Der BGH hat nochmals entschieden, dass kein Anspruch auf Löschung eines Jameda-Basisprofils aus Art. 17 DSGVO besteht. Es liegen auf Seiten des Portalbetreibers vorrangige berechtigte Gründe im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Buchst. c Halbsatz 1 DSGVO vor.
Aus den Entscheidungsgründen: d) Auch der Löschungsgrund des Art. 17 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO ist nicht gegeben. Denn für die von der Klägerin angegriffene Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten liegen jedenfalls vorrangige berechtigte Gründe im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Buchst. c Halbsatz 1 DS-GVO vor. Die auch insoweit gebotene Gesamtabwägung führt zu keinem anderen Ergebnis als die oben zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DS-GVO vorgenommene Abwägung (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 24 mwN; vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 488/19, NJW 2022, 1098 Rn. 68 und VI ZR 489/19, BGHZ 231, 263 Rn. 71, vom 15. Februar 2022 - VI ZR 692/20, NJW-RR 2022,693 Rn. 42).
2. Der ebenfalls aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO abzuleitende Unterlassungsanspruch (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 489/19, BGHZ 231, 263 Rn. 10; vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 20, 23 zur Auslistung; BSGE 127, 181 Rn. 13) ist nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO im Ergebnis zu Recht verneint. Da die Klägerin im Zusammenhang mit dem Unterlassungsbegehren keine weiteren Gestaltungsvarianten oder Verhaltensweisen der Beklagten beanstandet hat, kann zur Begründung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Datenverarbeitung auf die obigen Ausführungen zum Löschungsanspruch verwiesen werden.
Der BGH hat entschieden, dass kein Anspruch auf Löschung eines Jameda-Basisprofils aus Art. 17 DSGVO besteht. Dem steht ein berechtigtes Interesse des Portalbetreibers nach Art. 6 Abs.1 lit. f DSGVO entgegen.
Leitsätze des BGH:
a) Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Löschung von personenbezogenen Daten in einem Arztsuche- und -bewertungsportal im Internet (www.jameda.de).
b) Zum sogenannten "Medienprivileg" im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO.
BGH, Urteil vom 15. Februar 2022 - VI ZR 692/20 - OLG Frankfurt a.M. - LG Hanau
Der BGH hat entschieden, dass gegen das Arztbewertungsportal jameda kein Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO besteht, da die mit einem Eintrag verbundene Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f. DSGVO gerechtfertigt ist.
Leitsätze des BGH (in beiden Entscheidungen identisch):
a) Der Betreiber eines Ärztebewertungsportals unterliegt keinem strengen Gleichbehandlungsgebot in dem Sinne, dass eine Ungleichbehandlung von Ärzten, die keine (zahlenden) Kunden des Portalbetreibers sind, einerseits und Ärzten, die für ihr Profil bezahlen, andererseits stets zur Unzulässigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten von nichtzahlenden Ärzten führt, die der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten im Portalbetrieb widersprochen haben. Maßgeblich ist vielmehr, welche konkreten Vorteile der Portalbetreiber zahlenden gegenüber nichtzahlenden Ärzten gewährt und ob die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung in einer Gesamtschau mit allen anderen Umständen des konkreten Einzelfalls dazu führt, dass die Interessen des gegen seinen Willen in das Portal aufgenommenen Arztes die berechtigten Interessen des Portalbetreibers und vor allem der Portalnutzer überwiegen (Fortführung Senatsurteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17, BGHZ 217, 340 Rn. 18 - Ärztebewertung III).
b) Zum sogenannten "Medienprivileg" im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO.
Schriftliche Urteilsgründe in den "JAMEDA"-Verfahren liegen vor Urteile vom 12. Oktober 2021 – VI ZR 488/19 und VI ZR 489/19
Der unter anderem für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei das Ärztebewertungsportal "JAMEDA" (Az. VI ZR 488/19 und VI ZR 489/19) betreffenden Verfahren die schriftlichen Gründe der am 12. Oktober 2021 verkündeten Urteile vorgelegt. Die Urteile sind in der Entscheidungsdatenbank auf der Website des Bundesgerichtshofs (www.bundesgerichtshof.de) abrufbar.
Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt das Ärztebewertungsportal "JAMEDA", das monatlich von mindestens sechs Millionen Nutzern besucht wird. Sie erstellt dabei für alle Ärzte unter Verwendung von Daten aus allgemein zugänglichen Quellen ein Basisprofil mit Namen, akademischem Grad, Fachrichtung, Praxisanschrift, weiteren Kontaktdaten und Sprechzeiten. Nutzer des Portals können die Ärzte nach bestimmten, vorgegebenen Kriterien benoten und in Form von Freitextkommentaren bewerten. Aus den abgegebenen Einzelbewertungen werden für die unterschiedlichen Kategorien Durchschnittsnoten gebildet, aus den Durchschnittsnoten der verschiedenen Kategorien wiederum eine Gesamtnote für den jeweiligen Arzt, die auf dessen Profil sichtbar ist. Die Beklagte bietet den in ihrem Portal erfassten Ärzten den Erwerb eines "Gold"- oder "Platinpakets" gegen monatliche Zahlungen von 69 € bzw. 139 € an, die es ermöglichen, die Profilseiten - etwa durch Hinzufügen eines Fotos, Setzen eines Links auf die eigene Internetseite oder die Veröffentlichung von Fachartikeln - ansprechender zu gestalten.
Die Klägerin im Verfahren VI ZR 488/19 ist Fachzahnärztin für Parodontologie, der Kläger im Verfahren VI ZR 489/19 Fachzahnarzt für Oralchirurgie. Sie verfügen über kein kostenpflichtiges Paket bei der Beklagten; in ihre Aufnahme in das Portal der Beklagten haben sie nicht eingewilligt. Beide werden von der Beklagten deshalb mit einem Basisprofil geführt. Mit ihren Klagen verlangen sie zum einen die vollständige Löschung ihrer Daten aus dem Portal der Beklagten, zum anderen, es auch in Zukunft zu unterlassen, sie betreffende Profile zu veröffentlichen, wenn das Portal bestimmte, im einzelnen beschriebene Merkmale aufweist. Konkret wenden sie sich hierbei gegen eine Vielzahl von - im Einzelnen bezeichneten - Unterschieden bei der Ausgestaltung von zahlungspflichtigen Gold- oder Platinprofilen einerseits und Basisprofilen andererseits (z. B.: Verlinkung anderer Ärzte bzw. Ärztelisten, die Möglichkeit, Bilder, Texte u. ä. einzustellen, Werbung von Drittunternehmen) sowie eine unterschiedliche Behandlung von zahlenden und nichtzahlenden Ärzten in Bezug auf bestimmte Serviceleistungen, etwa eine professionelle Hilfestellung beim Verfassen von Texten oder eine kostenlose Hotline nur für zahlende Ärzte.
Prozessverlauf:
Das Landgericht Bonn (9 U 157/18 bzw. 18 U 143/18) hat beiden Klagen stattgegeben. Die dagegen gerichteten Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht Köln (15 U 89/19 bzw. 15 U 126/19) hinsichtlich der Löschungsanträge zurückgewiesen. Hinsichtlich der - im Revisionsverfahren allein noch relevanten - Unterlassungsanträge hat es das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen der Beklagten überwiegend abgeändert und die Klagen abgewiesen. Nach seiner Auffassung ist die Zulässigkeit der Aufnahme der Kläger in das Portal an Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zu messen, wonach eine rechtmäßige Datenverarbeitung voraussetzt, dass die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten und ihrer Nutzer erforderlich ist und die Interessen der Kläger als betroffene Personen nicht überwiegen. Im Rahmen der damit gebotenen Einzelfallabwägung sei von den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2018 (VI ZR 30/17, GRUR 2018, 636) auszugehen. Danach erfülle das von der Beklagten betriebene Portal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion. Der Portalbetreiber könne seine auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber den Betroffenen aber nur mit geringerem Gewicht geltend machen, soweit er seine Stellung als neutraler Informationsmittler nicht mehr wahre und seinen eigenen Kunden in Gewinnerzielungsabsicht verdeckte Vorteile verschaffe; erforderlich sei hierfür, dass Basiskunden auf dem Portal als "Werbeplattform" für Premiumkunden benutzt würden und dass den Premiumkunden dadurch ein Vorteil gewährt werde, der schließlich aus Sicht des durchschnittlichen Nutzers verdeckt, mithin für diesen nicht erkennbar, erfolge. Dies sei nur hinsichtlich eines (geringen) Teils der Unterlassungsanträge der Fall. Mit ihren Revisionen haben die Kläger ihre Begehren, soweit sie abgewiesen wurden, weiterverfolgt. Soweit die Beklagte zur Löschung und Unterlassung verurteilt worden ist, ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden.
Die Entscheidungen des VI. Zivilsenats:
Der VI. Zivilsenat hat die Revisionen der Kläger zurückgewiesen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Kläger hätten insoweit keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, trifft im Ergebnis zu.
Ob ein Unterlassungsanspruch besteht, richtet sich im Ausgangspunkt nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO. Der Anwendung dieser Vorschrift stehen insbesondere nicht Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO und das dort geregelte "Presseprivileg" entgegen; denn die Beklagte verarbeitet in dem von ihr betriebenen Portal die personenbezogenen Daten der Kläger nicht zu "journalistischen Zwecken" im Sinne dieser Vorschriften.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSG-GVO sind in den Streitfällen nicht erfüllt. Insbesondere scheitert ein Unterlassungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO daran, dass die von den Klägern bekämpfte Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f. DS-GVO rechtmäßig ist. Denn mit dem Portalbetrieb und der damit verbundenen Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten der Kläger verfolgt die Beklagte berechtigte, von Art. 11 GRCh (Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit) und Art. 16 GRCh (Unternehmerische Freiheit) geschützte Interessen, die Datenverarbeitung geht über das dafür unbedingt Notwendige nicht hinaus und die durchzuführende Abwägung der nach den konkreten Umständen des Einzelfalls gegenüberstehenden Rechte und Interessen fällt hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Gestaltungselemente des Portalbetriebs der Beklagten nicht zugunsten der Kläger aus. Vom VI. Zivilsenat besonders hervorgehoben wurde dabei, dass aus dem Umstand, dass im Rahmen der Abwägung - wie der erkennende Senat in einem Urteil vom 20. Februar 2018 (VI ZR 30/17, BGHZ 217, 340 Rn. 11 ff.) ausgeführt hatte - auch in den Blick zu nehmen ist, ob die Beklagte als "neutrale Informationsmittlerin" agiert, kein strenges Gebot zur Gleichbehandlung zahlender und nichtzahlender Ärzte folgt. Maßgebend ist vielmehr, welche konkreten Vorteile die Beklagte zahlenden gegenüber nichtzahlenden Ärzten gewährt und ob die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung in einer Gesamtschau mit allen anderen Umständen des konkreten Einzelfalls dazu führt, dass die Interessen des gegen seinen Willen in das Portal aufgenommenen Arztes die berechtigten Interessen der beklagten Portalbetreiberin und vor allem der Portalnutzer überwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Ärzte es grundsätzlich hinzunehmen haben, in einem Bewertungsportal geführt und dort bewertet zu werden. Die noch streitgegenständlichen Gestaltungselemente führten in den Streitfällen nicht zu nicht nur unerheblich darüberhinausgehenden Belastungen für die Kläger.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO):
(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
[…].
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
[…]
Artikel 17 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO):
(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:
[…]
c) Die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 1 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein und es liegen keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vor, […]
d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.
[…]
Artikel 21 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO):
(1) Die betroffene Person hat das Recht, aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, jederzeit gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, die aufgrund von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e oder f erfolgt, Widerspruch einzulegen; […]. Der Verantwortliche verarbeitet die personenbezogenen Daten nicht mehr, es sei denn, er kann zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen, oder […].
[…].
Artikel 85 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO):
(1) Die Mitgliedstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken […], in Einklang.
(2) Für die Verarbeitung, die zur journalistischen Zwecken […] erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), […] vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.
[…]
Artikel 38 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG):
(1) Werden personenbezogene Daten zu journalistischen, […] Zwecken verarbeitet, stehen den betroffenen Personen nur die in Abs. 2 genannten Rechte zu. […].
[…].
Artikel 7 der EU-Grundrechte-Charta (GRCh):
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.
Artikel 11 der EU-Grundrechte-Charta (GRCh):
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
[…]
Artikel 16 der EU-Grundrechte-Charta (GRCh):
Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.
Das OLG München hat entschieden, dass ein Anspruch auf Wiederveröffentlichung einer positiven Bewertung in einem Arztbewertungsportal besteht, wenn diese zu Unrecht durch Algorithmus als Fake-Bewertung eingestuft und gelöscht wurde. Im vorliegend Fall hat das Gericht aber einen Anspruch verneint.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch die Löschung der positiven Bewertungen nicht in seinen Rechten verletzt.
1. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine vertraglichen Schadensersatzansprüche zu. Die Beklagte hat mit der Löschung der positiven Bewertungen unabhängig davon, ob diese zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, keine vertraglichen Schutzpflichten verletzt.
Zwar erwachsen aus dem vertraglichen Schuldverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch Rücksichtnahme- und Schutzpflichten, insbesondere die Pflicht, sich bei Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden. Die hier streitgegenständliche Löschung der positiven Bewertungen erfolgte aber nicht in Abwicklung des Schuldverhältnisses, sondern steht mit diesem in keinerlei Zusammenhang. Hinsichtlich der Löschung eingestellter Bewertungen ergeben sich aus dem vertraglichen Schuldverhältnis keine Besonderheiten.
Ausweislich der für den Inhalt der vertraglichen Hauptleistungspflichten vom Kläger vorgelegten Anlage K 3 umfasste das von ihm gebuchte Premium-Paket Gold die Option, auf jameda.de ein persönliches Portraitbild, individuelle Inhalte und Bilder sowie eine eigene PraxisHomepage zu hinterlegen. Darüber hinaus besteht für Premium-Paket Gold Kunden die Möglichkeit, Artikel im Experten Ratgeber zu publizieren und für Fachgebiete auffälliger dargestellt zu werden. Zudem umfasst das Angebot, mit dem Profil bei Google auf Seite 1 gefunden zu werden und den Profil-Service (Erstellung & Pflege) zu genießen sowie die OnlineTerminvergabe zu nutzen. Die streitgegenständliche Löschung der Bewertungen erfolgte nicht bei oder im Zusammenhang mit der Erbringung dieser Hauptleistungspflichten, sondern völlig losgelöst und unabhängig von diesen, sodass die Löschung der Bewertungen keine Vertragspflichtverletzung begründen kann.
2. Die Löschung der positiven Bewertungen verletzt den Kläger auch nicht in seinen Rechten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
Beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb handelt es sich um einen offenen Auffangtatbestand, der auch die Angehörigen freier Berufe, die eigentlich kein Gewerbe betreiben, wie Zahnärzte, schützt (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl., § 823 Rn. 134 m.w.N.).
Schutzgegenstand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb ist alles, was in seiner Gesamtheit den Betrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt und damit den wirtschaftlichen Wert des Betriebs als bestehender Einheit ausmacht, also nicht nur den Bestand des Betriebs, sondern auch einzelne Erscheinungsformen, Geschäftsideen und Tätigkeitskreise, Kundenstamm und Geschäftsbeziehungen, Organisationsstruktur, Know-How und good will (vgl. Palandt-Sprau, a.a.O. § 823 Rn. 134 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch von Dritten auf Bewertungsportalen eingestellte Meinungen vom Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb umfasst, auch wenn sie nicht vom Bewerteten initiiert worden sind. Schutzgegenstand des Rechts ist auch der „gute Ruf“ eines Unternehmens, das unternehmerische Ansehen (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 41), und dieses wird maßgeblich durch Bewertungen auf Bewertungsportalen mitbestimmt, so dass in einer Löschung von positiven Bewertungen auch ein Eingriff in den Schutzbereich liegen kann.
In der Löschung positiver Bewertungen auf einem Bewertungsportal kann auch ein betriebsbezogener Eingriff liegen, denn er führt zur Beeinträchtigung des Betriebs als solchem. Durch die Löschung können wesentliche Geschäftsaktivitäten, wie die Kundenakquise, unmittelbar beeinträchtigt sein (vgl. PalandtSprau, a.a.O. § 823 Rn. 135 m.w.N).
Die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen stellt vorliegend aber keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb des Klägers dar. Inhalt und Grenzen des Schutzes einschließlich der Rechtswidrigkeit des Eingriffs ergeben sich, entsprechend der Natur als offener Tatbestand, erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphären Dritter gemäß den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen (PalandtSprau, a.a.O. § 823 Rn. 133 m.w.N; vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 43).
Das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal erfüllt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion und der Portalbetrieb ist vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG erfasst (BGH GRUR 2016, 855, Rn. 40 - jameda.de II; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 juris, dort Rn. 46). Der Wert des Bewertungsportals der Beklagten hängt maßgeblich davon ab, dass es ihr entsprechend den von ihr selbst formulierten Ansprüchen (vgl. Anlage K 1) gelingt, manipulierte Bewertungen, also käuflich erworbene oder in sonstiger Weise von dem bewerteten Arzt beeinflusste Bewertungen, von ihrem Portal zu verbannen, sei es dadurch, dass sie gar nicht erst eingestellt werden, sei es dadurch, dass sie, wenn entsprechende Verdachtsmomente auftauchen, gelöscht werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet, offenzulegen, wie der von ihr eingesetzte Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger, also nicht „authentischer“, sondern vom Arzt beeinflusster Bewertungen funktioniert. Hierbei handelt es sich um ein nicht zu offenbarendes Geschäftsgeheimnis der Beklagten, denn wenn dem Verkehr dies bekannt würde, würden seitens der Ärzte bzw. der seitens von diesen beauftragten Agenturen Umgehungsmöglichkeiten entwickelt (vgl. Büscher, Soziale Medien, Bewertungsplattformen & Co, GRUR 2017, 433, 441 m.w.N.). Die Beklagte könnte dann dem von ihr selbst formulierten Anspruch, für „echte Bewertungen“ zu sorgen, nicht mehr gerecht werden, die Plattform würde für die Nutzer an Wert verlieren und die Beklagte würde somit durch die Offenlegung der Prüfungskriterien ihr eigenes Geschäftsmodell gefährden.
Eine über die hier erfolgten allgemeinen Ausführungen zur Prüfung der Echtheit von Bewertungen hinausgehende (sekundäre) Darlegungslast hinsichtlich der Löschung von positiven Bewertungen würde die Beklagte erst dann treffen, wenn der Kläger konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen und ggf. unter Beweis gestellt hätte, dass die Löschung nicht aufgrund eines begründeten Verdachts hinsichtlich der Validität der Bewertungen erfolgt ist, sondern entweder willkürlich oder aus sachfremden Gründen. Denn bei einer willkürlichen oder auf sachfremden Erwägungen erfolgten Löschung der Bewertungen würden die Interessen des Klägers, durch die Löschung nicht in seiner Kundenakquise behindert zu werden, die dann nicht schützenswerten Interessen der Beklagten an der Löschung überwiegen.
Ein Anhaltspunkt für die Löschung der Bewertungen aus sachfremden Motiven könnte sich vorliegend aus dem nahen zeitlichen Zusammenhang der Kündigung des Premium-Pakets Gold am 10.01.2018 seitens des Klägers und der Löschung der Bewertungen in der Zeit vom 11.18.01.2018 ergeben. Insoweit trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast. Dieser ist die Beklagte jedoch nachgekommen, denn sie hat im Einzelnen dargestellt und unter Nennung einer der für das Qualitätsmanagement zuständigen Mitarbeiterin Beweis dafür angeboten, dass der Prüfalgorithmus der Beklagten die streitgegenständlichen Bewertungen schon vor Ausspruch der Kündigung „gelb“, also dahingehend, dass ein Verdacht auf Manipulationen bei der Bewertung erfolgt ist, eingestuft hat, und die Beklagte hinsichtlich der Bewertungen schon am 28.12.2017 dem Qualitätsmanagementteam den Auftrag zur Überprüfung der Bewertungen erteilt hat. Der Kläger hat diesen Vortrag schon nicht substantiiert bestritten, geschweige denn vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Bewertungen nicht schon deutlich vor Ausspruch seiner Kündigung als „verdächtig“ eingestuft worden seien und eine entsprechende Überprüfung angeordnet worden sei. Dies wäre ihm, nachdem die Beklagte zu den Umständen der Löschung vorgetragen und die zuständige Mitarbeiterin benannt hatte, ohne weiteres möglich gewesen. Hiervon hat er jedoch abgesehen.
Tatsächlich bestehen vorliegend unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass die Bewertungen schon vor der Kündigung als „verdächtig“ eingestuft worden sind und das Verifikationsverfahren bereits eingeleitet worden ist, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständlichen Bewertungen willkürlich oder aus sachfremden Gründen gelöscht wurden. Es ist schon nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht dargelegt, welches Interesse die Beklagte daran gehabt haben könnte, die bestehenden Bewertungen des Klägers, bei dem es sich um einen ihrer zahlenden „Premium-Paket Gold“-Kunden handelte, ohne dass sich ein begründeter Verdacht der Manipulation ergeben hätte, einer - letztlich nicht erfolgreichen - Verifikationsprüfung zu unterziehen.
Das Interesse der Beklagten und ihrer Nutzer daran, die streitgegenständlichen „verdächtigen“ Bewertungen zu löschen, um das sich auf der Plattform ergebende Meinungsbild nicht zu verfälschen, überwiegt das Interesse des Klägers daran, nicht durch die Löschung nicht ausschließbar doch valider Bewertungen in seiner Kundenakquise beeinträchtigt zu werden.
3. Der geltend gemachte Anspruch auf Wiederveröffentlichung der gelöschten Bewertungen ergibt sich auch nicht aus § 9, § 3, § 5 Abs. 1 UWG.
a) Der Anspruch besteht schon nicht, weil die Parteien keine Mitbewerber sind. Die Eigenschaft als Mitbewerber erfordert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Das ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGHZ 168, 314 = NJW 2006, 3490 Rn. 14 - Kontaktanzeigen; BGH, GRUR 2012, 193 = WRP 2012, 201 Rn. 17 - Sportwetten im Internet II); auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzusetzen versuchen, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (BGH NJW 2019, 3065 Rn. 232; BGH GRUR 2017, 918 = WRP 2017, 1085 Rn. 16 u. 19 m.w.N. - Wettbewerbsbezug; BGH NJW 2019, 763 = GRUR 2019, 189 = WRP 2019, 317 Rn. 58 - Crailsheimer Stadtblatt II). Nicht ausreichend ist es, wenn die Maßnahme den anderen nur irgendwie in seinem Marktstreben betrifft. Eine bloße Beeinträchtigung reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses nicht aus, wenn es an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- oder Nachfragewettbewerb fehlt (BGH GRUR 2017, 918 Rn. 16 - Wettbewerbsbezug).
aa) Die Parteien versuchen nicht, gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen. Der Kläger bietet zahnärztliche Leistungen an. Die Beklagte betreibt ein Ärztebewertungsportal und bietet Ärzten auf diesem Präsentationsmöglichkeiten und die Nutzung einer Online-Terminvergabe über das Portal an. Es handelt sich nicht um gleichartige Dienstleistungen.
bb) Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ergibt sich auch nicht aus der angegriffenen Maßnahme, der Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen. Zwar wird der Kläger durch die Löschung in seinem Bestreben, Patienten zu akquirieren, beeinträchtigt. Da es jedoch an jeglichem Konkurrenzmoment zwischen den Parteien im Angebots- und Nachfragewettbewerb fehlt, ist diese Beeinträchtigung in dem Marktstreben des Klägers zur Begründung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht ausreichend.
cc) Die Mitbewerbereigenschaft ergibt sich vorliegend auch nicht unter dem Aspekt der Förderung fremden Wettbewerbs. Zwar werden andere gleichartige Leistungen wie der Kläger anbietende Zahnärzte durch die Löschung der streitgegenständlichen Bewertungen mittelbar begünstigt. Es handelt sich jedoch nur um eine gleichsam reflexartige Begünstigung, die nur dadurch eintritt, dass die Beklagte als Plattformbetreiberin, um ihr Geschäftsmodell zu erhalten, dafür sorgen muss, dass manipulierte Bewertungen möglichst erkannt und von dem Portal gelöscht werden. Die mit der aus diesen Gründen erfolgenden Löschung von Bewertungen einhergehende Begünstigung der Konkurrenten desjenigen, dessen Bewertungen gelöscht wurden, reicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs nicht aus (vgl. Büscher, a.a.O., GRUR 2017, 433, 436)."
Ärztebewertungsportal mit Basisdaten und Nutzerbewertungen
Ein Ärztebewertungsportal erfüllt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, sofern der Betreiber als neutraler Informationsmittler auftritt. Nutzerbewertungen in Form von Meinungsäußerungen auf einem solchen Portal sind hinzunehmen, wenn sie auf einer Tatsachengrundlage beruhen und die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit einem heute veröffentlichten Urteil.
Die Klägerin ist Augenärztin in Hessen. Die Beklagte betreibt ein Arztsuche- und bewertungsportal, auf dem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Die Beklagte bietet auf dem Portal als eigene Information sog. Basisdaten eines Arztes an (Name, Fachrichtung, Praxis Anschrift, Kontaktdaten ect.). Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer in Form eines Notenschemas, aber auch in Form von Freitextkommentaren abgegeben haben. Gegen Bezahlung können die Ärzte als Anzeige gekennzeichnete zusätzliche Informationen veröffentlichen lassen, sog. Premiummitgliedschaft.
Die Klägerin bat um Löschung der negativen Bewertung und um Mitteilung des Urhebers. Die Bewertung wurde in der Folgezeit zunächst unsichtbar, nach einer Rücksprache mit dem/der Urheber/in des Kommentars jedoch wieder sichtbar gemacht. Der Urheber wurde nicht benannt. Eine Löschung der Basisdaten lehnte die Beklagte ebenfalls ab.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auf Löschung ihrer Basisdaten, hilfsweise auf Löschung des Nutzerkommentars in Anspruch. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG Erfolg:
Die Klägerin könne nicht die Löschung ihrer Basisdaten verlangen, urteilte das OLG. Auch ohne Zustimmung der Klägerin liege hier eine rechtmäßige Datenverarbeitung vor. Dies sei gem. der DSGVO der Fall, „wenn die Datenverarbeitung zur Wahrnehmung des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.“ Dritten seien hier die Nutzer de Portals, die sich über Ärzte informieren wollten.
Hier falle die „erforderliche Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten einerseits und den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person auf der anderen Seite“ zulasten der Klägerin aus. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle, sofern die Betreiberin als neutraler Informationsmittler auftrete. Dies sei hier der Fall. Anders als in früher vom BGH entschiedenen Konstellationen lägen insbesondere keine verdeckten Vorteile für die sog. Prämienkunden (mehr) vor. Für den Nutzer sei vielmehr klar ersichtlich, dass für die Anzeigen, die als solche bezeichnet und farblich unterlegt seien, eine Vergütung zu entrichten sei. Es fehle demnach nicht an der erforderlichen Transparenz.
Die Klägerin könne auch nicht Löschung der Bewertung verlangen. Das vom Portalbetreiber in derartigen Fällen einzuhaltende Verfahren sei hier durchgeführt worden. Die bemängelte Kritik sei von der Klägerin hinzunehmen, da sie dadurch nicht rechtswidrig in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Es handele sich um Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten. Sie beruhten auch auf einem Besuch bei der Klägerin und entbehrten demnach nicht jeder Tatsachengrundlage.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 9.4.2020, Az. 16 U 218/18
(vorausgehend Landgericht Hanau, Urteil vom 8.11.2018, Az. 7 O 599/18)
Das LG Kiel hat entschieden, dass nach Abgabe einer Unterlassungserklärung vom Unterlassungsschuldner unverzüglich die Löschung wettbewerbswidriger Inhalte aus dem Jameda-Profil und dem Google-Cache veranlasst werden muss. Andernfalls wird eine Vertragsstrafe fällig.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage hat in der Sache zum überwiegenden Teil erfolgt.
Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Danach können rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen Unterlassungsansprüche nach dem UWG geltend machen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Es ist insbesondere davon auszugehen, dass dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Unternehmen als Mitglieder angehört, die Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben wie die Beklagte. Das ergibt sich hinreichend aus der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers des Klägers vom 3. Juni 2019 in Verbindung mit der Anlage K 12 (Bl. 96 - 129 d.A.). Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung zu zweifeln. Danach gehört zu den Mitgliedern des Klägers unter anderem die Zahnärztekamme Sxxx-Hxxx mit all seinen Mitgliedern, die dem Kläger ebenfalls als Mitglieder zuzurechnen sind (BGH WRP 1999, 1163). Schon dies belegt eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern, die Leistungen gleicher oder verwandter Art vertreiben wie die Beklagte. Es ist insbesondere offenkundig, dass es eine erhebliche Anzahl von Kieferorthopäden in Kxxx und damit auf demselben Markt gibt, den auch die Beklagte bedient.
Der vom Kläger geltend gemachte Wettbewerbsverstoß berührte die Interessen seiner relevanten Mitglieder auch spürbar (zum Kriterium der Spürbarkeit vgl. Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, 37. Auflage, § 8 Rn. 3.51), weil die Bezeichnung „Kieferorthopädin“ bei durchschnittlich informierten Patienten den unzutreffenden Eindruck erwecken konnte, die Beklagte sei Fachärztin für Kieferorthopädie, und eine solche Irreführung zu einem Wettbewerbsvorteil der Beklagten führen konnte, da die Gefahr bestand, dass Patienten ihrem Angebot den Vorzug gaben, weil sie bei einer Fachärztin für Orthopädie besondere Fachkunde auf dem Gebiet der Kieferorthopädie erwarteten.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 1 UWG einen Anspruch auf die begehrte Unterlassung gegen die Beklagte. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Unlauter handelt gemäß § 5 Abs. 1 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
Im vorliegenden Fall stellte die zu Werbezwecken vorgenommene Bezeichnung der Beklagten als „Kieferorthopädin“ eine irreführende geschäftliche Handlung dar, weil diese Bezeichnung - wie bereits ausgeführt - bei durchschnittlich informierten Patienten den unzutreffenden Eindruck erwecken konnte, die Beklagte sei Fachärztin für Kieferorthopädie. Diese Irreführung war auch geeignet, Patienten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie ohne die Irreführung nicht getroffen hätten. Es war damit zu rechnen, dass eine erhebliche Anzahl durchschnittlich informierter Patienten die Beklagte nur deshalb als Zahnärztin auswählte, weil die Patienten bei einer Fachärztin für Orthopädie besondere Fachkunde auf dem Gebiet der Kieferorthopädie und damit einhergehend die grundsätzlich von jedem Patienten gewünschte bestmögliche Behandlung erwarteten, und dass sie in Kenntnis der wahren Umstände einen Zahnarzt mit einer tatsächlich absolvierten Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie ausgewählt hätten.
Die irreführende Angabe „Kieferorthopädin“ auf der Werbeplattform www.j...de war der Beklagten zuzurechnen, auch wenn sie die Erstellung ihres Profils nicht selbst veranlasst hat. Sie ist mit dem Eintritt in die Praxis des Dr. Sxxx mitverantwortlich für den Internetauftrag der Praxis geworden. Dazu gehörten auch die Angaben auf der Werbeplattform www.j...de. Die Beklagte war - ebenso wie ihr Kollege Dr. Sxxx - verpflichtet, die dort vorhandenen Werbeeinträge auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls Änderungen zu veranlassen. Soweit sie die Überwachung und Pflege des Internetauftritts allein von ihrem Kollegen Dr. Sxxx hat vornehmen lassen, ist ihr Kollege hier als ihr Beauftragter tätig geworden, und sie muss sich dessen Verhalten gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen.
Die Beklagte hat ihre Verpflichtung zur Unterlassung der Werbung für ihre Tätigkeit als Zahnärztin mit der Angabe „Kieferorthopädin“ dadurch verletzt, dass sie nach der Abgabe ihrer strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 27. April 2018 und deren Annahme durch den Kläger nicht unverzüglich alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um die Werbung im Internet zu löschen oder löschen zu lassen. Dafür reichte es ersichtlich nicht aus, die Streithelferin um die Löschung des Profils zu bitten. Selbst nach dem Vortrag der Beklagten war vielmehr spätestens Ende Juni / Anfang Juli 2018 klar, dass ihr wettbewerbswidriges Profil nach wie vor über Google im Internet abrufbar war, die Aktualisierung bei Google also nicht erfolgt war. Im Hinblick auf diesen langen Zeitraum waren ersichtlich weitere Maßnahmen geboten. Die Beklagte will nach ihrem eigenen Vorbringen ja seinerzeit auch versucht haben, das Profil selbst bei Google zu löschen. Ein solcher - letztlich auch erfolgloser - Eigenversuch der sich selbst als Laiin bezeichnenden Beklagten hätte jedoch ersichtlich nicht ausgereicht. Die Beklagte hätte vielmehr spätestens zu der Zeit bei Google einen Antrag auf Löschung des wettbewerbswidrigen Profils stellen müssen oder - wenn dort mit weiteren Verzögerungen zu rechnen gewesen wäre - eine Fachfirma damit beauftragen müssen, die Löschung unverzüglich zu bewirken. Es ist davon auszugehen, dass die Löschung des wettbewerbswidrigen Profils dann unverzüglich und nicht erst im September 2018 erfolgt wäre. Es ist insbesondere anzunehmen, dass eine entsprechend beauftragte Fachfirma - soweit erforderlich - sofort bei der Streithelferin „insistiert“ und dann sofort erreicht hätte, dass die unterbliebene Löschung des Profils vorgenommen wurde.
Die für den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr ist wegen der bereits erfolgten Zuwiderhandlung der Beklagten zu vermuten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage, § 8 Rn. 1.43). Diese Vermutung wird nicht mehr dadurch widerlegt, dass die Beklagte am 27. April 2018 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Die anschließende Nichtbeseitigung des Verletzungszustands ist vielmehr gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung (BGH GRUR 2015, 258), und dadurch ist eine Wiederholungsgefahr erneut begründet worden. Diese Wiederholungsgefahr hätte die Beklagte nur durch die Abgabe einer erneuten strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegen können.
Der Kläger hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 €.
Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Unterlassungsvertrag, der durch die „Unterlassungserklärung“ der Beklagten vom 27. April 2018 und deren Annahme durch den Kläger mit Schreiben vom 2. Mai 2018 zustande gekommen ist.
Die Beklagte hat die hier vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe dadurch verwirkt, dass sie schuldhaft nicht unverzüglich für eine Löschung des wettbewerbswidrigen Profils Sorge getragen hat.
Nach dem Unterlassungsvertrag war und ist die Beklagte zur Unterlassung der Werbung für ihre Tätigkeit als Zahnärztin mit der Angabe „Kieferorthopädin“ verpflichtet. Die durch einen Vertrag begründete Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen erfasst, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung der Störung (BGH GRUR 2015, 258).
Die Beklagte hat selbst zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gegen ihre Verpflichtung zur Vornahme entsprechender Handlungen verstoßen. Sie hätte bei gehöriger Sorgfalt erkennen können und müssen, dass sie spätestens Ende Juni / Anfang Juli 2018 bei Google einen Antrag auf Löschung des wettbewerbswidrigen Profils hätte stellen müssen oder - wenn dort mit weiteren Verzögerungen zu rechnen gewesen wäre - eine Fachfirma damit hätte beauftragen müssen, die Löschung unverzüglich zu bewirken.
Im Übrigen ist der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag im Rahmen der Erfüllung ihrer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung gemäß § 278 BGB auch ein schuldhaftes Verhalten der Streithelferin bei der Löschung des wettbewerbswidrigen Profils zuzurechnen (zur Anwendbarkeit des § 278 BGB auf Vertragsstrafeversprechen vgl. grundsätzlich BGH GRUR 1987, 648). Danach hat die Streithelferin das Profil zunächst nicht gelöscht, sondern nur ausgeblendet und dadurch bewirkt, dass es über Google weiterhin abrufbar war. Dies stellte einen erheblichen Sorgfaltspflichtverstoß dar, weil die Streithelferin als Betreiberin der Werbeplattform www.j...de darüber informiert sein musste, dass das Ausblenden des wettbewerbswidrigen Profils nicht zu der notwendigen endgültigen Beendigung der Abrufbarkeit des Profils führen und nur eine Löschung des Profils den gewünschten Erfolg herbeiführen würde.
Die vom Kläger begehrte Vertragsstrafe für den schuldhaften Verstoß der Beklagten gegen ihre vertragliche Unterlassungsverpflichtung (4.000,00 €) ist nach Überzeugung des Gerichts allerdings nicht angemessen.
Die Angemessenheit einer Vertragsstrafe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Art und Größe der betroffenen Unternehmen, vom Umsatz und vom möglichen Gewinn, von der Schwere und dem Ausmaß der Zuwiderhandlung, von deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, vom Grad des Verschuldens des Verletzers, von dessen Interesse an gleichartigen Handlungen, vom Ausmaß der Wiederholungsgefahr und von dem im Zusammenhang mit dem Verstoß auch nachträglich gezeigten Verhalten des Verletzers; dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe eine Sanktion für den erfolgten Verstoß sein soll und dass sie als Druckmittel so hoch sein muss, dass ein Verstoß für den Verletzer nicht mehr lohnt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage, § 12 Rn. 1.207 ff m.w.N. aus der Rspr.).
Nach diesen Kriterien erscheint für den besagten Verstoß der Beklagten eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 € als angemessen.
Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag vor dem September 2018 mehrfach vergeblich versucht hat, das wettbewerbswidrige Profil zu löschen bzw. löschen zu lassen. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Die Beklagte hat den zuvor bereits schriftsätzlich vorgetragenen Sachverhalt während ihrer persönlichen Anhörung noch einmal so anschaulich mit vielen Details am Rande und unter erkennbarem Wiederempfinden ihrer zunehmenden Verzweiflung über die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen geschildert, dass sie das Gericht davon überzeugt hat, etwas wirklich Erlebtes wahrheitsgemäß zu berichten. Für die Richtigkeit ihrer Angaben spricht im Übrigen auch die E-Mail der Streithelferin vom 20. September 2018 (Anlage kwm2 – Bl. 64 d.A.), in der die Streithelferin wesentliche Punkte der Darstellung der Beklagten bestätigt hat. Das Verhalten der Beklagten lässt die Gefahr einer Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes durch sie persönlich als eher gering erscheinen. Das Gericht hat ferner berücksichtigt, dass die Beklagte die Vorgänge bei der Löschung von Einträgen im Internet nach ihrem glaubhaften Vortrag als Laiin nicht beurteilen konnte und kann und dass sie deshalb zunächst auf die von ihr dargelegten Angaben der Streithelferin vertraut und deshalb zunächst keine weiteren Maßnahmen ergriffen hat. Im Hinblick darauf erscheint das eigene Verschulden der Beklagten als vergleichsweise gering. Zu berücksichtigen war aber insbesondere auch, dass sich die Beklagte das Verschulden der Streithelferin zurechnen lassen muss und dass sie nach dem Abschluss des Unterlassungsvertrags mit dem Kläger über einen erheblichen Zeitraum gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen und damit die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen für ihre Mitbewerber sowie unzulässigen Irreführungen von Patienten begründet hat.
Unter Abwägung aller Umstände erscheint dem Gericht eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 € als angemessen.
Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen auf 2.000,00 € folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Im Übrigen ist die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Vertragsstrafe nebst Zinsen unbegründet.
Der Kläger hat dagegen einen Anspruch auf die begehrten Abmahnkosten in Höhe von 1.171,67 €. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, weil die an die Beklagte gerichtete Abmahnung des Klägers vom 17. September 2018 wegen des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten berechtigt war. Die insoweit geltend gemachten Kosten sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen auf 1.171,67 € folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 101 Abs. 1, 709 ZPO.
Auch das LG München hat entschieden, dass Ärzte gegen Jameda einen Anspruch auf Löschung als Basiskunde aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 lit f. DSGVO haben.
Die Pressemitteilung des LG München:
Jameda: Werbung von Basiskunden für Premiumkunden unzulässig
Drei Ärzte haben erfolgreich das Online-Bewertungsportal Jameda auf Löschung des ohne ihr Einverständnis angelegten Profils verklagt. Die 25. Zivilkammer des Landgerichts München I hat entschieden, dass die Ausgestaltung des Ärztebewertungsportals teilweise unzulässig ist. Mit ihr verlasse Jameda die zulässige Rolle des „neutralen Informationsmittlers“ und gewähre den an die Plattform zahlenden Ärzten auf unzulässige Weise einen „verdeckten Vorteil“. Die Kammer beanstandete, dass Jameda auf den Profilen der Basiskunden sogenannte „Expertenratgeber-Artikel“ zahlender Konkurrenten unter Verlinkung des jeweiligen Profils veröffentlicht, während zumindest auf den Profilen von Platin-Kunden keine Artikel anderer Ärzte angezeigt werden. Diese Fachartikel seien inhaltlich geeignet, das Interesse eines potentiellen Patienten von den Basiskunden weg, hin zu den Verfassern der Fachartikel, die zahlenden Kunden von Jameda sind, zu lenken. Denn der Umstand, dass sie als „Experten“ einen Artikel veröffentlicht haben, erwecke den Anschein besonderer Kompetenz im Vergleich zu den Basiskunden. Die Kammer betonte im Ausgangspunkt, dass das von Jameda betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt, solange Jameda seine Stellung als „neutraler Informationsmittler“ wahrt und seinen zahlenden Kunden keine „verdeckten Vor-teile“ gegenüber den nicht zahlenden Basiskunden verschafft. Eine Gewährung „verdeckter Vorteile“ sei jedoch dann gegeben, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als „Werbeplattform“ für Premiumkunden benutzt würden und letzteren durch die Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der für die Nutzer nicht erkennbar sei. Dann diene das Portal nicht mehr al-lein dem Informationsaustausch zwischen (potentiellen) Patienten. In diesem Fall müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne ihre Einwilligung als Basiskunden aufgeführt zu werden.
Rechtlich hat die Kammer den Anspruch der Kläger auf Löschung des ohne Einwilligung eingerichteten Profils bzw. auf Unterlassung der konkreten Verletzungsformen jeweils auf §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gestützt. Sie hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Bewertungsplattform sich nicht auf das sog. Medienprivileg der Datenschutzgrundverordnung (Art. 85 Abs. 2 DSGVO) stützen kann, da Jameda keine Datenverarbeitung zu „journalistischen Zwecken“ vornehme. Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von Premiumkunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen Leistungen anzugeben als bei Basiskunden, hat die Kammer dagegen nicht beanstandet. Insoweit hat die Kammer die Klagen der drei Kläger abgewiesen. Die Urteile (25 O 13978/18, 25 O 13979/18 und 25 O 13980/18) sind nicht rechtskräftig.
Das OLG Köln hat entschieden, das ein Arzt gegen Jameda einen Anspruch auf Löschung eines ohne Einwilligung erstellten Bewertungsprofils hat. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Portalbetreiber nicht auf ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO oder das Medienprivileg gemäß Art. 85 Abs. 2 DSGVO berufen kann. Aufgrund des Geschäftsmodells von Jameda mit Basis und Premiumkunden und der konkrten Ausgestaltung ist der Portalbetreiber - so das Gericht - kein neutraler Informationsmittler. Die Revision wurde zugelassen.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Jameda - Ausgestaltung des Bewertungsportals in Teilen unzulässig
Zwei Ärzte haben erfolgreich das Online-Bewertungsportal Jameda auf Löschung des ohne ihr Einverständnis angelegten Profils verklagt. Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat entschieden, dass mehrere frühere bzw. aktuelle Ausgestaltungen der Plattform unzulässig sind. Mit ihnen verlasse Jameda die zulässige Rolle des "neutralen Informationsmittlers" und gewähre den an die Plattform zahlenden Ärzten auf unzulässige Weise "verdeckte Vorteile". Andere von den Ärzten gerügte Funktionen seien dagegen zulässig.
Der Senat beanstandete insbesondere, dass auf dem ohne Einwilligung eingerichteten Profil des Klägers bzw. der Klägerin (sog. "Basiskunden") auf eine Liste mit weiteren Ärzten verwiesen wurde, während auf den Profilen der Ärzte, die Beiträge an die Plattform bezahlen (sog. "Premium‑" oder "Platinkunden"), ein solcher Hinweis unterblieben ist. Unzulässig sei ebenfalls, dass die zahlenden Ärzte in Auflistungen mit Bild dargestellt wurden, während bei den anderen Ärzten nur ein grauer Schattenriss zu sehen ist. Dasselbe gelte für den Verweis auf Fachartikel von zahlenden Ärzten, während auf den Profilen von sog. Platinkunden ein solcher Verweis unterbleibt. Schließlich sei auch der Hinweis auf eine Liste mit Ärzten für spezielle Behandlungsgebiete unzulässig, der ebenfalls auf den Profilen zahlender Ärzte nicht zu sehen ist.
Anders als das Landgericht, das in erster Instanz die gesamte Ausgestaltung der Plattform für unzulässig gehalten hatte, hat der Senat die verschiedenen Funktionen einer Einzelfallbetrachtung unterzogen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei entscheidend, ob die Plattform ihre grundsätzlich geschützte Position als "neutrale Informationsmittlerin" dadurch verlassen habe, dass sie den zahlenden Kunden "verdeckte Vorteile" zukommen lasse. Das sei der Fall, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als "Werbeplattform" für Premiumkunden benutzt würden und letzteren durch die Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der für die Nutzer nicht erkennbar sei. Dann diene das Portal nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen (potentiellen) Patienten. In diesem Fall müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne ihre Einwilligung als Basiskunden aufgeführt zu werden.
Mit den vorbeschriebenen Funktionen verlasse das Portal die Funktion als "neutraler Informationsmittler". Im Einzelnen:
Der mittlerweile abgeschaffte Button, mit dem auf dem Profil der Basiskunden, "weitere" Ärzte in der näheren Umgebung angezeigt worden seien, bei Premiumkunden dagegen nicht, habe den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Premiumkunden hätten keine örtliche Konkurrenz. Der bei Basiskunden eingeblendete Button sei als "Absprungplattform" auf die Profile anderer Ärzte anzusehen. Für die Nutzer sei nicht deutlich gewesen, aus welchem Grund bei einem Basisprofil ein Verweis auf örtliche Konkurrenz eingeblendet worden sei, nicht jedoch bei einem Premiumprofil. Auch wenn die Plattform den Button zwischenzeitlich abgeschafft habe, könne sie zur Unterlassung verurteilt werden, da Wiederholungsgefahr bestehe.
Auch die unterschiedliche bildliche Darstellung zwischen Basis- und Premiumkunden in Auflistungen stelle - anders als bei der bildlichen Darstellung auf den einzelnen Profilen - einen verdeckten Vorteil dar. Dadurch werde ein erhebliches "optisches Gefälle" zwischen Basiskunden und Premiumkunden erzeugt, womit die Plattform im Vorfeld der endgültigen Arztwahl lenkend in den Wettbewerb zwischen den örtlichen Konkurrenten eingreife.
Ebenfalls sei ein unzulässiger verdeckter Vorteil, dass die Nutzer auf dem Profil von Basiskunden auf Fachbeiträge von anderen Ärzten hingewiesen würden, was bei Platin-Kunden unterbleibe. Dies erwecke bei den Nutzern den unzutreffenden Eindruck, Basiskunden wollten oder könnten keine entsprechenden Fachartikel veröffentlichen. Tatsächlich könne diese Funktion aber nur bei Buchung eines Premiumpakets durch den Arzt genutzt werden. Jedenfalls wenn die eingeblendeten Artikel von zahlenden Ärzten stammten, die in einer Entfernung von bis zu 100 km zu nicht zahlenden Ärzten praktizierten, ergebe sich eine mögliche Konkurrenzsituation.
Schließlich sei auch der Hinweis auf dem Profil der Basiskunden auf Ärzte mit speziellen Behandlungsgebieten auf demselben Fachgebiet ein unzulässiger verdeckter Vorteil. Durch den Hyperlink könne beim Nutzer der Eindruck entstehen, dass der Arzt möglicherweise nicht ausreichend qualifiziert sei, weil auf seinem Profil auf weitere Kollegen für das "spezielle" medizinische Fachgebiet verwiesen werde, wohingegen bei Premiumkunden kein Verweis die Patienten dazu animieren könnte, die Suche nach einem möglichst qualifizierten Arzt fortzusetzen.
Rechtlich hat der Senat den Anspruch der Kläger auf Löschung des ohne Einwilligung eingerichteten Profils bzw. auf Unterlassung der konkreten Verletzungsformen jeweils auf §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gestützt. Er hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Bewertungsplattform sich nicht auf das sog. Medienprivileg der Datenschutzgrundverordnung (Art. 85 Abs. 2 DSGVO) stützen kann. Das Geschäftsmodell der Plattform könne nicht als eigene meinungsbildende Tätigkeit aufgefasst werden, sondern allenfalls als ein Hilfsdienst zur besseren Verbreitung von (Dritt-)Informationen.
Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von Premiumkunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen Leistungen anzugeben als bei Basiskunden, hat der Senat dagegen nicht beanstandet. Insoweit hat der Senat auf die erfolgreiche Berufung der Bewertungsplattform die Klagen der beiden Kläger abgewiesen.
Der Senat hat die Revision für beide Seiten in beiden Verfahren zugelassen, da die Frage, in welchen Fällen eine Bewertungsplattform die Rolle als "neutrale Informationsmittlerin" verlässt, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht vollständig geklärt sei und für eine Vielzahl künftiger Verfahren Bedeutung haben werde. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.02.2019 (VI ZR 301/17) habe sich lediglich auf einen Einzelfall der Gestaltung der Bewertungsplattform bezogen.
Urteile des Oberlandesgerichts Köln vom 14.11.2019 - Az.15 U 89/19 - und Az. 15 U 126/19
In Ausgabe 18/2019, S. 18 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Kein Zwang zum Eintrag - Arzt kann von Jameda gemäß DSGVO Löschung seiner Daten von der Website verlangen ".
Das LG Bonn hat entschieden, dass der Betreiber des Arztbewertungsportals Jameda alle personenenbezogenen Daten eines Arztes auf dem Bewertungsportal nach Art. 17 DSGVO löschen muss. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO (Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen) greift - so das Gericht - nicht, da Jameda aufgrund des Geschäftsmodells kein neutraler Informationsmittler ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die zulässige Klage ist begründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Löschung sämtlicher auf seine Person bezogenen Daten aus der von der Beklagten betriebenen Online-Datenbank www.A.de (Art. 17 Abs. 1 Lit. d, 6 Abs. 1 DSGVO).
Auf den hiesigen Sachverhalt anwendbar ist die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO) als unmittelbar anwendbares europäisches Recht unter Ausschluss des nationalen Bundesdatenschutzgesetzes (vgl. § 2 Abs. 5 BDSG).
Gemäß Art. 17 Abs. 1 Lit. d) DSGVO hat eine betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden. Gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind "personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person ("betroffene Person") beziehen. Art. 6 Abs. 1 DSGVO regelt die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung; sein für die Entscheidung dieses Rechtsstreits relevanter Absatz 1 lautet:
Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Unterabsatz 1 Buchstabe f gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung.
Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt. Der Kläger hat in die Datenverarbeitung unstreitig nicht eingewilligt (a), die Voraussetzungen der Alternativen (b), (c) und (d) liegen offensichtlich nicht vor.
Die Beklagte erfüllt auch keine Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt (e). Die Beklagte ist Tochter des P Konzerns und verfolgt als juristische Person des Privatrechts mit der Betreibung der streitgegenständlichen Online-Datenbank unstreitig und offenkundig private, auf Gewinnerzielung gerichtete Interessen. Dass die mit der Betreibung der Online-Datenbank einhergehende Information der Öffentlichkeit über die ihr zur Verfügung stehenden Ärzte und die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Möglichkeiten zur Bewertung und Kommentierung der in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen auch im Interesse der Öffentlichkeit liegen mag, reicht zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht aus. Dies folgt aus einem systematischen Vergleich mit Alternative (f). Bejahte man - bezogen auf den streitgegenständlichen Sachverhalt - die Voraussetzungen der Alternative (e), so hätte dies zur Folge, dass die Beklagte von jeder weiteren Rechtfertigung ihrer Eingriffe in die Datenschutzrechte der betroffenen Ärzte, so intensiv sie auch sein mögen, freigestellt wäre. Dass dieses Ergebnis vom Verordnungsgeber bei einer Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen nicht gewollt gewesen ist, folgt aus der Alternative (f), nach der ein Eingriff in die Datenschutzrechte einer betroffenen Person zur Verfolgung berechtigter (eigener) Interessen des Verantwortlichen nur unter besonderen Voraussetzungen rechtmäßig sein kann. Die Alternative (f) geht der Alternative (e) in dem hier zu entscheidenden Fall daher vor.
Die Voraussetzungen der Alternative (f) liegen ebenfalls nicht vor, da die berechtigten Interessen der Beklagten die Interessen und Grundrechte des Klägers, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, nicht überwiegen.
Zum - seinerzeit noch anwendbaren - nationalen Datenschutzrecht, insbesondere § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG a.F., betreffend Sachverhalte, die mit dem hiesigen in ihren Grundzügen identisch gewesen sind, namentlich Ansprüche von Ärzten auf Löschung konkret aus der von der Beklagten betriebenen Online-Datenbank zum Gegenstand gehabt haben, hat sich der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen geäußert (Urteil vom 20.02.2018, Az: VI ZR 30/17 ["Ärztebewertung III"]; Urteil vom 23.09.2014, Az: VI ZR 358/13 ["Ärztebewertung II"]; jeweils zitiert nach juris). Die dort entwickelten Grundsätze zur Abwägung der wechselseitigen Interessen sind auf die Rechtslage nach europäischem Recht übertragbar; insbesondere finden die vom BGH berücksichtigten, gemäß den nationalen Grundrechten geschützten Belange ihre Entsprechung auf Ebene des EU-Rechts in der Charta der Grundrechte der EU vom 12.12.2007 (GRCh).
Demnach sind als berechtigte Interessen auf Seiten der Beklagten als "Verantwortlicher" im Sinne der DSGVO sowohl die grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit (Art. 16, 51 Abs. 1 S. 1 GRCh) (vgl. hierzu BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 29 m.w.N.) als auch die grundrechtlich geschützte Kommunikationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 S. 2, 51 Abs. 1 S. 1 GRCh) (vgl. zum nationalen Recht BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 25 und 28 m.w.N.) zu beachten.
Als Grundrechte des Klägers als "betroffener Person" kommen wegen seiner beruflichen Tätigkeit als X, um die es bei der Online-Datenbank im Ansatz geht, seinerseits die unternehmerische Freiheit (vgl. BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 27 m.w.N.) sowie darüber hinaus das Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten (Art. 8 Abs. 1, 51 Abs. 1 S. 1 der Europäischen Grundrechte-Charta) (vgl. BGH, "Ärztebewertung II", Rn. 26 m.w.N.) in Betracht.
Bezüglich der vorzunehmenden Abwägung hat der BGH - wiederum bezogen auf das nationale (Datenschutz-)Recht - ausgeführt ("Ärztebewertung III", Rn. 13 und 14, i.V.m. "Ärztebewertung II", Rn. 39 ff.):
Auszugehen ist dabei zunächst von dem ganz erheblichen Interesse, das die Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen hat [...]. Personen, die ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen wollen, können den Arzt grundsätzlich frei wählen. Das von der Beklagten betriebene Portal kann dazu beitragen, dem Patienten die aus seiner Sicht hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Dass es unter Umständen auch andere Informationsquellen gibt - etwa persönliche Erfahrungen von Bekannten oder bei Fachärzten die Einschätzung des vom Patienten ggf. zuvor konsultierten Hausarztes -, ändert daran nichts.
Der grundsätzlichen Eignung des Portals, zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen beizutragen, steht nicht entgegen, dass die in das Bewertungsportal eingestellten Bewertungen typischerweise nicht von Fachleuten herrühren und subjektiv geprägt sind. Zwar dürften wertende Aussagen zur medizinischen Qualität einer Behandlung fachlichen Maßstäben, die der Laie nicht kennt, häufig nicht entsprechen und im Einzelfall etwa von einem vom behandelnden Arzt nicht zu vertretenden Ausbleiben des - von ihm auch nicht geschuldeten - Heilungserfolges geprägt sein. Eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Informationsquellen kann das Angebot der Beklagten aber trotzdem sein. Die subjektive Einschätzung, die in den Bewertungen zum Ausdruck kommt, kann anderen Personen Hilfestellung bei der Entscheidung geben, welcher Arzt - insbesondere bezüglich der äußeren Umstände der Behandlung wie etwa der Praxisorganisation - den Anforderungen für die gewünschte Behandlung und auch den persönlichen Präferenzen am besten entspricht [...].
Und weiter ("Ärztebewertung III", Rn. 16 ff.):
In dem Fall, der dem Senatsurteil vom 23. September 2014 zugrunde lag, war die beklagte Betreiberin des Bewertungsportals "neutraler" Informationsmittler. Nach den damals maßgeblichen Feststellungen beschränkte sich das Bewertungsportal der Beklagten darauf, in Profilen die "Basisdaten" des einzelnen Arztes zusammen mit von Patienten bzw. anderen Internetnutzern vergebenen Noten oder verfassten Freitestkommentaren zu veröffentlichen.
Der hier zu entscheidende Fall liegt anders. Hier wahrt die Beklagte ihre Stellung als "neutraler" Informationsmittler nicht. Denn sie verschafft durch die Art der Werbung, die sie Ärzten auf ihrem an potentielle Patienten gerichteten Bewertungsportal anbietet, einzelnen Ärzten verdeckte Vorteile [...].
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts blendet die Beklagte in das Profil des einzelnen Arztes - in einem grau unterlegten und mit "Anzeige" bezeichneten Querbalken - den Hinweis (Profilbild nebst Note und Angabe der Entfernung) auf konkurrierende Ärzte der gleichen Fachrichtung im näheren Umfeld ein. Die Daten der ohne oder gegen ihren Willen gespeicherten und bewerteten Ärzte werden damit als Werbeplattform für die zahlenden Konkurrenten genutzt. Anders verfährt die Beklagte bei den Ärzten, die bei ihr das "Premium-Paket" gebucht haben. Dort findet der Nutzer ein optisch und inhaltlich individuell ausgestaltetes Profil, das auf eine ansprechendere Wirkung abzielt, mit dem Bild dieses zahlenden Arztes und weiteren von diesem stammenden Informationen. In das Profil dieser Ärzte wird, ohne dass dies dort hinreichend offengelegt wird, keine werbende Anzeige der örtlichen Konkurrenten eingeblendet, demgegenüber erscheinen sie selbst mit einer Anzeige in deren Profil, soweit die örtlichen Konkurrenten nicht ebenfalls zahlende "Premium"-Kunden sind. Jedenfalls mit den örtlichen Verhältnissen und mit dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht vertraute Internetnutzer können den nicht zutreffenden Eindruck gewinnen, der im Bewertungsportal aufgefundene Arzt, in dessen Profil - da "Premium"-Kunde - kein Querbalken mit Hinweis auf andere Ärzte erscheint, habe keinen örtlichen Konkurrenten. Mit diesem Verfahren sollen - womit die Beklagte selbst ihre "Serviceleistungen" bewirbt - ersichtlich potentielle Patienten stärker zu "Premium"-Kunden der Beklagten gelenkt werden. Durch ihr Geschäftsmodell sucht die Beklagte die ohne ihren Willen und nur mit ihren Basisdaten aufgenommenen Ärzte gezielt dazu zu bewegen, sich der Gruppe der zahlenden Ärzte anzuschließen, um nicht durch eine weniger vorteilhafte Darstellung und Werbeeinblendungen benachteiligt zu werden.
Mit der vorbeschriebenen, mit dem Bewertungsportal verbundenen Praxis verlässt die Beklagte ihre Stellung als "neutraler" Informationsmittler. Während sie bei dem nicht zahlenden Arzt dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die "Basisdaten" nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeigt und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens "Anzeige" Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, lässt sie auf dem Profil ihres "Premium"-Kunden - ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen - solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht zu. Nimmt sich die Beklagte aber in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als "neutraler" Informationsmittler zurück, dann kann sie ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit [...] gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Klägerin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten [...] auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führt auch bei nochmaliger Würdigung der - insbesondere im Senatsurteil vom 23. September 2014 angeführten - Belange der Beklagten hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der Klägerin [...].
Auf dieser Grundlage überwiegt auch in dem hier zu entscheidenden Fall das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte die in dem Urteil des BGH monierten "Mängel" abgestellt hat. Denn auch dies macht sie aufgrund des von ihr verfolgten Gesamtkonzepts der Online-Datenbank nicht zu einer "neutralen Informationsmittlerin".
Mit ihrer Online-Datenbank verfolgt sie, wie ausgeführt, privatwirtschaftliche Zwecke. Diese werden - ebenfalls unstreitig - nicht etwa (allein) durch Schaltung von Werbung generiert, das heißt durch Umstände, die mit dem Inhalt der auf der Seite verarbeiteten Daten nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, sondern durch monatliche "Mitgliedsbeiträge" der gelisteten Ärzte. Diese Beiträge "erkauft" sich die Beklagte dadurch, dass sie es den Ärzten ermöglicht, ihre Profilseite für Besucher des Bewertungsportals ansprechender zu gestalten. Es ist offenkundig, dass sich aufgrund der mit einer solchen Gestaltung verbundenen psychologischen Wirkmechanismen Besucher des Portals von solchen Profilseiten auf einer - vorwiegend unbewussten - Ebene eher angesprochen fühlen werden als von den "Basis-Profilen", die - im Gegensatz zu den Profilen zahlender Ärzte - z.B. nur über eine graue Silhouette als Profilfoto verfügen. Das ist unmittelbar einsichtig, weil hierin gerade das Geschäftsmodell der Beklagten besteht, anderenfalls nicht ersichtlich wäre, warum ein Arzt bereit sein sollte, Monatsbeiträge in bis zu dreistelliger Höhe zu investieren.
Dieses Modell führt dazu, wie bereits der BGH ausgeführt hat, dass ohne bzw. gegen ihren Willen gelistete Ärzte sich gedrängt fühlen werden, sich bei der Beklagten kostenpflichtig anzumelden, um keine Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren bereits zahlenden Konkurrenten zu erleiden, und verleitet Kunden durch die - vorwiegend unbewussten - psychologischen Wirkmechanismen zu der Annahme, dass den als Gold- oder Premium-Kunden gelisteten Ärzten gegenüber nicht zahlenden Ärzten bei der Arztwahl der Vorzug zu geben sei. Je mehr Ärzte sich diesem System anschließen, umso größer wird der Druck auf die verbleibenden Ärzte, dasselbe zu tun.
Durch dieses Konzept verfolgt die Beklagte bereits im Ansatz nicht (mehr) die von dem BGH als (datenschutzrechtlich) zulässig erachtete Rolle der "neutralen Informationsmittlerin". Vielmehr führt die Verknüpfung von Daten, die (noch) dem legitimen Informationsinteresse der Öffentlichkeit dienen (Name, Fachrichtung und Kontaktdaten der jeweiligen Ärzte bzw. deren Praxen), mit solchen Daten, die über dieses Interesse hinausgehen und gerade eine Besserstellung der zahlenden Ärzte gegenüber ihren nicht zahlenden Mitbewerbern bezwecken, dazu, dass zahlenden Ärzten gegenüber ihren nicht zahlenden (Zwangs-)Mitbewerbern Vorteile verschafft werden, die für einen durchschnittlichen Besucher des Bewertungsportals wegen - vorwiegend unbewussten - psychologischen Wirkmechanismen gerade nicht offensichtlich sind. Hierzu gehört zum einen und insbesondere das Profilbild, das für die Bewertung der fachlichen Qualifikation eines Arztes ersichtlich keine Rolle spielt, zum anderen aber auch die Möglichkeit der Hervorhebung zahlender Ärzte in den Suchergebnissen des Bewertungs-Portals selbst und / oder in Internet-Suchmaschinen sowie die weiteren von dem Kläger monierten und aus dem Urteilstenor zu Ziffer 2 ersichtlichen Vergünstigungen für zahlende Ärzte, selbst wenn sie - was unstreitig ist - in ihrer Darstellung gegenüber den Besuchern des Bewertungsportals infolge der bisher ergangenen Rechtsprechung des BGH teilweise von der Beklagten angepasst worden sind.
Eine (vollständige) Offensichtlichkeit für einen durchschnittlichen Besucher des Bewertungsportals wird insbesondere auch nicht dadurch hergestellt, dass die Beklagte einen zahlenden Arzt auf dessen Profilseite durch ein Symbol mit dem Text "Gold" bzw. "Platin" kenntlich macht. Denn dem Symbol selbst lässt sich seine Bedeutung nicht entnehmen und es kann ebenso gut - jedenfalls bei flüchtiger Betrachtung der Internetseite - zu der Annahme verleiten, der Arzt erfülle besondere fachliche Qualitäten. Dass zusätzlich die aus dem Tatbestand dieses Urteils ersichtliche textliche Erklärung eingeblendet wird, wenn ein Besucher mit der Computermaus über das Symbol fährt, reicht hierfür ebenfalls nicht aus, da dieser Mechanismus für einen durchschnittlichen Besucher nicht ohne weiteres ersichtlich ist und dem Besucher in der textlichen Erklärung auch keine vollständigen Informationen über die konkreten, dem betroffenen Arzt gewährten Vorteile gegenüber den nicht zahlenden Ärzten gegeben werden.
Einem betroffenen Arzt mutet es das geltende Recht vor diesem Hintergrund nicht zu, an diesem Mechanismus "zwangsweise" durch - ohne von seiner Einwilligung gedeckte - Verwertung seiner persönlichen Daten teilnehmen zu müssen.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Unterlassung der Wiederaufnahme seiner Daten in die Online-Datenbank, sofern sie in der von dem Kläger gemäß seiner Antragsfassung konkret monierten Weise erfolgt (§§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Lit. d, 6 Abs. 1 DSGVO) (vgl. hierzu BGH, "Ärztebewertung III", Rn. 21 f.). Dass die Beklagte die in dem Antrag bezeichneten Darstellungen zwischenzeitlich geändert hat, steht dem Anspruch wegen der zu besorgenden Wiederholungsgefahr nicht entgegen."
Das LG München hat entschieden, dass ein Arzt keinen Anspruch auf Wiederveröffentlichung einer positiven Bewertung bei Jameda hat, wenn Zweifel an der Authentizität bestehen und vom Arzt nicht hinreichend ausgeräumt werden
Die Pressemitteilung des Gerichts:
JAMEDA: Anspruch auf Wiederveröffentlichung positiver Bewertungen?
Die insbesondere für das Marken- und das Wettbewerbsrecht zuständige 33. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute die Klage eines Zahnarztes gegen ein Internetbewertungsportal für Ärzte auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen abgewiesen (33 O 6880/18).
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bis zum 28.12.2017 hatte der Kläger auf dem Portal insgesamt 60 Bewertungen und eine Gesamtnote 1,5. Am 10.01.2018 kündigte er sein „Premium Paket Gold“ bei der Beklagten. Im Zeitraum vom 11. bis 18.01.2018 löschte die Beklagte 10 zugunsten des Klägers abgegebene Bewertungen, weil – nach Darstellung der Beklagten – Prüfverfahren über die Validität der Bewertungen negativ verlaufen seien. Am 18.01.2018 waren für den Kläger noch 51 Bewertungen und eine Gesamtnote 1,6 abrufbar.
Der Arzt konnte nicht zur Überzeugung der Kammer nachweisen, dass, wie von ihm behauptet, die Löschungen als Reaktion auf seine Kündigung erfolgt seien. Der zeitliche Zusammenhang allein genügte nach Auffassung der Kammer hierfür nicht, weil die Beklagte unbestritten bereits in der Vergangenheit positive Bewertungen des Klägers aufgrund eines negativ verlaufenen Prüfverfahrens gelöscht hatte. Weitere belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Löschungen nicht ausschließlich der Qualitätswahrung der auf dem Portal eingestellten Bewertungen dienten, sondern den Kläger sanktionieren sollten, waren weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auch im Übrigen lagen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen für eine Wiederveröffentlichung der gelöschten positiven Bewertungen nicht vor. Die Kammer hat für den Anspruch auf Wiederveröffentlichung gelöschter positiver Bewertungen die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze für den (spiegelbildlichen) Anspruch auf Löschung negativer Bewertungen (BGH, Urteil vom 1.3.2016, Az: VI ZR 34/15 – „www.jameda.de“) herangezogen und auf die vorliegende umgekehrte Konstellation übertragen. Danach hat zunächst der klagende Arzt den behaupteten Rechtsverstoß konkret zu rügen. Nur eine hinreichend konkrete Rüge einer behaupteten Rechtsverletzung löst sodann eine Prüfpflicht des beklagten Bewertungsportals aus, an die strenge Anforderungen zu stellen sind. Darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der Löschung und damit für die Validität der Bewertung ist jedoch zunächst der klagende Arzt, die Beklagte trifft allerdings eine sog. sekundäre Darlegungslast.
Im Streitfall bedeutet dies, dass es zunächst dem Kläger oblegen hätte, konkret, wenn auch ggf. anonymisiert, zur Validität jeder einzelnen Bewertung und zum jeweiligen Behandlungskontakt auszuführen. Dabei durfte sich der Kläger nach Auffassung der Kammer nicht darauf zurückziehen, es sei ihm nicht möglich, hierzu im Einzelnen vorzutragen. Denn die im Streitfall auszugsweise vorgelegten Bewertungen enthalten eine Reihe von Anhaltspunkten, anhand derer er die Person des Bewertenden feststellen oder zumindest eingrenzen hätte können. Die Beklagte hat demgegenüber im Einzelnen dazu Stellung genommen, wie und warum sie zu der Auffassung gelangt ist, dass sie die Validität der streitgegenständlichen Bewertungen nicht gewährleisten könne. So hat die Beklagte ausgeführt, dass sie zur Qualitätswahrung und zur Validitätsprüfung der auf ihrem Bewertungsportal eingestellten Bewertungen einen automatischen, selbstlernenden Prüfalgorithmus einsetze, dessen Verdachtsmeldungen von ihrem aus 20 Mitarbeitern bestehenden Qualitätsmanagementteam nochmals geprüft würden. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Gericht dargelegt, dass eine anschließende zur Prüfung der Validität der Bewertungen durchgeführte SMS-Verifikation im Hinblick auf acht der streitgegenständlichen Bewertungen negativ verlaufen sei. Hinsichtlich der beiden weiteren Bewertungen seien sodann sämtliche weiteren Versuche, mit dem Nutzer in Kontakt zu treten, gescheitert, weshalb letztlich auch diese Bewertungen gelöscht worden seien, weil sich deren Validität nicht bestätigen habe lassen.
Darüber hinaus war – so das Landgericht München I – auch die Eingriffsintensität im Streitfall derart gering, dass die Kammer eine relevante Schädigung des Klägers ausschließen konnte. Denn nach der Löschung der von der Beklagten als nicht valide eingestuften zehn Bewertungen blieben zum Profil des Klägers immer noch 51 Bewertungen abrufbar, und die Gesamtnote des Klägers sank durch die Löschung nur unmaßgeblich um 0,1 ab, nämlich von 1,5 am 11.01.2018 auf 1,6 am 18.01.2018.
Die Kammer hat bei ihrer Abwägung sowohl das Recht auf freie Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG auf Seiten des Klägers als auch die Meinungs- und Medienfreiheit im Sinne von
Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG sowie die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG auf Seiten der Beklagten berücksichtigt.
Das LG Braunschweig hat entschieden, dass sich ein Arztbewertungsportal bei negativer Bewertung eines Arztes durch einen angeblichen Patienten ggf. durch Vorlage einer Krankenkassenbescheinung des Verfassers der Bewertung bestätigen lassen muss, dass der bewertete Behandlungskontakt tatsächlich stattgefunden hat. Andernfalls haftet der Portalbetreiber als mittelbarer Störer auf Unterlassung.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG Anspruch darauf, es zu unterlassen, den im Klageantrag zu 1) wiedergegebenen Beitrag auf ihrer Website j..de zu verbreiten.
Die Beklagte haftet hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung zumindest als mittelbare Störerin. Sie ist der ihr obliegenden Prüfpflicht, ob der streitgegenständlichen Bewertung ein Behandlungskontakt zugrunde lag, nicht ausreichend nachgekommen.
a) Es kann im Ergebnis offenbleiben, ob die Beklagte zugleich unmittelbare Störerin ist. Hostprovider wie die Beklagte werden als unmittelbarer Störer angesehen, wenn es sich bei der angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt des Hostproviders handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu Eigen gemacht hat (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 - jameda.de II Rn. 17 m. w. N.). Zu-Eigen-Machen bedeutet, dass der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Inhalte übernommen hat. Dabei ist bei der Annahme der Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (BGH a. a. O.).
Nach diesen Maßstäben käme es vorliegend darauf an, ob die Beklagte die streitgegenständliche Bewertung nach inhaltlicher Überprüfung als eigene präsentiert. Gegen diese Annahme spricht die Darstellung im Internet. Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals einschließlich der streitgegenständlichen Bewertung lassen für einen Nutzer des Bewertungsportals nicht erkennen, dass sich die Beklagte mit dem fremden Inhalt identifiziert und die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt. Die streitgegenständliche Bewertung steht nach Abschluss der Überprüfung durch die Beklagte wieder in ihrer ursprünglichen Gestalt im Netz. Es gibt weder eine redaktionelle Anmerkung der Beklagten noch sonst einen Hinweis darauf, dass die Bewertung ein individuelles Prüfverfahren durchlaufen hat. Das von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz dargestellte, anfänglich nach Behauptung der Beklagten automatisiert ablaufende Prüfverfahren dient der Einhaltung eigener Rechtspflichten als Diensteanbieter gemäß § 2 Nr. 1, 7 ff.TMG (vgl. BGH, Urteil v. 19.03.2015, I ZR 94/13 - Hotelbwertungsportal - Rn. 28, zitiert nach juris). Daher ist mit dem Verfahren nicht per se eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit verbunden.
Andererseits hat die Beklagte hier nach eigener Überprüfung vorübergehend zwei streitige Tatsachenbehauptungen entfernt, nämlich die Aussagen, dass die Behandlung keine fünf Minuten gedauert habe und dass der Patient nicht untersucht worden sei (vgl. Anlage K 6) und diese Aussagen später wieder zugänglich gemacht. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte auf den Inhalt der Bewertung Einfluss genommen. Sie hat nämlich selbständig ohne Zustimmung des Bewertenden entschieden, welche Äußerungen sie abändert oder entfernt und welche sie beibehält bzw. wieder ins Netz stellt. Damit hat sie die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive redaktionelle Rolle übernommen (vgl. dazu BGH, Urteil v. 04.04.2017 - VI ZR 123/16, Rn. 20 zitiert nach juris). Für eine Identifikation der Beklagten mit den Inhalten der Bewertung spricht auch die E-Mail vom 20.06.2017 (Anlage K 9). Hierin teilt eine Mitarbeiterin der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie die Patienteneigenschaft des Verfassers der streitgegenständlichen Bewertung durch die Rückmeldung des Patienten als ausreichend nachgewiesen ansehe. An der Aussage wird deutlich, dass die Überprüfung nicht lediglich der Einhaltung der Nutzungsrichtlinien der Beklagten dienen und rechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs genügen sollte. Die Beklagte stellt sich vielmehr einseitig und aktiv auf die Seite der Bewertenden, indem sie Anleitungen zur möglichst unangreifbaren Formulierung von Bewertungen bereitstellt (vgl. S. 5 unten der Klageschrift) und im Rahmen des Prüfverfahrens den Bewertenden wiederholt mitteilt, sich für den Erhalt der Bewertungen einsetzen zu wollen. Das ergibt sich aus dem mit nachgelassenem Schriftsatz vom 04.10.2018 dargestellten Prüfverfahren und den dort abgedruckten Anschreiben an den Verfasser der Bewertung.
Unbeachtlich dürfte sein, dass die aktive Rolle der Beklagten dem nicht eingeweihten Durchschnittsnutzer, der das Portal nicht fortlaufend nach neuen Einträgen über den Kläger absucht, verborgen geblieben sein dürfte. Es genügt vielmehr, dass die Beklagte dem Kläger als Betroffenem ihren Umgang mit der Bewertung kundgetan hat (vgl. BGH, Urteil v. 04.04.2017 - VI ZR 123/16, Rn. 21 zitiert nach juris), wie es mit den als Anlagen K 1, 4, 6 f. und K 9 erfolgt ist.
Eine etwaige Einflussnahme der Beklagten auf die Meinungsbildung der Nutzer über Premiummitgliedschaften braucht hier nicht geklärt zu werden.
b) Die Beklagte ist jedenfalls mittelbare Störerin.
Als mittelbarer Störer ist verpflichtet, wer ohne unmittelbarer Störer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteil v. 28.07.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425Rn. 34; v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag).
Die Haftung als mittelbarer Störer setzt die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (BGH, Urteil v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15, Rn. 22 m. w. N.). Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (BGH a. a. O. Rn. 23).
Diesen Anforderungen hat die Beklagte nicht genügt.
aa) Die Beklagte hat durch einen schriftlichen Hinweis des Klägers im November 2016 Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung erlangt (abgedruckt auf S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 24 d. A.). Der Kläger beanstandet darin die streitgegenständliche Bewertung. Zur Begründung führt er an, dass er den Verfasser der Bewertung nicht behandelt haben könne und die Angaben zur unterbliebenen Untersuchung und zur Dauer der Behandlung nicht der Wahrheit entsprächen.
Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen, dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte. Denn diese leitet sich aus der konkreten Behauptung ab, dass der Kläger jeden seiner Patienten untersuche und es 5-Minuten-Aufenthalte in seiner Praxis nicht gebe.
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen.
Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien „Aufklärung", „Vertrauensverhältnis" „Genommene Zeit“ und „Wartezeit Termin“ mit der Note 6 und damit als „ungenügend" sowie in der Kategorie „Behandlung“ mit der Note 4 bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch rechtswidrig. Denn wenn der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde liegt, überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewertenden an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (BGH, Urteil v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 jameda.de II, Rn. 36 zitiert nach juris m. w. N.). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
cc) Die Beklagte ist ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Die Beklagte durfte die Angaben des Bewertenden nicht als wahr unterstellen und die Bewertung wieder veröffentlichen, weil der Kläger auf ihre per Email vom 07.02.2017 (Anlage K 4) gesetzte Frist, der Beklagten bis zum 01.03.2017 eine „substantiierte Stellungnahme“ zukommen zu lassen, zunächst nicht reagiert hat. Die Fristsetzung begründet keine Ausschlussfrist, weil sie fortbestehende Verstöße nicht ausräumen kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Prüfpflichten der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen (BGH a. a. O. Rn. 39 ff.). Denn der Betrieb eines Ärztebewertungsportals bringt von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsverletzungen mit sich. Der Portalbetreiber muss daher auf entsprechende Beanstandungen eingerichtet sein. Die mit dem Portalbetrieb eröffneten Missbrauchsgefahren werden dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig - verdeckt abgegeben werden können, was es den betroffenen Ärzten zusätzlich erschwert, unmittelbar gegen den Bewertenden vorzugehen. Rein reaktive Prüfpflichten, um die es hier geht, gefährden den Betrieb der Beklagten weder wirtschaftlich noch erschweren sie ihn unverhältnismäßig. Die von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich gewünschte Funktion von Arztbewertungsportalen wird hierdurch nicht beeinträchtigt.
Aus der vorzunehmenden Interessenabwägung folgt, dass der Hostbetreiber ohne Gefährdung der Anonymität des Bewertenden ernsthaft versuchen muss, die Berechtigung der Beanstandung zu klären. Dazu hat er den Bewertenden aufzufordern, den Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und Belege zu übermitteln (BGH a. a. O. Rn. 42 f.). Konkret hat der Bundesgerichtshof die bloße Bitte der Beklagten, die Behandlung in mindestens zwei Sätzen zu umschreiben und den Behandlungszeitraum zu nennen, nicht ausreichen lassen (BGH, a. a. O. Rn. 43). Der Portalbetreiber hat sich die Behandlung durch objektive Beweismittel in Form von Rechnungen, Terminkarten, Bonusheften, Rezepten o. ä. nachweisen zu lassen.
Vorliegend kann dahinstehen, ob das Prüfverfahren so abgelaufen ist, wie es die Beklagte vorträgt. Denn selbst wenn die Kammer das mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 04.10.2018 geschilderte Vorgehen als wahr unterstellt, hat die Beklagte nicht das Erforderliche unternommen, um einen hinreichenden Nachweis über den Behandlungskontakt zu erlangen. Die Beklagte durfte sich nicht mit der Antwort des Bewertenden zufriedengeben, dass die Krankenkasse keine Arztbesuche registriere. Denn es ist schlechterdings nicht denkbar, dass kassenärztliche Leistungen ohne Registrierung der Behandlungsdaten abgerechnet werden. Ohne Angaben zu Zeit und Ort der Behandlung wäre es der Krankenkasse unmöglich, den Vergütungsanspruch des Arztes zu überprüfen und die von dem Behandler abgerechneten Leistungen korrekt zuzuordnen. Als angeblicher Kassenpatient hat der Verfasser der Bewertung auch einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegenüber seiner Krankenkasse, den er hätte geltend machen können. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 305 SGB V. Hierauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung am 26.09.2018 ausdrücklich hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist auch erörtert worden, dass die Behandlungsdaten infolge des Abrechnungsverfahrens erst zeitversetzt bei der Krankenkasse eingehen und welche Auswirkungen das auf den Auskunftsanspruch des Versicherten haben könnte. Gleichwohl ist die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 04.10.2018 an keiner Stelle auf den Auskunftsanspruch des Patienten eingegangen.
Neben der Möglichkeit, die Krankenkasse zu konsultieren, hätte die Beklagte dem Bewertenden auch vorschlagen können, einen Beleg über den Arztbesuch direkt in der Praxis anzufordern. Das hat sie nicht getan. Es dürfte nicht ungewöhnlich sein, dass Patienten derartige Nachweise z. B. für ihren Arbeitgeber benötigen, so dass eine dahingehende Bitte des Patienten die Anonymität der Bewertung nicht gefährden dürfte.
Soweit die Beklagte argumentiert, der Patient habe anstelle eines Behandlungsbelegs die in das Verfahren eingeführte Praxisbeschreibung geliefert, war diese Angabe erkennbar nicht geeignet, einen Behandlungsnachweis zu ersetzen. Denn der Portalnutzer teilt keine Kenntnisse mit, die nur ein Patient des Klägers haben kann. Die Wegbeschreibung zur Praxis lässt sich von der Homepage der Praxis abrufen oder der Bewertende könnte die Örtlichkeiten als Begleitperson eines Patienten kennengelernt haben. Die Beschreibung des Empfangsbereichs ist nichtssagend, weil die Angaben auf eine unbestimmte Vielzahl von Praxen zutreffen.
Dass die Beklagte den Tag der Behandlung mit der Anwesenheit des Klägers in seiner Praxis abgeglichen habe, reicht ebenfalls als Bemühen um einen geeigneten Behandlungsnachweis nicht aus. Denn dem Kläger ist es aufgrund des Geheimhaltungsanspruchs des Portalnutzers aus § 12 Abs. 1 TMG unmöglich, diese Angabe zu widerlegen.
dd) Dass der streitgegenständlichen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde lag, ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten. Zwar ist der Kläger nach allgemeinen Regeln für das Fehlen des Behandlungskontaktes darlegungs- und beweisbelastet. Die Beklagte trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast, wenn dem Kläger eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat (BGH, Urteil v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 jameda.de II, Rn. 46 ff. zitiert nach juris m. w. N.). Das ist hier der Fall.
Der Kläger hat im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend vorgetragen, dass er in dem angegebenen Behandlungszeitraum keinen Patienten behandelt habe, auf den die bekannten Merkmale zuträfen. Eine nähere Darlegung kann von ihm nicht verlangt werden, weil zur Verifizierung der Fehlanzeige eine Vielzahl geheimhaltungspflichtiger sensibler Patientendaten offengelegt werden müssten. Wegen des Behandlungsschwerpunktes des Klägers im Bereich Multipler Sklerose ist zudem davon auszugehen, dass er in dem betroffenen Zeitraum nur wenige Patienten mit HWS-Beschwerden behandelt hat, zumal sich die Suche weiter danach eingrenzen ließ, dass der Patient erstmalig zur Behandlung erschien. Es ist demnach unwahrscheinlich, dass der Kläger den betreffenden Patienten schlicht übersehen hat. Plausibel ist auch, dass der behauptete Behandlungsvorlauf von vier Monaten keinen Anhalt bietet, weil diese Daten in der Praxis nicht registriert werden.
Hingegen hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Das Geschäftsmodell der Beklagten ist darauf angelegt, die Anonymität des Bewertenden sicherzustellen und zu schützen. Die Beklagte kann es dem Kläger deshalb nicht mit Erfolg zum Vorwurf machen, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, den Verfasser der streitgegenständlichen Bewertung anhand der ihm zugänglichen Informationen zu identifizieren. Die Beklagte hat nach den vorstehenden Ausführungen die sie treffende Obliegenheit verletzt, von dem Bewertenden aussagekräftige Belege zu dem angeblichen Behandlungskontakt einzuholen. Die Zumutbarkeit der Recherche folgt aus der Prüfobliegenheit der Beklagten. Dieser Obliegenheit ist sie nicht ausreichend nachgekommen.
ee) Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, weil die Bewertung weiterhin auf dem Portal abrufbar ist und hierdurch einen Dauerverstoß begründet."
LG Frankfurt am Main
Urteil vom 06.02.2019 2-03 O 414/18
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Inkenntnissetzung eines Bewertungsportalbetreibers über eine rechtswidrige Bewertung keine Abmahnung ersetzt, so dass die Kostenfolge des § 93 ZPO bei sofortigem Anerkenntnis im einstweiligen Verfügungsverfahren eintritt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Kosten des Eilverfahrens fallen gemäß § 93 ZPO dem Antragsteller zur Last. Grundsätzlich sind gemäß § 93 ZPO, der auch auf das einstweilige Verfügungsverfahren Anwendung findet (BeckOK-ZPO/Jaspersen, 31. Ed. 2018, § 93 Rn. 8 m.w.N.), die Kosten einer einstweiligen Verfügung dem Antragsteller aufzuerlegen, wenn der Antragsgegner zur Beantragung der einstweiligen Verfügung keinen Anlass gegeben hat, wenn also bei vernünftiger Würdigung des Verhaltens des Antragsgegners der Antragsteller zu dem Schluss berechtigt ist, er werde ohne Einleiten eines gerichtlichen Verfahrens nicht zu seinem Recht gelangen, § 93 ZPO (BGH NJW-RR 2005, 1005. 1006; Musielak/Voit-Flockenhaus, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 93 Rn. 2). Hiervon ist in der Regel - auch in äußerungsrechtlichen Streitigkeiten - aber nicht auszugehen, wenn der Antragsgegner zuvor nicht abgemahnt wurde (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.03.2014 - 16 W 15/14; OLG München NJW-RR 2001, 42; vgl. auch (für Wettbewerbssachen) OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 14.02.2018 - 6 W 6/18, BeckRS 2018, 9083 m.w.N.). Von dem Erfordernis, den Schuldner vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens abzumahnen, kann unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden. Entscheidend ist das vorprozessuale Verhalten des Beklagten. Dem nachfolgenden Gebaren kann allerdings indizielle Bedeutung zukommen (Musielak/Voit-Flockenhaus, a.a.O., § 93 Rn. 2 m.w.N.).
Die Voraussetzungen des § 93 ZPO liegt hier vor. Der Antragsteller beruft sich insbesondere darauf, dass er gegenüber dem Bewertungsportal Jameda tätig geworden sei. Dieses habe die Antragsgegnerin angeschrieben, die Antragsgegnerin habe die streitgegenständlichen Bewertungen jedoch nicht entfernt. Aus diesem Verhalten der Antragsgegnerin lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher der Schluss ziehen, dass die Antragsgegnerin auf eine Abmahnung hin nicht anders reagiert hätte.
Insoweit verkennt der Antragsteller, dass er gegenüber Jameda Ansprüche nicht auf Unterlassung, sondern auf Entfernung gestellt hat. Ein Anspruch auf Unterlassung gegenüber der Antragsgegnerin selbst stand insoweit noch nicht im Raum. Der Antragsteller konnte auch vor Durchführung der Anhörung im hiesigen gerichtlichen Verfahren nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Antragsgegnerin seine Zuschriften an Jameda in vollem Umfang mitgeteilt würden, was zwischen den Parteien streitig ist.
Es stellt zudem durchaus einen Unterschied dar, wenn der Äußernde einerseits von einer Plattform wegen einer Beschwerde zu seiner Äußerung angeschrieben wird oder er andererseits vom Betroffenen unmittelbar durch anwaltliche Abmahnung zur Unterlassung einer Äußerung für die Zukunft verpflichtet wird. Insoweit misst die Kammer der Reaktion der Antragsgegnerin auf die gerichtliche Anhörung auch eine gewisse indizielle Bedeutung bei. Es lässt sich daher gerade nicht feststellen, dass eine Abmahnung im hiesigen Fall entbehrlich gewesen wäre.
Darüber hinaus begehrt der Antragsteller mit seinen Anträgen zu 1. und 2. die Unterlassung wegen Äußerungen nicht bei Jameda, sondern bei Google, so dass es insoweit auf die Anfrage von Jameda bei der Antragsgegnerin ohnehin nicht ankam.
Nach alledem hat die Antragsgegnerin für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung keinen hinreichenden Anlass gegeben, so dass dem Antragsteller die Kosten für das Verfahren aufzuerlegen waren.
Die Entscheidung erfolgte in Form eines Anerkenntnisurteils, bei der gemäß § 307 S. 2 ZPO die mündliche Verhandlung entbehrlich ist. § 307 ZPO findet auch auf das Eilverfahren Anwendung (Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 307 Rn. 2; BeckOK-ZPO/Elzer, a.a.O., § 307 Rn. 4). Zwar scheidet grundsätzlich das Anerkenntnis vor Rechtshängigkeit aus (Zöller/Feskorn, a.a.O., § 307 Rn. 3), im einstweiligen Verfügungsverfahren wird die Rechtshängigkeit jedoch schon mit Einreichung des Antrags bei Gericht begründet (Zöller/G.Vollkommer, a.a.O., vor § 916 Rn. 5b; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl. 2019, Kap. 55 Rn. 1 m.w.N.; a.A. (erst bei tatsächlicher Beteiligung) Mertins, JuS 2008, 692, 694). Dementsprechend ist der Anspruchsgegner jedenfalls mit der Einreichung einer Schutzschrift am Verfahren beteiligt (Zöller/G.Vollkommer, a.a.O., vor § 916 Rn. 5b), gleiches gilt für die hier durch das Gericht erfolgte Anhörung und die - auch § 78 ZPO genügende - Reaktion der Antragsgegnerin.
Das LG Braunschweig hat entschieden, dass ein Ärztebewertungsportal als mittelbarer Störer für negative Bewertungen haftet, wenn der Portalbetreiber nicht prüft, ob der Verfasser der Bewertung tatsächlich beim Arzt in Behandlung war.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Beklagte haftet hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung zumindest als mittelbare Störerin. Sie ist der ihr obliegenden Prüfpflicht, ob der streitgegenständlichen Bewertung ein Behandlungskontakt zugrunde lag, nicht ausreichend nachgekommen.
a) Es kann im Ergebnis offenbleiben, ob die Beklagte zugleich unmittelbare Störerin ist. Hostprovider wie die Beklagte werden als unmittelbarer Störer angesehen, wenn es sich bei der angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt des Hostproviders handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu Eigen gemacht hat (vgl. Urteil des BGH vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 – jameda.de II Rn. 17 m. w. N.). Zu-Eigen-Machen bedeutet, dass der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Inhalte übernommen hat. Dabei ist bei der Annahme der Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (BGH a. a. O.).
Nach diesen Maßstäben käme es vorliegend darauf an, ob die Beklagte die streitgegenständliche Bewertung nach inhaltlicher Überprüfung als eigene präsentiert. Gegen diese Annahme spricht die Darstellung im Internet. Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals einschließlich der streitgegenständlichen Bewertung lassen für einen Nutzer des Bewertungsportals nicht erkennen, dass sich die Beklagte mit dem fremden Inhalt identifiziert und die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt. Die streitgegenständliche Bewertung steht nach Abschluss der Überprüfung durch die Beklagte wieder in ihrer ursprünglichen Gestalt im Netz. Es gibt weder eine redaktionelle Anmerkung der Beklagten noch sonst einen Hinweis darauf, dass die Bewertung ein individuelles Prüfverfahren durchlaufen hat. Das von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz dargestellte, anfänglich nach Behauptung der Beklagten automatisiert ablaufende Prüfverfahren dient der Einhaltung eigener Rechtspflichten als Diensteanbieter gemäß § 2 Nr. 1, 7 ff.TMG (vgl. BGH, Urteil v. 19.03.2015, I ZR 94/13 – Hotelbwertungsportal – Rn. 28, zitiert nach juris). Daher ist mit dem Verfahren nicht per se eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit verbunden.
Andererseits hat die Beklagte hier nach eigener Überprüfung vorübergehend zwei streitige Tatsachenbehauptungen entfernt, nämlich die Aussagen, dass die Behandlung keine fünf Minuten gedauert habe und dass der Patient nicht untersucht worden sei (vgl. Anlage K 6) und diese Aussagen später wieder zugänglich gemacht. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte auf den Inhalt der Bewertung Einfluss genommen. Sie hat nämlich selbständig ohne Zustimmung des Bewertenden entschieden, welche Äußerungen sie abändert oder entfernt und welche sie beibehält bzw. wieder ins Netz stellt. Damit hat sie die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive redaktionelle Rolle übernommen (vgl. dazu BGH, Urteil v. 04.04.2017 – VI ZR 123/16, Rn. 20 zitiert nach juris). Für eine Identifikation der Beklagten mit den Inhalten der Bewertung spricht auch die E-Mail vom 20.06.2017 (Anlage K 9). Hierin teilt eine Mitarbeiterin der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie die Patienteneigenschaft des Verfassers der streitgegenständlichen Bewertung durch die Rückmeldung des Patienten als ausreichend nachgewiesen ansehe. An der Aussage wird deutlich, dass die Überprüfung nicht lediglich der Einhaltung der Nutzungsrichtlinien der Beklagten dienen und rechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs genügen sollte. Die Beklagte stellt sich vielmehr einseitig und aktiv auf die Seite der Bewertenden, indem sie Anleitungen zur möglichst unangreifbaren Formulierung von Bewertungen bereitstellt (vgl. S. 5 unten der Klageschrift) und im Rahmen des Prüfverfahrens den Bewertenden wiederholt mitteilt, sich für den Erhalt der Bewertungen einsetzen zu wollen. Das ergibt sich aus dem mit nachgelassenem Schriftsatz vom 04.10.2018 dargestellten Prüfverfahren und den dort abgedruckten Anschreiben an den Verfasser der Bewertung.
Unbeachtlich dürfte sein, dass die aktive Rolle der Beklagten dem nicht eingeweihten Durchschnittsnutzer, der das Portal nicht fortlaufend nach neuen Einträgen über den Kläger absucht, verborgen geblieben sein dürfte. Es genügt vielmehr, dass die Beklagte dem Kläger als Betroffenem ihren Umgang mit der Bewertung kundgetan hat (vgl. BGH, Urteil v. 04.04.2017 – VI ZR 123/16, Rn. 21 zitiert nach juris), wie es mit den als Anlagen K 1, 4, 6 f. und K 9 erfolgt ist.
Eine etwaige Einflussnahme der Beklagten auf die Meinungsbildung der Nutzer über Premiummitgliedschaften braucht hier nicht geklärt zu werden.
b) Die Beklagte ist jedenfalls mittelbare Störerin.
Als mittelbarer Störer ist verpflichtet, wer ohne unmittelbarer Störer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteil v. 28.07.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425Rn. 34; v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag).
Die Haftung als mittelbarer Störer setzt die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (BGH, Urteil v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15, Rn. 22 m. w. N.). Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (BGH a. a. O. Rn. 23).
Diesen Anforderungen hat die Beklagte nicht genügt.
aa) Die Beklagte hat durch einen schriftlichen Hinweis des Klägers im November 2016 Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung erlangt (abgedruckt auf S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 24 d. A.). Der Kläger beanstandet darin die streitgegenständliche Bewertung. Zur Begründung führt er an, dass er den Verfasser der Bewertung nicht behandelt haben könne und die Angaben zur unterbliebenen Untersuchung und zur Dauer der Behandlung nicht der Wahrheit entsprächen.
Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen, dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte. Denn diese leitet sich aus der konkreten Behauptung ab, dass der Kläger jeden seiner Patienten untersuche und es 5-Minuten-Aufenthalte in seiner Praxis nicht gebe.
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen.
Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien „Aufklärung", „Vertrauensverhältnis" „Genommene Zeit“ und „Wartezeit Termin“ mit der Note 6 und damit als „ungenügend" sowie in der Kategorie „Behandlung“ mit der Note 4 bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch rechtswidrig. Denn wenn der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde liegt, überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewertenden an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (BGH, Urteil v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15 jameda.de II, Rn. 36 zitiert nach juris m. w. N.). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
cc) Die Beklagte ist ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Die Beklagte durfte die Angaben des Bewertenden nicht als wahr unterstellen und die Bewertung wieder veröffentlichen, weil der Kläger auf ihre per Email vom 07.02.2017 (Anlage K 4) gesetzte Frist, der Beklagten bis zum 01.03.2017 eine „substantiierte Stellungnahme“ zukommen zu lassen, zunächst nicht reagiert hat. Die Fristsetzung begründet keine Ausschlussfrist, weil sie fortbestehende Verstöße nicht ausräumen kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Prüfpflichten der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen (BGH a. a. O. Rn. 39 ff.). Denn der Betrieb eines Ärztebewertungsportals bringt von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsverletzungen mit sich. Der Portalbetreiber muss daher auf entsprechende Beanstandungen eingerichtet sein. Die mit dem Portalbetrieb eröffneten Missbrauchsgefahren werden dadurch verstärkt, dass die Bewertungen – rechtlich zulässig – verdeckt abgegeben werden können, was es den betroffenen Ärzten zusätzlich erschwert, unmittelbar gegen den Bewertenden vorzugehen. Rein reaktive Prüfpflichten, um die es hier geht, gefährden den Betrieb der Beklagten weder wirtschaftlich noch erschweren sie ihn unverhältnismäßig. Die von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich gewünschte Funktion von Arztbewertungsportalen wird hierdurch nicht beeinträchtigt.
Aus der vorzunehmenden Interessenabwägung folgt, dass der Hostbetreiber ohne Gefährdung der Anonymität des Bewertenden ernsthaft versuchen muss, die Berechtigung der Beanstandung zu klären. Dazu hat er den Bewertenden aufzufordern, den Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und Belege zu übermitteln (BGH a. a. O. Rn. 42 f.). Konkret hat der Bundesgerichtshof die bloße Bitte der Beklagten, die Behandlung in mindestens zwei Sätzen zu umschreiben und den Behandlungszeitraum zu nennen, nicht ausreichen lassen (BGH, a. a. O. Rn. 43). Der Portalbetreiber hat sich die Behandlung durch objektive Beweismittel in Form von Rechnungen, Terminkarten, Bonusheften, Rezepten o. ä. nachweisen zu lassen.
Vorliegend kann dahinstehen, ob das Prüfverfahren so abgelaufen ist, wie es die Beklagte vorträgt. Denn selbst wenn die Kammer das mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 04.10.2018 geschilderte Vorgehen als wahr unterstellt, hat die Beklagte nicht das Erforderliche unternommen, um einen hinreichenden Nachweis über den Behandlungskontakt zu erlangen. Die Beklagte durfte sich nicht mit der Antwort des Bewertenden zufriedengeben, dass die Krankenkasse keine Arztbesuche registriere. Denn es ist schlechterdings nicht denkbar, dass kassenärztliche Leistungen ohne Registrierung der Behandlungsdaten abgerechnet werden. Ohne Angaben zu Zeit und Ort der Behandlung wäre es der Krankenkasse unmöglich, den Vergütungsanspruch des Arztes zu überprüfen und die von dem Behandler abgerechneten Leistungen korrekt zuzuordnen. Als angeblicher Kassenpatient hat der Verfasser der Bewertung auch einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegenüber seiner Krankenkasse, den er hätte geltend machen können. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 305 SGB V. Hierauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung am 26.09.2018 ausdrücklich hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist auch erörtert worden, dass die Behandlungsdaten infolge des Abrechnungsverfahrens erst zeitversetzt bei der Krankenkasse eingehen und welche Auswirkungen das auf den Auskunftsanspruch des Versicherten haben könnte. Gleichwohl ist die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 04.10.2018 an keiner Stelle auf den Auskunftsanspruch des Patienten eingegangen.
Neben der Möglichkeit, die Krankenkasse zu konsultieren, hätte die Beklagte dem Bewertenden auch vorschlagen können, einen Beleg über den Arztbesuch direkt in der Praxis anzufordern. Das hat sie nicht getan. Es dürfte nicht ungewöhnlich sein, dass Patienten derartige Nachweise z. B. für ihren Arbeitgeber benötigen, so dass eine dahingehende Bitte des Patienten die Anonymität der Bewertung nicht gefährden dürfte.
Soweit die Beklagte argumentiert, der Patient habe anstelle eines Behandlungsbelegs die in das Verfahren eingeführte Praxisbeschreibung geliefert, war diese Angabe erkennbar nicht geeignet, einen Behandlungsnachweis zu ersetzen. Denn der Portalnutzer teilt keine Kenntnisse mit, die nur ein Patient des Klägers haben kann. Die Wegbeschreibung zur Praxis lässt sich von der Homepage der Praxis abrufen oder der Bewertende könnte die Örtlichkeiten als Begleitperson eines Patienten kennengelernt haben. Die Beschreibung des Empfangsbereichs ist nichtssagend, weil die Angaben auf eine unbestimmte Vielzahl von Praxen zutreffen.
Dass die Beklagte den Tag der Behandlung mit der Anwesenheit des Klägers in seiner Praxis abgeglichen habe, reicht ebenfalls als Bemühen um einen geeigneten Behandlungsnachweis nicht aus. Denn dem Kläger ist es aufgrund des Geheimhaltungsanspruchs des Portalnutzers aus § 12 Abs. 1 TMG unmöglich, diese Angabe zu widerlegen.
dd) Dass der streitgegenständlichen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde lag, ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten. Zwar ist der Kläger nach allgemeinen Regeln für das Fehlen des Behandlungskontaktes darlegungs- und beweisbelastet. Die Beklagte trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast, wenn dem Kläger eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat (BGH, Urteil v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15 jameda.de II, Rn. 46 ff. zitiert nach juris m. w. N.). Das ist hier der Fall.
Der Kläger hat im Rahmen seiner primären Darlegungslast ausreichend vorgetragen, dass er in dem angegebenen Behandlungszeitraum keinen Patienten behandelt habe, auf den die bekannten Merkmale zuträfen. Eine nähere Darlegung kann von ihm nicht verlangt werden, weil zur Verifizierung der Fehlanzeige eine Vielzahl geheimhaltungspflichtiger sensibler Patientendaten offengelegt werden müssten. Wegen des Behandlungsschwerpunktes des Klägers im Bereich Multipler Sklerose ist zudem davon auszugehen, dass er in dem betroffenen Zeitraum nur wenige Patienten mit HWS-Beschwerden behandelt hat, zumal sich die Suche weiter danach eingrenzen ließ, dass der Patient erstmalig zur Behandlung erschien. Es ist demnach unwahrscheinlich, dass der Kläger den betreffenden Patienten schlicht übersehen hat. Plausibel ist auch, dass der behauptete Behandlungsvorlauf von vier Monaten keinen Anhalt bietet, weil diese Daten in der Praxis nicht registriert werden.
Hingegen hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Das Geschäftsmodell der Beklagten ist darauf angelegt, die Anonymität des Bewertenden sicherzustellen und zu schützen. Die Beklagte kann es dem Kläger deshalb nicht mit Erfolg zum Vorwurf machen, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, den Verfasser der streitgegenständlichen Bewertung anhand der ihm zugänglichen Informationen zu identifizieren. Die Beklagte hat nach den vorstehenden Ausführungen die sie treffende Obliegenheit verletzt, von dem Bewertenden aussagekräftige Belege zu dem angeblichen Behandlungskontakt einzuholen. Die Zumutbarkeit der Recherche folgt aus der Prüfobliegenheit der Beklagten. Dieser Obliegenheit ist sie nicht ausreichend nachgekommen.
ee) Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, weil die Bewertung weiterhin auf dem Portal abrufbar ist und hierdurch einen Dauerverstoß begründet."