,99 € beträgt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Kunde anstelle des voreingestellten Expressversands den Standardversand wählt. Andernfalls muss er 111,99 € + 1,00 € Expresszuschlag = 112,99 € (zzgl. Versandkosten) bezahlen.

Somit gehört zur Hauptleistung die Lieferung im Standardversand. Der Expressversand ist der Sache nach eine Zusatzleistung, für die ein zusätzliches Entgelt zu entrichten ist.

Dass der Expressversand entgegen der. Argumentation der Beklagten nicht Teil der Hauptleistung ist, zeigt im übrigen auch die Wortwahl in dem Angebot. Als Preis für den Kugelgrill werden 111,99 € genannt, und das Produkt wird als „expressfähig“ bezeichnet. In der nächsten Zeile wird der Expressversand gegen einen „Expresszuschlag“ von 1,00 € angeboten.

b) Nach § 312a Abs. 3 Satz 2 BGB darf im elektronischen Geschäftsverkehr der Unternehmer die Zahlungsvereinbarung über eine Nebenleistung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführen, etwa - wie hier - durch ein „opt-out“ (vgl. z.B. Grüneberg-Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 312a Rn. 4; BeckOK BGB - Martens, 65. Ed. 2023, 8 312a Rn. 23).

c) Mit dem Argument, ihre Angebotsgestaltung sei transparent, weshalb § 312a Abs. 3 BGB keine Geltung beanspruchen könne, dringt die Beklagte nicht durch.

Zum einen untersagt § 312a Abs. 3 BGB nach seinem eindeutigen Wortlaut jegliche Voreinstellung zahlungspflichtiger Zusatzleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Für eine ein- schränkende Auslegung ist insoweit kein Raum.

Zum anderen ist die Angebotsgestaltung der Beklagten auch nicht wirklich transparent. Denn der Produktpreis wird in dem genanntem Beispiel mit 111,99 € angegeben. Dieser Preis springt ebenso ins Auge wie die darunter stehende Gesamtsumme von ebenfalls 111,99 €. Der Expresszuschlag, der angeblich Teil der Hauptleistung sein soll, ist hierin jedoch nicht enthalten, sondern kommt am Ende hinzu, was ein Verbraucher aufgrund der Aufmachung zunächst durchaus über- lesen kann.

2. Die Androhung von Ordnungsmitteln hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Grundpreis muss nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein sondern auch zusammen mit Verkaufspreis auf einen Blick wahrgenommen werden können

BGH
Versäumnisurteil vom 19.05.2022
I ZR 69/21
Grundpreisangabe im Internet
UWG § 5a Abs. 2 und 4; PAngV § 2 Abs. 1; Richtlinie 98/6/EG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Grundpreis nicht nur für sich genommen deutlich wahrnehmbar sein muss, sondern auch zusammen mit dem Verkaufspreis auf einen Blick wahrnehmbar sein muss.
Leitsätze des BGH:
a) § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV geht mit seiner Forderung, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, nicht über die Mindestharmonisierung der Richtlinie 98/6/EG hinaus. § 2 Abs. 1 Satz 1 PAnGV konkretisiert damit lediglich das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG.

b) Da der Grundpreis als Preis je Maßeinheit auf den Verkaufspreis bezogen ist, ist er nicht schon dann klar erkennbar, wenn er für sich genommen deutlich wahrnehmbar ist. Vielmehr ist er nur dann als solcher klar erkennbar, wenn er in dem Sinne in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises steht, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden kann (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 163/06, GRUR 2009, 982 = WRP 2009, 1248 - Dr. Clauder's Hufpflege).

BGH, Versäumnisurteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - OLG Naumburg - LG Halle

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



PSD 2: BaFin gewährt Unternehmen zeitlich befristet Erleichterungen bei der Kundenauthentifizierung

Die Pressemitteilung des BaFin

PSD 2: BaFin ermöglicht Erleichterungen bei Kundenauthentifizierung

Zahlungsdienstleister mit Sitz in Deutschland dürfen Kreditkartenzahlungen im Internet ab dem 14. September 2019 vorerst auch ohne Starke Kundenauthentifizierung ausführen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird dies zunächst nicht beanstanden. Sie will damit Störungen bei Internet-Zahlungen verhindern und einen reibungslosen Übergang auf die neuen Anforderungen der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive 2 – PSD 2) ermöglichen.

Ab dem 14. September 2019 ist bei Online-Zahlungen eine starke Kundenauthentifizierung notwendig. Diese soll das Einkaufen im Internet sicherer machen. Bei Kreditkartenzahlungen reicht es dann nicht mehr aus, lediglich die Kreditkartennummer und Prüfziffer einzugeben. Kunden müssen zusätzlich beispielsweise eine Transaktionsnummer (TAN), die zuvor an ihr Mobiltelefon gesendet wurde, und außerdem ein Passwort nennen.

Nach Einschätzung der BaFin sind die kartenausgebenden Zahlungsdienstleister in Deutschland auf die neuen Anforderungen vorbereitet. Anders sieht dies bei den Unternehmen aus, die Kreditkartenzahlungen im Internet als Zahlungsempfänger nutzen. Bei ihnen besteht nach wie vor erheblicher Anpassungsbedarf. Damit Verbraucher und Unternehmen dennoch weiterhin online mit der Kreditkarte bezahlen können, wird die BaFin für Kreditzahlungen im Internet vorübergehend nicht auf einer Starken Kundenauthentifizierung bestehen. Diese Möglichkeit hatte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) den nationalen Aufsehern eingeräumt. Das bereits heute bei Internetzahlungen übliche Sicherheitsniveau bleibt erhalten. Zivilrechtliche Haftungsregelungen, etwa zwischen dem Kreditkarteninhaber und dem Zahlungsdienstleister, bleiben von der Maßnahme unberührt, so dass für Verbraucher und andere Zahler im Internet kein Nachteil entsteht.

Die Erleichterungen sind zeitlich befristet. Wann sie auslaufen, wird die BaFin festlegen, nachdem sie die Markteilnehmer konsultiert und sich mit der EBA und den nationalen europäischen Aufsichtsbehörden abgestimmt hat. In der Zwischenzeit erwartet die BaFin, dass alle Beteiligten ihre Infrastrukturen so schnell wie möglich so anpassen, dass diese in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eine Starke Kundenauthentifizierung ermöglichen. Dazu sind konkrete Migrationspläne zu erarbeiten. Die Erleichterungen betreffen ausschließlich Kreditkartenzahlungen im Internet.

Hintergrund zur PSD2
Die PSD 2 verpflichtet Zahlungsdienstleister, ab dem 14. September 2019 eine Starke Kundenauthentifizierung durchzuführen, wenn der Zahler einen elektronischen Zahlungsvorgang auslöst. Die Vorgaben gelten in der gesamten Europäischen Union.

Bei der Starken Kundenauthentifizierung werden zwei voneinander unabhängige Elemente verwendet. Diese müssen aus zwei der drei Kategorien Wissen, Besitz und Inhärenz stammen. Beispiele dafür sind ein Passwort (Wissen), ein Mobiltelefon (Besitz) oder ein persönlicher Fingerabdruck (Inhärenz).

Die Vorgaben zur Starken Kundenauthentifizierung gelten auch bei Kreditkartenzahlungen im Internet. Die bislang übliche Authentifizierung über die Eingabe von Kreditkartennummer und Prüfziffer erfüllt die neuen Vorgaben nicht. Vielmehr sind auch hier zusätzlich zwei Elemente aus den erwähnten Kategorien zu verwenden. Ausnahmen von den neuen Anforderungen sind eng begrenzt und betreffen beispielsweise bestimmte Kleinbetragszahlungen.

(Weitere Informationen zur Starken Kundenauthentifizierung und den Ausnahmen davon finden sich auf der Webseite der BaFin unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2018/fa_bj_1806_Starke_Kundenauthentifizierung.html).