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OLG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 13 Abs. 3 UWG wenn Anspruch innerhalb der Frist zur Unterwerfung verjähren würde

OLG Karlsruhe
Urteil vom 13.11.2024
6 U 38/24

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 13 Abs. 3 UWG besteht, wenn der Anspruch innerhalb der Frist zur Unterwerfung verjähren würde.

Aus den Entscheidungsgründen:
3. Auch der vom Landgericht zuerkannte Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 243,51 € zuzüglich der nach §§ 288, 291 BGB ab Rechtshängigkeit geschuldeten Zinsen ist unbegründet.

a) Ein solcher Anspruch folgt hier nicht aus § 13 Abs. 3 UWG.

aa) Es fehlt schon an den Anspruchsvoraussetzungen nach dieser Vorschrift.

Im Fall einer berechtigten Abmahnung (d.h. einer berechtigten Aufforderung zur Unterlassung, die dem Schuldner Gelegenheit gibt, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen, § 13 Abs. 1 UWG), kann der Abmahnende nach § 13 Abs. 3 UWG vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn die Abmahnung den Anforderungen nach § 13 Abs. 2 UWG entspricht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

(1) Die Abmahnung konnte sich zwar auf einen Verletzungsunterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG stützen, der dem Kläger gegen den Beklagten wie ausgeführt zusteht (deren Erfüllung der Beklagte aber inzwischen wegen Verjährung verweigern darf).

(2) Sie hielt auch die Anforderungen nach § 13 Abs. 2 UWG ein, was der Beklagte nicht in Abrede stellt.

(3) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Beklagten, der Kläger habe eine zu kurze Frist gesetzt; die Abmahnung entfaltet unabhängig davon ihre rechtliche Wirkung, zumal lediglich statt einer unangemessen kurzen Frist eine angemessene Frist in Lauf gesetzt würde (vgl. Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 22 unter Hinweis auf u.a. BGH, GRUR 1990, 381, 382 - Antwortpflicht des Abgemahnten).

(4) Die beanspruchte Kostenpauschale entspricht auch der Höhe nach den Aufwendungen, die im Sinn von § 13 Abs. 1 UWG bei einer berechtigten Abmahnung erforderlich für den Kläger sind. Auch dies wird vom Beklagten nicht bezweifelt. Der Kläger hat unter Bezugnahme auf die substantiierten tatsächlichen Ausführungen der Abmahnung (Anlage K 3, dort S. 3) unwidersprochen dargelegt, dass die geltend gemachte Pauschale dem durchschnittlichen Personalkostenaufwand entspricht, der ihm bei selbst verfassten Abmahnungen in der Höhe entstehen würde.

(5) Die Abmahnung erweist sich aber schon deshalb als im Ergebnis nicht berechtigt, weil bei der Abmahnung feststand, dass der Unterlassungsanspruch verjähren würde, bevor die eingeräumte Frist zur Unterwerfung endet.

(a) Allein der Umstand, dass der Unterlassungsanspruch im Zeitpunkt der darüber zu treffenden gerichtlichen Entscheidung wegen Verjährung nicht (mehr) durchsetzbar ist, mag allerdings entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dazu führen, dass die Kostenerstattungsforderung nicht (mehr) durchzusetzen wäre. Eine solche Akzessorietät zwischen nachträglichem Verjährungseintritt des Unterlassungsanspruchs und der Kostenerstattungsforderung besteht möglicherweise nicht.

(aa) Der Anspruch nach § 13 Abs. 3 UWG ist allein auf die geschehene Zuwiderhandlung, den deshalb bei Abmahnung bestehenden Unterlassungsanspruch und die daran geknüpfte Abmahnung gestützt. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten hängt namentlich davon ab, ob die Abmahnung berechtigt ist. Soweit dies insbesondere vom Bestehen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs abhängt (vgl. nur BGH, GRUR 2016, 412 Rn. 11 mwN - lernstark; jurisPK-UWG/Spoenle, 5. Aufl., § 13 Rn. 35), ist der Erstattungsanspruch kein im Verhältnis dazu unselbstständiger Nebenanspruch, der als solcher das Schicksal des Hauptanspruchs teilt. Der Anspruch ist nur insofern unselbstständig, als er dann nicht entsteht, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung kein Unterlassungsanspruch (mehr) besteht und die Abmahnung daher unberechtigt ist. Der beim Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs im Zeitpunkt der Abmahnung entstandene Erstattungsanspruch besteht dagegen alsdann unabhängig davon fort, ob der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch fortbesteht, durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erloschen ist oder der späteren gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage entgegensteht (vgl. BGH, GRUR 2021, 752 Rn. 32 ff - Berechtigte Gegenabmahnung; GRUR 2022, 658 Rn. 12 - Selbstständiger Erstattungsanspruch).

(bb) Insbesondere mag der Zahlungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG daher gegebenenfalls mit Erfolg auch noch geltend gemacht werden, wenn der Unterlassungsanspruch verjährt, nachdem die Abmahnung ausgesprochen wurde.

Der Beklagte stützt seine abweichende Auffassung zu Unrecht auf die – allerdings mindestens im Ergebnis zutreffende – Kommentierung von Bornkamm/Feddersen (in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 103), wonach die Abmahnung aufgrund eines nach § 11 UWG verjährten, mithin (nur) einredebehafteten Unterlassungsanspruchs im Sinn von § 13 Abs. 3 UWG berechtigt sein könne, solange die Verjährungseinrede nicht erhoben sei, aber als von Anfang an unberechtigt zu behandeln sei, sobald der Schuldner die Verjährungseinrede erhebe, mit der Folge, dass ein Ersatzanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG dann nicht (mehr) bestehe (ebenso MünchKomm UWG/Ottofülling, 3. Aufl., § 13 Rn. 266, 269 mwN; im Ergebnis dahin neigend BeckOK-UWG/Scholz, Stand Juli 2024, § 13 Rn. 135; siehe auch Senat, Urteil vom 12. Oktober 1983 - 6 U 250/82, WRP 1984, 100, 102, zu § 683 BGB). Diese Auffassung betrifft einen bereits im Abmahnzeitpunkt verjährten Unterlassungsanspruch. Sie enthält keine Aussage dazu, welche Auswirkungen eine erst nach Zugang der Abmahnung eingetretene Verjährung des Unterlassungsanspruchs auf den Ersatzanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG hat. Die angeführte Kommentierung (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 104) teilt im Übrigen gerade die Auffassung des Bundesgerichtshofs, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht davon abhängt, ob der Unterlassungsanspruch nach Zugang der Abmahnung entfällt.

Jedenfalls unter dem in der vom Beklagten angeführten Literaturstelle angesprochenen Gesichtspunkt, dass es an der Berechtigung der Abmahnung, die nach Verjährung des Unterlassungsanspruchs erfolgt (also zugeht, s.o.), zumindest dann (rückwirkend) fehlt, wenn die Verjährungseinrede anschließend erhoben wird (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 103), erweist sich die vorliegende Abmahnung nicht als unberechtigt. Umstände, wonach der damit geltend gemachte Verletzungsunterlassungsanspruch schon bei Zugang der Abmahnung am 24. Mai 2023 verjährt gewesen wäre, sind nicht vorgetragen. Der Beklagte behauptet keinen konkreten Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers vor Ende November 2022 oder gar vor dem 24. November 2023. Für eine dahingehende Mutmaßung lägen auch keine greifbaren Anhaltspunkte vor, zumal S mit E-Mail vom letztgenannten Tag die – offenbar noch ausstehende – Einschaltung einer Verbraucherschutzeinrichtung angedroht hat.

(cc) Eine andere Frage ist in diesem Zusammenhang indes, ob die Verjährungsfrist betreffend den Kostenerstattungsanspruch selbst zwischenzeitlich abgelaufen ist. Allerdings beginnt auch diese nicht etwa gleichzeitig mit der Verjährungsfrist für den Unterlassungsanspruch schon mit Kenntnis von der Zuwiderhandlung (vgl. nur BeckOK-UWG/Scholz, Stand Juli 2024, § 13 Rn. 136; aA Ungewitter, GRUR 2012, 697, 698 f; Teplitzky/Bacher, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 13. Aufl., Kap. 41 Rn. 166). Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in §§ 194 ff BGB und § 11 Abs. 1 UWG beträgt die Verjährungsfrist (auch) bei dem Ersatzanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG sechs Monate (§ 11 Abs. 1 UWG) und beginnt nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 UWG nicht, bevor „der Anspruch“, also der auf Verjährung zu prüfende Ersatzanspruch entstanden ist. Dieser Ersatzanspruch kann erst mit der Abmahnung entstehen.

(dd) Allerdings wird die Ansicht vertreten, der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten verjähre – gegebenenfalls schon vor Vollendung der ihn selbst betreffenden Verjährungsfrist – gemäß § 217 BGB mit dem Unterlassungsanspruch, der mit der Abmahnung geltend gemacht wurde, sofern der Schuldner sich nicht vorher unterwerfe (LG Hamburg, Urteil vom 30. Januar 2015 - 324 O 62/14, juris Rn. 55; Ahrens/Bornkamm, Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 33 Rn. 23 f; wohl auch Ungewitter, GRUR 2012, 697, 698 Fn. 13). Ob dem zu folgen ist, also im Sinn dieser Vorschrift der Anspruch auf Kostenersatz nach §13 Abs. 3 UWG (wie) ein Anspruch auf eine Nebenleistung ist, die von einem als Hauptanspruch anzusehenden Unterlassungsanspruch abhängt und daher mit diesem verjährt, kann hier dahinstehen. Denn aus den nachfolgenden Gründen ist der Ersatzanspruch schon als nicht entstanden anzusehen.

(b) An der Berechtigung der Abmahnung fehlt es jedenfalls entsprechend den allgemeinen Erwägungen der oben zitierten Kommentierung (Bornkamm/Feddersen (in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 103) im Ergebnis unter dem Gesichtspunkt einer Verjährung des Unterlassungsanspruchs. Dies folgt daraus, dass die Verjährung des Unterlassungsanspruchs im Zeitpunkt der Abmahnung nicht nur unmittelbar bevorstand, sondern die dem Beklagten eingeräumte Gelegenheit zur Unterwerfung sich über den Zeitpunkt des Verjährungseintritts hinaus erstreckte.

(aa) Sinn der vorgerichtlichen Abmahnung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG ist, dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung außergerichtlich beizulegen (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 25). Die Abmahnung soll dem Schuldner den Weg weisen, wie er den Gläubiger klaglos stellen kann, ohne dass die Kosten eines Gerichtsverfahrens anfallen. Nur wenn die Abmahnung diese Funktion erfüllt, handelt es sich um eine berechtigte Abmahnung im Sinn von § 13 Abs. 3 UWG. Denn der gesetzliche Kostenerstattungsanspruch rechtfertigt sich daraus, dass die Abmahnung auch im Interesse des Schuldners liegt (vgl. BGH, GRUR 2010, 354 Rn. 8 - Kräutertee; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 99). Insbesondere eine entbehrliche Abmahnung ist in diesem Sinn nicht berechtigt und erlaubt nicht, Kostenerstattung zu verlangen (vgl. Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 56 ff; 100 f).

(bb) Eine Abmahnung ist dementsprechend nicht berechtigt, wenn eine außergerichtliche Streitbeilegung durch Unterwerfung deshalb – aus Sicht des Gläubigers erkennbar – nicht im Interesse des Schuldners ist und damit vernünftigerweise auch nicht zu rechnen ist, weil im Rahmen der Abmahnung bereits aus Sicht des Schuldners erkennbar feststeht, dass der Schuldner im Fall einer anschließenden gerichtlichen Inanspruchnahme auf Unterlassung nicht zu unterliegen fürchten muss, da dieser wegen bis dahin eigetretener Verjährung nicht mehr durchsetzbar sein würde. Dies gilt namentlich für den Fall, dass der Gläubiger in der Abmahnung eine Frist zur Unterwerfung einräumt, die sich für den Schuldner erkennbar über den unmittelbar bevorstehenden Ablauf der Verjährungsfrist hinaus erstreckt.

Mit einer vor Vollendung der Verjährungsfrist eintretenden Hemmung der Verjährung dadurch, dass der Gläubiger noch vor Ablauf der gesetzten Frist Klage erheben würde, muss der Schuldner dann nicht rechnen. Der Gläubiger kann daher nicht, schon gar nicht redlicherweise darauf hoffen, dass der Schuldner sich schon allein wegen des theoretischen Risikos, dass der Gläubiger doch vor Ablauf der selbst gesetzten Frist Klage erheben könnte, noch vor Ablauf jener Frist und insbesondere der Verjährungsfrist unterwerfen werde. Eine Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens vor Ablauf der mit der Abmahnung gesetzten Frist stünde auch in Widerspruch zu dem Zweck, dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Streit außergerichtlich beizulegen, und würde die Abmahnung als objektiv nutzlos erscheinen lassen. Der Gläubiger kann auch nicht ernsthaft darauf hoffen, dass der Schuldner sich schon allein aus dem Grund unterwirft, einer erst nach Verjährung zu erwartenden Inanspruchnahme zuvorzukommen, die ihm lediglich Aufwendungen verursachen würden, die er vorbehaltlich der fernliegenden Möglichkeit einer gerichtlichen Fehlbeurteilung oder des Risikos der Zahlungsunfähigkeit des Abmahnenden vom – dann wegen Verjährung unterliegenden – Gegner nach § 91 ZPO ersetzt erwarten könnte. Der Unterlassungsgläubiger kann auch vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Schuldner die Möglichkeit der Erhebung einer Verjährungseinrede übersieht oder darauf gar bewusst verzichtet. Er kann auch redlicherweise nicht darauf setzen, dass Schuldner mangels sicherer Kenntnis vom genauen Zeitpunkt des Verjährungseintritts die Gefahr sieht, eine – in Wirklichkeit und aus Sicht der besseren Erkenntnis des Gläubigers vor Ablauf der gesetzten Frist eintretende – Verjährung nicht verlässlich geltend machen zu können und deshalb zur Unterwerfung bereit sein wird. In dem Fall, dass eine Frist zur Unterwerfung auf einen Zeitpunkt gesetzt wird, der für den Gläubiger erkennbar nach Verjährungseintritt liegt, unterscheidet sich die Interessenlage daher nicht wesentlich von dem Fall, dass die Verjährung bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung abgelaufen war.

All dies gilt namentlich dann, wenn – wie hier – die Verjährungseinrede im späteren Unterlassungsprozess auch tatsächlich erhoben wird. Ebenso wie im Fall eines bereits bei Abmahnung verjährten Unterlassungsanspruchs ist die Abmahnung dann als (gegebenenfalls rückwirkend) unberechtigt anzusehen.

(cc) So liegen die Dinge hier. Der Kläger hat dem Beklagten nämlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Frist bis zum 5. Juni 2023 eingeräumt. Wie ausgeführt stand bei der hier festzustellenden Kenntnis des Klägers von den den Unterlassungsanspruch begründenden Umständen spätestens Ende November 2022 objektiv fest, dass die Verjährungsfrist dafür mit dem 30. Mai 2022 enden würde. Er musste auch damit rechnen, dass der Beklagte erkennen oder zumindest vermuten würde, dass der Kläger noch im November 2022, jedenfalls aber mehr als sechs Monate vor Ablauf der gesetzten Frist die verjährungsauslösende Kenntnis erlangt hat. Der Kläger konnte damit insbesondere nach seinen eigenen Erkenntnissen nicht damit rechnen, dass der Beklagte, der wegen der eingeräumten Frist keine verjährungshemmenden Schritte des Klägers vor objektivem Verjährungseintritt fürchten musste, sich dem Unterlassungsanspruch unterwerfen würde.

bb) Nach alledem kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob ein Ersatzanspruch, wäre er entstanden, verjährt wäre. Dies wäre allerdings – selbst für einen der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten nach § 11 Abs. 1 UWG unterfallenden Anspruch nach § 13 Abs. 3 UWG – nicht der Fall, weil der Ersatzanspruch jedenfalls nicht vor Versendung der Abmahnung frühestens am 22. Mai 2023 entstanden ist und somit bei der – die Verjährung spätestens seither hemmenden (§ 204 Abs. 1 Nr. 2 BGB) – Klagezustellung im Juli 2023 nicht verjährt war.

b) Aus den zuvor angegebenen Gründen ist auch ein Ersatzanspruch nach §§ 667, 670, 683 Satz 1 BGB wegen berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entstanden, weil die Abmahnung nicht dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprach. Auf die Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlage neben § 13 Abs. 3 UWG kommt es daher nicht an.

4. Dahinstehen kann, ob im Übrigen dem Verletzungsunterlassungsanspruch und der Kostenersatzforderung ein Unzulässigkeitseinwand nach § 8c UWG wegen Missbrauchs unter dem Gesichtspunkt entgegenstünde, dass der Kläger mit der späten Abmahnung mangelndes Interesse an einer in der Sache erfolgversprechenden Durchsetzung der Unterlassung gezeigt haben könnte.

Wollte man die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs mit der vorliegenden Abmahnung aus diesem Grund für unzulässig erachten, hätte dies allerdings nicht nur zur Folge, dass die Abmahnung nicht berechtigt im Sinn von § 13 Abs. 3 UWG wäre und daher der Erstattungsanspruch auch aus diesem Grund unbegründet wäre (vgl. BGH, GRUR 2019, 199 Rn. 40 mwN - Abmahnaktion II), sondern würde darüber hinaus auch zur Unzulässigkeit der gerichtlichen Geltendmachung desselben Unterlassungsanspruchs führen (vgl. BGHZ 149, 371, 379 - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung; BGH, GRUR 2012, 730 Rn. 47 mwN - Bauheizgerät; GRUR 2023, 1116 Rn. 14 mwN - Aminosäurekapseln). Da die Rechtsprüfung vorliegend ergibt, dass der Verletzungsunterlassungsanspruch jedenfalls als unbegründet abzuweisen ist, kann indes die Zulässigkeitsfrage, ob seine gerichtliche Durchsetzung missbräuchlich im Sinn von § 8c Abs. 1 UWG ist, offenbleiben (vgl. BGH, GRUR 1999, 509 - Vorratslücken; Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 8c Rn. 3).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten wenn entgegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG in der Abmahnung die Berechnung der Abmahnkosten fehlt

OLG Karlsruhe
Urteil vom 10.01.2024
6 U 28/23


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht, wenn entgegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG in der Abmahnung die Berechnung der Abmahnkosten fehlt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Auf die Berufung ist hingegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung zu beseitigen und die Klage insoweit abzuweisen. Denn der vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Erstattung von Kosten ist unbegründet.

Es fehlt an den Voraussetzungen, von denen ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 UWG mit Blick auf Anforderungen an die ihm zugrunde gelegte Abmahnung abhängt. Insoweit können die Anspruchsvoraussetzungen im Streitfall auch nicht durch Zubilligung eines Anspruchs nach der vom Kläger ergänzend angeführten Vorschrift in § 9 UWG oder nach §§ 670, 677, 683 Satz 1 BGB unterlaufen werden (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 32; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 47), zumal ein ersatzfähiger Schaden oder eine ersatzfähige Aufwendung nur den Kosten solcher Maßnahmen liegen könnten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren (siehe BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 15 ff - Kosten des Patentanwalts II), was auf eine die gesetzlichen Anforderungen verfehlende Abmahnung nicht zutrifft.

a) Nach § 13 Abs. 3 UWG kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nicht schon dann verlangen, wenn und soweit die Abmahnung berechtigt ist; Voraussetzung des Ersatzanspruchs ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zudem, dass die Abmahnung den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 99; MünchKommUWG/Schlingloff, 3. Aufl., UWG § 13 Rn. 241; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 47).


b) Entgegen der Ansicht der Beklagten verfehlt die Abmahnung allerdings nicht die Anforderungen an die Angaben zu Name oder Firma des Abmahnenden nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Ob dazu auch im Allgemeinen die Angabe der Anschrift des Abmahnenden gehört, kann dahinstehen. Sie war jedenfalls im Streitfall zur Angabe des Namens oder der Firma des Abmahnenden nicht erforderlich, der aus Sicht der früher bei diesem beschäftigten Beklagten zweifelsfrei identifiziert war. Abgesehen davon, dass der Beklagten aus dem früheren beruflichen Verhältnis zum Kläger zudem dessen Anschrift des Klägers bekannt gewesen sein musste, war dieser auf die Abmahnung hin über dessen in der Abmahnung mit Anschrift genannten Bevollmächtigten erreichbar.

c) Die Abmahnung war auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unzureichend, soweit nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG anzugeben sind. Diese ergaben sich ohnehin für jedermann klar und verständlich aus der Information im Abmahnschreiben, der Abmahnende sei Inhaber des Friseurbetriebs […] in […], wo er die typischen Dienstleistungen des Friseurhandwerks anbiete. Erst recht waren weitere Angaben nicht gegenüber der Beklagten erforderlich, der die geschäftliche handwerkliche Tätigkeit des Klägers aus ihrer früheren Beschäftigung zudem näher bekannt war.

d) Die Abmahnung ist auch nicht mit Blick auf die Anforderungen an die Bezeichnung der Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG) und die im Abmahnschreiben des Klägers erhobene Unterlassungsforderung ungeeignet, einen Anspruch auf Kostenerstattung zu begründen.

Erforderlich ist (nur), den Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, genau anzugeben und den darin erblickten Verstoß so klar und eindeutig zu bezeichnen, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann (vgl. BGH, GRUR 2021, 752 Rn. 26 mwN - Berechtigte Gegenabmahnung). Der Abmahnende muss daher (nur) die begangene Verletzungshandlung in tatsächlicher Hinsicht so detailliert schildern, dass dem Abgemahnten deutlich wird, was der Abmahnende konkret beanstandet und was der Abgemahnte abstellen oder künftig unterlassen soll (BGH, GRUR 2021, 752 Rn. 26 mwN - Berechtigte Gegenabmahnung). Dem genügen die Darlegungen des Abmahnschreibens dazu, welches Verhalten beanstandet wurde. Dazu wies die Abmahnung im Übrigen im Kern rechtlich zutreffend auf die „marktverhaltensregelnden Normen“ zur Ausübung des Friseurhandwerks im stehenden Gewerbe und die Kriterien zur Abgrenzung vom Reisegewerbe hin, beanstandete (als die abgemahnte Handlung), dass die Beklagte im Internet herausstelle, dass sich Interessierte unter Zuhilfenahme der vorgegebenen Angaben an sie wenden sollten, um sie mit der Leistungserbringung zu beauftragen, und verlangte, dass die Beklagte sich stattdessen vielmehr werbemäßig an die Vorgaben des Reisegewerbes halten müsse. Dass die Abmahnung das beanstandete Verhalten rechtlich unzutreffend als Irreführung im Sinn von § 5 UWG durch Umgehung der Berufsausübungsregeln des Reisegewerbes einordnete, kennzeichnete die geltend gemachte Verletzungshandlung nicht und steht der Erfüllung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung nicht entgegen.

Die Abmahnung war dabei auch nicht etwa deshalb (teilweise) unberechtigt, weil die darin für die Beklagte vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst war. Eine Abmahnung ist zwar nur berechtigt, wenn sie dem Schuldner den Weg weist, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird. Dementsprechend muss die Abmahnung die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten. Es ist aber unschädlich, wenn der Gläubiger mit der von ihm vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht; denn es ist Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben (BGH, GRUR 2019, 82 Rn. 35 mwN - Jogginghosen). Da die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung eher sprachlich missglückt scheint, als dass sie offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausginge, ist auch kein Ausschluss von Ansprüchen wegen Rechtsmittbrauchs nach § 8c Abs. 1, 2 Nr. 5, Abs. 5 UWG zu erkennen.

d) Zu den Inhalten der Abmahnung, die für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG erforderlich sind, gehört aber nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch, dass in der Abmahnung klar und verständlich angegeben wird, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

aa) Die Abmahnung gibt zwar – entgegen der Rüge der Berufung – eine Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs und deren Einforderung an.

bb) Sie genügt aber nicht der Anforderung, diese Angabe klar und verständlich zu machen und dabei anzugeben, wie sich der Aufwendungsersatzanspruch berechnet. Die Abmahnung gibt nur an, die zu erstattenden Kosten machten aufgrund eines Streitwerts von 10.000 € einen Betrag von 1.192,86 € aus. Sie gibt weder an, welche Art von Gebühr(en) und welcher Gebührensatz der Berechnung zugrunde liegen, noch ob in dem geforderten Betrag Umsatzsteuer enthalten ist.

Dabei kann dahinstehen, ob eine Angabe des geforderten Betrags in Verbindung mit einer Angabe des Gegenstandswerts genügt, wenn der Abgemahnte aus diesen Angaben durch eigene Rück- oder Proberechnung erschließen kann, dass eine der Kostenforderung eine – regelmäßig angesetzte – 1,3-fachen Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG bei nebst Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 % der Gebühren, höchstens 20 € zugrundeliegt, wobei sich aus dem angegeben Kostenbetrag ferner erschließen lässt, ob diese mit oder ohne Umsatzsteuer erstattet verlangt wird (siehe aber etwa MünchKommUWG/Schlingloff, 3. Aufl., UWG § 13 Rn. 255). Dies ist im Streitfall nämlich ebenso wenig möglich wie sonstige Berechnungen zur Feststellung, welche Parameter zu dem in der Abmahnung genannten Kostenbetrag führen konnten. Bei dem angegebenen Streitwert von 10.000 € würden sich Gebühren in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einer Pauschale von 20 € selbst zuzüglich Umsatzsteuer lediglich auf 973,66 € belaufen. Es ist der Abmahnung nicht zu entnehmen, welche anderen (höheren) Ansätze eines Streitwerts und/oder Gebührensatzes mit oder ohne Umsatzsteuer zu dem von der Abmahnung genannten Betrag geführt haben könnten.

cc) Ob der Kläger seine – nun abweichend bezifferte – Klageforderung mit der darauf gerichteten Klageerweiterung vom 17. August 2022 (AS I 18) hinreichend erläutert hat, kann dahinstehen. § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt ausreichenden Angaben gerade in der Abmahnung. Eine nachvollziehbare Kostenberechnung in einer späteren Klagebegründung genügt zumindest nach den Umständen des Streitfalls nicht, um einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung (nachträglich) zu begründen.

Es kann offenbleiben, ob eine Heilung formaler Verstöße gegen § 13 Abs. 2 UWG ausnahmsweise möglich ist und dann auch zur Wahrung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 13 Abs. 3 UWG führt, solange dem Abgemahnten noch keine Aufwendungen für die Rechtsberatung oder -verteidigung entstanden sind (so Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 13 Rn. 59 unter Hinweis auf BT-Drucks. 19/12084 S. 33; siehe auch Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 93a). Eine Heilung dadurch, dass die in § 13 Abs. 2 UWG aufgezählten Informationen vom Abmahnenden nachgereicht werden, wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfs ohnehin nur im Hinblick auf die Grundlage für einen Gegenanspruch des Abgemahnten in Betracht gezogen und dort jedenfalls nicht für möglich gehalten, wenn die Informationen erst in einem Gerichtsverfahren nachgereicht werden (BT-Drucks. 19/12084 S. 33).

Im Übrigen hat der Kläger auch mit der Klageerweiterung keine Informationen dazu gegeben, die den im Abmahnschreiben geforderten Betrag nachvollziehen ließen, und zudem nicht angegeben, ob er die (außergerichtliche) Forderung in der im Abmahnschreiben angegebenen Höhe aufrechterhält. Letzteres scheint insbesondere deshalb unklar, weil der Kläger sich bei der Klageerweiterung ausdrücklich insbesondere die Geltendmachung weitergehender Schadensersatzansprüche vorbehalten hat. Daher lässt sich eine Heilung auch nicht damit rechtfertigen, dass die Beklagte außergerichtlich und bis zur (erst nach der Klageerweiterung) erfolgten Verteidigungsanzeige möglicherweise noch keinen Rechtsanwalt beauftragt haben mag und eine Kostenfolge womöglich durch sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO hätte vermeiden können. Im Übrigen wären ihr auch für ein Anerkenntnis im vorliegenden Anwaltsprozess vor dem Landgericht Rechtsverteidigungskosten entstanden und hätten darauf beruht, dass der Kläger seine Forderung erst im Prozess nachvollziehbar dargelegt hat. Die Beklagte hätte allenfalls einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger gehabt und somit dessen Insolvenzrisiko getragen. Schon deshalb ist die Annahme einer allenfalls in engen Grenzen möglichen Heilung des Verstoßes der Abmahnung gegen § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG nicht gerechtfertigt. Denn der Grund dafür, dass nach § 13 Abs. 3 UWG schon bloße formale Verstöße gegen § 13 Abs. 2 UWG zum Nachteil des Abgemahnten führen sollen, liegt darin, den Abmahnenden dazu anzuhalten, die Abmahnung formal sorgfältig zu gestalten, um nicht durch fehlende Angaben (vermeidbare) Kosten bei dem Abgemahnten zu verursachen (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 33). Eine unzureichende Angabe des Kostenerstattungsanspruchs ist geeignet, den Abgemahnten von der außergerichtlichen Erfüllung abzuhalten und dazu zu veranlassen, das damit einhergehende Risiko einer mit Kostenaufwand verbundenen gerichtlichen Inanspruchnahme einzugehen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zuständigkeit der Landgerichte nach § 13 UWG für Vertragsstrafeklage aus wettbewerbsrechtlicher Unterlassungserklärung

BGH
Hinweisbeschluss vom 19.10.2016
I ZR 93/15


Der BGH hat zutreffend entschieden, dass für eine Vertragsstrafeklage aus einer wettbewerbsrechtlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung nach § 13 UWG die Landgerichte ausschließlich zuständig sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

" Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG sind die Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig, in denen ein Anspruch auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht wird. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine wettbewerbsrechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift.

aa) Allerdings ist die Frage, ob Ansprüche auf Grund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen von der Zuständigkeitsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG erfasst werden, in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

(1) Nach einer Ansicht wird die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für derartige Ansprüche nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG wegen des Wortlauts der Vorschrift verneint (OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 176; GRUR 2014, 304; OLG Köln, Urteil vom 5. Juni 2014 - 8 AR 68/14, juris Rn. 10; Ahrens/Bähr, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 17 Rn. 38; Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 9; jurisPK-UWG/Hess, 3. Aufl., § 13 Rn. 11; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 13 UWG Rn. 2; vgl.
auch Schaub in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 45 Rn. 5).

(2) Nach anderer Auffassung wird durch § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG unabhängig von der Höhe des geltend gemachten Anspruchs die erstinstanzliche landgerichtliche Zuständigkeit auch bei Vertragsstrafeansprüchen begründet, die ihren Ursprung in einem auf einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beruhenden Unterlassungsvertrag haben (OLG Jena, GRUR-RR 2011, 199; Götting/Nordemann/Albert, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ehricke aaO § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ottofülling aaO § 12 Rn. 270; Großkomm.UWG/Zülch, 2. Aufl., § 13 Rn. 9 ff.; Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO § 13 Rn. 2; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 13 Rn. 7; Goldbeck, WRP 2006, 37, 38 f.).

bb) Die zuletzt genannte und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ansicht trifft zu. Dies ergibt sich aus einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung von § 13 Abs. 1 UWG.

(1) Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG setzt voraus, dass Ansprüche "auf Grund" des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht werden. Durch den wettbewerbsrechtlichen Vertrag, mit dem sich der Schuldner gegenüber dem Gläubiger strafbewehrt zur Unterlassung einer nach § 3 oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung verpflichtet, werden derartige Ansprüche begründet. Die vertragliche Unterlassungsverpflichtung lässt die Wiederholungsgefahr für den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG entfallen, wobei die vertragliche Verpflichtung in Form eines abstrakten Schuldanerkenntnisses im Wege der Schuldumschaffung an die Stelle des gesetzlichen Anspruchs tritt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - I ZR 176/93, BGHZ 130, 288, 292 - Kurze Verjährungsfrist; Urteil vom 5. März 1998 - I ZR 202/95, GRUR 1998, 953, 954 = WRP 1998, 743 – Altunterwerfung III).

(2) Dieses Verständnis entspricht dem mit der Neuregelung der gerichtlichen Zuständigkeit in Wettbewerbssachen in § 13 Abs. 1 UWG verfolgten Gesetzeszweck. Der Gesetzgeber hatte das Ziel, statt der bisher gegebenen streitwertabhängigen Zuständigkeit von Amts- und Landgerichten (vgl. § 27 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung in Verbindung mit § 23 Nr. 1, § 73 Abs. 1 GVG) eine ausschließliche, streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit der Landgerichte in Wettbewerbssachen einzuführen, weil bei den Landgerichten aufgrund der dort streitwertbedingt überwiegend anfallenden Wettbewerbssachen der für die Behandlung dieser Sachen erforderliche Sachverstand und das notwendige Erfahrungswissen vorhanden sind. Insbesondere sollten Rechtsstreitigkeiten, in denen Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend gemacht werden und bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Unterschreitung der die Zuständigkeit bestimmende Streitwertgrenze von 5.000 € vorhanden ist, in die Zuständigkeit der Landgerichte fallen, weil bei ihnen als Vorfragen sämtliche einschlägigen wettbewerbsrechtlichen Fragen geprüft werden müssen. Zudem sollte mit der Alleinzuständigkeit der Landgerichte der inhaltliche Gleichklang mit § 140 Abs. 1 MarkenG, § 15 Abs. 1 GeschmMG aF, § 27 Abs. 1 GebrMG, § 143 Abs. 1 PatG und § 6 Abs. 1 UKlaG hergestellt werden (Begründung der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 36, 44). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die Behandlung von Streitigkeiten aufgrund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen, in denen ähnliche, spezifisch wettbewerbsrechtliche Probleme auftreten wie bei originären Ansprüchen aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

(3) Zwar heißt es in der Zuständigkeitsregelung in § 140 Abs. 1 MarkenG, ebenso wie in § 52 Abs. 1 DesignG (früher § 15 Abs. 1 GeschmMG), § 27 Abs. 1 GebrMG und § 143 Abs. 1 PatG, dass sie für alle Klagen gilt, durch die ein "Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse" geltend gemacht wird, während § 13 Abs. 1 UWG auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten anzuwenden ist, in denen ein "Anspruch auf Grund dieses Gesetzes" in Streit steht. § 6 UKlaG stellt dagegen ähnlich wie § 13 Abs. 1 Satz 2 UWG auf "Klagen nach diesem Gesetz" ab. Angesichts des erklärten gesetzgeberischen Ziels, mit § 13 Abs. 1 UWG einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen die streitwertunabhängige, ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte begründenden Vorschriften im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und nach dem Unterlassungsklagengesetz herzustellen, steht der geringfügig abweichende Wortlaut der Vorschriften einer übereinstimmenden Auslegung nicht entgegen.

(4) Die Vorschriften, auf die die Gesetzesbegründung Bezug nimmt, werden weit ausgelegt (BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - I ZR 50/03, GRUR 2004, 622 f.; Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 4/09, GRUR 2011, 662
Rn. 9). Sie begründen nach nahezu einhelliger Meinung eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte für Klagen aus strafbewehrten Unterlassungserklärungen. Dies gilt für § 140 MarkenG (OLG München, GRUR-RR 2004, 190; Fezer, MarkenG, 4. Aufl., § 140 Rn. 6; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 13; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140 Rn. 6; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 11), für § 143 Abs. 1 PatG (OLG Düsseldorf, GRUR 1984, 650), für § 52 DesignG (Eichmann in Eichmann/von Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 52 Rn. 9), für § 27 GebrMG (Grabinski/Zülch in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 27 GebrMG Rn. 2) und für § 6 UKlaG (Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Micklitz, 4. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 4; zu § 14 AGBG LG München I, NJW-RR 1991, 1143; LG Karlsruhe, VuR 1992, 130). Dies muss auch für § 13 Abs. 1 UWG gelten. "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Mannheim: Sonderzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 UWG für Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe wenn Unterlassungserklärung wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgegeben wurde

LG Mannheim
Beschluss vom 28.04.2015
2 O 46/15


Das LG Mannheim hat entschieden, dass eine Sonderzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 UWG für Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe besteht, wenn die dem Anspruch zugrunde liegende strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgegeben wurde. Die Frage ist umstritten, die Rechtsansicht des LG Mannheim aber richtig.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach Ansicht der Kammer sind Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einem Unterlassungsvertrag, der zum Zweck der Unterwerfung gegenüber wettbewerblichen Ansprüchen geschlossen worden ist, als solche aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Sinn des § 13 UWG und des § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG anzusehen.

a) Dies ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur umstritten und höchstrichterlich bisher nicht geklärt (siehe BGH, GRUR 2012, 730 Rn. 23 - Bauheizgerät; BGH, MDR 2015, 51 Rn. 10 mit Anm. Vollkommer).

aa) Teilweise wird die Anwendung der Zuständigkeitsregel in § 13 UWG auf eine Vertragsstrafenklage mit der Begründung verneint, ihr stehe deren Wortlaut - insbesondere im Vergleich mit den Formulierungen der parallelen Vorschriften in § 140 Abs. 1 MarkenG und § 104 Abs. 1 UrhG - entgegen, weil eine Vertragstrafenforderung nicht auf Grund des Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb erhoben, sondern auf eine vertragliche Vereinbarung gestützt würde, die den gesetzlichen Unterlassungsanspruch gerade ersetzen sollte. Der Zweck der Zuständigkeitskonzentration gebiete keine erweiternde Auslegung von § 13 UWG, weil es in der Sache gerade nicht um wettbewerbsrechtliche Ansprüche, sondern um allgemeine vertragsrechtliche Fragen, insbesondere der Vertragsauslegung, und die Anwendung von § 339 BGB gehe (OLG Rostock, GRUR 2014, 304; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl, § 13 Rn. 2; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 45 Rn. 5; Retzer in: Harte-Bevendamme/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 9; Ahrens/Bähr, 6. Aufl., Kap. 17 Rn. 37; Hess in Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 13 UWG Rn. 11; Rieble, JZ 2009, 716; s.a. OLG Köln, Beschluss vom 5. Juni 2014 - I-8 AR 68/14, juris Rn. 10; weitere Nachweise bei BGH, aaO - Bauheizgerät). Gegen die Anwendung von § 13 UWG auf die Vertragstrafenforderung wird zudem eingewandt, dass § 14 Abs. 2 UWG dann genauso auszulegen sei, letzteres aber nicht haltbar wäre (Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 45 Rn. 5 mit Fn. 48).

bb) Nach anderer Ansicht soll § 13 UWG auch auf die Einforderung der Vertragsstrafe angewandt werden, um - gemäß den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen - die Amtsgerichte von einer Befassung mit spezifischen Fragen des Wettbewerbsrechts, die sich auch bei der Beurteilung der Verwirkung einer Vertragsstrafe stellen könnten, zu entlasten und einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen Zuständigkeitsvorschriften im gewerblichen Rechtsschutz herzustellen. Im Übrigen könne durch eine streitwertunabhängige Zuständigkeit der Landgerichte der Anreiz vermieden werden, die Vereinbarung zur Höhe einer Vertragsstrafe sachwidrig an Zuständigkeitsgrenzen, insbesondere durch die Wahl eines Betrags von 5.001 EUR auszurichten. Dieses weite Verständnis sei auch mit dem Wortlaut vereinbar, weil die strafbewehrte Unterlassungserklärung dazu diene, die Wiederholungsgefahr bezüglich des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs entfallen zu lassen und auch Eingang in § 12 Abs. 1 UWG gefunden habe, so dass der Vertragsstrafeanspruch auf einen Anspruch auf Grund des UWG zurückzuführen sei (OLG Jena, GRUR-RR 2011, 199 mwN; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 13 Rn. 7 f; Ottofülling in MünchKomm UWG, 2. Aufl, § 12 Rn. 270; Ehricke in: MünchKomm UWG, 2. Aufl., § 13 Rn. 10; Zöllner in Cepl/Voß, ZPO, § 1 Rn. 103; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 13 Rn. 2 mwN; Goldbeck, WRP 2006, 37, 38 ff; s.a. Deichfuß, jurisPR-WettbR 3/2011 Anm. 3).

b) Die Kammer schließt sich der letzten Ansicht an.

[...]

Der Zweck, die Erfahrung der hauptsächlich mit UWG-Verfahren befassten Gerichte zu nutzen und insbesondere Amtsgerichte von solchen Verfahren zu entlasten, greift auch bei Streitigkeiten um die Verwirkung einer Vertragsstrafe und deren Höhe. Bei Ansprüchen aus wettbewerbsrechtlichen Unterwerfungsvereinbarungen treten nicht selten ähnliche spezifische Probleme wie bei originären Ansprüchen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf (insoweit und de lege ferenda zustimmend Teplitzky, aaO mit Fn. 46, 50; aA Rieble, aaO S. 717, der allerdings auf S. 718 Ausnahmen eingesteht).

Der spezifische Sachverstand des Wettbewerbsgerichts kann beispielsweise bei der Vertragsauslegung zum Zug kommen, etwa bei der Bestimmung der Reichweite der Unterlassungspflicht, bei der im Einzelfall zu berücksichtigen sein kann, wie weit die für kerngleiche Handlungen begründete Wiederholungsgefahr im Sinn des § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG aufgrund der vorangegangenen (angeblichen) Verletzungshandlung ging. Freilich sind die Parteien bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Unterlassungsvertrages frei; seine Auslegung richtet sich deshalb nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze, die für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels gelten, kommt danach nicht in Betracht. Zur Auslegung sind neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen. Nach diesen Grundsätzen spricht allerdings der regelmäßig anzunehmende Zweck eines Unterlassungsvertrages, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen und eine darauf gestützte Klage zu vermeiden, erfahrungsgemäß dafür, dass die Vertragsparteien durch ihn auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten (BGH, GRUR 1997, 931, 932 - Sekundenschnell)."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG Rostock: Wettbewerbsrechtliche Sonderzuzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 Abs. 2 UWG gilt auch für Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe

AG Rostock
Beschluss vom 15.04.2014
42 C 43/14


Das AG Rostock hat entschieden, dass die wettbewerbsrechtliche Sonderzuzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 Abs. 2 UWG auch für Klagen auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung, die wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgegen wurde, gilt.

Die wohl überwiegende Meinung sieht dies jedoch anders, da der Wortlaut der Vorschrift auf Ansprüche aus dem UWG abstellt und es sich bei einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung um eine eigenständige vertragliche Regelung handelt.