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BGH-Entscheidung im Rechtstreit Haribo Goldbär gegen Lindt Schokoladenbär liegt im Volltext vor - keine Ähnlichkeit

BGH
Urteil vom 23.09.2015
I ZR 105/14
Goldbären
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3; UWG § 4 Nr. 9 und 10


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Lindt siegt gegen Haribo - Lindt Schokoladenbär ist keine unlautere Nachahmung des Haribo Goldbären - keine ausreichende Ähnlichkeit über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Eine Zeichenähnlichkeit zwischen einer Wortmarke (hier: Goldbären) und einer dreidimensionalen Gestaltung (hier: in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur) ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie kann sich aber weder in klanglicher noch in bildlicher Hinsicht ergeben; vielmehr kann eine Zeichenähnlichkeit nur aus einer Ähnlichkeit im Bedeutungsgehalt folgen.

b) Bei der Beurteilung der Frage der Zeichenähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen
Gestaltung darf nicht über die Ähnlichkeit im Sinngehalt ein Motivschutz begründet werden oder eine uferlose Ausweitung des Schutzbereichs der Wortmarke mit der Folge einer umfassenden Monopolisierung von Warengestaltungen vorgenommen werden.

c) Die begriffliche Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung ist anzunehmen,
wenn die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung ist. Hierzu ist erforderlich, dass sich die Benennung der beanstandeten Gestaltung mit dem Markenwort für den Verkehr aufdrängt, ohne dass hierfür mehrere gedankliche Zwischenschritte notwendig sind und ohne dass es andere Bezeichnungen für die dreidimensionale Gestaltung gibt, die gleich naheliegend sind.

d) Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit einer für Fruchtgummiprodukte eingetragenen Wortmarke (hier: Goldbären) ist in die Prüfung der Zeichenähnlichkeit bei einer Kollision mit einer dreidimensionalen Gestaltung (hier: in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur) nicht die Produktform einzubeziehen, für die der Markeninhaber die Wortmarke nutzt (hier: konkrete Gestaltung der Gummibärchen).

e) Hat das Berufungsgericht über einen Anspruch aus einer Marke entschieden, auf die der Kläger sich im Rechtsstreit zur Begründung seines Anspruchs nicht gestützt hat, sondern die er nur neben anderen Marken zur Darstellung seines Markenbestands angeführt hat, stellt dies einen Verstoß gegen § 308 ZPO dar, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist.

BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Lindt siegt gegen Haribo - Lindt Schokoladenbär ist keine unlautere Nachahmung des Haribo Goldbären - keine ausreichende Ähnlichkeit

BGH
Urteil vom 23.09.2015
I ZR 105/14


Der BGH hat völlig zu Recht entschieden, dass der Lindt Schokoladenbär keine unlautere Nachahmung des Haribo Goldbären ist. So liegt schon keine ausreichende Ähnlichkeit fehlt. Markenrechtliche Ansprüche scheitern ebenso wie wettbewerbsrechtliche Ansprüche.

Die Pressemitteilung des BGH:

Lindt gewinnt im Streit mit Haribo um Verletzung der Marke Goldbären

Der unter anderem für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Vertrieb einer in Goldfolie verpackten und mit einem roten Halsband versehenen Schokoladenfigur in Bärenform durch Lindt weder die Goldbären-Marken von Haribo verletzt noch eine unlautere Nachahmung ihrer Fruchtgummiprodukte darstellt.

Die Klägerin produziert und vertreibt Fruchtgummiprodukte. Zu den von ihr hergestellten Erzeugnissen gehören sogenannte "Gummibärchen", die sie mit "GOLDBÄREN" bezeichnet. Sie ist Inhaberin der für Zuckerwaren eingetragenen Wortmarken "Goldbären", "Goldbär" und "Gold-Teddy". Die Beklagten vertreiben Schokoladenprodukte. Dazu zählen der "Lindt Goldhase" sowie seit dem Jahr 2011 eine ebenfalls in Goldfolie verpackte Schokoladenfigur in Form eines sitzenden Bären mit roter Halsschleife, die sie selbst als "Lindt Teddy" bezeichnen.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Unterlassung des Vertriebs der in Goldfolie eingewickelten Schokoladenfiguren in Bärenform und macht Ansprüche auf Auskunft, Vernichtung und Schadensersatzfeststellung geltend. Sie ist der Auffassung, die angegriffenen Figuren verletzten ihre Marken und stellten eine unlautere Nachahmung ihrer Gummibärchen dar.

In erster Instanz hatte die Klage Erfolg. Das Oberlandesgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil im Wesentlichen zurückgewiesen.

Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung ihrer Markenrechte nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG* bestehen nicht. Zwar sind die Marken "Goldbär" und "Goldbären" der Klägerin in Deutschland bekannte Marken, und die sich gegenüberstehenden Waren der Parteien sind sehr ähnlich. Jedoch fehlt es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr oder einer gedanklichen Verknüpfung an einer Ähnlichkeit der Marken der Klägerin mit den angegriffenen Produktgestaltungen der Beklagten.

Stehen sich - wie im Streitfall - eine Wortmarke und eine dreidimensionale Produktgestaltung gegenüber, so kann die Zeichenähnlichkeit nicht aus einer Ähnlichkeit im Klang oder im Bild der Zeichen, sondern ausschließlich aus einer Ähnlichkeit im Bedeutungsgehalt folgen. Zu vergleichen sind ausschließlich die Wortmarke und die beanstandete Produktform. In den Zeichenvergleich ist dagegen nicht die Form der Produkte hier der Gummibärchen der Klägerin einzubeziehen, für die die Wortmarke benutzt wird. Eine Ähnlichkeit im Sinngehalt setzt voraus, dass die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung ist. Hierbei sind an die Annahme der Zeichenähnlichkeit grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, weil ansonsten die Gefahr bestünde, dass über eine Zeichenähnlichkeit im Sinngehalt einer Wortmarke mit einer dreidimensionalen Produktform eine weitgehende Monopolisierung von Warengestaltungen erfolgt, wie sie mit einer Bildmarke oder einer dreidimensionalen Warenformmarke, mit der eine bestimmte Produktform festgelegt sein muss, nicht zu erreichen ist. Nicht ausreichend ist, dass die Wortmarke nur eine unter mehreren naheliegenden Bezeichnungen der Produktform ist.

Im Streitfall besteht keine Zeichenähnlichkeit im Bedeutungsgehalt. Für die Bezeichnung der Lindt-Produkte kommen nicht nur die Angaben "Goldbären" oder "Goldbär" in Betracht. Ebenso naheliegend sind andere Bezeichnungen wie etwa "Teddy", "Schokoladen-Bär" oder "Schokoladen-Teddy". Hinsichtlich einer weiteren Bildmarke der Klägerin, die eine stehende Bärenfigur zeigt, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit mit den in Goldfolie eingewickelten Schokoladenfiguren der Beklagten. Auf die Wortmarke "Gold-Teddy" kann sich die Klägerin nicht berufen, da die Geltendmachung dieser Marke eine wettbewerbswidrige Behinderung der Beklagten im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG** darstellt. Die Klägerin hat diese Marke erst nach Kenntnis von der Vertriebsabsicht der Beklagten in das Markenregister eintragen lassen.

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin bestehen ebenfalls nicht. Es handelt sich bei den angegriffenen Produktformen nicht um Nachahmungen der Produkte der Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG**, weil eine ausreichende Ähnlichkeit zwischen den Gummibärchen der Klägerin und den Schokoladenfiguren der Beklagten nicht vorliegt.

LG Köln Urteil vom 20. Dezember 2012 - 33 O 803/11

OLG Köln Urteil vom 11. April 2014 - 6 U 230/12

Karlsruhe, den 23. September 2015

14 Abs. 2 MarkenG

Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr (…)

2. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder

3. ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

** § 4 Nr. 9 und 10 UWG

Unlauter handelt insbesondere, wer (…)

9. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er

a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,

b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder

c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;

10. Mitbewerber gezielt behindert; (…)




LG Köln: Zwischen der Goldbären-Marke von Haribo und dem Lindt-Teddy in goldener Folie besteht Verwechslungsgefahr - Wortmarke ./. Produktgestaltung

LG Köln
18.12.2012
33 O 803/11
Haribo ./. Lindt


Das LG Köln hat entschieden, dass zwischen der Goldbären-Marke von Haribo und dem Lindt-Teddy in goldener Folie Verwechslungsgefahr besteht. Das LG Köln hat die Entscheidung damit begründet, dass der Verkehr das Lindtprodukt als Goldbär bezeichnen würde und somit der Schutzbereich der Goldbären-Marle verletzt sei. Eine fragwürdige Entscheidung.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zwar verwendet die Beklagte selbst für ihr Produkt nicht die Bezeichnung „GOLDBÄR“, sondern nennt dieses – was zumindest teilweise auch durch einen entsprechenden Aufdruck zum Ausdruck kommt - „A Teddy“. Die Zeichenähnlichkeit ist aber durch die dreidimensionale Form des angegriffenen Schokoladenprodukts begründet.
[...]
Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen auch unter Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes erfüllt. Denn für das Schokoladenprodukt der Beklagten ist nicht dessen offizieller Name „A Teddy“, sondern die Bezeichnung „GOLDBÄR“ die für den Verbraucher naheliegende ungezwungene und erschöpfende und gleichsam einprägsame Betitelung. Bei dem Produkt handelt es sich um eine in goldene Folie eingewickelte Bärenfigur aus Schokolade. Zu dessen Benennung wird sich der Großteil der Verbraucher aber nicht der Bezeichnung „goldene Bärenfigur“, „goldfoliierter Bär“, „goldfarbener Schokoladenteddybär“ oder eines ähnlichen Begriffs bedienen. Die am nächsten liegende griffige Bezeichnung ist vielmehr – gerade auch angesichts der überragenden Bekanntheit der klägerischen Marke - der Begriff des „GOLDBÄREN“.
[...]
Die von der Beklagten gewählte dreidimensionale Ausgestaltung des „A Teddys“ und seiner Verpackung ist unlauter, weil sie die ernsthafte und greifbare Gefahr begründet, die Unterscheidungskraft der klägerischen Wortmarke „GOLDBÄREN“ zu beeinträchtigen, indem sie diese verwässert."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: