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LG Bielefeld: Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts durch unwahre Benennung als Referenzkunde auf Website

LG Bielefeld
Urteil vom 23.11.2021
15 O 104/20

Das LG Bielefeld hat entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG iVm § 19 Abs. 3 GG) durch die unwahre Benennung als Referenzkunde auf einer Website besteht.

1. Unterlassungsantrag

a. Die Klägerin zu 1. hat gegen die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens sowohl als Kundin als auch als Referenz, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB.

aa. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Anspruchsgegner ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut oder Recht des Anspruchsstellers als Störer beeinträchtigt, keine diesbezügliche Duldungspflicht des Anspruchstellers besteht, weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Indem die Beklagte zu 1. den Namen der Klägerin zu 1. auf ihrem Internetauftritt unter der Überschrift „Kunden & Referenzen“ nennt, beeinträchtigt sie diese in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Unternehmen, welches eine speziell für Unternehmen geltende Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG iVm § 19 Abs. 3 GG darstellt und als sonstiges Recht von § 823 Abs. 1 BGB erfasst wird (Sprau, Palandt § 823 Rn. 91 f.).

Dieses Recht wird nicht dadurch verdrängt, dass möglicherweise wettbewerbsrechtliche Ansprüche, etwa aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, bestehen. Denn das Unternehmenspersönlichkeitsrecht gewährt dem Anspruchsteller gerade hinsichtlich seiner freien Tätigkeit am Markt und der Inanspruchnahme seiner Rechte weitergehenden Schutz als das Wettbewerbsrecht, welches nach § 1 UWG die Lauterkeit des Wettbewerbs schützt und deshalb einen Bezug zu diesem Zweck verlangt (vgl. LG Lüneburg BeckRS 2012, 1074; Fritzsche, MüKo-Lauterkeitsrecht § 8 UWG Rn. 4.). Auch liegt keine vorrangige Betroffenheit des Namensrechts aus § 12 BGB vor, da weder ein Fall der Namensleugnung noch der Namensanmaßung gegeben ist.

Eine rechtswidrige Verletzung dieses Rechts liegt vor, wenn eine umfassende Güter- und Interessenabwägung hinsichtlich der getätigten Äußerung ergibt, dass das Schutzinteresse des Rechtsinhabers die berechtigten Belange des Anspruchsgegners überwiegt. Dabei ist zu berücksichtigen, welche Sphäre des Persönlichkeitsrechtsschutzes durch die angegriffene Behauptung betroffen ist und wie intensiv diese Betroffenheit ausfällt.

bb. Auch unter Berücksichtigung dieser Maßgabe liegt hier eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts vor. Die Klägerin zu 3. ist durch die Angabe ihres Namens in der Rubrik „Kunden & Referenzen“ durch die Beklagte zu 1. in der Sozialsphäre ihres Persönlichkeitsrechts betroffen, da die Beklagte zu 1. damit jedenfalls zum Ausdruck bringt, mit der Klägerin zu 1. in der Vergangenheit zusammengearbeitet zu haben. Dadurch wird der Name der Klägerin zu 1. in einen Zusammenhang zu dem vielgestaltigen Leistungsangebot der Beklagten zu 2. und ihrem öffentlichen Auftreten gesetzt.

Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht als Kundin oder Referenz für die Beklagte zu 2. im Rahmen des Internetauftritts genannt zu werden, da sie selbst das Recht hat, ihre soziale Geltung zu definieren und zu entscheiden, für welche Zwecke ihr Name angegeben wird (BGH, GRUR 1981, 846, 847; Säcker, MüKo-BGB BGB, § 12 BGB Rn. 116). Dieses Interesse überwiegt auch die berechtigten Belange der Beklagten zu 1.

Das gegenläufige Interesse der Beklagten zu 2. an Werbung mit den Namen von Kunden und Angabe von Referenzen ist zwar generell von der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, geschützt, da die Werbung für die Beklagte zu 2. mittels Internetpräsenz zur geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1. gehört. Jedoch kann dieses Interesse vorliegend keine Schutzwürdigkeit beanspruchen, da nicht dargelegt ist, dass eine Zusammenarbeit mit der Klägerin zu 1. in der Vergangenheit bestand.

Grundsätzlich trägt die Klägerin zu 1. die Beweislast für eine rechtswidrige Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Folgt diese daraus, dass die Angabe einer Zusammenarbeit in der Vergangenheit wahrheitswidrig ist, kann sie jedoch lediglich behaupten, dass eine solche nie stattfand, mit der Folge, dass die Beklagten eine sekundäre Darlegungslast trifft. Denn das Fehlen einer Zusammenarbeit ist als negative Tatsache nicht nachweisbar, der Vortrag einer konkreten Zusammenarbeit dem Gegner jedoch zumutbar (vgl. Fritsche, MüKo-ZPO § 138 Rn. 24, 26). Dies hat sie insoweit substantiiert getan, als sie neben dieser bloßen Behauptung auch vorträgt, dass die relevanten Abteilungen ihrer Unternehmensgruppe dazu keine Einträge führen und die Beklagte zu 2. in diesen Abteilungen nicht bekannt sei. Daher ist der Vortrag auch nicht als Bestreiten mit Nichtwissen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO zu werten.

Die Beklagte zu 1. hingegen hat nicht substantiiert dazulegen vermocht, worin eine entsprechende Zusammenarbeit bestand. Sie behauptet, am 25.01.2008 für die Klägerin zu 1. von 11 Uhr bis 11.30 Uhr ein Seminar zum Thema „Die 7 Säulen der Macht“ angeboten zu haben. Über die für ein Seminar überraschend kurze Dauer von einer halben Stunde hinaus, fehlt es an jeglicher Substantiierung etwa hinsichtlich der im Vorfeld erfolgten Korrespondenz mit der Klägerin zu 1., der für sie zuständigen Kontaktperson, des Ablaufs der Veranstaltung, des Veranstaltungsortes und der dortigen Gegebenheiten oder der Zusammensetzung der Teilnehmer. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund zu erwarten gewesen, dass die Beklagten selbst vortragen, im Vorfeld einer Veranstaltung würde regelmäßig auch bei der Buchung über eine Agentur Korrespondenz zwischen der Beklagten und dem Auftraggeber stattfinden. Dabei ist die Beibringung eines Auszugs aus einem digitalen Kalender nicht tauglich zur Substantiierung, da ein solcher Kalendereintrag nachträglich erstellt werden kann, und auch darüber hinaus, anders als etwa die Schilderung des vermeintlichen Ablaufs, ein entsprechendes Engagement in der Vergangenheit nicht wahrscheinlicher erscheinen lässt als die diesbezügliche bloße Behauptung. Auch führt der pauschale Hinweis darauf, dass die Terminfindung schwierig gewesen sei, da das Patenkind der Beklagten zu 2. am Tag des Seminars Geburtstag gehabt habe und sie der Feier habe beiwohnen wollen, zu keiner hinreichenden Substantiierung. Denn auch dieser Vortrag lässt das tatsächliche Engagement der Beklagten zu 2. nicht wahrscheinlicher erscheinen, da er weder die Vorbereitung noch die Durchführung und den Nachgang der Veranstaltung näher beschreibt.

Ebenso legten die Beklagten keine entsprechenden Buchungs- oder Rechnungsbelege vor. Zwar spricht dieser Umstand nicht gegen die Wahrheit des Vortrags der Beklagten, da das betreffende Ereignis mehr als 13 Jahre zurückliegt und insofern keine Aufbewahrungspflichten hinsichtlich dieser Belege mehr bestehen. Gleichwohl bleiben sie substantiierungspflichtig und das Vorbringen, die Beklagte zu 2. habe nach so langer Zeit nicht mehr damit rechnen können, entsprechende Belege zum Nachweis einer Tätigkeit zu benötigen, trägt nicht. Als ihre aus § 14b b Abs. 1 UStG folgende Pflicht zur Aufbewahrung einer Rechnung für eine Veranstaltung aus dem Jahr 2008 mit Schluss des Jahres 2018 ablief, hätte ihr bewusst sein müssen, dass sie ihre Tätigkeit möglicherweise noch einmal nachzuweisen hat. Denn sie wurde bereits 2018 von der Klägerin zu 1. per E-Mail aufgefordert, die Namen von Unternehmen der U.-Gruppe aus der Kunden- und Referenzliste zu streichen, und kam dieser Aufforderung zunächst nach.

Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu dulden. Es besteht Wiederholungsgefahr, da der Name der Klägerin zu 1. trotz der erfolgten Aufforderungen zur Streichung weiterhin in der Liste über Kunden und Referenzen geführt wird. Die Beklagte zu 1. ist als Zustandsstörerin dazu verpflichtet, es zu unterlassen, die Klägerin zu 1. als Kundin oder Referenz dort zu führen. Denn von ihrem Willen hängt die künftige Unterlassung ab (BGH NJW-RR 2001, 232; Fritzsche, BeckOK-BGB § 1004 Rn. 19), da sie den Internetauftritt unterhält.

cc. Der Anspruch ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt nach §§ 194 Abs. 1, 195 BGB drei Jahre und beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kläger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen erlangt hat. Eine Anwendung der kürzeren Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG kommt mangels unterschiedlicher Schutzrichtung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

Verjährungsbeginn war, nachdem die Beklagte zu 1. den Namen der Klägerin zu 1. im Jahr 2018 zwischenzeitlich gelöscht hatte, nach erneuter Kenntnis von der Namensnennung im Jahr 2020 mit Schluss dieses Jahres der Fall. Die Verjährungsfrist ist durch die Rechtshängigkeit der Klage am 15.01.2021 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.

b. Auch gegenüber der Beklagten zu 2. hat die Klägerin zu 1. hat einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens als Kundin oder als Referenz, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte zu 2. haftet neben der Beklagten zu 1. ebenfalls für den Unterlassungsanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung. Danach haftet neben einer GmbH auch ihr Geschäftsführer für deliktisches Verhalten, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war, oder wenn er die Wettbewerbsverstöße auf Grund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, GRUR 2014, 883, 884 Rn. 17). Das ist hier der Fall, denn die Beklagte zu 2. ist im Sinne einer Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, darüber zu wachen, dass die Beklagte zu 1. nicht die Rechte Dritter verletzt. Das folgt daraus, dass sie als alleinige Geschäftsführerin die völlige Steuerungsfähigkeit über die Beklagte zu 1. besitzt, dadurch die Inhalte des Internetauftritts, welcher der Werbung für die Beklagte zu 2. dient, bestimmt und die diesbezüglich notwendigen Informationen bereitstellt.

c. Auch die Klägerin zu 2. hat einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens als Kundin oder Referenz gegen die Beklagte zu 1. aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte zu 1. führt den Namen der Klägerin zu 2. ebenfalls in der Liste über Kunden und Referenzen ihres Internetauftritts. Es ist nicht dargelegt worden, dass in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit zwischen der Klägerin zu 2. und der Beklagten zu 2. stattgefunden habe. Die Klägerin zu 2. hat eine solche Zusammenarbeit in gleichem Umfang wie die Klägerin zu 1. bestritten. Der gegenläufige Vortrag der Beklagten, sie habe vom 04. bis 05.06.2009 einen Workshop für die Klägerin zu 2. zum Thema „Umgang mit schwieriger Klientel“ in Hannover veranstaltet, ist nicht hinreichend erheblich dargelegt. Auch hier fehlt es an jeglicher Substantiierung bezüglich im Vorfeld erfolgter Korrespondenz mit der Klägerin zu 2., der für sie zuständigen Kontaktperson, des Ablaufs der Veranstaltung, des Veranstaltungsortes und der dortigen Gegebenheiten oder der Zusammensetzung der Teilnehmer sowie der Beibringung entsprechender Buchungs- oder Rechnungsbelege. Die Beklagten legen diesbezüglich lediglich einen digitalen

Im Ergebnis muss die Klägerin zu 2. nicht dulden, dass ihr Name mit dem Leistungsangebot und dem Auftreten der Beklagten zu 2. in Verbindung gebracht wird. Es besteht ebenfalls Wiederholungsgefahr und die Beklagte zu 1. ist als Zustandsstörerin zur Unterlassung verpflichtet.

d. Die Klägerin zu 2. kann auch gegenüber der Beklagten zu 2. einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens als Kundin oder als Referenz aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB herleiten. Auch hier haftet die Beklagte zu 2. als Alleingeschäftsführerin der Beklagten zu 1. nach den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung für den Unterlassungsanspruch, da sie das Verhalten der Beklagten zu 1. steuert. Insoweit wird ergänzend auf die obigen Überlegungen Bezug genommen.

e. Die Klägerin zu 3. hingegen kann sich nicht mit Erfolg auf einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens als Kundin oder Referenz gegen die Beklagte zu 1. berufen. Insbesondere folgt ein solcher nicht aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte durfte den Namen der Klägerin zu 3. in der mit „Kunden & Referenzen“ überschriebenen Liste auf ihrer Internetseite führen. Insoweit haben die Beklagten entgegen dem Bestreiten der Klägerin zu 3. hinreichend substantiiert vorgetragen, dass es im Jahr 2019 zu einer Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2. gekommen ist. Sie haben eine der Klägerin zu 3. gestellte Rechnung vorgelegt, wonach die Beklagte zu 2. für diese über die Agentur „Speakers Excellence Alpine GmbH“ gebucht wurde, um einen Vortrag auf der Jahresauftakttagung der Klägerin zu 3. am 19.03.2019 in der Eventlocation LA VILLA am Starnberger See zu halten. Da der substantiierte Vortrag der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast von der Klägerin zu 3. ihrerseits nicht qualifiziert bestritten wurde, ist keine rechtswidrige Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin zu 3. zu erkennen.

Dabei ist ohne Belang, dass zwischen der Klägerin zu 3. und der Beklagten zu 2. keine direkte Vertragsbeziehung bestand. Eine „Kundin“ ist nach der Definition der Onlineversion des Duden eine „weibliche Person, die [regelmäßig] eine Ware kauft oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt [und daher in dem Geschäft, in der Firma bekannt ist]“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Kundin). Darunter fällt der Vorgang zwischen den Parteien im Jahr 2019, weil die Klägerin zu 3. mit der Vortragstätigkeit der Beklagten zu 2. eine ihrer Dienstleistungen in Anspruch nahm. Auch für einen objektiven Dritten steht bei dem Begriff des Kunden der Austausch von Waren oder Dienstleistungen und nicht etwa die konkrete vertragliche Verbindung im Vordergrund, da diese für Außenstehende nicht zwingend ersichtlich ist, was gerade im Bereich der eventbezogenen Dienstleistungen der Fall ist, da dort häufig Agenturen als unmittelbare Vertragspartner zwischengeschaltet sind. In diesem Bereich ist die Erbringung einer Dienstleistung für die wahrheitsgemäße Werbeaussage, ein Dritter sei Kunde, das maßgebliche Kriterium, da der Werbeeffekt daraus folgt, dass dem Dienstleister entsprechendes Vertrauen entgegengebracht wurde. Dieses Vertrauen wird auch einem über eine Agentur gebuchten Dienstleister entgegengebracht, wenn der Auftraggeber sich dazu entschließt, einen Vorschlag der Agentur anzunehmen. Denn der Auftraggeber erhält von der Agentur Informationen über die Tätigkeit der vorgeschlagenen Dienstleister, er kann mit diesem in konkrete Gespräche über die Durchführung eines Events treten und er trägt die Entscheidungsmacht darüber, ihn für seine Veranstaltung verbindlich zu buchen.

Aus der Auflistung geht auch nicht der falsche Anschein hervor, die Klägerin zu 3. habe sich lobend über die Beklagte zu 2. geäußert. Die Liste ist mit „Kunden & Referenzen“ überschrieben, wobei sich die Einträge insoweit unterscheiden, als zum einen bloße Namen von Personenvereinigungen und zum anderen wörtliche Zitate mit lobendem Inhalt unter Angabe des Äußernden abgebildet sind. Soweit ein interessierter Dritter der Überschrift „Kunden & Referenzen“ überhaupt beimisst, dass die darunter genannten Personen und Personenvereinigungen sich lobend über die Beklagte zu 2. äußerten, zumal der Begriff der Referenz auch neutral im Sinne einer bloßen „Beurteilung“ verwendet werden kann (vgl. https://www.duden.de/ rechtschreibung/Referenz) kann dies aufgrund der Sammelüberschrift für Kunden und Referenzen allenfalls für einen Teil der Einträge und damit nicht zwangsläufig für die Klägerin zu 3. gelten. Vielmehr wird er durch die getrennte Aufmachung von bloßer Namensnennung und besonders hervorgehobener Zitatwidergabe lediglich annehmen, dass sich die Personen, denen ein Zitat zugeordnet wurde, nach Maßgabe dieses Zitats lobend über die Klägerin äußerten.

Es ergibt sich auch keine Rechtsverletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts daraus, dass die Klägerin zu 3. mit dem vielgestaltigen und in der Aufmachung womöglich kontrovers zu beurteilenden Leistungsangebot in Verbindung gebracht wird. Denn diese Verbindung stellt derjenige, der mit der Beklagten zu 2. zusammenarbeitet, selbst her und der substantiierte Beklagtenvortrag einer solchen Zusammenarbeit wurde nicht qualifiziert bestritten.

Schließlich unterliegt auch die Kundenbeziehung als solche keiner Geheimhaltungspflicht. Für den Leser der Kunden- und Referenzliste entsteht der Eindruck, die Klägerin zu 3. habe eine Leistung der Beklagten zu 2. im Rahmen ihrer Tätigkeit als Coach für Persönlichkeitsbildung oder Vortragsrednerin teilgenommen. Dieser Umstand ist einerseits nicht geeignet, sich negativ auf die Reputation der Klägerin zu 3. auszuwirken, da die Buchung von Vortragsrednern, die in ihrem Auftreten möglicherweise kontrovers erscheinen, etwa im Rahmen eines Unterhaltungsprogramms bei besonderen Veranstaltungen auch für ein großes Versicherungsunternehmen nicht ungewöhnlich ist, und andererseits Ergebnis der freiwillig und bewusst erfolgten Buchung für die Jahresauftaktveranstaltung.

Der möglicherweise sensible, mangels Konturen nicht ohne Weiteres definierbare Bereich der Tätigkeit als „Profilerin“ wird dabei durch die Kundenliste nicht berührt, da die Darstellung diesbezüglicher Kundenbeziehungen durch die Einleitung zu der gegenständlichen Liste von dieser ausgenommen ist.

Demgegenüber hat die Beklagte zu 1. ein schutzwürdiges Interesse daran, die Klägerin zu 3. zu Werbezwecken als Kundin zu nennen, denn diese Maßnahme fällt unter den Schutz der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs 1 GG. Beruf ist jede auf Dauer angelegte, erwerbswirtschaftliche Tätigkeit, die nicht schlechthin gemeinschädlich ist (BVerfG NJW 2004, 2363; Ruffert, BeckOK-GG Art. 12 Rn. 38, 40 ff.). Das ist hier der Fall, denn die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten zu 1. ist darauf gerichtet, für die Beklagte zu 2. zu werben und zu diesem Zweck erfolgte die Nennung der Klägerin zu 3. in der Kunden- und Referenzliste. Weil die Klägerin zu 3. nicht darlegen konnte, dass sie nie mit der Beklagten zu 2. zusammengearbeitet hat und nicht ersichtlich ist, dass diese Werbemaßnahme die Reputation der Klägerin zu 3. oder ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, steht diesem schutzwürdigen Interesse der Beklagten zu 1. kein vergleichbar schutzwürdiges, gegenläufiges Interesse der Klägerin zu 3. gegenüber.

f. Die Klägerin zu 3. hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens als Kundin oder Referenz gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG.

Es fehlt bereits an der nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderlichen Mitbewerberstellung zwischen den Parteien. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist dafür ein konkretes Wettbewerbsverhältnis in Bezug auf Angebot oder Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen erforderlich. Die Tätigkeitsfelder der Parteien sind jedoch völlig verschieden. Die Klägerin zu 3. ist im Bereich der Versicherungs- und Finanzdienstleistungen sowie der Akquise von Vertriebspartnern tätig, während die Beklagte zu 1. die Tätigkeit der Beklagten zu 2. bewirbt und diese das Angebot von Coaching zur Persönlichkeitsbildung, Veranstaltung von Vorträgen und Seminaren, Schreiben von Büchern sowie des „Profiling“ umfasst. Sämtliche Tätigkeitsfelder sind zwar keine inhaltlich klar definierten Tätigkeitsfelder, liegen jedoch außerhalb des Bereichs der Versicherungs-, Finanz- oder Vertriebsdienstleistungen.

Es wurde auch kein konkretes Wettbewerbsverhältnis dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1. den Namen der Klägerin zu 3. in der Kunden- und Referenzliste genannt hat. Ein solches „ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis“ kann entstehen, wenn zwischen den Vorteilen, die ein Unternehmen mit einer Maßnahme zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderes Unternehmen dadurch erleidet eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der Wettbewerb des einen gefördert und der des anderen beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 1972, 553; Köhler, Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG § 2 Rn. 109). Das erfordert einen wettbewerblichen Bezug der Dienstleistungen der Unternehmen, auch im Verbund mit der beanstandeten Maßnahme, zueinander und die Eignung zur jeweiligen Wettbewerbsförderung und -beeinträchtigung. Daran fehlt es hier. Denn durch die Nennung des Namens der Klägerin zu 3. entsteht für einen objektiven Dritten der Eindruck, dass diese mit der Beklagten zu 2. in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe. Dabei ist nicht ersichtlich, inwiefern dies einen wettbewerbsbeeinträchtigenden Effekt auf die Klägerin zu 3. haben kann. Denn daraus ergibt sich nur eine Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten zu 2. als Coach für Persönlichkeitsbildung oder Vortragsrednerin, zumal die Abbildung von Mandaten aus dem Bereich des „Profiling“ durch die Einleitung zur Liste ausgeschlossen ist. Dass Unternehmen für besondere Veranstaltungen, wie etwa eine Jahresauftakttagung, Vortragsredner, womöglich auch im Rahmen eines Unterhaltungsprogramms, buchen, ist jedoch weder ungewöhnlich noch geeignet, die Reputation des Unternehmens oder seine Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen.

Selbst bei Annahme einer entsprechenden Wechselwirkung durch die Nennung des Namens der Klägerin zu 3. in der Kunden- und Referenzliste bleibt zu bedenken, dass keine irreführende Handlung der Beklagten zu 1. im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG vorliegt, denn die Klägerin zu 3. konnte nicht darlegen, dass eine entsprechende Zusammenarbeit nie stattfand.

g. Da die Klägerin zu 3. nicht darlegen konnte, dass die Behauptung einer früheren Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2. wahrheitswidrig ist, und kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien besteht, hat die Klägerin zu 3. auch keine Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 2. aus § 1004 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB und §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG.

2. Zahlungsantrag

a. Die Klägerinnen haben entgegen ihrem Antrag lediglich einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.255,85 € gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB.

Indem die Beklagte zu 1. die Namen der Klägerinnen zu 1. und zu 2. in der Kunden- und Referenzliste führte, ohne dass eine entsprechende Zusammenarbeit in der Vergangenheit dargelegt stattfand, hat sie deren Unternehmenspersönlichkeitsrechte verletzt. Sie ist als Betreiberin des Internetauftritts dahingehend verkehrssicherungspflichtig, dass durch dort verfügbare Informationen keine Rechte Dritter verletzt werden und hätte diesbezüglich die Nennung der Klägerinnen zu 1. und zu 2., etwa durch Tätigkeit der Beklagten zu 2., deren Verhalten der Beklagten zu 1. nach § 31 BGB analog zugerechnet wird, verhindern müssen. Die Beklagte zu 1. handelte dabei zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB, da die Führung der Namen vermeintlicher Kunden in einer öffentlich einsehbaren Kunden- und Referenzliste, zu denen keine Geschäftsbeziehung besteht oder bestand, jedenfalls nach erfolgter Aufforderung zur Unterlassung gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstößt.

Dadurch entstand den Klägerinnen ein nach § 249 Abs. 1 BGB schlüssig vorgetragener ersatzfähiger Schaden in Höhe von 2.255,85 €, da diese sich infolge der mehrfachen Aufforderungen zur Entfernung ihrer Namen von der Liste veranlasst sehen durften, die Beklagten mit Schreiben vom 16.09.2020 gemeinschaftlich abzumahnen und diesbezüglich Kosten für die Rechtsverfolgung aufzuwenden. Der Anspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerinnen bereits im Mai 2020 eine Abmahnung gegen die Beklagten aussprachen, da sich diese ausschließlich auf die Nutzung der markenrechtlich geschützten Wort- und Bildmarken der Klägerinnen bezog. Die Abmahnung vom 16.09.2021 hingegen bezieht sich auf die wahrheitswidrige Behauptung einer früheren Kundenbeziehung und daher auf einen anderen Streitgegenstand.

Die Klägerinnen machen Kosten in Höhe von 2.773,79 € geltend, welche sich aus einer 1,9-fachen Geschäftsgebühr bei einem zugrunde gelegten Streitwert von 60.000,- € in Höhe von 2.351,20€, einer Kostenpauschale für Post und Telekommunikation in Höhe von 20,- € und der Mehrwertsteuer in Höhe von 16 % zusammensetzen. Hinsichtlich der Höhe der angesetzten Geschäftsgebühr haben die Beklagten den Anfall des nach § 14 Abs. 1 RVG zugrundeliegenden Aufwandes nicht bestritten. Der ersatzfähige Schaden besteht jedoch nach § 2 Abs. 2 RVG iVm Ziffer 2300 und Ziffer 7002 VV Anlage 1 RVG iVm Anlage 2 RVG in der Fassung, die bis zum 31.12.2020 galt, nur in Höhe von 2.255,85 €. Denn die Klägerinnen durften nur einen Streitwert von 40.000,- € zugrunde legen, da die Beklagte zu 1. nur das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerinnen zu 1. und zu 2. verletzt hat und die Abmahnung nur insoweit rechtmäßig war.

Dass die Beklagten bestreiten, dass die Klägerinnen den in Rechnung gestellten Betrag an den Unterzeichner der Abmahnung gezahlt hätten, ist unerheblich. Denn es kommt für die Ersatzfähigkeit eines Schadens in Form von Rechtsverfolgungskosten nur darauf an, dass dem Anspruchsteller die Kosten infolge der Beauftragung eines Rechtsanwalts angefallen sind, nicht darauf, ob er diese Kosten gegenüber dem Rechtsanwalt beglichen hat. Dass die Beklagten vom Unterzeichner des Schreibens vom 16.09.2020 abgemahnt worden sind, ist jedoch unstreitig.

b. Die Klägerinnen haben auch gegen die Beklagte zu 2. einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.255,85 €, §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte zu 2. haftet als alleinige Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. ebenfalls für die Kosten der Abmahnung nach §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldnerin. Sie war jedenfalls aufgrund ihrer Verkehrssicherungspflicht dafür verantwortlich, dass die Namen der Klägerinnen zu 1. und zu 2. nicht in der Kunden- und Referenzliste genannt werden, und verletzte diese Pflicht jedenfalls fahrlässig, indem sie trotz entsprechender Aufforderungen in der Vergangenheit nicht dafür sorgte, dass die Klägerinnen zu 1. und zu 2. aus der Kunden- und Referenzliste entfernt werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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