Skip to content

EU-Verordnung: Online-Streitschlichtungsplattform (OS-Plattform) wird am 20.07.2025 eingestellt - dann keine Verlinkung mehr erforderlich und zulässig

Durch die Verordnung (EU) 2024/3228 wird die Online-Streitschlichtungsplattform (OS-Plattform) der EU am 20.07.2025 eingestellt. Die entsprechende Hinweispflicht und Pflicht zur Verlinkung entfällt dann und ist mit Einstellung der Plattsform auch nicht mehr zulässig.

Die Einstellung überrascht nicht, da die Plattform außer zahlreicher Abmahnungen in Deutschlande keine praktische Relevanz hatte. Wer in der Vergangenheit eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, sollte diese vorsorglich zum Einstellungstermin kündigen auch wenn gute Gründe dafür sprechen, dass eine Unterlassungsverpflichtung aufgrund der Änderung auch ohne Kündigung mit Einstellung der Plattform entfällt.

Aus der Verordnung:
Mit der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) wurde die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung (im Folgenden „OS-Plattform“) auf Unionsebene eingerichtet und die Kommission mit der Entwicklung und Pflege dieser Plattform beauftragt, die eine zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmer darstellt, die aus Online- Kaufverträgen oder Online-Dienstleistungsverträgen entstandene Streitigkeiten außergerichtlich beilegen möchten.

(2) Die OS-Plattform besteht in Form einer interaktiven Website, auf der Verbraucher Unternehmer auffordern können, der Inanspruchnahme einer auf der OS-Plattform aufgeführten Stelle für alternative Streitbeilegung (AS) zuzustimmen, die der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) entspricht.

(3) Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 müssen Online-Unternehmer und Online-Marktplätze auf ihrer Website einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform bereitstellen. Diese Verpflichtung hat zusammen mit den Informationskampagnen der Kommission und der nationalen Interessenvertreter jedes Jahr zwischen zwei und drei Millionen Besucher auf die OS-Plattform gebracht.

(4) Allerdings nutzt nur eine Minderheit der Besucher die OS-Plattform, um eine Beschwerde einzureichen, und nur 2 % dieser Beschwerden erhalten eine positive Antwort von Unternehmern, sodass ihr Antrag an eine auf der OS-Plattform aufgeführte AS-Stelle weitergeleitet werden kann. Insgesamt entspricht dies etwa 200 Fällen pro Jahr in der gesamten Union.

(5) Die Kommission veröffentlichte eine Aufforderung zur Stellungnahme zur Anpassung der außergerichtlichen Streitbeilegung an digitale Märkte, die vom 28. September bis zum 21. Dezember 2022 lief. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die OS-Plattform nur von 5 % der Verbraucher, die auf die Aufforderung zur Stellungnahme geantwortet hatten, genutzt wurde, und die Mehrheit der Befragten der Ansicht war, dass die OS-Plattform aufgrund mangelnder Kosteneffizienz erheblich verbessert oder eingestellt werden sollte. Die Sachlage deutet stark darauf hin, dass aufgrund der Tatsache, dass nicht mehr als 200 Fälle pro Jahr an eine AS-Stelle weitergeleitet werden, das weitere Betreiben der OS-Plattform nicht den Grundsätzen der Effizienz und Wirksamkeit gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2024/2509 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) entspricht.

(6) Die OS-Plattform sollte eingestellt werden, und die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 sollte daher aufgehoben werden. Dabei sollte ein ausreichender Zeitraum für die angemessene Beendigung laufender Fälle vorgesehen werden.

[...]

Artikel 1
Die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 wird mit Wirkung vom 20. Juli 2025 aufgehoben.

Artikel 2
(1) Die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung (im folgenden „OS-Plattform“) wird eingestellt.
(2) Die Einreichung von Beschwerden auf der OS-Plattform wird am 20. März 2025 eingestellt.
(3) Die Kommission unterrichtet die Nutzer der OS-Plattform mit laufenden Fällen bis zum 20. März 2025 über die Einstellung der OS-Plattform und bietet diesen Nutzern auf Wunsch Unterstützung beim Abruf von Daten zu ihren Fällen an, zu denen sie Zugang haben.
(4) Spätestens ab dem 20. Juli 2025 werden alle Informationen, einschließlich personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Fällen, auf der OS-Plattform gelöscht.



KG Berlin: Abschluss eines kostenlosen Probeabos unterfällt nicht der Buttonlösung nach § 312j Abs. 3 BGB wenn weitere Vertragserklärung nach Ablauf des Probemonats erforderlich ist

KG Berlin
Urteil vom 05.11.2024
5 UKL 5/24

Das KG Berlin hat entschieden, dass der Abschluss eines kostenlosen Probeabos nicht der Buttonlösung nach § 312j Abs. 3 BGB unterfällt, wenn nach Ablauf des Probemonats eine weitere Vertragserklärung des Kunden erforderlich ist, um eine kostenspflichtiges Abonnement abzuschließen. Erst dann müssen die Vorgaben von § 312j Abs. 3 BGB erfüllt werden.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung der von ihm angegriffenen Gestaltung einer im Zuge des Bestellprozesses zu betätigenden Schaltfläche mit der Beschriftung „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden" aus § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr.1 Buchst. c UKlaG in Verbindung mit § 312j Abs. 3 BGB gegen die Beklagte zu.

a) Die vom Kläger ausweislich des von ihm formulierten Unterlassungssatzes und des zu seiner Begründung Vorgetragenen angegriffene Gestaltung der mit „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden" beschrifteten Schaltfläche fällt nicht in den Anwendungsbereich von § 312j Abs. 3 BGB.

aa) Die Vorschrift des § 312j Abs. 3 BGB dient der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Uabs. 2 der Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie. Sie begründet – auch in der Zusammenschau mit § 312j Abs. 2 BGB, mit dem Art. 8 Abs. 2 Uabs. 1 Richtlinie 2011/83/EU in deutsches Recht umgesetzt worden ist - eine Verpflichtung des Unternehmers zur Information und zur transparenten Gestaltung des Bestellvorganges im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs.

Nach § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Unternehmer die Bestellsituation bei einem zahlungspflichtigen Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr im Sinne des § 312j Abs. 2 BGB so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist nach § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB diese Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

(1) Der Begriff der „Schaltfläche“ im Sinne des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB ist grundsätzlich weit zu verstehen und erfasst jedes grafische Bedienelement, das es dem Anwender erlaubt, eine Aktion in Gang zu setzen oder dem System eine Rückmeldung zu geben (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, § 312j Rn. 25; Junker/Seiter in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 312j BGB (Stand: 01.02.2023), Rnrn. 52f.; Staudinger/Thüsing [2019] BGB § 312j, Rn. 19; vgl. ferner BT-Drucks. 17/7745, S. 12 linke Spalte).

(2) Bei der Beschriftung der Schaltfläche steht es den Unternehmern nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, der der Senat folgt, frei, jede Angabe ihrer Wahl zu verwenden, sofern aus dieser eindeutig hervorgeht, dass der Verbraucher eine Zahlungsverpflichtung eingeht, sobald er die Schaltfläche für die Bestellung aktiviert (EuGH, Urteil vom 7. April 2022 – C-249/21, Rn. 27 nach juris - Fuhrmann-2). Ob die vom Unternehmer gewählte Formulierung – sofern sie nicht ohnehin mit dem in § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB und Art. 8 Abs. 2 Uabs. 2 Satz 2 Richtlinie 2011/83/EU ausdrücklich genannten (Regel)beispiel „zahlungspflichtig bestellen“ übereinstimmt – unmissverständlich erkennen lässt, dass der Verbraucher mit Betätigung der Schaltfläche eine Zahlungsverpflichtung übernimmt, ist – ohne Rücksicht auf die Gesamtumstände des Vertragsschlusses – auf der Grundlage der Bedeutung zu beurteilen, die den auf der Schaltfläche angebrachten Worten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und nach der Vorstellung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers beizumessen ist. Nur wenn die vom Unternehmer gewählte Formulierung nach dem Sprachverständnis und nach der Auffassung des Durchschnittsverbrauchers (zwangsläufig und systematisch) mit der Begründung einer Zahlungsverpflichtung in Verbindung gebracht wird, ist sie dazu geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf die Tatsache zu lenken, dass die Abgabe der Bestellung für ihn eine Zahlungsverpflichtung zur Folge hat (vgl. EuGH, Urteil vom 7. April 2022 – C-249/21, Rnrn. 28, 33 nach juris - Fuhrmann-2; BeckOK BGB/Maume, 63. Ed. 1.8.2022, § 312j Rn. 28). Diese Maßstäbe sind auch auf entgeltliche (In-)App-Angebote anzuwenden (vgl. Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 1. Aufl. 2017, 11. Teil. C. App-Vertrieb an Verbraucher (B2C) Rn. 38).

(3) Die in § 312j Abs. 3 BGB niedergelegte Verpflichtung zur Information und zur transparenten Gestaltung des Bestellvorganges erfasst allerdings nur die unmittelbare Bestellsituation, also den Moment unmittelbar vor Abgabe der auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages gerichteten Willenserklärung durch den Verbraucher (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, § 312j Rn. 22; Staudinger/Thüsing, BGB [2019], § 312j, Rn. 17; BeckOGK/Busch, 1.7.2023, BGB § 312j Rn. 32).

Die in § 312j Abs. 3 BGB normierte Pflicht dient dem Zweck, dem Verbraucher in der Bestellsituation, also in unmittelbarem räumlichem und funktionalem Zusammenhang mit der Abgabe der rechtlich verbindlichen Vertragserklärung, vor Augen zu führen, dass er eine solche Erklärung abgibt und dass diese eine Zahlungspflicht begründet (BGH, Urteil vom 4. Juni 2024 - X ZR 81/23, Rn. 26, juris).

Der Abschluss eines Bestellvorgangs, der eine Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers zur Folge hat, ist ein wesentlicher Schritt, da er impliziert, dass der Verbraucher damit einverstanden ist, nicht nur an den Fernabsatzvertrag, sondern auch an die Zahlungsverpflichtung gebunden zu sein (EuGH, Urteil vom 7. April 2022 – C-249/21, Rnrn. 28, 33 nach juris - Fuhrmann-2). Wird die kostenpflichtige Bestellung über eine Schaltfläche oder auf ähnliche Art und Weise ausgelöst, ist es gerade die Aktivierung einer Schaltfläche oder einer ähnlichen Funktion zum Abschluss der Bestellung, die eine Erklärung des Verbrauchers dahin beinhaltet, dass er unwiderruflich damit einverstanden ist, an eine Zahlungsverpflichtung gebunden zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2024 - C-400/22, Rn. 48 nach juris - VT u.a./Conny).

Dass dem Verbraucher der Umstand, dass die Abgabe der Bestellung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer zur Folge hat, in unmittelbarem räumlichen und funktionalem Zusammenhang mit der Abgabe der rechtlich verbindlichen Vertragserklärung verdeutlicht werden soll, kommt zudem in Erwägungsgrund 39 Satz 2 und 3 der Richtlinie 2011/83/EU zum Ausdruck. Nach diesem Erwägungsgrund soll dem Verbraucher durch eine gemäß Art. 8 Abs. 2 Uabs. 2 Richtlinie 2011/83EU von ihm bei der Bestellung abzugebende Bestätigung nicht nur vor Augen geführt werden, dass die Abgabe der Bestellung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer zur Folge hat, sondern auch der Zeitpunkt verdeutlicht werden, zu dem gegenüber dem Unternehmer eine Zahlungsverpflichtung eingegangen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 7. April 2022 – C-249/21, Rn. 28, 33 nach juris - Fuhrmann-2; OLG Köln, Urteil vom 7. Oktober 2018 – I-6 U 48/16, Rn. 39, juris – Bestell-Button II).

Dieser Zweck der Vorschrift wird – schon zur Vermeidung von Verwirrung und einer Intransparenz des Bestellvorganges – nur erreicht, wenn der Verbraucher auf den Umstand, dass er einen kostenpflichtigen Vertrag abschließt (nur) mit einer entsprechenden Kennzeichnung derjenigen Schaltfläche oder ähnlichen Funktion, die den Bestellvorgang abschießt, hingewiesen wird (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312j Rn. 22 a.E.; Schirmbacher in: Spindler/Schuster, 4. Aufl. 2019, BGB § 312j Rn. 55). Sind daher im Zuge eines Bestellprozesses mehrere Schaltflächen oder ähnliche Funktionen zu aktivieren, ist § 312j Abs. 3 BGB nur hinsichtlich der letzten anzuwenden (vgl. Senat, Urteil vom 23. August 2024 – 5 U 42/21, Umdruck S. 13, n.V.).

bb) Gemessen an diesen Maßstäben handelt es sich bei der vom Kläger zum Gegenstand des von ihm begehrten Unterlassungsgebots gemachten Schaltfläche nicht um eine solche, auf die die Vorschrift des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB Anwendung findet. Denn die mit der Aufschrift „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ beschriftete Schaltfläche dient nicht dem Abschluss des hier in Rede stehenden Bestellvorganges. Vielmehr wird die zum Abschluss des nach sieben Tagen in ein kostenpflichtiges Abonnement übergehenden Probeabonnements führende Willenserklärung des Verbrauchers bei dem hier zu beurteilenden Bestellprozess erst zu einem späteren Zeitpunkt abgegeben.

(1) Auf der Grundlage des von den Parteien hierzu Vorgetragenen und unter Berücksichtigung des übrigen Akteninhalts (§ 286 Abs. 1 ZPO) lässt sich nicht feststellen, dass der (potentielle) Nutzer der von der Beklagten vertriebenen „Blinkist“-App bereits mit Betätigen des mit „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ beschrifteten Schaltfläche, die auf den Abschluss eines – nach Ablauf einer Probephase – kostenpflichtigen Abonnementvertrages gerichtete Vertragserklärung abgegeben hat.

(a) Nach der Darstellung der Beklagten, die nicht nur durch die Beschreibung des Bestellvorgangs bei Nutzung eines Mobiltelefons für einen sogenannten „In-App-Purchase“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, sondern auch durch den vom Kläger geschilderten Ablauf des Bestellprozesses gestützt wird, wird der (potentielle) Nutzer der „Blinkist“-App bei einer Bestellung des Abonnements über ein mit dem Betriebssystem iOS ausgestattetes Mobiltelefon nach Betätigen der Schaltfläche mit der Aufschrift „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ zunächst zum Apple App-Store weitergeleitet, innerhalb desselben der Bestellvorgang nicht unmittelbar abgeschlossen, sondern vielmehr mit einer weiteren Aufforderung, die Bestellung zu bestätigen, fortgesetzt wird.

Auf der sich im App-Store (ggf. nach Anmeldung durch den Benutzer) öffnenden Benutzeroberfläche werden dem mit der App der Beklagten angesprochenen Verbraucher ausweislich der Darstellung in der Klageschrift und der als Anlage K4 sowie als Anlage B3 vorgelegten Screenshots der Benutzeroberfläche, (erneut) die wesentlichen Vertragskonditionen vorgestellt, nach denen der Nutzer ein einwöchiges „kostenloses Probeabo“ abschließen kann, das – sofern es nicht rechtzeitig gekündigt wird – in ein „Blinkist Premium“-Abonnement, das jährlich 79,99 € kosten soll, übergeht.

Dass der Nutzer ein solches Abonnement abschließen möchte, muss er – auch ausweislich des vom Kläger in der Klageschrift geschilderten Bestellvorganges – alsdann mit der „Seitentaste“ des Mobiltelefons bestätigen. Hierzu heißt es nach dem neben der rechts oben am Mobiltelefon befindlichen Seitentaste: „Zum Abonnieren zweimal drücken“. Erst wenn der Nutzer dieser Aufforderung nachkommt, erhält er nach Darstellung der Beklagten, der der Kläger insoweit nicht erheblich entgegengetreten ist, eine „Abo-Bestätigung“, in der ihm ausweislich der Anlage B4 unter erneuter Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsdaten mitgeteilt wird: „Du hast das folgende Angebot angenommen: […]“.

(b) Eine Bestellung des von der Beklagten angebotenen Probeabonnements, das – sofern es nicht rechtzeitig gekündigt wird – nach Ablauf einer Woche in ein kostenpflichtiges Abonnement übergeht, wird danach nicht schon durch das Betätigen der vom Kläger angegriffenen Schaltfläche, sondern erst durch das 2-malige Drücken der Seitentaste rechts oben am Mobiltelefon nach Weiterleitung in den Apple App-Store ausgelöst.

Bei dieser Sachlage dient die Betätigung der vom Kläger angegriffenen Schaltfläche mit der Beschriftung „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ nur der Einleitung des Bestellvorganges wie dies bspw. auch bei einem Einkauf über einen Onlineshop durch das (virtuelle) Einlegen der Ware in einen (virtuellen) Warenkorb geschieht. Abgeschlossen wird der Bestellvorgang dagegen erst innerhalb des Apple App-Store durch 2-maliges Betätigen der oberen rechten Seitentaste des Mobiltelefons.

(c) Wird der Bestellvorgang – wie hier – erst nach Weiterleitung in einen App-Store und nach entsprechender Aufforderung durch die 2-malige Betätigung der Seitentaste des Mobiltelefons abgeschlossen, liegt auch erst hierin die vom Nutzer (hier konkludent durch Betätigen der Seitentaste) abgegebene Willenserklärung, die zu einem ihn bindenden Vertragsschluss führt.

(2) Anders, als der Kläger meint, bestehen im Streitfall auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Betätigen der vom Kläger angegriffenen und mit „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ beschrifteten Schaltfläche aus der für die Beurteilung der zum Abschluss eines Vertrages führenden Willenserklärungen maßgeblichen Sicht des objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB; vgl. dazu BeckOK IT-Recht/Borges/Sesing, 15. Ed. 1.4.2024, BGB § 133 Rnrn. 13f m. weit. Nachw.), bereits als auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnementvertrages gerichtete, den Erklärenden bindende Willenserklärung angesehen werden müsste, die durch das spätere 2-malige Betätigen der oberen rechten Seitentaste des Mobiltelefons im Apple App-Store nur noch einmal „bekräftigt“ wird.

(a) Der für die vom Kläger angegriffene Beschriftung der Schaltfläche „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ gewählte Wortlaut deutet für sich genommen nicht darauf hin, dass mit dem Betätigen der Schaltfläche bereits eine auf den Abschluss des später in ein kostenpflichtiges Abonnement übergehendes Probeabonnement gerichtete Erklärung abgegeben wird. Vielmehr ist mit der Wendung „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ zunächst allein das „kostenlose Probeabonnement“ angesprochen und könnte der Beschriftung der Schaltfläche allenfalls in der Zusammenschau mit der ausweislich der Anlage K3 darüber abgebildeten Erläuterung der Funktionsweise des „Probeabos“, derzufolge der Nutzer „ab heute“ den „kostenlosen Zugang zu allen Inhalten und Funktionen“ genießen kann, „in 5 Tagen […] eine Erinnerung darüber [erhält], dass [das] Probeabo bald abläuft“ und nach der „in 7 Tagen“ das kostenpflichtige Jahresabo beginnt, wenn der Nutzer „nicht vorher gekündigt“ hat, ein weitergehender Erklärungsgehalt beigemessen werden.

Die Formulierung „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ kann ferner auch nicht ohne weiteres als verbindliche, auf die Abgabe einer Bestellung gerichtete Erklärung aufgefasst werden. Der Begriff „starten“ wird im Allgemeinen Sprachgebrauch nicht mit „bestellen“ gleichgesetzt. Vielmehr deutet er zunächst nur auf die Ingangsetzung eines - weitere Schritte erfordernden - Bestellvorganges hin.

(b) Im Streitfall kann auch aus den bei der Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Erklärung weiter zu berücksichtigenden Begleitumständen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2000 – VIII ZR 275/98, Rn. 20, juris) nicht hergeleitet werden, dass der (künftige) Vertragspartner des Nutzers das Betätigen bereits dieser Schaltfläche nach den hier zu beurteilenden Umständen des Einzelfalles als bindende Vertragserklärung versteht.

(aa) Nach dem von den Parteien hierzu Vorgetragenen und ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen soll der Vertrag über die Nutzung der „Blinkist“-App bei der hier in Rede stehenden Gestaltung – unter Vermittlung durch den Apple App-Store – zwischen dem Nutzer und der Beklagten zustande kommen (vgl. dazu Zdanowski in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 1. Aufl. 2017, 11. Teil. C. App-Vertrieb an Verbraucher (B2C) Rn. 42).

(bb) Die Beklagte – als künftiger Vertragspartner des Nutzers – lässt nach ihren – bei der Bestimmung des objektiven Empfängerhorizonts mit in den Blick zu nehmenden (vgl. dazu Föhlisch in: Hoeren/Sieber/Holznagel MMR-HdB, 62. EL Juni 2024, Teil 13.4 Verbraucherschutz im Internet Rn. 206) – eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen der durch Bestätigung des vom Kläger angegriffene Schaltfläche in Gang gesetzte Bestellvorgang bis zu seiner Vollendung im App-Store „abgebrochen“ werden kann, erst die zweimalige Betätigung der oberen rechten Seitentaste als verbindliche Vertragserklärung des Nutzers gelten. Danach sieht die Beklagte als Adressat der Vertragserklärung des (potentiellen) Nutzers bei einer Bestellung des „Blinkist“-Abonnements über den Apple App-Store erst die letztere Erklärung als bindend an (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2024 – I-20 UKl 4/23, Rn. 33, juris) und zwar ohne, dass dies mit ihrem tatsächlichen Verhalten in Widerspruch stünde (vgl. Föhlisch a.a.O.). Vielmehr erhält der Nutzer eine Bestellbestätigung (vgl. § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB) bei dem hier zu beurteilenden Bestellvorgang unstreitig erst, nachdem er die Seitentaste seines Mobiltelefons zwei Mal betätigt hat und nimmt die Beklagte ausweislich ihrer AGB auch erst diese Erklärung des Nutzers zum Anlass, diesem eine Auftragsbestätigung zukommen zu lassen.

Darauf, ob die Beklagte die von ihr vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam in den mit dem Nutzer geschlossenen Vertrag einbezieht, kommt es für die Bestimmung des objektiven Erklärungsgehaltes der vom Nutzer mit Betätigen der Schaltfläche „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, Easy beenden“ nicht entscheidend an (vgl. Staudinger/Singer (2021) BGB § 133, Rn. 49 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 3. Februar 1982 – VIII ZR 316/80, NJW 1982, 1749).

(cc) Im Streitfall läuft es auch nicht der berechtigten Nutzerwartung (vgl. dazu Reichold in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 133 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 23) zuwider, dass die Beklagte nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bereits das Betätigen der hier in Streit stehenden Schaltfläche als verbindliche Vertragserklärung gelten lässt. Vielmehr darf der Nutzer – auch nach der gesetzlichen Wertung des § 312j Abs. 3 BGB – erwarten, dass eine ihn bindende Vertragserklärung auch unmissverständlich als solche bezeichnet wird.

(c) Hinzukommt, dass sich die Beklagte bei der Anbahnung des hier in Rede stehenden Vertragsschlusses der vom Apple App-Store bereitgestellten technischen Infrastruktur bedient und nicht ersichtlich ist, dass den künftigen Vertragspartner des Nutzers bereits bei Betätigen der vom Kläger angegriffenen Schaltfläche eine (potentiell) auf den Abschluss eines Abonnement-Vertrages gerichtete Erklärung des Nutzers erreicht. Vielmehr löst das Betätigen der Schaltfläche nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag bei der hier zu beurteilenden Gestaltung des Bestellvorganges nur die Weiterleitung des Nutzers in den Apple App-Store aus.

(3) Soweit der Kläger geltend macht, dass es für die Anwendung der in § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB geregelten Pflichten betreffend die Gestaltung einer Schaltfläche genügen müsse, dass aus Sicht des die Vertragserklärung abgebenden Nutzers bereits das Betätigen der betreffenden Schaltfläche als ihn bindende Vertragserklärung anzusehen sei (vgl. dazu MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312j Rn. 22), kann dem jedenfalls für den hier zu beurteilenden Bestellvorgang, bei dem der Nutzer nach Betätigen dieser Schaltfläche in einer neuen Nutzerumgebung (App-Store) eine weitere tatsächlich zum Vertragsschluss führende Erklärung abzugeben hat, nicht gefolgt werden.

(a) Es kann offenbleiben, ob der Nutzer – wenigstens in Ansehung des Gesamtkontextes, in den die mit der Aufschrift „Kostenloses Probeabo starten, Easy testen, easy beenden“ beschriftete Schaltfläche eingebunden ist, – annehmen könnte, dass er bereits mit dem Betätigen dieser Schaltfläche eine für ihn verbindliche Erklärung abgibt, die die Bestellung einer nach Ablauf einer Woche kostenpflichtigen Leistung zum Gegenstand hat. Denn der Zweck der in § 312j Abs. 3 BGB niederlegten Pflichten, dem Verbraucher in unmittelbarem Zusammenhang mit der tatsächlich bindenden Vertragserklärung unmissverständlich vor Augen zu führen, dass er „jetzt“ eine Zahlungspflicht eingeht und sich vertraglich bindet, würde durch verfrühte Hinweise auf die Auslösung einer kostenpflichtigen Bestellung, die dazu führen können, dass der Verbraucher einem solchen Hinweis im entscheidenden Moment nicht mehr die gewünschte Aufmerksamkeit entgegenbringt, verfehlt.

(b) Gegenteiliges kann auch aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union mit Urteil vom 30. Mai 2024 zu C-400/22 in der Sache „VT u.a./Conny“ hergeleitet werden.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in dieser Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, dass maßgeblicher Zeitpunkt für das Eingreifen der den Unternehmer treffenden Informationspflicht der Abschluss der Bestellung ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2024 - C-400/22, Rn. 48 nach juris - VT u.a./Conny). Dass die Pflicht des Unternehmers, dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich mit einer Zahlungsverpflichtung einverstanden ist, bei einem aus mehreren Schritten bestehenden Bestellvorgang bereits vor Abgabe der verbindlichen auf den Abschluss eines Vertrages gerichteten Erklärung zu erfüllen sei, kann den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union daher nicht entnommen werden.

Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union klargestellt hat, dass der Umstand, dass die den Verbraucher aufgrund eines bereits bindend abgeschlossenen Vertrages treffende Zahlungspflicht vom Eintritt weiterer Bedingungen abhängig ist, die erst nach dem bindenden Vertragsschluss erfüllt werden können, nicht dazu führt, dass die in Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 der Richtlinie 83/2011/EU (und in § 312j Abs. 3 BGB) niedergelegten Informationspflichten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (noch) nicht zu erfüllen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2024 – C-400/22, Rn. 38 nach juris – VT u.a./Conny), betrifft dies die Frage danach, welchen Einfluss die Ausgestaltung des Vertrages in Bezug auf die Zahlungspflicht auf die den Unternehmer treffenden Informationspflichten hat, nicht aber die Frage danach, zu welchem Zeitpunkt im Bestellprozess die von Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 der Richtlinie 83/2011/EU und § 312j Abs. 3 BGB geforderten Informationspflichten zu erfüllen sind.

(4) Daran, dass der Anwendungsbereich von § 312j Abs. 3 BGB in Bezug auf die vom Kläger angegriffene Schaltfläche nach Vorstehendem nicht eröffnet ist, ändert auch der Umstand nichts, dass die letztlich zum Vertragsschluss führende Erklärung bei der hier zu beurteilenden Gestaltung nicht von dem Hinweis „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung flankiert ist (vgl. zur nicht genügenden Verwendung des Wortes „Abonnieren“: OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2024 – I-20 UKl 4/23, Rn. 31, juris). Denn der Umstand, dass die vom Verbraucher letztlich abgegebene Vertragserklärung möglicherweise nicht den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB genügend gestaltet ist, kann nicht zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf frühere Schritte im Bestellprozess führen. Vielmehr ist dem durch eine – hier nicht streitgegenständliche – Gestaltung der eigentlichen Bestellsituation Rechnung zu tragen, die nach § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB auch bei Bestellungen, die nicht über eine Schaltfläche im Sinne von Satz 2 der Vorschrift abgegeben werden, vergleichbaren Anforderungen zu genügen hat (vgl. dazu OLG München, Urteil vom 10. Januar 2019 – 29 U 1091/18, Rn. 101, juris; Junker/Seiter in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 312j BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 47).

b) Da der Anwendungsbereich des § 312j Abs. 3 BGB für die vom Kläger angegriffene Schaltfläche nach Vorstehendem nicht eröffnet ist, scheidet ein auf die Gestaltung dieser Schaltfläche gestützter Unterlassungsanspruch aus.

2. Die Klage ist auch mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale gemäß § 5 UKlaG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 UWG nicht begründet; die an die Beklagte gerichtete Abmahnung ist aus den vorstehend genannten Gründen nicht berechtigt gewesen.

III. Der Kläger kann die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf eine unlautere Wettbewerbshandlung der Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 312j BGB stützen.

1. Der Senat kann offenlassen, ob ein - hier nach Vorstehendem schon nicht gegebener - Verstoß gegen § 312j BGB einen Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung gemäß § 3a UWG begründen kann, oder ob in einer etwaigen Missachtung der in § 312j Abs. 3 BGB niedergelegten Pflichten des Unternehmers eine Informationspflichtverletzung gemäß § 5a UWG liegt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verstoß gegen Vorgaben der Button-Lösung durch Opodo-Bestellbutton bei gleichzeitiger Reisebuchung und Abschluss eines Opodo-Prime-Abonnements

BGH
Urteil vom 04.06.2024
X ZR 81/23
BGB § 312j Abs. 3 und 4, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 818 Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben der Button-Lösung nach § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB durch den vom Opodo verwendeten Bestellbutton bei gleichzeitiger Reisebuchung und Abschluss eines Opodo-Prime-Abonnements vorlag. Der Bestellbutton stellte nicht ausreichend klar, dass durch Betätigung der Schaltfläche beide Vertragsverhältnisse abgeschlossen werden sollten.

Leitsätze des BGH:
a) In den Fällen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Verbraucher aus der Bildschirmmaske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, ersehen können, für welche Leistungen des Unternehmers er eine Zahlungspflicht eingeht.

b) Wenn mit einem einheitlichen Bestellvorgang Verträge über mehrere Leistungen abgeschlossen werden, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu erbringen sind, muss die Maske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, einen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass der Verbraucher mit dem Betätigen der Schaltfläche eine auf den Abschluss aller dieser Verträge gerichtete Erklärung abgibt.

c) Hat ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines nach § 312j Abs. 3 und 4 BGB unwirksamen Abonnementvertrags eine andere Leistung zu einem vergünstigten Preis erbracht, steht der Schutzzweck der genannten Vorschriften einem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Fall 1 und § 818 Abs. 2 BGB in der Regel entgegen.

BGH, Urteil vom 4. Juni 2024 - X ZR 81/23 - LG Düsseldorf - AG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Düsseldorf: Anbieter muss bei kurzfristiger Online-Buchung eines Fluges darauf hinweisen wenn Gefahr besteht dass Check-In zeitlich nicht mehr möglich ist

AG Düsseldorf
Urteil vom 17.06.2024
37 C 294/24


Das AG Düsseldorf hat entschieden, dass der Anbieter bei kurzfristiger Online-Buchung eines Fluges darauf hinweisen muss, wenn die Gefahr besteh, dass Check-In zeitlich nicht mehr möglich ist. Geschieht dies nicht und verpasst der Fluggast den Check-In, so hat dieser einen Anspruch auf Schadensersatz.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch aus der Fluggastrechte-Verordnung zu. Ein Fall der Beförderungsverweigerung gegen den Willen des Fluggasts nach Artikel 4 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 2 Buchstabe j der Fluggastrechte-Verordnung setzt voraus, dass der Fluggast sich rechtzeitig am Flugsteig eingefunden hat, was nicht der Fall war.

Ein Anspruch ergibt sich jedoch aus nationalem Recht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB und § 249 Abs. 1 BGB. Die Beklagte trifft bei einem Luftbeförderungsvertrag die Nebenpflicht, den Fluggast vor Vertragsschluss darüber aufzuklären, wie viel Zeit noch bis zum Check-In besteht. Eine Information innerhalb von AGB genügt nicht, da bei einer kurzfristigen eiligen Buchung nicht erwartet werden kann, dass der Fluggast sich die Informationen dort heraussucht. Der Fluggast kann von einem Luftfahrtunternehmen erwarten, dass ein Verkauf von Flugscheinen nur solange erfolgt wie es dem Fluggast möglich ist, das Einchecken bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge noch durchführen zu können. Dies ist bei einem Schluss des Online-Check-In eine Minute nach Übersendung der Buchungsbestätigung, die gemäß Anlage K1 die Uhrzeit 11:09 Uhr aufweist, nicht der Fall, da auch für einen Online-Check-In ein Zeitraum von jedenfalls 5 Minuten zugrunde zu legen ist, da zunächst die Buchungsbestätigung per E-Mail abegerufen werden muss und sich mit den Abläufen vertraut gemacht werden muss. Die Beklagte traf daher die Pflicht, den Kläger vor Annahme des Buchungsauftrags darauf aufmerksam zu machen, dass der Check-In um 11:10 Uhr schließt und daher die Gefahr besteht, dass der Kläger den Flug trotz Buchung nicht nutzen kann. Diese Hinweispflicht hat die Beklagte verletzt.

Die Kosten des Flugscheins sind adäquat-kausaler Schaden der Verletzung der Hinweispflicht, denn hätte die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Check-In voraussichtlich nicht mehr erreicht werden kann, hätte der Kläger die Buchung nicht durchgeführt und wäre daher die Verpflichtung zur Zahlung des Flugpreises gegenüber der Beklagten nicht eingegangen. Hinsichtlich der Kausalität bei der Unterlassung notwendiger Informationen gilt die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens. Mangels anderer Anhaltspunkte kann unterstellt werden, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Information den Flug nicht gebucht hätte. Dass der Check-In tatsächlich geschlossen war und es nicht der Kläger war, der den Check-In gar nicht versuchte durchzuführen, ergibt sich aus der Anlage K5, der Chatkommunikation zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, wonach der Kläger mitteilte, bei Eurowings einen Flug gebucht zu haben, der bereits geschlossen gewesen sei. Es erscheint überdies fernliegend, dass der Kläger aus dem Flughafen heraus ein Ticket für einen rund eine Stunde später stattfindenden Flug bucht, dann aber gar nicht versucht, einen Check-In durchzuführen. Im Rahmen der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB trifft die Beklagte die Verpflichtung, den Kläger so zu stellen wie er stünde, wenn er den Vertrag mit der Beklagten nicht geschlossen hätte, mithin ist der Flugpreis zurückzuerstatten.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Bestellbutton mit "Jetzt Mitglied werden" genügt nicht den Anforderungen der Buttonlösung gemäß § 312j Abs. 3 BGB

LG München
Urteil vom 19.06.2023
4 HK O 9117/22


Das LG München hat entschieden, dass ein Bestellbutton mit dem Text "Jetzt Mitglied werden" nicht den Anforderungen der Buttonlösung gemäß § 312j Abs. 3 BGB genügt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Gemäß § 312 j Abs. 3 BGB muss ein Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr die Bestellsituation so gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar und mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Dies war bei dem Button der Beklagten „Jetzt Mitglied werden“, mit dem eine Zahlungspflicht nach dem kostenlosen Probemonat ausgelöst wurde, unstreitig nicht der Fall.

Dies hat zur Folge, dass dem Kläger diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 3 a UWG i.V. m. 312 j Abs. 3 Satz 2 BGB, 5 a Abs. 2, Abs. 5 UWG zusteht.

Das Argument, „zahlungspflichtig bestellen“ oder „kaufen“ bringe nicht die Dauerhaftigkeit der Vertragsbeziehung zum Ausdruck oder passe auf einen Abonnementvertrag nicht, ändert hieran nichts. Der Beklagten stünden zahlreiche Formulierungen zur Verfügung, die die Zahlungspflichtigkeit auch im Rahmen eines Abonnements unmissverständlich (nach Ablauf eines Testmonats) zum Ausdruck bringen, z. B. „kostenpflichtig abonnieren (1 Probemonat kostenlos)“.

2. Gemäß § 312 j Abs. 2 BGB muss ein Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr dann, wenn der Verbraucher durch den Vertrag zur Zahlung verpflichtet wird, der Unternehmer die Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 5 bis 7, 8, 14 und 15 EGBGB unmittelbar, bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.

Nach der Gesetzesbegründung (BT Drucksache 17/7 745 S. 10) sind die Voraussetzungen nach § 312 j Abs. 2 BGB nur dann erfüllt, wenn die Informationen und die Schaltfläche bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sind, ohne dass der Verbraucher scrollen muss.

Auch dies war bei der Website der Beklagten unstreitig nicht der Fall mit der Folge, dass die Beklagte hierdurch gegen §§ 3, 3 a UWG i.V. m. § 312 j Abs. 2 BGB verstößt und der dem Kläger hieraus deswegen ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 3 a UWG zusteht.

3. Warum sich aus der Überschrift „zufriedene Privatanleger bilden das Herzstück unseres Tuns“ für den Verbraucher ergeben soll, „ob und wie“ die Beklagte sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von echten Kunden der Beklagten stammen, erschließt sich der Kammer nicht.

Vielmehr fehlte dieser nach § 5 b Abs. 3 UWG erforderliche Hinweis auf der Website der Beklagten mit der Folge, dass dem Kläger auch diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5 b Abs. 3 UWG zusteht.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hildesheim: Bestellbutton mit Beschriftung "Mit Kreditkarte bezahlen" bzw. "Bezahlen mit SOFORT-Überweisung" genügt nicht den Vorgaben der Button-Lösung nach § 312j Abs. 3 BGB

LG Hildesheim
Urteil vom 07.03.2023
6 O 156/22


Das LG Hildesheim hat entschieden, dass ein Bestellbutton mit der Beschriftung "Mit Kredtikarte bezahlen" bzw. "Bezahlen mit SOFORT-Überweisung" nicht den Vorgaben der Button-Lösung nach § 312j Abs. 3 BGB genügt, was zugleich einen Wettbewerbsverstoß nach § 3a UWG darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht nach §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG i.V.m. § 312j Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Unterlassung des entgeltlichen Angebots von Waren/Dienstleistungen im Internet zu, ohne dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigen muss, sich zu einer Zahlung zu verpflichten.

Nach § 312j Abs. 3 S. 1 BGB hat der Unternehmer die Bestellsituation bei einem — wie vorliegend - Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist, § 512j Abs. 3 S. 2 BGB.

Bei der Regelung des § 312j Abs. 3 BGB handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung, so dass Verstöße als unlauter nach §§ 3, 3a UWG anzusehen sind (BeckOGK/Busch, BGB, 01.06.2021, § 312j Rn. 54 f. m.w,N.).

Aus der Vorschrift des § 312j Abs. 3 S. 2 BGB folgt keine Pflicht. in allen Fällen des elektronischen Geschäftsverkehrs die Bestellung über eine Schaltfläche vorzusehen. Entscheidet sich der Unternehmer aber — wie hier - dafür, eine Schaltfläche für die Abgabe der Bestellung einzusetzen, so ist eine Erfüllung der Pflicht aus Abs. 3 S. 1 auf eine andere als die in Abs. 3 S. 2 genannte Weise nicht möglich (vgl. BeckOGK/Busch, 01.06.2021, BGB § 312j Rn. 34 f). Nicht zulässig sind dabei missverständliche Formulierungen wie etwa „anmelden", „bestellen' oder „Bestellung abschicken" oder gar nur „Weiter", da hier die Zahlungspflicht nicht ausdrücklich genannt wird (BeckOGK/Busch, 01.06.2021, BGB § 312j Rn. 39). Die alternative Formulierung muss in ihrer Eindeutigkeit ihrer Aussage der Formulierung „zahlungspflichtig bestellen" mindestens ebenbürtig sein (Begr. RegE, BT-Drs. 17/ 7745, 12; BeckOK/Maume, BGB, 63. Ed. 01.08.2022, § 312j Rn. 26).

In dem von der Beklagten vorgesehenen Bestellprozess findet sich keine Schaltfläche, die die Musterformulierung „zahlungspflichtig bestellen" verwendet.

Der Bestellvorgang wird unstreitig durch den Klick auf die Schaltfläche „Mit ... bezahlen" bzw. „Bezahlen ..." ausgelöst. Dies erfüllt dies nach dem konkreten Ablauf des Bestellvorgangs nicht die Voraussetzungen des § 312j Abs. 3 BGB, wonach der Verbraucher ausdrücklich bestätigen soll, sich zu einer Zahlung zu verpflichten. Zwar spricht die Verwendung des Wortes „bezahlen" zunächst dafür, dass der Verbraucher durch den Klick seinen Rechtsbindungswillen und seine Kenntnis vom Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts bestätigt. Allerdings ist im konkreten Fall zu beachten, dass sich dieser Button unter der Überschrift „Schritt 3: Bezahloptionen" befindet, wo der Verbraucher zunächst die Auswahl zwischen verschiedenen Zahlungsmethoden hatte (vgl. Anlage K 1). Der Unternehmer ist insoweit nach § 312j Abs. 1 2. Alt BGB u.a. verpflichtet anzugeben, welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Der Schaltfläche mit der Beschriftung „Mit ... bezahle« bzw. „Bezahlen ..." kann daher vom Verbraucher vorliegend auch so verstanden werden, dass er mit diesem Klick zunächst lediglich das Zahlungsmittel bestätigt, mit dem er „bezahlen' möchte, aber noch keine Bestellung auslöst. Es fehlt daher bei der von der Beklagten verwendeten Beschriftung des Buttons an der erforderlichen Eindeutigkeit, die die vertragliche Bindung und die Zahlungspflicht vermittelt (Warnfunktion), so dass sie unzulässig ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin: Bei gleichzeitigem Abschluss mehrerer Verträge muss nach § 312j Abs. 3 BGB für jedes Vertragsverhältnis eine eigenständige Bestell-Schaltfläche vorgehalten werden

LG Berlin
Urteil vom 23.03.2023
67 S 9/23


Das LG Berlin hat entschieden, dass bei gleichzeitigem Abschluss mehrerer Verträge nach § 312j Abs. 3 BGB für jedes Vertragsverhältnis eine eigenständige Bestell-Schaltfläche vorgehalten werden muss.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß §§ 812 Abs. 1, 312j Abs. 4 BGB zur Rückzahlung des auf die „Prime-Mitgliedschaft“ geleisteten Betrages von 74,99 EUR verpflichtet, da die Klägerin insoweit ohne Rechtsgrund geleistet hat. Dagegen vermag die Berufung nichts zu erinnern.

Ein Vertrag über die „Prime-Mitgliedschaft“ ist gemäß § 312j Abs. 4 BGB nicht zustande gekommen, da die Beklagte ihre Pflichten aus § 312j Abs. 3 BGB nicht erfüllt hat. Danach ist in den Fällen, in denen eine Bestellung im elektronischen Rechtsverkehr über eine Schaltfläche erfolgt, die Hinweispflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Diesen Anforderungen hat die Beklagte nicht genügt.

Die von der Beklagten verwandten Schaltflächen sind lediglich mit den Aufschriften „Weiter“ und „weiter mit Prime kostenlos“ beschriftet. Zwar verwendet die Beklagte zur Beendigung des die Flugbuchung betreffenden Buchungsvorgangs auch die Schaltfläche „jetzt kaufen“. Ob diese den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB für die Flugbuchung selbst gerecht wird, kann dahinstehen (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 7. April 2022 – C-249/21 (Fuhrmann-2-GmbH/B), NJW 2022, 1439, beckonline Tz. 28). Denn in den Fällen, in denen der Unternehmer wie hier auf elektronischem Wege gleichzeitig mehrere Verträge mit dem Verbraucher abschließt, muss er seinen Hinweispflichten nach § 312j Abs. 3 BGB für jedes Vertragsverhältnis gesondert gerecht werden. Diesen Anforderungen hätte die Beklagte nur genügt, wenn sie für den Abschluss der „Prime-Mitgliedschaft“ eine gesonderte zweite und den Anforderungen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB entsprechende Schaltfläche vorgesehen hätte. An einer solchen aber fehlte es für das von der Beklagten neben der Flugbuchung begründete weitere Vertragsverhältnis über eine mit 74,99 EUR jährlich zu vergütende „Prime-Mitgliedschaft“. Soweit der Fließtext des Buchungsvorgangs weitere Angaben enthält, reichen diese für die Einhaltung der aus § 312j Abs. 3 BGB erwachsenden Pflichten des Unternehmers bereits grundsätzlich nicht aus (vgl. EuGH, a.a.O.).

Der Vertrag über die „Prime-Mitgliedschaft“ ist auch ein solcher, der die Klägerin zu einer Zahlung i.S.d. § 312j Abs. 2 Satz 1 BGB „verpflichtet“ hat, selbst wenn er innerhalb eines kurzfristigen Probezeitraums kostenfrei hätte gekündigt werden können. Denn auch lediglich bedingte Zahlungsverpflichtungen des Verbrauchers unterfallen dem Anwendungsbereich der §§ 312j Abs. 2 und 3 BGB (vgl. Kammer, Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union v. 2. Juni 2022 - 67 S 259/21, BeckRS 2022, 12182, Tz. 56-63 m.w.N.; Fries, RDi 2022, 533; a.A. BGH, Urt. v. 19. Januar 2022 - VIII ZR 123/21, ZIP 2022, 378, juris Tz. 55; Urt. v. 30. März 2022 - VIII ZR 358/20, NJOZ 2022, 741, beckonline Tz. 58 m.w.N.).

Soweit die Beklagte die Einzelheiten des hier streitgegenständlichen Buchungsvorgangs bestritten hat, ist ihr das gemäß § 138 Abs. 2 und. 3 ZPO unbehelflich. Denn sie hat weder die äußere Form des elektronisch erfolgten Vertragsschlusses noch die von der Klägerin behauptete Zahlung in Abrede gestellt. Ebensowenig hat sie einen Geschehensverlauf behauptet, bei dem sie ihrer Verpflichtung zur Schaffung einer gesonderten und den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB entsprechenden Schaltfläche für den gesonderten Vertrag über die „Prime-Mitgliedschaft“ gerecht geworden wäre.

Die Hilfsaufrechnungen der Beklagten gehen ins Leere. Bereicherungsrechtliche Gegenansprüche im Zusammenhang mit einer durch den Abschluss der „Prime-Mitgliedschaft“ verbundenen Flugpreisermäßigung stehen der Beklagten nicht zu. Denn der Sinn und Zweck von § 312j Abs. 3 BGB schließt saldierbare oder aufrechenbare Bereicherungsansprüche des Unternehmers grundsätzlich aus (vgl. Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9 Aufl. 2022, § 312j Rz. 37 m.w.N.). Dem Unternehmer ist ein Rückgriff auf das Bereicherungsrecht allenfalls dann eröffnet, wenn die Berufung des Verbrauchers auf den Ausschluss jeder Vergütungspflicht ausnahmsweise mit Treu und Glauben unvereinbar wäre (vgl. Wendehorst, a.a.O.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier jedoch bereits wegen der Geringfügigkeit der von der Beklagten behaupteten Ersparnis nicht.

Schließlich steht der Klägerin auch der vom Amtsgericht zuerkannte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu. Es kann insoweit dahinstehen, ob sich die Beklagte zum Zeitpunkt der vorgerichtlichen Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe schon in Verzug befunden hat. Sie haftet der Klägerin wegen der Verletzung der ihr obliegenden Informationspflichten jedenfalls aus den §§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB (vgl. Maume, in: BeckOK BGB, Stand: 1. Februar 2023, § 312j Rz. 38; Wendehorst, a.a.O., § 312j Rz. 38). Die vom Amtsgericht zuerkannte Anspruchshöhe ist aus den Gründen des angefochtenen Urteils ebenfalls zutreffend bemessen.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 280, 286, 288 BGB.

Die Kammer hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung der Reichweite des § 312j Abs. 3 BGB bei mehreren gleichzeitig im elektronischen Rechtsverkehr zwischen Unternehmer und Verbraucher geschlossenen Verträgen zu ermöglichen. Im Übrigen ist die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, da die Kammer von der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zur Reichweite des § 312j Abs. 2 BGB bei lediglich bedingten Zahlungsverpflichtungen des Verbrauchers abweicht. Die Kammer sieht sich zu einer neuerlichen - und bereits in mietrechtlichen Zusammenhängen erfolgten - Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht veranlasst (vgl. Kammer, Vorlagebeschl. v. 2. Juni 2022, a.a.O.). Das Recht der Parteien auf ihren gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist durch die Zulassung der Revision und die auch von dort mögliche Befassung des Gerichtshofs nach Art. 267 Abs. 3 AEUV gewahrt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Hamburg: Fiktives Interview mit Politikerin als Satire auch ohne entsprechenden Hinweis zulässig wenn es sich für Leser erkennbar um Satire handelt

LG Hamburg
Urteil vom 25.07.2022
324 O 85/22


Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein fiktives Interview mit einer Politikerin als Satire auch ohne entsprechenden Hinweis zulässig ist, wenn es sich für Leser erkennbar um Satire handelt.

LG Dortmund: Rechtsmissbrauch durch überhöhte Abmahnkosten aufgrund zu hohen Streitwerts nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG führt auch zum Verlust des Unterlassungsanspruchs

LG Dortmund
Beschluss vom 16.02.2021
10 O 10/21


Das LG Dortmund hat entschieden, dass Rechtsmissbrauch durch überhöhte Abmahnkosten aufgrund zu hohen Streitwerts nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG auch zum Verlust des Unterlassungsanspruchs führt.

Die Entscheidungsgründe:

"Der Antragsteller begehrt eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, aus der Antragsschrift vom 08.02.2021. Er nimmt den Antragsgegner, welcher als Privatperson auf der Internetplattform W3 neue Haushaltsartikel anbietet und verkauft, wegen fehlender Pflichtangaben gemäß § 5 TMG, fehlender Widerrufsbelehrung und fehlender Information/Verlinkung zur OS-Plattform im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2021 mahnte der Kläger den Beklagten ab. Die Kosten der Inanspruchnahme wurden in diesem Schreiben unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 30.000,00 € mit 1.501,19 € beziffert. Zugleich wurde der Antragsgegner zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches § 8c UWG n.F. entgegensteht.

1. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 und damit auch § 8c UWG n.F. ist bereits am 02.12.2020 und damit sowohl vor Eingang des Verfügungsantrages als auch vor der Kenntnis des Antragstellers von den geltend gemachten Verstößen in Kraft getreten.

2. Nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG n.F. ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel schon dann anzunehmen, wenn ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt. Dies muss erst recht dann gelten, wenn nicht durch die überhöhte Ansetzung eines Gegenstandswertes überhöhte Gebühren in Ansatz gebracht, sondern sogar Gebühren gefordert werden, die schon dem Grunde nach nicht geschuldet werden. So liegt es hier, denn mit dem Abmahnschreiben vom 27.01.2021 werden Gebühren geltend gemacht, obwohl dies vorliegend gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. (in Kraft getreten vor Fertigung des Abmahnschreibens, s. o.) ausgeschlossen ist. Nach dieser Norm konnte der Antragsteller keinen Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil es um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten ging.

Im Übrigen dürfte auch schon dieses missbräuchliche Vorgehen bei der Abmahnung auf den nachfolgenden Verfügungsantrag durchschlagen (Köhler/Bornkamm, UWG, 39. Aufl., § 8c, Rn. 7)

3. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn man eine weitergehende Gesamtbetrachtung (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 12) anstellt. So handelt es sich bei den verfolgten Rechtsverstößen um solche, die sich mit technischen Mitteln recht einfach ermitteln lassen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 15). Hinzu kommt hier noch, dass der Antragsteller eine strafbewehrte Vertragsstrafe forderte, obwohl ihm auch dies nach der neuen Gesetzeslage, § 13a Abs. 2 UWG n.F. i.V.m. § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F., verwehrt war. Dass der Antragsgegner etwa in der Regel 100 oder mehr Mitarbeiter beschäftigte, war nach Lage der Dinge ersichtlich ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


OLG Hamm: Alltagsmaske in Form einer textilen Mund-Nasen-Bedeckung ist kein Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG)

OLG Hamm
Beschluss vom 15.12.2020
I-4 W 116/20


Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Alltagsmaske in Form einer textilen Mund-Nasen-Bedeckung kein Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG) ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Oberlandesgericht Hamm: Handelt es sich bei einer „Alltagsmaske“ in Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“ um ein Medizinprodukt?

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte sich in einem Beschluss vom 15.12.2020 (Az. I-4 W 116/20) mit der Frage zu befassen, ob eine „Alltagsmaske“ in der Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“ ein Medizinprodukt ist und – falls dies nicht der Fall wäre – hierauf klarstellend hingewiesen werden müsste.

Das antragstellende Unternehmen aus Isernhagen verlangt in einem Eilverfahren von einer Großhändlerin aus Drensteinfurt, eine zur Bedeckung von Mund und Nase geeignete „Stoffmaske“ sowie eine „Mund- und Nasenmaske“ nicht mehr zu vertreiben.

Das zunächst mit der Sache befasste Landgericht Münster hat mit Beschluss vom 06.11.2020 (Az. 025 O 89/20) dem Unternehmen aus Drensteinfurt den Vertrieb der „Mund- und Nasenmaske“ untersagt. Den weitergehenden Antrag in Bezug auf die „Stoffmaske“ hat es zurückgewiesen. Dagegen wendet sich das antragstellende Unternehmen aus Isernhagen mit der sofortigen Beschwerde.

Ohne Erfolg! Dem Vertrieb der Maske – so der Senat – stünde das Medizinproduktegesetz (MPG), das den Verkehr mit Medizinprodukten regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz insbesondere der Patienten und Benutzer der Produkte sorgen soll, nicht entgegen. Denn bei der „Stoffmaske“ handele es sich schon nicht um ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 MPG. Für die Beurteilung, ob ein Produkt – wie für die Einordnung als Medizinprodukt erforderlich – einem medizinischen Zweck diene, komme es auf die (subjektive) Bestimmung des Herstellers an, wie sie sich aus den Angaben ergebe, die der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder der Werbung entnommen werden könnten. Die Maske selbst sei nicht mit einem Hinweis auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken versehen. Auch nach ihrer Gestaltung und Aufmachung könne nicht von einer Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken ausgegangen werden: Die Maske sei mit einer – im Stile einer Comic-Zeichnung gehaltenen – Zeichnung eines geöffneten Mundes mit lückenhaftem Gebiss auf grünem Hintergrund bedruckt. Die Verpackung der Maske enthalte ebenfalls keine Hinweise auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken. Dass die Maske im Einzelhandel möglicherweise zusammen mit medizinisch anmutenden Gesichtsmasken ausgestellt worden sei, sei weder dem Hersteller oder Importeur noch der Großhändlerin aus Drensteinfurt zuzurechnen. Im Sprachgebrauch der derzeit geltenden infektionsschutzrechtlichen Regelungen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus handele sich bei der in Rede stehenden Maske um nicht mehr als um eine sogenannte „Alltagsmaske“ in Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“ (vgl. § 3 Abs. 1 der aktuell geltenden nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung). Dass einer solchen „Alltagsmaske“ nach Auffassung der Wissenschaft, des infektionsschutzrechtlichen Verordnungsgebers und des angesprochenen Verkehrs eine Schutzwirkung vor der Verbreitung des Coronavirus beigemessen werde, ändere nichts daran, dass sie nach der Bestimmung des Herstellers keinem medizinischen Zweck diene. Auch Wasser und Seife würden nicht deshalb zu „Medizinprodukten“, weil regelmäßiges Händewaschen nach allgemeiner Auffassung und Empfehlung der zuständigen Behörden eine Schutzwirkung vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus habe.

Die in Anspruch genommene Großhändlerin habe bei dem Vertrieb der „Stoffmaske“ auch nicht klarstellen müssen, dass es sich nicht um ein „Medizinprodukt“ handele. Abwegig sei insbesondere, dass der angesprochene Verkehr die konkret in Rede stehende „Alltagsmaske“ einer unter Verbraucherschutz-, Infektionsschutz-, Gesundheitsschutz- oder Sicherheitsaspekten gesetzlich besonders geregelten Produktkategorie zurechne.

Nicht anfechtbarer Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.12.2020 (Az. I-4 W 116/20, OLG Hamm)

Der Beschluss ist in anonymisiertem Volltext unter www.nrwe.de in Kürze abrufbar.


Hinweise der Pressestelle:

1. § 3 Nr. 1 Medizinproduktegesetz (MPG) lautet wie folgt:

Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke

a ) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,

b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,

c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder

d) der Empfängnisregelung

zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.

2. § 3 Abs. 1 der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung lautet wie folgt:

Eine Alltagsmaske im Sinne dieser Verordnung ist eine textile Mund-Nasen-Bedeckung (einschließlich Schals, Tüchern und so weiter) oder eine gleich wirksame Abdeckung von Mund und Nase aus anderen Stoffen (OP-Maske und so weiter).



EuGH: Mobilfunkanbieter mussten den ab dem 15.06.2017 regulierten Roamingtarif automatisch auf alle Kunden anwenden ganz egal welcher Tarif mit dem Kunden bestand

EuGH
Urteil vom 03.09.2020
C‑539/19
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
gegen
Telefónica Germany GmbH & Co. OHG


Der EuGH hat entschieden, dass Mobilfunkanbieter den ab dem 15.06.2017 regulierten Roamingtarif automatisch auf alle Kunden anwenden mussten, ganz egal welcher Tarif mit dem Kunden bestand.

Tenor der Entscheidung:

Art. 6a und Art. 6e Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union in der durch die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Roaminganbieter ab dem 15. Juni 2017 verpflichtet waren, den u. a. in Art. 6a dieser Verordnudownloadng vorgesehenen regulierten Roamingtarif automatisch auf alle ihre Kunden anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Kunden zuvor einen regulierten Roamingtarif oder einen anderen Tarif als den regulierten Roamingtarif gewählt hatten, es sei denn, dass sie vor dem Stichtag des 15. Juni 2017 gemäß dem dafür in Art. 6e Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vorgesehenen Verfahren ausdrücklich erklärt haben, dass sie einen solchen anderen Tarif nutzen möchten.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Dortmund: Fehlender Hinweis auf OS-Plattform - 6.000 EURO Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch angemessen - Wann liegt ein kerngleicher Verstoß vor

LG Dortmund
Urteil vom 19.08.2020
10 O 19/19


Das LG Dortmund hat entschieden, dass bei einem Verstoß gegen eine zuvor abgegebene Unterlassungserklärung nach neuem Hamburger Brauch durch fehlenden Hinweis auf die OS-Plattform eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 EURO angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist in vollem Umfang zulässig. Es handelt sich um eine Zahlungsklage. Gegenüber einer solchen berührt der Einwand aus § 8 Abs. 4 UWG nicht die Zulässigkeit der Klage. Die Frage eines ggf. rechtsmissbräuchlichen Handelns kann hier nur im Rahmen der Begründetheit Bedeutung erlangen.

II. Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus § 339 S. 2 BGB i.V.m. der Vertragsstrafenvereinbarung ein Anspruch auf Zahlung von 6.000,00 € zu.

1. Die Parteien haben einen wirksamen Unterlassungsvertrag mit einer Vertragsstrafenvereinbarung geschlossen. Ein entsprechender Vertrag mit Strafversprechen wurde durch die Unterlassungserklärung des Beklagten vom 23.01.2019 und der Annahme seitens des Klägers am 25.01.2019 begründet.

Gegen diese Vertragsstrafenvereinbarung hat der Beklagte verstoßen weil er über seinen Account „A02“ Rasierklingen anbot und dabei wiederum gegen sämtliche 6 Punkte der Unterlassungserklärung verstieß. Dabei ist nicht zweifelhaft dass der Beklagte auch insoweit im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs als Unternehmer handelte. Der Beklagte hat in seinem Schreiben vom 01.02.2019 selbst eingeräumt gewerblicher Verkäufer zu sein. Er hat ein Gewerbe angemeldet. Gekünstelt erscheint demgegenüber sein Versuch, den Account „A02“ von seiner gewerblichen Tätigkeit auszunehmen. Denn der Kläger hat insofern mit der Anl. K9 Ausdrucke vorgelegt, aus denen folgt, dass der Beklagte allein innerhalb der letzten 6 Monate 35 Bewertungen für Rasierklingenverkäufe erhielt und dabei meist große Pakete anbot von 20-50 Stück.

Es handelte sich auch um einen kerngleichen Verstoß. Dass dieser über einen anderen Account begründet wurde, steht dem ersichtlich nicht entgegen.

Diesen Verstoß hat der Beklagte auch zu vertreten. Der Haftungsmaßstab richtet sich nach §§ 276, 278 BGB.

2. Die angemessene Höhe der hier nach Abgabe einer Unterlassungserklärung nach dem Hamburger Brauch festzusetzenden Vertragsstrafe beträgt 6.000,00 €, nicht wie beantragt 8.000,00 €.

Die Höhe einer Vertragsstrafe hängt von der Art und Größe des Unternehmens ab, vom Umsatz und möglichen Gewinn, von der Schwere und dem Ausmaß der Zuwiderhandlung, von deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, vom Verschulden des Verletzers, von dessen Interesse an weiteren gleichartigen Begehungshandlungen, aber auch von dem im Zusammenhang mit dem Verstoß auch nachträglich gezeigten Verhalten des Verletzers. Wird die Höhe einer Vertragsstrafe wie im vorliegenden Fall nachträglich bestimmt (Hamburger Brauch), ist außer der Sanktionsfunktion auch ihre Funktion als pauschalierter Schadensersatz maßgeblich. Um als Druckmittel zu wirken muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass ein Verstoß sich für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt (BGH GRUR 1994, 146 (148); Köhler/Bornkamm, UWG, 38. Aufl., § 12, Rn. 1.207 mit weiteren Nachweisen).

Dies zugrundegelegt erscheint eine Vertragsstrafe i.H.v. 6.000,00 € angemessen und ausreichend. Zu Lasten des Beklagten war insbesondere zu berücksichtigen dass er gegen sämtliche 6 Punkte der Unterlassungserklärung verstieß und er dieses auch bewusst in Kauf nahm, weil er um die Notwendigkeit der rechtlichen Informationen wusste und er nicht ernsthaft annehmen konnte, seine erheblichen Verkäufe über den Account „A02“ seien – bei objektiver Betrachtung – nicht gewerblich. Demgegenüber musste zu Gunsten des Beklagten wirken, dass seine jährlichen Umsätze eher in einem niedrigen Bereich liegen. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass diese höher als 11.519,90 € waren. Die Beweislast trifft aber insofern den Gläubiger der Vertragsstrafe (OLG München, Schlussurteil vom 07.11.2013, Az. 29 U 2019/13 = BeckRS 2014, 21006).

Nach allem kann die wirtschaftliche Bedeutung der Konkurrenzsituation nicht allzu hoch eingeschätzt werden. Jedoch macht das Verhalten des Beklagten deutlich, dass die Vertragsstrafe eine erhebliche Höhe haben muss, um als Druckmittel dienen zu können.

3. Der Durchsetzung der Vertragsstrafe steht § 242 BGB nicht entgegen.

Ein aufgrund missbräuchlicher Abmahnung abgeschlossener Unterlassungsvertrag kann nach § 314 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden ( was hier nicht erfolgt ist). Zudem kann der Geltendmachung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen die Unterlassungspflichten auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegengehalten werden (BGH NJW 2019, 2024 (2027). Von einem Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das einzige Motiv des Gläubigers sein; vielmehr reicht es aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen. Die Annahme eines derartigen Missbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezweckt oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt. Ebenso stellt es ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen dar, wenn der Abmahnende an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse haben kann, sondern seine Rechtsverfolgung aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden allein dem sachfremden Interesse dient, die Mitbewerber mit möglichst hohen Kosten zu belasten (BGH NJW 2019, 2024 (2025).

Danach kann vorliegend ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht festgestellt werden. Die von dem Kläger dargelegte Abmahntätigkeit von jährlich 10-12 Abmahnungen lässt sich mit den unstreitigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers in Einklang bringen. Eine umfangreichere Abmahntätigkeit hat der im Rahmen des § 242 beweisbelastete Beklagte nicht bewiesen. Jährliche Umsätze mit den Onlineshops i.H.v. 550.000,00 € bei Gewinnen im Bereich von 20-50.000,00 € netto p. a. bedingen ein Missverhältnis zu der Abmahntätigkeit von jährlich 10-12 Abmahnungen nicht. Umsätze in 6-stelliger und Gewinne in deutlich 5-stelliger Höhe reichen für die Feststellung, dass sich die Abmahntätigkeit des Klägers verselbstständigte, nicht aus. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von dem Kläger jeweils eingegangenen Kostenrisiko. Die Kostenrisiken können nicht einfach, wie der Beklagte meint, aufaddiert werden. Denn es ist zu berücksichtigen, dass bei einem Ausspruch weiterer Mahnungen jeweils bekannt ist, ob in früheren Fällen eine Kostenerstattung erfolgte (zu diesem Gesichtspunkt vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.11.2010, Az. 4 U 136/10 = BeckRS 2011, 782). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Abmahntätigkeit hinreichend zeitlich gestreckt ist und nicht eine „Abmahnwelle“ mit einer Vielzahl von Abmahnungen in kürzester Zeit vorliegt (vgl. OLG Nürnberg GRUR-RR 2014,166: 199 Abmahnungen in einem Zeitraum von wenigen Tagen).

Soweit die Rechtsprechung in früheren Fällen ein Missverhältnis zwischen der Anzahl von Abmahnungen und der Geschäftstätigkeit angenommen hat lagen jeweils deutlich abweichende Umstände vor (zu der Kasuistik hierzu siehe Goldmann in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., § 8, Rn. 654).

Auch im Übrigen liegen keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine Verselbstständigung der Abmahntätigkeit vor. Dem Kläger ist nicht vorzuwerfen überhöhte Streitwerte oder Vertragsstrafen zu generieren. Die hier den Abmahnungen zu Grunde gelegten Streitwerte sind nicht zu beanstanden (siehe hierzu unten IV. und V.). Soweit der Kläger hinsichtlich der hier in Rede stehenden Vertragsstrafe außergerichtlich einen Betrag i.H.v. 10.000,00 € geltend machte, erscheint dies zwar rückblickend objektiv übersetzt, ist aber als Einzelfall nur von geringerem indiziellen Wert, zumal die Frage der Höhe einer Vertragsstrafe nach dem Hamburger Brauch stark wertungsabhängig ist. Systematische Überhöhungen von Streitwerten oder Vertragsstrafen können hier nicht festgestellt werden.

Umgekehrt ist der Kläger eher kostenschonend vorgegangen, indem er die Abmahnkosten und die weitere Vertragsstrafe nicht gesondert einklagte.

Anhaltspunkte dafür, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers Abmahnungen in eigene Regie aussprechen, ergeben sich ebenfalls nicht. Vielmehr hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass der Kläger eine normale Rechnung erhalte und es keine Vereinbarung gebe, dass Kosten im Unterliegensfalle nicht bezahlt werden müssten.

Eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens kann auch nicht aus dem Verhalten bei den außergerichtlichen und gerichtlichen Vergleichsverhandlungen hergeleitet werden. Es steht dem Kläger frei, eine von der Gegenseite vorgeschlagene Vergleichssumme als nicht hinreichend anzusehen.

Letztlich kann auch der Verweis auf „textbausteinartige“ Formulierungen einen Rechtsmissbrauch nicht begründen. Die mehrfache Nutzung eines Textes ist für sich genommen kein beanstandungswürdiger Vorgang. Auch soweit der Beklagte ggf. darauf anspielen will, dass eine Vielzahl gleichgelagerter Sachverhalte zum Gegenstand von Abmahnungen gemacht wurden, lässt sich daraus im Ergebnis nichts herleiten. Denn durch das Weglassen von jeglicher rechtlicher Information in gewerblichen Onlineshops verschaffen sich Mitbewerber einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorsprung.

Dass der Kläger auch vorliegend Mitbewerber des Beklagten ist, hat dieser durch die Screenshots seiner Verkaufsangebote (Anl. K2 zur Klageschrift) hinreichend belegt.

III.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus § 339 S. 2 BGB i.V.m. der Vertragsstrafenvereinbarung kein Anspruch auf Zahlung von 5.000,00 € zu.

Dabei kann die Frage dahinstehen, ob eine weitere Vertragsstrafenvereinbarung auch ohne nachfolgende Annahme der Unterwerfungserklärung des Beklagten vom 15.03.2019 überhaupt zustandekam und ob verneinendenfalls auf die Vertragsstrafenvereinbarung vom 23.01.2019/25.01.2019 zurückgegriffen werden könnte.

Denn jedenfalls liegt ein identischer oder kerngleicher Verstoß liegt nicht vor.

Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133,157 BGB), zu dessen Beurteilung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind (BGH GRUR 1997,931 (932); OLG Hamm, Urteil vom 05.11.2009, Az. 4 U 125/09 = BeckRS 2009,88338). Zweck eines Unterlassungsvertrages ist es regelmäßig, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen und damit die Einleitung oder Fortsetzung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr gilt insoweit nicht allein für die genau identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen, die von der Verbotsform nur unbedeutend abweichen.

Erfasst werden damit über die identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 29.09.2016, Az. I ZB 34/15; OLG Hamm a.a.O.; Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 890, Rn. 4). Wird eine Maßnahme so verändert, dass sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt sie nicht dem Verbotskern. Dies gilt selbst dann, wenn die abgeänderte Form selbst rechtswidrig wäre (OLG Hamm a.a.O.; vgl. Hess in jurisPK UWG, 4. Aufl., § 12, Rn. 254 mit weiteren Nachweisen).

Hieran gemessen liegt ein kerngleicher Verstoß nicht vor, unabhängig davon ob man die Unterlassungserklärung des Beklagten vom 23.01.2019 oder 15.03.2019 zugrundelegt.

Denn das Charakteristische der konkreten Verletzungsform lag darin, dass in beiden Fällen überhaupt keine Angaben zu der OS-Plattform und deren Internetadresse (URL) vorlagen. Die Begrenzung auf die konkrete Verletzungsform wurde in beiden Unterlassungserklärungen auch durch die Formulierungen „wie geschehen in dem EBay Angebot...“ und „wie geschehen in dem ebay-Angebot 000....“ verdeutlicht.

Demgegenüber lag nun eine textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform vor, nur ohne eine Verlinkungs-Funktionalität. Dies entspricht nicht mehr der konkreten Verletzungsform (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation – charakteristisch war das völlige Fehlen der Angabe eines Vergleichspreises – OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 286).

Wie dargelegt ergibt sich nichts anderes daraus, dass der geltend gemachte Verstoß ggf. objektiv rechtswidrig wäre. So ist es auch hier wohl zutreffend, dass das Erfordernis einer Verlinkung nach Art. I 1 VO (EU) Nr. 524/2013 nicht nur durch eine bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform ohne eine Verlinkungs-Funktionalität erfüllt wird, sondern eine Funktionalität vorausgesetzt wird, dass die im Link angegebene Zielseite per Klick erreicht wird (OLG Hamm GRUR-RS 2017,121013; OLG Hamburg GRUR-RR 2019,16; zu letzterem Urteil zweifelnd im Hinblick auf die automatische Erkennung von Linktexten in modernen Browsern aber im Ergebnis zustimmend: Sakowski GRUR-Prax 2018, 387).

Dass bei einer bloßen textlichen Wiedergabe der Internetadresse die Rechtsfrage, ob eine „Klickbarkeit“ zur Erfüllung der rechtlichen Vorgaben gegeben sein muss aufgeworfen werden kann, macht aber nochmals deutlich, dass hier eine abweichende Verletzungsform vorliegt.

IV.
Die Kosten der ersten Abmahnung vom 08.01.2019 stehen dem Kläger gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Der Kläger konnte der Berechnung der Kosten einen Gegenstandswert von 30.000,00 € zu Grunde legen. Dieser entspricht bei der Abmahnung regelmäßig dem Streitwert eines Hauptsacheverfahrens (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12, Rn. 1.120). Für ein solches werden in vergleichbaren Fällen vom OLG Hamm und dem erkennenden Gericht entsprechende Streitwerte festgesetzt. Vorliegend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sich auf 6 verschiedene Rechtsverstöße bezog, wenn diese auch ihren gemeinsamen Ursprung in dem Unterlassen jeglicher rechtlicher Informationen haben mögen.

Die Abmahnkosten umfassen auch die Umsatzsteuer (LG Hannover GRUR-RS 2019, 33615; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12, Rn. 1.136a), da Abmahnungen als Mittel der außergerichtlichen Streitbeilegung von den Finanzgerichten als steuerbare und steuerpflichtige Leistungen eingestuft werden (BFH GRUR 2017,826).

Den geltend gemachten Kosten für Recherche und Dokumentation ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

V.
Auch die Kosten der zweiten Abmahnung vom 05.02.2019 stehen dem Kläger gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen zu IV. Bezug genommen, welche hier sinngemäß gelten.

VI.
Die tenorierten Zinsansprüche finden ihre Rechtfertigung jeweils in §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB.

VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Bei der Ermittlung der Kostenquote war von einem Streitwert von insgesamt 15.896,22 € auszugehen. Die geltend gemachten Abmahnkosten i.H.v. 1.537,36 € und 1.358,86 € bilden mit den Beträgen der geltend gemachten Vertragsstrafen den Gesamtstreitwert. Die Abmahnkosten bleiben hier nicht als Nebenforderung gem. § 4 ZPO bei der Wertberechnung unberücksichtigt. Nach Abgabe der Unterwerfungserklärung sind die gesondert eingeklagten Abmahnkosten Hauptforderung (Scholz in Danckwerts/Papenhausen/Scholz/Tavanti, Wettbewerbsprozessrecht, 1. Aufl., H. Kosten, Rn. 1452).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Köln: Fehlender Hinweis "EINWEG" auf Einweggetränkeverpackungen nach § 32 Verpackungsgesetz ist ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß

OLG Köln
Hinweisbeschluss vom 09.04.2020
6 U 292/19


Das OLG Köln hat in einem Hinweisbeschluss darauf hingewisen, dass ein fehlender Hinweis "EINWEG" auf Einweggetränkeverpackungen nach § 32 Verpackungsgesetz ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß ist. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG.

LG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Amazon wenn gebrauchte Smartphones nicht deutlich als gebraucht kennzeichnet sind - Hinweis Refurbished Certificate reicht nicht

LG München
Urteil vom 30.07.2018
33 O 12885/17


Das LG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Amazon vorliegt, wenn gebrauchte Smartphones nicht deutlich als "gebraucht" kennzeichnet werden. Der Hinweis "Refurbished Certificate" reicht zur Ausräumung der Irreführungsgefahr nicht aus.

OLG Hamm: Ebay-Händler müssen bei eBay in ihren Angeboten einen klickbaren Link zur OS-Plattform vorhalten

OLG Hamm
Hinweisbeschluss 03.08.2017
4 U 50/17

Das OLG Hamm hat entschieden, dass Ebay-Händler müssen bei eBay in ihren Angeboten einen klickbaren Link zur OS-Plattform vorhalten. Dies lässt sich auch auf andere Handelsplattformen übertragen (z.B. Amazon, Dawanda & Co. ).

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

Gewerbliche Angebote auf der Internetplattform eBay müssen einen "klickbaren" Link zur OS-Plattform - dem Onlineportal der Europäischen Union zur Unterstützung einer außergerichtlichen Streitbeilegung zwischen Verbrauchern und Unternehmern (http://ec.europa.eu/consumers/odr/) - enthalten.

Hierauf hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 03.08.2017 in einer einstweiligen Verfügungssache hingewiesen.

Die Verfügungsklägerin aus Mönchengladbach und die Verfügungsbeklagte aus Münster bieten als gewerbliche Händler im Internet Software über alle gängigen Plattformen an, so auch über eBay. Dort bot die Verfügungsbeklagte Anfang des Jahres 2017 ein Windows-Produkt zum Kauf an. Als Wettbewerberin beanstandete die Verfügungsklägerin, dass das Angebot der Verfügungsbeklagten keinen funktionierenden Link auf die OS-Plattform enthalten habe, was mit der europäischen ODR-Verordnung nicht zu vereinbaren sei. Von der Verfügungsbeklagten hat die Verfügungsklägerin deswegen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt. Dem ist die Verfügungsbeklagte entgegengetreten. Nach ihrer Ansicht regele die gen. EU-Verordnung keine Angebote auf Handelsplattformen. Abgesehen davon enthielten ihre bei eBay veröffentlichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen textlichen Hinweis auf die Internetadresse der OS-Plattform.

Die Verfügungsklägerin hat von der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung das Unterlassen des von ihr gerügten Wettbewerbsverstoßes verlangt. Ihr Begehren war erfolgreich. Das Landgericht Bochum hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen und diese mit Urteil vom 09.03.2017 bestätigt (Az. 14 O 20/17 LG Bochum). Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Verfügungsbeklagte nach dem vom 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm erlassenen Hinweisbeschluss zurückgenommen, so dass die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bochum Bestand hat.

Die einstweilige Verfügung sei zu Recht erlassen worden, so der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm.

Die im beanstandeten Internetangebot der Verfügungsbeklagten enthaltene bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform (ohne eine "Verlinkungs"-Funktionalität) stelle keinen "Link" im Sinne der einschlägigen Vorschrift des Artikel 14 Abs. 1 der europäischen ODR-Verordnung dar. Ein "Link" setze nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine entsprechende Funktionalität ("Klickbarkeit") voraus. In der Verordnung sei gerade nicht davon die Rede, dass der Unternehmer die Internetadresse der OS-Plattform (lediglich) "mitteilen" müsse.

Die Verpflichtung zur Einstellung des Links zur OS-Plattform bestehe auch für Angebote auf der Internetplattform eBay. Derartige Angebote würden vom Begriff der "Website" im Sinne der genannten Vorschrift erfasst. Aus der in der Verordnung ausdrücklich geregelten Verpflichtung für Online-Marktplätze, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen, lasse sich nicht - quasi im Umkehrschluss - entnehmen, dass die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Links zur OS-Plattform für die einzelnen Angebote und Anbieter auf dem Online-Marktplatz nicht gelten solle. Sinn und Zweck der ODR-Verordnung erforderten vielmehr ein weites Verständnis des Begriffs "Website", wie bereits in dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25.01.2017 (Az. 9 W 426/16 OLG Koblenz) überzeugend ausgeführt.

Hinweisbeschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 03.08.2017 (Az. 4 U 50/17 OLG Hamm)


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: