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VG Karlsruhe: Verbot für Vertrieb von Sägemehlkeksen - Zutat Sägemehl für Verzehr durch den Menschen objektiv ungeeignet

VG Karlsruhe
Urteil vom 21.12.2020
3 K 2148/19

Das VG Karlsruhe hat ein Verbot für den Vertrieb von Sägemehlkeksen bestätigt. Diese Kekse mit der Zutat Sägemehl sind, wie das Gericht ausführt, für den Verzehr durch den Menschen objektiv ungeeignet.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Karlsruhe: Sägemehl kein zulässiger Bestandteil von Keksen

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat die Klage des Inhabers eines Versandhandels (Kläger) gegen eine lebensmittelrechtliche Verfügung der Stadt Karlsruhe (Beklagte) abgewiesen, mit der ihm untersagt worden war, von ihm selbst hergestellte und auch so genannte Sägemehlkekse zu vertreiben.

Der Kläger hatte die Sägemehlkekse seit etwa 20 Jahren hergestellt und vertrieben und hierbei Sägemehl auch als Zutat angegeben. Er hatte sich schon 2004 in dieser Angelegenheit schriftlich an die Beklagte gewandt, aber keine Antwort erhalten. Im Jahr 2017 ließ die Beklagte eine Probe der Kekse untersuchen und untersagte ihm im weiteren Verlauf das Inverkehrbringen der Kekse. Hiergegen wandte sich der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit der jetzt abgewiesenen Klage.

Der Kläger hat u.a. geltend gemacht, er verwende ausschließlich mikrobiologisch einwandfreies Holzmehl. Es handle sich um ein pflanzliches Produkt, das ähnlich wirke wie Getreidekleie. In Notzeiten sei in Lebensmitteln Mehl durch Sägemehl ersetzt worden. Backrezepte mit Sägemehl fänden sich aber auch zu normalen Zeiten.

Dem ist die 3. Kammer nicht gefolgt. Die Kekse dürften nicht in Verkehr gebracht werden, weil es sich dabei nicht um sichere, sondern zum Verzehr durch den Menschen objektiv ungeeignete Lebensmittel handle. Das konkret vom Kläger verwendete Sägemehl sei ein Füll- und Trägerstoff für technische Anwendungen und werde noch nicht einmal im Futtermittelbereich eingesetzt. Weiter sei das vom Kläger als Zutat verwendete Sägemehl als Lebensmittel neuartig, ohne aber auf der Positivliste für zugelassene neuartige Lebensmittel nach der sog. Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union aufgeführt zu sein. So sei weder eine Verwendung von Sägemehl für den menschlichen Verzehr in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union belegt noch eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel. Dies folge insbesondere nicht aus der Verwendung in Notzeiten oder im Rahmen einer speziellen Ernährungslehre.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, hiergegen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zu stellen (3 K 2148/19)



BGH: Keine Erstbegehungsgefahr für Inverkehrbringen im Inland durch Präsentation der Nachahmung von Keksstangen auf internationaler Fachmesse - Volltext liegt vor

BGH
Urteil vom 23.10.2014
I ZR 133/13
Keksstangen
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a, b, § 8 Abs. 1 Satz 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Zur Zulässigkeit der Präsentation eines als Nachahmung beanstandeten Keksprodukts auf einer internationalen Süßwarenmesse vor Fachpublikum" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Eine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern folgt nicht ohne weiteres aus der Präsentation des Produkts (hier: Keksstangen) auf einer internationalen,
ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe.

b) Die bei einem Fachpublikum vorhandenen Kenntnisse der am Markt vertretenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft stehen auch im Hinblick auf nahezu identische Nachahmungsprodukte regelmäßig der Annahme einer unmittelbaren Verwechslung mit dem Originalprodukt und der irrtümlichen Annahme von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen entgegen, wenn die Produkte in Packungen mit gegenüber dem Originalprodukt deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen vertrieben werden.

BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - I ZR 133/13 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Zulässigkeit der Präsentation eines als Nachahmung beanstandeten Keksprodukts auf einer internationalen Süßwarenmesse vor Fachpublikum

BGH
Urteil vom 23.12.2014
I ZR 133/13
Keksstangen


Die Pressemitteilung des BGH:

"Zur Zulässigkeit der Präsentation eines als Nachahmung beanstandeten Keksprodukts auf einer Süßwarenmesse

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber entschieden, ob allein schon aus der Präsentation eines als Nachahmung beanstandeten Keksprodukts auf einer internationalen Süßwarenmesse folgt, dass das Produkt in der gleichen Aufmachung auch inländischen Verbrauchern angeboten wird.

Die Klägerin vertreibt in Deutschland seit 1982 dünne Keksstangen, die zu etwa vier Fünfteln ihrer Gesamtlänge mit Schokolade umhüllt sind. Die Beklagte stellt nahezu identisch gestaltete Keksstangen her und vertreibt diese in der Türkei und anderen Ländern. Die Parteien verwenden Verpackungen, auf denen die jeweiligen Keksprodukte abgebildet sind. Ansonsten unterscheiden sich die Produktverpackungen der Parteien unter anderem dadurch, dass sie deutlich unterschiedliche Produkt- und Herstellerkennzeichnungen aufweisen. Die Beklagte stellte ihr Keksprodukt im Januar 2010 auf der Internationalen Süßwarenmesse (ISM) in Köln aus. Dagegen wendet sich die Klägerin. Sie hält die Keksstangen der Beklagten für eine unzulässige Nachahmung ihres Originalprodukts. Die Klägerin hat geltend gemacht, infolge der nahezu identischen Nachahmung ihres Produkts durch die Beklagte bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die Beklagte nutze zudem die Wertschätzung ihres Originalprodukts aus.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung des Angebots, der Bewerbung, des Vertriebs oder des sonstigen Inverkehrbringens der Keksstangen in der konkreten Verpackung in Deutschland in Anspruch genommen. Das Oberlandesgericht hat der Beklagten den Vertrieb der Keksstangen in der beanstandeten Verpackung verboten. Es hat angenommen, die Beklagte habe das Produkt der Klägerin nahezu identisch nachgeahmt und wegen der Abbildung der Keksstangen auf den Packungen die Gefahr einer Täuschung der inländischen Verbraucher über die Herkunft des Produkts geschaffen. Durch die Ausstellung des Produkts auf der Messe in Köln habe die Beklagte ihre Produkte beworben und die Gefahr begründet, dass ihre Süßwaren künftig in Deutschland angeboten, vertrieben oder sonst in den Verkehr gebracht würden.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts auf die Revision der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat angenommen, dass es an einer für die Bejahung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs erforderlichen Begehungsgefahr für die im Verbotsantrag der Klägerin beschriebenen Handlungsformen des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern fehlt. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts folgt eine solche Begehungsgefahr nicht bereits aus der Produktpräsentation auf der internationalen und ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Süßwarenmesse in Köln.

Urteil vom 23. Oktober 2014 - I ZR 133/13 - Keksstangen
LG Köln – Urteil vom 27. September 2012 – 31 O 356/10 - OLG Köln – Urteil vom 28. Juni 2013 – 6 U 183/12"