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BGH: Kostenerstattung für Abschlussschreiben nach einer einstweiligen Verfügung - 1,3 Geschäftsgebühr, 2 Wochen Wartefrist und 2 Wochen Erklärungsfrist

BGH
Urteil vom 22.01.2015
I ZR 59/14
Kosten für Abschlussschreiben II
BGB §§ 677, 683, 670; RVG-VV Nr. 2300


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit zahlreichen Streitfragen im Zusammenhang mit der Kostenerstattung für das Abschlussschreiben nach einer einstweiligen Verfügung befasst und diese geklärt. Die Leitsätze sind selbsterklärend.

Leider stellen wir immer wieder Fest, dass Rechtsanwälte (wohl aus Unkenntnis) ihre Mandanten nicht über die Notwendigkeit einer Abschlusserklärung informieren, was regelmäßig ein Fall von Anwaltshaftung darstellt.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Anspruch auf Kostenerstattung für ein Abschlussschreiben setzt voraus, dass der Gläubiger vor dessen Übersendung eine angemessene Wartefrist von mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Urteils, durch das die einstweilige Verfügung erlassen oder bestätigt worden ist, an den Schuldner abgewartet hat.

b) Um die Kostenfolge des § 93 ZPO im Hauptsacheverfahren zu vermeiden, muss der Gläubiger dem Schuldner außerdem eine Erklärungsfrist von im Regelfall mindestens zwei Wochen für die Prüfung einräumen, ob er die Abschlusserklärung
abgeben will, wobei die Summe aus Warte- und Erklärungsfrist nicht kürzer als die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) sein darf.

c) Eine dem Schuldner gesetzte zu kurze Erklärungsfrist setzt eine angemessene Erklärungsfrist in Gang; der Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers für das Abschlussschreiben bleibt davon unberührt.

d) Ein Abschlussschreiben ist im Regelfall mit einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV zu vergüten.

BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 59/14 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: 1,3 Geschäftsgebühr als Regelgebühr - auch der VI. Zivilsenat gibt seine Rechtsprechung zur 20%igen Toleranzgrenze explizit auf

BGH
Urteil vom 05.02.2013
VI ZR 195/12
RVG § 14 Abs. 1; RVG-VV Nr. 2300


Auch der VI. Zivilsenat hat nun seine Rechtsprechung aufgegeben, wonach bei der Bemessung der Geschäftsgebühr bei durschnittlichen Fällen eine Toleranzgrenze von 20 % besteht, explizit aufgegeben (siehe zum Thema BGH macht die Rolle Rückwärts - doch nur eine 1,3 Geschäftsgebühr als Regelgebühr). Bei normal gelagerten Fällen kann lediglich eine 1,3-fache und keine 1,5-fache Geschäftsgebühr verlangt werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG ein Ermessensspielraum zu, so dass, solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt, die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist aber nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300 VVRVG, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war.

Soweit dem Urteil des erkennenden Senats vom 8. Mai 2012 (VI ZR 273/11, VersR 2012, 1056 Rn. 4 f.) etwas Abweichendes zu entnehmen sein sollte, wird daran nicht festgehalten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH macht die Rolle Rückwärts - doch nur eine 1,3 Geschäftsgebühr als Regelgebühr

BGH
Urteil vom 11.07.2012
VIII ZR 323/11
RVG § 14 Abs. 1; RVG-VV Nr. 2300


Nachdem der BGH mehrfach entschieden hatte, dass eine 1,5 Geschäftsgebühr anstelle einer 1,3 Geschäftsgebühr als Regelgebühr verlangt werden kann, (z.B. BGH: Abmahnungen werden teurer - Inrechnungstellung einer 1,5fachen Geschäftsgebühr durch Rechtsanwalt nicht zu beanstanden), hat der BGH diese Rechtsprechung offenbar wieder aufgegeben bzw. ausweislich der Entscheidungsgründe dies (angeblich) so nie gesagt.

Eine Erhöhung der Regelgebühr von 1,3 auf 1,5 (oder mehr) kommt nur in Betracht, wenn die Sache umfangreich oder schwierig war.

Leitsatz des BGH:
Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war, und ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung entzogen (Fortführung von BGH, Urteile vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11, juris).

BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11 - LG Memmingen - AG Memmingen

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der IX. Zivilsenat hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er ebenfalls dieser Auffassung sei und sich aus seinem Urteil vom 13. Januar 2011 (IX ZR 110/10, aaO Rn. 18) nichts anderes ergebe. Der VI. Zivilsenat hat mitgeteilt, dass er im Hinblick auf die Äußerung des IX. Zivilsenats, dessen Entscheidung er sich angeschlossen hatte (Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11, juris), keine Bedenken gegen die in Aussicht genommene Entscheidung des VIII. Zivilsenats hat."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH bestätigt nochmals: 1,5 fache Geschäftsgebühr angemessen und gerichtlich nicht überprüfbar

BGH
Urteil vom 8. Mai 2012
VI ZR 273/11 -
RVG § 14 Abs. 1 Satz 1, RVG VV Nr. 2300


Der BGH hat nochmals bekräftigt, dass sich die Berechnung einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit (so z.B. auch für Abmahnungen) im Rahmen der Toleranzgrenze von 20 % befindet und vom Gericht nicht in Frage gestellt werden darf. Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Abmahnungen werden teurer - Inrechnungstellung einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr durch Rechtsanwalt nicht zu beanstanden " über die Rechtsprechung des BGH berichtet. Nicht alle Landgerichte sind dieser Ansicht bislang gefolgt.


Leitsatz des BGH:
Bei Rahmengebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, steht dem Rechtsanwalt ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (im Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603).

BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11 - OLG Koblenz -LG Koblenz

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bochum: Bei einer anwaltlichen Abmahnung fallen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr an

LG Bochum
Urteil vom 05.10.2011
I-13 O 99/11
Abmahnkosten


Das LG Bochum hat in Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BGH entschieden, dass bei einer anwaltlichen Abmahnung Rechtsanwalltskosten in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr anfallen. Zudem führt das Gericht aus, dass bei einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit über das Fehlen diverser Pflichtinformationen in einem geschäftsmäßigen Ebay-Auftritt ein Streitwert von 15.000 EURO nicht zu beanstanden ist.

BGH: Abmahnungen werden teurer - Inrechnungstellung einer 1,5fachen Geschäftsgebühr durch Rechtsanwalt nicht zu beanstanden

BGH
Urteil vom 13.01.2011
IX ZR 110/10
BGB § 280 Abs. 1; ZPO §§ 704, 767, 794 Abs. 1 Nr. 5; RVG § 14 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, RVG VV Nr. 2300, Nr. 3309
1,5fache Geschäftsgebühr


Der BGH hat entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn ein Rechtsanwalt als Mittelgebühr eine 1,5fache Geschäftsgebühr für seine außergerichtliche Tätigkeit berechnet. Diese Entscheidung bedeutet eine Abkehr von der bislang überwiegenden Ansicht, wonach eine 1,3fache Gebühr zu berechnen ist. Dies gilt z.B. auch für Abmahnungen. Es bleibt abzuwarten inwieweit sich auch die anderen Senate des BGH dieser Ansicht anschließen werden.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

"Die Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr ist einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Für Rahmengebühren entspricht es allgemeiner Meinung, dass dem Rechtsanwalt bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20 v.H. (sog. Toleranzgrenze) zusteht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006, aaO, Rn. 5; Gerold/Schmidt/Mayer, aaO, § 14 Rn. 12; AnwKomm-RVG/Onderka, 5. Aufl., § 14 Rn. 80 ff mwN; Mayer/Kroiß/ Winkler, RVG, 4. Aufl., § 14 Rn. 54 mwN; Römermann in Hartung/Römer-mann/Schons, RVG, § 14 Rn. 89 f). Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Gren-ze, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen. Mit der Erhöhung der in jedem Fall angemessenen Regelgebühr um 0,2 haben die Rechtsanwälte des Klägers die Toleranzgrenze eingehalten"


Leitsatz des BGH:
Die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts vor Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage löst die allgemeine Gebühr für das Betreiben des Geschäfts aus.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10 - LG Magdeburg
AG Wernigerode

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: