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LG Düsseldorf: Art. 15 DSGVO ist eine Marktverhaltensregel nach § 3a UWG - Verstoß kann von Verbraucherschutzvereinen abgemahnt werden

LG Düsseldorf
15.03.2024
34 O 41/23

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Art. 15 DSGVO eine Marktverhaltensregel nach § 3a UWG ist. Ein Verstoß kann von Verbraucherschutzvereinen abgemahnt werden

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Unterlassungsanspruch zu 2) ist begründet gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, § 3, 3a UWG i.V.m. Art. 15 DSGVO.

1. Der Kläger ist als qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt (EuGH, Urteil vom 28.04.2022 – C-319/20 – Meta Platforms Ireland; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Auflage 2024, § 3a UWG, Rn. 1.40b ff.).

2. In der Auskunftserteilung liegt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, weil sie im Zusammenhang mit der Durchführung eines (vermeintlichen) Vertrags über Waren steht. Die Beklagte hat Herrn … erst knapp zwei Monate nach seinem Auskunftsbegehren (Anlage K 4) die geforderte datenschutzrechtliche Auskunft (Anlage K 5) erteilt und damit gegen Marktverhaltensregelungen verstoßen.

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die in der Vorschrift nachfolgend aufgezählten Informationen. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DSGVO hat der Unternehmer einer betroffenen Person die Auskunft nach Art. 15 DSGVO unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. Diese Frist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten. Bei Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DSGVO handelt es sich um Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 3a UWG. Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Eine Norm regelt das Marktverhalten, wenn sie einen Wettbewerbsbezug aufweist, indem sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleitung berührt wird. Dabei genügt, dass die Vorschrift zumindest auch den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Datenschutzrechtliche Bestimmungen weisen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten geht, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke (vgl. statt aller: OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 – 2 U 257/19 – Reifensofortverkauf, m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei Art. 12, Art. 15 DSGVO um Marktverhaltensregelungen. Die Auskunftspflicht und die diesbezügliche Frist dienen dem Verbraucherschutz. Sie flankieren die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 13 DSGVO, wonach der Verantwortliche im Sinne von Art. 4 DSGVO vor der Entgegennahme personenbezogener Daten des Interessenten über bestimmte Umstände zu informieren hat. Beide Informations- bzw. Auskunftspflichten dienen dem Interesse des Verbrauchers und sonstigen Marktteilnehmers, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Bei den Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO dienen sie dem Verbraucher zur Entscheidung, ob er mit dem Unternehmen überhaupt in Kontakt treten möchte (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO und die Frist in Art. 12 DSGVO dienen im Nachgang zur Geschäftsanbahnung der Vertragsabwicklung. Sie ermöglichen damit dem Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung über sein weiteres Handeln in diesem Geschäftskontakt zu treffen.

4. Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die Spürbarkeitsklausel hat den Zweck, solche Fälle des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung von der Verfolgung auszunehmen, die keine nennenswerte Auswirkung auf andere Marktteilnehmer haben. Denn daran besteht kein Interesse der Allgemeinheit. Ein Verbot ist vielmehr nur dann erforderlich, wenn dies der Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber oder der sonstigen Marktteilnehmer erfordert. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich die unlautere geschäftliche Handlung tatsächlich auf die anderen Marktteilnehmer auswirkt oder doch auswirken kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 1.96). Bei den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern geht es in erster Linie darum, eine informierte und freie geschäftliche Entscheidung (§ 2 Abs.1 Nr. 1 UWG) treffen zu können (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 1.98). Da die fristgerechte Auskunftserteilung dem Verbraucher ermöglicht, die weitere Durchführung eines Vertrags oder Geschäftskontakts zu gestalten, ist ein hiergegen gerichteter Verstoß als spürbar zu bewerten. Denn sie dient letztlich der informierten Entscheidung.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Unterlassungsanspruch eines ehemaligen DFB-Schiedsrichters gegen Äußerungen in einem Gutachten aufgrund des Sachverständigenprivilegs

OLG Frankfurt
Urteil vom 30.11.2023
16 U 206/21


Das OLG Frankfurt hat vorliegend entschieden, dass ein ehemaliger DFB-Schiedsrichter keinen Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Gutachten hat, da insoweit das Sachverständigenprivileg gilt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Sachverständigenprivileg: Ehemaliger DFB-Schiedsrichter kann nicht Unterlassen gutachterlicher Äußerungen über ihn verlangen

Schlussfolgerungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem sog. Sachverständigenprivileg und sind damit als Werturteil einzuordnen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil die Klage eines ehemaligen Schiedsrichters des DFB zurückgewiesen. Der Kläger wendete sich gegen Aussagen des Beklagten über ihn in einem im Auftrag des DFB erstellten Gutachten.

Der Kläger war Schiedsrichter beim DFB und leitete dort vor allem Spiele der ersten Bundesliga. Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Unterlassung und Widerruf von in einem Gutachten enthaltenen Äußerungen in Anspruch und begehrt eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 €. Der Kläger hatte 2005 den sog. Fußball-Wettskandal aufgedeckt. Danach hatten einzelne Schiedsrichter von Profifußballspielen gegen Geld das Ergebnis von Bundesligaspielen regelwidrig beeinflusst, um Fußballwettergebnisse zu beeinflussen. Hierüber hatte sich der Kläger im Rahmen eines Interviews 2017 öffentlich geäußert und aus seiner Sicht Verantwortliche namentlich benannt. Er behauptete u.a., dass es nicht nach den Leistungen der Schiedsrichter gegangen sei, sondern danach, ob diese auf „Wellenlänge“ mit der DFB-Führung gelegen hätten.

Daraufhin beauftragte der DFB den Beklagten mit einer internen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Untersuchung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte Zeugenaussagen in seinem Bericht unvollständig, falsch oder sinnentstellend wiedergegeben habe und deshalb unhaltbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe.

Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne unter Berücksichtigung des sog. Sachverständigenprivilegs nicht Unterlassung der hier streitgegenständlichen Äußerungen verlangen. Äußerungen in Sachverständigengutachten, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gelte auch, wenn sie „äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind“, vertiefte das OLG. Dies beziehe sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es sei gerade die Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies rechtfertige die Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Werturteil.

Der Beklagte könne sich auch auf das Sachverständigenprivileg berufen. Private Gutachter würden öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgestellt.

Die hier streitgegenständlichen Aussagen unterfielen alle dem Sachverständigenprivileg. Bei der erforderlichen kontextbezogenen Auslegung lägen durchgehend Schlussfolgerungen vor.

Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzten, fehle es aber an einer schwerwiegenden Verletzung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter eröffnet habe.

Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Recht der Meinungsäußerung und der Berufsfreiheit seitens des Beklagten das Schutzinteresse des Klägers. Das Schutzinteresse des Klägers würde überwiegen, wenn der Beklagte etwa grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen wäre und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers in Kauf genommen hätte. Dies sei hier nicht der Fall.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2023, Az. 16 U 206/21

(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.09.2021, Az. 2-17 O 95/19)



BGH: Erneute Markenrechtsverletzung trotz strafbewehrter Unterlassungserklärung begründet Wiederholungsgefahr - erneutes Vertragsstrafeversprechen nach "Hamburger Brauch" genügt

BGH
Urteil vom 01.12.2022
I ZR 144/21
Wegfall der Wiederholungsgefahr III
Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 9, 17 Abs. 1, Art. 130 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass eine erneute Markenrechtsverletzung trotz strafbewehrter Unterlassungserklärung erneut die Wiederholungsgefahr begründet, die durch eine weitere strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Dabei genügt eon erneutes Vertragsstrafeversprechen nach "Hamburger Brauch".

Leitsätze des BGH:
a) Eine neue Markenrechtsverletzung trotz strafbewehrter Unterlassungserklärung begründet regelmäßig erneut die Wiederholungsgefahr, die grundsätzlich nur durch eine weitere Unterwerfungserklärung mit einer gegenüber der ersten erheblich höheren Strafbewehrung ausgeräumt werden kann. Einem Vertragsstrafeversprechen nach "Hamburger Brauch" wohnt eine solche höhere Strafbewehrung bereits inne. Es entfaltet mit der Möglichkeit, eine Vertragsstrafe auch in zuvor nicht absehbarer Höhe festzusetzen, im Wiederholungsfall dem Schuldner gegenüber die notwendige Abschreckungswirkung, zumal der Umstand der wiederholten Zuwiderhandlung bei einer gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit der Vertragsstrafe zu berücksichtigen ist.

b) Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr genügt grundsätzlich der Zugang einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Schuldners, die sich als Ausdruck eines ernsthaften Unterlassungswillens darstellt. Dafür ist erforderlich, dass die strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zu ihrer Annahme oder Ablehnung durch den Gläubiger bindend ist, damit dieser sie jederzeit annehmen und so die Vertragsstrafeverpflichtung begründen kann. Nur dann ist die erforderliche Abschreckungswirkung gegeben, die den Wegfall der Wiederholungsgefahr schon mit Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtfertigt.

c) Lehnt der Gläubiger die Annahme der strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber dem Schuldner ab, scheitert der Abschluss des Unterlassungsvertrags und es fehlt ab diesem Zeitpunkt an der für den Wegfall der Wiederholungsgefahr erforderlichen Abschreckungswirkung durch eine (drohende) Vertragsstrafeverpflichtung (Aufgabe von BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - I ZR 285/88,
GRUR 1990, 1051 [juris Rn. 16] = WRP 1991, 27 - Vertragsstrafe ohne Obergrenze).

BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 - I ZR 144/21 - OLG Braunschweig - LG Braunschweig

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Köln: Bei Unternehmenserwerb per Asset Deal gehen Pflichten aus strafbewehrter Unterlassungserklärung nicht auf neuen Unternehmensinhaber über

LG Köln
Urteil vom 26.09.2022
14 O 225/21


Das LG Köln hat entschieden, dass bei einem Unternehmenserwerb per Asset Deal die Pflichten aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 339 S. 2 BGB.

Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Sie ist weder Partei des Unterlassungsvertrags vom 27.08.2014 geworden, noch aus sonstigem Grunde hieraus zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger verpflichtet.

Unstreitig ist die Beklagte nicht personenidentisch mit der Fa. J, die sich seinerzeit gegenüber dem Kläger unterworfen hat. Vielmehr ist es unstreitig, dass die Beklagte bestimmte Vermögenswerte der Fa. J im Wege eines „Asset Deals“ erworben hat. Die Fa. J jedoch ist in einem anderen Unternehmen aufgegangen.

Der vertragliche Unterlassungsanspruch und damit auch das Vertragsstrafeversprechen kann nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln (z.B. Schuldübernahme, Universalsukzession) auf einen Rechtsnachfolger übergehen, wenn nicht die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergibt, dass eine rein persönliche Schuld des Verpflichteten begründet werden sollte (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 5. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 678, die Erwägungen sind auf das Urheberrecht ohne Einschränkungen übertragbar).

Vorliegend ist keine Rechtsnachfolge auf die Beklagte ersichtlich. Die Beklagte ist – wie oben beschrieben – nicht im Wege der Universalsukzession Gesamtrechtsnachfolgerin geworden, insbesondere nicht durch Sondervorschriften des UmwG. Dies behauptet der Kläger auch nicht.

Im Übrigen ist vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger keine Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J schlüssig vorgetragen worden. Dem im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 08.09.2022 gestellten Antrag auf Vorlage des Unternehmenskaufvertrags nach § 142 ZPO war nicht nachzukommen. § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BeckOK ZPO/von Selle, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 142 Rn. 11 m.w.N.). Der Vortrag ist indes zu einer Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J nicht schlüssig. Dies schon deshalb nicht, weil eine Schuldübernahme im hiesigen Fall nach § 415 BGB die Genehmigung des Klägers bedurft hätte, aber eine entsprechende Anfrage nicht dargetan ist. Eine Übertragbarkeit ohne Genehmigung oder sonstiger Zustimmung des Klägers sieht der Unterlassungsvertrag nicht vor.

Die vom BGH im Urteil „Übergang des Vertragsstrafeversprechens“ (GRUR 1996, 995) beschriebene Konstellation der Firmenfortführung nach § 25 HGB liegt ebenfalls offensichtlich nicht vor. Es ist auch sonst kein Rechtsschein der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Fa. J durch die Beklagte gesetzt worden.

Schließlich folgt entgegen der Argumentation des Klägers keine Passivlegitimation der Beklagten aus dem Unterlassungsvertrag aus (dem Rechtsgedanken von) § 34 Abs. 3 und 4 UrhG. Die Norm knüpft an die Übertragung von Nutzungsrechten durch einen abgeleiteten Rechtsinhaber an einen Dritten an. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, was auch der Kläger einräumt. Der Kläger hat der Fa. J gerade kein Nutzungsrecht eingeräumt. Im Gegenteil, er hat die Fa. J mit Erfolg wegen der zustimmungslosen Nutzung des hier streitgegenständlichen Lichtbilds abgemahnt und diese hat sich unterworfen. Das Vertragsstrafeversprechen betreffend die zukünftige Nichtnutzung kann nicht als ein Fall der Übertragung von Nutzungsrechten angesehen werden. Es betrifft gerade den gegenteiligen Fall. Weil insoweit schon kein vergleichbarer Sachverhalt zu erkennen ist, verbietet sich eine analoge Anwendung der Norm. Auch der „Rechtsgedanke“ der Norm kann nicht ohne normativen Bezug zu einem Übergang eines Vertragsstrafeversprechens von einem Rechtsträger auf einen anderen führen. Der Kläger ist – wie dieser Fall selbst zeigt – auch nicht schutzlos gestellt, weil ihm bei einer Verletzung durch eine andere Person als dem vertraglichen Unterlassungsschuldner die gesamten gesetzlichen urheberrechtlichen Ansprüche zustehen. Die einzige Härte, die den Kläger trifft, ist, dass er keinen finanziell lukrativen Vertragsstrafeanspruch gegen den „Asset Käufer“ hat. Ihm steht aber bei Feststellung eines Verschuldens der gesetzliche Schadensersatzanspruch zu. In diesem Zusammenhang ist auch die Argumentation des Klägers, dass das Unterlassungsversprechen dem Lichtbild „anhafte“, sodass die behauptete Übergabe von der Fa. J auf die Beklagte auch den Übergang des Unterlassungsversprechens zur Folge habe, nicht haltbar. Ein solches faktisches Handeln kann nicht das schuldrechtliche Gefüge des Unterlassungsvertrages aushebeln.

Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die hier angegriffene Handlung als „kerngleiche“ Verletzung der Unterlassungserklärung anzusehen ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Karlsruhe: Grundsatz des fliegenden Gerichtsstandes gilt nicht für wettbewerbsrechliche Unterlassungsansprüche wegen fehlender Pflichtinformationen beim Vertrieb von Waren nach dem MPG

LG Karlsruhe
Urteil vom 09.03.2020
14 O 72/19 KfH

Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass der Grundsatz des fliegendes Gerichtsstandes nicht für wettbewerbsrechliche Unterlassungsansprüche wegen fehlender Pflichtinformationen beim Vertrieb von Waren nach dem Medizinproduktegesetz gilt.


OLG Hamm: Fotoklau im Internet - Streitwert von 5.000 EURO für Unterlassungsanspruch bei Nutzung eines Fotos im Geschäftsverkehr zu Werbezwecken angemessen

OLG Hamm
Beschluss vom 06.09.2016
32 SA 49/16


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Streitwert von 5.000 EURO für den Unterlassungsanspruch bei der unberechtigten Nutzung eines Fotos im Geschäftsverkehr zu Werbezwecken angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

(2) Der Unterlassungsantrag zu Ziff. 1 ist gem. § 3 ZPO mit mindestens 5.000 € zu bewerten. Entscheidend sind Art und Umfang der Verletzung und das wirtschaftliche Interesse des Rechteinhabers an der Unterlassung (Herget in: Zöller, a.a.O., § 3 ZPO, Rn. 16 „Unterlassung“ m.w.N.), also an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Dabei sind u.a. die Stellung des Verletzers und des Verletzten, das Wirkungspotential der Verletzung, die Intensität und Nachahmungsgefahr der Verletzung und subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers von Bedeutung (OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015 – 4 U 34/15, juris Rn. 172; KG Berlin, Beschluss vom 30.12.2010 – 24 W 100/10, juris Rn. 4; Nordemann-Schiffel in: Mayer, Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, V. Streitwerte im Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Presse- und Persönlichkeitsrecht, Rn. 13, beck-online). Die Streitwertangaben der Klägerseite haben indizielle Bedeutung, auch wenn sie anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung der Erfahrung und üblichen Wertfestsetzungen in gleichartigen Fällen zu überprüfen sind (OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2014 – 6 W 123/14, juris Rn. 1; OLG Braunschweig, Beschluss vom 14.10.2011 – 2 W 92/11, juris Rn. 7; OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015 – 4 U 34/15, juris Rn. 172 m.w.N.). Für den Anspruch auf Unterlassung der Verwendung einzelner von Wettbewerbern verwendete Fotos hat die Rechtsprechung Werte von 5.000 bis 6.000 € (vgl. etwa OLG Hamm, a.a.O. Rn. 173; OLG Zweibrücken, Urteil vom 19.05.2016 – 4 U 45/15, juris; OLG Köln, a.a.O., juris;), teils auch deutlich höher (z.B. OLG München, Beschluss vom 10.04.2015 – 6 W 2204/14, juris Rn. 5 m.w.N.; s.a. Nordemann-Schiffel in: Mayer, Kroiß a.a.O. m.w.N.: 10.000 € bis 16.000 €; KG Berlin, Beschluss vom 30.12.2010 – 24 W 100/10, juris – 9.000 € resp. 2/3 davon im einstweiligen Verfügungsverfahren) als angemessene Bewertung angesehen. Geringeren Bewertungen lag regelmäßig eine einmalige Verwendung eines Fotos durch Private oder Kleingewerbetreibende in einer zeitlich begrenzten Auktion zugrunde (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012 – 22 W 58/12, juris Rn. 3 m.w.N.).

Danach ist im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen Angaben des Klägers der Streitwert für den Unterlassungsantrag entsprechend den Angaben des Klägers mit mindestens 5.000 € zu bemessen. Kläger und Beklagte befinden sich im Wettbewerb; beide vermarkten Aquaristikprodukte der auf dem streitgegenständlichen Foto dargestellten Art in Web-Shops. Der Kläger ist durch die unbefugte Verwendung und Bearbeitung des Fotos, an dem ihm das Urheberrecht zusteht, in der eigenen jetzigen und künftigen Verwertung des Fotos für eigene Zwecke beeinträchtigt. Das Foto, das nach dem Vorbringen des Klägers hochwertig und jedenfalls semiprofessionell erstellt ist, will der Kläger nicht nur einmalig, sondern dauerhaft für die Bewerbung seiner Produkte nutzen. Auch die Verwendung durch die Beklagte war ihrer Art nach auf Dauer – nicht etwa nur auf eine Auktionszeit - angelegt. Die Beklagte hat das Foto zudem nach dem Klagevorbringen auf mehreren Seiten im Internet genutzt. Die Nutzung durch die Beklagte ist nach dem Vortrag der Klägerin noch nicht insgesamt, sondern nur teilweise eingestellt und erfolgt mindestens auf einer Seite weiterhin. Auch eine vorgerichtliche Aufforderung durch den Kläger hat die Beklagte nicht veranlasst, von der Verwendung Abstand zu nehmen. Der Kläger behauptet ferner eine Nutzung in Kenntnis der fehlenden Berechtigung. Gleichzeitig ist auch zu berücksichtigen, dass das Foto nicht oder jedenfalls nur begrenzt vermarktungsfähig und das Interesse des Klägers auf die eigene Nutzung, nicht auf Kommerzialisierung des Fotos, gerichtet ist. Unter Berücksichtigung aller Umstände besteht kein Anlass, den Wert für den Unterlassungsantrag niedriger als mit 5.000 € anzunehmen.

Soweit das Landgericht den Antrag auf Auskunft mit 500 € und den Antrag auf Schadensersatz mit 1.000 € bemessen hat, ist jedenfalls ist kein Grund erkennbar, die Anträge niedriger zu bemessen.

In der Summe ergibt sich ein Zuständigkeitsstreitwert von mindestens 6.500 € und daraus die Zuständigkeit des Landgerichts.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: