OLG Frankfurt: Kein Unterlassungsanspruch eines ehemaligen DFB-Schiedsrichters gegen Äußerungen in einem Gutachten aufgrund des Sachverständigenprivilegs
OLG Frankfurt
Urteil vom 30.11.2023
16 U 206/21
Das OLG Frankfurt hat vorliegend entschieden, dass ein ehemaliger DFB-Schiedsrichter keinen Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Gutachten hat, da insoweit das Sachverständigenprivileg gilt.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Sachverständigenprivileg: Ehemaliger DFB-Schiedsrichter kann nicht Unterlassen gutachterlicher Äußerungen über ihn verlangen
Schlussfolgerungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem sog. Sachverständigenprivileg und sind damit als Werturteil einzuordnen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil die Klage eines ehemaligen Schiedsrichters des DFB zurückgewiesen. Der Kläger wendete sich gegen Aussagen des Beklagten über ihn in einem im Auftrag des DFB erstellten Gutachten.
Der Kläger war Schiedsrichter beim DFB und leitete dort vor allem Spiele der ersten Bundesliga. Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Unterlassung und Widerruf von in einem Gutachten enthaltenen Äußerungen in Anspruch und begehrt eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 €. Der Kläger hatte 2005 den sog. Fußball-Wettskandal aufgedeckt. Danach hatten einzelne Schiedsrichter von Profifußballspielen gegen Geld das Ergebnis von Bundesligaspielen regelwidrig beeinflusst, um Fußballwettergebnisse zu beeinflussen. Hierüber hatte sich der Kläger im Rahmen eines Interviews 2017 öffentlich geäußert und aus seiner Sicht Verantwortliche namentlich benannt. Er behauptete u.a., dass es nicht nach den Leistungen der Schiedsrichter gegangen sei, sondern danach, ob diese auf „Wellenlänge“ mit der DFB-Führung gelegen hätten.
Daraufhin beauftragte der DFB den Beklagten mit einer internen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Untersuchung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte Zeugenaussagen in seinem Bericht unvollständig, falsch oder sinnentstellend wiedergegeben habe und deshalb unhaltbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe.
Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne unter Berücksichtigung des sog. Sachverständigenprivilegs nicht Unterlassung der hier streitgegenständlichen Äußerungen verlangen. Äußerungen in Sachverständigengutachten, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gelte auch, wenn sie „äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind“, vertiefte das OLG. Dies beziehe sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es sei gerade die Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies rechtfertige die Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Werturteil.
Der Beklagte könne sich auch auf das Sachverständigenprivileg berufen. Private Gutachter würden öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgestellt.
Die hier streitgegenständlichen Aussagen unterfielen alle dem Sachverständigenprivileg. Bei der erforderlichen kontextbezogenen Auslegung lägen durchgehend Schlussfolgerungen vor.
Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzten, fehle es aber an einer schwerwiegenden Verletzung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter eröffnet habe.
Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Recht der Meinungsäußerung und der Berufsfreiheit seitens des Beklagten das Schutzinteresse des Klägers. Das Schutzinteresse des Klägers würde überwiegen, wenn der Beklagte etwa grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen wäre und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers in Kauf genommen hätte. Dies sei hier nicht der Fall.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2023, Az. 16 U 206/21
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.09.2021, Az. 2-17 O 95/19)
Urteil vom 30.11.2023
16 U 206/21
Das OLG Frankfurt hat vorliegend entschieden, dass ein ehemaliger DFB-Schiedsrichter keinen Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Gutachten hat, da insoweit das Sachverständigenprivileg gilt.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Sachverständigenprivileg: Ehemaliger DFB-Schiedsrichter kann nicht Unterlassen gutachterlicher Äußerungen über ihn verlangen
Schlussfolgerungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem sog. Sachverständigenprivileg und sind damit als Werturteil einzuordnen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil die Klage eines ehemaligen Schiedsrichters des DFB zurückgewiesen. Der Kläger wendete sich gegen Aussagen des Beklagten über ihn in einem im Auftrag des DFB erstellten Gutachten.
Der Kläger war Schiedsrichter beim DFB und leitete dort vor allem Spiele der ersten Bundesliga. Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Unterlassung und Widerruf von in einem Gutachten enthaltenen Äußerungen in Anspruch und begehrt eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 €. Der Kläger hatte 2005 den sog. Fußball-Wettskandal aufgedeckt. Danach hatten einzelne Schiedsrichter von Profifußballspielen gegen Geld das Ergebnis von Bundesligaspielen regelwidrig beeinflusst, um Fußballwettergebnisse zu beeinflussen. Hierüber hatte sich der Kläger im Rahmen eines Interviews 2017 öffentlich geäußert und aus seiner Sicht Verantwortliche namentlich benannt. Er behauptete u.a., dass es nicht nach den Leistungen der Schiedsrichter gegangen sei, sondern danach, ob diese auf „Wellenlänge“ mit der DFB-Führung gelegen hätten.
Daraufhin beauftragte der DFB den Beklagten mit einer internen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Untersuchung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte Zeugenaussagen in seinem Bericht unvollständig, falsch oder sinnentstellend wiedergegeben habe und deshalb unhaltbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe.
Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne unter Berücksichtigung des sog. Sachverständigenprivilegs nicht Unterlassung der hier streitgegenständlichen Äußerungen verlangen. Äußerungen in Sachverständigengutachten, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gelte auch, wenn sie „äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind“, vertiefte das OLG. Dies beziehe sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es sei gerade die Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies rechtfertige die Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Werturteil.
Der Beklagte könne sich auch auf das Sachverständigenprivileg berufen. Private Gutachter würden öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgestellt.
Die hier streitgegenständlichen Aussagen unterfielen alle dem Sachverständigenprivileg. Bei der erforderlichen kontextbezogenen Auslegung lägen durchgehend Schlussfolgerungen vor.
Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzten, fehle es aber an einer schwerwiegenden Verletzung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter eröffnet habe.
Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Recht der Meinungsäußerung und der Berufsfreiheit seitens des Beklagten das Schutzinteresse des Klägers. Das Schutzinteresse des Klägers würde überwiegen, wenn der Beklagte etwa grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen wäre und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers in Kauf genommen hätte. Dies sei hier nicht der Fall.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2023, Az. 16 U 206/21
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.09.2021, Az. 2-17 O 95/19)