Skip to content

LG Augsburg: Keine unzulässige Werbung per E-Mail durch Angabe von URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in E-Mail-Signatur

LG Augsburg
Hinweisbeschluss vom 18.10.2023
044 S 2196/23


Das LG Augsburg führt in einem Hinweisbeschluss aus, dass die Angabe der URLs der Social-Media-Accounts und der Unternehmenswebsite des Absenders in der E-Mail-Signatur keine unzulässige Werbung per E-Mail darstellt. Damit bestätigt das LG Augsburg die Einschätzung der Vorinstanz.

Aus dem Beschluss:
Das Urteil des Amtsgerichts weist weder Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO auf noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Hierbei kann im Ergebnis offen bleiben, ob es sich bei den bloßen Links auf Social-Media-Auftritte der Beklagten in der streitgegenständlichen Auto-Reply-Email vom 12.12.2022 überhaupt um Werbung im Sinne des Art. 2 Buchst. a der RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 handelt.

Denn jedenfalls fehlt es an der Rechtswidrigkeit eines etwaigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers bzw. in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das Einblenden eines bloßen Links auf Social-Media-Präsenzen stellt sich nicht als rechtswidrig dar. Dem Amtsgericht ist beizupflichten, dass insoweit zu berücksichtigen ist, dass es sich um eine E-Mail im Rahmen einer vom Kläger initiierten Kommunikation gehandelt hat und die Nachricht informativen Charakter hatte, da dem Kläger die Abwesenheit des von ihm kontaktierten Mitarbeiters mitgeteilt worden ist. Auch stellt die bloße Verlinkung auf Social-Media-Auftritte der Beklagten, wenn man sie überhaupt als Werbung ansieht, keine konkrete Beeinträchtigung für den Kläger dar. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur Auto-Reply-Werbung (BGH BeckRS 2016, 2711) wird hier nicht für konkrete Produkte geworben, sondern nur ein Link eingeblendet, welcher für sich genommen keinen konkreten inhaltlichen Informationsgehalt hat. Daher musste sich der Kläger bei Lesen der E-Mail, anders als dies in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gewesen ist, nicht gedanklich mit konkreten Angeboten der Beklagten auseinandersetzen. Wie das Amtsgericht vollkommen zutreffend ausgeführt hat, konnte der Kläger die Links einfach ignorieren. Ein zeitlicher Aufwand durch die Einblendung der Links entsteht für den Leser einer solchen Nachricht nicht. Links können bei Interesse angeklickt oder einfach nicht weiter beachtet werden. Eine gedankliche Auseinandersetzung mit einer derartigen Verlinkung erfolgt anders als bei konkreten Hinweisen auf bestimmte Servicedienstleistungen oder eine App, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, gerade nicht. Derartige Links sind mittlerweile als Teil der Signatur üblich, sodass für den Leser keinerlei Aufwand entsteht, um diese vom informatorischen Teil der Email zu trennen.

Die von der Klagepartei zitierte Rechtsprechung zu einer Kundenzufriedenheitsanfrage (BGH, Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 255/17) ist mit dem vorliegenden Fall schon deshalb nicht vergleichbar, da dort bereits die Nachricht als solche als Beeinträchtigung angesehen wurde.


Den Volltext des Hinweisbeschlusses finden Sie hier:

AG Augsburg: Keine unzulässige Werbung per E-Mail durch Angabe von URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in E-Mail-Signatur

AG Augsburg
Urteil vom 09.06.2023
12 C 11/23

Das AG Augsburg hat entschieden, dass die Angabe der URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in der E-Mail-Signatur keine unzulässige Werbung per E-Mail darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK oder wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S.2 BGB zu.

Die Verwendung von unaufgeforderter elektronischer Post für die Zwecke der Werbung kann zwar grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellen.

Es handelt sich jedoch bei dem vorliegend seitens des Klägers monierten Verweis auf Internetpräsenzen der Beklagten durch die bloße Angabe der URL mit E-Mail vom 12.12.2022 bereits nicht um Werbung. Ein unterstellter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch Werbung wäre zudem auch nicht rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten des Klägers aus.

1) Keine Werbung

Die streitgegenständliche E-Mail der Beklagten hatte keinen werblichen Inhalt. Der Verweis auf die Internetpräsenzen der Beklagten durch die Angabe der URL stellt schon keine Werbung dar.

a) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 fit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABI. EU L 376, S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15).

b) Nach diesen Grundsätzen stellt der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, keine Werbung dar. Denn dieser Verweis ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er dient vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung kann das Gericht hierin gerade nicht erkennen.

2) Keine Rechtswidrigkeit

Der Kläger müsste eine unterstellte Beeinträchtigung überdies dulden, da sie nach § 1004 Abs. 2 BGB analog rechtmäßig wäre.

Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers wäre nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre bzw. der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insb. die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Produktberatung zu kommunizieren, überwiegen würde Dies ist nicht der Fall. Die Interessenabwägung geht zu Gunsten der Beklagten aus.

Der Kläger erhielt die Abwesenheitsnachricht im Rahmen einer laufenden Produktberatung, zu welcher er selbst mehrfach mit dem Mitarbeiter der Beklagten Kontakt aufgenommen und bereits kommuniziert hat. Die in diesem Zusammenhang zugesandte Abwesenheits-E-Mail hatte für den Kläger als Kunden, welcher konkrete Produkte bei der Beklagten angefragt hatte, einen wesentlichen informatorischen Charakter, nämlich den Zweck zu verhindern, dass dieser wegen der Abwesenheit des Mitarbeiters keine Antwort auf seine Produktanfrage erhält. Unterstellt, der Verweis auf die Internetauftritte der Beklagten würde eine Werbung darstellen, wäre in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung durch Nennung der Mailadressen die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt, zumal er diese einfach ignorieren konnte. Ein gedankliches Beschäftigen mit der Werbemail ist gerade nicht notwendig. Denn es handelte sich bei dem Hinweis der Beklagten offensichtlich nur um Internetauftritte derselben, Eine Trennung von anderen Informationen durch den Kläger ist nicht erforderlich. Vielmehr kann der Kläger es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, die weiteren Internetpräsenzen der Beklagten anzuklicken. Ein Aussortieren eines werbenden Teils der E-Mail ist hierfür gerade nicht erforderlich. Die schutzwürdigen Belange des Klägers überwiegen vorliegend somit gerade nicht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Heidelberg: 25 EURO Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO wegen unzulässiger Zusendung einer Werbemail

LG Heidelberg
Urteil vom 16.03.2022
4 S 1/21


Das LG Heidelberg hat entscheiden, dass ein Anspruch auf Zahlung von 25 EURO Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO wegen unzulässiger Zusendung einer Werbemail besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Berufung ist zulässig.
Die Kammer hat die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil durch Beschluss vom 16.03.2022 gemäß § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO zugelassen.

Zwar übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend entgegen § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Wertgrenze von 600 € nicht, nachdem der Streitwert für den Klageantrag Ziff. 1c auf die Streitwertbeschwerde des Klägers hin mit Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 18.02.2021 (vgl. AS 365 ff. der Akte des Amtsgerichts) antragsgemäß auf 500 € festgesetzt wurde. Auch hat das Amtsgericht die Berufung im Urteil nicht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, da es den Streitwert für den Antrag Ziff. 1c im Urteil zunächst auf 1.000 € festgesetzt hatte und eine Berufungszulassungsentscheidung danach nicht veranlasst war. Hat indes das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, hält aber das Berufungsgericht diesen Wert nicht für erreicht, so muss das Berufungsgericht, das insoweit nicht an die Streitwertfestsetzung des Erstgerichts gebunden ist, die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind, da die unterschiedliche Bewertung nicht zu Lasten der Parteien gehen darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2007, Az.: VIII ZR 340/06 = NJW 2008, 218).

Hier war die Berufung nach § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO) und der Kläger nach Abänderung des Streitwerts für Antrag Ziff. 1c nicht mit mehr als 600 € beschwert war (§ 511 Abs. 4 S. 1 Ziff. 2 ZPO). Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch nach Art. 82 DSGVO besteht, wird in der Rechtsprechung und auch der Literatur kontrovers diskutiert und unterschiedlich behandelt.

2. Die Berufung ist in geringem Umfang auch begründet. Soweit der Berufungsantrag nach dem Vortrag des Klägers gerechtfertigt war und dem Kläger 25,00 € zugesprochen wurden, ist aufgrund des Teil-Versäumnisurteils eine Begründung gemäß § 313b Abs. 1 ZPO nicht erforderlich.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen und die weitergehende Berufung zurückzuweisen, denn ein weitergehender Anspruch des Klägers besteht nicht. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt keinen höheren Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen Art. 6 DSGVO durch die unzulässige Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten lediglich einen ersatzfähigen Schaden in Höhe von 25,00 € erlitten hat.

a) Die Kammer legt den Antrag des Klägers dahingehend aus, dass dieser Schadensersatz für die aufgrund des DSGVO-Verstoßes der Beklagten erlittenen Beeinträchtigungen begehrt, unabhängig von dem vom Kläger verwendeten Begriff des „Schmerzensgeldes“ aus dem deutschen Zivilrecht.

(1) Dem steht die grundsätzliche Bindung an den Antrag des Klägers gemäß § 308 Abs. 1 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist, nicht entgegen. Denn entscheidend kann nicht der bloße Wortlaut eines Antrages sein, sondern der durch ihn verkörperte Wille. Dementsprechend ist nicht nur darauf zu sehen, ob der Antrag für sich allein betrachtet einen eindeutigen Sinn ergibt, sondern es ist auch die dem Antrag beigegebene Begründung zu berücksichtigen (MüKo-ZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 308 Rn. 6 m.w.N.). Bei einer vom Gericht vorgenommenen Auslegung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (MüKo-ZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 308 Rn. 6).

Danach legt die Kammer den Antrag des Klägers vor dem Hintergrund seiner Berufungsbegründung und seines Interesses an einer Entschädigung nach Art. 82 DSGVO dahingehend aus, dass dieser die Zahlung von Schadensersatz von der Beklagten begehrt. Zwar ist der unbezifferte Antrag des Klägers auf die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gerichtet, jedoch stützt der Kläger seinen Anspruch auf Art. 82 DSGVO, eine Norm des europäischen Rechts. Maßgeblich sind damit nicht die deutschen Begrifflichkeiten, sondern die des europäischen Rechts bzw. die der DSGVO. Der Begriff „Schmerzensgeld“ findet jedoch in Art. 82 DSGVO und auch den übrigen Normen der DSGVO keine Verwendung. Art. 82 Abs. 1 DSGVO normiert lediglich einen „Anspruch auf Schadenersatz“ für jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO „ein materieller oder immaterieller Schaden“ entstanden ist. Der Antrag Ziff. 1c) des Klägers ist daher nach Überzeugung der Kammer im Lichte dieses auf die DSGVO gestützten Anspruchsbegehrens des Klägers auszulegen und dahin zu verstehen, dass er die Zahlung von Schadensersatz begehrt.

(2) Ob der Kläger den begehrten Schadensersatz dabei nach seinem Vortrag allein auf einen „materiellen“ oder „immateriellen“ Schaden stützt, ist unerheblich. Soweit der Kläger seine Schäden als „immaterielle“ Schäden bezeichnet, bindet dies die Kammer auch nicht an die Prüfung ausschließlich immaterieller Schäden. Zugunsten des Klägers sind vielmehr auch mögliche materielle Schäden, die sich aus dem Vorbringen des Klägers ergeben können, zu prüfen, da Art. 82 Abs. 1 DSGVO nach Überzeugung der Kammer ein einheitlicher, weit auszulegender Schadensbegriff zugrunde liegt. Dies hat die Kammer durch Auslegung ermittelt.
Nach dem Wortlaut von Art. 82 DSGVO hat einen „Anspruch auf Schadenersatz“ jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung „ein materieller oder immaterieller Schaden“ entstanden ist. Die DSGVO kennt − anders als das deutsche Recht etwa mit § 253 BGB − insoweit keine unterschiedlichen Normen bzw. Anspruchsgrundlagen, sondern enthält in Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine einheitliche Anspruchsgrundlage für einen einheitlichen Schadensersatzanspruch.

Ein weites Verständnis des Schadensbegriffs legen auch die Erwägungsgründe zur DSGVO nahe. Maßgeblich ist insoweit zunächst der Erwägungsgrund 146, der sich auf den Schadensersatzanspruch in Art. 82 DSGVO bezieht. Begrifflich differenziert dieser Erwägungsgrund nicht zwischen materiellen und immateriellen Schäden. Vielmehr wird hier ausschließlich der Begriff „Schaden“ verwendet, ohne dass dieser so zu verstehen sein dürfte, dass nur materielle oder nur immaterielle Schäden gemeint sind. Eine weite Auslegung des Schadensbegriffs wird auch nach S. 3 des Erwägungsgrundes gefordert, wonach der Begriff des Schadens im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs „weit“ ausgelegt werden soll.

Für einen einheitlich zu verstehenden Schadensbegriff spricht auch Erwägungsgrund 75 zur DSGVO, in dem Beispiele genannt sind für mögliche „physische, materielle oder immaterielle Schäden“, die aus einer Verarbeitung personenbezogener Daten hervorgehen können, wie zum Beispiel Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, finanzieller Verlust, Rufschädigung oder andere erhebliche wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachteile. Die Aufzählung differenziert ebenfalls nicht zwischen verschiedenen Schadensarten, sondern enthält vielmehr sowohl mögliche materielle, als auch immaterielle Beeinträchtigungen.
b) Nach Auslegung des Begehrens des Klägers im Lichte eines einheitlichen, weit zu verstehenden Schadensersatzanspruchs nach der DSGVO, steht dem Kläger nach Überzeugung der Kammer ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von 25,00 € zu.

Dem Kläger ist dadurch ein Schaden entstanden, dass er sich mit den unerwünschten Werbemails der Beklagten auseinandersetzen, deren Herkunft ermitteln, sich um eine Auskunft von der Beklagten mittels eines Schreibens bemühen und die unerwünschten E-Mails löschen musste. Eine den Kläger beeinträchtigende Außenwirkung des Verstoßes im Sinne einer Gefahr einer Schädigung des Ansehens oder Berufs oder einer diskriminierenden Wirkung gegenüber Dritten ist nicht ersichtlich.
Zur Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigungen erachtet die Kammer die Zahlung von 25 €, ähnlich der in Verkehrsunfällen für die Umstände und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung üblichen Auslagenpauschale, für angemessen.

Ein weiterer Schaden - unabhängig davon, ob materiell oder immateriell - ist dem Kläger nach Überzeugung der Kammer nicht entstanden, sodass ein weitergehender Anspruch nicht besteht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich Umfang der Einwilligung bei E-Mail-Werbung wenn sich Empfänger bei Immobilienportal angemeldet hat

OLG Hamburg
Urteil vom 25.01.2018
3 U 122/17


Aus den Entscheidungsgründen:

b) Die Antragstellerin hat darüber hinaus nicht ausreichend dargelegt, dass ein Verstoß gegen § 7 I, II Nr. 3 UWG vorliegt.

Gemäß § 7 I 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt gemäß § 7 I 2 UWG insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. Gemäß § 7 II Nr. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Die Regelung des § 7 II Nr. 3 UWG stellt eine Spezialregelung zu § 7 I 2 UWG dar (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 7 Rn. 32b).

Die Antragstellerin hat vorliegend nicht ausreichend dargelegt, dass keine ausdrückliche Einwilligung der Adressaten der E-Mails vorliegt. Zwar trägt die Antragsgegnerin grundsätzlich für die Einwilligung die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, GRUR 2011, 936, Rn. 31f – Double-opt-in-Verfahren; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO, § 7 Rn. 189; Ohly in: Ohly/Sosnitza, aaO, 7. Auflage 2016, § 7 Rn. 72). Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, wenn die Zusendung von E-Mails über ein unabhängiges Immobiliensuchportal in Frage steht, bei dem der Interessent – wie vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin – einen eigenen Suchauftrag erstellt hat, die Zusendung von E-Mails gerade der Hauptzweck des Services ist und damit die Antragstellerin den Umfang der ihm zugesendeten E-Mails maßgeblich vorgibt. In diesem Fall obliegt es der Antragstellerin in einem ersten Schritt, die Funktionsweise des Immobilienportals, den Umfang des Suchauftrags und die bei Erteilung des Suchauftrags eingegangenen Konditionen (AGB, Datenschutzerklärung) bezogen auf eine Einwilligung zur Zusendung von werbenden E-Mails darzulegen. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von Fällen, in denen der Werbende selbst Werbe-E-Mails an Interessenten versendet, denn dort ist nicht der Wettbewerber, sondern nur der Werbende in der Lage, die erteilte Einwilligung des Empfängers der E-Mail darzulegen. Erst auf der Grundlage dieser Darlegungen kann festgestellt werden, ob der Suchauftrag und die darin erklärte Einwilligung die Zusendung einer E-Mail rechtfertigt oder ob sich die Zusendung einer E-Mail außerhalb dieses Rahmens der Einwilligung bewegt.

Im vorliegenden Fall kann auch nicht unterstellt werden, dass Ziffer 9.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach verkaufte oder vermietete Immobilien innerhalb von 5 Tagen in der Datenbank zu deaktivieren sind (vgl. Anlage AS 6), den Umfang der Einwilligung des Interessenten bei Erteilung des Suchauftrags zutreffend wiedergeben.Dies gilt vorliegend schon deswegen, weil die Antragsgegnerin bestritten hat, die beiden Immobilien in Kassel-West und Kassel-Niederzwehren direkt bei immonet.de aufgegeben zu haben, so dass bereits nicht feststeht, dass die Antragsgegnerin sich danach verpflichtet hat, verkaufte oder vermietete Immobilien innerhalb von 5 Tagen zu deaktivieren. Im Ergebnis ist vorliegend mangels näheren Vortrags der Antragstellerin zum Umfang der Einwilligung eine Feststellung, dass die Zusendung von E-Mails nicht von der Einwilligung gedeckt ist, nicht möglich.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




Neuer Beitrag in der Internet World Business von RA Marcus Beckmann - Konkrete Erlaubnis - BGH präzisiert Anforderungen an Einwilligung zum Empfang von E-Mail-Werbung

In Ausgabe 10/17, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Konkrete Erlaubnis - BGH präzisiert Anforderungen an Einwilligung zum Empfang von E-Mail-Werbung".


Siehe auch zum Thema BGH: Einwilligung zum Empfang von Werbemails muss beworbene Unternehmen sowie Produkte benennen und unterliegt AGB-Kontrolle - Spam

BGH: Einwilligung zum Empfang von Werbemails muss beworbene Unternehmen sowie Produkte benennen und unterliegt AGB-Kontrolle - Spam

BGH
Urteil vom 14.03.2017
VI ZR 721/15
BGB § 1004, § 823; BDSG § 28


Der BGH hat entschieden, dass die Einwilligungserklärung zum Empfang von Werbemails die beworbenen Unternehmen und Produkte benennen muss. Ist die Einwilligung zu allgemein formuliert, ist diese unwirksam. Zudem stellt der BGH klar, dass die Einwilligungserklärung der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB unterliegt.

Leitsätze des BGH:

1. Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, GRUR 2013, 1259).

2. Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Eine vorformulierte Einwilligungserklärung ist an den §§ 305 ff. BGB zu messen (Fortführung von BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 169/10, GRUR 2013, 531).

3. Zur Anwendbarkeit von § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, wenn der zur Unterlassung von Werbung mittels elektronischer Post Verpflichtete die E-Mail-Adresse des Betroffenen gegen dessen Willen nutzen möchte, um sie zu Lösch- oder Sperrzwecken an seine Werbepartner weiterzuleiten.

BGH, Urteil vom 14. März 2017 - VI ZR 721/15 - LG Berlin AG Tempelhof-Kreuzberg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH-Entscheidung zur Unzulässigkeit von Werbung in Autoreply und Bestätigungs-E-Mails liegt vor

BGH,
Urteil vom 15.12.2015
VI ZR 134/15
BGB § 823


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Auto-Reply-Mails mit Werbezusätzen sind unzulässige Email-Werbung und stellen eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG dar - Spam" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Ein von einer natürlichen Person unterhaltenes elektronisches Postfach ist Teil der Privatsphäre.

b) Automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbestätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten als auch Werbung enthalten, stellen einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar, wenn dieser dem Erhalt von Werbung zuvor ausdrücklich widersprochen hat.


BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15 - LG Stuttgart - AG Stuttgart-Bad Cannstatt

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Auto-Reply-Mails mit Werbezusätzen sind unzulässige Email-Werbung und stellen eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG dar -Spam

BGH
Urteil vom 15.12.2015
VI ZR 134/15


Der BGH hat wenig überraschend und zutreffend entschieden, dass Auto-Reply-Mails mit Werbezusätzen unzulässige EMail-Werbung darstellen und eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG sind.


Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit sogenannter "No-Reply" Bestätigungsmails mit Werbezusätzen

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat gestern entschieden, dass gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.

Der Kläger ist Verbraucher. Er wandte sich am 10. Dezember 2013 mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an die Beklagte. Die Beklagte bestätigte unter dem Betreff "Automatische Antwort auf Ihre Mail (…)" wie folgt den Eingang der E-Mail des Klägers:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre S. Versicherung

Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (…)

Neu für iPhone Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. Push Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (…)

***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***

Der Kläger wandte sich daraufhin am 11. Dezember 2013 erneut per E-Mail an die Beklagte und rügte, die automatisierte Antwort enthalte Werbung, mit der er nicht einverstanden sei. Auch auf diese E-Mail sowie eine weitere mit einer Sachstandsanfrage vom 19. Dezember 2013 erhielt der Kläger eine automatisierte Empfangsbestätigung mit dem obigen Inhalt.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der E-Mails vom 10., 11. und 19. Dezember 2013.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die zugelassene Revision hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils geführt. Jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 hat den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.

Vorinstanzen:

AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Urteil vom 25. April 2014 – 10 C 225/14

LG Stuttgart – Urteil vom 4. Februar 2015 – 4 S 165/14"


LG Münster: Auch die versehentliche Versendung einer Werbe-Mail ohne Zustimmung des Empfängers ist unzulässig - Verschulden nicht erforderlich

LG Münster
Urteil vom 22.04.2013
08 O 413/12


Das LG Münster hat entschieden, dass auch die versehentliche Versendung einer Werbe-Mail ohne Zustimmung des Empfängers unzulässig ist und damit einen abmahnfähigen Unterlassungsanspruch auslöst. Das Gericht führt aus, dass ein Unterlassungsanspruch kein Verschulden voraussetzt

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Beklagte zu 1) ist auch Störerin. Die Übersendung der E-Mail an die Klägerin beruht auf einem ihr gem. § 831 BGB zurechenbaren Verhalten eines ihrer Mitarbeiter.

Darauf, dass von der ursprünglichen Inhaberin der E-Mail-Adresse [...] eine Einwilligung zur werbenden Kontaktaufnahme vorlag und die Beklagten über die Aufgabe dieser E-Mail-Adresse durch ihre ursprüngliche Kundin nicht informiert waren, kommt es nicht an. Die §§ 823, 1004 BGB setzen kein Verschulden voraus."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer Email, die auf die Geschäftstätigkeit hinweist, ist unzuässig - E-Mail-Werbung II

BGH
Beschluss vom 20.05.2009
I ZR 218/07
E-Mail-Werbung II
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ai, § 1004 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat mit dieser Entscheidung noch einmal klargestellt, dass bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer Email mit werbenden Elementen unzulässig ist. Zudem stellt der BGH klar, dass sich dieses Verbot nicht nur auf Werbemails im engeren Sinne bezieht, sondern das Erwähnen der Geschäftstätigkeitdes Versenders in der Email genügen kann. In den Entscheidungsgründen heißt es dazu:

"Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang geltend, die E-Mail der Beklagten enthalte keine Werbung. Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. Art. 2 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung). Dazu zählt auch die in Rede stehende E-Mail der Beklagten, mit der sie ihre Geschäftstätigkeit gegenüber der Klägerin darstellt."

Leitsatz des BGH:
Bereits die einmalige unverlangte Zusendung einer E-Mail mit Werbung kann einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen.

BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 - I ZR 218/07 - OLG Frankfurt/Main
LG Frankfurt/Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: