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OLG Frankfurt: Model erhält 3.000 EURO Geldentschädigung für Veröffentlichung eines unfreiwilligen Busenblitzer-Fotos in Print- und Online-Presse

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.07.2025
16 U 7/24


Das OLG Frankfurt hat einem Model 3.000 EURO Geldentschädigung für die Veröffentlichung eines unfreiwilligen Busenblitzer-Fotos in Print- und Online-Presse zugesprochen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Persönlichkeitsrecht - Veröffentlichung eines Fotos eines Models mit unfreiwillig entblößter Brust

3.000 € Geldentschädigung wegen der Veröffentlichung eines Fotos ist angemessen.

Wird ein Model mit einer erkennbar ungewollt aufgrund eines abrutschenden Oberteils entblößten Brust fotografiert, liegt in der Veröffentlichung des Fotos eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute verkündeter Entscheidung dafür eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 € für angemessen gehalten.

Die Klägerin arbeitete als Model auf einer Modewoche in Frankfurt am Main. Am Laufsteg waren an drei Stationen Fotografen positioniert. An der letzten der Stationen sollten die Models vor dem Verlassen des Laufstegs vor einem Sponsorenaufsteller eine einstudierte Pose zeigen. Nachdem die Klägerin bereits an den ersten beiden Stationen vorbeigelaufen war, bemerkte sie, dass ihr Oberteil begonnen hatte abzurutschen. Bei der letzten Station vor dem Sponsorenaufsteller, als die Klägerin die einstudierte Pose zeigte, nahm ein Fotograf das streitgegenständliche Foto auf. Auf ihm sieht man aufgrund des heruntergerutschten Oberteils die linke Brust der Klägerin bis unterhalb der Brustwarze. Das Foto wurde online und Print von der Beklagten, die eine bundesdeutsche Boulevard-Zeitung herausgibt, veröffentlicht, obwohl die Klägerin sich vorher gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen hatte.

Nachdem sich die Beklagte verpflichtet hatte, die Veröffentlichung des Fotos zu unterlassen, hat die Klägerin eine Geldentschädigung von mindestens 10.000,00 € begehrt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 5.000,00 € stattgegeben. Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegte Berufung hat der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat des OLG das Urteil abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Begehren zur Zahlung von 3.000,00 € verurteilt.

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Geldentschädigung zu, bestätigte der Senat die angefochtene Entscheidung. Die Veröffentlichung des Fotos verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Die Klägerin habe in die Veröffentlichung dieses Fotos nicht eingewilligt. Ihre Einwilligung habe sich auf die regulären Posen für die Fotografen beschränkt. Die Klägerin habe mit bedeckter Brust ihren „Walk“ begonnen und so überwiegend absolviert. Auch für die Beklagte, die im Textbeitrag die Formulierung „Busen-Blitzer“ verwendete, sei erkennbar gewesen, dass der nackte Busen und die Brustwarze „ungewollt zum Vorschein gekommen“ seien. Sie habe selbst dem Verhalten der Klägerin den Erklärungswert beigemessen, „dass die Entblößung ihrer Brust möglicherweise unbemerkt, jedenfalls aber unfreiwillig erfolgte“. Die Klägerin habe „erkennbar eine unzutreffende Vorstellung von ihrem äußeren Erscheinungsbild“ gehabt, als sie an der dritten Station für die Fotografen posierte.

Gewicht und Tragweite der Verletzung und das Verschulden auf Seiten der Beklagten rechtfertigten hier eine Geldentschädigung. Es liege eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor. Auch wenn das Zeigen der (sekundären) Geschlechtsmerkmale nicht in jedem Fall als anstößig empfunden werde, obliege es allein der Klägerin, darüber zu entscheiden, ob sie sich mit unbekleideter Brust öffentlich zur Schau stellen möchte. Bedeutung erlange zudem, dass es sich um den ersten „Walk“ der damals 22-jährigen, unerfahrenen Klägerin gehandelt habe. Die Klägerin sei durch die Veröffentlichung „nicht nur in ihrem moralisch-sittlichen Gefühl gedemütigt worden, sondern auch dadurch, dass die Beklagte sich über ihren explizit erklärten Willen hinwegsetzte“. Abwägungsrelevant sei auch die Auflagenstärke des von der Beklagten verlegten Printmediums mit 1,1 Mio. verkauften Exemplaren und des bundesweit abrufbaren Onlineartikels. Die Beklagte treffe zudem ein grobes Verschulden gegen journalistische Sorgfaltspflichten.

Angemessen sei hier eine Entschädigung von 3.000,00 €. Dabei erlange u.a. Bedeutung, dass die Klägerin sich sowohl unmittelbar vor als auch nach dem Vorfall auf von ihr veröffentlichten Fotos zum Teil „recht freizügig“ gezeigt habe. Auf ihrem eigenen Instagram-Account sei ein Foto zu sehen, auf dem das präsentierte Oberteil „erst unmittelbar über den Brustwarzen an(setze) und den gesamten darüber liegenden Bereich der Brüste unbedeckt (lasse)“, führte der Senat weiter an. Damit führe die Klägerin dem Betrachter sofort auch wieder das streitgegenständliche Foto vor Augen. Nachhaltige und fortwirkende Beeinträchtigungen durch die Veröffentlichung seien im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin nicht zu erkennen gewesen. Substanziierter Vortrag zu der behaupteten Ausgrenzung, Diskriminierung und Benachteiligung fehle.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2025, Az. 16 U 7/24
(vorausgehend Landgericht Frankfurt, Urteil vom 4.1.2024, Az. 2-03 O 588/23)


BGH: Für Reichweite einer auf konkrete Verletzungsform bezogenen einstweiligen Verfügung wegen unzulässiger Fotoveröffentlichung ist begleitende Wortberichterstattung zu berücksichtigen

BGH
Urteil vom 07.05.2024
VI ZR 307/22
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23; ZPO § 890


Der BGH hat entschieden, dass für die Reichweite einer auf die konkrete Verletzungsform bezogenen einstweiligen Verfügung wegen unzulässiger Fotoveröffentlichung auch die begleitende Wortberichterstattung zu berücksichtigen ist.

Leitsatz des BGH:
Zur Reichweite eines auf die konkrete Verletzungsform beschränkten gerichtlichen Unterlassungsgebots hinsichtlich einer Bildveröffentlichung.

BGH, Urteil vom 7. Mai 2024 - VI ZR 307/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Mai

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Rechtmäßigkeit identifizierender Presseberichterstattung über Ende einer nicht öffentlich gemachten Liebesbeziehung

BGH
Urteil vom 06.12.2022
VI ZR 237/21
BGB §§ 823, 1004 (analog)


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung zur Rechtmäßigkeit identifizierender Presseberichterstattung über Ende einer nicht öffentlich gemachten Liebesbeziehung geäußert.

Leitsätze des BGH:
a) Eine Berichterstattung über eine nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung und ihr Ende sind Teil der Privatsphäre beider daran beteiligter Partner. Sie berührt damit die Privatsphäre beider Partner, soweit diese für potentielle Leser identifizierbar
sind. Dabei ist nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten der Berichterstattung oder gar der "Durchschnittsleser" die betroffene Person identifizieren können. Es reicht vielmehr aus, dass über die Berichterstattung Informationen über den Betroffenen an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, die betroffene Person zu identifizieren (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620).

b) Das für die Rechtmäßigkeit einer in die Privatsphäre einer Person eingreifenden Berichterstattung grundsätzlich erforderliche berechtigte öffentliche Informationsinteresse kann sich in Bezug auf eine von der Berichterstattung mitbetroffene Person
auch daraus ergeben, dass ein solches Interesse an der Berichterstattung allein in Bezug auf eine andere Person besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21, AfP 2022, 429 Rn. 57). Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen in
Bezug auf eine andere Person bestehenden, in Bezug auf den Mitbetroffenen also "abgeleiteten" Informationsinteresses der Öffentlichkeit ist allerdings, dass die Berichterstattung der anderen Person gegenüber zulässig ist.

BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 237/21 - LG Berlin - KG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BVerfG: Bei Veröffentlichung von Fotos mit Prominenten im privaten Raum durch die Presse ist das Gewicht der Belange des Persönlichkeitsschutzes erhöht

BVerfG
Beschlüsse vom09.02.2017
1 BvR 2897/14, 1 BvR 790/15; 1 BvR 967/15


Das Bundesverfassungsgericht hat sich in drei Beschlüssen mit der Frage befasst unter welchen Voraussetzungen Fotos von Prominenten von der Presse veröffentlicht werden dürfen. Das BVerfG stellt klar, dass bei der Veröffentlichung von Fotos mit Prominenten im privaten Raum durch die Presse das Gewicht der Belange des Persönlichkeitsschutzes erhöht ist.

Die Pressemitteilung des BVerfG:

Zur Abbildung von Prominenten im öffentlichen und im privaten Raum durch die Presse

Die Zivilgerichte müssen im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung das Gewicht der Pressefreiheit bei der Berichterstattung über Ereignisse, die von großem öffentlichen Interesse sind, ausreichend berücksichtigen. Von Bedeutung ist dabei unter anderem, ob sich die abgebildete Person im öffentlichen Raum bewegt. Betrifft die visuelle Darstellung die Privatsphäre oder eine durch räumliche Privatheit geprägte Situation, ist das Gewicht der Belange des Persönlichkeitsschutzes erhöht. Über die sich hieraus näher ergebenden Anforderungen hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in zwei heute veröffentlichten Beschlüssen entschieden.

Sachverhalt:

Gegen den Kläger der Ausgangsverfahren wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung geführt, in dessen Vorfeld er auch in Untersuchungshaft saß. Das Verfahren endete mit einem Freispruch.

1. Die Beschwerdeführerin und Beklagte des Ausgangsverfahrens im Verfahren 1 BvR 967/15 begleitete den Strafprozess mit einer umfangreichen Berichterstattung. Sie illustrierte die Wortberichterstattung unter anderem mit einem Lichtbild des Klägers, das ihn wenige Meter vom Eingang der Kanzlei seiner Verteidigerin entfernt auf dem Gehweg zeigt. Der Kläger machte letztinstanzlich erfolgreich die Unterlassung der Bildberichterstattung geltend. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde. Sie rügt im Wesentlichen die Verletzung ihrer Pressefreiheit.

2. Die Beschwerdeführerinnen in den Verfahren 1 BvR 2897/14 und 1 BvR 790/15 wenden sich gegen zivilgerichtliche Unterlassungsverfügungen, mit denen ihnen untersagt wurde, den Kläger im Innenhof der Kanzlei seiner Verteidigerin im Vorfeld des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens abzubilden. Auch sie rügen die Verletzung ihrer Pressefreiheit.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

1. Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 967/15 ist begründet.

a) Im Zentrum der grundrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit steht das Recht, Art und Ausrichtung sowie Inhalt und Form des Publikationsorgans frei zu bestimmen. Die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen enthalten ein abgestuftes Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt. Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes wird neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung auch bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird.

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen die angegriffenen Entscheidungen nicht; sie verletzen die Beschwerdeführerin in ihrer Pressefreiheit. Die Gerichte berücksichtigen nicht ausreichend das Gewicht der Pressefreiheit aufgrund des großen öffentlichen Informationsinteresses. Der Kläger durfte nicht die berechtigte Erwartung haben, nicht in den Medien abgebildet zu werden, etwa weil er in Begleitung seiner Verteidigerin abgebildet wurde. Auch hat er sich nicht in einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation befunden, sondern in einem öffentlichen Bereich, in dem er aufgrund der Gesamtumstände damit rechnen musste, dass er dort wahrgenommen wird.

2. Die Verfassungsbeschwerden in den Verfahren 1 BvR 2897/14 und 1 BvR 790/15 sind unbegründet. Die den Entscheidungen zugrundeliegende Abwägung ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, weil sich der Abgebildete in einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation in einem vom öffentlichen Raum nur eingeschränkt einsehbaren Innenhof befand. In dieser Situation, in der sich der Abgebildete im Vorfeld des Prozesses auf privates Gelände zurückgezogen hatte, durfte er die berechtigte Erwartung haben, nicht in den Medien abgebildet zu werden.




VG Berlin: Journalisten haben auch bei früherer Antragsstellung keinen Anspruch auf bevorzugte Informationserteilung - hier: Antrag auf Archivauskunft beim Bundeskanzleramt

VG Berlin
Urteil vom 12.03.2015
27 K 183/12


Das VG Berlin hat entschieden, dass Journalisten auch bei früherer Antragsstellung (hier: Antrag auf Archivauskunft beim Bundeskanzleramt) keinen Anspruch auf bevorzugte bzw. schnellere Informationserteilung haben.

Die Pressemitteilung des VG Berlin:

"Journalisten können nicht allein wegen einer frühzeitigeren Antragstellung verlangen, bevorzugt vor der Konkurrenz informiert zu werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Der Kläger, Reporter eines großen Boulevardblattes, wandte sich dagegen, dass das Bundeskanzleramt dem Journalisten einer anderen Zeitschrift zeitgleich mit ihm erbetene Archivauskünfte erteilt hat. Er machte geltend, dass er früher als dieser die Auskunft beantragt habe und daher vor seinem Konkurrenten hätte informiert werden müssen. Die parallele Information berühre seine Recherche und seine wirtschaftlichen Interessen.

Das Bundeskanzleramt verteidigte seine Praxis. Betreffe die Prüfung von Unterlagen mehrere Auskunftsbegehren zum selben Aktenbestand, gewähre es den verschiedenen Antragsstellern parallel und damit zeitgleich die Informationen, wenn und soweit die Anträge gleichzeitig bescheidungsreif seien.

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin hat das Vorgehen der Behörde in diesem Fall als rechtmäßig bestätigt. Für den Staat bestehe gegenüber den Trägern der Pressefreiheit eine Neutralitätspflicht. Wegen des Verbotes der Einflussnahme auf Inhalt und Gestaltung einzelner Presseerzeugnisse sei es staatlichen Stellen verboten, zwischen einzelnen Trägern der Pressefreiheit bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Inhalt und Umfang zu erteilender Informationen zu differenzieren und damit gezielt einen Aktualitätsvorsprung zu gewähren. Der Kläger, der seinen Antrag früher gestellt habe als sein Konkurrent, habe tatsächlich zahlreiche Dokumente früher als dieser erhalten. Erst zu einem späteren Zeitpunkt seien Dokumente zeitgleich herausgegeben worden. Es entspreche den Grundsätzen der Effizienz und Effektivität des Verwaltungsverfahrens, wenn über Anträge, die gleichzeitig entscheidungsreif seien, gleichzeitig entschieden werde. Das Risiko paralleler Recherche und des Verlustes der Exklusivität einer Recherche liege in der Sphäre der Presse.

Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Urteil der 27. Kammer vom 12. März 2015 (VG 27 K 183.12)"