OLG Nürnberg
Hinweisbeschluss vom 19.06.2024 3 U 2541/23
Das OLG Nürnberg hat in einem Hinweisbeschluss ausgführt, dass keine markenmäßige Verwendung vorliegt, wenn ein Werbespruch mit einem beschreibenden oder auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Sinn verwendet wird.
Leitsätze des Gerichts:
1. Rechtlich erhebliche Anteile des angesprochenen Verkehrs ziehen aus einem Werbespruch, der überwiegend in einem beschreibenden oder auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Sinn zu verstehen ist, grundsätzlich nicht den Schluss, die Botschaft des Slogans solle zugleich auch für das Produkt als Herkunftshinweis dienen.
2. Eine besondere Eigenart und Einprägsamkeit rechtfertigen für sich gesehen noch nicht die Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft. Der Umstand, dass ein Zeichen bereits bei Eintragung fantasievoll und einprägsam ist, führt per se nicht zu einem erweiterten Schutzumfang.
3. Je mehr bekannte Kennzeichen sich auf einer Produktverpackung finden, desto weniger hat der Verkehr Anlass, nach weiteren zusätzlichen ihm unbekannten Herkunftshinweisen zu suchen. Dies gilt insbesondere, wenn sich diese an markenuntypischen Stellen befinden.
Aus den Entscheidungsgründen: II. Die Beurteilung der maßgeblichen Einzelumstände in einer Gesamtwürdigung führt im vorliegenden Fall dazu, dass kein nicht unerheblicher Teil der Durchschnittsverbraucher in der gegenständlichen Verwendung der Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auf der Rückseite verschiedener Goldbären-Verpackungen und mehrerer Werbemaßnahmen sowie „HAPPY 100th BEARSDAY“ auf einer Travel-Edition der „... Goldbears“-Verpackung einen Hinweis auf die Herkunft der Fruchtgummiprodukte aus einem bestimmten Unternehmen sieht.
1. Die sich aus der Natur der Klagemarken ergebenden Gesichtspunkte, die sich auch in den Verletzungszeichen widerspiegeln – insbesondere der Umstand, dass die angegriffenen Wortkombinationen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ im Rahmen ihrer konkreten Benutzung jeweils deutlich beschreibende Anklänge aufweisen – sprechen im Streitfall gegen ein Verständnis als Herkunftshinweis bei den angesprochenen Verkehrskreisen.
a) Die beschreibende Verwendung eines Zeichens stellt im Regelfall keine markenmäßige Benutzung dar, denn wenn ein Wort einen beschreibenden Charakter hat, wird es normalerweise vom Verkehr als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst (BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 – MICRO COTTON).
Dabei ist das Vorliegen einer rein beschreibenden Angabe nicht erforderlich. Vielmehr ist bereits die Tatsache, dass das verwendete Zeichen im Rahmen der konkreten Benutzung deutlich beschreibende Anklänge aufweist, ein Umstand, der gegen eine markenmäßige Benutzung sprechen kann (OLG Nürnberg GRUR-RR 2022, 224 Rn. 16 ff. – Bewegte Medizin; OLG Nürnberg GRUR 2023, 75 Rn. 22 – Torjägerkanone). So verletzt der als Bezeichnung für einen Telefontarif verwendete Begriff „Allnet Flat“ mangels kennzeichenmäßigen Gebrauchs nicht ein fremdes Unternehmenskennzeichenrecht an dem Firmenschlagwort „ALLNET“ (OLG Frankfurt a. M. GRUR-RR 2015, 59 Rn. 7 ff. – Allnet Flat), erfolgt die Verwendung der u.a. für Bekleidung geschützten Marke „Think“ auf einem an Lederjacken angebrachten Hang-Tag mit dem Slogan „Think Green“ lediglich als beschreibender Hinweis auf die Eigenschaften bzw. die Herstellungsweise des beworbenen Produkts (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2018, 446 Rn. 33 ff. – Hang-Tag Think Green), sieht der Verkehr die Benutzung des Zeichens „Clown“ im Zusammenhang mit einer bekannten Marke für Fruchtgummi- und Lakritzprodukte auf einer durchsichtigen Verpackung für Fruchtgummiprodukte in Clown-Form nicht als herkunftshinweisend, sondern allein als Beschreibung der Warenform an (OLG Köln GRUR-RR 2020, 308 – CLOWNS) oder hat der Verbraucher bei der Aussage „Ein Herz für Tiere“ auf einem Aufkleber, der auf der Rückseite eines Lebkuchenherzens angebracht ist, keine Veranlassung anzunehmen, es handele sich insoweit um einen Herkunftshinweis, wenn die Aussage inhaltlich mit derjenigen identisch ist, die vorne auf dem Herz angebracht ist, und es sich bei dem Produkt tatsächlich um ein Herz für ein Tier handelt (OLG München GRUR 2021, 1087 Rn. 46 ff. – Ein Herz für Tiere).
Der Markencharakter kann auch dadurch untergehen, dass aufgrund der Eigenart des Zeichens in dem konkreten dekorativen Verwendungszusammenhang eine andere, nicht markenmäßige Bedeutung für den Verkehr ganz in den Vordergrund tritt (OLG Hamburg GRUR-RR 2009, 300 – Baby-Body-Slogan). So wie der Durchschnittsverbraucher regelmäßig in der Formgestaltung einer Ware lediglich eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung des Produkts (BGH GRUR 2016, 197 Rn. 27 – Bounty) oder in der Verwendung einer Farbe nur ein Gestaltungsmittel (BGH GRUR 2016, 1167 Rn. 25 – Sparkassen-Rot), jeweils aber keinen Herkunftshinweis sieht, ist in der Regel auch bei Werbeslogans ein herkunftshinweisender Charakter zu verneinen (Hacker a.a.O. § 14 Rn. 166). Rechtlich erhebliche Anteile des angesprochenen Verkehrs werden aus einem überwiegend in einem beschreibenden oder auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Sinn zu verstehenden Werbespruch grundsätzlich nicht den Schluss ziehen, die Botschaft des Slogans solle zugleich auch für das Produkt als Herkunftshinweis dienen.
Das LG München hat entschieden, dass Verwendung einer Comicfigur auf einer Produktverpackung eine markenmäßige Verwendung ist. Im vorliegend Fall hat das Gericht aber eine Verwechslungsgefahr zwischen einem Käsestreifen mit Gesicht und einer aufgerollten Käseschnecke verneint.
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Zwar scheitern kennzeichenrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten nicht schon daran, dass die beanstandete Zeichenvenwendung nicht markenmäßig erfolgt, sondern ist vielmehr mit der Klägerin davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr - zu dem auch die Kammermitglieder als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Nachfrager der in Rede stehenden Käseprodukte gehören - das streitgegenständliche Bildzeichen jedenfalls auf der Produktverpackung als (weiteren) Herkunftshinweis auffassen.
a) Eine rechtsverletzende Benutzung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH voraus, dass die spezifischen Interessen des Markeninhabers deshalb betroffen sind, weil die Benutzung durch den Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte, insbesondere ihre Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 128 m.w.N.).
b) Die Ursprungsgarantie als Hauptfunktion der Marke wird dann beeinträchtigt, wenn das Zeichen von dem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Abnehmer es als Herkunftskennzeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen auffassen, wofür es genügt, dass die Benutzung auch nur den Eindruck aufkommen lässt, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren und dem Markeninhaber besteht (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 129 unter Verweis insbesondere auf EuGH GRUR 2003, 55 - Arsenal Football Club).
c) Eine markenmäßige Verwendung in diesem Sinne ist mithin dann gegeben, wenn ein Zeichen im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 132 m.w.N.). Ob eine Zeichenverwendung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und daher im engeren Sinne markenmäßig verwendet wird, beurteilt sich nach dem Verständnis des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 138). Die Einstufung als herkunftshinweisende Verwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Zeichen vom Verkehr zusätzlich auch noch andere Funktionen oder Bedeutungen beigegeben werden. Es genügt vielmehr stets ein Verkehrsverständnis zumindest auch als Herkunftshinweis (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 140 unter Verweis auf EuGH GRUR 2003, 55 -Arsenal Football Club). Einer Einstufung als markenverletzendem Gebrauch steht mithin nicht entgegen, dass das Zeichen auf dem Produkt des Dritten auch, aber nicht nur als Verzierung aufgefasst wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 205 mit Verweis auf EuGH GRUR Int. 2004, 121 - Adidas-Salomon und Adidas Benelux sowie auf EuGH GRUR 2008, 503 - adidas und adidas Benelux) insbesondere schließt eine Integration in die Produktaufmachung eine zumindest auch kennzeichenmäßige Verwendung nicht aus (vgl. OLG München GRUR-RR 2002, 57 - Benetton Slide).
Der Begriff des im engeren Sinne markenmäßigen Gebrauchs ist im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes grundsätzlich weit zu fassen; es genügt bereits die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt. Ob der Verwender subjektiv die betriebliche Herkunft kennzeichnen wollte oder mit einem solchen Verständnis rechnete, ist dagegen bedeutungslos. Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, ist ein markenmäßiger Gebrauch zu verneinen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 143 ff.).
d) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine markenmäßige Verwendung des von der Klägerin beanstandeten Zeichens auf der Produktverpackung des von der Beklagten zu 1) hergestellten und vertriebenen Erzeugnisses „Tolle Rolle“ zu bejahen. Denn die streitgegenständliche Comicfigur ist prominent an der Verpackungsvorderseite angebracht und damit an einer Position, an der bei Lebensmittelverpackungen typischerweise Herkunftshinweise angebracht werden, nämlich weil die Kennzeichnung an dieser Stelle bei der Präsentation im (Kühl)-Regal stets präsent und gut sichtbar bleibt. An diese überaus gängige Kennzeichnungspraxis ist der angesprochene Verkehr gewöhnt.
Hieran vermag auch die Tatsache, dass auf der streitgegenständlichen Käseverpackung weitere Kennzeichnungen, wie etwa „MILKANA“ oder „Tolle Rolle!“, angebracht sind, nichts zu ändern. Denn der maßgebliche Verkehr ist - wie nicht zuletzt die von den Beklagten als Anlage B 4 vorgelegte Produktübersicht illustriert - gerade im Lebensmittelbereich daran gewöhnt, dass die Hersteller ihre Produkte nicht nur mit ihren Wortzeichen, sondern nicht zuletzt um eines schnellen Wiedererkennungswertes willen blickfangmäßig auch mit weiteren kennzeichnungskräftigen Bildelementen versehen, weshalb er das von der Klägerin angegriffene graphische Element als Zweitbzw. Drittmarke und damit als markenmäßig benutzt wahrnimmt.
2. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne.
a) Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr., vgl. nur EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).
b) Die Klagemarke ist für die hier maßgeblichen Waren „Käse und Erzeugnisse aus Käse“ von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft infolge intensiver Benutzung ist für die Bundesrepublik Deutschland oder gar das Gebiet der Europäischen Union nicht hinreichend dargetan. Wie mit den Parteien bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, sind die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragenen - und von den Beklagten bestrittenen - Zahlen nicht hinreichend aussagekräftig, weil die für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft ihrer Klagemarke darlegungs- und beweisbelastete Klägerin es unterlässt, Vergleichszahlen für Konkurrenzprodukte wie etwa den ...zu nennen, und weil von den bloßen Umsatzzahlen eines Produktes nicht zwingend auf das Maß der Kennzeichnungskraft der dieses kennzeichnenden Marke geschlossen werden kann. Umgekehrt ist aber auch eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch im engeren Ähnlichkeitsbereich liegende, benutzte Drittzeichen von den hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht hinreichend dargetan, so dass es beim Ausgangspunkt normaler originärer Kennzeichnungskraft (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 532) der Klagemarke zu verbleiben hat.
c) Die sich gegenüberstehenden Waren, nämlich Käseprodukte, sind identisch.
d) Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen
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und
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auch in den nachfolgend wiedergegebenen Ausführungsformen
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besteht absolute Zeichenunähnlichkeit im Rechtssinne:
aa) Hinsichtlich des Grades der Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Vergleichszeichen dem angesprochenen Verkehr, also dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, vermitteln (vgl. EuGH GRUR Int 2004, 843 - MATRATZEN; EuGH GRUR 2007, 700 - HABM/Shaker; EuGH GRUR Int 2010, 129 - Carbonell/La Espanola; EuGH GRUR 2010, 1098 - Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2011, 148 -Goldhase II; BGH, GRUR 2010, 833 - Malteserkreuz II). Eine künstlich zergliedernde, analysierende Betrachtungsweise ist zu vermeiden, weil auch eine größere Anzahl von Übereinstimmungen im Einzelnen nicht notwendig zu einem übereinstimmenden Gesamteindruck führen muss. Der Verkehr nimmt eine Marke regelmäßig so auf, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (st. Rspr., vgl. nur EuGH GRUR 1998, 387 - Sabel/Puma).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine auch nur geringe Zeichenähnlichkeit im Rechtssinne wegen der bestehenden augenfälligen und überdeutlichen Zeichenunterschiede zu verneinen. Denn schon auf den ersten Blick erkennt der angesprochene Verkehr, dass es sich bei der Klagemarke um einen an dessen oberen Ende ausgefransten Streifen handelt, wohingegen das angegriffene Zeichen eine aufgerollte Schnecke darstellt. Hinzu kommen weitere, deutlich sichtbare Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen, nämlich die „Haare“ bei der Klagemarke, die im angegriffenen Zeichen gänzlich fehlen, sowie die prägnanten Augenbrauen und die vorderen Extremitäten (nämlich Arme samt gestikulierenden Greifhänden) im angegriffenen Zeichen, die wiederum bei der Klagemarke nicht vorhanden sind. Demgegenüber treten die Übereinstimmungen in der - bei einer Bewerbung von Käseprodukten wenig überraschenden - gelblichen Farbgebung und in der - gleichermaßen üblichen wie alltäglichen - comicartigen Gesichts- und Mimikgestaltung absolut in den Hintergrund und fallen daher nicht ins Gewicht.
cc) Dass dies letztlich auch die Klägerin so sieht, zeigt deren Bemühen, die „Rolle“ im angegriffenen Zeichen als nicht zu berücksichtigenden Zeichenbestandteil zu klassifizieren und den Zeichenvergleich auf nur einen Teil der angegriffenen Gestaltung zu beschränken. Damit kann sie jedoch im Ergebnis nicht durchdringen:
Zwar schließt es die Prämisse, dass die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen sind, nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. BGH GRUR 2013, 833 - Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE). Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH GRUR 2013, 833 - Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 -THOMSON LIFE). Bestimmen jedoch sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung den Gesamteindruck der Marke oder Kennzeichnung gleichermaßen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke oder Kennzeichnung dominiert oder prägt, führt dies nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen. Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, weil im Normalfall der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, zur Ausnahme, und die Ausnahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden, zur Regel (vgl. BGH GRUR 2013, 833 - Culinaria / Villa Culinaria m.w.N., insbesondere auf EuGH GRUR 2005, 1042 -THOMSON LIFE).
Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies Folgendes: Das von den Beklagten verwendete Zeichen begegnet dem angesprochenen Verkehr als ein einheitliches Zeichen, nämlich als aufgerollte Schnecke, und nicht als Abbildung des so beworbenen Käseprodukts („Käserolle“), auf dem ein weiteres Zeichen („Streifen mit Gesicht“) angebracht ist. Denn die angegriffene Darstellung erscheint mit dem der Wölbung der übrigen Rolle folgenden vorderen Ende und den sog. „Speedlines“ als eine dynamisierte Gesamtbewegung, zu der auch und gerade das Gesicht als untrennbarer Bestandteil gehört. Weil der angesprochene Verkehr aber keinerlei Veranlassung hat, das angegriffene Zeichen künstlich in zwei Bestandteile, nämlich „Streifen mit Gesicht“ plus „Rolle“, aufzuspalten, kann eine selbständig kennzeichnende Stellung des ersteren im angegriffenen Zeichen nicht angenommen werden. Weil darüber hinaus die Klägerin keinen Schutz der in Rede stehenden Gestaltung ihres „Streifens“ als Serienbestandteil beanspruchen kann, bleibt es bei dem Grundsatz, dass die sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrem Gesamteindruck zu vergleichen sind. Dann aber scheidet jegliche Zeichenähnlichkeit im Rechtssinne aus, denn ein Pinsel ist keine Schnecke, und bloße Übereinstimmungen im (comicartigen) Stil der Darstellung können einen Motivschutz keinesfalls begründen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 968 mit Verweis auf BPatG Beschluss vom 10.12.2009, Az. 30 W (pat) 77/09 -laufender Chinese = BeckRS 2010, 03238).
e) Infolge der überaus deutlichen Zeichenunterschiede, die zu einer absoluten Zeichenunähnlichkeit im kennzeichenrechtlichen Sinne führen, ist eine unmittelbare wie auch eine nur mittelbare Verwechslungsgefahr trotz der bestehenden Warenidentität selbst bei - unterstellter - Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu verneinen. Auf die zwischen den Parteien streitigen weiteren Fragen wie etwa der Passivlegitimation der Beklagten zu 2), und ob die Beklagte(n) das angegriffene Zeichen auch isoliert (markenmäßig) verwendet haben, kommt es daher nicht an.
II. Lauterkeitsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten bestehen ebenfalls nicht, weshalb die Klage auch im Hilfsantrag abzuweisen war.
1. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemäß § 4 Nr. 3 a) und b) UWG sind nicht gegeben, weil das beanstandete Zeichen die Klagemarke nicht nachahmt und daher weder eine Herkunftstäuschung herbeizuführen (§ 4 Nr. 3 a) UWG) noch die Wertschätzung der Klagemarke unangemessen auszunutzen oder zu beeinträchtigen (§ 4 Nr. 3 b) UWG) vermag. Insoweit dürfen die Wertungen des Kennzeichenrechts (siehe oben I.) nicht unterlaufen werden (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Auflage, § 4 Rdnr. 3.9). Auf einen Produktvergleich stützt sich die Klägerin zur Begründung ihrer behaupteten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche nicht.
2. Aus denselben Gründen scheiden auch Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 5 Abs. 2 UWG aus. Auch bei der Prüfung des lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsschutzes sind die Wertungen des Kennzeichenrechts (siehe oben I.) zu beachten: Liegt keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vor, fehlt auch die Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 35. Auflage, § 5 Rdnr. 9.8 und 9.9).
3. Für Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 13 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG fehlt es schon an der Darlegung einer … hierfür erforderlichen Täuschungsabsicht der Beklagten (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Auflage, Anh. zu § 3 III UWG Rdnr. 13.7).