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OLG Frankfurt: Mobilfunkanbieter darf keine pauschalge Gebühr für eine Ersatz-SIM verlangen - AGB-Klausel unwirksam

OLG Frankfurt
Urteil vom 18.07.2024
1 UKl 2/24

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Mobilfunkanbieter keine pauschalge Gebühr für eine Ersatz-SIM verlangen darf. Eine entsprechende AGB-Klausel ist unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Klausel, wonach die Beklagte befugt wird, ein Entgelt in Höhe von 14,85 € für die Überlassung einer Ersatz-SIM zu verlangen, unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Ihr unterfallen solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Nicht von der Inhaltskontrolle erfasst sind Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig sind aber Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen, sowie Bestimmungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt (BGH Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 16, juris; BGH Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10 Rn. 26, juris; BGH Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11 Rn. 13, juris; BGH Urteil vom 13. Mai 2014 Rn. 24, juris). Dies gilt auch dann, wenn die Entgeltklausel in einem Regelwerk enthalten ist, das - wie hier das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten - Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt (BGH Urteil vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14 -, Rn. 16, juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen enthält die Klausel eine Regelung, die den Aufwand zur Erfüllung eigener vertraglicher Pflichten des Mobilfunkdiensteanbieters betrifft. Weder aus der Klausel selbst und noch aus dem systematischen Zusammenhang mit den weiteren betroffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen derZiff. 5.1 und 5.2 kann zutreffend geschlussfolgert werden, dass es sich ausschließlich um eine Entgeltregelung für eine Sonderleistung handelt, die ausschließlich im Interesse des Kunden auf dessen Sonderauftrag vorgenommen wird.

Bei der gebotenen Auslegung (BGH Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11. Rn. 15; BGH Urteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12 -, Rn. 26; BGH Urteil vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14 -, Rn. 19 und vom 25, Oktober 2016 - XI ZR 9/15 -, Rn. 23, jeweils juris) ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen. Sie ist so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Sind mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08 -, Rn. 11; BGH Urteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08 -, Rn. 31, vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14 -. Rn. 19 und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15 -, Rn. 23. jeweils juris). Danach ist die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffnet bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit führt. Außer Betracht zu bleiben haben dabei solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwä­gung zu ziehen sind (BGH Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10 Rn. 35, BGH Urteil vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14 Rn. 19 und vom 26. Oktober 2016 - X ZR 9/15 - Rn. 23, BGH, Urteil vom 12. September 2017-XI ZR 590/15 Rn. 26, jeweils juris).

Die von dem Kläger beanstandete Klausel ist nach Maßgabe dessen so zu verstehen, dass der Kunde auch dann das Entgelt in Höhe von 14,85 Euro entrichten muss, wenn ihm ohne sein Zutun eine funktionsunfähige SIM durch den Mobilfunkdiensteanbieter überlassen worden ist und er deswegen eine SIM nachbestellt. Die Beklagte überbordet damit Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf den Kunden, denn in einem solchen Fall ist die in Ziff. 5.1 der AGB geregelte, den Mobilfunkdienstanbieter treffende kostenlose Überlassungspflicht der SIM tangiert. Diese ist als Nebenleistungspflicht des Mobilfunkdienstanbieters zu qualifizieren, weil ohne die einmalige Überlassung einer funktionsfähigen SIM die Hauptleistung in Gestalt der Erbringung der Mobilfunkdienstleistungen nicht gewährleistet werden kann. Aufgrund der umfassenden Formulierung der Klausel ist eine solche Auslegung auch nicht praktisch fernliegend oder nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen. Die Beklagte hat davon abgesehen, weitere, einschränkende Voraussetzungen für die Erhebung der Gebühr, etwa für den Fall einer durch den Kunden hervorgerufenen Funktionsunfähigkeit der SIM, zu formulieren, weshalb das in Rede stehende Entgelt aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittskunden grundsätzlich auch immer anfällt, sobald der Kunde - im Ausgangspunkt unabhängig davon, weshalb - eine Ersatz-SIM begehrt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist allein der Formulierung, dass die SIM bei naheliegender Auslegung nur auf Kundenwunsch nachbestellt werde, aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nicht zu entnehmen, dass Fallgestaltungen, in denen der Mobilfunkdiensteanbieter schon wegen Ziff. 5.1. der AGB zur unentgeltlichen Überlassung einer Ersatz-SIM verpflichtet ist, von vorneherein vom Geltungsbereich der Klausel ausgenommen sein sollen. Mit dem ohnehin in der Klausel nicht explizit benannten Kundenwunsch wird letztlich nur umschrieben, von wem die zur Ausstellung einer Ersatz-SIM führende Initiative ausgeht. Der Kunde kann aber auch in Fällen initiativ werden (müssen), in denen sein Vertragspartner bereits aufgrund einer eigenen Verpflichtung tätig werden müsste (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14 -, Rn. 21 zum Parallelfall der Bestellung einer Ersatzgirocard).

Der Umstand, dass die Ersatz-SIM in der Preisliste als Zusatzleistung und sonstige Serviceleistung eingeordnet ist, steht dem Verständnis der Klausel im obigen Sinne nicht entgegen. Denn auch die Nachlieferung wegen einer ohne Zutun des Kunden funktionsunfähigen SIM ist eine Leistung, die der Mobilfunkdiensteanbieter schlicht zusätzlich, über die erstmalige Zurverfügungstellung der SIM hinaus, erbringt. Aufgrund der einschränkungslosen Formulierung ist die Klausel auch der Auslegung zugänglich, dass der Mobilfunkdiensteanbieter diejenigen Fälle gesondert vergütet wissen will, die Ziff. 5.2 der AGB regelt. Eine Vergütungspflicht nach Wechsel der SIM aufgrund technischer oder betrieblicher Gründe stellt eine Preisnebenabrede dar. Sie etabliert eine Aufwandsvergütung, die im Interesse des Mobilfunkanbieters liegt, weil sie zumindest auch die Konnektivität des Mobilfunknetzes mit dem Endgerät betrifft. Ziff. 5.2. der AGB stellt auch nicht klar, dass es sich bei einem aus solchen Gründen veranlassten Wechsel der SIM um eine Pflicht handelt, die nur den Mobilfunkdiensteanbieter trifft und damit gerade nicht auf Kundenwunsch erfolgt. Der Wortlaut der Klausel spricht lediglich von der „Berechtigung“ des Mobilfunkdiensteanbieters zum Austausch.

2. Die beanstandete Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Die streitige Gebühr für die Ersatz-SIM ist vielmehr mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar {§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), Zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist das nicht der Fall, können entstandene Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Pflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich nicht auf eine auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbrachte (Haupt- oder Neben-)Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar und verstößt deshalb gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Darüber hinaus indiziert die Unvereinbarkeit einer Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (m.w.N. BGH, Urteil vom 18. April 2002-111 ZR 199/01 Rn 24, juris). Dies ist hier der Fall, weil die Beklagte den Aufwand zur Erfüllung der Nebenleistungspflicht. einmalig eine funktionsfähige Sim kostenlos zu überlassen, bei kundenfeindlichster Auslegung der AGB auf den Verbraucher überwälzt.

Ferner ist die Klausel mit dem aus § 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB folgenden Transparenzgebot nicht zu vereinbaren. Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Grüneberg-Grüneberg, 83. Aufl. 2024, § 307 Rn. 21). Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Verbraucher verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGH, Urteil vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06 Rn. 16, juris). So liegen die Dinge hier. Einem durchschnittlich verständigen Verbraucher ist nicht erkennbar, ob sich die streitbefangene Klausel auch auf die Fälle einer ohne sein Zutun defekten SIM bezieht. Der Umfang der bestehenden Vergütungspflicht bleibt damit im Unklaren.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Göttingen: Schadensersatzanspruch aus § 58 Abs. 1,3 TKG in Höhe von 2.810 EURO gegen Mobilfunkbetreiber wegen Ausfalls des Mobilfunkanschlusses - 10 EURO pro Tag

LG Göttingen
Urteil vom 01.09.2023
4 O 78/23


Das LG Göttingen hat einem Verbraucher einen Schadensersatzanspruch aus § 58 Abs. 1,3 TKG in Höhe von 2.810,00 EURO ( 10 EURO pro Tag) gegen einen Mobilfunkanbieter wegen des Ausfalls seines Mobilfunkanschlusses zugesprochen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Landgericht Göttingen ist gem. § 29 Abs. 1 ZPO zuständig. Nach dieser Vorschrift ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

Der "Vertragsgerichtsstand" des § 29 Abs. 1 erfasst alle Klagen, denen ein auf ein Vertragsverhältnis gestützter Anspruch zugrunde liegt. Um welchen Anspruch es sich handelt, spielt dabei keine Rolle; in Betracht kommen daher außer dem Anspruch auf Erfüllung der Vertragspflichten und Schadensersatzansprüchen wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten einschließlich aller Hilfs- und Nebenansprüche auch ein Anspruch auf eine (unselbstständige) Vertragsstrafe wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung (BeckOK ZPO/Toussaint, 49. Ed. 1.7.2023, ZPO § 29 Rn. 18, 19). Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein gesetzlicher Anspruch das Bestehen eines Vertrages voraussetzt (BGH NJW 2011, 2056 [BGH 18.01.2011 - X ZR 71/10] Rn. 26, beck-online).

Die "streitige Verpflichtung" i. S. v. § 29 Abs. 1 meint sodann nicht nur die jeweilige streitgegenständliche Pflicht, wie hier, die Zahlung der Entschädigung, sondern Vertragspflicht, sondern die (primäre) Vertragspflicht, deren Verletzung dem Anspruch zugrunde liegt (BGHZ 188, 85 (92); BGHZ 195, 243; BeckOK ZPO/Toussaint, 49. Ed. 1.7.2023, ZPO § 29 Rn. 28.1). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich bei Mobilfunkverträgen der Erfüllungsort für Pflichten eines Mobilfunkdiensteanbieters im Sinne von § 269 BGB an jedem Ort im Bereich seines Funknetzes befindet (vgl. KG, Beschluss v. 17.09.2007 - Az.: 2 AR 37/07, MMR 2008, 478 [KG Berlin 17.09.2007 - 2 AR 37/07]). Gemessen hieran kommt es schon nicht darauf an, dass - wie die Beklagte meint - ein gemeinsamer Erfüllungsort betreffend die synallagmatischen Vertragspflichten der Parteien anzunehmen ist oder nicht. Denn die Folge aus der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist gerade nicht, dass damit gar kein Erfüllungsort besteht, sondern nur, dass mehr als ein Erfüllungsort in Betracht kommen kann. Ein solcher wiederum ist vorliegend am Wohnort des Klägers anzunehmen, weil dort die streitgegenständliche vertragliche Pflicht, deren Verletzung § 58 Abs. 3 TKG voraussetzt, zu erbringen ist.

II.
1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 2.810,00 € ergibt sich aus § 58 Abs. 1, 3 TKG. Nach § 58 Abs. 1, 3 TKG kann der Verbraucher von einem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes verlangen, dass dieser eine Störung unverzüglich und unentgeltlich beseitigt, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung selbst zu vertreten. Wird die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Eingang der Störungsmeldung beseitigt, kann der Verbraucher ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls des Dienstes eine Entschädigung verlangen, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung oder ihr Fortdauern zu vertreten, oder die vollständige Unterbrechung des Dienstes beruht auf gesetzlich festgelegten Maßnahmen nach diesem Gesetz, der Verordnung (EU) 2015/2120, sicherheitsbehördlichen Anordnungen oder höherer Gewalt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Der Kläger ist Verbraucher im Sinne der Vorschrift und die Beklagte Anbieterin eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes, da sie dem Kläger vertraglich die Nutzung verschiedener Telekommunikationsdienste im Netz der O schuldet.

b) Es liegt auch eine Störung im Sinne der Vorschrift vor.

Der Begriff Störung ist umfassend zu verstehen und meint jede vom Telekommunikationsanbieter nicht gewollte Veränderung der von ihm genutzten technischen Einrichtungen (BGH NJW 2011, 1509 [BGH 13.01.2011 - III ZR 146/10] (1511)). Eine Störung liegt auch dann vor, wenn die eingesetzte Technik die ihr zugedachten Funktionen nicht mehr richtig oder vollständig erfüllen kann (BGH ZD 2014, 461 (462); BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 10). Dies ist hier anzunehmen. Zwar hat die Beklagte den vom Kläger behaupteten Ausfall des Sendemastes an dessen Wohnort bestritten, gleichwohl aber dargelegt, dass aufgrund wechselnder Störungen anderer Stationen im näheren Umkreis die den Kläger "versorgende" Basisstation zeitweilig ausgelastet gewesen sei, was vom Kunden als vermeintlich anhaltende Störung empfunden worden sein könne. Letztlich macht dies aber für die Annahme einer Störung keinen Unterschied, da Anspruchsvoraussetzung gerade nicht ein Ausfall eines (bestimmten) Sendemastes ist, sondern nur die technisch bedingte, vom Anbieter nicht gewollte Veränderung im Sinne einer nicht mehr richtigen oder vollständigen Funktion. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn eine Station aufgrund wechselnder Störungen anderer Station ausgelastet ist, da die Basisstation ihrer originären Aufgabe dann nicht mehr hinreichend nachkommen kann. Da die insoweit mindestens sekundär darlegungspflichtige Beklagte keine weiteren Angaben dazu gemacht, aus welchem Grund und in welchem Zeitraum die Störungen der anderen Station im näheren Umkreis bestanden haben, ist davon auszugehen, dass diese Störung über den gesamten Zeitraum bestanden hat, zumal die Beklagte gerade nicht bestritten hat, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht habe telefonieren können.

c) Der Kläger hat die Störung auch nicht selbst zu vertreten.

d) Die Störung führte vorliegend zu einem vollständigen Dienstausfall im Sinne der Vorschrift.

Dienst ist der vertraglich mit dem Verbraucher vereinbarte Telekommunikationsdienst. Vollständiger Dienstausfall meint gänzliche Nichtverfügbarkeit des Dienstes. Telekommunikationsanbietern steht es frei, zur Vermeidung eines langandauernden Dienstausfalls und der sich daraus ergebenden Haftungsfolgen, dem Verbraucher eine sinnvolle Ersatzlösung zur Verfügung zu stellen, um die Nutzung der Dienste ganz oder zumindest teilweise zu ermöglichen (BT-Drs. 19/26108, 291; BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 33, 34).

Der Telekommunikationsdienst muss vollständig ausgefallen sein (BT-Drs. 19/26108, 291). Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um einen Ausfall bei einem einzelnen Verbraucher oder um einen großflächigen Ausfall handelt (BT-Drs. 19/26108, 290). Ferner kann der Telekommunikationsdienst zwar aus einem Bündel von Leistungen bestehen, wie bspw. dem Anschluss, Telefonie, Datenübertragung und bei Mobilfunk noch SMS (BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 40. Ed. 1.2.2022, TKG2021 § 58 Rn. 33, 34). Dies bedeutet aber nicht, dass der vollständige Ausfall im Sinne der Vorschrift nur dann anzunehmen wäre, wenn alle in einem Vertrag geschuldeten Leistungen nicht mehr möglich wären. Nach § 3 Nr. 61 TKG sind Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt über Telekommunikationsnetze erbrachte Dienste, die - mit der Ausnahme von Diensten, die Inhalte über Telekommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben - Internetzugangsdienste, interpersonelle Telekommunikationsdienste und Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen, wie Übertragungsdienste, die für Maschine-Maschine-Kommunikation und für den Rundfunk genutzt werden, umfassen. Gemessen an dieser Definition ist mit "Telekommunikationsdienst" nicht die Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistungen gemeint, sondern die jeweilige einzelne Leistung, die vertraglich vereinbart ist, im Falle eines klassischen Mobilfunkvertrages also die Möglichkeit, im Mobilfunknetz Telefonate zu tätigen. Allein die Möglichkeit, dass im Rahmen des Abschlusses von Mobilfunkverträgen die Möglichkeit besteht, Datenoptionen und Telefonie separat zu buchen zeigt, dass es sich dabei um verschiedene Dienste handelt, die ihrerseits zwar in einem Vertrag vereinbart werden können, deshalb aber nicht zu einem einzigen Dienst im Sinne der Norm werden. Ein Ausfall des Dienstes "Telefonie über Mobilfunk" im Sinne der Vorschrift ist hier gegeben. Denn der Kläger konnte unstreitig im streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Wohnung mit den genannten Telefonnummern aufgrund der o. g. Störung nicht telefonieren.

Der vollständige Dienstausfall wird hier auch nicht dadurch kompensiert, dass der Kläger und seine Familienangehörigen außerhalb der klägerischen Wohnung telefonieren konnten. Das Wesen der Mobiltelefonie ist die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort telefonieren zu können, ohne dafür den Ort wechseln zu müssen. Gerade wenn ein Mobiltelefon, was heutzutage keinesfalls mehr unüblich ist, als Ersatz für ein Festnetztelefon genutzt wird, ist die Nutzbarkeit innerhalb der eigenen Wohnung - beispielsweise auch im Falle eines Notfalles - ein wesentlicher Umstand und führt gerade nicht dazu, dass der Dienst damit nicht vollständig ausgefallen wäre. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, dass der Dienst in einem bestimmten "Mindestradius" vollständig ausgefallen ist, denn aufgrund des von der Beklagten geschilderten Umstandes, dass Mobilfunkzellen sich überlappen und damit auch bei Ausfall einer Station Randbereiche des Versorgungsgebietes der Station noch versorgt werden könnten, verbliebe dann kein nennenswerter Anwendungsbereich der Norm mehr. Ein vollständiger Dienstausfall ist daher anzunehmen, wenn dem Mobilfunknutzer der Dienst Telefonie innerhalb seiner Wohnung für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum insgesamt nicht mehr möglich ist.

Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung auf das Gesetzgebungsverfahren bezieht, so dringt sie hiermit nicht durch. Die in diesem Zusammenhang zitierten Stellungnahmen haben im Kern die zeitliche Komponente im Blick und setzen sich damit auseinander, dass eben nicht nur ein "vorübergehender" Dienstausfall umfasst sein soll. Dies ist hier aber gar nicht streitig; dass der Kläger den Mobiltelefoniedienst im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls Zuhause nicht nutzen konnte, ist unbestritten geblieben. Damit ist im hiesigen Fall nur die örtliche Komponente eines Dienstausfalles problematisch, welche - wie dargelegt - jedoch vorliegend erfüllt ist.

Dass der Kläger und seine Familienangehörigen im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich telefoniert und teilweise mehr Daten verbraucht haben, als im Vorjahreszeitraum, ist unerheblich. Denn es ist, wie dargelegt, gerade das Wesen des Mobilfunks, dass dieser überall genutzt werden kann. Die bloße Nutzung des Mobilfunks vermag daher, solange nicht dargelegt ist, wo diese erfolgt ist, nichts an dem klägerischen Anspruch zu ändern. Denn dass der Kläger außerhalb seiner Wohnung und des näheren Umkreises telefonieren konnte, ist sogar unstreitig und führt nicht zu einem Entfall des Anspruches aufgrund der Nichtverfügbarkeit des Mobiltelefoniedienstes im Bereich der Wohnung des Klägers.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, eine Telefonie sei über WLAN möglich gewesen, so stellt die Telefonie über das Internet einen eigenen Dienst dar, der aber keinen Entfall des Anspruches auf eine Entschädigung nach sich zieht. Denn wie oben bereits ausgeführt, soll die Entschädigung den Anbieter dazu anhalten, die dem Ausfall zu Grunde liegende Störung kurzfristig zu beseitigen. Ein Entfall dieser Entschädigung ist daher nur denkbar, wenn der Nutzer vom Anbieter eine im Wesentlichen gleichwertige Ersatzmöglichkeit für die Nutzung des ausgefallenen Dienstes bereitstellt. Es ist insoweit gerichtsbekannt, dass die Versorgung einer Wohnung oder eines Haues mit WLAN nicht immer gleichmäßig und in zufriedenstellendem Maße erfolgt und daher eine Telefonie über WLAN, die zudem von der verfügbaren Bandbreite abhängt, keine im Wesentlichen gleichwertige Alternative zur Mobilfunktelefonie darstellt. Zudem sind Notrufe beim Telefonieren über WLAN nicht bei allen Internetanbietern gleichermaßen technisch überhaupt möglich, sodass auch insoweit eine wesentliche Einschränkung gegenüber der Mobilfunktelefonie verbleibt.

e) er Kläger kann aber lediglich eine Entschädigung für die von seiner Tochter genutzte Mobilfunknummer 123 beanspruchen.

Hinsichtlich der Nummern 456 sowie 789 erfolgte unstreitig eine Beauftragung erst am 13.03.2022 bzw. 24.04.2022 und damit fast einen Monat bzw. mehr als zwei Monate nach dem Auftreten der Störung. Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit dem Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung vereinbar, dass ein Mobilfunkkunde in dem positiven Wissen um das Bestehen einer längerfristigen Störung einen Mobilfunkvertrag abschließt und im Anschluss eine entsprechende Entschädigung begehrt, womit sich der Kläger treuwidrig i. S. v. § 242 BGB verhalten hat. Wie bereits dargelegt, soll die Entschädigung einen Anreiz für den jeweiligen Anbieter schaffen, eine Störung schnellstmöglich zu beheben. Ein Nutzer soll sich hieran nicht bereichern können. Der Kläger hat indes am 13.03.2023 und damit fast einen Monat nach Auftreten der Störung einen neuen Vertrag geschlossen. Selbst wenn es für ihn "schlicht nicht vorstellbar" gewesen sein soll, dass es in Deutschland im Jahre 2022 nicht möglich sein würde, die technische Störung an einem Mobilfunksendemast in Göttingen innerhalb weniger Tage wiederherzustellen, vermag dies nichts an dem Umstand zu ändern, dass zu diesem Zeitpunkt die Störung bereits bei knapp 3 1/2 Wochen gedauert hat. Daher kommt es auch nicht mehr darauf an, dass eine Rufnummernübernahme und damit Inanspruchnahme vertraglicher Leistungen überhaupt erst ab dem 30.05.2022 möglich gewesen sein soll (wobei der Kläger damit schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Entschädigung für die davorliegende Zeit beanspruchen kann). Dass der dritte Vertrag sogar erst zum 24.04.2022 beauftragt wurde und damit sogar mehr als zwei Monate nach erstem Auftreten der Störung, widerspricht zudem dem Vortrag des Klägers, er sei davon ausgegangen, die Störung würde innerhalb weniger Tage behoben sein.

f) Der Höhe nach kann der Kläger nach § 58 Abs. 3 S. 2 TKG für den dritten und vierten Tag nach Eingang der Störungsmeldung 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt verlangen, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Vorliegend belaufen sich die vertraglich vereinbarten Monatsentgelte auf 5,99 € bzw. 6,99 €, sodass vorliegend die Tagespauschale die höhere Entschädigung darstellt. Die Störungsmeldung betreffend die Rufnummer 123 erfolgte am 22.03.2022, sodass ein Anspruch ab dem 25.03.2022 besteht.

Gemessen hieran steht ihm bezogen auf die Rufnummer 123 eine Entschädigung in Höhe von 2.810,00 €, die sich wie folgt zusammensetzt:

25. - 31. März 2022: 2 Tage à 5,00 Euro, 5 Tage à 10,00 Euro 60,00 Euro
April 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Mai 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
Juni 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Juli 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
August 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
September 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Oktober 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
November 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
Dezember 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
Summe: 2.810,00 Euro

2. Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.260,00 € seit dem 16.08.2022 ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB aufgrund des Anwaltsschreibens vom 29.07.2022, in welchem eine Frist für die Zahlung zum 15.08.2022 gesetzt wurde, weshalb sich die Beklagte nach § 187 Abs. 1 BGB analog seit dem 16.08.2022 in Verzug befindet.

Hinsichtlich weiterer 1.550,00 € ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit, gem. § 187 Abs. 1 BGB analog also ab dem 17.03.2023.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuG: Beschluss der EU-Kommission gegen Qualcomm wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für LTE-Chipsätze nichtig

EuG
Urteil vom 15.06.2022
T-235/18
Qualcomm ./. EU-Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen)


Das EuG hat entschieden, dass Beschluss der EU-Kommission gegen Qualcomm wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für LTE-Chipsätze nichtig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für LTE-Chipsätze: Das Gericht erklärt den Beschluss der Kommission, mit dem Qualcomm eine Geldbuße von rund einer Milliarde Euro auferlegt wurde, für nichtig

Es stellt fest, dass mehrere Verfahrensfehler die Verteidigungsrechte von Qualcomm beeinträchtigt haben und entkräftet die Analyse der Kommission bezüglich des diesem Unternehmen vorgeworfenen Verhaltens Qualcomm ist ein US- merikanisches Unternehmen, das Basisband-Chipsätze entwickelt und liefert, mit denen Smartphones und Tablets ausgestattet werden, damit diese eine Verbindung zu Mobilfunknetzen herstellen können, und die sowohl für Sprachdienste als auch für die Datenübertragung verwendet werden. So werden die Chipsätze an Originalgeräte-Hersteller, darunter Apple, verkauft, die sie in ihre Geräte einbauen.

Mit Beschluss vom 24. Januar 20182 verhängte die Kommission gegen Qualcomm eine Geldbuße in Höhe von fast einer Milliarde Euro wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem Weltmarkt für Chipsätze, die mit dem Standard Long Term Evolution (LTE) kompatibel sind. Der Zeitraum der Zuwiderhandlung erstreckte sich von Februar 2011 bis September 2016.

Nach Ansicht der Kommission war dieser Missbrauch durch Anreizzahlungen gekennzeichnet, aufgrund deren Apple seinen Bedarf an LTE-Chipsätzen ausschließlich durch Lieferungen von Qualcomm habe decken müssen. Unter diesen Umständen war die Kommission der Auffassung, dass diese Zahlungen, die sie als Ausschließlichkeitszahlungen einstuft, geeignet gewesen seien, wettbewerbswidrige Wirkungen zu entfalten, da sie Apples Anreize verringert hätten, sich an konkurrierende Anbieter von LTE-Chipsätzen zu wenden.

Mit seinem Urteil von heute erklärt das Gericht den Beschluss der Kommission insgesamt für nichtig. Es stützt sich zum einen auf die Feststellung mehrerer Verfahrensfehler, die die Verteidigungsrechte von Qualcomm beeinträchtigt haben, und zum anderen auf eine Analyse der wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Anreizzahlungen.

Was die Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte von Qualcomm anbelangt, stellt das Gericht mehrere Fehler fest, die die Kommission bei der Erstellung der Fallakte begangen hat. Es weist darauf hin, dass die Kommission verpflichtet ist, den genauen Inhalt jeder Unterredung, die zur Sammlung von Informationen über den Gegenstand einer Untersuchung erfolgt ist, in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen. Im vorliegenden Fall ist die Kommission dieser Verpflichtung u. a. in Bezug auf die Abhaltung von Sitzungen und Telefonkonferenzen mit Dritten nicht in vollem Umfang nachgekommen.

Außerdem stellt das Gericht fest, dass sich der angefochtene Beschluss darauf beschränkt, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung allein auf dem Markt für LTE-Chipsätze festzustellen, während die Mitteilung der Beschwerdepunkte einen Missbrauch sowohl auf diesem Markt als auch auf dem Markt für UMTS-Chipsätze (UMTS = Universal Mobile Telecommunications System) betraf. Da sich eine solche Änderung der Beschwerdepunkte nach Ansicht des Gerichts auf die Relevanz der Daten auswirkte, auf die sich die wirtschaftliche Analyse von Qualcomm stützte, mit der die Eignung ihres Verhaltens, Verdrängungswirkungen zu entfalten, bestritten werden sollte, hätte die Kommission Qualcomm Gelegenheit geben müssen, dazu gehört zu werden und gegebenenfalls ihre Analyse anzupassen. Folglich hat die Kommission, da sie das Unternehmen zu diesem Punkt nicht angehört hat, dessen Verteidigungsrechte verletzt.

Was die Analyse anbelangt, ob die Zahlungen geeignet waren, wettbewerbswidrige Wirkungen zu entfalten, stellt das Gericht zum einen fest, dass die Kommission für ihre Feststellung, dass die betreffenden Zahlungen den Wettbewerb für den gesamten Bedarf von Apple an LTE-Chipsätzen sowohl für iPhones als auch für iPads beschränken konnten, nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt hat. Das Gericht stellt nämlich fest, dass die Kommission zwar zu dem Ergebnis gelangte, dass die Anreizzahlungen die Anreize für Apple, sich an konkurrierende Anbieter zu wenden, um sich mit LTE-Chipsätzen zu versorgen, verringert haben, jedoch aus dem Beschluss der Kommission hervorgeht, dass Apple für den überwiegenden Teil seines Bedarfs im relevanten Zeitraum, d. h. des Bedarfs, der im Wesentlichen iPhones entsprach, keine technische Alternative zu den LTE-Chipsätzen von Qualcomm hatte. Es gelangt zu dem Ergebnis, dass die Analyse der Kommission nicht unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände vorgenommen wurde und daher rechtswidrig ist.

Zum anderen stellt das Gericht fest, dass die Schlussfolgerung, dass die fraglichen Zahlungen die Anreize für Apple, sich an Wettbewerber von Qualcomm zu wenden, um sich für den Bedarf für bestimmte iPad-Modelle der Jahre 2014 und 2015 mit LTE-Chipsätzen zu versorgen, tatsächlich verringert hätten, nicht genügt, um die Wettbewerbswidrigkeit dieser Zahlungen für den gesamten Bedarf von Apple nachzuweisen. Eine solche begrenzte Analyse kann nämlich die fehlende Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände im Rahmen des allgemeinen Nachweises der Kommission, dass die fraglichen Zahlungen geeignet seien, im betreffenden Zeitraum wettbewerbswidrige Wirkungen im Hinblick auf den Gesamtbedarf von Apple an LTE-Chipsätzen für iPhones und iPads zu entfalten, nicht heilen. Außerdem stellt das Gericht fest, dass die Kommission jedenfalls keine Analyse entwickelt hat, die den Schluss zuließe, dass die betreffenden Zahlungen die Anreize für Apple, sich an Wettbewerber von Qualcomm zu wenden, um für bestimmte iPad-Modelle der Jahre 2014 und 2015 LTE-Chipsätze zu beziehen, tatsächlich verringert hätten.


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LG Hamburg: Keine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "Bestes 5G-Netz" unter Hinweis auf Chip-Test mit Einblendung von Logo und Siegel

LG Hamburg
Urteil vom 20.07.2021
416 HKO 63/21


Das LG Hamburg hat entschieden, dass keine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "Bestes 5G-Netz" unter Hinweis auf Chip-Test bei Einblendung von Logo und Siegel vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Die einstweilige Verfügung vom 26. März 2021 ist aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen. Der Antragstellerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch gegen die streitgegenständlichen Werbeaussagen zu.

1. Als Anspruchsgrundlage kommen allein die §§ 8 Abs. 1, 3, 5, 5a UWG in Betracht.

Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin sind auf dem Markt der Telekommunikation unternehmerisch tätig und sind deshalb Mitbewerberinnen i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Bei der Werbung auf der Website der Antragsgegnerin sowie in den TV-Spots handelt es sich auch um geschäftliche Handlungen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

Diese Werbung ist aber nicht irreführend i. S. v. §§ 3, 5, 5a UWG. Nach § 5 Abs. 2, Abs. 1 S. 2 UWG sind Angaben irreführend, die unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthalten.

Die Frage der Irreführung bemisst sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Aussagen nicht nach den Kriterien der Alleinstellungswerbung, sondern nach denen der Testhinweiswerbung (I.). Die Werbung mit dem Testergebnis ist nicht irreführend, weil sie korrekte Angaben enthält (II.).

Für die Beurteilung, ob eine Irreführung vorliegt, ist die Verkehrsauffassung des Verkehrskreises maßgeblich, an den sich die Werbung richtet (BGHZ 13, 244 (253)= GRUR 1955, 38 (40) - Cupresa Kunstseide; BGH GRUR 1961, 193 (196) - Medaillenwerbung; BGH GRUR 1987, 171 (172) - Schlussverkaufswerbung I; BGH GRUR 1991, 852 (854) - Aquavit mwN; BGH GRUR 1995, 612 (614) - Sauerstoff-Mehrschnitt-Therapie). Die Antragsgegnerin spricht in ihren bundesweit ausgestrahlten TV-Spots und mit der Anzeige auf ihrer Website den Kreis aller Verbraucher an. Bei der Frage nach dem Sinngehalt der Aussagen ist somit vorliegend auf den Empfängerhorizont eines durchschnittlich verständigen, informierten und aufmerksamen Verbrauchers abzustellen. Das hier zugrunde zu legende Verkehrsverständnis kann von der Kammer selbst beurteilt werden, da für diese Beurteilung keine besondere Sachkunde erforderlich ist und die Mitglieder der Kammer ebenfalls zu dem hier relevanten Empfängerkreis gehören.

2. Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Werbung nicht um eine Allein- oder Spitzenstellungswerbung. Eine solche ist gegeben, wenn der maßgebliche Verkehrskreis die streitgegenständliche Aussage als Selbsteinschätzung der Antragsgegnerin versteht. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Werbung keinen Bezug zu einem unabhängigen Test bzw. Testergebnis aufweist.

Vorliegend ist die Verbindung der Aussage "Bestes 5G-Netz" zu dem abgebildeten Testsiegel, das auf einen unabhängigen Test verweist, in der Werbung aber jeweils deutlich zu erkennen. Der Verkehr stellt bei den streitgegenständlichen Werbeaussagen zwingend einen Bezug zu dem Testsieger-Siegel her. Das Siegel ist jeweils gut erkennbar, mit einem von unten kommenden grünen Streifen hervorgehoben und mit dem Wort "NETZTEST" überschrieben. Auch die Ähnlichkeit der Aussagen "Bestes 5G-Netz" und "Bestes Netz" spricht für eine Verbindung der Werbeaussage mit dem Siegel. In unmittelbarer Nähe zu dem Siegel befinden sich jeweils auch keine anderen Angaben, auf die sich das Siegel beziehen könnte.

In den TV-Werbespots erscheint das Testsiegel jeweils mittig unmittelbar unter der streitgegenständlichen Aussage. Die phonetische Aussage "Bestes 5G-Netz" erfolgt zeitgleich zu der Anzeige, sodass die Verbraucher auch sie mit dem Siegel in Verbindung bringen.

Bei der Anzeige auf der Website ist das Logo zwar mit einiger Entfernung rechts von der streitgegenständlichen Werbeaussage angeordnet, von ihr aber nur durch das Bild einer Familie und das eigene 5G-Logo der Telekom getrennt. Auch hier sind für den Verbraucher keine anderen Aussagen ersichtlich, auf die sich das Logo beziehen könnte.

3. Die Werbung mit den Testergebnissen ist nicht irreführend, weil bei dem maßgeblichen Verkehrskreis eine Vorstellung erweckt wird, die den Testergebnissen entspricht.

Ein durchschnittlich verständiger, informierter und aufmerksamer Verbraucher wird die Angabe "Bestes 5G- Netz" in Verbindung mit dem eingeblendeten CHIP-Logo "Bestes Netz", das mit "NETZTEST" überschrieben ist, so verstehen, dass die Antragsgegnerin den Gesamtsieg im Test errungen und darüber hinaus die Kategorie des 5G-Netzes gewonnen hat. Die Verwendung des CHIP-Logos "Bestes Netz" statt des separaten 5G-Netz-Logos ist insofern unschädlich. Für die Zulässigkeit einer Werbung mit den 5G-Netz-Messungen kann es keinen Unterschied machen, ob die Veröffentlichung der Testergebnisse der Kategorie "5G" eigenständig oder als Bestandteil eines umfassenderen Tests erfolgt. Entscheidend ist, ob die 5G-Netze eigenständig geprüft und bewertet wurden.

Unstreitig ist die Antragsgegnerin Gesamtsiegerin des in Rede stehenden Tests. Die Antragsgegnerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass das 5G-Netz im maßgeblichen Test eigenständig getestet wurde und die Antragsgegnerin in dieser Kategorie Testsiegerin wurde. Dass "5G" als eine der Kategorien getestet wurde, ergibt sich bereits aus der Tabelle auf S. 82 der Printversion der Auflage 01/2021 der CHIP-Zeitschrift (Anlage ASt 10a), in der "5G" als eigene Kategorie aufgeführt wird. Die Antragsgegnerin hat ihren Testsieg in der Kategorie "5G" glaubhaft gemacht, indem sie die Ergebnisse des Netztests für die Telekom eingereicht hat. Dort ist bei dem Unterpunkt "5G" als Ergebnis "SIEGER (SEHR GUT)" aufgeführt. Dies entspricht sinngemäß der Aussage "Bestes 5G-Netz".

Der Umstand, dass das Logo für den Sieg in der Kategorie "5G" nicht auf der CHIP Internetseite oder in der Printversion abgebildet ist, ist insoweit irrelevant. Dem steht auch nicht die BGH-Entscheidung "Bestes Netz" entgegen (BGH, GRUR 2019, 631), denn die Antragsgegnerin hat die Testergebnisse nicht zu ihren Gunsten verändert, sondern sie lediglich in der Werbung wiedergegeben.

Die durch CHIP vergebene Auszeichnung wurde in einem seriösen Verfahren vergeben und nicht erschlichen.

Zwar kann die Werbung mit einem Testsiegel ausnahmsweise irreführend sein, wenn dem Testsiegel aufgrund besonderer Umstände - etwa wegen des Fehlens von objektiven Kriterien für die Prüfung der untersuchten Dienstleistung - nur eine begrenzte Aussagekraft zukommt (BGH GRUR 2005, 877 (879) - Werbung mit Testergebnis; BGH GRUR 2019, 631 (637) - Das beste Netz). Dies ist bei dem Testsieg in der Kategorie "5G" jedoch nicht der Fall. Insbesondere vermindert die Tatsache, dass die Ergebnisse der Kategorie "5G" nur zu 3 % in das Gesamtergebnis eingeflossen sind, nicht die Aussagekraft des Testsiegels. Entscheidend ist insofern, dass die Zeitschrift CHIP die Kategorie "5G" als Teil des in Bezug genommenen Gesamttests getestet hat und der Antragsgegnerin den Testsieg zuerkannt hat. Die Antragstellerin hat auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass das 5G-Netz nur in fünf Städten getestet worden ist. Vielmehr ergibt sich schon aus aus dem Text und der Tabelle auf S. 82 der durch die Antragstellerin eingereichten Printversion der Zeitschrift (Anlage ASt 10a), dass die 5G-Verfügbarkeit auch außerhalb der fünf Großstädte entlang der Fahrtstrecke mit dem Auto gemessen wurde. Auf S. 81 der Printversion der Zeitschrift finden sich Angaben zur 5G-Verfügbarkeit "in den restlichen Städten", in der Tabelle auf S. 82 zur 5G-Verfügbarkeit außerhalb der Städte. Wegen des Testsiegs der Antragsgegnerin in der Kategorie "5G" ist es auch unerheblich, ob die Antragstellerin teilweise besser abgeschnitten hat als die Antragsgegnerin. Entscheidend ist insofern allein die Gesamtwertung der CHIP-Zeitschrift in Bezug auf die Kategorie "5G". Unerheblich ist auch, dass es sich bei dem Test um eine "Momentaufnahme" des Zustandes der 5G-Netze handeln soll. Es liegt in der Natur der jährlich stattfindenden Tests, dass sich die Qualität der Netze und das Rangverhältnis der Netzbetreiber ändern kann. Die CHIP-Zeitschrift hat die Netze der Parteien zum Testzeitpunkt anhand objektiver Kriterien beurteilt und zu diesem Zeitpunkt die Antragsgegnerin als Siegerin der Kategorie ausgezeichnet. Dass sich die 5G-Netze noch im Aufbau befinden und gegebenenfalls schneller entwickeln als andere Netze, ist dem maßgeblichen Verkehrskreis ohnehin bewusst, zumal der Ausbau und die Vorteile von 5G-Netzen regelmäßig Gegenstand der öffentlichen Debatte sind und von Verbrauchern erwartet werden.

Auf Grund dieser Umstände unterlag die Antragsgegnerin entgegen der Überzeugung der Antragstellerin auch keiner Aufklärungspflicht nach § 5a UWG. Die durch die Werbung erweckte Vorstellung entspricht den Tatsachen. Es ist keine wesentliche Information ersichtlich, die die Antragsgegnerin dem maßgeblichen Verkehrskreis vorenthalten hätte.


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EuGH: Mobilfunkanbieter mussten den ab dem 15.06.2017 regulierten Roamingtarif automatisch auf alle Kunden anwenden ganz egal welcher Tarif mit dem Kunden bestand

EuGH
Urteil vom 03.09.2020
C‑539/19
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
gegen
Telefónica Germany GmbH & Co. OHG


Der EuGH hat entschieden, dass Mobilfunkanbieter den ab dem 15.06.2017 regulierten Roamingtarif automatisch auf alle Kunden anwenden mussten, ganz egal welcher Tarif mit dem Kunden bestand.

Tenor der Entscheidung:

Art. 6a und Art. 6e Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union in der durch die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Roaminganbieter ab dem 15. Juni 2017 verpflichtet waren, den u. a. in Art. 6a dieser Verordnudownloadng vorgesehenen regulierten Roamingtarif automatisch auf alle ihre Kunden anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Kunden zuvor einen regulierten Roamingtarif oder einen anderen Tarif als den regulierten Roamingtarif gewählt hatten, es sei denn, dass sie vor dem Stichtag des 15. Juni 2017 gemäß dem dafür in Art. 6e Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vorgesehenen Verfahren ausdrücklich erklärt haben, dass sie einen solchen anderen Tarif nutzen möchten.

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Bundesnetzagentur: Maximal zulässiges Entgelt für Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer 6,82 Euro brutto - Überhöhte Portierungskosten bei zahlreichen Mobilfunkanbietern per Anordnung gesenkt

Die Bundesnetzagentur hat überhöhte Portierungskosten bei zahlreichen Mobilfunkanbietern per Anordnung gesenkt. Das maximal zulässiges Entgelt für die Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer beträgt derzeit 6,82 Euro brutto.

Die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur:

Anordnung von Endkundenentgelten für die Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer

Präsident Homann: "Verbraucher profitieren von starker Absenkung der Entgelte"

Mit Wirkung ab heute hat die Bundesnetzagentur den Mobilfunkanbietern freenet, 1&1 Drillisch, 1&1 Telecom und Telefonica die Portierungsentgelte in von 6,82 Euro (brutto) angeordnet. Die bisher erhobenen Entgelte in Höhe von etwa 30 Euro wurden untersagt.

"Wir haben die Hürden beim Wechsel des Mobilfunkanbieters deutlich abgesenkt. Das fördert den Wettbewerb und davon profitieren die Verbraucher. Ab heute dürfen für die Portierung höchstens 6,82 Euro erhoben werden, bisher waren es oft rund 30 Euro", sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Großteil der Anbieter hat Entgelte freiwillig abgesenkt
Nachdem die Bundesnetzagentur die Entgelte auf der Vorleistungsebene für die Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer auf 3,58 Euro (netto) abgesenkt hatte, wurden die Mobilfunkanbieter Mitte Februar aufgefordert auch ihre Endkundenentgelte abzusenken.

Die überwiegende Anzahl der Marktteilnehmer hat eine freiwillige Absenkung der Endkundenportierungsentgelte auf die von der Bundesnetzagentur genannte Aufgriffsschwelle von 6,82 Euro (brutto) mit Wirkung ab dem 20. April 2020 zugesagt.

Überprüfungsverfahren
Gegen diejenigen Mobilfunkanbieter, die nicht zu einer freiwilligen Absenkung bereit waren, wurden im Februar 2020 Verfahren der nachträglichen Entgeltüberprüfung eingeleitet. Auf Basis einer nationalen Vergleichsmarktbetrachtung wurde die Höhe des maximal zulässigen Entgelts auf einen Betrag von 6,82 Euro (brutto) festgelegt. Den Anbietern ist freigestellt, für die Leistung auch ein niedrigeres Entgelt oder gar kein Entgelt zu erheben.

Nach den telekommunikationsrechtlichen Vorgaben zum Kundenschutz dürfen Verbrauchern nur die Kosten in Rechnung gestellt werden, die einmalig beim Wechsel entstehen. Die betroffenen Unternehmen (freenet, 1&1 Drillisch, 1&1 Telecom und Telefonica) konnten in den Überprüfungsverfahren keine höheren Kosten nachweisen.

Ab heute stark reduzierte Entgelte
Mit den jetzigen Entscheidungen und den freiwillig erklärten Absenkungen der überwiegenden Zahl der Mobilfunkanbieter müssen ab heute marktweit einheitliche Endkundenportierungsentgelte in Höhe von 6,82 Euro (brutto) für die Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer zu einem anderen Anbieter gelten.



Bundesnetzagentur untersagt zu hohe Portierungskosten bei Mitnahme der Mobilfunknummer zu einem anderen Mobilfunkanbieter

Die Bundesnetzagentur hat zu hohe Portierungskosten bei Mitnahme der Mobilfunknummer zu einem anderen Mobilfunkanbiete untersagt.

Die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur:

Bundesnetzagentur untersagt zu hohe Portierungsentgelte unter Mobilfunkdiensteanbietern
Ausgabejahr

Die Bundesnetzagentur hat ein Entgelt der Vodafone für unwirksam erklärt, das für die Mitnahme einer Mobilfunknummer gegenüber Mobilfunkdiensteanbietern erhoben wurde. Gleichzeitig wurde ein abgesenktes Entgelt von 3,58 Euro (netto) angeordnet.

Die Bundesnetzagentur hatte das Entgelt einer Überprüfung von Amts wegen unterzogen. Das angeordnete Entgelt wurde anhand eines europäischen Preisvergleichs ermittelt. Vodafone wurde freigestellt, für die Leistung auch ein niedrigeres oder gar kein Entgelt zu erheben.

Die Entscheidung betrifft unmittelbar zwar nur die Entgelte, die Vodafone anderen Mobilfunkdiensteanbietern für die Portierung einer Mobilfunkrufnummer in Rechnung stellen darf. Dennoch sind die Entgelte aller am Markt tätigen Mobilfunkdiensteanbieter anhand der nunmehr ermittelten Preisobergrenze zu messen. Der Entscheidung kommt damit eine Signalwirkung für alle anderen Mobilfunkdiensteanbieter zu.

Da die zwischen den Anbietern vereinbarten Entgelte üblicherweise an die Endkunden weitergereicht werden, wird die Bundesnetzagentur nunmehr auch die von den Mobilfunkdiensteanbietern gegenüber den Endkunden in Rechnung gestellten Entgelte für die Mitnahme einer Mobilfunkrufnummer einer Überprüfung unterziehen. Nach der jetzigen Entscheidung dürften auch dort deutliche Absenkungen zu erwarten sein.

OLG Hamburg: Wettbewerbswidrige Spitzenstellungswerbung mit "das beste und größte LTE-Netz" wenn kein deutlicher und dauerhafter Vorsprung vor Mitbewerbern besteht

OLG Hamburg
Urteil vom 23.05.2019
3 U 75/18


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Spitzenstellungswerbung vorliegt, wenn mit "das beste und größte LTE-Netz" geworben wird, ohne dass ein deutlicher und dauerhafter Vorsprung des Netzbetreibers vor den Mitbewerbern besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist auch nicht davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr der streitgegenständlichen Bewerbung des „besten und größten“ bzw. „besten“ LTE-Netzes schon von vornherein keine Alleinstellungsbehauptung entnähme. Er geht angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts vielmehr davon aus, dass ein deutlicher und dauerhafter Vorsprung im Hinblick auf die beworbenen Eigenschaften des LTE-Netzes der Antragsgegnerin bestehe.


Dies gilt auch bei Berücksichtigung des verwendeten TÜV-Siegels und der dazu gegebenen Erläuterungen. Es bleibt auch dann bei dem falschen Eindruck, dass die verwendeten werblichen Angaben insgesamt von der TÜV N.C. GmbH zertifiziert worden seien, und zwar auf der Grundlagen eigener Messungen und anhand eines allgemeinen anerkannten oder zumindest TÜV-eigenen Standards. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin vermag der angesprochene Verkehr nicht hinreichend zu erkennen, dass nicht die in der jeweiligen Werbung hervorgehobene werbliche Angabe, sondern nur die in Anführungszeichen wiedergegebene Angabe, welche jeweils in deutlich kleinerer Schrift neben dem Siegel abgedruckt ist, dem Zertifikat der TÜV N.C. GmbH entnommen ist. Er geht deshalb davon aus, dass die Zertifizierung durch die TÜV N.C. GmbH sämtliche Angaben in den streitgegenständlichen Werbungen umfasst.

3. Mit dem Landgericht ist auch festzustellen, dass die streitgegenständlichen werblichen Angaben über die erfolgte Zertifizierung einzelner Angaben hinausgehen. Die streitgegenständlichen Angaben der Antragsgegnerin bewerben – mit Ausnahme der Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen (Anlage AST 8) – sämtlich, dass die Antragsgegnerin auch über das größte LTE-Netz verfüge und dass dies TÜV-zertifiziert sei.

Die vorgelegten Zertifizierungen sind jedoch lediglich hinsichtlich der Angaben „T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität in LTE, nach QvK-Standard1)“ (Anlage BB 3), „T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität in LTE, nach QvK-Standard1) für Sprachdienste“ (Anlage AST 14 = Anlage BB 3), „T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität nach QvK-Standard1) für Datendienste“ (Anlage BB 3) und „T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität nach QvK-Standard1)“ ( Anlage B 5 = Anlage BB 3) erfolgt. Keine dieser Angaben enthält Aussagen zur Größe des LTE-Netzes der Antragsgegnerin. Da es mithin an einer Zertifizierung hinsichtlich der Angaben zur der Größe des LTE-Netzes fehlt, sind die diesbezüglichen Angaben irreführend. In der Werbung wird nicht hinreichend deutlich, dass die jeweils streitgegenständliche werbliche Angabe zur Größe des LTE-Netzes der Antragsgegnerin – entgegen der Verkehrserwartung – nicht „TÜV-geprüft“ ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Düsseldorf: Kunden von E-Plus Aldi Talk erhalten nach Vertragsende Restguthaben ohne Rücksendung der SIM-Karte

LG Düsseldorf
vom 8.05.2019
12 O 264/18


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Kunden von E-Plus Aldi Talk ihr Restguthaben nach Vertragsende ohne Rücksendung der SIM-Karte erhalten müssen. Eine Klausel in den AGB, welche die Auszahlung von der Rücksendung der SIM-Karte abhängig macht, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und ist unwirksam.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Düsseldorf: Mobilfunkanbieter muss bei Werbung für Tarif auf Zusatzkosten für automatisch gebuchtes Volumen per Datenautomatik hinweisen

LG Düsseldorf
Urteil vom 12.05.2017
38 O 149/16


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Mobilfunkanbieter bei Werbung für einen Tarif auch auf Zusatzkosten für automatisch gebuchtes Volumen per Datenautomatik hinweisen muss.

LG Düsseldorf: Bewerbung eines Mobilfunktarifes mit monatlicher Preisangabe per Google Adwords muss im Text auch einmalige Fixkosten enthalten - Kosten der SIM-Karte

LG Düsseldorf
Urteil vom 13.05.2016
38 O 120/15


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass bei der Bewerbung eines Mobilfunktarifes mit monatlicher Preisangabe per Google Adwords im Text auch einmalige Fixkosten enthalten sein müssen. Vorliegend fehlten die Kosten für die SIM-Karte.

OLG Frankfurt: Werbung mit "bis zu 100 Mbit/s" irreführende Werbung durch Mobilfunkanbieter wenn im Mittel nur 45 Mbit/s erreicht werden

OLG Frankfurt
Urteil vom 07.05.2015
6 U 79/14


Die von einem Mobilfunkanbieter verwendete Werbeaussage "bis zu 100 Mbit/s" ist irreführend, wenn im Mittel eine Übertragungsgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 Mbit/s erzielt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Mit Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Der Anspruch folgt aus §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.

[...]

Als tragfähig erachtet der Senat jedoch, wie bereits im Urteil des Eilverfahrens ausgeführt, die Argumentation der Klägerin, die Werbung mit "bis zu 100 Mbit/s" sei irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise zwar erkennen, dass es sich bei dieser Download-Geschwindigkeit um einen Spitzenwert handelt, er jedoch annimmt, dass er auch im Mittel einen hohen Download-Speed erwarten darf.

Der Senat hat hierzu auf Seiten 8-10 der Eilentscheidung ausgeführt: "Die Werbung mit "bis zu 100 MBit/s" ist irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise zwar erkennen, dass es sich bei dieser Download-Geschwindigkeit um einen Spitzenwert handelt. Interessanter als dieser Spitzenwert ist es für den angesprochenen Verkehrskreis jedoch, welchen Mittelwert er mit dem entsprechenden Tarif erreicht. Dies wird auch bestätigt durch den Artikel auf ... online, den die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreicht hat. Dort heißt es auf Seite 2:

'Mittelwerte sagen mehr als Speed-Peaks. Über Mobilfunk muss der mobile User viel stärkere Speed-Schwankungen in Kauf nehmen als an stabilen, stationären Anschlüssen wie etwas VDSL-Kupferkabel, TV-Koaxialkabel oder Glasfaser. Die Protzerei mit sporadischen LTE-Höchstwerten an perfekt versorgten Standorten hilft dem echten Dauer-User wenig, wenn er sein LTE-Smartphone Tag ein Tag aus in Stadt und Land an ständig wechselnden Stellen benötigt.

Da es den angesprochenen Verkehrskreisen in erster Linie auf den Mittelwert ankommt, wird er die angegriffene Aussage so verstehen, dass er auch im Mittel einen hohen Download-Speed erwarten darf."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Urlaubszeit - Roamingzeit - Kostenfalle Internetnutzung und Handynutzung im Ausland

Aus aktuellem Anlass unser Hinweis auf einen weiteren alljährlichen sommerlichen Dauerbrenner

Urlaubszeit - Roamingzeit - Kostenfalle Internetnutzung und Handynutzung im Ausland


OLG Schleswig-Holstein: Sim-Karten-Pfand unzulässig - Anspruch auf auf Gewinnabschöpfung zu Gunsten des Bundeshaushaltes gegen Mobilfunkanbieter

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 19.03.2015
2 U 6/14


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden (siehe zum Thema auch BGH: SIM-Karten-Pfand und zusätzliches Entgelt für Rechnungen per Post unzulässig - Klauseln in Mobilfunkanbieter-AGB unwirksam ), dass die Vereinbarung eines SIM-Karten-Pfands durch den Mobilfunkbetreiber unzulässig ist. Zudem hat das Gericht einen Gewinnabschöpfungsanspruch gegen den Mobilfunkbetreiber bejaht.

Die Pressemitteilung des OLG Schleswig-Holstein:

"Mobilfunkvertrag – erneute Entscheidung zum "Pfand" für die SIM-Karte und Gewinnabschöpfung der "Nichtnutzergebühr"

Ein Anbieter von Mobilfunkleistungen darf in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nach Beendigung des Mobilfunkvertrags kein "Pfand" in Rechnung stellen, wenn der Kunde die deaktivierte und wirtschaftlich wertlose SIM-Karte nicht zurückschickt. Der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts untersagte einem Mobilfunkanbieter mit Sitz in Schleswig-Holstein (Büdelsdorf) in einem vor kürzlich veröffentlichten Urteil erneut das Erheben einer Pfandgebühr in Höhe von 9,97 Euro. Zugleich sah der 2. Zivilsenat die Voraussetzungen für die Abschöpfung von Gewinnen an, die der Mobilfunkanbieter erzielt hatte, indem er in seinen AGB Zusatzgebühren verlangte, wenn der Kunde innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Anrufe getätigt und auch keine SMS versandt hatte (Nichtnutzergebühr).

Zum Vorverfahren: Auf die Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hatte der 2. Zivilsenat bereits mit Urteil vom 03.07.2012 dem Mobilfunkanbieter untersagt, zwei Klauseln in seinen AGB für Verträge über Mobilfunkleistungen zu verwenden, weil diese die Kunden unangemessen benachteiligten. Die eine Klausel sah davor, dass die zu Verfügung gestellte SIM-Karte Eigentum des Mobilfunkanbieters verbleibt und hierfür eine "Pfandgebühr" von 9,97 Euro fällig wird, wenn der Kunde die SIM-Karte nicht innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung des Mobilfunkvertrages zurücksendet. Die zweite Klausel sah vor, dass dem Kunden eine "Nichtnutzergebühr" in Höhe von 4,95 Euro in Rechnung gestellt wird, wenn in drei aufeinanderfolgenden Monaten kein Anruf getätigt beziehungsweise keine SMS versandt wird.

Zum weiteren Sachverhalt: Nach dem Erlass des Urteils aus dem Jahr 2012 änderte der Mobilfunkanbieter seine AGB dahingehend, dass er nach Beendigung des Mobilfunkvertrags zwar weiterhin ein "Pfand" für eine nicht zurückgeschickte SIM-Karte erhob, der Kunde jedoch die Gebühr erstattet erhielt, wenn er auch nach Ablauf der Frist von 14 Tagen die Karte zurückschickte. Für die Zeit ab 01.08.2012 erhob der Mobilfunkanbieter keine "Nichtnutzergebühr" mehr.
Der klagende Verbraucherschutzverein fordert den Mobilfunkanbieter auf, auch die AGB-Klausel zum "Pfand" in der geänderten Fassung zu unterlassen und die Gewinne an den Bundeshaushalt zu zahlen (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel zur "Nichtnutzergebühr" erzielt hatte.

Aus den Gründen: Auch die Klausel über das "Pfand" für die SIM-Karte in der neuen Fassung ist unwirksam, weil sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Der beklagte Mobilfunkanbieter hat ersichtlich kein Interesse an der Rückerlangung der gebrauchten SIM-Karten unter dem Gesichtspunkt, dass er diese noch verwenden oder sonst etwas damit anfangen könnte. Der Mobilfunkanbieter lässt die zurückgesandten SIM-Karten fachgerecht vernichten und entsorgen, und zwar nach eigenem Vortrag unmittelbar nach Eingang. Mithilfe der gebrauchten Karten erzielt er keine Einnahmen mehr. Es entstehen vielmehr zusätzliche Kosten für die Entsorgung. Ein berechtigtes Interesse an der Rückerlangung der Karten kann der beklagte Mobilfunkanbieter auch nicht daraus herleiten, dass er auf diese Weise den Missbrauch deaktivierter SIM-Karten verhindern wolle. Nach den eigenen Äußerungen des beklagten Mobilfunkanbieters sei ihm selbst kein Fall bekannt, in dem bisher aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung einer deaktivierten SIM-Karte ein Schaden entstanden sei. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass durch das SIM-Kartenpfand eine zusätzliche Zahlung der Kunden ohne zusätzliche Leistung des Mobilfunkanbieters erreicht werden soll. Dem liegt die realistische Erwartung zu Grunde, dass Kunden sich in einer Vielzahl von Fällen nicht wegen eines Betrages von 9,97 Euro die Mühe machen, die Vertragsbedingungen herauszusuchen, ihre Rechte in Bezug auf das Pfand nachzulesen und sich um die Rücksendung der SIM-Karte per Post zu kümmern.
Das Gericht sieht einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung zu Gunsten des Bundeshaushaltes für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis zum 31.07.2012 als gegeben an (§ 10 UWG). Mit der Verwendung der unwirksamen Klausel über die Erhebung einer "Nichtnutzergebühr" hat der Mobilfunkanbieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zulasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt. Das vorsätzliche Handeln (bedingter Vorsatz) ergibt sich daraus, dass der Mobilfunkanbieter nach der Abmahnung durch den Verbraucherschutzverein die Klausel weiter verwendet hat, obwohl die Klausel über die "Nichtnutzergebühr" evident unwirksam ist. Es musste sich dem Mobilfunkanbieter geradezu aufdrängen, dass er von dem Kunden keine zusätzliche Zahlung abverlangen durfte, ohne dass er selbst irgendeine zusätzliche Leistung erbrachte oder der Kunde seinerseits gegen Vertragspflichten verstieß. Dass der Kunde durch den Abschluss eines Mobilfunkvertrages und die Zahlung einer monatlichen Grundgebühr nur das Recht zum Telefonieren erwirbt, nicht aber dazu verpflichtet wird, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.03.2015, Aktenzeichen 2 U 6/14; zu dem vorangegangenen Urteil vom 03.07.2012, Aktenzeichen 2 U 12/11, siehe auch die Pressemitteilung 14/2012 vom 18. Juli 2012)"



BGH: SIM-Karten-Pfand und zusätzliches Entgelt für Rechnungen per Post unzulässig - Klauseln in Mobilfunkanbieter-AGB unwirksam

BGH
Urteil vom 09.10.2014
III ZR 32/14
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat zutreffend entschieden, dass es unzulässig ist, wenn ein Mobilfunkanbieter Pfand für die SIM-Karte verlangt. Auch für Rechnungen per Post darf eine Mobilfunkanbieter, jedenfalls dann, wenn die Angebote nicht ausschließlich über das Internet vertrieben werden, kein zusätzliches Entgelt verlangen. Entsprechende Klauseln in den AGB sind unwirksam.

(Siehe zur Vorinstanz OLG Frankfurt: Mobilfunkanbieter dürfen kein zusätzliches Entgelt für Rechnung der Post verlangen - Pfand für SIM-Karte ebenfalls unzulässig)

Leitsätze des BGH:

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters, nach der für die Überlassung der SIM-Karte ein "Pfand" in Höhe von 29,65 € erhoben wird, das als "pauschalierter Schadensersatz" einbehalten wird, sofern der Kunde die Karte nicht innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der Gültigkeitsdauer und Beendigung des Kundenverhältnisses in einwandfreiem Zustand zurücksendet, ist unwirksam.

b) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters, nach der für die Zusendung einer Rechnung in Papierform (zusätzlich zur Bereitstellung in einem Internetkundenportal) ein gesondertes Entgelt anfällt, ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Anbieter sein Produkt nicht allein über das Internet vertreibt.

BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - III ZR 32/14 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main#

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