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BGH: Screenshot als Augenscheinsobjekt taugliches Mittel zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gemäß § 130d Satz 3 ZPO

BGH
Beschluss vom 10.10.2023
XI ZB 1/23
ZPO § 130d


Der BGH hat entschieden, dass ein Screenshot als Augenscheinsobjekt im Sinne von § 371 Abs. 1 ZPO ein taugliches Mittel zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gemäß § 130d Satz 3 ZPO darstellen kann.

Leitsatz des BGH:
Zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gemäß § 130d Satz 3 ZPO durch Vorlage eines Screenshots.

BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2023 - XI ZB 1/23 - OLG Braunschweig - LG Braunschweig

Aus den Entscheidungsgründen:
Allerdings überspannt das Berufungsgericht die sich aus § 130d Satz 3 ZPO ergebenden Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer auf technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument, indem es im vorliegenden Fall eine anwaltliche Versicherung des Scheiterns der Übermittlung für zwingend erforderlich erachtet, ohne den vorgelegten Screenshot zu berücksichtigen.

Die Vorlage dieses Screenshots, bei dem es sich um ein Augenscheinsobjekt im Sinne von § 371 Abs. 1 ZPO handelt (OLG Jena, GRUR-RR 2019, 238 Rn. 15; BeckOK ZPO/Bach, 50. Edition, Stand: 1. September 2023, § 371 Rn. 3), war im vorliegenden Fall geeignet, die behauptete Störung glaubhaft zu machen. Denn sein Inhalt stimmt überein mit den Angaben in der beA-Störungsdokumentation auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (www.brak.de/fileadmin/02_fuer_anwaelte/bea/beA-Störungsdokumentation_02.pdf, Stand 14. September 2023 mit Störungen vom 7. Dezember 2018 bis zum 14. September 2023) und in dem Archiv der auf der Störungsseite des Serviceportals des beA-Anwendersupports veröffentlichten Meldungen für den Zeitraum Juli - Dezember 2022 (portal.beasupport.de/fileadmin/user_upload/pdfs/Archiv_Portalmeldungen_2HJ2022.pdf), nach denen vom 24. November 2022, 14:06 Uhr, bis zum 25. November 2022, 3:33 Uhr eine Störung des beA-Systems bestand, wodurch die beA-Webanwendung nicht zur Verfügung stand und eine Adressierung von beA-Postfächern bzw. eine Anmeldung am beA nicht möglich war. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers geschilderte Störung angesichts der auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbaren Informationen als offenkundig (§ 291 ZPO) hätte behandeln können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2023 - V ZR 14/23, juris Rn. 1 und vom
24. Mai 2023 - VII ZB 69/21, WM 2023, 1428 Rn. 17 ff.).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: