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OLG Schleswig-Holstein: Wettbewerbswidrige Preisangabe in Google-Shopping-Anzeige für Bestandteile von Photovoltaikangaben ohne Umsatzsteuer bei fehlender Belehrung über § 12 Abs. 3 UStG

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 15.06.2023
6 W 9/23


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Preisangabe in einer Google-Shopping-Anzeige für Bestandteile von Photovoltaikangaben ohne Umsatzsteuer vorliegt, wenn keine Belehrung über die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung nach § 12 Abs. 3 UStG vorgehalten wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG. Hiernach kann ein Mitbewerber gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen, die u. a. bei unwahren, oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über den Preis oder die Art und Weise, wie er berechnet wird, vorliegen. Eine fehlende oder unklare Preisauszeichnung kann zudem einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 UWG darstellen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., vor § 1 PAngV, Rn. 6 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.

a) Die Antragstellerin ist als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Mitbewerber ist gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren und Dienstleitungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d. h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, GRUR 1999, 69/70 - Preisvergleichsliste ll; BGH, GRUR 2004,877 - Werbeblocker). Die Antragstellerin hat unwidersprochen dargelegt und glaubhaft gemacht, gleichartige Produkte zu vertreiben (Anlage AS4, Bl. 90).

b) Bei dem beanstandeten, in Google-Shopping eingestellten Angebot der Antragsgegnerin handelt es sich unproblematisch um eine geschäftliche Handlung der Antragsgegnerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, da sie darauf gerichtet ist, den Absatz der beworbenen Produkte zu fördern.

c) Der in der Google-Anzeige angeführte Preis verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit (vgl. zu beidem Bornkamm/Feddersen in Köhler u.a., § 5 UWG, Rn. 3.22 f.). Der Preisangabe lässt sich nicht entnehmen, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Steuersatz geknüpft ist.

d) Diese fehlende Aufklärung über die Bedingungen, unter denen der angegebene Preis gilt, verursacht bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Irrtum.

aa) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des Landgerichtes richtet sich die Anzeige nicht ausschließlich an Verbraucher, die stets der Regelung über den auf 0 reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dieser Kreis derjenigen Verbraucher, die beispielsweise ihre Immobilie mit einer Photovoltaikanlage ausgerüstet haben und über die Erhöhung des Eigenverbauchsanteils nachdenken oder die Planung einer solchen Anlage betreiben oder in Erwägung ziehen, gehört zwar auch zum angesprochenen Verkehrskreis. Der Senat zählt sich selbst zu diesem angesprochenen Verbraucherkreis.

Die Anzeige richtet sich allerdings nicht ausschließlich an Verbraucher. Den angesprochenen Verkehrskreisen unterfallen auch Unternehmer. So können beispielsweise auch Kleinunternehmer, die ihren Geschäftsbetrieb mit selbst produziertem Strom betreiben wollen, angesprochen werden. Entgegen den Ausführungen des Landgerichtes scheiden Unternehmer nicht faktisch aus dem Kundenreis aus. So ist ohne Weiteres denkbar, dass ein Kioskbesitzer, ein Versicherungsvertreter oder eine Bäckerei die Geschäftsstätte mit einer Solaranlage versehen und durch Einsatz eines Batteriespeichers auch in der hier beworbenen Größe versuchen, ihren Eigenverbrauchsanteil möglichst hoch zu halten. Hierbei muss es sich auch nicht zwingend um einen Personenkreis handeln, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Hinzukommt, dass auch dieser Personenkreis zunächst verpflichtet ist, Umsatzsteuer zu zahlen, wenn er sie auch später verrechnen kann. Ebenso, wie eine Werbung mit Nettopreisen nur zulässig ist, wenn sichergestellt ist, dass Adressaten der Werbung keine Verbraucher sind (vgl. Köhler, a. a. O, § 5 UWG, Nr. 3.173 m. w. N.), wäre eine Werbung mit Nettopreisen im vorliegenden Fall nur dann zulässig, wenn sichergestellt wäre, dass sie sich weder an Unternehmer, noch an Verbraucher richtet, die nicht der Regelung über den reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dies ist aber nicht der Fall.

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Dass tatsächlich auch Verkehrskreise durch die Werbung angesprochen werden, die nicht der Regelung des § 12 Abs. 3 UStG n. F. unterfallen, hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch dadurch bestätigt, dass sie eingeräumt hat, bereits während des Bestellprozesses Kaufangebote von Kunden abgelehnt zu haben, da diese nicht zum berechtigten Erwerberkreis gehörten.

Jedenfalls erwartet dieser angesprochene Verkehrskreis, wie auch ein durchschnittlicher Verbraucher, dass in einer Suchmaschine im Internet die Gesamtpreise einschließlich des vollen Umsatzsteuersatzes angezeigt werden, wie dies auch in § 1 Abs. 1 PAngV vorgesehen ist.

bb) Zumindest der angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, der den Batteriespeicher für den eigenen Betrieb verwenden will, wird durch die Preisangabe getäuscht. Die Annahme des Landgerichtes, ein Unternehmer kenne in der Regel die in seinem Geschäftsbereich geltenden Umsatzsteuerregeln, überzeugt weder für solche, die entsprechende Waren weiterverkaufen, noch für den genannten Kreis von Unternehmern, die ein derartiges Gerät für ihren Betrieb erwerben wollen, zumal es sich bei § 12 Abs. 3 UStG um eine neue, nicht unkomplizierte Norm handelt. Bei der Frage, ob ausreichende Kenntnisse beim angesprochen Verkehrskreis vorhanden sind, ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, GRUR 2000, 6191 621; Bornkamm/Feddersen a. a. O., Rn. 1.76). Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugestehen, dass derjenige, der den Erwerb einer Photovoltaikanlage erwägt, sich wegen der damit verbundenen nicht unerheblichen Kosten eingehender mit dem Themenbereich beschäftigen wird, als dies beispielsweise bei dem Erwerb eines alltäglichen Konsumguts der Fall ist. Dass aber weite Teile des angesprochenen Adressatenkreises die Regelung des § 12 Abs.3 UStG kennen, kann jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angenommen werden.

cc) Somit kann letztlich unentschieden bleiben, ob die Täuschung auch auf einen ausreichend großen Prozentsatz der Verbraucher trifft. Dies liegt jedenfalls nahe, da die Befreiung sog. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer durch § 12 Abs. 3 UStG n.F. unter einer Vielzahl von Bedingungen steht. So erfasst beispielsweise der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 UStG nur die Lieferung an den Betreiber der Photovoltaikanlage. Zwar enthält § 12 Abs.3 S. 2 UStG eine Vereinfachungsregel; diese gilt aber nur für die Prüfung der Gebäudeart, nicht jedoch für die Betreibereigenschaft (Anlage AS1, Bl. 80). Zudem ist die Vereinfachungsregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 2 UStG nicht anwendbar, wenn keine Registrierungspflicht im Marktstammdatenregister besteht. Erwirbt ein Kunde die beworbenen Komponenten schließlich im Zuge der Erweiterung einer bestehenden Photovoltaikanlage, gilt, wenn die 30 kwp-Grenze durch die Erweiterung überschritten wird, die Vereinfachungsregelung nicht für den nachträglich ergänzten Teil (Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen, Anlage AS 1, Bl. 80). Auch bei Einfamilienhäusern ist, insbesondere in Zeiten in denen nicht selten auf ein oder mehrere Elektrofahrzeuge umgestiegen wird, nicht selbstverständlich, dass die Leistungsgrenze einer zur Versorgung auch solcher Fahrzeuge von 30 kw peak nicht überschritten wird. Der Umstand, dass nicht selbstverständlich davon ausgegangen werden kann, dass Verbraucher für Komponenten von Photovoltaikanlagen keine Umsatzsteuer zahlen müssen, zeigt sich auch am Umfang der vom Bundesfinanzministerium vorgehaltenen Erläuterungen zu dieser Neuregelung.

e) Im Blickfang der beanstandeten Anzeige finden sich keinerlei Erläuterungen dazu, unter welchen Voraussetzungen der reduzierte Umsatzsteuersatz gilt.

Löst ein Blickfang für sich genommen einen Irrtum aus, kann eine irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (Bornkamm/Feddersen, a. a. O., Rn. 1.87; BGH GRUR 1999, 264 - Handy für 0,00 €). In Fällen, in denen der Blickfang nur die „halbe Wahrheit“ enthält, muss ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen. Gleiches gilt bei der blickfangmäßigen Werbung mit lnklusivangeboten für etwaige Einschränkungen bei der Gewährung des lnklusivangebots (Bornkamm/Feddersen, a. a. O., Rn. 1.90 mit Hinweis auf BGH, GRUR 2018, 199, Rn 23 - 19 % MwSt. GESCHENKT; BGH, GRUR 2016, 207, Rn. 16 f - All Net Flat).

Ein solcher aufklärender Hinweis, der am Blickfang teilhat, fehlt hier. Es kann dahinstehen, ob der Hinweis auf der lnternetseite der Antragsgegnerin eine inhaltlich ausreichende Aufklärung enthält. Denn es fehlt jedenfalls an einer am Blickfang teilhabenden, klaren Zuordnung des Hinweises zur Preisangabe in der Google-Anzeige. In dieser finden sich weder ein Sternchen noch erläuternde Ausführungen dahingehend, dass sich die Preisangabe mit 0% Umsatzsteuer versteht und unter welchen Bedingungen dieser Steuersatz Geltung erlangt.

f) Von der nicht weiter erläuterten Angabe des Nettopreises geht ein Anlockeffekt aus. Denn die Angabe des Kaufpreises ohne Hinweis auf den Umsatzsteuersatz und dessen Voraussetzungen in einem Anzeigenportal, wie Google dies für die beanstandete Anzeige vorhält, kann eine für die Kaufentscheidung wesentliche Weichenstellung herbeiführen, weil ein Interessent, der sich mit Hilfe von Preisvergleichsportalen über ein Produkt informiert, sich nach allgemeiner Lebenserfahrung bevorzugt mit den preisgünstigsten Angeboten befassen und über die elektronische Verknüpfung die Internetseite dieses Anbieters aufsuchen wird (vgl. BGH, MMR 2010, 823, Rn. 27 -Versandkosten bei Froogle ll). Die beanstandete Werbung ist daher auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und zum Nachteil der Kunden mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

g) Die Annahme einer Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG scheitert entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht etwa daran, dass die Angabe eines Kaufpreises inklusive 19 % Umsatzsteuer ebenso irreführend sein könnte wie die Kaufpreisangabe mit einem Steuersatz von 0 %, weil für viele Erwerber tatsächlich dieser letztere Steuersatz gelten dürfte. Denn die Irreführung liegt hier nicht in der Nichtangabe des Kaufpreises inklusive 19 % Umsatzsteuer, sondern darin, dass die Preisangabe des Beklagten in der beanstandeten Google-Werbung nicht erkennen lässt, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthält und dass dieser Nullprozentsteuersatz an die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG geknüpft ist (vgl. auch LG Koblenz, Urteil vom 12.05.2023, 4 HKO 7/23, S. 12, Bl. 164).

h) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Antragsgegnerin, im vorliegenden Fall könne entsprechend der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14. Januar 2016, I ZR 61/14 - Wir helfen im Trauerfall) eine Ausnahme von der Pflicht zur Angabe eines Gesamtpreises gemacht werden. In der angeführten Entscheidung hat der BGH dies für einen Fall angenommen, in dem Kosten, die nicht bezifferbar, insbesondere zeit- und verbrauchsabhängig sind, auftreten können (a. a. O., Rn. 34). Dies ist hier nicht der Fall, es ist unproblematisch möglich, den Preis vollständig anzugeben. Dass dies auf den Google-Shopping-Seiten vom Platz her ggf. nicht möglich ist, ist unerheblich. Der gesetzgeberische Zweck, die Installation von Photovoltaikanlagen zu fördern, kann auch mit Angabe des Preises mit 19 % UStG erfüllt werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung von Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei Bundesnetzagentur

BGH
Urteil vom 05.07.2017
VIII ZR 147/16


Der BGH hat entschieden, dass ein Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur besteht.

Die Pressemitteilung des BGH:

BGH bestätigt Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung von Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Netzbetreiber vom Betreiber einer Photovoltaikanlage die Rückzahlung einer Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlangen kann, wenn letzterer es unterlassen hat, seine neue Anlage bei der Bundesnetzagentur zu melden.

Der vorliegende Rechtsstreit gehört zu einer Serie ähnlich gelagerter Rückzahlungsklagen des klagenden Netzbetreibers, die - nach Zulassung der Revision durch die Berufungsgerichte - ebenfalls beim VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anhängig sind

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Beklagte, ein Landwirt, betreibt auf seinem Grundstück in Schleswig-Holstein eine Photovoltaik-Dachanlage. Diese nahm er im Frühjahr 2012 in Betrieb und speiste sodann den damit erzeugten Strom in das Stromnetz der klagenden Netzbetreiberin ein.

Vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte der Beklagte ein ihm von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterzeichnet. Dieses Formblatt trägt die Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem […] Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG". Die in dem Formblatt unter anderem gestellte Frage, ob der Standort und die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur gemeldet worden seien, bejahte der Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit, dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. […]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."

In dem Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 5. November 2014 zahlte die Klägerin an den Beklagten eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des EEG in Höhe von insgesamt 52.429,40 €. Im Herbst 2014 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte die vorbezeichnete Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nicht vorgenommen hatte. Am 6. November 2014 holte der Beklagte diese Meldung nach.

Aufgrund der bis dahin unterbliebenen Meldung korrigierte die Klägerin ihre Abrechnungen dahingehend, dass dem Beklagten für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2014 gemäß dem für diesen Zeitraum anzuwendenden § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 nur ein Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms nach dem Marktwert und für den darauf folgenden Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 5. November 2014 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 gar keine Vergütung zustehe. Sie forderte von dem Beklagten daraufhin gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 die Rückzahlung der um den - rechnerisch unstreitigen - Marktwert von 6.890,85 € (für den erstgenannten Zeitraum) verringerten Einspeisevergütung, mithin einen Betrag von 45.538,55 €.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des klagenden Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 im vorliegenden Fall gegeben sind.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz macht den Anspruch der Betreiber neuer Photovoltaikanlagen auf (vollständige) Einspeisevergütung bereits seit 2009 davon abhängig, dass diese den Standort und die Leistung ihrer Anlage der Bundesnetzagentur melden. Einen Verstoß gegen die vorgenannte Pflicht sanktionierte der - vorliegend für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2014 anwendbare - § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 dadurch, dass sich der Vergütungsanspruch für die Dauer des Pflichtverstoßes auf die Höhe des tatsächlichen Monatsmittelwerts des energieträgerspezifischen Marktwerts verringerte. Durch den - vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 anwendbaren - § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EEG 2014 verschärfte der Gesetzgeber die Sanktionierung für Meldeverstöße und bestimmte, dass sich der anzulegende Wert der finanziellen Förderung "auf null" verringerte, solange der Anlagenbetreiber die zur Registrierung erforderlichen Angaben für den Eintrag in das bei der Bundesnetzagentur betriebene Anlagenregister nicht übermittelte. Eine zeitnahe und umfassende Registrierung neuer Anlagen - und dementsprechend eine starke Sanktionierung versäumter Meldungen - hat der Gesetzgeber als erforderlich betrachtet, um das System des so genannten "atmenden Deckels" umzusetzen, nach dem die allmähliche Absenkung der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen geordnet ist. Hiernach ziehen höhere Zubauzahlen bei den geförderten Anlagen grundsätzlich eine stärkere Absenkung der Einspeisevergütung nach sich.

Ein Netzbetreiber verhält sich mit seinem Rückforderungsbegehren gegenüber dem Anlagenbetreiber auch dann nicht - wie der Beklagte meint - treuwidrig, wenn er selbst nicht vom zuständigen Übertragungsnetzbetreiber auf entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Denn der Netzbetreiber muss die zurückgeforderten Vergütungen bei der folgenden Abrechnung mit dem Übertragungsnetzbetreiber zwingend als eigene Einnahmen berücksichtigen - unabhängig davon, ob der Übertragungsnetzbetreiber einen entsprechenden Anspruch gegen ihn geltend gemacht hat. Der Rückforderungsanspruch und die damit korrespondierende Rückforderungspflicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG dienen nicht dem eigenen Interesse des Netzbetreibers, sondern vielmehr dem Interesse der Allgemeinheit, das System des EEG-Belastungsausgleichs nicht mit gesetzlich nicht vorgesehenen Vergütungen zu belasten und so die Kosten der Energiewende möglichst gering zu halten.

Ebenso wenig kann sich der Beklagte vorliegend darauf berufen, die Klägerin habe ihn über die gesetzlichen Meldepflichten nicht hinreichend aufgeklärt und er könne aufgrund dessen mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch aufrechnen. Abgesehen davon, dass dem Beklagten bei verständiger und objektiver Betrachtung des ihm übersandten Formblattes klar sein musste, dass (auch) eine Missachtung seiner Meldepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur die Rückforderung der von der Klägerin an ihn gezahlten Einspeisevergütung zur Folge haben könnte, besteht eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Netzbetreibers grundsätzlich nicht. Der Anlagenbetreiber ist vielmehr selbst für die Erfüllung seiner Meldepflichten verantwortlich. Ihm obliegt es, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren.

Schließlich verstößt die für den Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht des Anlagenbetreibers vorgesehene Sanktionierung durch teilweisen oder vollständigen Wegfall der Einspeisevergütung auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, steht dem Gesetzgeber - auch im Bereich des Energierechts - ein weiter Gestaltungsspielraum zu, auf welche Weise er ein als förderwürdig erachtetes Verhalten unterstützen will. Die Verringerung der Einspeisevergütung auf den Marktwert (EEG 2012) beziehungsweise "auf null" (EEG 2014) hat der Gesetzgeber ersichtlich im Bewusstsein der damit für die Anlagenbetreiber verbundenen Härten, aber auch im Hinblick darauf gewählt, dass eine Nichtmeldung oder eine nicht rechtzeitige Meldung von Anlagen in relevanter Anzahl beziehungsweise Größe zu hoch berechnete Fördersätze und damit eine dem Gesetz nicht entsprechende nachteilige Kostenwirkung für die Allgemeinheit zur Folge hat.

Vorinstanzen:

Landgericht Itzehoe - Urteil vom 26. Oktober 2015 - 3 O 157/15

Oberlandesgericht Schleswig - Urteil vom 21. Juni 2016 - 3 U 108/15

Karlsruhe, den 5. Juli 2017

§ 17 EEG 2012

(1) […]

(2) Der Vergütungsanspruch […] verringert sich auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwerts […],

1. solange Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie […] den Standort und die installierte Leistung der Anlage nicht übermittelt haben an

a) die Bundesnetzagentur mittels der von ihr bereitgestellten Formularvorgaben […]

§ 35 EEG 2012

[…]

(4) 1Zahlt ein Übertragungsnetzbetreiber dem Netzbetreiber eine höhere als in den §§ 16 bis 18 vorgesehene Vergütung oder eine höhere als in den §§ 33g und 33i vorgesehene Prämie, ist er zur Rückforderung des Mehrbetrages verpflichtet. 2Der Rückforderungsanspruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3Die Sätze 1 und 2 gelten im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagenbetreiberin oder Anlagenbetreiber entsprechend, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. […]

§ 25 EEG 2014

(1) 1Der anzulegende Wert […] verringert sich auf null,

1. solange Anlagenbetreiber die zur Registrierung der Anlage erforderlichen Angaben nicht nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 93 übermittelt haben,

[…]

§ 57 EEG 2014

[…]

(5) 1Zahlt ein Übertragungsnetzbetreiber dem Netzbetreiber eine höhere als im Teil 3 vorgesehene finanzielle Förderung, muss er den Mehrbetrag zurückfordern. 2Der Rückforderungsanspruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3Die Sätze 1 und 2 sind im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagenbetreiber entsprechend anzuwenden, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. […]