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OLG Köln: Kein datenschutzrechtlicher Anspruch eines Arztes auf Entfernung seiner öffentlich zugänglichen Daten aus Ärztebewertungsportal - jameda

OLG Köln
Urteil vom 05.01.2017
15 U 121/16


Das OLG Kön hat entschieden, dass ein Arzt keinen datenschutzrechtlichen Anspruch auf Entfernung seiner öffentlich zugänglichen Daten aus einem Ärztebewertungsportal (jameda) hat.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Zulässigkeit der Speicherung der streitgegenständlichen Daten nach § 29 BDSG hat das Landgericht zu Recht bejaht.

a. Das Landgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Zulässigkeit der Speicherung nach § 29 BDSG auch hier nach den Grundsätzen beurteilt, die der Bundesgerichtshof in der o.g. K I-Entscheidung vom 23.09.2014 (VI ZR 358/14, BGHZ 202, 242 ff. = GRUR 2014, 1228 ff.) entwickelt hat. Danach bestimmt sich der Prüfungsmaßstab für ein Bewertungsportal wie dasjenige der Beklagten einheitlich nach der Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG und nicht nach der - weniger strengen - Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG, da nur die gemeinsame Verwendung der Daten der Klägerin mit den Bewertungen der Nutzer den von der Beklagten als Arztsuch- und -bewertungsportal verfolgten Zweck erfüllt und daher eine Würdigung im Zusammenhang mit der Speicherung der Bewertungen geboten ist.

[...]
c. Auch wenn man aber nicht § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG sondern - wie in § 29 BDSG - eine Einbeziehung der Speicherung der Bewertung für geboten und daher § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG für einschlägig hält, ist die Speicherung der persönlichen Daten der Klägerin zulässig.

Voraussetzung ist dann nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG, dass die Speicherung zu Wahrung berechtigter Interessen der Beklagten erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt:

Wann ein "berechtigtes Interesse" der verantwortlichen Stelle zu bejahen ist, wird nicht einheitlich beurteilt. Überwiegend wird es als ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes, also ein tatsächliches Interesse definiert, das wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann, d.h. es muss sich um einen Zweck handeln, der vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 28 Rdn. 24 m.w.Nachw.). Das ist hier bei der von der Beklagten bezweckten Werbefunktion (insbesondere auch unter UWG-Gesichtspunkten, s.o.) der Fall.

Auch die "Erforderlichkeit" der Datenspeicherung für den Zweck der Beklagten ist zu bejahen. Hierfür reicht zwar bloße "Dienlichkeit" nicht aus. Andererseits ist darunter aber auch keine "zwingende Notwendigkeit" zu verstehen, vielmehr geht es um ein bei vernünftiger Betrachtung zu bejahendes Angewiesensein auf das in Frage stehende Mittel. Es genügt daher, wenn nach den Gesamtumständen die Wahl einer anderen Informationsmöglichkeit oder der Verzicht auf die Speicherung zur Erreichung des - legitimen - Zwecks nicht sinnvoll oder unzumutbar wäre (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O. § 28 Rdn. 15). Auch das ist hier gegeben. Schließlich ergibt sich aus der obigen, hier entsprechend geltenden Abwägung im Rahmen von § 29 BDSG, dass auch kein Grund für die Annahme überwiegender schutzwürdiger Interessen der Klägerin besteht; auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

II. Ohne Erfolg macht die Klägerin desweiteren geltend, ihr stehe gegen die Beklagte (auch) ein Löschungsanspruch wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu, da ihre persönlichen Daten durch die Speicherung und Veröffentlichung im Zusammenhang mit der Einblendung der Profile (zahlender) konkurrierender Ärzte über die bloße Bewertungsfunktion des Portals der Beklagten hinaus in unzulässiger Weise auch zu werblichen Zwecken Dritter zwangskommerzialisiert werde.

1. Eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin im Sinne von § 12 BGB (als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) durch Benutzung zu Werbezwecken liegt nicht vor.

Wie sich aus dem Wortlaut von § 12 Satz 1 BGB ergibt, schützt die Vorschrift gegen eine Identitätsverwirrung durch unbefugten Namensgebrauch sowie davor, dass dem Namensträger das Recht zum Gebrauch des Namens von einem anderen bestritten wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1990 – VI ZR 104/90, NJW 1991, 1532 – Notfallarzt). Beides ist hier nicht gegeben.

Es geht auch im Übrigen zu weit, jeden eigenmächtigen namentlichen Hinweis auf eine andere Person, wenn er im Zusammenhang mit einer Werbung erfolgt, ausnahmslos als einen Namensmissbrauch im Sinne von § 12 BGB zu bezeichnen. Schließt die Art dieses Hinweises die Annahme aus, dass die angepriesenen Leistungen oder Erzeugnisse dem Genannten irgendwie zuzurechnen seien oder unter seinem Namen in Erscheinung treten sollen, so kann eine solche Erwähnung seiner Person zwar aus anderen Gründen eine Rechtsverletzung sein; sie ist aber kein unbefugter Gebrauch des Namens, da sich der Werbende in einem solchen Falle, den durch den Namen repräsentierten Eigenwert der Person des anderen weder für sich noch für seine Erzeugnisse oder Leistungen Dritter aneignet (vgl. BGH, Urt. v. 18.03.1959 - IV ZR 182/58, BGHZ 30, 7 ff., juris Tz. 11 - Caterina Valente; v. 26.06.1981 - I ZR 73/79, BGHZ 81, 75 ff., juris Tz. 9 - Carrera).

Das ist hier der Fall, da der Name der Klägerin im Rahmen der von ihr beanstandeten Werbefunktion der Beklagten gerade nicht dazu dient, ihr die in den Einblendungen anderer Ärzte ausgewiesenen Leistungen in irgendeiner Weise zuzurechnen, sondern vielmehr dazu, Nutzern des Portals alternativ konkurrierende Ärzte in ihrer Umgebung anzuzeigen.

2. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch die Verwendung ihrer persönlichen Daten für werbliche Zwecke Dritter („Zwangskommerzialisierung“) liegt nicht vor.

"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: