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BGH: Zur Rückzahlung von zu Unrecht erhobenen Kontoführungsentgelten nach unwirksamer formularmäßig vereinbarter Zustimmungsfiktion in den AGB der Sparkassen

BGH
Urteil vom 03.06.2025
XI ZR 45/24
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 675g Abs. 1, EGBGB Art. 248 §§ 2, 3 AGB-Sparkassen Nr. 7 Abs. 3 Satz 2


Der BGH hat sich mit der Rückzahlung von zur Unrecht erhobenen Kontoführungsentgelten nach unwirksamer formularmäßig vereinbarter Zustimmungsfiktion in den AGB der Sparkassen befasst.

Leitsätze des BGH:
a) Der Bereicherungsanspruch des Kunden gegen die Sparkasse wegen eines ohne Rechtsgrund vom Girokonto des Kunden abgebuchten Entgelts entsteht erst mit dem Anerkenntnis des Saldoabschlusses durch den Kunden, in den der vermeintliche Entgeltanspruch der Sparkasse eingestellt worden ist. Sofern der Kunde den Saldoabschluss nicht ausdrücklich anerkennt und innerhalb von sechs Wochen keine Einwendungen gegen den Abschluss vorbringt, gilt dieser gemäß Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 AGB-Sparkassen nach Ablauf der sechswöchigen Frist als anerkannt

b) Der Kunde erhält durch die Mitteilung der Sparkasse, die ihn gemäß § 675g Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 §§ 2, 3 EGBGB über eine beabsichtigte Änderung eines Entgelts informiert, die auf einer unwirksam formularmäßig vereinbarten Zustimmungsfiktion des Kunden beruht, und durch den anschließenden Ausweis des Entgelts in dem von der Sparkasse erstellten Saldoabschluss Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von den seinen Rückforderungsanspruch begründenden Umständen.

c) Die Rechtslage hinsichtlich der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit von Zustimmungsfiktionsklauseln im Rechtsverkehr der Banken und Sparkassen war vor Verkündung des Senatsurteils vom 27. April 2021 (XI ZR 26/20, BGHZ 229, 344) nicht unsicher
und zweifelhaft. Dem Kunden war die Erhebung einer Rückforderungsklage bereits vor Verkündung dieses Urteils zumutbar. Einer langjährigen und verbreiteten Verwendung von unwirksamen Zustimmungsfiktionsklauseln im Bankgeschäft kommt
kein für die Unzumutbarkeit einer Klageerhebung maßgebendes Gewicht zu.

d) Der Musterbeklagte kann in das Verfahren über eine Musterfeststellungsklage im Rahmen einer Widerklage eigene Feststellungsziele einbringen. Vom Musterbeklagten eingebrachte Feststellungsziele sind allerdings unzulässig, wenn sie sich
nicht im Rahmen des Lebenssachverhalts halten, der durch die Feststellungsziele des Musterklägers vorgegeben ist.

BGH, Urteil vom 3. Juni 2025 - XI ZR 45/24 - KG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Banken können Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern sofern Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden

OLG Köln
Urteil vom 19.12.2019
12 U 87/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass Banken Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern können, sofern die Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Bank darf Kontoführungsgebühren durch Zustimmungsfiktion ändern, soweit sie das gesetzlich vorgesehene Verfahren hierfür einhält

Klausel, die Änderung der AGB einer Bank mittels Zustimmungsfiktion erlaubt, ist wirksam. Kunden haben in diesem Fall ein kostenfreies Sonderkündigungsrecht.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank für wirksam erklärt, nach der diese ihre AGB und insbesondere die Entgelte für Bankleistungen mittels Zustimmungsfiktion ändern kann. Die Bank muss die Kunden dabei allerdings mit einem Vorlauf von zwei Monaten auf die beabsichtigte Änderung und auf die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung in transparenter Form hinweisen.

Die Verbraucherzentrale hatte die Bank verklagt, die streitige Klausel nicht weiter zu verwenden. Sie meint, die Klausel sei intransparent, da der Kunde nicht vorhersehen könne, in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen habe. Das Landgericht Köln hatte die nach dem Unterlassungsklagegesetz erhobene Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 19.12.2019 hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die streitgegenständliche Klausel den gesetzlichen Vorgaben in § 675g Abs. 1 und 2 BGB entspreche. Der deutsche Gesetzgeber habe bewusst nicht eingegrenzt, in welchem Umfang Banken ihre AGB ändern könnten. Angesichts dieser Entscheidung des Gesetzgebers sei es den Gerichten verwehrt, durch Auslegung eine irgendwie geartete Eingrenzung von
§ 675g BGB vorzunehmen, auch nicht vor dem Hintergrund der einschlägigen europarechtlichen Regelungen.

Der Senat hob hervor, dass etwaige konkrete Änderungen der AGB bzw. der Bankgebühren durchaus kontrolliert werden könnten. Die Mitteilung der Bank, mit der sie den Kunden beabsichtigte Änderungen anbiete, müsse transparent sein. Den Kunden müsse die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem Wirksamwerden in Textform angeboten werden. Zugleich müssten diese darauf hingewiesen werden, dass Schweigen zu einer Zustimmung ihrerseits führe und dass sie die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung hätten. Damit wisse der Verbraucher spätestens zwei Monate vor einer Änderung, was konkret „auf ihn zukommt“ und dass er dies nicht einseitig hinnehmen muss, sondern sich durch Kündigung vom Vertrag lösen kann. Wenn das Mitteilungsschreiben der Bank nicht dem Transparenzgebot entspreche, sei das Änderungsverlangen unwirksam, so dass auch eine Zustimmungsfiktion seitens des Verbrauchers nicht in Betracht komme.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die fragliche Klausel von zahlreichen Banken und Sparkassen im Bundesgebiet verwendet werde und diesbezüglich keine höchstrichterliche Entscheidung vorliege.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 19.12.2019 - Az. 12 U 87/18.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 675g Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags

(1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet.

(2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.