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AG Frankfurt: 500 EURO Lizenzschadensersatz für Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines relativ aktuellen Computerspiels

AG Frankfurt
Urteil vom 18.02.2022
29 C 2625/21 (44)


Das AG Frankfurt hat dem Rechteinhaber im vorliegenden Fall 500 EURO Lizenzschadensersatz für die Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines relativ aktuellen Computerspiels zugesprochen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von EUR 500,00 als lizenzanaloger Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu (Klageantrag zu 2)).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Aufgrund des auf einer Veröffentlichung des Computerspiels angebrachten Copyright-Vermerks (Seite 2 der Replik, Bl. 43 d.A.) greift die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG. Hiernach wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen, wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist. Aus dem von der Klägerseite vorgelegten screenshot ergibt sich, dass die Klägerin unter ihrem vormaligen Firmennamen (C GmbH) in einer Veröffentlichung im Internet als Rechteinhaber vermerkt ist. Der Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 1 UrhG widerlegen.

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert. Denn er hat als Täter durch insgesamt vier Verlet-zungshandlungen das Schutzrecht der Klägerin an dem Computerspiel verletzt und handelte hierbei auch schuldhaft. Zwar behauptet der Beklagte, er habe über seinen Inter-netanschluss zu keiner Zeit das Computerspiel „…“ oder Teile davon heruntergeladen oder zum Herunterladen bereitgehalten. Gegen den Beklagten spricht jedoch als Anschlussinhaber eine tatsächliche Vermutung für seine Täterschaft (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – AZ: I ZR 75/14 – „Tauschbörse III“; BGH, Urteil vom 12.05.2010 – AZ: I ZR 121/08, NJW 2010, 2061 - „Sommer unseres Lebens“ beide zitiert nach juris). Der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast ist der Beklagte nicht ausreichend nachgekommen.

Zunächst sind die Voraussetzungen für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung erfüllt, da mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die ermittelten IP-Adressen zu den fraglichen Verletzungszeitpunkten dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet waren. Die Klägerin hat das Ergebnis der Ermittlungen sowohl im Hinblick auf die durch die von der Firma B GmbH durchgeführten Ermittlungen als auch im Hinblick auf die infolge des Auskunftsverfahrens vor dem Landgericht München mitgeteilte Auskunft des Internetproviders schlüssig dargelegt. Nach Angaben der Klägerin hat die B GmbH an den Tagen 15.11.2016 (zwei Mal) und 16.11.2016 (zwei Mal) protokolliert, dass eine Datei mit einem bestimmten Hashwert zu vier konkreten Zeitpunkten über die jeweiligen IP Adressen 95.116.125.100 und 95.111.127.98 über ein Filesharingnetzwerk angeboten wurden. Ferner war zu berücksichtigen, dass die Ermittlungssoftware innerhalb von wenigen Tagen gleich vier Mal protokolliert hat, dass dieselbe Datei von einem Internetanschluss, dem zu den fraglichen Zeitpunkten jeweils zwei Mal dieselbe IP-Adressen zugeordnet waren, zum Download angeboten wurden. Dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung der Daten gekommen sein könnte, ist zwar theoretisch möglich, aber im Ergebnis so fernliegend, dass Zweifel an der Richtigkeit der Datenermittlung schweigen (Vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012 – AZ: I-6 U 239/11, 6 U 239/11, zitiert nach juris).

Dies gilt entsprechend auch auf der zweiten Ebene, der Beauskunftung durch den Internetprovider. Die ermittelten IP-Adressen wurden vier Mal dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet. Hierbei war auch zu beachten, dass die im Rahmen der Auskunftsverfahren vor dem Landgericht München angegebenen Zeitpunkte (Anlage K2, dort Anlage ASt 1 zum Beschluss vom 22.11.2016, AZ: 21 O 19508/16, Bl. 50 d.A.) mit den Angaben des Internetproviders übereinstimmen (Anlage K 4, Bl. 50 d.A). Die Tatsache, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass bei der Übermittlung der Tabellen mit den Daten, Verletzungszeitpunkten und IP-Adressen seitens des Klägers an den Internet-provider und dessen Angaben ein Übertragungsfehler aufgetreten sein könnte, führt zu keinem anderen Ergebnis (Vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.06.2015 – AZ: I ZR 19/14 – „Tauschbörse I“, Rn. 37 ff., zitiert nach juris). Ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens ist nicht erforderlich (BGH, a.a.O.). Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, a.a.O.).

Steht fest, dass von einer IP-Adresse ein geschütztes Werk öffentlich zugänglich gemacht worden ist, spricht gegen den Anschlussinhaber nach der Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGH, Urteil vom 06.10.2016 – AZ: I ZR 154/15 (Afterlife), Tz. 14 m.w.N., zitiert nach juris). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast (BGH, a.a.O.). Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O.). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht (BGH, a.a.O).

Der Beklagte ist hier seiner sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Denn er hat lediglich vorgetragen, dass seine mit ihm in einem Haushalt lebenden Familienmitglieder ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, welche Verhaltensregeln im Internet er seinen beiden zu den Verletzungszeitpunkten minderjährigen Kindern aufgegeben hat. Er hat auch nicht vorgetragen, ob er im Nachgang zu dem Abmahnschreiben der Klägerin in seiner Familie Nachforschungen angestellt hat und zu welchen Ergebnissen er hierbei gelangt ist. Das Gericht hatte den Beklagten darauf hingewiesen, dass sein Vortrag nicht ausreichend war und Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme eingeräumt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2021, Bl. 78 R d.A.).

Der Höhe nach hat der Beklagte Schadensersatz in Höhe von EUR 500,00 zu leisten. Rechtsfolge der Urheberrechtsverletzung ist die Leistung von Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 UrhG. Der Klägerin steht ein Anspruch in Höhe der Vergütung zu, die ihr bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. Es wird der Abschluss eines Lizenzvertrags zu angemessenen Bedingungen fingiert. Angemessen ist eine Lizenzgebühr, welche verständige Vertragspartner in Ansehung der tatsächlichen und bezweckten Nutzung und unter der Berücksichtigung der Branchenübung verständigerweise vereinbart hätten (Wandtke/Bullinger/v.Wolf, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 97 Rn. 74; BeckOK UrhG/Reber, Stand: 01.07.2014, § 97 Rn. 119). Das Gericht schätzt nach § 287 ZPO vorliegend die angemessenen Lizenzgebühren auf EUR 500,00. Hierbei waren in erster Linie die Verbreitung des Computerspiels, die Häufigkeit der Verletzungshandlungen, die zeitliche Nähe zur Erstveröffentlichung sowie der Umsatz der Klägerin auf legalen Vertriebswegen zu berücksichtigen. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin wurde das Computerspiel „…“ am ......2016 erstveröffentlicht, so dass die Verletzungshandlungen im November 2016 ein relativ aktuelles Werk betreffen. Ferner handelt es sich nach dem ebenfalls unstreitig gebliebenen Vortrag der Klägerin um ein populäres Spiel, welches Kultstatus erlangt hat. Der Verkaufspreis betrug zum Verletzungszeitpunkt durchschnittlich EUR 19,99.

Der Anspruch auf Schadensersatz ist nicht verjährt. Der Beklagte ist nicht berechtigt, gemäß § 214 Abs. 1 BGB die Zahlung zu verweigern. Denn die regelmäßige Verjährungsfrist begann erst mit Schluss des Jahres 2017 zu laufen. Nach § 119 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Anspruch ist vorliegend erst mit der Abmahnung vom 03.04.2017 entstanden, so dass Verjährungsbeginn der 31.12.2017 war. Der Zugang des Mahnbescheids am 21.10.2020 hat damit die Verjährung rechtzeitig gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

II.

Schließlich kann die Klägerin für die im Rahmen der vorgerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten angefallenen Kosten nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. i.V.m. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB in Höhe von EUR 169,50 ersetzt verlangen.

Der Höhe nach ist eine 1,3 Gebühr nach RVG VV Nr 2300 zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von EUR 20,00 nach RVG VV Nr. 7002 gerechtfertigt. Als Gegenstandswert war insoweit EUR 1.500,00 zugrunde zu legen (EUR 1.000,00 für den Unterlassungsanspruch und EUR 500,00 Schadensersatz), so dass die Gebühr insgesamt EUR 169,50 beträgt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Frankfurt: Telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts kann zu spät sein - dann kein Anspruch gegen Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen

AG Frankfurt
Urteil vom 31.08.2021
32 C 6169/20 (88)


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass eine telefonische Kartensperre 30 Minuten nach Bemerken des Verlusts zu spät sein kann und dann kein Anspruch gegen die Bank auf Erstattung von unbefugten Verfügungen besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

[...]Um 10:42 Uhr jenes Tages teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch den Verlust ihrer Debitkarte mit und ließ die Karte sperren. In ihrer gegenüber der Beklagten am 19.11.2019 erklärten schriftlichen Verlustmeldung gab die Klägerin an, dass sie den Verlust um ca. 10:10 Uhr bemerkt hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die mit Anlage B3 vorgelegte Verlustmeldung (Bl. 119 f. der Akte) Bezug genommen.[...].

Die Klägerin kann weder aus § 675u S. 2 BGB, noch aus § 280 Abs. 1 BGB, jeweils in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrag, Erstattung oder Wiedergutschrift der streitgegenständlichen Barauszahlungen von der Beklagten verlangen.

Es gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, dass die streitgegenständlichen Abhebungen mittels der der Klägerin ausgehändigten Originalkarte erfolgt sind. Die in den als solchen inhaltlich unwidersprochenen Transaktionsprotokollen (Anlage B2) aufgeführte Kartennummer stimmt überein mit der von der Klägerin selbst mit der Klageschrift vorgetragenen Kartennummer. Die prozessualen Voraussetzungen eines zulässigen Bestreitens der Verwendung der Originalkarte mit Nichtwissen seitens der Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO liegen daher nicht vor.

Wie die Beklagte zutreffend geltend macht, spricht auf dieser Tatsachengrundlage ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Klägerin pflichtwidrig entgegen Ziffer 6.3 der zwischen den Parteien vereinbarten AGB und § 675l Abs. 1 S. 1 BGB die PIN auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011, Az. XI ZR 73/10 = MDR 2012, 239). Tragfähige Anhaltspunkte für einen ernsthaft in Betracht kommenden atypischen Geschehensablauf trägt die Klägerin nicht vor.

Nach der zugrundezulegenden Verwendung der Originalkarte bestehen auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass das Sicherheitssystem der Beklagten unzureichend konfiguriert war. Sowohl die (geringe) räumliche Entfernung des Geldautomaten von etwa 50 km vom Wohnort der Klägerin, als auch die im Zuge der streitgegenständlichen Abhebung einmalig erfolgte Falschangabe der PIN stellen weder für sich genommen, noch zusammen hinreichend auffällige Merkmale dar, wie dies etwa bei betragsmäßig, zeitlich und örtlich vom bisherigen Kontonutzungsverhalten ungewöhnlich abweichenden Auslandsverfügungen oder mehrfacher Falscheingabe der PIN der Fall wäre.

Darüber hinaus ist das Gericht auch davon überzeugt, dass der Klägerin ein weiterer Sorgfaltspflichtverstoß dadurch zur Last fällt, dass sie den Verlust der Karte der Beklagten nicht unverzüglich angezeigt hat. Ein erst zeitlich nach den Abhebungen erfolgtes Bemerken des Verlustes hat die Klägerin in Ansehung ihrer eigenen Angaben in der vorgerichtlichen Verlustanzeige (Anlage B3) bereits nicht nachvollziehbar vorgetragen, so dass ein Bemerken des Verlustes 5 Minuten vor der 1. Abhebung wie in der Verlustanzeige angegeben zu Grunde zu legen ist. Ausweislich der polizeilichen Bestätigung über die Erstattung einer Strafanzeige (Anlage B4, Bl. 121 der Akte) verfügt die Klägerin über ein Mobiltelefon. Tragfähige Gründe, warum es ihr nicht möglich war, dieses unmittelbar für eine Verlustmeldung zu nutzen, trägt die Klägerin nicht vor.

Insbesondere kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie lediglich zu Hause ihre IBAN zur Hand gehabt habe, welche die Beklagte im Rahmen des letztlich erst von dort aus geführten Telefonates verlangt habe. In Ziffer 6.4 Abs. 1 S. 3 der AGB ist insoweit die Angabe der IBAN nur für eine über den Zentralen Sperrannahmedienst erstattete Verlustmeldung als Erfordernis formuliert. Nach S. 1 der Klausel soll die Sperranzeige jedoch möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle erfolgen, wofür die Angabe der IBAN nicht in der Klausel vorausgesetzt wird. Hätte sich auch die kontoführende Stelle der Beklagten auf eine sofortige telefonische Verlustmeldung hin nicht in der Lage gesehen, die IBAN aus ihren Systemen zu recherchieren oder auch ohne diese eine Sperrung der Karte zu veranlassen, hätte die Klägerin jedenfalls ihren vertraglichen Sorgfaltspflichten genügt und wäre in einem solch hypothetischen Fall gegebenenfalls dann eine mangelnde eigene Sorgfalt der Beklagten im Rahmen der Reaktion auf eine dann als unverzüglich feststehende Verlustanzeige festzustellen gewesen; als hypothetische Reserveursache vermag eine solche jedoch nicht die Klägerin von den gemäß Ziffer 6.4 Abs. 1 der AGB und § 675l Abs. 1 S. 2 BGB primär ihr obliegenden Sorgfaltspflichten zur unverzüglichen Verlustanzeige zu entbinden.

Nach alledem liegt hinsichtlich der streitgegenständlichen Abhebungen kein Verschulden der Beklagten, jedoch ein zweifacher grober Sorgfaltspflichtverstoß der Klägerin vor mit der Folge, dass die in Ziffer 14.1 Abs. 1 der AGB vereinbarte Haftungsbegrenzung der Klägerin auf 50 € gemäß Abs. 4 der Klausel sowie § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht greift und die Klägerin den ihr durch die Abhebungen entstandenen Schaden in vollem Umfang selbst zu tragen hat.


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AG Frankfurt: Vertrag über Gewichtsabnahmeberatung keine medizinische Beratung bzw kein Behandlungsvertrag sondern Dienstleistungsvertrag

AG Frankfurt
Urteil vom 22.03.2019
31 C 2664/18


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass ein Vertrag über Gewichtsabnahmeberatung jedenfalls im dort entschiedenen Fall nicht als medizinische Beratung bzw. Behandlungsvertrag sondern als Dienstleistungsvertrag einzuordnen ist. Dies hat zur Folge, dass keine Ansprüche wegen mangelhafter Leistung geltend gemacht werden können.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Gewichtsabnahmeberatung ist keine „medizinische Behandlung“

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass durch die Annahme des Angebots zu einer Gewichtsabnahmetherapie im konkreten Fall kein Behandlungs-, sondern (lediglich) ein Dienstleistungsvertrag zustande gekommen sei, bei dem gerade keine Ansprüche wegen mangelhafter Leistung geltend gemacht werden können (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urt. v. 22.03.2019, Az.: 31 C 2664/18 (23)).

Im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsstreits schloss die Beklagte bei der Klägerin einen Vertrag über eine vierwöchige Gewichtsabnahmeberatung ab, die eine regelmäßige Diätkontrolle unter Gabe von homöopathischen Mitteln (Shakes) umfasste. Den Pauschalpreis i. H. v. 1.390,00 Euro zahlte die Beklagte (bis auf 690,00 Euro Anzahlung) nicht. Die Klägerin nahm die Beklagte deshalb auf Leistung der Restsumme in Anspruch. Letztere war dabei der Ansicht, wegen Schlechtleistung keine weitere Zahlung mehr erbringen zu müssen, da sich durch die eingenommenen Mittel ihr Blutdruck auffällig erhöht habe und sie nicht über die Zusammensetzung und Nebenwirkungen der Präparate aufgeklärt worden sei. Zudem sei der Vertrag wegen Wuchers nichtig und er wurde hilfsweise wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Das Amtsgericht Frankfurt hat der Klage – mit Ausnahme der nicht erforderlichen außergerichtlichen Anwaltskosten – stattgegeben. Gegenstand des geschlossenen Vertrages sei im konkreten Fall keine „medizinische Behandlung“ i.S.v. § 630a BGB gewesen, da weder die abstrakte Feststellung von Übergewicht an sich eine fachliche Qualifikation erfordere, noch ein individuelles Beschwerde- oder Leidensbild der Beklagten einer heilkundigen oder ernährungsberatenden Behandlung unterzogen worden sei. Bei dem damit vorliegenden Dienstleistungsvertrag sehe das Gesetz den Einwand der Schlechtleistung nicht vor. Die Beklagte sei auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verwiesen, die sie aber im Rechtstreit nicht anbrachte. Auch sei der Vertrag wegen Fehlens einer Zwangslage nicht wegen Wuchers nichtig oder im Rahmen der (zulässigen) Eventualanfechtung eine konkrete Täuschung von der Beklagten vorgetragen worden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig


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AG Frankfurt: In Email-Signatur enthaltenes Firmenlogo stellt allein noch keine unzulässige Werbung dar

AG Frankfurt am Main
Urteil vom 02.10.2017
29 C 1860/17 (81)


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass in einer Email-Signatur enthaltenes Firmenlogo allein noch keine unzulässige Werbung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Übersendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung zu.

Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 1004, 823 I BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verfügungsklägerin ihre E-Mailadresse XXX grundsätzlich privat oder geschäftlich nutzt.

Es liegt nämlich weder ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin vor, noch ein Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht.

Zwar kann die unaufgeforderte Übersendung eines werbenden E-Mail-Schreibens einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Empfängers oder sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen.

In einer bloßen - als solche nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme kann aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre (BGH NJW 2011, 1005 [BGH 08.02.2011 - VI ZR 311/09] Rn. 8); nichts anderes kann für das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gelten.

Bei der vorliegend an die Verfügungsklägerin übersandten E-Mail handelt es sich entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin gerade nicht um Werbung. Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Werbung ist dabei jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerkes oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, GRUR 2013, 1259 [BGH 12.09.2013 - I ZR 208/12] Rn. 17 = VersR 2014, 1462 - Empfehlungs-E-Mail, mwN). Direktwerbung ist gegeben, wenn der Werbende einen unmittelbaren Kontakt zu einem bestimmten Adressaten herstellt, sei es durch persönliche Ansprache, Briefsendungen oder durch Einsatz von Telekommunikationsmitteln wie Telefon, Telefax oder E-Mail (Ohly in Ohly/Sosnitza, § 7 Rn. 2).

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Verfügungsklägerin hat weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass es sich bei dem Text der streitgegenständlichen E-Mail um werbende Angaben handelt. Soweit vorgetragen wird, es handele sich um Angaben über den Status von Objekten, die von der Verfügungsbeklagten zur Miete angeboten würden, ist dies von der Verfügungsbeklagten substantiiert bestritten und dargelegt worden, es handele sich um Zimmerreservierungen in einem Hotel. Die englischsprachige E-Mail wurde von der Verfügungsklägerin nicht übersetzt; eine Übersetzung hätte jedoch den klägerischen Vortrag auch nicht bestätigen können.

Auch die am Fuß der E-Mail enthaltene Signatur der Verfügungsbeklagten stellt keine Werbung dar. Sie enthält lediglich das Logo der Beklagten, welches neben dem Namen der Verfügungsbeklagten noch deren Geschäftsbereiche ausweist und mit bunten Kreisen unterlegt ist. Die bloße Verwendung eines Logos eines Unternehmens ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Hier enthält das Logo auch keinerlei Hinweise auf konkret angebotene Waren oder Dienstleistungen, die den E-Mailempfänger zu einer Inanspruchnahme des Absenders veranlassen sollten. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass sich hinter dem Logo - unsichtbar - eine Verlinkung auf die Webseite der Verfügungsbeklagten befand. Jeder E-Mailempfänger könnte es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, das Logo anzuklicken. Auch ein gedankliches "Aussortieren" eines werbenden Teils der Email war hierfür nicht erforderlich.

Das Gericht ist vielmehr nach der Eidesstattlichen Versicherung des Zeugen A. davon überzeugt, dass die streitgegenständliche E-Mail die Verfügungsklägerin lediglich versehentlich erreicht hat. Dies wird auch durch den Inhalt der E-Mail selbst gestützt, der ersichtlich keinen Bezug zur Verfügungsklägerin und/oder ihrer geschäftlichen Tätigkeit aufweist. Auch daraus ergibt sich, dass die E-Mail nicht darauf gerichtet war, die Verfügungsklägerin im Sinne einer werbenden Maßnahme irgendwie zu beeinflussen.

Sofern die Verfügungsklägerin geltend macht, sie habe Herrn A. ausdrücklich aufgefordert, nicht mehr per E-Mail mit ihr in Kontakt zu treten, ist das Gericht hiervon nach Vorlage der sich widersprechenden Eidesstattlichen Versicherungen nicht überzeugt. Es ist auch kaum vorstellbar, dass - wenn die Verfügungsklägerin Herrn A. am 14.12.2016 telefonisch mitgeteilt hat, keine Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon mehr zu wünschen - Herr A. nur zwei Tage später der Verfügungsklägerin per E-Mail schreiben würde "Hallo B., war gestern ganztägig in Terminen und am Wochenende bin ich mit meiner Familie unterwegs. Du kannst es gerne versuchen, ansonsten kann ich Montag Nachmittag zwischen 16:30 Uhr - 17:30 Uhr anbieten. Viele Grüße A.". Den Zugang dieser - von der Verfügungsbeklagten als Screenshot substantiiert dargelegten - Email hat die Verfügungsklägerin jedoch gerade nicht bestritten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



AG Frankfurt: Anschlussinhaber haftet nicht automatisch für Urheberrechtsverletzung, wenn Ehepartner Filesharing-Programm verwendet

AG Frankfurt
Urteil vom 25.05.2012
32 C 157/12


Auch das AG Frankfurt hat zu Recht entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht automatisch für Urheberrechtsverletzungen haftet, die der Ehepartner durch Nutzung von Filesharing-Programmen begeht. Das AG Frankfurt vertritt somit die gleiche Ansicht, wie sie bereits kürzlich vom OLG Köln geäußert wurde. Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere Gerichte dieser Ansicht anschließen werden.

AG Frankfurt: Verbot der Löschung oder anderweitigen Vergabe einer Domain nach Kündigung durch die DENIC wegen Nichterreichbarkeit

AG Frankfurt a.M.
Beschluss vom 14. Juli 2011
30 C 1549/11


Das AG Frankfurt hat der DENIC per einstweilger Verfügung untersagt, die Registrierung von zwei Domains zu löschen bzw. diese anderweitig zu vergeben. Die DENIC hatte die Löschung der Registrierung wegen Nichterreichbarkeit angekündigt. Nach Ansicht des AG Frankfurt ist eine Kündigung wegen "Nichterreichbarkeit" ohne vorherige Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB unwirksam. Dabei hat das Gericht die einstweilige Verfügung befristet, damit der Domaininhaber die Unzulässigkeit der Kündigung zeitnah in einem Hauptsacherverfahren überprüfen lässt.

Die Entscheidung finden Sie hier:

"AG Frankfurt: Verbot der Löschung oder anderweitigen Vergabe einer Domain nach Kündigung durch die DENIC wegen Nichterreichbarkeit" vollständig lesen