Skip to content

EuG: Unionsmarke NOAH für Polohemden und Sweater nicht wegen Verfalls zu löschen - Nutzung des Logos in leicht abgewandelter Form ausreichend

EuG
Urteil vom 24.01.2024
T-562/22
Noah Clothing / EUIPO – Noah (NOAH)


Das EuG hat entschieden, dass die Unionsmarke NOAH für Polohemden und Sweater nicht wegen Verfalls zu löschen ist. Die Nutzung des Logos in leicht abgewandelter Form war insoweit ausreichend.

Die Pressemitteilung des EuG:
Das Gericht bestätigt, dass das Bildzeichen NOAH als Unionsmarke für „Polohemden“ und „Sweater“ weiter eingetragen bleiben kann

Im Jahr 2008 ließ Herr Yannick Noah, ehemaliger französischer Tennisspieler, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) folgendes Bildzeichen als Unionsmarke eintragen:

[Abbildung der Marke]

Diese Eintragung betraf u. a. Waren aus Leder und Lederimitationen, Bekleidungsstücke einschließlich Polohemden und Sweatern sowie Spiele und Spielzeug.

Im Jahr 2019 stellte die Noah Clothing LLC, eine Gesellschaft mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten), die Bekleidung vermarktet, beim EUIPO einen Antrag auf Erklärung des Verfalls dieser Marke mit der Begründung, dass sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für sämtliche betroffenen Waren nicht ernsthaft benutzt worden sei.

Im Juli 2022 erklärte das EUIPO die angegriffene Marke für alle in Rede stehenden Waren mit Ausnahme von „Polohemden“ und „Sweater“ für verfallen.

Die Noah Clothing LLC beantragt, die Entscheidung des EUIPO aufzuheben, soweit dieses die angegriffene Marke nicht auch für „Polohemden“ und „Sweater“ für verfallen erklärt hat.

Das Gericht weist diese Klage ab.

Es stellt fest, dass der Umstand, dass die angegriffene Marke von ihrem Inhaber in einer Form benutzt wurde, die sich leicht von ihrer eingetragenen Form unterscheidet, da sie zusätzlich den ersten Buchstaben des Vornamens von Herrn Yannick Noah, nämlich den Großbuchstaben „Y“, gefolgt von einem Punkt, enthielt, ihre ursprüngliche Unterscheidungskraft nicht beeinflusst hat.
Somit entspricht die Form dieser Marke, wie sie im geschäftlichen Verkehr benutzt wurde,insgesamt ihrer eingetragenen Version.

Das Gericht stellt auch fest, dass die angegriffene Marke im Hinblick auf den Vertrieb von „Pullundern“ benutzt wurde, d. h. von Waren, die von ihrer Eintragung nicht ausdrücklich erfasst sind, was die Relevanz dieser Benutzung für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung aber nicht in Frage stellt. Diese Bekleidungsstücke sind nämlich wie Sweater dazu bestimmt, den Oberkörper zu bedecken, so dass sie auch als „Sweater“ eingestuft werden können, die von dieser Eintragung erfasst sind.

Schließlich bestätigt das Gericht, insbesondere unter Berücksichtigung einer relativ konstanten Vermarktung im maßgeblichen Zeitraum und der Marketingstrategie in Form einer limitierten Auflage der Bekleidung, dass der Inhaber der angegriffenen Marke diese für „Polohemden“ und „Sweater“ tatsächlich ernsthaft benutzt hat.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Unionsmarke "BALLON D'OR" für Unterhaltungsdienstleistungen nicht wegen fehlender Nutzung verfallen und damit nicht zu löschen

EuGH
Urteil vom 06.07.2022
T-478/21
Les Éditions P. Amaury / EUIPO - Golden Balls (BALLON D’OR)


Der EuGH hat entschieden, dass die Unionsmarke "BALLON D'OR" für Unterhaltungsdienstleistungen nicht wegen fehlender Nutzung verfallen und damit auch nicht zu löschen ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Das Gericht hebt die Entscheidung des EUIPO auf, mit der die Unionsmarke BALLON D'OR für Unterhaltungsdienstleistungen für verfallen erklärt wurde

Es bestätigt hingegen den Verfall dieser Marke für Dienstleistungen, die in der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Zeitschriften oder Zeitungen bestehen
Die französische Gesellschaft Les Éditions P. Amaury, Inhaberin der Rechte am Ballon d'or (einer Auszeichnung für den besten Fußballspieler des Jahres), ließ beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) das Wortzeichen BALLON D'OR als Unionsmarke eintragen. Diese Eintragung bezog sich u. a. auf Druckereierzeugnisse, Bücher und Zeitschriften sowie auf Dienstleistungen, die in der Veranstaltung von Sportwettkämpfen und Trophäenübergaben, der Unterhaltung, der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Magazinen oder Zeitungen bestehen.

Im Jahr 2017 beantragte das britische Unternehmen Golden Balls beim EUIPO gemäß der Verordnung über die Unionsmarke die Erklärung des Verfalls der Marke BALLON D'OR wegen Nichtbenutzung.

Im Jahr 2021 erklärte das EUIPO die Marke für alle von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von Druckereierzeugnissen, Büchern und Zeitschriften sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Sportwettkämpfen und Trophäenübergaben für verfallen.

Die Gesellschaft Les Éditions P. Amaury klagte daraufhin vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die Entscheidung des EUIPO, soweit sie die Erklärung des Verfalls der streitigen Marke für Dienstleistungen betraf, die insbesondere in der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Unterhaltung, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Magazinen oder Zeitungen bestehen.

Mit seinem heutigen Urteil erinnert das Gericht daran, dass die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für verfallen zu erklären sind, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union nicht ernsthaft benutzt worden ist.

In diesem Zusammenhang stellt das Gericht zum einen fest, dass die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen zu den Telekommunikationsdienstleistungen gehört, die alle es zumindest einer Person ermöglichen müssen, mit einer anderen durch ein sinnesmäßig wahrnehmbares Mittel zu kommunizieren. Die Gesellschaft Les Éditions P. Amaury hat aber nicht nachgewiesen, dass sie ein Telekommunikationsnetz unterhält, das von Dritten genutzt werden kann.

Zum anderen stellt das Gericht fest, dass diese Gesellschaft keine Dienstleistungen im Bereich der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows und Filmen oder der Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Zeitschriften und Zeitungen unter der angegriffenen Marke für Dritte erbracht hat.

Sie hat somit keine ernsthafte Benutzung der fraglichen Marke für die oben genannten Dienstleistungen nachgewiesen, so dass das Gericht die Entscheidung des EUIPO, die Marke für diese Dienstleistungen für verfallen zu erklären, bestätigt.

Dagegen ist, wie das Gericht ausführt, die Veranstaltung der mit dem Ballon d'or verbundenen
Preisverleihungszeremonie unter der angegriffenen Marke als Erbringung einer Unterhaltungsdienstleistung einzustufen, so dass das EUIPO mit der Feststellung, dass die Gesellschaft Les Éditions P. Amaury im Zusammenhang mit der Benutzung dieser Marke keine solche Dienstleistung erbracht habe, einen Rechtsfehler begangen hat. Daher hebt das Gericht die Entscheidung des EUIPO auf, soweit darin die fragliche Marke für Unterhaltungsdienstleistungen für verfallen erklärt worden ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Zweibrücken: Wortmarke Flip-Flop ist zur gebräuchlichen Gattungsbezeichnung für Zehentretersandalen geworden und die Marke ist daher für Schuhwaren wegen Verfalls zu löschen

OLG Zweibrücken
Hinweisbeschluss vom 02.03.2022 und Beschluss vom 25.03.2022
4 U 63/21


Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass die Wortmarke "Flip-Flop" zur gebräuchlichen Gattungsbezeichnung für Zehentretersandalen geworden ist und die Marke daher für Schuhwaren wegen Verfalls zu löschen ist. In weiteren Klassen ist die Marke wegen Nichtnutzung ebenfalls verfallen und zu löschen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte ist Inhaberin der am 10.12.1997 in den Nizzaklassen 25, 17, 28 eingetragenen deutschen Wortmarke „Flip-Flop” (39745377). Das Zeichen ist für folgende Waren eingetragen:

„Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit in Klasse 17 enthalten; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate), Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall); Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck.“

Die Klägerin zu 1. stellt Schuhwaren her. Sie vertreibt unter der 1962 in Brasilien entstanden Marke „Havaianas“ Fußbekleidung, u. a. nach Deutschland. Die Klägerin zu 2. ist ihre Lizenznehmerin und u. a. für den Vertrieb in Europa zuständig.

Die Klägerinnen verlangen mit ihrer im Februar 2017 erhobenen Klage die Einwilligung der Beklagten in die Löschung der Wortmarke „Flip-Flop“ wegen Verfalls, § 49 MarkenG. Dieser Anspruch wird zum einen darauf gestützt, dass die Marke sich zu einer warenbeschreibenden Bezeichnung entwickelt habe (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die streitgegenständliche Wortmarke sei wegen ihrer generischen Verwendung bei den beteiligten Verkehrskreisen zu einer üblichen Bezeichnung für Zehentrennersandalen geworden. Zudem wird das Klagebegehren auf die Nichtbenutzung des Zeichens innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren gestützt (§§ 49 Abs. 1, 25, 26 MarkenG).

Das sachverständig beratene Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Kammer für Handelssachen, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Beklagte verurteilt, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf die Eintragung der deutschen Marke Nr. 397 45 377 „Flip-Flop“ zu verzichten. Zur Begründung ist in dem Urteil ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der von dem Sachverständigen durchgeführten Verkehrsbefragungen bei Händlern und Verbrauchern die klagegegenständliche Marke ihre Unterscheidungskraft verloren habe und zur gebräuchlichen Bezeichnung für „Schuhwerk der beschriebenen Art“ geworden sei. Dieser Umstand sei auf das Verhalten bzw. die Untätigkeit der Beklagten zurückzuführen. Dies wurde begründet mit den durch die Klägerinnen angeführten Beispielen der Fremdnutzung des Zeichens durch Dritte sowie mit vergleichsweise geringen Verteidigungshandlungen der Beklagten. Die Verfallsvoraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG seien danach erfüllt. Nur noch ein unbeachtlicher Teil des Verkehrs verbinde mit dem Zeichen „Flip-Flop“ Herkunftsvorstellungen bezüglich eines bestimmten Unternehmens. Zu dem Gesichtspunkt der von den Klägerinnen weiter ins Feld geführten Nichtbenutzung der Marke durch die Beklagte verhält sich das erstinstanzliche Urteil nicht.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Demgegenüber verteidigen die Klägerinnen das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu eingereichten Anlagen verwiesen.

II. Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel der Beklagten hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Da auch die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 bis 4 ZPO erfüllt sind, kann die Berufung im Beschlussverfahren zurückgewiesen werden.

Zur Begründung der Entscheidung nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in seinem Hinweisbeschluss vom 02.03.2022. Die Beklagte hat dagegen in der Sache nichts mehr erinnert. Ihrem mit Schriftsatz vom 15.03.2022 gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde kann nicht entsprochen werden, weil gegen die Entscheidung des Senats dieses Rechtsmittel nach dem Gesetz nicht eröffnet ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 02.03.2022:
Während des Rechtsstreits ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (BGBl. 2018 I 2357) mit Wirkung vom 14.01.2019 novelliert worden. Daraus folgt jedoch keine für die in Entscheidung in vorliegender Sache maßgebliche Änderung der Rechtslage: Der in § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG normierte Verfallsgrund hat sich nicht geändert; §§ 49 Abs. 1 und 26 MarkenG a.F. sind unverändert anzuwenden, weil die Klage am 22.02.2017 erhoben worden ist (§ 253 Abs. 1 ZPO) und damit vor dem nach der Übergangsvorschrift des § 158 Abs. 6 MarkenG n.F. maßgeblichen 14.01.2019.

2. Die von der Beklagten innegehaltene deutsche Wortmarke Flip-Flop (39745377) ist hinsichtlich sämtlicher Waren, für welche sie eingetragen ist, wegen Verfalls löschungsreif, § 49 MarkenG.

Für die Warengruppe „Schuhwaren“ ergibt sich dies nach dem Ergebnis der im ersten Rechtszug mit sachverständiger Hilfe durchgeführten Verkehrsbefragung aus dem Absinken der Marke zur mittlerweile gebräuchlichen Gattungsbezeichnung für Zehentrennersandalen (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), für alle übrigen Waren wegen Nichtbenutzung der Marke gemäß § 49 Abs. 1 MarkenG a.F.

a) Die Angriffe der Berufung, in den Verkehrsbefragungen hätte nicht danach gefragt werden dürfen, ob Flip Flops im Rahmen von „Schuhwaren” zur Gattungsbezeichnung geworden seien, sondern im Rahmen von „Zehentrennersandalen” bzw. von „Schuhmode“, greifen nicht durch. Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten gewünschte andere Formulierung der Fragestellung zu einem höheren Zuordnungsgrad hätte führen können. Die von der Beklagten erwartete – letztendlich hypothetische – Kausalität erscheint somit bereits nicht schlüssig. Hinzu kommt, dass die streitgegenständliche Marke in das Markenregister gerade für „Schuhwaren“ eingetragen ist – es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen hiervon in den Verkehrsbefragungen hätte abgewichen werden müssen.

b) Die in Auswertung der demoskopischen Verkehrsbefragungen ermittelten Quoten rechtfertigen es zudem auch der Höhe nach, von einem Absinken der streitgegenständlichen Wortmarke zur gebräuchlichen Warenbezeichnung auszugehen, und zwar hinsichtlich beider befragter Verkehrskreise (Verbraucher und Händler). Dabei wäre es nach der Kornspitz-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bereits ausreichend gewesen, wenn auch nur in einem der beteiligten Verkehrskreise eine entsprechende Quote vorzufinden gewesen wäre (Urteil v. 06.03.2014, C-409/12, Rn. 29).

Hilfsweise sei angemerkt, dass das Zeichen Flip-Flop ein deutliches lautmalerisches Element enthält. Dieses führt zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Marke, da es zum einen beschreibenden (lautmalerischen) Charakter hat (nämlich des beim Tragen von Zehentrennersandalen typischerweise zu hörenden Klanges) und zum anderen für die gesamte Gattung der Zehentrennersandalen im Sinne eines üblichen Klanges charakteristisch ist.

c) Die von der Beklagten im zweiten Rechtszug weiterhin ins Feld geführte angebliche Befangenheit des Sachverständigen … kann mit der Berufung nicht mehr gerügt werden, weil hierüber rechtskräftig in erster Instanz entschieden ist. Die Anfechtung eines Urteils mit der Begründung, ein - wie hier - dem Urteil vorangegangener und die Frage der Ablehnung des Sachverständigen rechtskräftig klärender Beschluss sei unrichtig, ist nach § 406 Abs. 5 ZPO ausgeschlossen. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Gesetzgeber die Frage, ob ein Ablehnungsgrund gegen einen Sachverständigen vorliegt, rasch und endgültig bereinigt sehen will und zu diesem Zweck ein besonderes Verfahren mit einer selbständigen Anfechtbarkeit der Entscheidung (§ 406 Abs. 2 und 5 ZPO) eröffnet hat. Der Gesetzeszweck würde vereitelt, wenn die Befangenheitsrüge nicht der aufgezeigten Beschränkung unterläge (OLG Hamm, r+s 2022, 120 m.w.N.; Kontusch, NJ 2022, 49, 52).

d) Für sämtliche weiteren Warengruppen resultiert der Verfall der Marke aus deren Nichtbenutzung, § 49 Abs. 1 MarkenG a.F.. Die für eine rechtserhaltende Benutzung i.S.v. § 26 MarkenG a.F. darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (BGH, Urteil vom 14.01.2021, I ZR 40/20, GRUR 2021, 736) hat - auch nicht nach Veröffentlichung der vorbezeichneten höchstrichterlichen Entscheidung, mit welcher der Bundesgerichtshof unter Aufgabe früherer Rechtsprechung die primäre Darlegungs- und Beweislast dem beklagten Markeninhaber zugewiesen hat - keinen in Einzelheiten aufgegliederten Sachvortrag gehalten, welcher auf eine ernsthafte ununterbrochene Benutzung der streitgegenständlichen Marke für Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, soweit in Klasse 17 enthalten; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate), Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall);, Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten oder Christbaumschmuck schließen ließe.

Die Meinung der Berufung, der bereits mit der Klage geltend gemachte Verfallsgrund der Nichtbenutzung der Marke könne von den Klägerinnen im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt werden, weil das Erstgericht sein Urteil darauf nicht gestützt und allein die Beklagte Rechtsmittel eingelegt habe, trifft nicht zu. Vielmehr wirkt der Prozessvortrag einer obsiegenden Klagepartei aus der ersten Instanz, so sie ihn nicht ausdrücklich fallen lässt, ohne weiteres für den zweiten Rechtszug fort und ist deshalb bei der Entscheidung des Berufungsgerichts zu berücksichtigen.


Den vollständigen Hinweisbeschluss finden Sie hier:



EuG: Apple-Marke THINK DIFFERENT durfte vom EUIPO wegen Verfalls gelöscht werden - kein Nachweis der ernsthaften Benutzung

EuG
Urteile vom 08.06.2022
T-26/21, T-27/21 und T-28/21


Das EuG hat entschieden, dass Apple-Marke THINK DIFFERENT vom EUIPO wegen Verfalls gelöscht werden durfte, da kein Nachweis der ernsthaften Benutzung geführt werden konnte.

Die Pressemitteilung des EUG:
Apple und Swatch „THINK DIFFERENT“

Das Gericht weist die Klagen der Apple Inc. gegen die Entscheidungen des EUIPO ab, mit denen das Wortzeichen THINK DIFFERENT für verfallen erklärt wurde

In den Jahren 1997 (T-26/21), 1998 (T-27/21) und 2005 (T-28/21) erwirkte die Klägerin, die Apple Inc., die Eintragung des Wortzeichens THINK DIFFERENT als Marke der Europäischen Union. Zu den Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören unter anderem Computerprodukte wie Computer, Computerterminals, Tastaturen, Computerhardware, -software und Multimediaerzeugnisse.

Im Jahr 2016 reichte die Streithelferin, die Swatch AG, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) drei Anträge auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marken ein. Das Unternehmen machte geltend, die angegriffenen Marken seien für die betreffenden Waren innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt worden.

Am 24. August 2018 erklärte die Löschungsabteilung des EUIPO die angegriffenen Marken für alle betreffenden Waren ab dem 14. Oktober 2016 für verfallen. Die Beschwerden von Apple gegen die Entscheidungen der Löschungsabteilung wurden von der Vierten Beschwerdekammer zurückgewiesen. Im Januar 2021 reichte Apple drei Klagen beim Gericht der Europäischen Union ein.

Mit seinem heutigen Urteil in diesen drei Rechtssachen weist das Gericht die Klagen ab. Es stellt fest, dass Apple vor dem EUIPO die ernsthafte Benutzung dieser Marken für die betreffenden Waren in den fünf Jahren vor dem 14. Oktober 2016 (Tag der Einreichung der Anträge auf Verfallserklärung), d. h. vom 14. Oktober 2011 bis zum 13. Oktober 2016, hätte nachweisen müssen. Mit ihren Klagen rügte Apple u. a., dass die Beschwerdekammer im Rahmen der Beurteilung der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marken den hohen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise nicht
berücksichtigt habe. Insbesondere bestritt sie die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, wonach die maßgeblichen Verkehrskreise die Etiketten auf der Verpackung eines iMac Computers, auf denen die angegriffenen Marken abgebildet seien, leicht übersähen. Nach Ansicht des Gerichts hat Apple nicht dargetan, dass die Berücksichtigung eines hohen Aufmerksamkeitsgrades die Beschwerdekammer zu der Feststellung veranlasst hätte, der Verbraucher hätte die Verpackung bis ins kleinste Detail geprüft und sehr genau auf die angegriffenen Marken geachtet. Darüber hinaus weist das Gericht die Rüge von Apple zurück, wonach die Beschwerdekammer die in der Zeugenerklärung vom 23. März 2017 vorgetragenen Verkaufszahlen der iMac Computer in der gesamten Europäischen Union zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Die dieser Erklärung beigefügten Jahresberichte für die Jahre 2009, 2010, 2013 und 2015 enthalten nur Informationen über den weltweiten Nettoabsatz der iMac Computer, liefern aber keine näheren Angaben zu den Verkaufszahlen der iMac Computer in der Europäischen Union Ferner rügte Apple die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die angegriffenen Marken nicht unterscheidungskräftig seien. Das Gericht stellt fest, dass dieses Vorbringen auf einem verfehlten Verständnis der angefochtenen Entscheidungen beruht, und stellt klar, dass die Beschwerdekammer dem Ausdruck „THINK DIFFERENT“ nicht jedwede Unterscheidungskraft absprach, sondern ihm eine eher schwache Unterscheidungskraft zusprach.

Das Gericht führt aus, dass die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer zur Unterscheidungskraft der angegriffenen Marken entgegen dem Vorbringen von Apple nicht durch ein Bündel von Beweisen zum Nachweis ihrer ernsthaften Benutzung widerlegt sind. Es trifft zwar zu, dass zu den dem EUIPO vorgelegten Beweisen für die ernsthafte Benutzung zahlreiche Presseartikel gehören, die auf den Erfolg der Werbekampagne „THINK DIFFERENT“ bei ihrer Einführung im Jahr 1997 verweisen, diese Artikel stammen allerdings aus einer Zeit, die mehr als zehn Jahre vor dem relevanten Zeitraum liegt.

Das Gericht stellt fest, dass sich im vorliegenden Fall keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erkennen lässt. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer die angefochtenen Entscheidungen in Bezug auf die Frage, ob Apple die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marken nachgewiesen hat, rechtlich hinreichend begründet.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Beide SCHÜTZENLISL-Marken verfallen - keine rechtserhaltende Benutzung durch Bewerbung für Oktoberfest

LG München
Urteil vom 25.02.2022
33 O 8225/21

Das LG München hat entschieden, dass beide für den Betrieb eines Münchner Oktoberfestzelts angemeldeten Marken "SCHÜTZENLISL" wegen Verfalls nach § 49 MarkenG zu löschen sind. Die Bewerbung für einen Platz auf dem Oktoberfest reicht nach Ansicht des Gerichts nicht für eine rechtserhaltende Benutzung aus.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
"Schützenliesl“

Das Landgericht München I hat zwei für den Betrieb eines Münchner Oktoberfestzelts angemeldete Marken „SCHÜTZENLISL“ für verfallen erklärt.

Die auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I hat mit Urteil vom 25.02.2022 der Klage einer Brauereigesellschaft gegen die beiden Marken stattgegeben (Az.: 33 O 8225/21).

Die Klägerin ist ein Brauereiunternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die ehemalige Münchener Traditionsbrauerei „Münchner Kindl“ wiederzubeleben. Diese Brauerei gehörte vor 100 Jahren zu den größten Münchner Brauereien. Ihr Markenzeichen war neben dem Stammzeichen „Münchner Kindl“ seinerzeit die sog. „Schützenliesl“, ein Bildnis, das einem etwa um 1880 vom Maler Friedrich August von Kaulbach gefertigten großen Ölbild entsprach. Zum Schutz ihrer beabsichtigten geschäftlichen Aktivitäten meldete die Klägerin in den Jahren 2016 und 2017 zwei Unionsbildmarken an, die jeweils ein Bildnis der „Schützenliesl“ enthielten.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Gastronomie, das in der Münchener Innenstadt mehrere Gaststätten betreibt, u.a. das Alte Hackerhaus. Zudem betreibt die Beklagte ein kleines Festzelt auf dem Münchener Oktoberfest. Die Beklagte beabsichtigte in der Vergangenheit zudem, mit einem großen Festzelt auf der „Oiden Wiesn“ des Münchener Oktoberfests unter der Bezeichnung „SCHÜTZENLISL“-Festzelt aktiv zu sein. Zu diesem Zweck meldete sie Ende des Jahres 2015 eine deutsche Wortmarke „SCHÜTZENLISL“ sowie eine deutsche Bildmarke: für gastronomische Dienstleistungen an. Beide Zeichen wurden noch im Jahr 2015 in das Register des DPMA eingetragen.

Die Beklagte bewarb sich ab dem Jahr 2016 wiederholt um die Zulassung des „SCHÜTZENLISL“-Festzeltes. Die Bewerbungen verliefen im Ergebnis allerdings ohne Erfolg. Anfang des Jahres 2021 beschloss die Beklagte ein alternatives Konzept hinsichtlich der Nutzung ihrer „SCHÜTZENLISL“-Marken und traf entsprechende Vorbereitungen. Nach ihrem Willen sollte der Biergarten des Hackerhauses als „SCHÜTZENLISL“-Biergarten unter Verwendung der streitgegenständlichen Marken gekennzeichnet werden. Eine solche Kennzeichnung erfolgte auch spätestens ab Juli 2021.

Die Beklagte ist der Auffassung, bereits die Bewerbungen für das Oktoberfest erfüllten den Tatbestand der rechtserhaltenden Benutzung. Spätestens aber mit der Kennzeichnung des Biergartens des Hackerhauses im Jahr 2021 sei die Marke in Benutzung genommen worden.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, beide Marken der Beklagten seien verfallen, weil diese es versäumt habe, die Zeichen innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren zu benutzen. Die von der Beklagten vorgetragenen Benutzungssachverhalte reichten für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung nicht aus.

Dieser Wertung hat sich die erkennende Kammer im Wesentlichen angeschlossen. Nach ihrer Auffassung stellen die vorgetragenen Bewerbungen für den Betrieb eines Festzelts auf dem Münchener Oktoberfest keine nach außen erkennbaren Benutzungshandlungen am Markt, sondern interne Vorbereitungshandlungen dar. Die vorgetragenen Benutzungssachverhalte im Zusammenhang mit dem „SCHÜTZENLISL“-Biergarten bewertete die Kammer als nicht ausreichend. Denn aus einer Abwägung sämtlicher relevanter Einzelfallumstände folge, dass diese Benutzungen nicht der Erschließung neuer oder zumindest dem Erhalt bestehender Marktanteile dienten, sondern einzig zu dem Zweck erfolgt seien, einen Verfall der beiden Marken zu verhindern.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.



LG München: Zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG - BMW M-Logo - Marke muss für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt werden

LG München
Urteil vom 16.03.2021
33 O 887/20


Das LG München hat sich in diesem Rechtsstreit um die BMW M-Logo-Marke mit den Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG befasst.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Erforderlich ist demnach in erster Linie eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Benutzung als Marke (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 22 - LOTTOCARD; BGH GRUR 2012, 1261 Rn. 13 - Orion).

Für die nach § 26 Abs. 1 MarkenG zusätzlich erforderliche Ernsthaftigkeit der Benutzung ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 425 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2009, 60 - LOTTOCARD; EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 33 f. - Ferrari/DU [testarossa]). Ernsthaft ist die Benutzung einer Marke mithin dann, wenn sie verwendet wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke. Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl. EuGH GRUR 2003, 425 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2013, 925 - VOODOO m.w.N., EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 33. - Ferrari/DU [testarossa]).

Nach § 26 Abs. 1 MarkenG muss eine Marke grundsätzlich für die Waren und Dienstleistungen benutzt werden, für die sie eingetragen ist. Eine Benutzung für lediglich ähnliche Waren ist irrelevant (Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 287). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Benutzung für eine bestimmte Ware als Benutzung nur für diese Einzelware bzw. -leistung oder auch für weitere Waren bzw. Dienstleistungen, insbesondere für im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis enthaltene Oberbegriffe gilt. Nach der Rechtsprechung sind neben der konkret benutzten Ware/Dienstleistung lediglich solche Waren oder Dienstleistungen zu berücksichtigen, die dem gleichen Bereich zugerechnet werden (BGH GRUR 2009, 60 Rn. 32 f. - LOTTOCARD; BGH GRUR 2015, 685 Rn. 39 - STAYER). Bei sehr weiten, breit gefächerten und verschiedene selbständige Untergruppen umfassenden Oberbegriffen im Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen müssen danach grundsätzlich innerhalb des Oberbegriffs Untergruppen festgestellt werden, für die eine Anerkennung der Benutzung angemessen und gerechtfertigt erscheint (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 26 Rn. 311). Eine weitergehende Einschränkung ist indes nicht erforderlich. Es ist die betroffene Ware an sich zu Grunde zu legen und keine Beschränkung auf das jeweilige konkrete Erscheinungsbild vorzunehmen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 26 Rdn. 312).

III. Auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist der Beklagten der Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung zunächst für Motoren in Klasse 7, für welche die angegriffene Marke „M-Logo“ ebenfalls Schutz beansprucht, nicht gelungen. Klasse 7 betrifft dabei solche Motoren, die nicht für Landfahrzeuge vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang lässt die Beklagte jeden Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung vermissen. Aber auch im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen in Klassen 41, 44, 45 vermögen die vorgelegten Unterlagen eine hinreichende ernsthafte markenmäßige Benutzung der angegriffenen Marke „M-Logo“ nicht zu belegen. Die vorgelegten Benutzungsnachweise rechtfertigen zudem nicht die Annahme eines Rechtserhalts für den weiten Oberbegriff „Juwelierwaren“ in Klasse 14.

Im Einzelnen:

1. Im Zusammenhang mit Dienstleistungsmarken ist zusätzlich zu den unter B., II. beschriebenen Anforderungen zu berücksichtigen, dass aufgrund der Unkörperlichkeit von Dienstleistungen im Vergleich zu Waren unterschiedliche Anforderungen an die Zeichennutzung zu stellen sind (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA; BGH GRUR 2010, 270 Rn. 17 - ATOZ III; Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 58). Dies bedeutet aber nicht, dass die Anforderungen im Vergleich zu Warenmarken strenger wären. Erforderlich, aber auch ausreichend sind in diesem Zusammenhang vielmehr alle indirekten Verwendungsformen wie Werbemaßnahmen jeder Art sowie die Anbringung der Marke auf Geschäftspapieren, Berufskleidung bzw. Gegenständen, die bei der Leistungserbringung eingesetzt werden, solange die Verwendung der Marke funktionsgemäß erfolgt und vom Verkehr als Hinweis auf eine von einem bestimmten Unternehmen erbrachte spezielle Dienstleistung verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA). Dabei kann die Anbringung einer Marke etwa auf dem Geschäftslokal bereits dann für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung genügen, wenn ein Betrieb einen einheitlichen Komplex von Dienstleistungen erbringt (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA; BGH GRUR 2010, 270 Rn. 17 - ATOZ III). Bei der Beurteilung, ob ein bestimmter Kennzeichengebrauch funktionsgemäß erfolgt, ist auch branchentypischen Besonderheiten in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen.

2. Ausgehend hiervon stellen die von der Beklagten vorgelegten Benutzungsnachweise keine funktionsgerechte Markennutzung im vorgenannten Sinne dar. Sponsoringmarken individualisieren die Dienstleistung der Organisation und Finanzierung einer Veranstaltung (vgl. Fezer, MarkenR, 4 Auflage, § 3 Rdnr. 119). Die vorgetragenen Benutzungen im Zusammenhang mit Sponsoring von Motorsportgroßveranstaltungen (Bd. III, Bl. 402/406, Anlagen B 289-295, Bl. 407 f., Anlage B 298) stellen keine eigenständigen Sponsoringdienstleistungen und erst recht nicht „Ausrichtung, Organisation von sowie Teilnahme an Sportveranstaltungen“ dar. Es handelt sich insoweit nicht um eine Markennutzung zur Kennzeichnung einer bestimmten, von der Beklagten erbrachten und auf dem Markt auch gegenüber Dritten angebotenen Sponsoringdienstleistung, sondern ersichtlich um Eigenwerbung zur Stärkung des Markenimages und zur Erhöhung des Absatzes der Kernprodukte, nämlich Automobile, was auch, aber nicht nur aus der Formulierung Anlage B 290 „BMW M - PARTNER DER MOTOGP“ zum Ausdruck kommt. Gleiches gilt für die BMW M Drive Tour (Bl. 408/410 d.A., Anlagen B 299-301). Aus den Unterlagen ist schon nicht hinreichend ersichtlich, welche konkreten Dienstleistungen die Beklagte insoweit mit dem fraglichen Logo kennzeichnet. Dass die „BMW M Drive Tour“ jeweils „unter dem plakativ z.B. auf dem Messestand ‚BMW M Drive Tour‘ angebrachte[n] ‚M‘ Logo“ stattfinden soll, genügt zur Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen nicht. Die Beklagte legt hingegen - und dies gilt für sämtliche Dienstleistungen der Gruppen 41, 44 und 45 - keine Benutzungen etwa auf Rechnungen, Visitenkarten, Preislisten etc. vor. Des Weiteren legt der Vortrag der Beklagten den Schluss nahe, dass der Zweck der Veranstaltung in erster Linie darin besteht, potentiellen Kunden die „M“ Sportwagen zu präsentieren, d.h. auch hier der Werbezweck klar im Vordergrund steht. Dass es sich um eine Sportveranstaltung handelt, kann die Kammer dem Vortrag der Beklagten indes nicht entnehmen. Soweit die Beklagte sich auf die Veranstaltungen „BMW M Customer Racing“, „BMW M 240i Racing Cup“ und „BMW Sports Trophy“ bezieht, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen, ob und inwieweit die Beklagte insoweit Marktanteile in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ausbauen oder nur erhalten will. Auch lässt sich den Unterlagen keine Kennzeichnung der Dienstleistungen mit der Logomarke entnehmen (vgl. insoweit Anlagen B 303, 304 d.A.).

Aus den vorgelegten Unterlagen kann die Kammer zudem nicht entnehmen, dass die Beklagte das Zeichen „M-Logo“ zur Kennzeichnung von „Fahrunterricht“ verwenden würde (Bd. IV, Bl. 413/417 d.A.). Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise erbringt die Beklagte zwar entsprechende Dienstleistungen, dies allerdings unter ihren Hauptmarken „BMW“ und „MINI“, wie die von der Beklagten angeführten Beispiele verdeutlichen. So benennt die Beklagte das von ihr veranstaltete Fahrertraining als „BMW & MINI“ Driving Experience. Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als potentielle Teilnehmer derartiger Veranstaltungen gehören, werden in dem auf den überreichten Unterlagen eher nebenrangig verwendeten Logo keinen Hinweis auf eine bestimmte Dienstleistung erblicken. Die vorliegenden Überlegungen lassen sich auf die von der Beklagten behaupteten Benutzungen im Zusammenhang mit „Sportunterricht“ (vgl. Bd. IV, Bl. 417/420 d.A., Anlagen B 212 f.) übertragen. Eine markenmäßige Benutzung des Zeichens „M-Logo“ lässt sich den vorgelegten Unterlagen für die Dienstleistungen „Beratung, Betreuung und Unterstützung, insbesondere technische Unterstützung (ausgenommen finanzielle Unterstützung) von Sportveranstaltungsteilnehmem“ ebenfalls nicht entnehmen.

3. Schließlich kann auf Grundlage des Vortrags der Beklagten und unter Heranziehung der vorgelegten Benutzungsunterlagen eine Benutzung in Klasse 14 für die breiten Oberbegriffe „aus Edelmetallen oder deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, nämlich Juwelierwaren, Schmuckwaren“ nicht angenommen werden. Die Beklagte hat vorliegend in Bezug auf die Warenklasse 14 Benutzungen für Schlüsselanhänger (Bd. III, Bl. 274/277 d.A., Anlagen B 204-205), Pins/Anstecker (Bd. III Bl. 277, Anlage B 206), Armbänder (Bd. III, Bl. 278/280, Anlagen B 206-210) und Manschettenknöpfe (Bd. III, Bl. 280/282 d.A., Anlagen B 211-213) nachgewiesen, die von der Klägerin - wie die erfolgte Klagerücknahme deutlich macht - nicht mehr angezweifelt werden. Die jeweiligen Produkte mögen zwar von schnörkelloser Eleganz zeugen, allerdings nach dem äußeren Eindruck nicht von besonderer Werthaltigkeit. Dass die betreffenden Waren aus Edelmetallen - worunter Gold, Silber, Platin und Palladium als bearbeitungsfähig angesehen werden - hergestellt würden, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Aufgrund dessen und wegen des Umstandes, dass die hier relevanten Benutzungen nicht dem Bereich „klassischer“ Schmuck- und Juwelierwaren, wie Ohrringe, Ketten, Fingerringe, Armbänder unterfallen, bei denen die betreffenden Stücke ebenfalls vorwiegend aus teuren Edelmetallen hergestellt werden, also eine gänzlich andere Beschaffenheit aufweisen, kann die Beklagte aufgrund der vorgelegten Benutzungen die hier noch in Streit stehenden breiten Oberbegriffe nicht verteidigen. Die vorgetragenen Benutzungen unterfallen eher dem Bereich „Modeaccessoires“. In Bezug auf die Warenklasse 14 ist die Bildung einer diese Waren umfassenden Untergruppe nicht möglich, sodass im Register allein die Waren verbleiben können, für die tatsächlich eine Markennutzung erfolgt ist, nämlich „Schlüsselanhänger, Pins (Anstecker), Armbänder, Manschettenknöpfe“ (vgl. insoweit auch Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 312).

4. Die Beklagte hat keine Benutzungsunterlagen betreffend „Motoren in Klasse 7“ vorgelegt. Aus diesem Grund ist eine rechtserhaltende Benutzung gleichfalls nicht nachgewiesen, weshalb der Verfall auch insoweit auszusprechen war.

C. Die Klage war im Übrigen abzuweisen, weil der Beklagten sowohl in Bezug auf die Marke „M-Logo“ (nachfolgend l.) als auch auf die Marke „M-Buchstabe“ (nachfolgend II.) für die noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung gelungen ist (zur Frage des maßgeblichen Benutzungszeitraums vgl. bereits oben unter B.).

I. Die Beklagte hat nach Überzeugung der erkennenden Kammer den Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung gem. § 26 Abs. 1 MarkenG des Zeichens „M-Logo“ für Waren der Klasse 12 „Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande; Fahrzeugteile“ und der Klasse 28 „Bekleidungsstücke“ erbracht. Darüber hinaus gelangte die Kammer aufgrund der vorgelegten Benutzungsunterlagen zur Überzeugung, dass die Beklagte im maßgeblichen Benutzungszeitraum das Zeichen „M-Logo“ auch für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37, nämlich „Wartung, Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen, von Motoren und von Teilen dieser Gegenstände; Tuning von Motoren und Kraftfahrzeugen“ rechtserhaltend benutzt hat. Die Kammer ging dabei von folgenden Grundannahmen aus (nachfolgend 1.): Die Kennzeichnungskraft der angegriffenen Marke ist schon wegen der sich aus den im vorliegenden Verfahren übergebenen zahlreichen Unterlagen ergebenden umfangreichen Benutzung als mindestens hoch (i.S.d. Einteilung nach BGH GRUR 2013, 833 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria) anzusehen. Die sich aus den Unterlagen ergebenden Benutzungen des Zeichens sind - soweit in diesen überhaupt die Benutzung der Marke in einer anderen Form zu sehen ist - nach Maßgabe des § 26 Abs. 3 MarkenG zulässige Modernisierungen, die den kennzeichnenden Charakter nicht verändern. Das Zeichen ist infolge seiner aufgrund Benutzung als hoch anzusehenden Kennzeichnungskraft grundsätzlich geeignet, den Stammbestandteil einer Zeichenserie zu bilden. Die in Rede stehenden Benutzungen sind als ernsthaft i.S.d. § 26 Abs. 1 MarkenG anzusehen. Die Annahme, es lägen in Bezug auf das Zeichen „M-Logo“ bloße Scheinbenutzungen vor, erscheint vor dem Hintergrund der von der Beklagten vorgebrachten Absatz- und Umsatzzahlen von mit der Marke gekennzeichneten Waren fernliegend. Die Kammer ist aufgrund der vorgelegten Nachweise ferner zur Überzeugung gelangt, dass die Beklagte mit dem Zeichen „M-Logo“ die eingetragenen Waren und Dienstleistung herkunftshinweisend kennzeichnet (nachfolgend 2.).

1. Die Kammer geht im Hinblick auf die Nutzung des Zeichens „M-Logo“ durch die Beklagte von folgenden Annahmen aus:

a. Das angegriffene Zeichen verfügt über hohe Kennzeichnungskraft.

aa. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, welche die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, welche die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2017, 75 Rn. 29 - Wunderbaum II). Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 - Vorsprung durch Technik, EUGH GRUR 2010, 1096 Rn. 31 - BORCO/HABM [Buchstabe a]; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 29 - pjur/pure). Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 24 - INTERCONNECT/T-InterConnect).

bb. Ausgehend hiervon ist für das angegriffene Zeichen von originär durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen, die aufgrund langer und umfangreicher Benutzung durch die Beklagte binnen der letzten 40 Jahre gesteigert wurde. Bei dem Zeichen handelt es sich um ein Logo, das aus drei farblichen Streifen besteht, an die sich ein anfangs in kursiv gehaltener Buchstabe „M“ anschließt, dessen Ende in einem rechten Winkel senkrecht abfällt. Der Registerauszug legt insoweit nahe, dass der Buchstabe bei der ursprünglichen Anmeldung in Schwarz gehalten wurde. Die Kammer konnte sich durch Inaugenscheinnahme der Eintragungsurkunde im Original in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2020 (vgl. Protokoll, Bl. 987 d.A.) aber davon überzeugen, dass der Buchstabenbestandteil in Silber eingetragen ist. Dem Logo kann eine gewisse Originalität schwerlich abgesprochen werden, weshalb eine grundsätzliche Eignung besteht, sich im Verkehr als markenmäßiges Unterscheidungsmittel durchzusetzen. Die Beklagte hat die Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher Benutzung auch gesteigert. Diese umfangreiche Benutzung kann die Kammer bereits den in diesem Verfahren vorgelegten Unterlagen entnehmen. Auch die von der Beklagten vorgelegten Verkehrsbefragungen aus den Jahren 1996 (Anlage B 30) und 2018 (Anlage B 16) stützen diesen Befund. Das Verkehrsgutachten aus dem Jahr 1996 weist für das Zeichen „M-Logo“ eine Bekanntheit von 78 % bei Besitzern und Interessenten sportlicher Fahrzeuge aus, das Gutachten aus dem Jahr 2018 kommt auf eine Bekanntheit von 48 % bei den allgemeinen Verkehrskreisen. Diese Ergebnisse rechtfertigen die Annahme einer hohen (gesteigerten) Kennzeichnungskraft ohne Weiteres.

cc. Wegen der hohen Kennzeichnungskraft des angegriffenen Zeichens ist dieses im Grundsatz auch geeignet, von den beteiligen Verkehrskreisen als Stammbestandteil einer Zeichenserie angesehen zu werden.

b. Die Einwände der Klägerin, die vorgelegten Unterlagen enthielten keine Benutzung des angegriffenen Zeichens, sondern eine solche in einer abweichenden Form (Bd. IV, Bl. 650/655 d.A.) greifen nicht durch.

aa. Aufgrund der Inaugenscheinnahme der Original-Markenurkunde steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Eintragung des vom Logo umfassten Buchstabens „M“ in silber-metallic erfolgte. Etwaige Abweichungen sind vor dem Hintergrund des § 26 Abs. 3 MarkenG an dieser Form zu messen.

bb. Soweit die Benutzungsformen im Hinblick auf das schlichte Logo überhaupt relevante Abweichungen enthalten, verändern diese den kennzeichnenden Charakter nicht, weil es sich um wenige grafische Modifizierungen (leichte dreidimensionale Anmutung des Buchstaben „M“, leichte Veränderung der verwendeten Farbtöne) handelt, die ersichtlich dazu bestimmt sind, durch eine Modernisierung des Zeichens dieses auf die Höhe der Zeit zu bringen. Gerade dies ist der Sinn und Zweck des § 26 Abs. 3 MarkenG, wonach Markeninhabern ermöglicht werden soll, Veränderungen beim Einsatz von Marken vorzunehmen, die deren „bessere Anpassung an die Erfordernisse der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren gestattet“ (vgl. EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 29 - Specsavers/Asda). Solche Modernisierungen verändern den kennzeichnenden Charakter einer Marke regelmäßig nicht, weil die beteiligten Verkehrskreise, zu denen im Streitfall auch die Mitglieder der Kammer als zumindest potentielle Käufer von Fahrzeugen gehören, in Berücksichtigung der jeweils branchenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und benutzte Form - so sie die Unterschiede überhaupt wahrnehmen - noch als „dieselbe Marke“ ansehen (vgl. BGH GRUR 2003, 1047 - Kellog’s/Kelly’s; BGH GRUR 2015, 578 Rn. 12 - PINAR; Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 173, 180 f.).

c. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Beklagte das angegriffene Zeichen „M-Logo“ ernsthaft benutzt hat (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Die Beklagte hat in Bezug auf sämtliche, von ihr noch beanspruchte Waren und Dienstleistungen, für welche die Ernsthaftigkeit der Benutzung nach erfolgter Teilklagerücknahme von der Klägerin noch in Frage gestellt wird, aussagekräftige Zahlen in Bezug auf die insoweit erzielten Umsätze sowie - mit Blick auf die unter der Marke angebotenen Waren - Produktions-/Absatzzahlen vorgetragen (vgl. im Hinblick auf Fahrzeuge/Apparate zur Beförderung auf dem Lande Bd. II, Bl. 84, 94/96, 100/101, 104 f., 114, 122 f., 126, 168 und Anlagen B 132 - B 134, Bl. 173/176 und Anlagen B 141-142; im Hinblick auf Fahrzeugteile Bd. II Bl. 235/242 und Anlagen B 188 - B 191, Bd. II Bl. 250 / Bd. III Bl. 251; Bd. III Bl. 255/258 und Anlagen B 192-195; für Motoren vgl. Bd. III Bl. 263, 265; im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37 vgl. Bd. III, Bl. 365 und Anlagen B 254 - B 255, Bd. III, Bl. 371/373, 387/394 d.A.). Die Kammer kann aufgrund der mitgeteilten Daten und der unbestrittenen Marktpräsenz der entsprechenden Waren und Dienstleistungen ausschließen, dass es sich bei den vorgetragenen Benutzungen um bloße Scheinnutzungen handelt (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 37 - LOTTOCARD).

2. Die Benutzung erfolgte nach Überzeugung der erkennenden Kammer auch „für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist“ (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Die Beklagte hat das angegriffene Zeichen „M-Logo“ in der weit überwiegenden Anzahl der vorgetragenen Benutzungen auf der beanspruchten Ware selbst angebracht (zu diesem Erfordernis vgl. nur EuGH GRUR 2003, 425, 427 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2001, 623 Rn. 23 - Peek & Cloppenburg II, Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 46 m.w.N.). Soweit Benutzungen für geschützte Dienstleistungen in Klasse 37 in Streit stehen, ist die Kammer nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles zur Überzeugung gelangt, dass auch insoweit eine funktionsgerechte Benutzung durch die Beklagte vorliegt.
Im Einzelnen:

a. Die von der Beklagten vorgetragene Zeichennutzung in Bezug auf Waren der Klasse 12 (Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande) ist als markenmäßige und damit rechtserhaltende Benutzung anzusehen. Jedenfalls durch Anbringung des Zeichens „M-Logo“ auf den Seitenwänden und an zahlreichen Stellen im Interieur zahlreicher von ihr produzierter und vertriebener Fahrzeuge kennzeichnet die Beklagte diese Waren.

aa. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob ein bestimmtes Zeichen funktionsgemäß als Marke gebraucht wird, ist das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, wobei die Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen ist (BGH, GRUR 2012, 618 Rn. 23 - Medusa; BGH GRUR 2003, 963, 964 - Anti-Vir/AntiVirus; BGH GRUR 2002, 812, 813 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektor (vgl. BGH GRUR 2017, 730 Rn. 22 - Sierpinski-Dreieck) und durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH GRUR 2008, 698 Rn. 64 - O2/Hutchison; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure). Eine blickfangmäßige Herausstellung oder die Verwendung eines Zeichens im Rahmen der Produktkennzeichnung spricht dabei für eine markenmäßige Verwendung (vgl. BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure; BGH GRUR 2019, 522 Rn. 42 - SAM). Grundsätzlich ist der Begriff der markenmäßigen Benutzung weit zu fassen. Es genügt die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (EuGH, GRUR 2003, 55 Rn. 57 u. 51 - Arsenal Football Club; EuGH, GRUR 2002, 692 Rn. 17 - Hölterhoff).

bb. Die Kammer ist vorliegend davon ausgegangen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Käufer von Pkw gehören (BGH GRUR 2006, 937 Rn. 27 - Ichthyol II), sich in Bezug auf betriebliche Herkunftshinweise im Kfz-Bereich in erster Linie an der Herstellermarke orientieren werden, da diese im Hinblick auf die unterschiedliche betriebliche Herkunft der Automobile das naheliegendste Unterscheidungsmittel darstellt. Allerdings sind die angesprochenen Verkehrskreise - und dies stellt im Grundsatz auch die Klägerin nicht in Abrede - im Automobilbereich aufgrund der Komplexität des Produktes „Automobil“ an Mehrfachkennzeichnungen gewöhnt. So kann neben der Herstellerkennzeichnung auch eine bestimmte Modellbezeichnung herkunftshinweisend wirken und zwar selbst dann, wenn sie sich in einer schlichten Buchstaben-Zahlen-Kombination erschöpft. Die angesprochenen Verkehrskreise sind im Zusammenhang mit Automobilen auch daran gewöhnt, dass zusätzlich zur Herstellermarke und herkunftshinweisender Modellbezeichnung weitere Zeichen auf den Fahrzeugen angebracht sind, die auf besondere Eigenschaften des jeweils gekennzeichneten Modells eines bestimmten Herstellers hinweisen, wie etwa das Vorhandensein eines bestimmten Antriebes (z.B. Allrad), die Verwendung einer bestimmten (umweltschonenden) Technologie oder eine spezielle Ausstattung oder im Vergleich zum Serienmodell höhere Leistungsfähigkeit. In diesem Zusammenhang sind die angesprochenen Verkehrskreise auch daran gewöhnt, dass Automobilhersteller besonders leistungsstarke oder sportliche Baureihen mit einer speziellen Kennzeichnung versehen (die Beklagte verwendet in diesem Zusammenhang den untechnischen Begriff der sog. „Performance-Marken“). Die angesprochenen Verkehrskreise gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass - falls derartige Zeichen auf dem Produkt „Automobil“ angebracht werden - ein Fahrzeug mit einer speziellen Beschaffenheit eines bestimmten Herstellers gekennzeichnet wird und nicht lediglich allein diejenige Eigenschaft, welche hinter dem betreffenden Zeichen steht. Solche Drittkennzeichnungen wirken ferner im Kfz-Sektor ebenso wie Modellbezeichnungen nach dem insoweit maßgeblichen Verkehrsverständnis herkunftshinweisend, wobei in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass es ausreicht, wenn der Verkehr eine Verwendung annimmt, die auch der Herkunftsfunktion der Marke entspricht (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 22 und LS 2 - LOTTOCARD).

cc. Auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen kennzeichnete die Beklagte ihre Fahrzeuge mit „M“ Ausstattungspaketen sowie ihre Performance Modelle durch Anbringung des „M-Logos“ an den Seitenwänden, auf dem Lenkrad und - im Falle der Performance Modelle - auf dem Heck. Die angegriffene Marke wurde dabei jeweils auf den betreffenden Waren blickfangmäßig angebracht, was indiziell für eine herkunftshinweisende Verwendung spricht. Zusätzlich war zu sehen, dass die Anbringung des Zeichens in allen Fällen zusätzlich auf dem Lederlenkrad erfolgte, auf dem sich gleichzeitig typischerweise die Herstellermarke befindet, also an einer Stelle, die bei Automobilen typischerweise zur Produktkennzeichnung verwendet wird. Auch die Benutzung des Zeichens auf dem Heck der Performance-Fahrzeuge stellt eine Kennzeichnung der Ware „Automobil“ dar. Die angesprochenen Verkehrskreise erblicken schon wegen der hohen Kennzeichnungskraft der Marke „M-Logo“ und den auf dem Kfz-Sektor vorherrschenden Kennzeichnungsgewohnheiten in dem angegriffenen Zeichen und der unmittelbar anschließenden Modellbezeichnung zwei unterschiedliche Kennzeichnungen und nicht ein Gesamtzeichen (vgl. hierzu nur BGH GRUR 2009, 766 Rn. 50 f. - Stofffähnchen I).

dd. Soweit die Beklagte das angegriffene Zeichen auf ihrer Sportwagenserie am Heck gemeinsam mit einer arabischen Ziffer anbringt, verwendet sie das „M-Logo“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie. Regelmäßig ist von einer rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auszugehen, wenn diese als Stammbestandteil einer Zeichenserie verwendet wird, bei der das eine Zeichen die Produktfamilie und das andere Zeichen das konkrete Produkt benennt (vgl. BGH GRUR 2007, 592 Rn. 14 f. - bodo Blue Night; BGH GRUR 2013, 840 Rn. 23 - PROTI II). Dies ist nach dem Vortrag der Beklagten zur Kennzeichnungspraxis im Zusammenhang mit den von ihr produzierten und vertriebenen Sportwagen der Fall. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass das Zeichen „M-Logo“ über hohe Kennzeichnungskraft verfügt, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise dieses ohne Weiteres als Stammbestandteil einer Zeichenserie ansehen. Zusätzlich war zu sehen, dass die Beklagte in Bezug auf ihre Sportwagen auf ein einfaches und nachvollziehbares Kennzeichnungsprinzip zurückgreift, indem das „M“ für den Sportwagenbereich insgesamt, die arabische Ziffer für ein bestimmtes Modell steht. Ob die vorliegenden Überlegungen auch auf die Kennzeichnungen der von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Sport-SUVs, welche diese nach dem Prinzip „X+Ziffer+M-Logo“ kennzeichnet, übertragen werden können, kann vorliegend dahinstehen.

dd. Es ist auch von einer rechtserhaltenden Benutzung für die breiten Oberbegriffe „Apparate zur Beförderung auf dem Lande/Fahrzeuge“ auszugehen. Allein die Tatsache, dass es sich bei den Fahrzeugen um Sportwagen oder besonders sportliche Fahrzeuge handelt, reicht nicht aus, um sie als selbständige Untergruppe von Fahrzeugen einzustufen (EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 48 - Ferari-DU [testarossa]).

b. Die Kammer gelangte ferner zur Überzeugung, dass die Beklagte eine rechtserhaltende Benutzung für „Motoren“ und „Fahrzeugteile“ soweit in Klasse 12 enthalten, erbracht hat. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang umfangreiche Unterlagen vorgelegt, aus denen die Anbringung des Zeichens „M-Logo“ auf zahlreichen Fahrzeugteilen wie Lenkrädern, Leichtmetallrädern, Bremsen, Interieurblenden, Schaltknöpfen, Heckspoilern, Lenkrädern, Schalldämpfern u.a. ersichtlich ist. Somit kann vorliegend dahinstehen, ob die Entscheidung EuGH GRUR 2020, 1301 - Ferrari/DU [testarossa] tatsächlich dahingehend zu verstehen ist, dass Fahrzeuge und Teile von Fahrzeugen eine einheitliche Produktkategorie bilden mit der Konsequenz, dass eine Benutzung von Fahrzeugen gleichzeitig als Benutzung von Fahrzeugteilen und andersherum anzusehen ist (in diese Richtung wohl EuGH GRUR 2020, 1301, Rn. 27 - Ferrari/DU [testarossa]).

c. Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte auch eine Benutzung des Zeichens „M-Logo“ für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37, nämlich „Wartung, Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen, Motoren und von Teilen dieser Gegenstände; Tuning von Motoren und Kraftfahrzeugen“ nachgewiesen. Die von der Beklagten vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Nutzungen (vgl. Bd. III, Bl. 361/396 d.A. und Anlagen B 253 - B 257, B 263, B 275) genügen den Anforderungen, welche die Rechtsprechung an den Gebrauch von Dienstleistungsmarken stellt (vgl. hierzu oben B., III., 1.), und zwar trotz des Umstandes, dass die Beklagte vorliegend keine Rechnungen für entsprechende Dienstleistungen vorgelegt hat, aus denen die Benutzung des Zeichens ersichtlich ist. Der erforderliche Dienstleistungsbezug ist unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der Automobilbranche gegeben. Dabei war zu sehen, dass im Automobilsektor eine allgemein bekannte Branchenübung dahingehend besteht, dass die Automobilhersteller neben dem Verkauf ihrer Fahrzeuge auch regelmäßig einen dazugehörigen Fachwerkstattservice für diese Fahrzeuge, für Motoren und Fahrzeugteile anbieten. Dieser spezielle Service kann sich sowohl auf Modelle normaler Serien als auch auf spezielle oder besonders teure Baureihen beziehen. Die Erwerber eines Modells einer besonders teuren Baureihe bzw. eines speziellen Fahrzeugtyps, wie im Falle der Beklagten etwa eines besonders gekennzeichneten Sportwagens oder Performance-Automobils mit spezieller leistungssteigernder Zusatzausstattung werden regelmäßig schon aufgrund der teilweise hohen Erwerbskosten das Vorhandensein eines speziellen, auf die Besonderheiten des jeweiligen Automobils zugeschnittenen Fahrzeugservices erwarten. Die angesprochenen Verkehrskreise werden folglich die Verwendung des Zeichens „M-Logo“ auf dem Fassadenband zertifizierter Standorte und auf den Markenflaggen (vgl. Bd. III, Bl. 370/373 d.A.) als Kennzeichnung eben solcher besonderen Serviceangebote für die von der Beklagten unter dem Zeichen „M-Logo“ hergestellten und vertriebenen Fahrzeuge und Fahrzeugteile verstehen.

Auf Grundlage dieser Erwägungen stellen die vorgetragenen Benutzungen auch einen Gebrauch des Zeichens „M-Logo“ für „Tuning“ dar, weil diese Dienstleistungen ebenfalls unter die Kategorie „Autoservice“ im weitesten Sinne fallen. Zudem stellen jedenfalls die von der Beklagten unter der Marke „M-Logo“ vertriebenen Performance-Modelle sog. „Werkstuner“ (vgl. allgemein Artikel, Anlage B 266) dar, weshalb auch insoweit von einer Benutzung des Zeichens für die Dienstleistung „Tuning“ auszugehen ist.

d. Die von der Beklagten vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Benutzungen für Waren der Klasse 25, welche die Klägerin im Grundsatz nicht mehr in Frage stellt, sind als Benutzungen für den breiten Oberbegriff „Bekleidungsstücke“ anzusehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Annahme eines Rechtserhalts nicht auf die Untergruppe „Oberbekleidung“ beschränkt, weil insoweit zwischen Ober- und Unterbekleidung ein übereinstimmender Verwendungszweck vorliegt. Die Bildung kohärenter Untergruppen ist deshalb nur mit einigen Schwierigkeiten möglich und führt zudem zu einer unzumutbaren Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers (vgl. EuGH GRUR-RS 2020, 16105 Rn. 31 f. - TAIGA).

II. Die Beklagte hat auch die angegriffene Marke „M-Buchstabe“ rechtserhaltend benutzt. Die Benutzung erfolgte für die eingetragenen Waren in Klassen 12 und 28 gem. § 26 Abs. 3 MarkenG durch die Marke „M-Logo“ (nachfolgend 1.) und ferner - in Bezug auf die beanspruchten Waren „Automobile“ wegen der Kennzeichnung der Sportwagenserie als Stammbestandteil einer Zeichenserie (nachfolgend 2.).

1. Die oben behandelten Benutzungen der Marke „M-Logo“ stellen gleichzeitig eine Benutzung der Marke „M-Buchstabe“ nach Maßgabe des § 26 Abs. 3 MarkenG dar, und zwar für die beanspruchten Waren in Klasse 12 „Automobile und Teile von Automobilen“ und Klasse 28 „Miniaturen von Automobilen“. Die von der Beklagten vorgetragenen Benutzungen für Spielzeug im Allgemeinen und Automobilminiaturen im Besonderen (vgl. Bd. III, Bl. 337/351 d.A. mit Anlagen B 246-B 249) werden - soweit sie eine Verwendungen der Marke „M-Logo“ zum Gegenstand haben - von der Klägerin nicht mehr infrage gestellt, weil die Klägerin insoweit ihre Klage zurückgenommen hat.

a. Die Klägerin kann vorliegend nicht damit gehört werden, der Marke „M-Buchstabe“ fehle bereits die Eignung, im Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst zu werden, weshalb erstens die Annahme einer markenmäßigen Verwendung im Grundsatz ausscheide, zweitens dem Zeichen die Eignung als Stammbestandteil einer Zeichenserie fehle, und drittens auch eine Benutzung durch die Marke „M-Logo“ ausscheide. Denn zum einen ist das Gericht auch im Verfallsverfahren grundsätzlich an die Eintragungsentscheidung gebunden. Mit anderen Worten ist es dem erkennenden Gericht versagt, eine rechtserhaltende Benutzung schon deshalb zu verneinen, weil aus seiner Sicht dem infrage stehenden Zeichen die markenrechtliche Schutzfähigkeit im Grundsatz abzusprechen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 24 - LOTTOCARD, Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 95). Ob im konkreten Fall eine markenmäßige Verwendung vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Zum anderen ist aber auch die grundsätzliche markenrechtliche Schutzfähigkeit von Einzelbuchstabenmarken nach zutreffender und von der Kammer geteilter Ansicht weithin anerkannt (vgl. BPatG GRUR-RR 2013, 288, 290 - M; BPatG BeckRS 2017, 129580 - Buchstabe Q; BPatG BeckRS 2018, 10202 - Buchstabe M; BGH GRUR 2001, 161 - Buchstabe K). Auch für das konkret infrage stehende Zeichen, die Buchstabenmarke Nr. DE 30 2013 0068 45 „M“ mit Schutz für Waren und Dienstleistungen der Klassen 12 und 28, nämlich „Automobile und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten, Miniaturen von Automobilen“ geht die Kammer von mindestens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft aus. Aus den von beiden Parteien in diesem Zusammenhang vorgelegten Verkehrsbefragungen, welche eine Buchstabenmarke „M“ zum Gegenstand hatten (Verkehrsgutachten Infratest vom August 1996, Anlage B 31, Gutachten Allensbach vom 11.06.2010, Anlage B 32, Gutachten Dr. P. vom 18.12.2018, Anlage B&B 3) ist ersichtlich, dass die Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher und langjähriger Benutzung durch die Beklagte mindestens auf das Maß durchschnittlicher Kennzeichnungskraft gesteigert wurde. So kommt auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zu einer Verkehrsbekanntheit von 27 % des Verkehrskreises „potentielle Pkw-Besitzer/-Fahrer“. Die von der Beklagten vorgelegten Gutachten, die in Bezug auf die relevanten Verkehrskreise enger gefasst sind und nur „Besitzer und Interessenten sportlicher Fahrzeuge“ bzw. „Besitzer/Kaufinteressenten von Sportwagen“ in den Blick nehmen, kommen sogar auf noch höhere Bekanntheitswerte (78 % im Rahmen des Gutachtens vom August 1996, Anlage B 30, 83 % im Rahmen des Gutachtens aus dem Jahr 2010, Anlage B 32). Die gutachterlichen Feststellungen sind auch vor dem Hintergrund der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, welche die langjährige isolierte Verwendung des Einzelbuchstabens „M“ ohne grafische Ausgestaltung seitens der Beklagten belegen (vgl. etwa „Chronik aller BMW M Fahrzeuge“ seit dem Jahr 1976, Anlage B 144; Folder „Faszination „M“, Anlage B 144a; Strategiepapier „M“ 191, Anlage B 145) eine durchaus logische Konsequenz.

b. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Die Vorschrift lässt dabei eine Benutzung in abweichender Form auch dann als rechtserhaltend zu, wenn die abweichende Form ihrerseits auch als Marke für die betroffenen Waren/Dienstleistungen eingetragen ist. Es ist daher möglich, mehrere, nicht identische Zeichen durch ein und dasselbe Zeichen rechtserhaltend zu benutzen (BeckOK MarkenR/Bogatz, 24. Ed. 1.1.2021, MarkenG, § 26 Rn. 162). Dies gilt auch für die überlappende Verwendung verschiedener Marken zur gleichen Zeit, d.h. als Teil oder in Verbindung mit anderen Marken. Erforderlich ist allein, dass die mittels einer anderen zusammengesetzten Marke benutzte Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren wahrgenommen wird (vgl. EuGH GRUR 2013, 722 Rn. 35 f. - Colloseum/Levi Straus [Stofffähnchen]; EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 24 ff. - Specsavers/Asda).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Dass der Buchstabe „M“ Teil des streitgegenständlichen Logos in besonderer graphischer Gestaltung ist, kann nach Auffassung der Kammer nicht in Abrede gestellt werden. Hierbei hat es aber nicht sein Bewenden. Aufgrund der Bekanntheit des Buchstabens jedenfalls in Bezug auf die beanspruchten Waren „Automobile“ sieht die Kammer den Buchstaben auch als eigenständigen und dominierenden Teil des streitgegenständlichen Logos an. Andere Elemente, wie die sich auf linker Seite anschließenden, farbigen Streifen treten demgegenüber in den Hintergrund. Für eine Dominanz des Einzelbuchstabens spricht auch, dass dieser in Bezug auf die Logomarke der Beklagten für die angesprochenen Verkehrskreise zumindest in klanglicher Hinsicht die einfachste Benennungsmöglichkeit darstellt (vgl. im Hinblick auf Wort-/Bildzeichen etwa BGH GRUR 2009, 1055, Rn. 28 - airdsl; BGH GRUR 2008, 903, Rn. 25 - SIERRA ANTIGUO). Der Einzelbuchstabe „M“ weist jedenfalls für die gekennzeichnete Ware „Automobile“ aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Kammermitglieder gehören, keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt auf (vgl. BPatG GRUR-RR 2013, 288, 290 - M), als dessen Verkürzung er wahrgenommen werden könnte. Schließlich ist auch die von der Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung des fortwährenden herkunftshinweisenden Verständnisses der „mitbenutzten“ Marke gegeben. Wie bereits dargelegt wurde, sieht auch nach dem von der Beklagten vorgelegten Verkehrsgutachten ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich 15,6 %, das Zeichen als Herkunftshinweis für ein bestimmtes Unternehmen an (vgl. Gutachten Dr. P. vom 18.12.2018, Anlage B&B 3).

2. Die rechtserhaltende Benutzung für die Waren „Automobile“ folgt aber auch aus dem Umstand, dass die Beklagte das in diesem Bereich bekannte Zeichen „M-Buchstabe“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie zur Kennzeichnung ihrer Sportwagen verwendet. Dies ist hinreichend aufgrund der Webseitengestaltung der Seite www.bmw.de aus den Jahren 2014 bis 2018 (Anlage B 159) belegt. Der Buchstabe „M“ wird dort als Stammbestandteil der jeweiligen konkreten Produktbezeichnung verwendet. Die angesprochenen Verkehrskreise erblicken in dem Buchstaben auch keine bloße Produktbezeichnung, sondern ein Unterscheidungsmittel der Waren eines Unternehmens gegenüber denjenigen anderer Unternehmen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin: Marke Black Friday mangels rechtserhaltender Benutzung hinsichtlich zahlreicher Waren und Dienstleistungen verfallen

LG Berlin
Urteil vom 15.04.2021
52 O 320/19


Das LG Berlin hat entschieden, dass Marke "Black Friday" mangels rechtserhaltender Benutzung hinsichtlich zahlreicher Waren und Dienstleistungen verfallen ist.

"Black Friday" ist die am vierten Freitag im November stattfindende Rabattaktion. Diese hat ihren Ursprung in den USA, ist aber auch in Deutschland inzwischen eine gebräuchliche Aktion.

Die Marke war Gegenstand zahlreicher Abmahnungen im Zusammenhang mit der jährlichen Rabattaktion.

BGH: Im Löschungsklageverfahren wegen Verfalls einer Marke wirkt die Benutzung für eine Spezialware auch für einen umfassenderen nicht zu breiten Warenoberbegriff rechtserhaltend

BGH
Beschluss vom 06.02.2020
I ZB 21/19
INJEKT/INJEX
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2


Der BGH hat entschieden, dass im Löschungsklageverfahren wegen Verfalls einer Marke die Benutzung für eine Spezialware auch für einen umfassenderen nicht zu breiten Warenoberbegriff rechtserhaltend wirkt.

Leitsätze des BGH:

a) Im Löschungsklageverfahren wirkt die Benutzung für eine Spezialware auch für einen umfassenderen, nicht zu breiten Warenoberbegriff rechtserhaltend. Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeengt zu werden, rechtfertigen es, auch die Waren im Warenverzeichnis zu belassen, die nach der Verkehrsauffassung gemeinhin zum gleichen Warenbereich gehören.

b) Die für das Löschungsverfahren im Interesse der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers entwickelte Rechtsprechung zur Einschränkung von Oberbegriffen gilt nicht für das Markenverletzungsverfahren. Ist die Marke für einen (weiten) Warenoberbegriff eingetragen, ist sie in diesem Verfahren so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren registriert. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass der Schutz der Marke lediglich für das konkret vertriebene Einzelprodukt mit sämtlichen individuellen Eigenschaften (hier: zweiteilige Einmalspritzen) besteht. Der Schutz erstreckt sich vielmehr auf gleichartige Waren (hier: medizinische Spritzen) (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 = WRP 2006, 1133 - Ichthyol II).

c) Wird aus einem wegen beschreibender Anklänge kennzeichnungsschwachen oder originär schutzunfähigen Zeichen, das als Marke eingetragen worden ist, wegen Verwechslungsgefahr Widerspruch erhoben, dürfen bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit beschreibende Zeichenbestandteile nicht von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen werden.

d) Einer mit dem Zweck der absoluten Schutzhindernisse unvereinbaren Begünstigung schwacher Marken kann durch ein auf diese Schutzhindernisse gestütztes Nichtigkeitsverfahren begegnet werden. Ist ein Zeichen wirksam als Marke eingetragen, verhindert im Verletzungsverfahren die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG aF (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nF) einen unangemessenen Schutz von Zeichen, die wegen ihrer beschreibenden Anklänge originär schutzunfähig sind.

BGH, Beschluss vom 6. Februar 2020 - I ZB 21/19 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Verfall einer Marke nach 5 Jahren wegen Nichtnutzung schließt Schadensersatzansprüche wegen Markenrechtsverletzung für Zeit vor Wirksamwerden des Verfalls nicht aus

EuGH
Urteil vom 26.03.2020
C‑622/18
AR gegen Cooper International Spirits LLC, St Dalfour SAS, Établissements Gabriel Boudier SA,

Der EuGH hat entscheiden, dass der Verfall einer Marke nach 5 Jahren wegen Nichtnutzung Schadensersatzansprüche wegen Markenrechtsverletzung für die Zeit vor Wirksamwerden des Verfalls nicht ausschließt.

Tenor der Entscheidung:

Art. 5 Abs. 1 Buchst. b, Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in Verbindung mit ihrem sechsten Erwägungsgrund sind dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten danach zulassen können, dass der Inhaber einer Marke, die bei Ablauf der Frist von fünf Jahren ab ihrer Eintragung für verfallen erklärt worden ist, da er sie in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden war, nicht ernsthaft benutzt hat, das Recht behält, Ersatz des Schadens zu verlangen, der entstanden ist, weil ein Dritter vor Wirksamwerden des Verfalls ein ähnliches Zeichen für identische oder mit seiner Marke verwechselbar ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt hat.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Nürnberg: Die dem Markeninhaber im Rahmen einer Löschungsklage obliegende sekundäre Darlegungslast zur rechtserhaltenden Benutzung ist keine Beweislastumkehr

OLG Nürnberg
Hinweisbeschluss vom 28.02.2019
3 U 1295/18


Das OLG Nürnberg hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses dargelegt, dass die dem Markeninhaber im Rahmen einer Löschungsklage obliegende sekundäre Darlegungslast zur rechtserhaltenden Benutzung keine Umkehr der Beweislast zur Folge hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Die Klägerin bleibt beweisfällig dafür, dass die Beklagte die Klagemarke nicht für die Warengruppe „Fahrräder mit elektrischem Unterstützungsmotor“ (ernsthaft) benutzt.

aa) Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Löschungsklage trifft die Klagepartei. Den Beklagten einer Löschungsklage trifft lediglich nach dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht, wenn der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären (BGH, GRUR 2015, 685, Rn. 10 - STAYER). Diese sogenannte sekundäre Darlegungslast hat jedoch keine Umkehr der Beweislast zur Folge. Sie bewirkt lediglich, dass der Beklagte die Behauptung der Nichtbenutzung des Klägers nicht einfach, sondern nur substantiiert bestreiten kann, d.h. im Einzelnen zu Art und Umfang seiner Benutzung vortragen muss. Entspricht er dieser sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Klägers, die Nichtbenutzung zu beweisen. Der Kläger kann sich somit nicht darauf beschränken, den im Rahmen der sekundären Darlegungslast unterbreiteten Vortrag des Beklagten zu bestreiten. Vielmehr bleibt es an ihm, dessen Unrichtigkeit erforderlichenfalls zu beweisen (Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 55 Rn. 44).

bb) Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend zu einer (ernsthaften) Nutzung der Klagemarke für Fahrräder mit elektrischem Unterstützungsmotor vorgetragen.

In der ersten Instanz führte die Beklagte aus, dass sie unter der Klagemarke im Zeitraum von 2011 bis 2016 für „Fahrräder, einschließlich Elektrofahrräder“ einen Gesamtumsatz von ca. 21,6 Mio. €, d.h. durchschnittlich 3,6 Mio. pro Jahr, erzielt habe. Darüber hinaus legte sie Werbeanzeigen und Broschüren vor (Anlagenkonvolute AR 14 und AR 16), in denen auch Fahrräder mit elektromotorischem Hilfsantrieb gezeigt werden.

In der Berufungserwiderung führte die Beklagte aus, dass sie im Zeitraum von 2013 bis 2018 unter der Marke T… 6.310 Elektrofahrräder zu einem durchschnittlichen Verkaufspreis von ca. 2.000,00 Euro brutto verkauft habe. Die Stückzahlen würden sich wie folgt verteilen:
2013 830 Stück
2014 750 Stück
2015 600 Stück
2016 210 Stück
2017 2.000 Stück
2018 1.920 Stück

Die Beklagte habe damit seit 2013 fast jedes Jahr einen Umsatz von über einer Million Euro mit Elektrofahrrädern unter der Marke T… erwirtschaftet.

Die Klägerin beantragt, diese erstmals in der Berufungserwiderung gemachten Angaben zu verkauften Stückzahlen von Elektrofahrrädern zurückzuweisen. Die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO liegen jedoch nicht vor. Denn der Vortrag zu den Umsatzzahlen ist unstreitig geblieben, weshalb er nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden darf, da unstreitige Tatsachen, die erstmals im Berufungsrechtszug vorgetragen werden, stets zu berücksichtigen sind (BGH, r+s 2015, 212 Rn. 5). Darüber hinaus ist ein Vorbringen einer Partei nicht neu i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 9).

cc) Die Klägerin hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass der (hinreichend substantiierte) Vortrag der Beklagten zur Nutzung der Klagemarke für „Fahrräder mit elektrischem Unterstützungsmotor“ unzutreffend ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bochum: Keine markenmäßige Benutzung einer von der Produktbezeichnung abweichenden Zeichenfolge auf dem Rückenetikett einer Bierflasche

LG Bochum
Urteil vom 23.11.2017
I-14 O 171/17


Das LG Bochum hat entschieden, dass keine markenmäßige Benutzung vorliegt, wenn eine von der Produktbezeichnung abweichende Zeichenfolge auf dem Rückenetikett einer Bierflasche verwendet wird.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat zunächst einen Anspruch gegen die Beklagte auf Löschung der Marke „Felsquellwasser“ gem. §§ 49 Abs. 1, 26 Markengesetz. Denn die Marke wurde von der Beklagten innerhalb der Benutzungsschonfrist und darüber hinaus nicht markenmäßig genutzt.

Die streitgegenständliche Marke ist eingetragen für Biere, so dass eine markenmäßige Nutzung zunächst dann anzunehmen wäre, wenn die Marke zur Kennzeichnung eines derartigen Produkts genutzt worden wäre. Das ist unstreitig nicht der Fall, die Beklagte vertreibt ihre Biere unter der Bezeichnung L und nicht unter der Wortmarke.

Eine markenmäßige Nutzung ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Beklagte unstreitig auf den Rückenetiketten aller Flaschen den Slogan „mit Felsquellwasser® gebraut“ verwendet, wobei der Begriff „Felsquellwasser“ ein „®“ trägt. Diese Kennzeichnung zeigt dem Verkehr lediglich, dass der damit gekennzeichnete Begriff als Warenzeichen eingetragen ist, führt aber isoliert nicht dazu, dass deshalb eine markenmäßige Nutzung zu bejahen wäre, zumal dafür noch erforderlich ist, dass die Marke zur Kennzeichnung des Produkts genutzt wird. Das ist nicht der Fall, die Nutzung der Marke auf den Rückenetiketten innerhalb eines Slogans kennzeichnet nicht das Produkt selbst, sondern hebt einen Bestandteil des Produkts besonders hervor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Marke auch nicht als Herkunftshinweis zu verstehen. Die Beklagte trägt selbst vor, dass die Marke „Felsquellwasser®“ dem Verbraucher immer in Verbindung mit der Bezeichnung „L“ entgegentritt. Von daher wird der Verkehr den Begriff Felsquellwasser möglicherweise der Bezeichnung „L“ zuordnen, ihn aber nicht isoliert als Herkunftshinweis verstehen. Das muss er auch nicht, da die Herkunft des Produktes durch den Namen der Beklagten hinreichend ausgewiesen ist. Hinzukommt, dass die Beklagte diesen Begriff nicht isoliert, sondern stets in dem Slogan „mit Felsquellwasser gebraut“ verwendet. Selbst wenn dieser Slogan angesichts der unstreitig umfangreichen Benutzung sowie der auch der Kammer bekannten Werbung bekannt sein dürfte, ist der Begriff Felsquellwasser isoliert nicht als Herkunftshinweis genutzt worden und damit als solcher etabliert, so dass auch deshalb keine markenmäßige Nutzung festgestellt werden kann.

Abschließend bleibt daher festzustellen, dass innerhalb der Benutzungsschonfrist die Beklagte ihre Wortmarke „Felsquellwasser“ zwar unstreitig umfangreich verwendete, aber nicht markenmäßig für das eingetragene Produkt nutzte, so dass die Marke wegen Verfalls zu löschen war.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


KG Berlin: Rechtserhaltende Benutzung einer Marke durch Werbekampagnen wenn Vertrieb unmittelbar bevorsteht

KG Berlin
Urteil vom 11.10.2017
5 U 98/15


Das KG Berlin hat entschieden, dass eine rechtserhaltende Benutzung einer Marke bereits durch Werbekampagne vorliegen kann, wenn der Vertrieb unmittelbar bevorsteht. Im vorliegenden Fall hat das Gericht dies jedoch verneint.

Aus den Entscheidungsgründen:

Eine Marke wird rechtserhaltend "ernsthaft benutzt", wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, gegenüber Verbrauchern zu garantieren - tatsächlich benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (EuGH, GRUR 2017, 816 TZ 37, 41 mwN - Gözze; GRUR 2009, 156 TZ 13 - Radetzky-Orden/BKFR). Mit dem Erfordernis einer Benutzung entsprechend der Hauptfunktion als Herkunftshinweis kommt der Umstand zum Ausdruck, dass eine Marke zwar auch entsprechend anderer Funktionen wie der Gewährleistung der Qualität oder der Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion benutzt werden kann; sie unterliegt jedoch den vorgesehenen Sanktionen eines Verfalls, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt wurde (EuGH, aaO, Gözze TZ 42).

Die rechtserhaltende Benutzung der Marke muss sich dementsprechend grundsätzlich auf Waren beziehen, die bereits vertrieben werden. Ausreichend sind allerdings auch Werbekampagnen zur Gewinnung von Kunden in Vorbereitung des Vertriebs, wenn der Vertrieb unmittelbar bevorsteht (EuGH, GRUR 2003, 425 TZ 37 - Ansul).

(2)
Letzteres ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

In ihrer Berufungserwiderung hatte die Klägerin sich nur auf die (damalig) noch laufende Benutzungsschonfrist gestützt. Darauf kommt es nicht mehr an.

Erstinstanzlich hatte sie in der Klageschrift zwar behauptet, sie bewerbe und vertreibe das streitgegenständliche Speiseeis. Die konkrete Bezugnahme auf den Pressespiegel (Anlage K4) belegt aber nur eine Vorstellung des Produktes in Designer-Kreisen sowie eine entsprechende internationale mediale Aufmerksamkeit. Mit Schriftsatz vom 19.2.2015 hat die Klägerin eine Zusammenarbeit mit dem Eishersteller D... E... GmbH und eine daraus folgende Bekanntheit der Formgebung in Herstellerkreisen geltend gemacht. All dies weist aber nur auf eine bloße Vorbereitung der Produktion hin, noch nicht auf die erforderliche Benutzung der Marke auf ihrem Absatzmarkt gegenüber den Verbrauchern (EuGH, GRUR 2009, 156 TZ 14 - Verein Radetzky-Orden/BKFR).

Eine Werbung gegenüber Verkehrskreisen in New York 2013 (Anlage K 29) wäre - außerhalb der EU - rechtlich bedeutungslos. Markteinführungsevents und Produktpräsentationen im Sommer 2014 in Berlin, im August 2014, bei der Eröffnung einer Ausstellung und im Februar 2015 (Anlagen K 30 bis K 33) sollen gegenüber Endkunden erfolgt sein. Die hierzu vorgelegten Anlagen lassen dies nicht hinreichend erkennen. Die Fotos sprechen für die Herstellung von Werbeaufnahmen.

Die Beklagten haben dies so beanstandet, ohne dass die Klägerin dem noch näher entgegengetreten wäre. Ebenfalls haben die Beklagten darauf verwiesen, die Klägerin selbst habe sowohl für den Herbst 2014 als auch am 24.1.2015 sowie 3.8.2015 jeweils bis Ende 2015 die Markteinführung nur angekündigt. Die von der Klägerin vorgenannten Produktpräsentationen bis Februar 2015 sind somit auch nach der eigenen Darstellung der Klägerin einer Markteinführung nur vorangegangenen. Einen eigenen Umsatz mit dem streitgegenständlichen Speiseeis behauptet auch die Klägerin bis heute nicht. Die Produktpräsentationen sind offenbar zudem innerhalb der EU nur in Berlin erfolgt (vergleiche hierzu auch EuGH, GRUR 2013, 182 TZ 30, 38, 50, 55 - ONEL/OMEL).

Insoweit kann vorliegend noch nicht von einer ernsthaften Benutzung der streitgegenständlichen Marke ausgegangen werden, sondern nur von einer allenfalls symbolischen zum Zweck der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte (vergleiche hierzu EuGH, aaO, Ansul, TZ 36). Die Klägerin trägt auch nicht näher vor, warum bis heute eine (jedenfalls weitergehende, umsatzerzielende und über Berlin hinausreichende) Markteinführung bei den Verbrauchern nicht möglich war.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke wenn diese mit Zusatz versehen wird

BGH
Beschluss vom 11.05.2017
I ZB 6/16
Dorzo
MarkenG § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1



Leitsätze des BGH:

a) Die Ergänzung einer an sich unveränderten Marke durch Zusätze stellt keine Benutzung der Marke in der eingetragenen Form gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG dar, wenn die Zusätze mit dem Zeichen erkennbar verbunden sind. In diesem Fall handelt es sich um eine Verwendung der Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG).

b) Erkennt der Verkehr das mit Zusätzen verwendete Markenwort (hier: DorzoVision®) nicht mehr als eigenständiges Produktkennzeichen (hier: Dorzo), verändert die Abweichung grundsätzlich den kennzeichnenden Charakter der Marke, so dass von einer rechtserhaltenden Benutzung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nicht ausgegangen werden kann.

c) Bei der Prüfung, ob eine von der Eintragung abweichende Verwendung der Marke deren kennzeichnenden Charakter verändert, kommt es nicht darauf an, ob die Marke innerhalb der konkreten Verwendungsform eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat.

BGH, Beschluss vom 11. Mai 2017 - I ZB 6/16 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH legt EuGH Fragen zur nachträglichen Feststellung des Verfalls und rechtserhaltenden Benutzung einer nationalen Marke die Grundlage einer Unionsmarke ist vor

BGH
Beschluss vom 23.022017
I ZR 126/15
PUC

Tenor:


Richtlinie 2008/95/EG Art. 14; Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 34 Abs. 2 Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) und des Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, wenn die Ungültigkeit oder der Verfall einer nationalen Marke, die die Grundlage für die Beanspruchung des Zeitrangs einer Unionsmarke bildet und Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit
oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlöschens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellung vorliegen?

2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist:
Hat die Inanspruchnahme des Zeitrangs nach Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 die Wirkung, dass das nationale Markenrecht erlischt und nicht mehr rechtserhaltend benutzt werden kann, oder bleibt die nationale Marke auf der Grundlage des Unionsrechts aufrechterhalten, auch wenn sie im Register des betreffenden Mitgliedstaats nicht mehr existiert, mit der Folge, dass sie weiterhin rechtserhaltend benutzt werden kann und muss?

BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Verwechslungsgefahr zwischen Marken Power Horse und Power Horn für Getränke und Energy Drinks - Rechtserhaltende Benutzung einer Wortmarke bei Hinzufügung von Bildelementen

BGH
Beschluss vom 18.12.2014
I ZR 63/14


Der BGH hat entschieden, dass zwischen den Marken "Power Horse" und "Power Horn" Verwechslungsgefahr besteht. Dabei ging es auch um die rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke, die als Wortmarke eingetragen war, vom Markeninhaber aber stets in Verbindung mit einem Pferdelogo verwendet wurde. Der BGH führt aus, dass die Hinzufügung von Bildelementen den kennzeichnenden Charakter einer Wortmarke nicht verändert, wenn dadurch die wörtliche Aussage lediglich illustriert wird, ohne dass die bildliche Darstellung eine eigenständige kennzeichnende Bedeutung gewinnt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"I ZR 63/14
Die Klagemarke ist kein einheitliches Wortzeichen. Sie ist eine nicht einmal durch Zusammenschreibung, sondern lediglich durch einen Bindestrich verbundene Kombination von zwei Wörtern. Damit ist bereits in der Klagemarke selbst die Trennung ihrer Bestandteile angelegt. Wird diese Trennung in der verwendeten Form lediglich optisch nachvollzogen, bleibt der Bedeutungsinhalt der Klagemarke unverändert. Die Trennung ist vorliegend für die rechtserhaltende Benutzung unschädlich (vgl. BGH, GRUR 2000, 1038, 1039 - Kornkammer).

cc) Auch die Hinzufügung der Darstellung eines sich aufbäumenden schwarzen Pferdes und die Verwendung von zwei sich an den Spitzen berührenden roten Dreiecken im Hintergrund sind für die rechtserhaltende Benutzung
der Klagemarke unschädlich.

(1) Die Hinzufügung von Bildelementen verändert den kennzeichnenden Charakter einer Wortmarke nicht, wenn dadurch die wörtliche Aussage lediglich illustriert wird, ohne dass die bildliche Darstellung eine eigenständige kennzeichnende Bedeutung gewinnt (BGH, Beschluss vom 9. Juli 1998 - I ZB 7/96, GRUR 1999, 167, 168 = WRP 1998, 1083 - Karolus-Magnus, mit Darstellung eines mittelalterlichen Kaisers; BGH, GRUR 2000, 1038, 1039 f. - Kornkammer, mit Abbildung eines stilisierten Kornspeichers; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 26 Rn. 164). Davon ist vorliegend auszugehen. Die Abbildung eines Pferdes auf den von der Klägerin für den Vertrieb von EnergyDrinks verwendeten Getränkedosen ist eine werbeübliche Verstärkung des die Klagemarke dominierenden Wortelements "HORSE". Der Umstand, dass ein sich aufbäumendes Pferd gezeigt wird, verstärkt nur die Wortbestandteile der Marke der Klägerin.

(2) Auch die beiden roten Dreiecke, die als Hintergrund des Bildmotivs verwendet werden, haben keinen Einfluss auf den kennzeichnenden Charakter der Klagemarke. Werden einer Wortmarke bildliche Elemente hinzugefügt, ist
zu berücksichtigen, dass Marken in der Praxis regelmäßig nicht isoliert verwendet werden, sondern dem Verkehr häufig verbunden mit weiteren Angaben, Zeichen, Aufmachungen und Farben entgegentreten. So werden graphische
und farbliche Hinzufügungen und Gestaltungen nicht selten einen lediglich dekorativen, verzierenden Charakter haben, denen der Verkehr keine Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke und der benutzten
Form beimisst (vgl. BGH, GRUR 1998, 167, 168 - Karolus-Magnus; GRUR 2000, 1038, 1039 - Kornkammer; GRUR 2010, 729 Rn. 21 - MIXI; GRUR 2013, 725 Rn. 19 - Duff Beer). Dies trifft für die auf den Getränkedosen verwendeten
beiden roten Dreiecke zu, die ersichtlich lediglich als dekorativer Hintergrund dienen.



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: