EuG
Urteil vom 17.07.2024 T-1077/23
Bytedance ./. Kommission
Das EuG hat entschieden, dass die Einordnung von TikTok / Bytedance als Gatekeeper (Torwächter) im Sinn des Digital Markets Act (DMA) durch die EU-Kommission rechtmäßig ist.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Gesetz über digitale Märkte: Abweisung der Klage von Bytedance (TikTok) gegen den Beschluss der Kommission, mit dem Bytedance als Torwächter benannt wird
Die Gesellschaft Bytedance Ltd stellt über ihre Tochtergesellschaften die Plattform für das soziale Netzwerk TikTok bereit. Mit Beschluss vom 5. September 2023 benannte die Kommission Bytedance nach dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, im Folgenden: DMA) 1 als Torwächter. Im November 2023 erhob Bytedance gegen diesen Beschluss eine Nichtigkeitsklage. Das Gericht hat auf Antrag von Bytedance beschlossen, in der vorliegenden Rechtssache im beschleunigten Verfahren zu entscheiden.
Mit seinem heutigen Urteil, das acht Monate nach Klageerhebung ergeht, weist das Gericht die Klage von Bytedance ab.
Das Gericht verweist zunächst auf die Entstehungsgeschichte und den Regelungsgehalt des DMA. Insbesondere betont es, dass der Unionsgesetzgeber mit der Verabschiedung des DMA durch die Festlegung von Regeln zur Gewährleistung der Bestreitbarkeit und Fairness der Märkte im digitalen Sektor im Allgemeinen und zugunsten von gewerblichen Nutzern und Endnutzern der von den Torwächtern bereitgestellten zentralen Plattformdienste im Besonderen einen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts leisten wollte.
Sodann stellt das Gericht fest, dass die Kommission zu Recht davon ausgehen durfte, dass es sich bei Bytedance um einen Torwächter handelt. Bytedance erreicht unstreitig die im DMA vorgesehenen quantitativen Schwellenwerte, die u. a. ihren globalen Marktwert, die Zahl der Nutzer von TikTok in der Union und die Anzahl der Jahre betreffen, in denen der letztgenannte Schwellenwert für die Zahl der Nutzer erfüllt worden ist, weshalb vermutet werden kann, dass Bytedance ein Torwächter ist. Ferner war das Vorbringen von Bytedance nicht hinreichend substantiiert, um eindeutig die Vermutung zu entkräften, dass Bytedance erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt hat, TikTok den gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient und Bytedance eine gefestigte und dauerhafte Position innehat.
Insbesondere weist das Gericht erstens das Argument von Bytedance zurück, wonach der Umstand, dass ihr globaler Marktwert hauptsächlich auf ihre Tätigkeiten in China zurückzuführen sei, zeige, dass sie keinen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt habe, was durch ihren geringen Umsatz in der Union belegt werde. Nach Ansicht des Gerichts durfte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass der hohe Marktwert, den Bytedance weltweit hat, in Verbindung mit der großen Zahl der Nutzer von TikTok in der Union die finanzielle Leistungsfähigkeit von Bytedance und ihr Potenzial zur Monetarisierung dieser Nutzer widerspiegelt.
Zweitens weist das Gericht auch das Argument von Bytedance zurück, wonach der Umstand, dass sie nicht über ein Plattformökosystem verfüge und von keinen Netzwerk- oder Bindungseffekten profitiert habe sowie dass TikTok, dessen Nutzer sich zu einem erheblichen Teil zugunsten einer Parallelverwendung mehrerer Dienste entschieden hätten, eine geringere Größenordnung aufweise als andere Onlinedienste sozialer Netzwerke wie Facebook und Instagram, zeige, dass TikTok den gewerblichen Nutzern nicht als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern diene.
Insoweit stellt das Gericht u. a. fest, dass es TikTok trotz der von Bytedance geltend gemachten Umstände seit seiner Einführung in der Union im Jahr 2018 gelungen ist, die Zahl seiner Nutzer sehr schnell und exponentiell zu steigern, um in kurzer Zeit eine halb so große Verbreitung wie Facebook und Instagram zu erzielen sowie namentlich bei jungen Nutzern, die auf TikTok mehr Zeit als in anderen sozialen Netzwerken verbringen, eine besonders hohe Bindungsquote zu erreichen.
Drittens weist das Gericht das Vorbringen von Bytedance zurück, mit dem dargetan werden sollte, dass sie keine gefestigte und dauerhafte Position innehabe. Insofern hat Bytedance geltend gemacht, ein neuer Marktteilnehmer zu sein, dem Wettbewerber wie Meta und Alphabet, die neue Dienste wie Reels und Shorts in den Verkehr gebracht hätten und durch die Nachahmung wesentlicher Merkmale von TikTok schnell gewachsen seien, seine Position erfolgreich streitig gemacht hätten. Das Gericht stellt u. a. fest, dass TikTok zwar im Jahr 2018 ein neuer Marktteilnehmer im Binnenmarkt war, mit dem gut etablierten Betreibern wie Meta und Alphabet deren Position streitig gemacht werden sollte, und dass sich seine Position in den folgenden Jahren schnell gefestigt, wenn nicht gar gestärkt hat, und dies trotz der Einführung konkurrierender Dienste wie Reels und Shorts, um in kurzer Zeit, gemessen an der Zahl der Nutzer in der Union, eine halb so große Verbreitung wie Facebook und Instagram zu erreichen.
Das Gericht gelangt ferner zu dem Ergebnis, dass die von der Kommission angewandten Beweisanforderungen richtig waren und dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des Vorbringens von Bytedance zwar einige Fehler begangen hat, diese aber keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hatten.
Schließlich weist das Gericht das Vorbringen von Bytedance zur angeblichen Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Gleichbehandlung zurück.
Die EU-Kommission hat ein Verfahren nach dem Digital Markets Act (DMA) gegen Apple im Zusammenhang mit dem Download und Erwerb von Apps außerhalb des Apple App Stores eingeleitet.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission: Commission sends preliminary findings to Apple and opens additional non-compliance investigation against Apple under the Digital Markets Act
Today, the European Commission has informed Apple of its preliminary view that its App Store rules are in breach of the Digital Markets Act (DMA), as they prevent app developers from freely steering consumers to alternative channels for offers and content.
In addition, the Commission opened a new non-compliance procedure against Apple over concerns that its new contractual requirements for third-party app developers and app stores, including Apple's new “Core Technology Fee”, fall short of ensuring effective compliance with Apple's obligations under the DMA.
Preliminary findings on Apple's steering rules for the App Store.
Under the DMA, developers distributing their apps via Apple's App Store should be able, free of charge, to inform their customers of alternative cheaper purchasing possibilities, steer them to those offers and allow them to make purchases.
Apple currently has three sets of business terms governing its relationship with app developers, including the App Store's steering rules. The Commission preliminarily finds that:
-None of these business terms allow developers to freely steer their customers. For example, developers cannot provide pricing information within the app or communicate in any other way with their customers to promote offers available on alternative distribution channels.
- Under most of the business terms available to app developers, Apple allows steering only through “link-outs”, i.e., app developers can include a link in their app that redirects the customer to a web page where the customer can conclude a contract. The link-out process is subject to several restrictions imposed by Apple that prevent app developers from communicating, promoting offers and concluding contracts through the distribution channel of their choice.
- Whilst Apple can receive a fee for facilitating via the AppStore the initial acquisition of a new customer by developers, the fees charged by Apple go beyond what is strictly necessary for such remuneration. For example, Apple charges developers a fee for every purchase of digital goods or services a user makes within seven days after a link-out from the app.
By sending preliminary findings, the Commission informs Apple of its preliminary view that the company is in breach of the DMA. This is without prejudice to the outcome of the investigation as Apple now has the possibility to exercise its rights of defence by examining the documents in the Commission's investigation file and replying in writing to the Commission's preliminary findings.
If the Commission's preliminary views were to be ultimately confirmed, none of Apple's three sets of business terms would comply with Article 5(4) of the DMA, which requires gatekeepers to allow app developers to steer consumers to offers outside the gatekeepers' app stores, free of charge. The Commission would then adopt a non-compliance decision within 12 months from the opening of proceedings on 25 March 2024.
New non-compliance investigation into Apple's contract terms.
Today, the Commission has also opened a third non-compliance investigation into Apple's new contractual terms for developers as a condition to access some of the new features enabled by the DMA, notably the provision of alternative app stores or the possibility to offer an app via an alternative distribution channel. Apple has so far kept the option to subscribe to the previous conditions, which do not allow alternative distribution channels at all.
The Commission will investigate whether these new contractual requirements for third-party app developers and app stores breach Article 6(4) of the DMA and notably the necessity and proportionality requirements provided therein. This includes:
- Apple's Core Technology Fee, under which developers of third-party app stores and third-party apps must pay a €0.50 fee per installed app. The Commission will investigate whether Apple has demonstrated that the fee structure that it has imposed, as part of the new business terms, and in particular the Core Technology Fee, effectively complies with the DMA.
- Apple's multi-step user journey to download and install alternative app stores or apps on iPhones. The Commission will investigate whether the steps that a user has to undertake to successfully complete the download and installation of alternative app stores or apps, as well as the various information screens displayed by Apple to the user, comply with the DMA.
- The eligibility requirements for developers related to the ability to offer alternative app stores or directly distribute apps from the web on iPhones. The Commission will investigate whether these requirements, such as the ‘membership of good standing' in the Apple Developer Program, that app developers have to meet in order to be able to benefit from alternative distribution provided for in the DMA comply with the DMA.
In parallel, the Commission will continue undertaking preliminary investigative steps outside of the scope of the present investigation, in particular with respect to the checks and reviews put in place by Apple to validate apps and alternative app stores to be sideloaded.
Background
Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta and Microsoft, the six gatekeepers designated by the Commission on 6 September 2023, had to fully comply with all DMA obligations by 7 March 2024.
On 25 March 2024, the Commission opened non-compliance investigations into Alphabet's rules on steering in Google Play and self-preferencing on Google Search, Apple's rules on steering in the App Store and the choice screen for Safari, and Meta's “pay or consent model”. The Commission announced additional investigatory steps to gather facts and information in relation to Amazon's self-preferencing and Apple's alternative app distribution and new business model.
On 29 April 2024, the Commission designated Apple with respect to its iPadOS, its operating system for tablets, as a gatekeeper under the DMA. On 13 May 2024, the Commission also designated Booking as a gatekeeper under the DMA, for its online intermediation service Booking.com. In total, 24 core platform services provided by all gatekeepers have been designated.
In case of an infringement, the Commission can impose fines up to 10% of the gatekeeper's total worldwide turnover. Such fines can go up to 20% in case of repeated infringements. Moreover, in case of systematic infringements, the Commission is also empowered to adopt additional remedies such as obliging a gatekeeper to sell a business or parts of it, or banning the gatekeeper from acquisitions of additional services related to the systemic non-compliance.
Die EU-Kommission hat entschieden, dass TEMU eine sehr große Online-Plattform im Sinne des Digital Services Act (DSA) - Gesetz über digitale Dienste ist.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission: Kommission benennt Temu als sehr große Online-Plattform gemäß dem Gesetz über digitale Dienste
Die Kommission hat Temu heute offiziell als sehr große Online-Plattform (VLOP) im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) benannt.
Temu ist ein Online-Marktplatz mit durchschnittlich mehr als 45 Millionen monatlichen Nutzern in der Europäischen Union. Diese Nutzernummer, die Temu der Kommission mitgeteilt hat, liegt über dem Schwellenwert des Gesetzes über digitale Dienste für die Benennung als VLOP.
Nach der heutigen Benennung als VLOP muss Temu innerhalb von vier Monaten nach seiner Mitteilung (d. h. bis Ende September 2024) die strengsten Vorschriften des Gesetzes über digitale Dienste einhalten, wie etwa die Verpflichtung, alle systemischen Risiken, die sich aus seinen Dienstleistungen ergeben, einschließlich der Listung und des Verkaufs von gefälschten Waren, unsicheren oder illegalen Produkten und Gegenständen, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen, ordnungsgemäß zu bewerten und zu mindern.
Zu diesen zusätzlichen Verpflichtungen gehören insbesondere:
Sorgfältigere Überwachung illegaler Produkte
-Temu muss die spezifischen systemischen Risiken im Zusammenhang mit der Verbreitung illegaler Inhalte und Produkte sowie aus der Konzeption oder dem Funktionieren seines Dienstes und der damit verbundenen Systeme sorgfältig analysieren. Die Risikobewertungsberichte sind der Kommission vier Monate nach der Mitteilung der förmlichen Benennung und danach ein Jahr vorzulegen.
- Temu muss Risikominderungsmaßnahmen ergreifen, um Risiken zu begegnen, z. B. durch die Aufnahme und den Verkauf von nachgeahmten Waren, unsicheren Produkten und Gegenständen, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen. Diese Maßnahmen können die Anpassung der Nutzungsbedingungen, die Verbesserung der Gestaltung der Benutzerschnittstellen im Hinblick auf eine bessere Meldung und Aufdeckung verdächtiger Listen, die Verbesserung der Moderationsverfahren zur raschen Entfernung illegaler Gegenstände und die Verfeinerung der Algorithmen umfassen, um die Förderung und den Verkauf verbotener Waren zu verhindern.
- Temu muss seine internen Prozesse, Ressourcen, Tests, Dokumentation und Überwachung aller Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erkennung systemischer Risiken verstärken.
Verstärkte Verbraucherschutzmaßnahmen
- In den jährlichen Risikobewertungsberichten von Temu müssen insbesondere mögliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher bewertet werden, wobei der Schwerpunkt auf dem körperlichen und geistigen Wohlbefinden minderjähriger Nutzer liegen sollte.
- Temu ist verpflichtet, seine Plattform, einschließlich Benutzerschnittstellen, Empfehlungsalgorithmen und Nutzungsbedingungen, zu strukturieren, um Risiken für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Verbraucher zu mindern und zu verhindern. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Verbraucher vor dem Kauf unsicherer oder illegaler Waren zu schützen, wobei ein besonderer Schwerpunkt darauf liegen sollte, den Verkauf und Vertrieb von Produkten, die für Minderjährige schädlich sein könnten, zu verhindern. Dazu gehört auch die Einführung robuster Alterssicherungssysteme, um den Kauf altersbegrenzter Güter zu beschränken.
Mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht
- Temu muss sicherstellen, dass seine Risikobewertungen und die Einhaltung aller Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste jedes Jahr extern und unabhängig geprüft werden.
-Temu muss Repository aller Anzeigen veröffentlichen, die auf seiner Schnittstelle angezeigt werden.
- Temu muss Forschern, einschließlich zugelassener Forscher, die von den Koordinatoren für digitale Dienste benannt wurden, Zugang zu öffentlich zugänglichen Daten gewähren.
- Temu muss die Transparenzanforderungen erfüllen, einschließlich der Veröffentlichung von Transparenzberichten über Entscheidungen zur Moderation von Inhalten und des Risikomanagements alle sechs Monate zusätzlich zu den Berichten über die Systemrisiken und den Prüfungsergebnissen einmal jährlich.
- Temu muss eine Compliance-Funktion benennen und jedes Jahr einer externen unabhängigen Prüfung unterzogen werden.
Allgemeine Anwendbarkeit des Gesetzes über digitale Dienste auf Online-Plattformen und -Marktplätze
Seit dem 17. Februar 2024 müssen alle Online-Plattformen, einschließlich Temu, bereits die allgemeinen Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste erfüllen. Diese allgemeinen Bestimmungen umfassen die Verpflichtung von Online-Marktplätzen,
- Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von Händlern auf ihren Plattformen;
- Ihre Schnittstelle so zu gestalten, dass den Unternehmern die Einhaltung ihrer rechtlichen Verpflichtungen nach dem EU-Recht erleichtert wird;
- Die Verbraucher über den Kauf eines illegalen Produkts informieren, sobald sie von der Illegalität des Produkts Kenntnis erlangen.
Seit dem 17. Februar 2024 sind alle Online-Plattformen, einschließlich Marktplätze, nach dem Gesetz über digitale Dienste außerdem verpflichtet,
- Bereitstellung benutzerfreundlicher Mechanismen, die es Nutzern oder Stellen ermöglichen, illegale Inhalte zu melden;
- Der Behandlung von Meldungen, die von sogenannten „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“ übermittelt werden, Vorrang einzuräumen;
- Den Nutzern Begründungen zur Verfügung zu stellen, wenn ihre Inhalte eingeschränkt oder entfernt werden;
- Bereitstellung eines internen Beschwerdemanagementsystems für Nutzer, um Entscheidungen über die Moderation von Inhalten anzufechten;
- Ihre Systeme neu gestalten, um ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen zu gewährleisten;
- Sicherstellen, dass ihre Schnittstellen nicht so gestaltet sind, dass die Nutzer getäuscht oder manipuliert werden;
- Werbung auf ihren Schnittstellen deutlich kennzeichnen;
- Die Anzeige gezielter Werbung auf der Grundlage von Profilen sensibler Daten (z. B. ethnische Herkunft, politische Meinungen oder sexuelle Ausrichtung) oder die sich an Minderjährige richtet, einzustellen;
- Klare Bedingungen haben und bei ihrer Anwendung sorgfältig, objektiv und verhältnismäßig handeln;
- Sie veröffentlichen einmal jährlich Transparenzberichte über ihre Verfahren zur Moderation von Inhalten.
Nächste Schritte
Nach ihrer Benennung als VLOP wird die Kommission befugt sein, die Einhaltung des Gesetzes über digitale Dienste durch Temu in Zusammenarbeit mit dem irischen Koordinator für digitale Dienste zu überwachen.
Die Kommissionsdienststellen werden die Anwendung der Vorschriften und Verpflichtungen des Gesetzes über digitale Dienste durch die Plattform sorgfältig überwachen, insbesondere in Bezug auf Maßnahmen zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes und zur Bekämpfung der Verbreitung illegaler Produkte. Die Kommissionsdienststellen sind bereit, eng mit Temu zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass diese angemessen angegangen werden.
Hintergrund
Diese Bezeichnung veranschaulicht, wie die Kommission die Marktentwicklungen weiterhin aufmerksam verfolgt. Die Kommission hat nun 24 sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste benannt.
Am 25. April 2023 benannte die Kommission die ersten 19 sehr großen Betriebsplattformen (VLOP) und sehr große Online-Suchmaschinen (VLOSE). Ab Ende August mussten diese sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Plattformen die zusätzlichen Verpflichtungen gemäß Abschnitt 5 des Gesetzes über digitale Dienste erfüllen. Am 20. Dezember 2023 wurden drei weitere sehr große Online -Plattformen benannt. Am 26. April 2024 benannte die Kommission Shein als VLOP, für das die zusätzliche Verpflichtung im August 2024 verbindlich wird.
Die Überwachung und Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste wird von der Kommission und den Koordinatoren für digitale Dienste geteilt, die von den Mitgliedstaaten bis zum 17. Februar 2024 benannt werden mussten.
Die EU-Kommission hat Verfahren nach dem Digital Markets Act (DMA) wegen möglicher Verstöße gegen Alphabet / Google, Apple and Meta eingeleitet.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission: Commission opens non-compliance investigations against Alphabet, Apple and Meta under the Digital Markets Act
Today, the Commission has opened non-compliance investigations under the Digital Markets Act (DMA) into Alphabet's rules on steering in Google Play and self-preferencing on Google Search, Apple's rules on steering in the App Store and the choice screen for Safari and Meta's “pay or consent model”.
The Commission suspects that the measures put in place by these gatekeepers fall short of effective compliance of their obligations under the DMA.
In addition, the Commission has launched investigatory steps relating to Apple's new fee structure for alternative app stores and Amazon's ranking practices on its marketplace. Finally, the Commission has ordered gatekeepers to retain certain documents to monitor the effective implementation and compliance with their obligations.
Alphabet's and Apple's steering rules
The Commission has opened proceedings to assess whether the measures implemented by Alphabet and Apple in relation to their obligations pertaining to app stores are in breach of the DMA. Article 5(4) of the DMA requires gatekeepers to allow app developers to “steer” consumers to offers outside the gatekeepers' app stores, free of charge.
The Commission is concerned that Alphabet's and Apple's measures may not be fully compliant as they impose various restrictions and limitations. These constrain, among other things, developers' ability to freely communicate and promote offers and directly conclude contracts, including by imposing various charges.
Alphabet's measures to prevent self-preferencing
The Commission has opened proceedings against Alphabet, to determine whether Alphabet's display of Google search results may lead to self-preferencing in relation to Google's vertical search services (e.g., Google Shopping; Google Flights; Google Hotels) over similar rival services.
The Commission is concerned that Alphabet's measures implemented to comply with the DMA may not ensure that third-party services featuring on Google's search results page are treated in a fair and non-discriminatory manner in comparison with Alphabet's own services, as required by Article 6(5) of the DMA.
Apple's compliance with user choice obligations
The Commission has opened proceedings against Apple regarding their measures to comply with obligations to (i) enable end users to easily uninstall any software applications on iOS, (ii) easily change default settings on iOS and (iii) prompt users with choice screens which must effectively and easily allow them to select an alternative default service, such as a browser or search engine on their iPhones.
The Commission is concerned that Apple's measures, including the design of the web browser choice screen, may be preventing users from truly exercising their choice of services within the Apple ecosystem, in contravention of Article 6(3) of the DMA.
Meta's “pay or consent” model
Finally, the Commission has opened proceedings against Meta to investigate whether the recently introduced “pay or consent” model for users in the EU complies with Article 5(2) of the DMA which requires gatekeepers to obtain consent from users when they intend to combine or cross-use their personal data across different core platform services.
The Commission is concerned that the binary choice imposed by Meta's “pay or consent” model may not provide a real alternative in case users do not consent, thereby not achieving the objective of preventing the accumulation of personal data by gatekeepers.
Other investigatory and enforcement steps
The Commission is also taking other investigatory steps to gather facts and information to clarify whether:
Amazon may be preferencing its own brand products on the Amazon Store in contravention of Article 6(5) of the DMA, and
Apple's new fee structure and other terms and conditions for alternative app stores and distribution of apps from the web (sideloading) may be defeating the purpose of its obligations under Article 6(4) of the DMA.
The Commission has also adopted five retention orders addressed to Alphabet, Amazon, Apple, Meta, and Microsoft, asking them to retain documents which might be used to assess their compliance with the DMA obligations, so as to preserve available evidence and ensure effective enforcement.
Finally, the Commission has granted Meta an extension of 6 months to comply with the interoperability obligation (Article 7 DMA) for Facebook Messenger. The decision is based on a specific provision in Article 7(3)DMA and follows a reasoned request submitted by Meta. Facebook Messenger remains subject to all other DMA obligations.
Next steps
The Commission intends to conclude the proceedings opened today within 12 months. If warranted following the investigation, the Commission will inform the concerned gatekeepers of its preliminary findings and explain the measures it is considering taking or the gatekeeper should take in order to effectively address the Commission's concerns.
In case of an infringement, the Commission can impose fines up to 10% of the company's total worldwide turnover. Such fines can go up to 20% in case of repeated infringement. Moreover, in case of systematic infringements, the Commission may also adopt additional remedies such as obliging a gatekeeper to sell a business or parts of it, or banning the gatekeeper from acquisitions of additional services related to the systemic non-compliance.
Background
The DMA aims to ensure contestable and fair markets in the digital sector. It regulates gatekeepers, which are large digital platforms that provide an important gateway between business users and consumers, whose position can grant them the power to create a bottleneck in the digital economy.
Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta and Microsoft, the six gatekeepers designated by the Commission in September 2023, had to fully comply with all DMA obligations by 7 March 2024. The Commission has assessed the compliance reports setting out gatekeepers' compliance measures, and gathered feedback from stakeholders, including in the context of workshops.
Today's formal non-compliance proceedings against Alphabet, Apple and Meta have been opened pursuant to Article 20 DMA in conjunction with Articles 13 and 29 DMA for breach of Articles 5(2), 5(4), 6(3) and 6(5) DMA respectively.
Die EU-Kommission hat eine Geldbuße gegen Apple über 1,8 Mrd. Euro wegen Kartellrechtsverstößen durch die App-Store-Vorschriften für Musikstreaming-Anbieter verhängt.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission: Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 1,8 Mrd. EUR gegen Apple wegen kartellrechtswidriger App-Store-Vorschriften für Musikstreaming-Anbieter
Die Europäische Kommission hat gegen Apple wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für den über seinen App Store laufenden Vertrieb von Musikstreaming-Apps an iPhone- und iPad-Nutzer („iOS-Nutzer“) eine Geldbuße in Höhe von über 1,8 Mrd. EUR verhängt. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Apple App-Entwickler Beschränkungen auferlegte, die sie daran hinderten, iOS-Nutzer über alternative und billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App zur Verfügung stehen. Das verstößt gegen das EU-Kartellrecht.
Zuwiderhandlung
Apple ist derzeit der einzige Anbieter eines App Store, in dem Entwickler ihre Anwendungen an iOS-Nutzer im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vertreiben können. Apple kontrolliert alle Aspekte der iOS-Nutzererfahrung und legt die Geschäftsbedingungen fest, die Entwickler einhalten müssen, wenn sie im App Store präsent sein und iOS-Nutzer im EWR erreichen möchten.
Die Untersuchung der Kommission hat ergeben, dass Apple es Entwicklern von Musikstreaming-Apps untersagt, iOS-Nutzer umfassend über alternative, billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App verfügbar sind, und Hinweise dazu zu geben, wie solche Angebote abonniert werden können. Die entsprechenden Bestimmungen verbieten den App-Entwicklern u. a. Folgendes:
- Information der iOS-Nutzer in den Apps der Entwickler über die Preise von Abonnements, die außerhalb der App im Internet verfügbar sind
- Information der iOS-Nutzer in den Apps der Entwickler über die Preisunterschiede zwischen In-App-Abonnements (die über den „In-App“-Kaufmechanismus von Apple abgeschlossen werden) und anderswo abgeschlossenen Abonnements
- Einbau von Links in ihre Apps, die iOS-Nutzer zur Website des jeweiligen App-Entwicklers führen, auf der alternative Abonnements angeboten werden. App-Entwickler konnten sich auch nicht an eigene, neu geworbene Nutzer wenden (z. B. per E-Mail), um sie nach Einrichtung des Nutzerkontos über Preisalternativen zu informieren.
Die Kommission befindet in ihrem heutigen Beschluss, dass die in Rede stehenden Bestimmungen von Apple unlautere Handelsbedingungen darstellen und gegen Artikel 102 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen. Die Bestimmungen sind weder notwendig noch angemessen, um die geschäftlichen Interessen von Apple in Bezug auf den App Store auf intelligenten mobilen Apple-Geräten zu schützen. Sie wirken sich nachteilig für die iOS-Nutzer aus, da sie fundierte und effiziente Entscheidungen darüber verhindern, wo und wie die Nutzer Musikstreaming-Abonnements für ihr Gerät erwerben wollen.
Wegen des Verhaltens von Apple, das fast zehn Jahre andauerte, könnten viele iOS-Nutzer erheblich höhere Preise für Musikstreaming-Abonnements gezahlt haben, denn Apple verlangte von den Entwicklern hohe Provisionen, die über höhere Abopreise für ein und denselben Dienst im App Store von Apple letztlich an die Verbraucher weitergegeben wurden. Die in Rede stehenden Bestimmungen von Apple haben durch Beeinträchtigung der Nutzererfahrung auch nicht-monetären Schaden verursacht: iOS-Nutzer mussten entweder eine aufwendige Suche auf sich nehmen, um zu einschlägigen Angeboten außerhalb der App zu gelangen, oder sie haben nie ein Abo abgeschlossen, da sie ohne Hinweise nicht das richtige finden konnten.
Präsiden des EuG
Beschluss vom 09.20.2024 T-1077/23
Bytedance / EU-Kommission
Der Präsident des EuG hat den Eilantrag von TikTok / Bytedance gegen die Einordnung als Gatekeeper im Sinn des Digital Markets Act (DMA) durch die EU-Kommission abgelehnt.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Verordnung über digitale Märkte: Der Antrag von ByteDance (TikTok) auf Aussetzung des Beschlusses der Kommission, mit dem ByteDance als Torwächter benannt wird, wird zurückgewiesen
ByteDance hat die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens nicht dargetan.
Die ByteDance Ltd ist eine 2012 in China gegründete nicht operative Holdinggesellschaft, die über lokale Tochtergesellschaften die Unterhaltungsplattform TikTok bereitstellt.
Mit Beschluss vom 5. September 2023 benannte die Kommission ByteDance als Torwächter gemäß der Verordnung über digitale Märkte.
Im November 2023 erhob ByteDance Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses. Mit gesondertem Schriftsatz hat sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie die Aussetzung des Kommissionsbeschlusses begehrt. Mit seinem heutigen Beschluss weist der Präsident des Gerichts den Antrag von ByteDance auf vorläufigen Rechtsschutz zurück.
ByteDance hat danach nicht dargetan, dass es erforderlich wäre, den streitigen Beschluss bis zum Abschluss des Verfahrens zur Hauptsache auszusetzen, um zu verhindern, dass sie einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleidet.
ByteDance machte u. a. geltend, dass bei sofortiger Durchführung des streitigen Beschlusses die Gefahr bestehe, dass sonst nicht öffentliche, hochstrategische Informationen über die Praktiken von TikTok bei der Erstellung von Nutzerprofilen verbreitet würden. Diese Informationen würden es, so ByteDance, den Wettbewerbern von TikTok und sonstigen Dritten ermöglichen, über die TikTok betreffenden Geschäftsstrategien in einer Weise informiert zu sein, die ihren Tätigkeiten erheblich abträglich wäre. Ausweislich des heutigen Beschlusses hat ByteDance jedoch weder das Bestehen einer tatsächlichen Gefahr der Verbreitung vertraulicher Informationen noch einen etwaigen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden infolge einer solchen Gefahr dargetan.
Die EU-Kommission hat nach den entsprechenden Benennungsbeschlüssen eine Liste der sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen im Sinne des Digital Services Act (DSA - Gesetz über digitale Dienste) veröffentlicht.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission vom 25.04.2023:
Die Kommission hat heute die ersten Benennungsbeschlüsse im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste angenommen, in denen 17 sehr große Online-Plattformen (very large online platforms, VLOPs) und 2 sehr große Online-Suchmaschinen (very large online search engines, VLOSEs) benannt wurden, die monatlich mindestens 45 Millionen aktive Nutzer erreichen. Dazu gehören folgende:
Sehr große Online-Plattformen:
Alibaba AliExpress
Amazon Store
Apple AppStore
Booking.com
Facebook
Google Play
Google Maps
Google Shopping
Instagram
LinkedIn
Pinterest
Snapchat
TikTok
Twitter
Wikipedia
YouTube
Zalando
Sehr große Online-Suchmaschinen:
Bing
Google Search
Die Plattformen wurden auf der Grundlage der Nutzerdaten benannt, die sie bis zum 17. Februar 2023 veröffentlichen mussten.
Nächste Schritte für benannte Plattformen und Suchmaschinen
Nach ihrer Benennung müssen die Unternehmen nun innerhalb von vier Monaten allen neuen Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste nachkommen. Diese zielen darauf ab, die Handlungsfähigkeit der Nutzer, auch Minderjähriger, im Internet zu stärken und sie zu schützen, indem den benannten Diensten die Pflicht auferlegt wird, ihre systemischen Risiken zu bewerten und zu mindern sowie robuste Instrumente zur Moderation von Inhalten bereitzustellen. Dies beinhaltet Folgendes:
Stärkung der Handlungsfähigkeit der Nutzerinnen und Nutzer:
Die Nutzer erhalten klare Informationen darüber, warum ihnen bestimmte Inhalte empfohlen werden, und haben das Recht, sich gegen auf Profiling beruhende Empfehlungssysteme zu entscheiden.
Die Nutzerinnen und Nutzer werden illegale Inhalte leicht melden können, und die Plattformen müssen solchen Meldungen sorgfältig nachgehen.
Werbung darf nicht auf der Grundlage sensibler Daten des Nutzers angezeigt werden (z. B. ethnische Herkunft, politische Meinungen oder sexuelle Ausrichtung).
Die Plattformen müssen jegliche Werbung kennzeichnen und die Nutzer darüber informieren, wer sie finanziert.
Die Plattformen müssen eine leicht verständliche und klare Zusammenfassung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in allen Sprachen der Mitgliedstaaten, in denen sie tätig sind, bereitstellen.
Starker Schutz Minderjähriger:
Die Plattformen müssen ihre Systeme umgestalten, um für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen zu sorgen.
Gezielte Werbung auf der Grundlage des Profilings von Kindern sind nicht mehr zulässig.
Besondere Risikobewertungen, auch in Bezug auf negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, sind der Kommission vier Monate nach der Benennung vorzulegen und spätestens ein Jahr später zu veröffentlichen.
Die Plattformen müssen ihre Dienste, einschließlich ihrer Schnittstellen, Empfehlungssysteme und allgemeinen Geschäftsbedingungen, neu gestalten, um diese Risiken zu mindern.
Sorgfältigere Moderation von Inhalten, weniger Desinformation:
Plattformen und Suchmaschinen müssen Maßnahmen ergreifen, um den Risiken im Zusammenhang mit der Verbreitung illegaler Inhalte im Internet und den negativen Auswirkungen auf die Meinungs- und Informationsfreiheit entgegenzuwirken.
Die Plattformen müssen über klare allgemeine Geschäftsbedingungen verfügen und sie sorgfältig und ohne Willkür durchsetzen.
Plattformen müssen über einen Mechanismus verfügen, über den Nutzer illegale Inhalte melden können, und müssen auf die Meldungen zügig reagieren.
Plattformen müssen ihre besonderen Risiken analysieren und Risikominderungsmaßnahmen ergreifen – beispielsweise um die Verbreitung von Desinformation und die unauthentische Nutzung ihres Dienstes zu bekämpfen.
Ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht:
Die Plattformen müssen sicherstellen, dass ihre Risikobewertungen und die Einhaltung aller Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste einer unabhängigen externen Prüfung unterzogen werden.
Sie müssen Forschenden Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten gewähren. Zu einem späteren Zeitpunkt wird ein spezieller Mechanismus für zugelassene Forschende eingerichtet.
Die Plattformen müssen Archive aller auf ihrer Schnittstelle dargestellten Werbeanzeigen veröffentlichen.
Die Plattformen müssen Transparenzberichte über Moderationsentscheidungen zu Inhalten und über das Risikomanagement veröffentlichen.
Spätestens vier Monate nach der Mitteilung der Benennungsbeschlüsse müssen die benannten
Plattformen und Suchmaschinen ihre Systeme, Ressourcen und Verfahren zur Einhaltung der Bestimmungen anpassen und ein unabhängiges Compliance-System einrichten sowie ihre erste jährliche Risikobewertung durchführen und der Kommission übermitteln.
Risikobewertung
Die Plattformen müssen ein breites Spektrum an systemischen Risiken ermitteln und analysieren – von der Frage, wie illegale Inhalte und Desinformation durch ihre Dienste verstärkt werden können, bis hin zu den Auswirkungen auf die Freiheit der Meinungsäußerung und die Medienfreiheit – und entsprechende Risikominderungsmaßnahmen ergreifen. Ebenso müssen spezifische Risiken im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet und dem Schutz Minderjähriger und ihrer psychischen Gesundheit im Internet bewertet und gemindert werden. Die Risikominderungspläne der benannten Plattformen und Suchmaschinen werden einer unabhängigen Prüfung durch die Kommission unterzogen und von ihr beaufsichtigt.
Eine neue Aufsichtsstruktur
Das Gesetz über digitale Dienste wird mithilfe einer europaweiten Aufsichtsstruktur durchgesetzt. Zwar ist die Kommission für die Beaufsichtigung der benannten Plattformen und Suchmaschinen zuständig, jedoch arbeitet sie innerhalb des mit dem Gesetz über digitale Dienste errichteten Aufsichtsrahmens eng mit den Koordinatoren für digitale Dienste zusammen. Diese nationalen Behörden, die auch für die Beaufsichtigung kleinerer Plattformen und Suchmaschinen zuständig sind, müssen von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 17. Februar 2024 eingerichtet werden. Zu derselben Frist müssen auch alle anderen Plattformen ihren Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste nachkommen und ihren Nutzerinnen und Nutzern den im Gesetz über digitale Dienste festgelegten Schutz bieten sowie die entsprechenden Schutzvorkehrungen einrichten.
Um das Gesetz über digitale Dienste durchzusetzen, stärkt die Kommission auch ihr internes und externes multidisziplinäres Fachwissen. Außerdem hat sie vor Kurzem ein Europäisches Zentrum für die Transparenz der Algorithmen (ECAT) eröffnet. Dieses wird die Bewertung der Frage unterstützen, ob die Funktionsweise der algorithmischen Systeme mit den Risikomanagementverpflichtungen im Einklang steht. Darüber hinaus richtet die Kommission ein Ökosystem für die digitale Durchsetzung ein, in dem Fachwissen aus allen einschlägigen Sektoren zusammengeführt wird.
Datenzugang für Forschende
Die Kommission hat heute auch eine Aufforderung zur Stellungnahme zu den Bestimmungen des Gesetzes über digitale Dienste in Bezug auf den Datenzugang für Forschende veröffentlicht. Diese Bestimmungen dienen dazu, die Maßnahmen der Plattformanbieter zur Bekämpfung illegaler Inhalte wie illegaler Hassreden sowie in Bezug auf andere gesellschaftliche Risiken wie die Verbreitung von Desinformation und Risiken, die sich auf die psychische Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer auswirken können, besser zu überwachen. Zugelassene Forschende werden auf die Daten von VLOPs und VLOSEs zugreifen können, um Untersuchungen zu systemischen Risiken in der EU durchzuführen. Dies bedeutet, dass sie beispielsweise die Entscheidungen der Plattformen darüber analysieren könnten, was Nutzer im Internet sehen und womit sie in Kontakt kommen, und dass sie Zugang zu zuvor nicht offengelegten Daten haben. Unter Berücksichtigung der eingegangenen Rückmeldungen wird die Kommission einen delegierten Rechtsakt vorlegen, um ein einfaches, praktisches und klares Verfahren für den Datenzugang zu konzipieren und gleichzeitig angemessene Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch zu treffen. Die Konsultation läuft bis zum 25. Mai.
Hintergrund
Am 15. Dezember 2020 legte die Kommission ihren Vorschlag für ein Gesetz über digitale Dienste zusammen mit dem Vorschlag für ein Gesetz über digitale Märkte als umfassenden Rahmen zur Gewährleistung eines sichereren und faireren digitalen Raums für alle vor. Nach der politischen Einigung der gesetzgebenden Organe der EU im April 2022 trat das Gesetz über digitale Dienste am 16. November 2022 in Kraft.
Das Gesetz über digitale Dienste gilt für alle digitalen Dienste, die den Verbrauchern Waren, Dienstleistungen oder Inhalte vermitteln. Es schafft umfassende neue Pflichten für Online-Plattformen in Bezug auf die Schadensbegrenzung und Risikobewältigung im Internet, sieht wirksame Schutzvorkehrungen für die Nutzerrechte im Internet vor und unterwirft digitale Plattformen einem einzigartigen neuen Rahmen, der für Transparenz und Rechenschaftspflicht sorgt. Diese Vorschriften sind als einheitliches gemeinsames Regelwerk für die gesamte EU konzipiert und bieten neue Schutzmöglichkeiten für die Nutzer und Rechtssicherheit für die Unternehmen im gesamten Binnenmarkt. Das Gesetz über digitale Dienste ist das erste Regulierungsinstrument seiner Art weltweit und setzt auch international Maßstäbe für die Regulierung im Bereich der Online-Vermittler.
Die EU-Kommission hat festgestellt, dass Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft Gatekeeper im Sinn des Digital Markets Act (DMA) sind.
Die Pressemitteilung der EU-Kommission: Die Europäische Kommission hat heute im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte erstmals sechs Torwächter (Gatekeeper) benannt: Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft. Insgesamt wurden 22 zentrale Plattformdienste, die von Torwächtern bereitgestellt werden, benannt. Die sechs Torwächter haben nun sechs Monate Zeit, um die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen gemäß dem Gesetz über digitale Märkte für jeden ihrer benannten zentralen Plattformdienste sicherzustellen.
Im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte kann die Europäische Kommission digitale Plattformen als „Torwächter“ benennen, wenn diese für Unternehmen über zentrale Plattformdienste ein wichtiges Zugangstor zu Verbraucherinnen und Verbrauchern darstellen. Die heutigen Benennungsbeschlüsse sind das Ergebnis einer Überprüfung durch die Kommission über 45 Tage, nachdem Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta, Microsoft und Samsung ihren potenziellen Torwächter-Status mitgeteilt hatten. Insbesondere hat die Kommission den Torwächter-Status für die folgenden zentralen Plattformdienste festgestellt:
Parallel dazu hat die Kommission vier Marktuntersuchungen eingeleitet, um die eingereichten Mitteilungen von Microsoft und Apple weiter zu prüfen, denen zufolge einige ihrer zentralen Plattformdienste nicht als Zugangstore anzusehen sind, obwohl sie die Schwellenwerte erreichen:
Microsoft: Bing, Edge und Microsoft Advertising
Apple: iMessage
Nach dem Gesetz über digitale Märkte soll im Rahmen dieser Untersuchungen festgestellt werden, ob durch eine hinreichend stichhaltige Widerlegung durch die Unternehmen nachgewiesen wird, dass die betreffenden Dienste nicht benannt werden sollten. Die Untersuchung sollte innerhalb von fünf Monaten abgeschlossen werden.
Darüber hinaus hat die Kommission eine Marktuntersuchung eingeleitet, um weiter zu prüfen, ob Apples iPadOS zu den Torwächtern gezählt werden sollte, obwohl es die Schwellenwerte nicht erreicht. Diese Untersuchung im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte sollte innerhalb von höchstens 12 Monaten abgeschlossen werden.
Darüber hinaus kam die Kommission zu dem Schluss, dass Gmail, Outlook.com und Samsung Internet Browser zwar die Schwellenwerte des Gesetzes über digitale Märkte für die Einstufung ihrer Betreiber als Torwächter erreichen, Alphabet, Microsoft und Samsung jedoch hinreichend begründete Argumente dafür vorgelegt haben, dass diese Dienste nicht als Zugangstor für die jeweiligen zentralen Plattformdienste anzusehen sind. Daher beschloss die Kommission, Gmail, Outlook.com und Samsung Internet Browser nicht als zentrale Plattformdienste zu benennen. Dementsprechend wurde Samsung nicht als Torwächter in Bezug auf einen zentralen Plattformdienst eingestuft.
Nächste Schritte für benannte Torwächter
Nach ihrer Benennung haben die Torwächter nun sechs Monate Zeit, um sich an die vollständige Liste der Gebote und Verbote zu halten, die im Gesetz für digitale Märkte vorgesehen sind, sodass Endnutzern und gewerblichen Nutzern der Dienste des Torwächters eine größere Auswahl geboten und mehr Freiheit eingeräumt wird. Einige der Verpflichtungen gelten jedoch direkt ab dem Zeitpunkt der Benennung, z. B. die Verpflichtung, die Kommission über jeden geplanten Zusammenschluss zu unterrichten. Es liegt bei den benannten Unternehmen, die wirksame Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten und nachzuweisen. Zu diesem Zweck müssen sie innerhalb von sechs Monaten einen ausführlichen Compliance-Bericht vorlegen, in dem sie darlegen, wie sie die einzelnen Verpflichtungen des Gesetzes über digitale Märkte erfüllen.
Die Kommission wird die wirksame Umsetzung und Einhaltung dieser Verpflichtungen überwachen. Kommt ein Torwächter den im Gesetz über digitale Märkte festgelegten Verpflichtungen nicht nach, kann die Kommission Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des weltweit erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens verhängen, der bei wiederholter Zuwiderhandlung auf bis zu 20 % hochgesetzt werden kann. Im Falle systematischer Zuwiderhandlungen ist die Kommission auch befugt, zusätzliche Abhilfemaßnahmen aufzuerlegen. Beispielsweise kann sie einen Torwächter dazu verpflichten, ein Unternehmen oder Teile davon zu verkaufen, oder sie kann dem Torwächter verbieten, zusätzliche Dienste zu erwerben, die mit der systematischen Nichteinhaltung in Verbindung stehen.
In Zukunft könnten weitere Unternehmen der Kommission auf der Grundlage ihrer Selbstbeurteilung Mitteilungen im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte in Bezug auf die einschlägigen Schwellenwerte übermitteln. In diesem Zusammenhang führt die Kommission konstruktive Gespräche mit allen relevanten Unternehmen.
Hintergrund
Das Gesetz über digitale Märkte soll verhindern, dass Torwächter den Unternehmen und Endnutzern unfaire Bedingungen aufzwingen, und so die Offenheit wichtiger digitaler Märkte gewährleisten.
Zusammen mit dem Gesetz über digitale Märkte schlug die Kommission im Dezember 2020 das Gesetz über digitale Dienste vor, um die negativen Folgen bestimmter Verhaltensweisen von Online-Plattformen, die als digitale Torwächter fungieren, für den EU-Binnenmarkt anzugehen.
Das Gesetz über digitale Märkte, das seit November 2022 in Kraft ist und seit Mai 2023 angewendet wird, zielt darauf ab, bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor zu gewährleisten. Es reguliert die sogenannten Torwächter: große Online-Plattformen, die gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Verbrauchern dienen und die aufgrund dieser Stellung die Macht haben, den Marktzugang in der digitalen Wirtschaft zu kanalisieren.
Unternehmen, die mindestens einen der zehn im Gesetz über digitale Märkte aufgeführten zentralen Plattformdienste betreiben, werden als Torwächter angesehen, wenn sie die nachstehenden Kriterien erfüllen. Zu diesen zentralen Plattformdiensten gehören Online-Vermittlungsdienste wie Dienste zum Herunterladen von Computer- oder Handy-Apps, Online-Suchmaschinen, soziale Netzwerke, bestimmte Kommunikationsdienste, Video-Sharing-Plattform-Dienste, virtuelle Assistenten, Webbrowser, Cloud-Computing-Dienste, Betriebssysteme, Online-Marktplätze und Online-Werbedienste. Ein Unternehmen kann dabei auch für mehrere zentrale Plattformdienste als Torwächter benannt werden.
Es gibt drei quantitative Hauptkriterien, die die Annahme begründen, dass ein Unternehmen ein Torwächter im Sinne des Gesetzes über digitale Märkte ist: i) Das Unternehmen erzielt einen bestimmten Jahresumsatz im Europäischen Wirtschaftsraum und erbringt in mindestens drei EU-Mitgliedstaaten einen zentralen Plattformdienst, ii) das Unternehmen betreibt einen zentralen Plattformdienst mit monatlich mehr als 45 Millionen aktiven Endnutzern, die in der EU niedergelassen sind oder sich dort aufhalten, und mit jährlich mehr als 10 000 aktiven gewerblichen Nutzern mit Niederlassung in der EU und iii) das Unternehmen hat das zweite Kriterium in den drei vorhergehenden Geschäftsjahren erfüllt.
Im Gesetz über digitale Märkte ist eine Reihe spezifischer Verpflichtungen festgelegt, die Torwächter einhalten müssen, und bestimmte Verhaltensweisen werden ihnen untersagt mithilfe einer Liste von Geboten und Verboten.
Mit dem Gesetz über digitale Märkte wird der Kommission auch die Befugnis übertragen, Marktuntersuchungen durchzuführen, um i) Unternehmen aus qualitativen Gründen als Torwächter zu benennen, ii) die Verpflichtungen für Torwächter erforderlichenfalls zu aktualisieren, iii) Abhilfemaßnahmen zu konzipieren, mit denen gegen systematische Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Gesetzes über digitale Märkte vorgegangen wird.
Das Bundeskartellamt hat hinsichtlich Apple die überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb nach § 19a GWB festgestellt.
Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes: Apple unterliegt den Digitalvorschriften nach § 19a GWB
Das Bundeskartellamt hat entschieden, dass die Apple Inc., Cupertino, USA, ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist. Damit unterliegt Apple gemeinsam mit seinen Tochterunternehmen der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB.
Die Vorschrift des § 19a GWB ist aufgrund einer Gesetzesänderung seit Januar 2021 in Kraft. Das Bundeskartellamt kann in einem zweistufigen Vorgehen Verfahren Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Apple verfügt über eine marktübergreifende wirtschaftliche Machtposition, die dem Unternehmen vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierte Verhaltensspielräume eröffnet. Das Unternehmen ist – ausgehend von seinen mobilen Endgeräten wie dem iPhone – Betreiber eines umfassenden digitalen Ökosystems mit einer hohen Bedeutung für den Wettbewerb nicht nur in Deutschland, sondern auch europa- und weltweit. Apple nimmt mit seinen proprietären Produkten iOS und dem App Store Schlüsselpositionen für den Wettbewerb und für den Zugang zum Ökosystem und den Apple-Kunden ein. Auf der Grundlage dieser Entscheidung können wir gezielt wettbewerbsgefährdende Praktiken aufgreifen und effektiv unterbinden.“
Hinsichtlich konkreter Verhaltensweisen von Apple prüft das Bundeskartellamt in einem weiteren Verfahren Apples Tracking-Regelungen sowie das App Tracking Transparency Framework (s. Pressemitteilung vom 14. Juni 2022). Das Bundeskartellamt geht dabei insbesondere dem Anfangsverdacht nach, dass diese Regelungen Apples eigene Angebote bevorzugt behandeln und/oder andere Unternehmen behindern könnten. Über die Einleitung weiterer Verfahren gegen Apple ist noch nicht entschieden worden.
Zur marktübergreifenden Bedeutung von Apple
Apple gehört mit weltweiten Umsatzerlösen von rund 400 Mrd. USD und einem Gewinn von fast 100 Mrd. USD im Geschäftsjahr 2022 zu den umsatz- und gewinnstärksten Unternehmen der Welt. Zum einen besetzt Apple die gesamte Wertschöpfungskette rund um hochwertige mobile digitale Endgeräte, teilweise einschließlich der eigenen Entwicklung von zentralen Komponenten wie der Prozessoren. Zum anderen entwickelt Apple die Software für diese Geräte – allen voran deren mobile Betriebssysteme wie iOS – selbst. Gleiches gilt für die Plattform für den mobilen Softwarevertrieb auf den Geräten, den App Store. Ergänzt wird Apples Angebot um eine Reihe weiterer Hardware-, Software- und Diensteprodukte.
Apples iPhone trägt kontinuierlich zu mehr als 50 Prozent zum Umsatz des Technologiekonzerns bei. Apple verfügt über marktbeherrschende, mindestens jedoch marktstarke Stellungen auf allen vertikal verbundenen Stufen ausgehend von Smartphones, Tablets und Smartwatches über die proprietären Betriebssysteme bis hin zum Apple App Store als der sowohl für App-Herausgebende als auch für Nutzerinnen und Nutzer einzig verfügbaren digitalen Vertriebsplattform für Apps und andere Softwareprodukte auf Apple Geräten.
Ausgehend von dieser engen, proprietären Vertikalstruktur und einer aktiven Gerätebasis von weltweit derzeit mehr als zwei Mrd. Stück ist Apple vielfach auf miteinander verbundenen Marktstufen und Geschäftsfeldern tätig und ist so in der Lage, seine Nutzerinnen und Nutzer langfristig an sein komplexes Ökosystem zu binden. Damit einher geht eine ausgeprägte Regelsetzungsmacht gegenüber Dritten, allen voran den App-Entwicklenden. Apple kontrolliert den Zugang zu Apple-Kundinnen und -Kunden und gestaltet diesen Zugang nach seinen Regeln und zu seinen ökonomischen Rahmenbedingungen. Diese herausragende Positionierung wird flankiert durch eine überragende Ressourcenausstattung. Apple kann nicht nur auf hohe Finanzmittel, sondern auch auf eine breite Nutzerbasis und einen starken Markenwert der Marke „Apple“ zurückgreifen. Das Unternehmen nutzt seine Ressourcen für den Ausbau seines Ökosystems, sei es über hohe Investitionen in F&E, fortlaufende Personalzuwächse in zukunftsweisenden Geschäftsbereichen oder über Unternehmenszukäufe, die sich vor allem auf Technologien zur Erweiterung von Geschäftsfeldern oder zur Verbesserung bestehender Dienste oder Produkte richten. Auch verfügt das Unternehmen über einen privilegierten Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten. Diese strukturell abgesicherte marktübergreifende Präsenz erleichtert es Apple, sein Ökosystem abzusichern und in neue Geschäftsfelder vorzustoßen, wie zum Beispiel das Werbegeschäft.
Apples überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb im Sinne des § 19a Abs. 1 GWB verschafft dem Unternehmen damit im Ergebnis eine Machtposition, die ihnen vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierte marktübergreifende Verhaltensspielräume eröffnet. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist gemäß den gesetzlichen Vorgaben auf fünf Jahre befristet. Innerhalb dieses Zeitraumes unterliegt Apple in Deutschland der besonderen Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt nach § 19a Abs. 2 GWB. Das Bundeskartellamt hat zu seiner Entscheidung heute ebenfalls einen Fallbericht veröffentlicht. Dieser ist hier abrufbar.
Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) erlaubt dem Bundeskartellamt ein frühzeitiges und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Vor dem heute abgeschlossenen Verfahren gegen Apple hat das Amt eine überragende marktübergreifende Bedeutung bereits bei Alphabet/Google, bei Meta/Facebook und bei Amazon festgestellt (s. Pressemitteilungen vom 5. Januar 2022, vom 4. Mai 2022 und vom 6. Juli 2022). Ein weiteres Feststellungsverfahren wurde gegen Microsoft eingeleitet (s. Pressemitteilung vom 28. März 2023).
Auf Basis der neuen Vorschriften laufen auch bereits mehrere Verfahren, die sich gegen konkrete Verhaltensweisen richten, so gegen Google/Alphabet (s. Pressemitteilungen vom 21. Juni 2022, vom 4. Juni.2021 bzw. 12. Januar 2022 und 25. Mai 2021), Meta/Facebook (s. Pressemitteilung vom 28. Januar 2021) und Amazon (s. Pressemitteilung vom 14. November 2022).
EuG
Urteil vom 14.09.2022 T-604/18
Google und Alphabet/Kommission (Google Android)
Das EuG hat die Geldbuße der EU-Kommission von mehr als 4 Milliarden EURO gegen Google / Alphabet wegen des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung ganz überwiegend bestätigt.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Das Gericht bestätigt weitgehend den Beschluss der Kommission, wonach Google den Herstellern von Android-Mobilgeräten und den Betreibern von Mobilfunknetzen rechtswidrige Beschränkungen auferlegt hat, um die beherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu stärken.
Um Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung besser Rechnung zu tragen, hält das Gericht es jedoch im Anschluss an Erwägungen, die in einigen Punkten von denen der Kommission abweichen, für angebracht, gegen Google eine Geldbuße in Höhe von 4,125 Mrd. Euro zu verhängen Google, ein auf Produkte und Dienstleistungen, die mit dem Internet in Zusammenhang stehen, spezialisiertes Unternehmen des Sektors der Informations- und Kommunikationstechnologien, erzielt seine Einkünfte im Wesentlichen mit seinem Schlüsselprodukt, der Suchmaschine Google Search. Sein Geschäftsmodell basiert auf dem Zusammenspiel einer Reihe von Produkten und Dienstleistungen, die den Nutzern meist kostenlos angeboten werden, und Online-Werbedienstleistungen, bei denen die bei diesen Nutzern gesammelten Daten verwendet werden. Google bietet ferner das Betriebssystem Android an, mit dem nach Angaben der Europäischen Kommission im Juli 2018 etwa 80 % der in Europa verwendeten intelligenten Mobilgeräte ausgestattet waren. Verschiedene Beschwerden, die wegen bestimmter Geschäftspraktiken von Google im Bereich des mobilen Internets an die Kommission gerichtet wurden, veranlassten sie, am 15. April 2015 gegen Google ein Verfahren betreffend Android zu eröffnen.
Mit Beschluss vom 18. Juli 20183 verhängte die Kommission gegen Google eine Sanktion wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung durch die Auferlegung wettbewerbswidriger vertraglicher Beschränkungen für die Hersteller von Mobilgeräten und die Betreiber von Mobilfunknetzen, bei einigen seit dem 1. Januar 2011. Die Beschränkungen hatten drei Formen:
1. Beschränkungen in den „Vertriebsvereinbarungen“, wonach die Hersteller von Mobilgeräten seine allgemeine Such-App (Google Search) und seinen Browser (Chrome) vorinstallieren mussten, um von Google eine Lizenz für die Nutzung seines App Store (Play Store) zu erhalten;
2. Beschränkungen in den „Anti-Fragmentierungsvereinbarungen“, wonach die für die Vorinstallation der Apps Google Search und Play Store durch die Hersteller von Mobilgeräten erforderlichen Lizenzen nur erteilt wurden, wenn die Hersteller sich verpflichteten, keine Geräte zu verkaufen, die mit nicht von Google zugelassenen Versionen des Betriebssystems Android ausgestattet sind;
3. Beschränkungen in den „Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen“, wonach Google nur dann einen Teil der Werbeeinnahmen an die betreffenden Hersteller von Mobilgeräten und Betreiber von Mobilfunknetzen weiterleitete, wenn diese sich verpflichteten, auf einem im Voraus festgelegten Sortiment von Geräten keinen konkurrierenden allgemeinen Suchdienst vorzuinstallieren.
Nach Ansicht der Kommission wurde mit all diesen Beschränkungen das Ziel verfolgt, die beherrschende Stellung von Google im Bereich der allgemeinen Suchdienste und damit seine Einnahmen aus Werbeanzeigen im Zusammenhang mit diesen Suchen zu schützen und zu stärken. Das gemeinsame Ziel der streitigen Beschränkungen und ihre Wechselwirkung veranlassten die Kommission daher, sie als einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einzustufen.
Infolgedessen verhängte die Kommission gegen Google eine Geldbuße in Höhe von fast 4,343 Mrd. Euro; dabei handelt es sich um die höchste jemals in Europa von einer Wettbewerbsbehörde verhängte Geldbuße. Die von Google erhobene Klage wird vom Gericht im Wesentlichen abgewiesen; es erklärt den Beschluss der Kommission nur insofern für nichtig, als darin festgestellt wird, dass die oben angesprochenen sortimentbezogenen Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen als solche einen Missbrauch darstellen. Angesichts der konkreten Umstände der Rechtssache hält das Gericht es ferner für angebracht, die gegen Google verhängte Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf 4,125 Mrd. Euro festzusetzen.
Würdigung durch das Gericht
An erster Stelle prüft das Gericht den Klagegrund, dass bei der Definition der relevanten Märkte und der anschließenden Beurteilung der beherrschenden Stellung von Google auf einigen dieser Märkte Beurteilungsfehler begangen worden seien. In diesem Rahmen hebt das Gericht hervor, dass es im Wesentlichen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien und der Argumentation im angefochtenen Beschluss zu prüfen hat, ob Google aufgrund seiner Macht auf den relevanten Märkten in der Lage war, sich gegenüber den verschiedenen Faktoren, die geeignet waren, ihm bei seinem Verhalten Zwänge aufzuerlegen, in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten.
Im vorliegenden Fall hat die Kommission in einem ersten Schritt vier relevante Märkte herausgearbeitet, und zwar erstens den weltweiten Markt (mit Ausnahme Chinas) für die Lizenzierung von Betriebssystemen für Mobilgeräte, zweitens den weltweiten Markt (mit Ausnahme Chinas) für Android-App-Stores, drittens die verschiedenen nationalen Märkte für allgemeine Suchdienste im EWR und viertens den weltweiten Markt der nicht betriebssystemspezifischen Internetbrowser für Mobilgeräte. In einem zweiten Schritt ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass Google auf den drei erstgenannten Märkten eine beherrschende Stellung innehabe. Das Gericht weist darauf hin, dass die Kommission bei ihrer Darstellung der verschiedenen relevanten Märkte gebührend herausgearbeitet hat, dass sie einander ergänzen und miteinander in Verbindung stehen, insbesondere angesichts der weltweit umgesetzten Strategie von Google, seine Suchmaschine durch die Integration in ein „Ökosystem“ zu propagieren.
Speziell in Bezug auf die Definition des Umfangs des Marktes für die Lizenzierung von Betriebssystemen für intelligente Mobilgeräte und die anschließende Beurteilung der Stellung von Google auf diesem Markt stellt das Gericht fest, dass die Kommission – ohne dass die insoweit von Google vorgebrachten Rügen stichhaltig sind – zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die ausschließlich von vertikal integrierten Produktentwicklern genutzten „nichtlizenzierbaren“ Betriebssysteme wie iOS von Apple oder Blackberry nicht zum gleichen Markt gehörten, da andere Hersteller von Mobilgeräten keine Lizenz dafür erwerben können. Die Kommission hat auch mit der Feststellung, dass die beherrschende Stellung von Google auf diesem Markt durch den mittelbaren Wettbewerbsdruck, der dort durch das von Apple angebotene nicht-lizenzierbare Betriebssystem ausgeübt werde, nicht in Frage gestellt werde, keinen Fehler begangen. Sie ist überdies zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Open-Source-Charakter der Lizenz für die Nutzung des Android-Quellcodes keinen hinreichenden Wettbewerbsdruck erzeugte, um die fragliche beherrschende Stellung zu kompensieren.
An zweiter Stelle prüft das Gericht die verschiedenen Klagegründe, mit denen die fehlerhafte Beurteilung des missbräuchlichen Charakters der streitigen Beschränkungen gerügt wird. Erstens hat die Kommission die den Herstellern von Mobilgeräten auferlegten Bedingungen für die Vorinstallation4 als missbräuchlich eingestuft, indem sie zum einen das Bündel der Google -Search- und Play-StoreApps vom Bündel des Chrome-Browsers und von den vorgenannten Apps unterschieden und zum anderen die Ansicht vertreten hat, dass diese Bündel den Wettbewerb im Zeitraum der Zuwiderhandlung beschränkt hätten, ohne dass Google hierfür eine objektive Rechtfertigung habe anführen können.
Insoweit führt das Gericht aus, dass die Kommission das Vorliegen eines durch die streitigen Bedingungen für die Vorinstallation entstandenen Wettbewerbsvorteils damit begründet hat, dass eine solche Vorinstallation zu einer „Status-quo-Präferenz“ führen könne, resultierend aus der Neigung der Nutzer, sich der ihnen zur Verfügung stehenden Such- und Browser-Apps zu bedienen, die geeignet seien, die Nutzung des betreffenden Dienstes erheblich und nachhaltig zu verbessern, ohne dass dieser Vorteil von den Konkurrenten von Google wettgemacht werden könnte. Das Gericht stellt fest, dass die Analyse der Kommission zu diesem Punkt allen Einwänden von Google standhält.
Im Anschluss befasst sich das Gericht mit den Rügen, die sich gegen die Schlussfolgerung richten, dass die den Konkurrenten von Google zur Verfügung stehenden Mittel es ihnen nicht ermöglicht hätten, den von Google durch die fraglichen Bedingungen für die Vorinstallation erlangten erheblichen Wettbewerbsvorteil zu kompensieren, und führt dazu aus, dass diese Bedingungen zwar die Vorinstallation konkurrierender Apps nicht verbieten, doch ist ein solches Verbot für Geräte vorgesehen, die unter die Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen fallen – gleichgültig, ob diese sortimentbezogen sind oder für Ersatzgeräte gelten –, und damit für über 50 % der GoogleAndroid-Geräte, die von 2011 bis 2016 im EWR verkauft wurden; dies durfte die Kommission im Rahmen der kombinierten Wirkungen der fraglichen Beschränkungen berücksichtigen. Die Kommission war auch befugt, sich zur Stützung ihrer Schlussfolgerungen auf die Beobachtung der tatsächlichen Situation zu stützen, wobei sie feststellte, dass in der Praxis nur in begrenztem Umfang auf die Vorinstallation konkurrierender Apps, auf ihren Download oder über Browser auf konkurrierende Suchdienste zurückgegriffen wurde. Schließlich sieht das Gericht die Einwände von Google gegen die Erwägungen, aufgrund deren die Kommission jede objektive Rechtfertigung für die in die Prüfung einbezogenen Bündel verneinte, ebenfalls als nicht stichhaltig an und weist den Klagegrund der fehlerhaften Beurteilung des missbräuchlichen Charakters der Bedingungen für die Vorinstallation in vollem Umfang zurück.
Zweitens führt das Gericht in Bezug auf die Beurteilung der in den sortimentbezogenen Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen enthaltenen Bedingung der ausschließlichen Vorinstallation aus, dass die Kommission berechtigt war, die streitigen Vereinbarungen als Ausschließlichkeitsvereinbarungen einzustufen, da die vorgesehenen Zahlungen davon abhingen, dass bei dem betreffenden Produktsortiment keine konkurrierenden allgemeinen Suchdienste vorinstalliert wurden.
In Anbetracht dessen, dass die Kommission den missbräuchlichen Charakter dieser Vereinbarungen darin sah, dass sie geeignet gewesen seien, die betreffenden Hersteller von Mobilgeräten und Betreiber von Mobilfunknetzen davon abzuhalten, solche konkurrierenden Suchdienste vorzuinstallieren, musste sie allerdings nach der Rechtsprechung zu derartigen Praktiken anhand aller relevanten Umstände, zu denen der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis sowie die ihr innewohnende Eignung zur Verdrängung mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber gehören, eine Analyse ihrer Befähigung zur Beschränkung des Leistungswettbewerbs vornehmen.
Die insoweit von der Kommission vorgelegte Analyse beruhte im Wesentlichen auf zwei Elementen, und zwar zum einen auf der Prüfung des Umfangs der Markterfassung durch die beanstandete Praxis und zum anderen auf den Ergebnissen ihrer Heranziehung des Kriteriums des ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers. Soweit die Kommission im Rahmen des ersten Elements davon ausgegangen ist, dass die fraglichen Vereinbarungen, unabhängig von der Art des verwendeten Geräts, einen „erheblichen Teil“ der nationalen Märkte für allgemeine Suchdienste erfasst hätten, wird diese Feststellung nach den Erkenntnissen des Gerichts aber nicht durch die von der Kommission im angefochtenen Beschluss dargelegten Gesichtspunkte bestätigt. Gleiches gilt zudem für eine der Prämissen des AEC-Tests, und zwar den Teil der Suchanfragen, den ein hypothetisch mindestens ebenso leistungsfähiger Wettbewerber, dessen App neben Google Search vorinstalliert wurde, für sich hätte gewinnen können. Das Gericht konstatiert ferner mehrere Begründungsfehler bei der Beurteilung wesentlicher Variablen des von der Kommission durchgeführten AEC-Tests, und zwar der Schätzung der einem solchen Wettbewerber zurechenbaren Kosten, der Beurteilung seiner Befähigung, die Vorinstallation seiner App zu erreichen, sowie der Schätzung der Einnahmen, die nach Maßgabe des Alters der im Umlauf befindlichen Mobilgeräte erzielt werden können. Daraus folgt, dass der AEC-Test in der von der Kommission durchgeführten Form die Feststellung eines Missbrauchs, der sich aus den sortimentbezogenen Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen selbst ergibt, nicht zu bestätigen vermag, so dass das Gericht dem entsprechenden Klagegrund stattgibt.
Drittens weist das Gericht in Bezug auf die Beurteilung der Beschränkungen in den AntiFragmentierungsvereinbarungen darauf hin, dass die Kommission eine solche Praxis insofern als missbräuchlich ansieht, als sie darauf abzielt, die Entwicklung und die Marktpräsenz von Geräten mit einer inkompatiblen „AndroidFork“ zu verhindern, ohne Google das Recht abzusprechen, Kompatibilitätsanforderungen allein für die Geräte aufzustellen, auf denen seine Apps installiert sind. Im Anschluss an die Feststellung, dass es die fragliche Praxis tatsächlich gab, führt das Gericht weiter aus, dass die Kommission zu der Annahme berechtigt war, dass die inkompatiblen Android-Forks Wettbewerbsdruck auf Google ausüben konnten. Unter diesen Umständen durfte die Kommission angesichts der von ihr dargelegten, zum Nachweis des Hindernisses für die Entwicklung und Vermarktung von Konkurrenzprodukten auf dem Markt der lizenzierten Betriebssysteme geeigneten Gesichtspunkte davon ausgehen, dass die fragliche Praxis zur Stärkung der beherrschenden Stellung von Google auf dem Markt für allgemeine Suchdienste geführt hatte und zugleich ein Innovationshemmnis darstellte, da sie die Vielfalt der den Nutzern zur Verfügung stehenden Angebote einschränkte.
An dritter Stelle prüft das Gericht den Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte, mit dem Google die Feststellung begehrt, dass sein Recht auf Akteneinsicht und sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden seien. Es befasst sich erstens mit der geltend gemachten Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht und führt dazu aus, dass die Rügen von Google den Inhalt einer Reihe von Aufzeichnungen über Treffen der Kommission mit Dritten während ihrer gesamten Untersuchung betreffen, die von der Kommission im Februar 2018 übermittelt wurden. Da alle diese Treffen der Einholung von Informationen, die sich auf den Gegenstand der Untersuchung bezogen, im Sinne von Art. 19 der Verordnung Nr. 1/20038 dienten, oblag es der Kommission, dafür zu sorgen, dass Aufzeichnungen erstellt wurden, die es dem betreffenden Unternehmen ermöglichten, sie zu gegebener Zeit zu konsultieren und seine Verteidigungsrechte wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass diesen Anforderungen nicht genügt wurde, zum einen wegen des zeitlichen Abstands zwischen den Treffen und der Übermittlung der sie betreffenden Aufzeichnungen und zum anderen wegen des summarischen Charakters der Aufzeichnungen. Zu den Folgen dieses Verfahrensfehlers führt das Gericht aus, dass ein solcher Fehler nach der Rechtsprechung nur dann zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte führt, wenn das betreffende Unternehmen belegt, dass es sich ohne ihn besser hätte verteidigen können. Im vorliegenden Fall kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass sich den ihm hierzu unterbreiteten Anhaltspunkten und Argumenten kein derartiger Beleg entnehmen lässt.
Zweitens stellt das Gericht zur geltend gemachten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fest, dass das dahingehende Vorbringen von Google das verfahrensrechtliche Gegenstück zu den gegen die Begründetheit der Einstufung einiger Vereinbarungen zur Teilung von Einnahmen als missbräuchlich gerichteten Rügen darstellt, da es die Weigerung betrifft, Google zu dem in diesem Rahmen durchgeführten AEC-Test anzuhören. Da die Kommission dies ablehnte, obwohl sie Google zwei Sachverhaltsschreiben übersandt hatte, in denen Inhalt und Umfang der ursprünglich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Vorgehensweise erheblich ergänzt worden waren, ohne dass die Kommission – wie es geboten gewesen wäre – eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte erließ und daran eine Anhörung anschloss, bejaht das Gericht eine Verletzung der Verteidigungsrechte von Google seitens der Kommission, mit der Google eine Chance genommen wurde, sich durch die Geltendmachung ihrer Argumente bei einer Anhörung besser zu verteidigen. Das Gericht fügt hinzu, dass
angesichts der zuvor konstatierten Unzulänglichkeiten bei der Durchführung des AEC-Tests durch die Kommission im vorliegenden Fall ein umso größeres Interesse an einer Anhörung bestand. Infolgedessen ist die Feststellung der Missbräuchlichkeit der sortimentbezogenen Vereinbarungen zur Teilung von Einnahmen auch auf dieser Grundlage für nichtig zu erklären.
Schließlich führt das Gericht zu der von ihm im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung vorzunehmenden eigenständigen Beurteilung der Höhe der Geldbuße zunächst aus, dass der angefochtene Beschluss zwar teilweise für nichtig zu erklären ist, soweit darin festgestellt wird, dass die sortimentbezogenen Vereinbarungen über die Teilung von Einnahmen als solche einen Missbrauch darstellen, doch hat diese teilweise Nichtigerklärung in Anbetracht der Verdrängungswirkungen, die sich aus den übrigen von Google im Zeitraum der Zuwiderhandlung angewandten missbräuchlichen Praktiken ergeben, bei einer Gesamtbetrachtung keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der im angefochtenen Beschluss getroffenen Feststellung einer Zuwiderhandlung.
Die eigene Beurteilung aller die Sanktion betreffenden Umstände durch das Gericht führt zu dem Ergebnis, dass die wegen der begangenen Zuwiderhandlung gegen Google zu verhängende Geldbuße in Abänderung des angefochtenen Beschlusses auf 4,125 Mrd. Euro festzusetzen ist. Dabei hält es das Gericht wie die Kommission für angebracht, zu berücksichtigen, dass die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen wurde und welchen Wert die einschlägigen, von Google im letzten Jahr seiner vollständigen Beteiligung an der Zuwiderhandlung getätigten Verkäufe hatten. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung hält es das Gericht hingegen aus den im Urteil dargelegten Gründen für angebracht, bei der Beurteilung der Auswirkungen der von der Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellten Verdrängungswirkungen der zeitlichen Entwicklung der verschiedenen Aspekte der Zuwiderhandlung und der Komplementarität der fraglichen Praktiken Rechnung zu tragen.
Das VG Göttingen hat entschieden, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung nach § 3 Abs. 1 NamÄndG bei Namensidentität mit bekanntem Sprachassistenten (Siri, Alexa und Co.) vorliegen kann.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Der auf einen bekannten Sprachassistenten lautende Vorname eines Mädchens darf geändert werden
Mit Urteil vom 21.06.2022 hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen entschieden, dass eine Klägerin, deren Vorname mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten identisch ist, einen Anspruch auf Änderung ihres Vornamens hat (4 A 79/21).
Die Klägerin begehrte die Änderung ihres Namens durch Hinzufügen eines zweiten Vornamens. Dies begründeten die Eltern der Klägerin damit, dass ihre Tochter aufgrund der Namensidentität ihres Vornamens mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten erheblich unter Mobbing und Hänseleien leide. Immer wieder würden andere Personen der Klägerin Befehle erteilen, da der Name sofort mit dem Namen des Sprachassistenten in Verbindung gebracht werde. Dies verunsichere und belaste die Klägerin seelisch sehr.
Die beklagte Stadt hielt dagegen, dass ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht vorliege. Die seelische Belastung der Klägerin sei nicht durch ärztliche oder psychologische Gutachten belegt. Der Namensänderungswunsch beruhe vielmehr auf nachträglicher Reue der Eltern an der früheren Namensgebung und auf Mobbingbefürchtungen. Ein Produktname könne nicht automatisch zu einem Anspruch der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen auf Namensänderung führen. Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden.
In der mündlichen Verhandlung kam die Kammer zu der Überzeugung, dass die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. In der Rechtsprechung sei bereits geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vorliege, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen an der Namensbeibehaltung überwiegen. Auch eine seelische Belastung könne als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet sei. Dabei müsse die seelische Belastung nicht den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit erreicht haben. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall vor. Die Eltern hätten in der mündlichen Verhandlung zahlreiche Vorfälle beschrieben, bei welchen die Klägerin aufgrund ihres Vornamens belästigt worden sei. Dabei sei nachvollziehbar, dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer seelischen Belastung gekommen sei, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen könne. Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden. Die Bekanntheit des Sprachassistenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachassistenten nicht nur um eine reine Produktbezeichnung handele, sondern um das „Schlüsselwort“ zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachassistenten in einem besonders herausragenden Maße missbrauchsgeeignet sei. Hier gehe es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Produktnamens Befehle erteilt werden würden. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen.
Im Ergebnis gehe die Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Im vorliegenden Fall gehe es nur um die Änderung eines Vornamens. Da der Familienname im weitergehenden Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal diene als der Vorname, komme den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens im Vergleich zu der Änderung eines Familiennamens ein geringeres Gewicht zu. Die Klägerin habe im Vorschulalter bisher nicht erheblich am Rechtsverkehr teilgenommen. Außerdem bleibe durch die Hinzufügung lediglich eines zweiten Vornamens ein gewisser „Widererkennungswert“ beim Namen der Klägerin erhalten.
Gegen die Entscheidung kann die Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.
Das EuG hat entschieden, dass Beschluss der EU-Kommission gegen Qualcomm wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für LTE-Chipsätze nichtig ist.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für LTE-Chipsätze: Das Gericht erklärt den Beschluss der Kommission, mit dem Qualcomm eine Geldbuße von rund einer Milliarde Euro auferlegt wurde, für nichtig
Es stellt fest, dass mehrere Verfahrensfehler die Verteidigungsrechte von Qualcomm beeinträchtigt haben und entkräftet die Analyse der Kommission bezüglich des diesem Unternehmen vorgeworfenen Verhaltens Qualcomm ist ein US- merikanisches Unternehmen, das Basisband-Chipsätze entwickelt und liefert, mit denen Smartphones und Tablets ausgestattet werden, damit diese eine Verbindung zu Mobilfunknetzen herstellen können, und die sowohl für Sprachdienste als auch für die Datenübertragung verwendet werden. So werden die Chipsätze an Originalgeräte-Hersteller, darunter Apple, verkauft, die sie in ihre Geräte einbauen.
Mit Beschluss vom 24. Januar 20182 verhängte die Kommission gegen Qualcomm eine Geldbuße in Höhe von fast einer Milliarde Euro wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem Weltmarkt für Chipsätze, die mit dem Standard Long Term Evolution (LTE) kompatibel sind. Der Zeitraum der Zuwiderhandlung erstreckte sich von Februar 2011 bis September 2016.
Nach Ansicht der Kommission war dieser Missbrauch durch Anreizzahlungen gekennzeichnet, aufgrund deren Apple seinen Bedarf an LTE-Chipsätzen ausschließlich durch Lieferungen von Qualcomm habe decken müssen. Unter diesen Umständen war die Kommission der Auffassung, dass diese Zahlungen, die sie als Ausschließlichkeitszahlungen einstuft, geeignet gewesen seien, wettbewerbswidrige Wirkungen zu entfalten, da sie Apples Anreize verringert hätten, sich an konkurrierende Anbieter von LTE-Chipsätzen zu wenden.
Mit seinem Urteil von heute erklärt das Gericht den Beschluss der Kommission insgesamt für nichtig. Es stützt sich zum einen auf die Feststellung mehrerer Verfahrensfehler, die die Verteidigungsrechte von Qualcomm beeinträchtigt haben, und zum anderen auf eine Analyse der wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Anreizzahlungen.
Was die Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte von Qualcomm anbelangt, stellt das Gericht mehrere Fehler fest, die die Kommission bei der Erstellung der Fallakte begangen hat. Es weist darauf hin, dass die Kommission verpflichtet ist, den genauen Inhalt jeder Unterredung, die zur Sammlung von Informationen über den Gegenstand einer Untersuchung erfolgt ist, in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen. Im vorliegenden Fall ist die Kommission dieser Verpflichtung u. a. in Bezug auf die Abhaltung von Sitzungen und Telefonkonferenzen mit Dritten nicht in vollem Umfang nachgekommen.
Außerdem stellt das Gericht fest, dass sich der angefochtene Beschluss darauf beschränkt, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung allein auf dem Markt für LTE-Chipsätze festzustellen, während die Mitteilung der Beschwerdepunkte einen Missbrauch sowohl auf diesem Markt als auch auf dem Markt für UMTS-Chipsätze (UMTS = Universal Mobile Telecommunications System) betraf. Da sich eine solche Änderung der Beschwerdepunkte nach Ansicht des Gerichts auf die Relevanz der Daten auswirkte, auf die sich die wirtschaftliche Analyse von Qualcomm stützte, mit der die Eignung ihres Verhaltens, Verdrängungswirkungen zu entfalten, bestritten werden sollte, hätte die Kommission Qualcomm Gelegenheit geben müssen, dazu gehört zu werden und gegebenenfalls ihre Analyse anzupassen. Folglich hat die Kommission, da sie das Unternehmen zu diesem Punkt nicht angehört hat, dessen Verteidigungsrechte verletzt.
Was die Analyse anbelangt, ob die Zahlungen geeignet waren, wettbewerbswidrige Wirkungen zu entfalten, stellt das Gericht zum einen fest, dass die Kommission für ihre Feststellung, dass die betreffenden Zahlungen den Wettbewerb für den gesamten Bedarf von Apple an LTE-Chipsätzen sowohl für iPhones als auch für iPads beschränken konnten, nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt hat. Das Gericht stellt nämlich fest, dass die Kommission zwar zu dem Ergebnis gelangte, dass die Anreizzahlungen die Anreize für Apple, sich an konkurrierende Anbieter zu wenden, um sich mit LTE-Chipsätzen zu versorgen, verringert haben, jedoch aus dem Beschluss der Kommission hervorgeht, dass Apple für den überwiegenden Teil seines Bedarfs im relevanten Zeitraum, d. h. des Bedarfs, der im Wesentlichen iPhones entsprach, keine technische Alternative zu den LTE-Chipsätzen von Qualcomm hatte. Es gelangt zu dem Ergebnis, dass die Analyse der Kommission nicht unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände vorgenommen wurde und daher rechtswidrig ist.
Zum anderen stellt das Gericht fest, dass die Schlussfolgerung, dass die fraglichen Zahlungen die Anreize für Apple, sich an Wettbewerber von Qualcomm zu wenden, um sich für den Bedarf für bestimmte iPad-Modelle der Jahre 2014 und 2015 mit LTE-Chipsätzen zu versorgen, tatsächlich verringert hätten, nicht genügt, um die Wettbewerbswidrigkeit dieser Zahlungen für den gesamten Bedarf von Apple nachzuweisen. Eine solche begrenzte Analyse kann nämlich die fehlende Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände im Rahmen des allgemeinen Nachweises der Kommission, dass die fraglichen Zahlungen geeignet seien, im betreffenden Zeitraum wettbewerbswidrige Wirkungen im Hinblick auf den Gesamtbedarf von Apple an LTE-Chipsätzen für iPhones und iPads zu entfalten, nicht heilen. Außerdem stellt das Gericht fest, dass die Kommission jedenfalls keine Analyse entwickelt hat, die den Schluss zuließe, dass die betreffenden Zahlungen die Anreize für Apple, sich an Wettbewerber von Qualcomm zu wenden, um für bestimmte iPad-Modelle der Jahre 2014 und 2015 LTE-Chipsätze zu beziehen, tatsächlich verringert hätten.
Das EuG hat entschieden, dass Apple-Marke THINK DIFFERENT vom EUIPO wegen Verfalls gelöscht werden durfte, da kein Nachweis der ernsthaften Benutzung geführt werden konnte.
Die Pressemitteilung des EUG: Apple und Swatch „THINK DIFFERENT“
Das Gericht weist die Klagen der Apple Inc. gegen die Entscheidungen des EUIPO ab, mit denen das Wortzeichen THINK DIFFERENT für verfallen erklärt wurde
In den Jahren 1997 (T-26/21), 1998 (T-27/21) und 2005 (T-28/21) erwirkte die Klägerin, die Apple Inc., die Eintragung des Wortzeichens THINK DIFFERENT als Marke der Europäischen Union. Zu den Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören unter anderem Computerprodukte wie Computer, Computerterminals, Tastaturen, Computerhardware, -software und Multimediaerzeugnisse.
Im Jahr 2016 reichte die Streithelferin, die Swatch AG, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) drei Anträge auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marken ein. Das Unternehmen machte geltend, die angegriffenen Marken seien für die betreffenden Waren innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt worden.
Am 24. August 2018 erklärte die Löschungsabteilung des EUIPO die angegriffenen Marken für alle betreffenden Waren ab dem 14. Oktober 2016 für verfallen. Die Beschwerden von Apple gegen die Entscheidungen der Löschungsabteilung wurden von der Vierten Beschwerdekammer zurückgewiesen. Im Januar 2021 reichte Apple drei Klagen beim Gericht der Europäischen Union ein.
Mit seinem heutigen Urteil in diesen drei Rechtssachen weist das Gericht die Klagen ab. Es stellt fest, dass Apple vor dem EUIPO die ernsthafte Benutzung dieser Marken für die betreffenden Waren in den fünf Jahren vor dem 14. Oktober 2016 (Tag der Einreichung der Anträge auf Verfallserklärung), d. h. vom 14. Oktober 2011 bis zum 13. Oktober 2016, hätte nachweisen müssen. Mit ihren Klagen rügte Apple u. a., dass die Beschwerdekammer im Rahmen der Beurteilung der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marken den hohen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise nicht
berücksichtigt habe. Insbesondere bestritt sie die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, wonach die maßgeblichen Verkehrskreise die Etiketten auf der Verpackung eines iMac Computers, auf denen die angegriffenen Marken abgebildet seien, leicht übersähen. Nach Ansicht des Gerichts hat Apple nicht dargetan, dass die Berücksichtigung eines hohen Aufmerksamkeitsgrades die Beschwerdekammer zu der Feststellung veranlasst hätte, der Verbraucher hätte die Verpackung bis ins kleinste Detail geprüft und sehr genau auf die angegriffenen Marken geachtet. Darüber hinaus weist das Gericht die Rüge von Apple zurück, wonach die Beschwerdekammer die in der Zeugenerklärung vom 23. März 2017 vorgetragenen Verkaufszahlen der iMac Computer in der gesamten Europäischen Union zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Die dieser Erklärung beigefügten Jahresberichte für die Jahre 2009, 2010, 2013 und 2015 enthalten nur Informationen über den weltweiten Nettoabsatz der iMac Computer, liefern aber keine näheren Angaben zu den Verkaufszahlen der iMac Computer in der Europäischen Union Ferner rügte Apple die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die angegriffenen Marken nicht unterscheidungskräftig seien. Das Gericht stellt fest, dass dieses Vorbringen auf einem verfehlten Verständnis der angefochtenen Entscheidungen beruht, und stellt klar, dass die Beschwerdekammer dem Ausdruck „THINK DIFFERENT“ nicht jedwede Unterscheidungskraft absprach, sondern ihm eine eher schwache Unterscheidungskraft zusprach.
Das Gericht führt aus, dass die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer zur Unterscheidungskraft der angegriffenen Marken entgegen dem Vorbringen von Apple nicht durch ein Bündel von Beweisen zum Nachweis ihrer ernsthaften Benutzung widerlegt sind. Es trifft zwar zu, dass zu den dem EUIPO vorgelegten Beweisen für die ernsthafte Benutzung zahlreiche Presseartikel gehören, die auf den Erfolg der Werbekampagne „THINK DIFFERENT“ bei ihrer Einführung im Jahr 1997 verweisen, diese Artikel stammen allerdings aus einer Zeit, die mehr als zehn Jahre vor dem relevanten Zeitraum liegt.
Das Gericht stellt fest, dass sich im vorliegenden Fall keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erkennen lässt. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer die angefochtenen Entscheidungen in Bezug auf die Frage, ob Apple die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marken nachgewiesen hat, rechtlich hinreichend begründet.
EU-Kommission geht nach vorläufiger Auffassung vom einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung seitens Apple durch Apple Pay auf iOS-Geräten aus (insbesondere NFC und "tap and go").
Die Pressemitteilung des EU-Kommission:
Kartellrecht: Kommission übermittelt Apple Mitteilung der Beschwerdepunkte zu Apple-Pay-Praktiken
Die Europäische Kommission hat Apple von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass das Unternehmen seine beherrschende Stellung auf den Märkten für mobile Geldbörsen auf iOS-Geräten missbraucht hat. Durch Beschränkung des Zugangs zu einer Standardtechnologie für kontaktlose Zahlungen mit mobilen Geräten in Geschäften („NFC“ (Nahfeldkommunikation) oder „tap and go“) schränkt Apple den Wettbewerb im Bereich der mobilen Geldbörsen auf iOS-Geräten ein.
Die Kommission beanstandet, dass Apple die Entwickler von Apps für mobile Geldbörsen daran hindert, auf iOS-Geräten auf die erforderliche Hardware und Software (sogenannte „NFC-Inputs“) zuzugreifen, wovon die unternehmenseigene Lösung, Apple Pay, profitiert.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, erklärte dazu: „Mobile Zahlungen gewinnen in der digitalen Wirtschaft immer mehr an Bedeutung. Für die Integration der europäischen Zahlungsverkehrsmärkte ist es wichtig, dass den Verbrauchern die Vorteile eines wettbewerbsbasierten und innovativen Marktumfelds zugutekommen. Uns liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Apple den Zugang Dritter zu Schlüsseltechnologien beschränkt hat, die für die Entwicklung konkurrierender mobiler Geldbörsen für Apple-Geräte benötigt werden. In unserer Mitteilung der Beschwerdepunkte stellen wir vorläufig fest, dass Apple den Wettbewerb zugunsten seiner eigenen Lösung Apple Pay beschränkt haben könnte. Ein solches Verhalten würde einen Verstoß gegen unsere Wettbewerbsvorschriften darstellen.“
Mitteilung der Beschwerdepunkte zu Zugangsbeschränkungen von Apple in Bezug auf mobile Zahlungstechnologien
Apple Pay ist die unternehmenseigene mobile Geldbörse auf iPhones und iPads, mit der mobile Zahlungen in Ladengeschäften und im Internet vorgenommen werden können. So bilden iPhones, iPads und die Apple-eigene Software ein „geschlossenes Ökosystem“. In diesem Ökosystem kontrolliert Apple alle Aspekte der Nutzererfahrung, einschließlich des Zugangs alternativer Entwickler mobiler Geldbörsen.
Die Kommission ist zu der vorläufigen Auffassung gelangt, dass Apple auf dem Markt für intelligente Mobilgeräte über beträchtliche Marktmacht verfügt und auf den relevanten Märkten für mobile Geldbörsen eine beherrschende Stellung innehat.
Denn Apple Pay ist die einzige mobile Geldbörse, die auf iOS-Geräten auf die erforderlichen NFC-Inputs zugreifen kann, weil Apple diese Inputs Drittentwicklern von Apps für mobile Geldbörsen nicht zur Verfügung stellt. Die NFC-Technologie „tap and go“ für Zahlungen in Geschäften ist in Apple-Mobilgeräten eingebunden. Mithilfe dieser Technologie kann ein Mobiltelefon mit Zahlungsterminals in Geschäften kommunizieren. Über die standardisierte NFC-Technologie, die an fast allen Zahlungsterminals in Geschäften nutzbar ist, können mobile Zahlungen am einfachsten und am sichersten vorgenommen werden. NFC ist nicht nur einfacher und sicherer, sondern kann in Europa auch in mehr Verkaufsstellen genutzt werden als andere Lösungen.
Die Kommission vertritt die vorläufige Auffassung, dass die beherrschende Stellung von Apple auf dem Markt für mobile Geldbörsen in seinem Betriebssystem iOS den Wettbewerb beschränkt, weil allein Apple Pay Zugang zur NFC-Technologie hat. Damit werden andere Wettbewerber aus dem Markt für mobile Geldbörsen auf iPhones ausgeschlossen, was die Innovationstätigkeit hemmt und die Auswahl für die Verbraucher verringert. Sollten sich die Bedenken der Kommission bestätigen, würde dies einen Verstoß gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellen, nach dem der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten ist.
Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor.
In der heutigen Mitteilung der Beschwerdepunkte äußert die Kommission lediglich Bedenken hinsichtlich des Umstands, dass Drittentwicklern mobiler Geldbörsen für Zahlungen in Geschäften der Zugang zu NFC-Inputs verwehrt wird. Zwei andere Aspekte – Online-Beschränkungen sowie die mutmaßliche Verwehrung des Zugangs zu Apple Pay für bestimmte Produkte von Wettbewerbern –, die die Kommission als potenziell bedenklich einstufte, als sie die Einleitung der eingehenden Untersuchung der Praktiken von Apple in Bezug auf Apple Pay am 16. Juni 2020 bekannt gab, wurden hingegen nicht in die Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgenommen.
Hintergrund
Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der EU‑Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die auch von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewendet werden kann.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften, mit dem sie die Parteien schriftlich über die gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkte in Kenntnis setzt. Die Unternehmen können dann die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, sich schriftlich dazu äußern und eine mündliche Anhörung beantragen, in der sie gegenüber Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden zu dem Fall Stellung nehmen. Weder die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte noch die Einleitung eines förmlichen Kartellverfahrens greift dem Untersuchungsergebnis vor.
Es gibt keine verbindlichen Fristen für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung. Die Dauer einer solchen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von der Komplexität des Falls, dem Umfang, in dem die betreffenden Unternehmen mit der Kommission kooperieren, und der Ausübung der Verteidigungsrechte.
Das Bundeskartellamt hat gegen Apple ein Verfahren nach § 19a GWB (Missbräuchliches Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb) eingeleitet.
Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:
Verfahren gegen Apple nach neuen Digitalvorschriften (§ 19a Abs. 1 GWB) – Bundeskartellamt prüft Apples marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb
Das Bundeskartellamt hat heute ein Verfahren gegen das Technologieunternehmen Apple nach den neuen kartellrechtlichen Vorschriften für Digitalkonzerne eingeleitet. Es handelt sich insgesamt um das vierte große Digitalunternehmen, gegen das das Amt mit dem neuen Instrument vorgeht. In den vergangenen Monaten wurden bereits gegen Facebook (siehe PM vom 28. Januar 2021), gegen Amazon (siehe PM vom 18. Mai 2021) und gegen Google (PM vom 25. Mai 2021) entsprechende Ermittlungen aufgenommen.
Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) ermöglicht der Behörde ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Das Bundeskartellamt kann in einem zweistufigen Verfahren Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Eingeleitet hat das Bundeskartellamt heute gegen Apple die erste Stufe, ein Verfahren zur Feststellung dieser marktübergreifenden Bedeutung. Ein Anhaltspunkt für eine solche Position eines Unternehmens kann ein sich über verschiedene Märkte erstreckendes Ökosystem sein. Entsprechende Machtstellungen sind von anderen Unternehmen oft nur schwer angreifbar.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir werden jetzt prüfen, ob Apple rund um das iPhone mit dem proprietären Betriebssystem iOS ein digitales Ökosystem über mehrere Märkte errichtet hat. Apple stellt Tablets, Computer und „Wearables“ her und vertreibt eine Reihe gerätebezogener Services und Dienstleistungen. Neben verschiedenen Hardware-Produkten des Konzerns sind im Geschäftsbereich Services der App Store, die iCloud, AppleCare, Apple Music, Apple Arcade, Apple TV+ sowie weitere Dienstleistungen und Services zusammengefasst. Wir werden uns neben der Stellung des Konzerns in diesen Bereichen unter anderem auch mit der weitreichenden Integration über mehrere Marktstufen, der technologischen und finanziellen Ressourcenstärke des Unternehmens sowie seinem Zugang zu Daten beschäftigen. Ein Schwerpunkt der Ermittlungen wird auf dem Betrieb des App Stores liegen, da er Apple vielfach befähigt, Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter zu nehmen.“
Ausgehend von diesem ersten Verfahren beabsichtigt das Bundeskartellamt, sich in einem möglichen weiteren Verfahren konkrete Verhaltensweisen von Apple genauer anzusehen. Dem Amt liegen diesbezüglich verschiedene Beschwerden gegen potentiell wettbewerbsgefährdende Praktiken vor. Dazu zählen unter anderem eine Verbändebeschwerde aus der Werbe- und Medienbranche, die sich gegen Apples Tracking-Einschränkung von Nutzern im Zusammenhang mit der Einführung des Betriebssystems iOS 14.5 richtet, und eine Beschwerde gegen die ausschließliche Vorinstallation von konzerneigenen Anwendungen als möglicher Unterfall einer nach § 19a GWB verbotenen Selbstbevorzugung. Darüber hinaus wird von App-Entwicklern der Zwang zur Nutzung des Apple-eigenen Systems für In-App-Käufe (IAP) sowie die damit verbundene Provisionshöhe von 30 Prozent kritisiert. Zudem werden die damit in Zusammenhang stehenden Marketingbeschränkungen im App Store thematisiert. Letztgenannte Beschwerde weist Parallelen zum laufenden Verfahren der Europäischen Kommission gegen Apple wegen der Beschränkungen des Streamingdienstes Spotify und einer entsprechenden Bevorzugung eigener Dienste auf. Das Bundeskartellamt wird sich insoweit ggf. mit der Europäischen Kommission sowie weiteren Wettbewerbsbehörden in Verbindung setzen. Über die Einleitung eines weiteren Verfahrens ist noch nicht entschieden worden.