Zur Höhe der Haftung eines Zuschauers eines Fußballspiels, der einen gezündeten Sprengkörper auf einen Teil der Tribüne geworfen hat, für den finanziellen Schaden des Vereins durch eine gegen den Verein für diesen und weitere Vorfälle
gemeinsam verhängte Verbandsstrafe.
BGH, Urteil vom 9. November 2017 - VII ZR 62/17 - OLG Köln - LG Köln
Der BGH hat dem 1. FC Köln Schadensersatz in Höhe von 20.340 EURO gegen einen Fan wegen eines Böllerwurfs zugesprochen. Der Knallkörperwurf hatte neben anderen Vorkommnissen zu einer Verbandsstrafe von insgesamt 120.000 EURO geführt. Der Schadensersatz ist - so der BGH weiter - anteilig zu berechnen.
Zünden eines Knallkörpers auf Fußballtribüne – hier: Höhe des Schadensersatzes bei Verbandsstrafe
für mehrere Vorfälle
Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit der Frage befasst, mit welchem Anteil der Zuschauer eines Fußballspiels dem veranstaltenden Verein die diesem wegen des Zündens eines Knallkörpers durch den Zuschauer auferlegte Verbandsstrafe als Schadensersatz zu erstatten hat, wenn die Strafe zugleich für andere Vorfälle verhängt worden ist.
Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt den Profifußballbereich des 1. FC Köln. Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel im RheinEnergieStadion in der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn 07 am 9. Februar 2014. Wegen dieses Vorfalls und weiterer vorangegangener Vorfälle bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, u.a. bestehend aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie der Bewährungsauflage, weitere 30.000 € für Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den Fußballspielen der Klägerin dienen. Unter Anrechnung einer bereits früher von der Klägerin getätigten Aufwendung für ein Kamerasystem verblieben 60.000 €, die die Klägerin zahlte. Sie verlangt vom Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hatte das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Durch Urteil vom 22. September 2016 -VII ZR 14/16 (vgl. Pressemitteilung Nr. 165/2016) hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten nunmehr zur Zahlung von 20.340 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese weiterhin die Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 30.000 € erreichen wollte, hatte keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, die allein noch im Streit stehende Höhe des Schadensersatzanspruchs bemesse sich danach, in welchem Maße sich die Pflichtverletzung des Beklagten in der konkret verhängten und gezahlten Strafe niedergeschlagen habe. Dieses Maß ergebe sich aus dem Verhältnis seiner Strafe zur Summe der für die einzelnen Vorfälle in der Verbandsstrafe (fiktiv) angesetzten Einzelstrafen. Das seien hier 40.000 €: 118.000 €, da für die einzelnen Vorfälle Strafen von 20.000 €, 20.000 €, 38.000 € und 40.000 € (nur letztere den Beklagten betreffend), zusammen also 118.000 € für angemessen erachtet wurden, wovon 60.000 € tatsächlich zu zahlen gewesen seien. Im Ergebnis sei der Anteil des Beklagten also 40.000 €/118.000 € von 60.000 € = 20.340 € (aufgerundet).
Der VGH Mannheim hat entschieden, dass die gegen Freiburger Fußballfans aus der Ultra-Szene verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote rechtmäßig sind. In einem Fall hat der VGH Mannheim Meldeauflagen als unverhältnismäßig kassiert.
Die Pressemitteilung des VGH Mannheim:
Aufenthalts- und Betretungsverbote gegen Freiburger Fußballfans rechtmäßig, Meldeauflagen nicht
Kurzbeschreibung:
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am 18. Mai 2017 in drei parallel gelagerten Berufungsverfahren entschieden, dass mehrere Aufenthalts- und Betretungsverbote rechtmäßig waren, welche die Stadt Freiburg (Beklagte) gegen Fußballfans aus der Ultraszene des SC Freiburg ausgesprochen hatte. Meldeauflagen, die einem der Kläger zusätzlich erteilt worden waren, hat der VGH dagegen als rechtswidrig angesehen.
Die Polizei in Freiburg verzeichnete ab 2009 einen Anstieg von Gewaltdelikten anlässlich von Fußballspielen des SC Freiburg. Vor diesem Hintergrund verbot die Beklagte den Klägern mit mehreren Bescheiden, bestimmte Bereiche im Umfeld des SC-Freiburg-Stadions, der Innenstadt und des Stadtteils Stühlinger an Heimspieltagen zwischen August und Dezember 2014 zu betreten. Einem der Kläger waren darüber hinaus sog. Meldeauflagen erteilt worden. Diese verpflichteten ihn, sich in dem genannten Zeitraum an Auswärtsspieltagen des SC bei einer Polizeidienststelle in Freiburg zu melden; dadurch sollte verhindert werden, dass er zum jeweiligen Auswärtsspielort anreist. Die drei Kläger waren nach Einschätzung der Polizei dem gewaltbereiten Spektrum der Freiburger Fußballszene und sog. Ultragruppen zuzuordnen. Die Kläger erhoben Klagen zum Verwaltungsgericht (VG) Freiburg und beantragten festzustellen, dass die Verbote und die Meldeauflagen rechtswidrig waren. Das VG gab einer dieser Klagen in vollem Umfang und zwei Klagen teilweise statt. Gegen diese Urteile hatten die Beklagte und, soweit sie teilweise verloren hatten, auch die Kläger Berufung eingelegt.
Der 1. Senat des VGH hat am 18. Mai 2017 in allen drei Berufungsverfahren (1 S 1193/16, 1 S 1194/16 und 1 S 160/17) entschieden, dass die Aufenthalts- und Betretungsverbote rechtmäßig waren. Zur Begründung hat er auf die Rechtsgrundlage aus dem baden-württembergischen Polizeigesetz (PolG) für Aufenthaltsverbote verwiesen. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird“. Das Aufenthaltsverbot darf nach der Vorschrift „die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten“ (§ 27a Abs. 3 PolG). Der 1. Senat hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufenthaltsverbotes in den Fällen der Kläger erfüllt gewesen seien. Eine „Tatsache“ im Sinne dieser Vorschrift könne insbesondere die Zugehörigkeit einer Person zu einer in der Vergangenheit als gewaltbereit aufgefallenen Gruppe - wie hier „Ultras“ einer Fußballszene - sein. Auch die Teilnahme eines Fußballfans an sog. Drittortauseinandersetzungen - d. h. an mit Anhängern anderer Mannschaften einvernehmlich verabredeten, außerhalb der eigentlichen Fußballbegegnung und nach gewissen „Regeln“ abgehaltenen Schlägereien - könne für die Prognose, ob er innerhalb eines Stadions oder der Innenstadt Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, berücksichtigt werden.
Zwischen den Beteiligten der Verfahren war außerdem umstritten, wie die zitierte Dreimonatsgrenze aus dem Polizeigesetz genau auszulegen ist. Da die Beklagte Aufenthaltsverbote für August bis Dezember 2014 ausgesprochen hatte, meinten die Kläger, die Grenze sei überschritten worden. Die Beklagte war anderer Auffassung, weil sie innerhalb dieses Zeitraums Verbote nur für einzelne Tage ausgesprochen hatte und die Tage in der Summe nicht mehr als drei Monate umfassten. Der VGH hat nun entschieden, dass die Polizei in einem Bescheid (Verwaltungsakt) ein Aufenthaltsverbot längstens für die sich an den ersten Tag der Wirksamkeit des Verbots anschließenden drei Monate aussprechen könne. Zudem müsse das Verbot alsbald nach Erlass des Verwaltungsakts beginnen. Nach dem Erlass eines Aufenthaltsverbots sei der Erlass eines erneuten Aufenthaltsverbots nicht ausgeschlossen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die Polizei eine neue aktuelle Gefahrenprognose erstelle und dass diese ergebe, dass die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG weiterhin vorlägen. Diese Vorgaben habe die Beklagte hier im Ergebnis eingehalten.
Die einem der drei Kläger von der Beklagten erteilten Meldeauflagen (Verfahren 1 S 1693/16) hat der VGH dagegen als rechtswidrig angesehen. Diese Maßnahme sei unverhältnismäßig gewesen. Es hätte ausgereicht, dem Kläger eine Meldeauflage zu erteilen, die ihn an den Auswärtsspieltagen nicht - wie geschehen - grundsätzlich an seinen Wohnort Freiburg gebunden, sondern es ihm ermöglicht hätte, sich auch an anderen Polizeidienststellen im Bundesgebiet mit Ausnahme des Austragungsorts des Auswärtsspiels zu melden. Den beiden anderen Klägern waren von anderen Polizeibehörden als der Stadt Freiburg ebenfalls Meldeauflagen erteilt worden; darüber hatte der VGH allerdings nicht zu entscheiden, da sie nicht Gegenstand der Berufungsverfahren waren.
Die drei Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der VGH hat eine Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Diese Entscheidungen können binnen eines Monats nach deren Zustellung durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
"Jahresfußball-Abo ade - Ein Jahreskarten-Abo kann vom Fußballverein jederzeit ordentlich gekündigt werden.
Der Kläger ist seit 1.7.94 Mitglied eines großen Münchner Fußballvereins und seitdem auch Inhaber einer Dauerkarte für Heimspiele des Vereins. Am 12.5.14 kündigte der Verein das Jahreskarten-Abo. Der Kläger besuchte als treuer Anhänger nahezu sämtliche Heimspiele in der Bundesliga sowie im DFB Pokal und der Champions League. In der Saison 2013/2014 baute der Kläger für sich und seine Familie ein Haus und konnte aus diesem Grund 10 Bundesligaspiele nicht besuchen. Er gab bei diesen Spielen jedoch anderen Fans die Möglichkeit, über die Ticketbörse seine Karte zu erwerben und erhielt hierfür den jeweils anteilig bezahlten Jahreskartenpreis von 8,24 Euro zurückerstattet. Ohne jede Vorwarnung kündigte der Verein das Jahreskarten-Abo.
Der Kläger sieht in der Kündigung eine unzulässige Maßregelung dafür, dass er berechtigter Weise und mit gutem Grund an zehn Spielen nicht teilnehmen konnte.
Er erhebt Klage gegen den Verein vor dem Amtsgericht München auf Erteilung einer Jahreskarte für die Heimspiele in der Bundesliga-Saison 2014/2015.
Die zuständige Richterin gab nun dem Verein Recht und wies die Klage ab.
Nach § 2 der Verkaufsbedingungen des Vereins für das jahreskarten-Abo stehe dem Verein ein ordentliches Kündigungsrecht zu. Gegen diese vertragliche Regelung bestünden keine Bedenken, da das ordentliche Kündigungsrecht bei jedem Dauerschuldverhältnis, das auf unbestimmte Zeit läuft, zulässig ist. Die Kündigung verstoße nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Der Kläger trage keine Diskriminie-rung oder sonst einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor. Das Kündigungsrecht stelle keine Schikane oder unzulässige Sanktion für ein rechtmäßiges Verhalten des Klägers bei der Weitergabe der Dauerkarte dar, sondern sei Ausdruck der Vertragsfreiheit des Vereins. Dieses Recht des Vereins, selbst zu bestimmen, mit wem er vertragliche Beziehungen eingeht, sei auch nicht eingeschränkt. Der Verein habe keine marktbeherrschende Stellung für den Profifußball in Bayern, so dass kein Kontrahierungszwang bestehe. In München gebe es einen weiteren Profifußballclub in der zweiten Bundesliga und es gäbe einen weiteren südbayerischen Verein in der ersten Bundesliga. Zudem stehe es dem Kläger offen, über den freien Verkauf Bundesligaspiele oder Champions-League-Spiele des Vereins zu besuchen. Es gebe kein Recht auf eine bestimmte Leistung im Zivilrecht. Es sei Teil der Vereinspolitik und der Vereinsfreiheit des Fußballclubs, welchen Fans Sonderkonditionen eingeräumt werden sollen, solange dabei keine Vorschriften zum Schutz gegen Diskriminierung verletzt werden.