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AG München: Bankkunde darf EC-Karte und ausreichend verschlüsselte Geheimzahl zusammen in der Geldbörse aufbewahren - Erstattungsanspruch gegen Bank bei EC-Kartenmissbrauch nach Diebstahl

AG München
Urteil vom 02.06.2023
142 C 19233/19


Das AG München hat entschieden, dass ein Bankkunde seine EC-Karte und die ausreichend verschlüsselte Geheimzahl zusammen in seiner Geldbörse aufbewahren darf. Das Gericht hat einen Erstattungsanspruch gegen die Bank bei EC-Kartenmissbrauch nach einem Diebstahl bejaht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Haftung bei EC-Kartenmissbrauch

Keine grobe Fahrlässigkeit bei gemeinsamer Aufbewahrung der EC-Karte mit hinreichend verschlüsselter Geheimzahl

In einem Streit um Erstattungsansprüche bei EC-Kartenmissbrauch gab das Amtsgericht München der Klage eines Bankkunden auf Zahlung von 1.011 EUR überwiegend statt und verurteilte die beklagte Bank zur Zahlung in Höhe von 861,00 EUR.

Der Münchner Kläger hat bei der Beklagten ein Girokonto, für welches ihm von dieser eine EC-Girokarte mit Maestro-Funktion zur Verfügung gestellt wurde. Unbekannte Trickdiebe entwendeten ihm im Oktober 2015 in Italien auf der Autobahnraststätte „Campogalliano Ovest“ den Geldbeutel samt EC-Karte und hoben bereits ca. 20 Minuten später an einem ca. 18 Fahrminuten von der Autobahnraststätte entfernten Ort unter im Einzelnen streitigen Umständen insgesamt 1.000 EUR von seinem Konto ab. Wenige Minuten später bemerkte der Kläger den Verlust der Karte und ließ diese sperren.

Die beklagte Bank belastete das Konto des Klägers daraufhin mit einem Betrag in Höhe von 1.000 EUR sowie Gebühren in Höhe von insgesamt 11,00 EUR für zwei Geldautomatenverfügungen im Ausland.

Der Kläger hatte die EC-Karte in seinem Geldbeutel gemeinsam mit einem kleinen, handgeschriebenen Zettel aufbewahrt, auf dem er diverse Telefonnummern sowie die für die Girokarte ausgegebene vierstellige Geheimzahl (PIN) in verschlüsselter Form notiert hatte. Der mathematisch versierte Kläger ging dabei so vor, dass er die PIN (4438) in zwei Schritten in Primzahlen zerlegte und so zu den Ziffern 2, 7 und 317 gelangte, die er zusammenhängend und ohne Bezug als „27317“ auf den Zettel übertrug.

Der Kläger machte mit seiner Klage die Erstattung des abgebuchten Betrages in Höhe von 1.011 EUR geltend. Er behauptete, seine PIN über die verschlüsselte Variante hinaus nicht in seinem Geldbeutel aufbewahrt und diese auch nicht auf der Karte vermerkt zu haben. Es dränge sich der Verdacht von Bandenkriminalität auf, die Täter müssten im Besitz einer Technik gewesen sein, mit der es gelänge, den Abhebevorgang auch ohne Kenntnis der PIN durchzuführen, die Verschlüsselung also auszuhebeln.

Das Amtsgericht München erachtete die Klage für überwiegend begründet und verurteilte die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 861,00 EUR.

Das Gericht stellte in den Urteilsgründen zunächst fest, dass dem Kläger aufgrund der ohne seine Autorisierung erfolgten Abhebungen ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Erstattung des abgebuchten Betrages in voller Höhe zusteht, § 675u S. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (in der bis 12. Januar 2018 geltenden Fassung, im Folgenden: alte Fassung).

Hiervon ist jedoch nach den Ausführungen des Gerichts ein Betrag in Höhe von 150 EUR in Abzug zu bringen, da der beklagten Bank auf Grund der Verwendung eines dem Kläger gestohlenen Zahlungsauthentifizierungsinstruments in dieser Höhe ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch zusteht, § 675v Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch alte Fas-sung.

Einen weitergehenden Anspruch der Bank auf Ersatz des gesamten Schadens verneinte das Gericht jedoch, da der Schaden weder durch eine vorsätzliche noch eine grob fahrlässige Pflichtverletzung durch den Kläger herbeigeführt worden sei, § 675v Abs. 2 Alt. 2 Nr. 1, 2 Bürgerliches Gesetzbuch alte Fassung.

Das Gericht begründete dies wie folgt:

„Entgegen der Ansicht der Beklagten greift der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mögliche Anscheinsbeweis, dass der Kläger die persönliche Geheimzahl (unverschlüsselt) auf seiner ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit dieser verwahrt hat (…) im vorliegenden Fall nicht ein. Die Annahme des Anscheinsbeweises setzt voraus, dass der Missbrauch unter Verwendung der Originalkarte und der zutreffenden Geheimzahl erfolgt ist (…).

Diese Umstände hat der Kläger bestritten, so dass die Beklagte hierfür den Beweis erbringen muss. Zwar kann nach den oben dargestellten Grundsätzen davon ausgegangen werden, dass die Originalkarte des Klägers zum Einsatz gekommen ist, der Beklagten ist jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass die unbekannten Täter auch die korrekte Geheimzahl des Klägers in Erfahrung gebracht und zur Auszahlung verwendet haben. (…)

Die verschlüsselte Aufbewahrung der PIN des Klägers in dessen Portemonnaie gemeinsam mit der Zahlungskarte wertet das Gericht nicht als grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des § 675l S. 1 BGB a.F.

Grob fahrlässig handelt nur, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, einfachste und nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und in der konkreten Situation das nicht beachtet, was sich jedem aufdrängt. (…)

Als grob fahrlässig wird daher in der Regel gewertet, wenn der Zahler die persönliche Geheimzahl gemeinsam mit der Karte und nicht räumlich von dieser getrennt mit sich führt. Erlaubt ist es dem Zahler jedoch nach ganz h.M. [Anm.: herrschender Meinung], die PIN verschlüsselt auch gemeinsam mit der Karte vorzuhalten, soweit die Verschlüsselung ausreichend komplex ist, um eine Kenntniserlangung Dritter nach menschlichem Ermessen auszuschließen.

Nach diesen Maßstäben war die verschlüsselte Vorhaltung der PIN durch den Kläger hinreichend sicher und verstößt noch nicht einmal gegen einfache Sorgfaltspflichten. Der Kläger hat seine Vorgehensweise in seiner persönlichen Anhörung durch das Gericht nachvollziehbar geschildert. Er hat eine komplexe, individuelle Verschlüsselungsmethode entwickelt, die - jedenfalls in Unkenntnis der Methode - auch dem Gericht als ausreichend sicher erscheint. Auch dem Sachverständigen ist es eigenen Angaben zufolge (…), obwohl er Kenntnis von der Rechenweise des Klägers hatte, zunächst nicht gelungen, die Zahlenfolge 27317 zu dechiffrieren und hieraus die PIN rückzuerrechnen.

Der Kläger hatte die Zahlenfolge zudem zusammenhanglos auf einem Zettel mit Telefonnummern notiert ohne zugehörigen Hinweis, dass es sich um eine PIN handelt. Wie den Tätern innerhalb von nur wenigen Minuten eine Decodierung hätte gelingen können ist selbst unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers, es habe sich um organisierte Bandenkriminalität gehandelt, für das Gericht nicht nachzuvollziehen.“


OLG Frankfurt: Bank darf keine Vergütung für Errechnen der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen - entsprechende Klausel in AGB einer Bank unwirksam

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.12.2022,
17 U 132/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Bank keine Vergütung für das Errechnen der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf. Ein entsprechende Klausel in den AGB einer Bank ist nach § 307 BGB unwirksam

Unwirksame Klausel - Keine Bankgebühr allein für das Errechnen der Vorfälligkeitsentschädigung

Das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens gehört - unabhängig von § 493 Abs. 5 BGB - zu den vertraglichen Nebenpflichten einer Bank gegenüber Verbrauchern. Die Bank darf dafür kein gesondertes Entgelt verlangen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung die beklagte Bank verurteilt, die Verwendung einer Klausel, mit der 100 € für die Errechnung verlangt wurden, zu unterlassen.

Die Beklagte betreibt eine Bank und bewirbt u.a. Verbraucherkredite. Nach ihrem Preisverzeichnis verpflichten sich private Darlehenskunden, eine Pauschale von 100 € zu zahlen, wenn die Bank für sie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens (Allgemeindarlehen oder eines vor dem 21. März 2016 abgeschlossenen Immobiliardarlehen) errechnen soll. Die Pauschale wird unabhängig davon fällig, ob es nachfolgend zur vorzeitigen Rückführung des Darlehens kommt. Sie wird - mit Ausnahme grundpfandrechtlich besicherter Darlehen - nicht auf eine im Fall vorzeitiger Rückführung tatsächlich zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung angerechnet. Der Kläger hält die Klausel für unwirksam. Das Landgericht hatte den Unterlassungsantrag insoweit abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg.

Die Klausel sei unwirksam, entschied das OLG. Bei der Aufwandsentschädigung handele es sich um eine voll überprüfbare sog. Preisnebenabrede. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht vereinbar und benachteilige die Kunden unangemessen. Die Bank sei nebenvertraglich verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Höhe einer Vorfälligkeitsentscheidung bei vorzeitiger Rückführung zu informieren. Dies gelte unabhängig von den gesetzlich normierten Informationspflichten nach § 493 Abs. 5 BGB (anwendbar ab dem 21. März 2016 in Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie (RL 2014/17/EU)). Diese bezögen sich allein auf Immobiliardarlehensverträge. Der Darlehensnehmer habe grundsätzlich ein Informationsbedürfnis. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und beinhalte Rechenoperationen, die für den durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen seien. Die Bank könne dagegen die Entschädigung mithilfe eines Computerprogramms ohne großen Aufwand errechnen. Die Berechnung stelle damit keine zusätzliche Sonderleistung dar, die einer gesonderten Vergütung unterliege. Dies gelte unabhängig davon, ob es tatsächlich zur vorzeitigen Rückführung komme oder nicht.

Die beanstandete Klausel weiche damit von dem Grundsatz ab, dass die Bank ohne gesondertes Entgelt ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Unterrichtung des Darlehensnehmers erfüllen müsse. Diese Abweichung indiziere eine unangemessene Benachteiligung der Darlehensnehmer. „Dass die jeweilige Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mit einem Verwaltungsaufwand ... einhergehen kann, hat diese nach der vertraglichen Abrede hinzunehmen“, ergänzt das OLG.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.12.2022, Az.: 17 U 132/21

(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2021, Az.: 2/25 O 190/20)

Erläuterungen:

§ 493 BGB Informationen während des Vertragsverhältnisses
(1) 1Ist in einem Verbraucherdarlehensvertrag der Sollzinssatz gebunden und endet die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit, unterrichtet der Darlehensgeber den Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor Ende der Sollzinsbindung darüber, ob er zu einer neuen Sollzinsbindungsabrede bereit ist. 2Erklärt sich der Darlehensgeber hierzu bereit, muss die Unterrichtung den zum Zeitpunkt der Unterrichtung vom Darlehensgeber angebotenen Sollzinssatz enthalten.
...

(5) 1Wenn der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags dem Darlehensgeber mitteilt, dass er eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, ist der Darlehensgeber verpflichtet, ihm unverzüglich die für die Prüfung dieser Möglichkeit erforderlichen Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. 2Diese Informationen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten:

Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung,
im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und
gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung.
3Soweit sich die Informationen auf Annahmen stützen, müssen diese nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt sein und als solche dem Darlehensnehmer gegenüber offengelegt werden.

§ 307 BGB
(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.



LG Hannover: Weiternutzung des Kontos ist keine Zustimmung zu einer Vertragsänderung - entsprechende Klausel in AGB der Sparda-Bank Hannover unwirksam

LG Hannover
Urteil vom 28.11.2022
13 O 173/22


Das LG Hannover hat entschieden, dass die Weiternutzung eines Kontos keine Zustimmung zu einer Vertragsänderung darstellt. Eine entsprechende Klausel in den AGB der Sparda-Bank Hannover ist unwirksam. Auch die daraus folgende Geschäftspraxis der Bank ist wettbewerbswidrig.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Strafzinsen und Verwahrentgelte für Guthaben unzulässig - Klausel in AGB der Commerzbank wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 BGB unwirksam

LG Frankfurt
Urteil vom 18.11.2022
2-25 O 228/21


Auch das LG Frankfurt hat entschieden, dass Strafzinsen und Verwahrentgelte für Guthaben unzulässig sind. Die entsprechende Klausel in den AGB der Commerzbank ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 BGB unwirksam.

BGH: AGB-Klausel die Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen vorsieht ist unwirksam - unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB

BGH
Urteil vom 15.11.2022
XI ZR 551/21

Der BGH hat entschieden, dass eine AGB-Klausel, die ein Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen vorsieht. unwirksam ist, da eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB vorliegt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksamkeit der Klausel zu einem Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen

Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse enthaltene Klausel, mit der die Bausparkasse von den Bausparern in der Ansparphase der Bausparverträge ein sogenanntes Jahresentgelt erhebt, unwirksam ist.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt satzungsmäßig Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bausparkasse verwendet in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge u.a. die folgende Bestimmung:

"Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn – bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig – für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a."

Der Kläger hält die vorbezeichnete Klausel für unwirksam, da sie die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Bausparverträgen zu verwenden und sich bei der Abwicklung von Bausparverträgen auf die Klausel zu berufen.

Die Vorinstanzen haben der Unterlassungsklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entgeltklausel ist Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie eine Preisnebenabrede darstellt. Das in der Ansparphase eines Bausparvertrags erhobene Jahresentgelt ist weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten und damit keine kontrollfreie Preishauptabrede. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung besteht einerseits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen. Mit dem Jahresentgelt werden demgegenüber Verwaltungstätigkeiten der Beklagten in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspartechnischen Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben lassen. Hierbei handelt es sich lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der Beklagten in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hält die streitige Klausel nicht stand. Sie ist vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat. Die Abweichung der Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist auch bei der gebotenen pauschalisierenden Gesamtbetrachtung nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt. Bausparer müssen in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden. Außerdem können Bausparkassen bei Abschluss des Bausparvertrags von den Bausparern eine Abschlussgebühr verlangen. Mit dem Jahresentgelt wird auch kein Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen.

Vorinstanzen:

LG Hannover - Urteil vom 29. Januar 2021 - 13 O 19/20

OLG Celle - Urteil vom 17. November 2021 - 3 U 39/21 (WM 2022, 659)

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird,

nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so

einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und § 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.



LG Düsseldorf: Strafzinsen-Klausel in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam - Verwahrentgelt ist mit wesentlichen Grundlagen der gesetzlichen Regelung unvereinbar

LG Düsseldorf
Urteil vom 22.12.2021
12 O 34/21

Auch das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Strafzinsen-Klauseln in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind. Die Beanspruchung eines Verwahrentgelts bei Zahlungsdiensteverträgen ist mit den wesentlichen Grundlagen der gesetzlichen Regelung unvereinbar. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Berlin: Verwahrentgelt durch Strafzinsen-Klausel für Girokonto und Tagesgeldkonto in Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam - Kunde hat Anspruch auf Erstattung

LG Berlin
Urteil vom 28.10.2021
16 O 43/21


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine Verwahrentgelt durch Strafzinsen-Klausel für Girokonto und Tagesgeldkonto in den Banken-AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Der Kunde hat hinsichtlich bereits bezahlter Strafzinsen einen Anspruch auf Erstattung.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist aus §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit mit §§ 675f Abs. 5 S. 1, 700 Abs. 1, 488 Abs.1 S. 2 BGB begründet, denn die Beanspruchung eines Verwahrernentgeltes bei Zahlungsdienstverträgen ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Die Klausel benachteiligt den Verbraucher daher unangemessen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Frankfurt: Telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts kann zu spät sein - dann kein Anspruch gegen Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen

AG Frankfurt
Urteil vom 31.08.2021
32 C 6169/20 (88)


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass eine telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts zu spät sein kann und dann kein Anspruch gegen die Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

[...]Um 10:42 Uhr jenes Tages teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch den Verlust ihrer Debitkarte mit und ließ die Karte sperren. In ihrer gegenüber der Beklagten am 19.11.2019 erklärten schriftlichen Verlustmeldung gab die Klägerin an, dass sie den Verlust um ca. 10:10 Uhr bemerkt hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die mit Anlage B3 vorgelegte Verlustmeldung (Bl. 119 f. der Akte) Bezug genommen.[...].

Die Klägerin kann weder aus § 675u S. 2 BGB, noch aus § 280 Abs. 1 BGB, jeweils in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrag, Erstattung oder Wiedergutschrift der streitgegenständlichen Barauszahlungen von der Beklagten verlangen.

Es gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, dass die streitgegenständlichen Abhebungen mittels der der Klägerin ausgehändigten Originalkarte erfolgt sind. Die in den als solchen inhaltlich unwidersprochenen Transaktionsprotokollen (Anlage B2) aufgeführte Kartennummer stimmt überein mit der von der Klägerin selbst mit der Klageschrift vorgetragenen Kartennummer. Die prozessualen Voraussetzungen eines zulässigen Bestreitens der Verwendung der Originalkarte mit Nichtwissen seitens der Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO liegen daher nicht vor.

Wie die Beklagte zutreffend geltend macht, spricht auf dieser Tatsachengrundlage ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Klägerin pflichtwidrig entgegen Ziffer 6.3 der zwischen den Parteien vereinbarten AGB und § 675l Abs. 1 S. 1 BGB die PIN auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011, Az. XI ZR 73/10 = MDR 2012, 239). Tragfähige Anhaltspunkte für einen ernsthaft in Betracht kommenden atypischen Geschehensablauf trägt die Klägerin nicht vor.

Nach der zugrundezulegenden Verwendung der Originalkarte bestehen auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass das Sicherheitssystem der Beklagten unzureichend konfiguriert war. Sowohl die (geringe) räumliche Entfernung des Geldautomaten von etwa 50 km vom Wohnort der Klägerin, als auch die im Zuge der streitgegenständlichen Abhebung einmalig erfolgte Falschangabe der PIN stellen weder für sich genommen, noch zusammen hinreichend auffällige Merkmale dar, wie dies etwa bei betragsmäßig, zeitlich und örtlich vom bisherigen Kontonutzungsverhalten ungewöhnlich abweichenden Auslandsverfügungen oder mehrfacher Falscheingabe der PIN der Fall wäre.

Darüber hinaus ist das Gericht auch davon überzeugt, dass der Klägerin ein weiterer Sorgfaltspflichtverstoß dadurch zur Last fällt, dass sie den Verlust der Karte der Beklagten nicht unverzüglich angezeigt hat. Ein erst zeitlich nach den Abhebungen erfolgtes Bemerken des Verlustes hat die Klägerin in Ansehung ihrer eigenen Angaben in der vorgerichtlichen Verlustanzeige (Anlage B3) bereits nicht nachvollziehbar vorgetragen, so dass ein Bemerken des Verlustes 5 Minuten vor der 1. Abhebung wie in der Verlustanzeige angegeben zu Grunde zu legen ist. Ausweislich der polizeilichen Bestätigung über die Erstattung einer Strafanzeige (Anlage B4, Bl. 121 der Akte) verfügt die Klägerin über ein Mobiltelefon. Tragfähige Gründe, warum es ihr nicht möglich war, dieses unmittelbar für eine Verlustmeldung zu nutzen, trägt die Klägerin nicht vor.

Insbesondere kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie lediglich zu Hause ihre IBAN zur Hand gehabt habe, welche die Beklagte im Rahmen des letztlich erst von dort aus geführten Telefonates verlangt habe. In Ziffer 6.4 Abs. 1 S. 3 der AGB ist insoweit die Angabe der IBAN nur für eine über den Zentralen Sperrannahmedienst erstattete Verlustmeldung als Erfordernis formuliert. Nach S. 1 der Klausel soll die Sperranzeige jedoch möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle erfolgen, wofür die Angabe der IBAN nicht in der Klausel vorausgesetzt wird. Hätte sich auch die kontoführende Stelle der Beklagten auf eine sofortige telefonische Verlustmeldung hin nicht in der Lage gesehen, die IBAN aus ihren Systemen zu recherchieren oder auch ohne diese eine Sperrung der Karte zu veranlassen, hätte die Klägerin jedenfalls ihren vertraglichen Sorgfaltspflichten genügt und wäre in einem solch hypothetischen Fall gegebenenfalls dann eine mangelnde eigene Sorgfalt der Beklagten im Rahmen der Reaktion auf eine dann als unverzüglich feststehende Verlustanzeige festzustellen gewesen; als hypothetische Reserveursache vermag eine solche jedoch nicht die Klägerin von den gemäß Ziffer 6.4 Abs. 1 der AGB und § 675l Abs. 1 S. 2 BGB primär ihr obliegenden Sorgfaltspflichten zur unverzüglichen Verlustanzeige zu entbinden.

Nach alledem liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Abhebungen kein Verschulden der Beklagten, jedoch ein zweifacher grober Sorgfaltspflichtverstoß der Klägerin vor mit der Folge, dass die in Ziffer 14.1 Abs. 1 der AGB vereinbarte Haftungsbegrenzung der Klägerin auf 50 € gemäß Abs. 4 der Klausel sowie § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht greift und die Klägerin den ihr durch die Abhebungen entstandenen Schaden in vollem Umfang selbst zu tragen hat.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH liegt vor: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert

BGH
Urteil vom 27.04.2021
XI ZR 26/20
BGB § 307 Abs. 1 und 2, § 675g Abs. 2, § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff.


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

Die von einer Bank für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen vorformulierten Klauseln

a) "Künftige Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der besonderen Bedingungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. […] Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen.
Werden dem Kunden Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten (z. B. Überweisungsbedingungen) angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen."

b) "Änderungen von Entgelten für Bankleistungen, die von Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (zum Beispiel Konto- und Depotführung), werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten.
Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden die Änderungen angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Vertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Kündigt der Kunde, wird das geänderte Entgelt für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt.
Die vorstehende Vereinbarung gilt gegenüber Verbrauchern nur dann, wenn die Bank Entgelte für die Hauptleistungen ändern will, die vom Verbraucher im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden. Eine Vereinbarung über die Änderung eines Entgelts, das auf eine über die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann die Bank mit dem Verbraucher nur ausdrücklich vereinbaren."

sind im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

BGH, Urteil vom 27. April 2021 - XI ZR 26/20 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Unzulässige Klausel in Banken-AGB die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert

BGH
Urteil vom 27.04.2021
XI ZR 26/20


Der BGH entschieden, dass eine Klausel in Banken-AGB unwirksam ist, wenn diese die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB oder Sonderbedingungen der Bank fingiert.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur Unwirksamkeit von Klauseln, die die Zustimmung des Kunden bei einer Änderung der AGB der Bank fingieren

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat heute entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet in ihrem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Klauseln enthalten, die im Wesentlichen den Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 2 Abs. 1 bis 3 AGB-Sparkassen bzw. den Nr. 12 Abs. 5 AGB-Banken und Nr. 17 Abs. 6 AGB-Sparkassen entsprechen. Danach werden Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung weist ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hin. Der Kunde hat die Möglichkeit der Kündigung.

Der Kläger hält die Klauseln für unwirksam. Er begehrt mit seiner Klage, der Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln aufzugeben, es zu unterlassen, die Klauseln in Verträge mit Verbrauchern einzubeziehen und sich auf die Klauseln zu berufen.

Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in erster Instanz außerdem noch die Erstattung von Abmahnkosten nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt hat, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren mit Ausnahme seines Zahlungsantrags weiterverfolgt hat, zurückgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsmittel des Klägers das Berufungsurteil aufgehoben und die beklagte Bank nach Maßgabe der in zweiter Instanz gestellten Anträge verurteilt.

Die Klauseln unterliegen vollumfänglich der AGB-Kontrolle. Das gilt auch, soweit sie Zahlungsdiensterahmenverträge erfassen. § 675g BGB sperrt die Anwendung der §§ 307 ff. BGB nicht. Das folgt aus dem Unionsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2020 - C-287/19, "DenizBank", WM 2020, 2218), dessen Umsetzung § 675g BGB dient und der in diesem Sinne unionsrechtskonform auszulegen ist.

Die Klauseln, die so auszulegen sind, dass sie sämtliche im Rahmen der Geschäftsverbindung geschlossenen Verträge der Beklagten mit ihren Kunden wie etwa auch das Wertpapiergeschäft und den Sparverkehr betreffen, halten der eröffneten AGB-Kontrolle nicht stand.

Nr. 1 (2) der AGB der Beklagten betrifft alle Änderungen "dieser" Geschäftsbedingungen, also der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die zugleich mit Nr. 1 (2) AGB vereinbart werden, und Änderungen (künftiger) "besonderer Bedingungen" für einzelne gesondert vereinbarte Geschäftszweige, die das gesamte Tätigkeitsspektrum der Beklagten umfassen. Sie betrifft nicht nur Anpassungen von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels einer fingierten Zustimmung des Kunden, sondern ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung jede vertragliche Änderungsvereinbarung. Damit weicht sie von wesentlichen Grundgedanken der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB ab, indem sie das Schweigen des Verwendungsgegners als Annahme eines Vertragsänderungsantrags qualifiziert. Diese Abweichung benachteiligt die Kunden der Beklagten unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders wird vermutet, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist. Die allgemeine Änderungsklausel bietet eine Handhabe, unter Zuhilfenahme einer Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten. Dass "vereinbarte" Änderungen ihrerseits der Ausübungskontrolle unterliegen, gleicht diesen Umstand nicht aus. Für so weitreichende, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ist vielmehr ein den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig.

Auch Nr. 12 (5) der AGB der Beklagten hält einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel betrifft Entgelte für Hauptleistungen. Damit benachteiligt die Klausel auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass keine einseitige Anpassungsbefugnis der Beklagten besteht, sondern Änderungen des Vertragsverhältnisses nur im Wege eines - gegebenenfalls fingierten - Konsenses zustande kommen sollen, die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB). Mittels Zustimmungsfiktion kann die vom Kunden geschuldete Hauptleistung geändert werden, ohne dass dafür Einschränkungen vorgesehen sind. Die Beklagte erhält damit eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten. Für solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen ist, wie oben ausgeführt, ein den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Eine Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Verwendungsgegners nicht aus.

Vorinstanzen:

Landgericht Köln – Urteil vom 12. Juni 2018 – 21 O 351/17

Oberlandesgericht Köln – Urteil vom 19. Dezember 2019 – 12 U 87/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 305 BGB

[…]

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und

2.der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,

und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

[…]

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

§ 311 BGB

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

[…]

§ 675g BGB

(1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet.

(2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.



BGH: Entgeltklausel für Basiskonto gegenüber Verbrauchern unwirksam wenn mit Führung von Basiskonten verbundener Mehraufwand nur auf Basiskonteninhaber umgelegt wird

BGH
Urteil vom 30.06.2020
XI ZR 119/19
Entgeltklausel


Der BGH hat entschieden, dass eine Entgeltklausel für ein Basiskonto in den AGB einer Bank gegenüber Verbrauchern unwirksam ist, wenn der mit der Führung von Basiskonten verbundene Mehraufwand nur auf Basiskonteninhaber umgelegt wird.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksame Entgeltklausel für Basiskonto

Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts enthaltenen Entgeltklauseln für ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam sind, wenn bei der Bemessung des Entgelts das kontoführende Institut den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Mehraufwand allein auf die Inhaber von Basiskonten umgelegt hat.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Er wendet sich gegen die im Preis- und Leistungsverzeichnis der beklagten Bank ausgewiesenen Entgelte für ein Basiskonto.

Die Beklagte verwendet ein Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand: 1. Januar 2017), in dem unter anderem die Preise für ein Basiskonto im Sinne der §§ 30 ff. ZKG geregelt sind. Danach beträgt der monatliche Grundpreis für ein solches Konto 8,99 €. Die in diesem Preis enthaltenen Leistungen umfassen insbesondere die Nutzung von Online-Banking, Telefon-Banking und Bankingterminals, die Nutzung des Bank Card Service, Kontoauszüge am Bankterminal, beleglose Überweisungen sowie die Einrichtung und Änderung von Daueraufträgen über Online-Banking und Bankingterminal. Für beleghafte Überweisungen, für Überweisungen und die Einrichtung oder Änderung von Daueraufträgen über einen Mitarbeiter der Beklagten im telefonischen Kundenservice oder in der Filiale sowie für ausgestellte oder eingereichte Schecks hat der Inhaber eines Basiskontos ein zusätzliches Entgelt von jeweils 1,50 € zu entrichten. Der Kläger hält die Entgeltklauseln wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG für unwirksam. Die Vorinstanzen haben der Unterlassungsklage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtenen Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen und dieser nicht standhalten. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entgeltklauseln sind Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie von der gesetzlichen Preisregelung des § 41 Abs. 2 ZKG abweichen. Danach muss das Entgelt für die grundlegenden Funktionen eines Basiskontovertrags angemessen sein, wobei für die Beurteilung der Angemessenheit insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen sind. Die Einhaltung dieser gesetzgeberischen Vorgabe hat im Fall von Entgeltvereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnisse durch eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB zu erfolgen.

Die Entgeltklauseln halten der Inhaltskontrolle nicht stand und sind deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle ist § 41 Abs. 2 ZKG. Nach dessen Satz 1 muss das Entgelt für die von § 38 ZKG erfassten Dienste, d.h. die grundlegenden Funktionen eines Zahlungskontos, nämlich das Ein- und Auszahlungsgeschäft sowie das Lastschrift-, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäft, angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind nach § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Diese Bewertungsparameter sind jedoch - was sich bereits aus dem Wortlaut ("insbesondere") ergibt - nicht abschließend. Bei der Prüfung der Angemessenheit eines Entgelts für ein Basiskonto ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschriften über das Basiskonto allen, d.h. insbesondere auch einkommensarmen Verbrauchern den Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen und damit die Teilhabe am Zahlungsverkehr ermöglichen sollen und der zur Verwirklichung dieses Ziels in § 31 Abs. 1 ZKG geregelte Kontrahierungszwang nicht durch zu hohe, prohibitiv wirkende Entgelte unterlaufen werden darf. Das Entgelt für ein Basiskonto ist jedenfalls dann nicht angemessen im Sinne des § 41 Abs. 2 ZKG, wenn in dem verlangten Entgelt Kostenbestandteile enthalten sind, die entweder gar nicht oder jedenfalls nicht nur auf die Nutzer der Basiskonten umgelegt werden dürfen. Diese Vorschrift schließt es nach ihrem Sinn und Zweck insbesondere allgemein aus, den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Zusatzaufwand oder die mit der Ablehnung eines Antrags auf Abschluss eines Basiskontos verbundenen Kosten allein auf die Inhaber von Basiskonten umzulegen. Vielmehr müssen diese Kosten von den Instituten durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise erwirtschaftet werden. Dagegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie nach den von ihr vorgelegten Kostenkalkulationen für das Basiskonto und die übrigen Girokonten den mit der Führung der Basiskonten verbundenen Mehraufwand ausschließlich auf die Basiskonten umgelegt hat.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Mai 2018 - 2-28 O 98/17

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 27. Februar 2019 - 19 U 104/18 (WM 2019, 2197)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 und 2 BGB:

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

§ 38 Abs. 1 und 2 ZKG

(1) Durch einen Basiskontovertrag wird das kontoführende Institut verpflichtet, für den Kontoinhaber ein Basiskonto in Euro zu eröffnen und zu führen.

(2) Die Kontoführung nach Absatz 1 muss die Erbringung folgender Zahlungsdienste ohne Kreditgeschäft (Zahlungsgeschäft) ermöglichen:

die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf das Zahlungskonto oder Barauszahlungen von dem Zahlungskonto ermöglicht werden (Ein- oder Auszahlungsgeschäft), sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge und

die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim kontoführenden Institut des Kontoinhabers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch

a) die Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft),

b) die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),

c) die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft).

§ 41 Abs. 1 und 2 ZKG

(1) Der Kontoinhaber ist verpflichtet, an das kontoführende Institut für die Erbringung von Diensten auf Grund des Basiskontovertrags das vereinbarte Entgelt zu entrichten.

(2) Das Entgelt für die von § 38 erfassten Dienste muss angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten für Vereinbarungen über vom Kontoinhaber zu erstattende Kosten entsprechend.

LG Köln: Grobe Fahrlässigkeit des Bankkunden wenn dieser Dritten PIN und TANs für das Online-Banking mitteilt

LG Köln
Urteil vom 10.09.2019
21 O 116/19

Das LG Köln hat entschieden, dass eine grobe Fahrlässigkeit des Bankkunden vorliegt, wenn dieser Dritten PIN und TANs für das Online-Banking mitteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aber auch ein Anspruch des Klägers aus § 675 u Satz 2 BGB besteht nicht, weil die Beklagte diesem Anspruch – der grundsätzlich aufgrund der nicht autorisierten Überweisungen vom 07. bis 09.01.2019 besteht – einen Schadenersatzanspruch nach § 675 v Abs. 3 Nr. 2 BGB entgegenhalten kann. Mit diesem hat sie die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt.

Der Kläger hat gegen die vertraglichen Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Nutzers bei der Verwendung des PIN-TAN-Verfahrens, die – unwidersprochen – bereits bei Vertragsschluss zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Beklagten Vertragsbestandteil waren (Anlage B 4), grob fahrlässig verstoßen (§ 675 v Abs. § Nr. 2 lit. b). Ziffer 9 lit. a) der AGB in der bei Vertragsschluss geltenden Bedingungen für die Nutzung des OnlineBanking-Angebotes der Stadtsparkasse mit PIN und TAN (bzw. Ziffer 7 der Bedingungen für das Online-Banking in der Fassung vom 13.01.2018) auferlegte dem Kläger die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der PIN und den TANs erlangt.

Gegen diese Verpflichtung hat der Kläger verstoßen, indem er – was zumindest nach seinen Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung unstreitig ist – dem angeblichen Mitarbeiter der Beklagten L2 diejenige TAN weitergab, die es diesem ermöglichte, seine eigene Mobiltelefonnummer für die spätere Abfrage von computergenerierten TANs zu hinterlegen.

Diese vertragliche Sorgfaltspflicht verletzte der Kläger grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, einfachste und naheliegende Überlegungen nicht anstellt und in der konkreten Situation das nicht beachtet, was sich jedem aufdrängt (MüKoBGB/Zetsche, 7. Auflage 2017, § 675 v Rn 33), wobei sich aus Erwägungsgrund 33 der ZDRL ergibt, dass die Ausgestaltung des Begriffs nationalem Recht überlassen ist (MüKoBGB/Zetsche, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen stellt sich das Verhalten des Klägers in der Gesamtschau als grob fahrlässig dar, wobei – wie nachfolgend aufgezeigt wird – dahin stehen kann, ob bereits der Umstand, dass der Täter die Zugangsdaten zum Online-Banking (Kennwort und PIN) erlangt hat, auf grober Fahrlässigkeit beruhte.

Dem Kläger hätte bereits auffallen müssen, dass es für ein Kreditinstitut absolut außergewöhnlich ist, dass ein angeblicher Mitarbeiter telefonisch ankündigt, ihm eine TAN zu schicken, um das bisherige Kennwort und die bisherige PIN zu ändern. Bereits dies hätte einem durchschnittlich sorgfältigen Online-Banking-Kunden Anlass zu Misstrauen und ggf. einer Vorsprache bei der Bank gegeben. Noch auffälliger und mit den Usancen im Bankverkehr unvereinbar war es, dass der Mitarbeiter sodann die telefonische Durchgabe der TAN verlangte. Bereits dieser – erste – Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Pflicht, die TAN an Dritte weiterzugeben, erfolgte grob fahrlässig. Jedenfalls aber verstieß der Kläger in nicht nachzuvollziehender Weise gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten, indem er Herrn L2 am 24.12.2018 eine weitere TAN durchgab, nachdem dieser angegeben hatte, er wolle nunmehr die EC-Karten des Klägers und seiner Ehefrau gegen Angriffe aus dem Ausland sichern (wobei es schon keinen Sinn ergibt, warum hierfür Einstellungen im Online-Banking-Konto vorgenommen werden mussten). Mit dieser TAN war es dem Täter möglich, eine zweite Telefonnummer für die Übermittlung von TANs zu hinterlegen. Insoweit war es aber zum einen wiederum absolut ungewöhnlich, dass ein angeblicher Mitarbeiter des Kreditinstitutes die telefonische Durchgabe einer TAN verlangte, und zum anderen hat der Kläger selbst eingeräumt, die mit der Hinterlegung der Telefonnummer verbundene, unmissverständliche Warnnachricht der Beklagten schlichtweg nicht gelesen zu haben. Darüber hinaus hat er selbst angegeben, dass er in der Folge weitere Online-Banking-Überweisungen getätigt habe, bei denen er zwischen seiner und der neu hinterlegten Telefonnummer auswählen musste. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm sogar bekannt, dass ein weiterer, ihm unbekannter Nutzer von seinem Konto Überweisungen tätigen konnte, zumindest musste sich ihm diese Erkenntnis aufdrängen. Sämtliche, vorstehend aufgeführten und jeder für sich die grobe Fahrlässigkeit begründenden Umstände werden zudem davon umklammert, dass jeglicher (!) Kontakt telefonisch stattfand und es kein einziges Schriftstück der Beklagten betreffend den angeblichen Angriff auf das klägerische Konto gab. Dass es sich bei Herrn L2 um einen psychologisch gut geschulten Täter handelte und der Betrug zulasten des Klägers perfide ausgestaltet war, entlastet ihn angesichts der Vielzahl der vorstehend aufgezählten Umstände, aufgrund deren sich ein Betrugsverdacht aufdrängen musste, und aufgrund der dazwischen liegenden Zeiträume, in denen der Kläger die jeweiligen Vorgänge hätte reflektieren können, nicht. Die Kammer ist nach der durchgeführten Anhörung auch davon überzeugt, dass der Kläger – der bis zum Renteneintritt als Kernphysiker tätig war – von zumindest überdurchschnittlicher Intelligenz ist und daher die Möglichkeit hatte, den Betrug zu seinen Lasten zu erkennen und zu verhindern.

Soweit der Kläger den Vorwurf erhebt, die Beklagte habe keine Sicherheitssysteme gegen „solche Phishing-Angriffe“, erhebt er nach dem Verständnis der Kammer den Einwand des Mitverschuldens betreffend den zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruch. Dieser Einwand geht allerdings schon deshalb ins Leere, weil der Kläger nicht Opfer eines Phishing-Angriffs wurde, sondern die schadenauslösende Handlung selbst vorgenommen hat, indem er dem Täter den Zugriff auf die Mobil-TANs ermöglichte (s.o.). Der weitere Vorwurf, die Beklagte habe das Online-Banking-Konto nicht standardmäßig so eingestellt, dass Einzelüberweisungen limitiert seien, geht bereits deshalb ins Leere, weil einerseits eine entsprechende Schadensminderungspflicht nicht erkennbar ist und andererseits der Kläger seit 2002 das Online-Banking nutzt, ohne auch nur die Einrichtung eines Limits angefragt zu haben; dass er nicht gewusst hat, dass ein solches Limit möglich ist, trägt er bereits nicht vor. Ebenso wenig bestand eine Verpflichtung der Beklagten, vor Einzelüberweisungen ins Ausland eine gesonderte Sicherheitsabfrage durchzuführen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Banken können Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern sofern Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden

OLG Köln
Urteil vom 19.12.2019
12 U 87/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass Banken Kontoführungsgebühren im Wege der Zustimmungsfiktion ändern können, sofern die Vorgaben von § 675g BGB eingehalten werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Bank darf Kontoführungsgebühren durch Zustimmungsfiktion ändern, soweit sie das gesetzlich vorgesehene Verfahren hierfür einhält

Klausel, die Änderung der AGB einer Bank mittels Zustimmungsfiktion erlaubt, ist wirksam. Kunden haben in diesem Fall ein kostenfreies Sonderkündigungsrecht.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank für wirksam erklärt, nach der diese ihre AGB und insbesondere die Entgelte für Bankleistungen mittels Zustimmungsfiktion ändern kann. Die Bank muss die Kunden dabei allerdings mit einem Vorlauf von zwei Monaten auf die beabsichtigte Änderung und auf die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung in transparenter Form hinweisen.

Die Verbraucherzentrale hatte die Bank verklagt, die streitige Klausel nicht weiter zu verwenden. Sie meint, die Klausel sei intransparent, da der Kunde nicht vorhersehen könne, in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen habe. Das Landgericht Köln hatte die nach dem Unterlassungsklagegesetz erhobene Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 19.12.2019 hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die streitgegenständliche Klausel den gesetzlichen Vorgaben in § 675g Abs. 1 und 2 BGB entspreche. Der deutsche Gesetzgeber habe bewusst nicht eingegrenzt, in welchem Umfang Banken ihre AGB ändern könnten. Angesichts dieser Entscheidung des Gesetzgebers sei es den Gerichten verwehrt, durch Auslegung eine irgendwie geartete Eingrenzung von
§ 675g BGB vorzunehmen, auch nicht vor dem Hintergrund der einschlägigen europarechtlichen Regelungen.

Der Senat hob hervor, dass etwaige konkrete Änderungen der AGB bzw. der Bankgebühren durchaus kontrolliert werden könnten. Die Mitteilung der Bank, mit der sie den Kunden beabsichtigte Änderungen anbiete, müsse transparent sein. Den Kunden müsse die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem Wirksamwerden in Textform angeboten werden. Zugleich müssten diese darauf hingewiesen werden, dass Schweigen zu einer Zustimmung ihrerseits führe und dass sie die Möglichkeit zur fristlosen und kostenfreien Kündigung hätten. Damit wisse der Verbraucher spätestens zwei Monate vor einer Änderung, was konkret „auf ihn zukommt“ und dass er dies nicht einseitig hinnehmen muss, sondern sich durch Kündigung vom Vertrag lösen kann. Wenn das Mitteilungsschreiben der Bank nicht dem Transparenzgebot entspreche, sei das Änderungsverlangen unwirksam, so dass auch eine Zustimmungsfiktion seitens des Verbrauchers nicht in Betracht komme.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die fragliche Klausel von zahlreichen Banken und Sparkassen im Bundesgebiet verwendet werde und diesbezüglich keine höchstrichterliche Entscheidung vorliege.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 19.12.2019 - Az. 12 U 87/18.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 675g Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags

(1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet.

(2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.



OLG Dresden: Sparkasse kann Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen

OLG Dresden
Urteil vom 21.11.2019
8 U 1770/18


Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Sparkasse Zwickau Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Urteil im Streit um Prämiensparverträge - Sparkasse darf Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen

Der Sachverhalt:

Die beklagte Sparkasse Zwickau hatte 1994 und 1996 drei unbefristete Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Klägerin ist Erbin der früheren Kunden. 2015 wurden alle drei Verträge auf sie umgeschrieben. Neben einer variablen Verzinsung sehen diese Verträge eine anfänglich wachsende, dem Sparer gutzuschreibende jährliche Prämie vor, die nach 15 Jahren die Hälfte des in dem jeweiligen Jahr vertragsgemäß gezahlten Sparbeitrags erreicht und fortan nicht mehr weiter wächst. In den umgeschriebenen Verträgen heißt es unter Ziffer 4: "Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1188 Monaten abgeschlossen." In Ziffer 3.2 heißt es, die in der Anlage aufgeführte Prämienstaffel sei für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart. Die Prämienstaffel listet die Prämie für einen Zeitraum von 99 Jahren auf, wobei jedes Jahr einzeln aufgeführt wird. Die Angabe von 1188 Monaten war in den drei Vertragsurkunden durch die Beklagte vorgegeben, die ausführt, dies beruhe darauf, dass das verwendete EDV-System auch für unbefristete Verträge die Eingabe einer bestimmten Zahl von Monaten verlangte.

Die beklagte Sparkasse kündigte die drei Verträge im Jahr 2017. Die Klägerin hält diese Kündigungen für unwirksam und beantragt, dies festzustellen, sowie festzustellen, dass die Verträge durch die Beklagte nicht vor 2094 bzw. 2096 ordentlich gekündigt werden können. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da in den umgeschriebenen Verträgen keine Laufzeit, sondern nur eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung durch die Beklagte nicht entgegenstehe.

Die Entscheidung:

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat das Urteil des Landgerichts Zwickau abgeändert und der Klage stattgegeben. In den umgeschriebenen Verträgen sei eine Laufzeit - und nicht nur eine Höchstfrist - von 1188 Monaten (99 Jahren) vereinbart worden. Das folge aus dem Wortlaut der Verträge, die sowohl unter Ziffer 4 als auch unter Ziffer 3 von einer Laufzeit sprächen. Die Prämienstaffel, die die 99 Jahre ausweise, korrespondiere hiermit. Die Verträge sprächen damit an mehreren Stellen einheitlich von einer Laufzeit von 1188 Monaten. Die beklagte Sparkasse müsse sich an dieser durch sie selbst vorformulierten Laufzeit festhalten lassen. Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Ziffer 4 und der Tatsache, dass sich diese 99 Jahre auch in der Prämienstaffel wiederfinden, sei die Auslegung, eine solche Laufzeit sei mit der Klausel gemeint, nicht völlig fernliegend. Dass die beklagte Sparkasse und die Klägerin übereinstimmend etwas anderes als das, was beiderseits unterschrieben worden sei, gewollt hätten, hat der Senat nicht feststellen können. Der Sparkasse habe es freigestanden, in diese Spalte keinen bestimmten Wert einzutragen oder einen solchen jedenfalls im ausgedruckten Exemplar zu streichen.

Damit scheide eine ordentliche Kündigung gemäß Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen aus.

Ein wichtiger Grund für die Kündigung läge ebenfalls nicht vor.

OLG Dresden, Urteil vom 21. November 2019, Az.: 8 U 1770/18

In einem weiteren Verfahren, dem ein Prämiensparvertrag zugrunde liegt, bei dem die Prämienstaffel und die Laufzeitangabe nicht übereinstimmen, hat der Senat heute lediglich über die Unzulässigkeit einer Klageerweiterung entschieden, nicht aber in der Sache selbst. Das Verfahren wird fortgesetzt.

OLG Dresden, Urteil und Beschluss vom 21. November 2019, Az.: 8 U 538/19



BGH: Klausel über Bearbeitungsentgelt für Treuhandauftrag bei Darlehensablösung in Sparkassen-AGB gegenüber Verbrauchern unwirksam

BGH
Urteil vom 10.09.2019
XI ZR 7/19


Der BGH hat entschieden, dass eine Klausel in den Sparkassen-AGB über ein Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge bei Darlehensablösung gegenüber Verbrauchern unwirksam ist.

Die Pressemitteilung des BGH:

Unwirksame Klausel über Bearbeitungsentgelt für Treuhandauftrag bei Darlehensablösung

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse enthaltene Klausel

"4. Sonstige Kredite

4.8 Sonstige Entgelte



Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €"

bei Bankgeschäften mit Verbrauchern unwirksam ist.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucherschutzverband. Er wendet sich gegen die oben genannte Klausel, welche die beklagte Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis verwendet, und begehrt, dass die Beklagte die weitere Verwendung dieser Klausel unterlässt. Während das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hat das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klausel unterfallen u.a. solche Fallgestaltungen, in denen Kunden der Beklagten ihre bei dieser bestehende Darlehen von Fremdinstituten ablösen lassen und gestellte Sicherheiten unter Erteilung von Treuhandauflagen auf das Fremdinstitut übertragen lassen möchten. Hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber eine Grundschuld zur Sicherung dessen Ansprüche bestellt, so steht ihm als Sicherungsgeber aus der Sicherungsabrede ein Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels zu, wenn der Darlehensgeber die Sicherheiten nicht mehr benötigt. Dabei kann der Darlehensnehmer frei wählen, ob er eine Löschungsbewilligung, eine löschungsfähige Quittung oder die Abtretung der Grundschuld an sich oder einen Dritten wünscht. Lässt sich der Darlehensgeber seine insoweit geschuldete Leistung vergüten, handelt es sich bei der Entgeltklausel um eine Preisnebenabrede, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.

Aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners ist der Anwendungsbereich der Klausel aber damit nicht erschöpft. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Klausel nicht nur den Fall, dass ein von der Beklagten gewährtes Verbraucherdarlehen abgelöst wird und sie an einem von anderer Seite veranlassten Treuhandauftrag mitwirkt, sondern auch den Fall, dass sie als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird. Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolgt die Beklagte allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als kontrollfähige Preisnebenabrede einzuordnen ist. Dies gilt auch dann, wenn für die Übertragung von Sicherheiten zu ihren Gunsten ein Treuhandauftrag erforderlich ist.

Die damit als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der Darlehensgeber nimmt mit der Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten eigene Vermögensinteressen wahr, weshalb sein hiermit verbundener Aufwand regelmäßig mit dem gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlenden Zins abzugelten ist. Dies gilt auch in Bezug auf den mit der Freigabe der Sicherheit und damit bei der vertragsgemäßen Abwicklung des Darlehensvertrags verbundenen Aufwand, der bei dem Darlehensgeber bei der Erfüllung einer bestehenden eigenen Rechtspflicht anfällt.

Vorinstanzen:

LG Dortmund - Urteil vom 23. Januar 2018 - 25 O 311/17

OLG Hamm - Urteil vom 4. Dezember 2018 - 19 U 27/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 und 2 BGB:

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.