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BGH: Zur Bestimmung des Streitwerts für Antrag auf Urteilsbekanntmachung in urheberrechtlicher Streitigkeit

BGH
Beschluss vom 04.11.2021
I ZR 153/20


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Bestimmung des Streitwerts für einen Antrag auf Urteilsbekanntmachung in einer urheberrechtlichen Streitigkeit befasst und in diesem Fall einen Wert von 5.000 EURO für angemessen erachtet.

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO ist der Streitwert vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen. Für den Antrag auf Urteilsveröffentlichung ist dabei entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht auf die vom Beklagten aufzubringenden Kosten der Urteilsveröffentlichung, sondern auf das Beseitigungsinteresse des Klägers abzustellen.

a) Der Wert der öffentlichen Bekanntmachung eines Urteils ist nach § 3 ZPO frei und unabhängig vom Streitwert der Hauptsache sowie von den Kosten der Bekanntmachung zu schätzen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16, GRUR 2016, 1207 Rn. 14; OLG Hamm, JMBlNRW 1954, 177 f.; OLG Frankfurt a.M., GRUR 1955, 450, 451; OLG Frankfurt a.M., JurBüro 1972, 706; OLG Hamburg, MDR 1977, 142; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., § 25 Rn. 38; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 103 Rn. 1; Gehle in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 79. Aufl., § 3 Rn. 129; Großkomm.UWG/Feddersen, 2. Aufl., § 12 E Rn. 6; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 49 Rn. 31; Retzer in Harte/Henning, UWG, 5. Aufl., § 12 Rn. 670; BeckOK.Patentrecht/Voß, 22. Edition [Stand: 15. Oktober 2021], § 140e PatG Rn. 22; aA OLG Karlsruhe, WRP 1958, 190 f.; OLG Stuttgart, NJW 1959, 890 f.; Ahrens in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 434; Bähr in Ahrens, Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 39 Rn. 31; Jansen in Ekey/Bender/Fuchs/Wissemann, Markenrecht, 4. Aufl., § 19c MarkenG Rn. 31).

b) Ausgangspunkt und Maß der Bewertung des Streitwerts gemäß § 3 ZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende individuelle Interesse des Anspruchstellers (BVerfG, NJW 1997, 311, 312 [juris Rn. 9]; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2004 - V ZR 47/04, NJW-RR 2005, 501, 502 f. [juris Rn. 14 f.]; MünchKomm.ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 3 Rn. 5). Während sich bei urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen deren Wert nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße richtet und dieses Interesse pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bewerten ist und maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts, bestimmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 33 = WRP 2016, 1525 - Tannöd, mwN; zum wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1990 - I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052, 1053 [juris Rn. 19] - Streitwertbemessung, mwN), ist das Interesse bei der Befugnis zur Urteilsbekanntmachung auf die Beseitigung einer Beeinträchtigung gerichtet (BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 - I ZR 98/00, GRUR 2002, 799, 801 [juris Rn. 42] = WRP 2002, 990 - Stadtbahnfahrzeug; Spindler in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 103 UrhG Rn. 1), die aufgrund einer Rechtsverletzung, einer unzutreffenden Urheberberühmung oder auch eines unzutreffenden Plagiatsvorwurfs eingetreten ist (BeckOK.UrhR/Reber, 32. Edition [Stand: 15. September 2021], § 103 UrhG Rn. 1; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 103 Rn. 1; Eichelberger in Eichelberger/Wirth/Seifert, UrhG, 3. Aufl., § 103 Rn. 1; Ohst/Bohne in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Aufl., § 103 UrhG Rn. 2). Betroffene Urheber haben insoweit ein schutzwürdiges Interesse daran, der Öffentlichkeit anzuzeigen, dass ihre Schöpfungen von anderen entstellt oder zu Unrecht ausgenutzt wurden oder ein gegen sie erhobener Vorwurf des Plagiats unbegründet ist (Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, BT-Drucks. IV/270, 105 f.; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 103 Rn. 1; Wimmers in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl., § 103 UrhG Rn. 1).

c) Auf die den Beklagten treffenden Kosten der Urteilsbekanntmachung ist für die Bemessung des Streitwerts danach schon deshalb nicht abzustellen, weil sich der vom Gericht festzusetzende Streitwert grundsätzlich nach dem Interesse des Anspruchstellers richtet. Zudem sind die Kosten der Urteilsbekanntmachung für die Streitwertbemessung ungeeignet. Art und Umfang der Bekanntmachung und damit die für die Veröffentlichungskosten relevanten Umstände werden erst durch das Gericht mit dem Urteil festgelegt (vgl. OLG Frankfurt a.M., GRUR 2014, 296 [juris Rn. 26]; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 103 Rn. 9; Wimmers in Schricker/Loewenheim aaO § 103 UrhG Rn. 8). Gemäß § 40 GKG ist jedoch für die Bemessung des Werts auf den Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung abzustellen, die den Rechtsweg einleitet.

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die ursprüngliche Streitwertbemessung des Berufungsgerichts für den Anspruch auf Urteilsbekanntmachung im Berufungsurteil - mit Ausnahme eines Rechenfehlers - nicht zu beanstanden, so dass der Senat diesen Wert auch für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zugrunde legt.

Das Berufungsgericht hat - von den Parteien nicht beanstandet - für den bezifferten Freistellungsanspruch zu III einen Wert von 36.698,41 € festgesetzt. Für den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß dem Antrag zu II hat es einen Wert von 100.000 € angesetzt. Auch hiergegen wenden sich die Parteien nicht. Weiter ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Wert des Auskunftsanspruchs für die Anträge zu I.1 und I.2 mit einem Wert von jeweils 20.000 € zu bemessen ist. Rechtsfehler sind auch insoweit nicht ersichtlich. Schließlich hat das Berufungsgericht den Wert des Anspruchs auf Gestattung der Urteilsbekanntmachung mit einem Wert von 5.000 € angesetzt.

Der Senat erachtet die Ansetzung eines Werts von 5.000 € für die Befugnis zur Urteilsbekanntmachung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls für ermessensfehlerfrei. Dies gilt auch mit Blick auf den, wenn auch erst im Rahmen des Berufungsverfahrens erhobenen Vortrag des Klägers, wonach er ein großes Interesse an der Urteilsbekanntmachung habe, da hierdurch eine nicht monetäre Rehabilitation erfolge und es für die Öffentlichkeit von Interesse sei, dass er sich gegen einen "übermächtigen" Auftraggeber durchgesetzt habe.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Streitwert-Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren wenn Abgemahnter auf Abmahnung hin erklärt einstweilige Verfügung als endgültige Regelung zu akzeptieren

OLG Frankfurt
Beschluss vom 22.07.2019
6 W 52/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Streitwert-Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgt, wenn der Abgemahnte auf die Abmahnung hin erklärt, die drohende einstweilige Verfügung als endgültige Regelung zu akzeptieren, da in einem solchen Fall von einer endgültigen Befriedung des Unterlassungsanspruchs auszugehen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Streitwertbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Erwirkung der Unterlassungsverfügung erscheint mit dem festgesetzten und bereits in der Antragsschrift beantragten Wert von 30.000,- € angemessen berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. WRP 2017, 719) kommt den eigenen Streitwertangaben des Unterlassungsgläubigers zu Beginn des Verfahrens in der Regel indizielle Bedeutung für das verfolgte Interesse zu; etwas anderes gilt dann, wenn diese Angaben nach den Gesamtumständen offensichtlich übersetzt erscheinen. Von letzterem kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Informationen über den Energieausweis in der Immobilienwerbung sind für den angesprochenen Verkehr von erheblicher Bedeutung. Das Interesse des antragstellenden Verbandes an der Beachtung dieser Informationspflicht kann ebenfalls als hoch eingeschätzt werden. Dies rechtfertigt den vom Antragsteller beantragten Streitwert von 30.000,- €.

Obwohl der Antragsteller in der Antragsschrift selbst den Wert von 30.000,- € als Hauptsachestreitwert bezeichnet hat, ist für das vorliegende Eilverfahren ein Abschlag von diesem Hauptsachestreitwert ausnahmsweise nicht geboten. Eine Ermäßigung des Streitwerts für das Eilverfahren gegenüber dem Wert der Hauptsache ist nach § 51 IV GKG lediglich „in der Regel“ vorzunehmen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist hier deshalb gerechtfertigt, weil die Antragsgegnerin - vertreten durch einen von ihr beauftragten Verband - auf die Abmahnung hin sich gegen den Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes nicht in der Sache verteidigt, sondern „ausdrücklich und rechtsverbindlich“ erklärt hat, eine etwaige auf Antrag des Antragstellers ergehende einstweilige Verfügung als endgültige, rechtsverbindliche Regelung anzuerkennen und auch die weiteren für eine Abschlusserklärung erforderlichen Erklärungen abzugeben. Damit konnte der Antragsteller bereits bei Stellung des Eilantrages davon ausgehen, dass die beantragte einstweilige Verfügung im Falle ihres Erlasses zu einer endgültigen Befriedigung seines Unterlassungsanspruchs führen würde. Unter diesen Umständen besteht ausnahmsweise kein Anlass, den Streitwert für das Eilverfahren im Hinblick auf den in der Regel vorläufigen Charakter einer Unterlassungsverfügung geringer zu bewerten als das Hauptsacheinteresse.

Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:



BGH: Zur Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs bei Änderungen oder Aufhebung der Kostenrgundentscheidung

BGH
Beschluss vom 22.09.2015
X ZB 2/15
Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs bei Änderungen oder Aufhebung der Kostenrgundentscheidung befasst.

Leitsätze des BGH:

a) Wird eine zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung aufgrund einer Klagerücknahme wirkungslos, so ist der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO dennoch vom Zeitpunkt des Eingangs eines auf der Grundlage der ersten Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags an zu verzinsen, soweit gemäß § 269 Abs. 4 ZPO eine inhaltsgleiche Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ergangen ist.

b) Wird eine Kostengrundentscheidung aufgehoben oder zu Ungunsten des Gläubigers abgeändert, zu einem späteren Zeitpunkt aber wiederhergestellt, so ist eine Verzinsung des Anspruchs auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an möglich, in dem die wiederherstellende Entscheidung verkündet worden ist.

BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - X ZB 2/15 - OLG Karlsruhe - LG Mannheim

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: