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BVerwG: Sperranordnungen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder wegen unerlaubter Online-Glückspiele gegen Provider ohne eigene Netzinfrastruktur rechtswidrig

BVerwG
Urteil vom 19.03.2025
8 C 3.24


Das BVerwG hat entschieden, dass Sperranordnungen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder wegen unerlaubter Online-Glückspiele gegen Provider ohne eigene Netzinfrastruktur rechtswidrig sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Anforderungen an glücksspielrechtliche Sperranordnungen

Nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) kann ein Internetzugangsvermittler nur bei Verantwortlichkeit nach § 8 des Telemediengesetzes (TMG) verpflichtet werden, den Zugang zu Internetseiten zu sperren, auf denen in Deutschland unerlaubtes Glücksspiel angeboten wird. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Klägerin vermittelt für ihre Kunden den Zugang zum Internet. Die beigeladenen Unternehmen mit Sitz in der Republik Malta betreiben mehrere Internetseiten, auf denen in Deutschland nicht erlaubte Glücksspiele angeboten werden. Im Oktober 2022 verfügte die beklagte Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder gegenüber der Klägerin, die näher bezeichneten Internetseiten der Beigeladenen im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler zu sperren. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Sperranordnungen dürften nur gegenüber Zugangsvermittlern ergehen, die nach § 8 TMG verantwortlich seien. Daran fehle es hier.

Die Revision der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die einschlägige Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV auf die Verantwortlichkeit nach § 8 TMG verweist. Die zwischenzeitliche Aufhebung des Telemediengesetzes ändert hieran nichts, da die Verweisung die bei Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags geltende Fassung des § 8 TMG in Bezug nimmt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV dürfen Sperranordnungen ausdrücklich nur gegen "im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes verantwortliche Diensteanbieter" gerichtet werden; für Zugangsvermittler ist § 8 TMG einschlägig. Die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrags zeigt, dass die Staatsvertragsparteien auf das im Telemediengesetz normierte System abgestufter Verantwortlichkeit verschiedener Arten von Diensteanbietern zurückgreifen wollten. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich nichts anderes. Der Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigt keine Auslegung gegen den Wortlaut. Unionsrecht steht der Anwendung der Verweisung auf § 8 TMG nicht entgegen. Nach dieser Regelung ist die Klägerin nicht verantwortlich. Weder veranlasst sie die Übermittlung der Glücksspielinhalte, noch wählt sie diese oder deren Adressaten aus. Es liegt auch kein kollusives Zusammenwirken zwischen ihr und den Beigeladenen vor. Andere Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass einer Sperranordnung stehen wegen des speziellen, abschließenden Charakters des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV nicht zur Verfügung.

BVerwG 8 C 3.24 - Urteil vom 19. März 2025

Vorinstanzen:

VG Koblenz, VG 2 K 1026/22 - Urteil vom 10. Mai 2023 -

OVG Koblenz, OVG 6 A 10998/23 - Urteil vom 22. April 2024 -



OVG Sachsen-Anhalt: Payment-Blocking - Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel durch gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder rechtmäßig

OVG Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 26.10.2023
3 M 72/23


Das OVG Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass die Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen (Payment-Blocking) im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel durch die gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder rechtmäßig ist.

Die Pressmitteilung des Gerichts:
Oberverwaltungsgericht bestätigt in einem Eilverfahren Rechtmäßigkeit der Untersagung von Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel (Payment-Blocking)

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2023 die Beschwerde einer Veranstalterin von Glücksspielen gegen die Ablehnung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Untersagungsverfügung für Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel zurückgewiesen.

Die in Malta ansässige Antragstellerin bietet Online-Glücksspiele an, die u.a. auf deutschsprachigen Internetseiten abrufbar waren, ohne über die nach dem Glücksspielstaatsvertrag für solche Spiele erforderliche Erlaubnis zu verfügen, sodass ihr das Veranstalten unerlaubter Glücksspiele untersagt wurde.

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder mit Sitz in Halle (Saale) hat außerdem einem Zahlungsdienstleister die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel an den Angeboten der Antragstellerin untersagt. Gegen diese Untersagung von Zahlungstransaktionen (sogenanntes Payment-Blocking) ist die Antragstellerin in einem Eilverfahren vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Halle (Saale) hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass für den Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Antragstellerin aufgrund der fehlenden Erlaubnis kein Glücksspiel in Deutschland betreiben dürfe.

Der 3. Senat hat die Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss zurückgewiesen. Das Rechtsschutzbedürfnis sei der Antragstellerin zwar nicht abzusprechen, weil von der Untersagungsverfügung Blockadewirkungen auf Ein- und Auszahlungen für nicht verbotene Auslandsspiele ausgehen könnten.

In der Sache sei der Antrag jedoch nicht begründet, weil die gegen den Zahlungsdienstleister gerichtete Untersagungsverfügung nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig sei. Die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrags, die der Glücksspielbehörde ermögliche, Zahlungsdienstleistungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel zu unterbinden, sei mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes und den unionsrechtlichen Grundfreiheiten des freien Zahlungsverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei auch im Hinblick darauf, dass sich Anordnungen des Payment-Blocking auch auf Zahlungen für nicht verbotene Glücksspiele im Ausland auswirken können (sogenanntes Overblocking), nicht verletzt. Der Senat gehe zwar davon aus, dass ein Zahlungsdienstleister bei einer Einzahlung nicht mit vollständiger Gewissheit feststellen könne, ob die jeweilige Zahlung aus Deutschland oder aus dem Ausland erfolge. Zahlungsdienstleister könnten aber im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit dem in der Untersagungsverfügung bezeichneten Glücksspielanbieter Nachweise darüber verlangen, dass der Anbieter hinreichende (technische) Vorkehrungen getroffen habe, um unerlaubtes Glücksspiel auszuschließen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass Zahlungsdienstleister letztlich gezwungen seien, die Geschäfte mit einem Glücksspielanbieter vollständig abzubrechen, könnten Anordnungen des Payment-Blocking dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Hierzu habe die Glücksspielbehörde im jeweiligen Einzelfall eine Ermessensentscheidung zu treffen. Im konkreten Fall sei die Ermessensentscheidung der Glücksspielbehörde, die mit dem Gefährdungspotential von Online-Glücksspielen und der Bekämpfung von Suchtgefahren begründet worden sei, nicht zu beanstanden, zumal das unerlaubte Glücksspiel in Deutschland eine tragende Säule des Geschäftsbetriebs der Antragstellerin gewesen sei.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Oktober 2023 - 3 M 72/23 -

VG Halle, Beschluss vom 21. August 2023 - 7 B 164/23 HAL -