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Bundeskartellamt: Diskussionsbericht für den Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung im Rahmen der entsprechenden Sektoruntersuchung

Das Bundeskartellamt hate einen Diskussionsbericht für den Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung im Rahmen der entsprechenden Sektorenuntersuchung veröffentlicht.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:
Bundeskartellamt veröffentlicht Diskussionsbericht zum Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung

Im Rahmen seiner Sektoruntersuchung zum Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung hat das Bundeskartellamt heute einen Diskussionsbericht veröffentlicht.

Online-Werbung ist kein einheitliches Produkt. In der kartellrechtlichen Praxis der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass sich in den verschiedenen Teilbereichen jeweils unterschiedliche wettbewerbliche Fragen stellen. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf die Marktverhältnisse und Funktionsmechanismen im Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung und hier vor allem auf die verschiedenen, im Hintergrund wirkenden technischen Dienste (sog. AdTech). Nicht Gegenstand der Untersuchung ist hingegen Werbung, die in Reaktion auf eine Anfrage an eine Suchmaschine erscheint (suchgebundene Werbung), da sich hier andere wettbewerbliche Fragen rund um die große Marktbedeutung der Google-Suchmaschine stellen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Online-Werbung hat über die letzten 25 Jahre einen beeindruckenden Aufstieg erlebt – aus dem Nichts zu einer Milliardenindustrie. In allen Bereichen der Online-Werbung stellen sich vor allem aufgrund der herausragenden Bedeutung der großen Internetplattformen wichtige wettbewerbliche Fragen. Neben der suchgebundenen Online-Werbung und den eigenen Werbeflächenangeboten von beispielsweise Meta oder Google, hat die sonstige nicht-suchgebundene Online-Werbung ebenfalls eine immense wirtschaftliche Bedeutung. Es ist nicht zuletzt diese Werbung, die eine Vielzahl von Medienangeboten und Dienstleistungen jenseits der Angebote der großen Digitalkonzerne mitfinanziert. Dahinter steckt ein hochkomplexes, für viele recht intransparentes System des automatisierten Handels mit Online-Werbeplätzen. Mit unserer Untersuchung wollen wir mehr Licht in diese Black-Box bringen. Google hat auch in diesem technischen Teilbereich der Online-Werbung auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette eine starke Marktposition. Es stellen sich nicht zuletzt deshalb zahlreiche wettbewerbliche Fragen.“

Nach aktuellem Stand der Schätzungen hat der gesamte Bereich der Online-Werbung in Deutschland ein Volumen von zehn bis elf Mrd. Euro erreicht. Davon entfallen vier bis fünf Mrd. Euro auf suchgebundene Online-Werbung. Umsätze in derselben Größenordnung entfallen auf sonstige Werbeflächen, wie Werbebanner aller Art und Video-Werbung, die nicht suchgebunden sind. Darüber hinaus werden mit Online-Kleinanzeigen und Rubrikenanzeigen – im weiteren Sinne auch eine Form von Online-Werbung – gut eine Mrd. Euro umgesetzt.

AdTech, gewissermaßen der „Maschinenraum“ der nicht-suchgebundenen Online-Werbung, ermöglicht den heutigen, hochgradig komplexen und stark automatisierten Handel mit den Werbeflächen und die daran anschließende, ebenso automatisierte Ausspielung und Messung der Werbung überhaupt erst. Im Zentrum steht hierbei ein Geflecht verschiedener Käufer- und Verkäufer-seitiger Dienste, die sich rund um virtuelle Marktplätze für Werbeflächen (AdExchanges) gruppieren. Dieses wird insgesamt auch als Programmatic Advertising (PA) bezeichnet. Daneben existieren verschiedene integrierte Systeme, die vor allem auch von großen Werbeflächen-Anbietern dafür verwendet werden, die Vermarktung ihrer Werbeplätze ein-schließlich aller dafür notwendigen technischen Leistungen selbst vorzunehmen. Sie werden teilweise jedoch auch Dritten für die Vermarktung ihrer Werbeflächen an-geboten und weisen Berührungspunkte zum System des PA auf.

Im Rahmen der Untersuchung hat sich die Annahme bestätigt, dass einzelne Marktteilnehmer – und hier insbesondere Google – erheblichen Einfluss auf das Gesamtsystem des PA haben. Google ist auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette und bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen vertreten und hat dabei in den meisten Fällen eine sehr starke Marktposition inne. Das Unternehmen kontrolliert wichtige Teile der nutzerseitigen Software-Infrastruktur wie den Browser Chrome und das mobile Betriebssystem Android, die letztlich darüber mitbestimmen, welche technischen Möglichkeiten für die Realisierung nicht- suchgebundener Online-Werbung zur Verfügung stehen. Im Zusammenspiel mit dem Befund, dass die Funktionsweise des Systems im Detail von außen nur schwer nachvollziehbar ist, kommt Google damit eine erhebliche Regelsetzungsmacht zu.

Die mangelnde Transparenz des Systems spielt in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Das gilt sowohl für die Publisher, die Werbeplätze über das System vermarkten, als auch für Werbetreibende, die Werbeplätze einkaufen. Dies gilt darüber hinaus aber auch für viele kleinere Anbieter einzelner technischer Dienstleistungen innerhalb des PA. Das System wird von vielen Marktteilnehmern als „Black Box“ bezeichnet, in der viele Parameter, die für den Markterfolg relevant sind, unbekannt seien.

Auch die Nutzerinnen und Nutzer als Datensubjekte und Werbeadressaten sind überwiegend nicht in der Lage, den Umfang und die möglichen Konsequenzen der Datensammlung zu überblicken, die letztlich die derzeit wichtigste Grundlage für die nicht-suchgebundene Online-Werbung ist. Die aus den aktuellen Datenverarbeitungspraktiken resultierenden Gefahren haben dazu beigetragen, dass seit einigen Jahren verstärkt eine rechtspolitische Diskussion darüber geführt wird, die Datenerhebung und -verwendung für Werbezwecke einzuschränken. Der Bericht beleuchtet daher, welche Konsequenzen solche Maßnahmen aus wettbewerblicher Sicht haben können und wie mit diesen umgegangen werden könnte.

Andreas Mundt: „Das Kartellrecht setzt traditionell bei einzelnen Verhaltensweisen von Unternehmen an, um Wettbewerbsprobleme zu lösen. Mit dem § 19a GWB in Deutschland und dem DMA auf europäischer Ebene haben die Wettbewerbsbehörden neue vielversprechende Instrumente an die Hand bekommen, die wir gut nutzen sollten. Für den von uns untersuchten Bereich der Online-Werbung müssen wir künftig vielleicht auch über grundsätzlichere Ansätze nachdenken. Google hat aufgrund seiner herausragenden Position in Verbindung mit der technisch bedingten Undurch-schaubarkeit des Systems ungewöhnlich viel Spielraum, den Wettbewerbsprozess zu seinen Gunsten zu gestalten.“

Das Bundeskartellamt ermöglicht es Marktteilnehmern und interessierten Kreisen zum jetzt veröffentlichten Diskussionsbericht bis zum 28. Oktober 2022 Stellung zu nehmen.

Der Diskussionsbericht sowie eine Zusammenfassung des Diskussionsberichts sind auf der Website des Bundeskartellamtes abrufbar.

Den vollständigen Diskussionsbericht finden Sie hier:



EU-Kommission: Untersuchung zu möglichen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Google und Meta im Bereich Display-Werbung

Die EU-Kommission hat eine Untersuchung zu möglichen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Google und Meta im Bereich Display-Werbung eingeleitet.

Die Pressemitteilung des EU-Kommission:
Kartellrecht: Kommission leitet Untersuchung zu mutmaßlich wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Google und Meta im Bereich Display-Werbung ein

Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob eine Vereinbarung von Google und Meta (ehemals Facebook) in Bezug auf Display-Werbung möglicherweise gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstößt.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: „Viele Publisher greifen auf Display-Werbung zurück, um die Bereitstellung von Online-Inhalten für Verbraucher zu finanzieren. Die Vereinbarung zwischen Google und Meta, die sie „Jedi Blue“ nannten, könnte darauf abzielen, mit dem Google-Dienst „Open-Bidding“ konkurrierende Technologien zu schwächen und vom Markt für Display-Werbung auf Websites und in Apps von Publishern auszuschließen. Sollte sich dieser Verdacht im Rahmen unserer Untersuchung bestätigen, würde dies eine Beschränkung und Verzerrung des Wettbewerbs auf dem bereits konzentrierten Markt für Werbetechnologien zum Nachteil konkurrierender Technologien, von Publishern und letztlich der Verbraucher darstellen.“

Google bietet Werbetechnologiedienste an, die Werbetreibende auf der einen Seite und Publisher auf der anderen Seite zusammenführen. Das Unternehmen versteigert unter anderem über seinen Dienst „Open Bidding“ in Echtzeit Online-Werbeflächen auf Websites oder in mobilen Apps. Meta bietet Display-Werbedienste an und nimmt über sein „Audience Network“ an Auktionen für Online-Werbeflächen von Publishern unter Nutzung der Werbetechnologiedienste von Google und anderen Wettbewerbern teil.

Die Untersuchung der Kommission betrifft eine von Google und Meta im September 2018 geschlossene Vereinbarung mit dem Code-Namen „Jedi Blue“, die die Teilnahme des „Audience Network“ von Meta an den Auktionen des Google-Dienstes „Open Bidding“ betrifft. Die Kommission befürchtet, dass die Vereinbarung ein Bestandteil umfassenderer Bemühungen sein könnte, Werbetechnologiedienste (sogenannte „Ad Tech Services“), die mit dem Google-Dienst „Open Bidding“ im Wettbewerb stehen, auszuschließen und somit den Wettbewerb auf den Märkten für Display-Werbung zum Nachteil der Publisher und letztlich der Verbraucher einzuschränken oder zu verfälschen.

Diese Praktiken könnten gegen die EU-Vorschriften über wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen (Artikel 101 AEUV) und/oder die EU-Vorschriften über den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (Artikel 102 AEUV) verstoßen.

Die Kommission wird diese eingehende Untersuchung vorrangig behandeln. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Die britische Wettbewerbsbehörde („CMA“) hat eine eigene Untersuchung der Vereinbarung zwischen Google und Meta eingeleitet. Wie üblich steht die Kommission mit der CMA in Kontakt und beabsichtigt, bei dieser Untersuchung gemäß den geltenden Vorschriften und Verfahren eng mit ihr zusammenzuarbeiten.

Hintergrund

Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des EU-Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, verboten. Artikel 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der EU-Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die auch von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewendet werden kann.

Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der jeweiligen Sache. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt. Die Kommission hat die betroffenen Unternehmen und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten von der Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache unterrichtet.

Für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung gibt es keine verbindliche Frist. Ihre Dauer hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft der betroffenen Unternehmen zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Rechte auf Verteidigung.

Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor. Mit der Verfahrenseinleitung entfällt die Zuständigkeit der jeweiligen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der Sache.

Weitere Informationen zu diesem Kartellfall können auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission über das öffentlich zugängliche Register unter der Nummer AT.40774 eingesehen werden.



OLG Hamm: Für Streitigkeit zwischen Verlag und Stadt um Internetauftritt nebst Online-Marktplatz und Online-Werbung ist Zivilrechtsweg eröffnet

OLG Hamm
Beschluss vom 14.02.2019
4 W 87/18

Das OLG Hamm hat entschieden, dass für eine Streitigkeit zwischen einem Verlag und einer Stadt um einen Internetauftritt nebst Online-Marktplatz und Online-Werbung der Zivilrechtsweg eröffnet ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die hier zu beurteilende Streitigkeit als Zivilrechtsstreit zu qualifizieren. Damit war der angefochtene Beschluss aufzuheben und nach § 17a Abs. 3 S. 1 GVG die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges auszusprechen.

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (so schon der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS OBG) NJW 1986, 2359; vgl. auch GBH NJW 2011, 1365, Wittschier in: Musielak/Voit, 15. Auflage § 13 GVG Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist im Regelfall die Rechtsnatur des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, wie er sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ergibt, wobei es auf die Rechtsauffassungen der Parteien nicht ankommt (GmS OBG JNW 2009, 1968; BGH NJW 1976, 1941, Wittschier a.a.O. Rn. 6 m.w.N.). Es ist nicht erforderlich, dass ein zivilrechtlicher Klageanspruch schlüssig dargetan ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Parteivortrag – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen (BGH NJW 1996, 3012, Wittschier a.a.O. Rn. 6).

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor.

2. Die Klägerin begehrt mit dem Hauptantrag, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Telemedienangebot „e.de“ vom 15.05.2017 zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem „USB-Stick“ Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben. Hilfsweise begehrt sie, es der Beklagten zu untersagen, die als Anlage K 2 – 20 einzeln aufgeführten Beiträge zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem „USB-Stick“ Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben.

Aus dem zur Begründung der Klage vorgebrachten Sachvortrag der Klägerin ergibt sich zudem eindeutig, dass damit keinesfalls ein generelles Verbot des Telemedienangebots „e.de“ erwirkt werden soll. Vielmehr geht es der Klägerin – die dies mehrfach ausdrücklich betont hat - darum, die im Einzelnen beanstandeten redaktionellen Beiträge auf der Internetseite zu unterbinden, weil die Beklagte nach ihrer Auffassung das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt hat. Zu beurteilen ist die Rechtsnatur des klägerischen Begehrens, wie es sich nach dem Antrag und dem Sachvortrag darstellt. Damit stellt aber unzweifelhaft ein generelles Verbot des Telemedienangebots „e.de“ nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits dar.

3. Der klägerische Sachvortrag ergibt – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch ist nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3 a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zu beurteilen. Bei dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 17 ff).

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichen Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 35ff). Ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vornimmt, ist anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 55f; BGH GRUR 2013, 301 Rn. 20 f – Solariniative). Die Klägerin beruft sich ausdrücklich darauf, dass die Beklagte gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt und sich damit erkennbar außerhalb des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt. Damit ist für die vorliegende Entscheidung nach dem klägerischen Vortrag auch eine geschäftliche Handlung der Beklagten zu unterstellen. Soweit die Parteien kostenlose Pressebeiträge mit Werbeanzeigen herausgeben, versuchen sie nach dem Klagevorbringen auch, gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen und stehen damit in einem Wettbewerbsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 59f). Insgesamt stützt die Klägerin ihr Begehren daher auf zivilrechtliche Normen.

4. Für die vorliegende Entscheidung kann aus den dargelegten Gründen offen bleiben, ob der Anspruch schlüssig dargelegt ist. Das gilt insbesondere, weil vorliegend die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen (BGH NJW 1996, 3012, Wittschier a.a.O. Rn. 6). Ausreichend ist, dass sich unter Beachtung der jüngeren BGH-Rechtsprechung Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, die zivilrechtlich zu beurteilen sind und für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht.

Die materielle Begründetheit des streitgegenständlichen Anspruchs hat der Senat nicht zu überprüfen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bad Kreuznach: Vertrag über Schaltung von Online-Werbung ist Werkvertrag - Umfang der Werbemaßnahmen muss geregelt sein

LG Bad Kreuznach
Urteil vom 01.03.2017
1 S 84/16


Das LG Bad Kreuznach hat entschieden, dass ein Vertrag über die Schaltung von Online-Werbung ein Werkvertrag ist. Dabei muss der Vertrag den Umfang der geschuldeten Werbemaßnahmen regeln. Fehlt dies, so ist der Vertrag nach Ansicht des Gerichts wegen Unbestimmtheit unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Angelehnt an die Entscheidung (BGH NJW 2010, 1449 ff., Rn. 16, Rn. 27) zieht die Kammer bei Einordnung des vorliegenden Internet-Vertrages Vergleiche mit anderen Verträgen außerhalb des Internets, die ähnliche Gegenstände betreffen. Nach Auffassung der Kammer ist die Rechtsprechung zu den Werbeverträgen im Bereich der Printmedien wegen der vergleichbaren Interessenlage auf Anzeigenschaltungen in elektronischen Branchenverzeichnissen im Internet grundsätzlich übertragbar. Dementsprechend ist der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag rechtlich als Werkvertrag einzuordnen (1.). Dieser Werbevertrag ist jedoch nicht wirksam zustande gekommen, da die Parteien zu einem wesentlichen Bestandteil eines Werbevertrages, der Werbewirksamkeit, keine hinreichend bestimmte Vereinbarung getroffen haben (2.).

1. Verträge über Werbemaßnahmen in Printmedien sind grundsätzlich als Werkverträge einzuordnen, wenn nach dem Willen der Parteien ein Arbeitsergebnis geschuldet wird. Kommt es bei einem Vertrag nicht auf die Tätigkeit des Unternehmers als solche an, sondern auf die einheitliche und fortdauernde planmäßig erzielte Werbewirkung, ist Werkvertragsrecht und nicht Dienstvertragsrecht anwendbar. Anders liegt der Fall nur dann, wenn ein Werbeunternehmen eine ständige werbemäßige Betreuung eines Kunden übernimmt. Dann treten die zu dieser Gesamtbetreuung gehörenden Einzelmaßnahmen in ihrer rechtlichen Bedeutung zurück und der Vertrag ist als Dienstvertrag zu beurteilen. Welche Rechtsnatur dem Vertrag im Einzelnen beizumessen ist, richtet sich nach dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen (vgl. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 631 Rn. 285, 286).

a) Im vorliegenden Fall kam es dem Beklagten erkennbar darauf an, sein Geschäft durch die Schaltung einer Werbeanzeige einem größeren potentiellen Kundenkreis bekannt zu machen, um so neue Kunden gewinnen zu können. In dieser zu erzielenden Werbewirkung lag sein (ausschließliches) Interesse bei dem Abschluss des Vertrages. Diese Interessenlage des Beklagten besteht bei der Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige in gleicher Weise wie bei der Schaltung einer Werbeanzeige in einem Printmedium. Da sich im Zuge der fortschreitenden Internetnutzung in der Gesellschaft, die die Nutzung von Printmedien zunehmend ersetzt, immer mehr potentielle Kunden im Internet informieren, ist es zudem naheliegend, dass sich der Beklagte von der Schaltung einer Anzeige in einem elektronischen Branchenverzeichnis gerade eine besonders günstige Werbewirkung versprochen hat. Eine ständige werbemäßige Betreuung schuldete die Klägerin dem Beklagten gerade nicht, so dass insgesamt kein Dienst- sondern ein Werkvertrag vorliegt.

b) Die von der Klägerin als Beleg für ihre gegenteilige Rechtsansicht (Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen und nicht Werkvertrag, so dass auch kein Erfolg geschuldet ist) angeführten Entscheidungen des BGH (Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 276/14) und des OLG Bamberg (Urteil vom 20.07.2016 - 3 U 223/15) sind insoweit nicht ergiebig, da jeweils keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage stattfindet, um welchen Vertragstyp es sich handelt. Die klärungsbedürftigen Schwerpunkte der Fälle lagen jeweils auf ganz anderen Gebieten. Der BGH ist außerdem in zwei anderen Entscheidungen, die ebenfalls Eintragungen in einem elektronischen Branchenverzeichnis bzw. einen Online-Anzeigenvertrag zum Gegenstand hatten, - ebenfalls ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage, um welchen Vertragstyp es sich handelt - gerade nicht von einem Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen, sondern von einem Werkvertrag ausgegangen (BGH, Urteil vom 26.07.2012 - VII ZR 262/11 = NJW-RR 2012, 1261 und BGH, Senat für Anwaltssachen, Urteil vom 09.02.2015 - AnwZ (Brfg) 54/13, dort Rn. 53, zitiert nach juris).

c) In ihrer Rechtsauffassung bestätigt sieht sich die Kammer durch die bereits zitierte Entscheidung des BGH vom 04.03.2010, Az.: III ZR 79/09 (abgedruckt in NJW 2010, 1449 „Internet-System-Vertrag“), nach der auch bei Internet-Verträgen der Vertrag nach der herkömmlichen Schwerpunktbetrachtung unter besonderer Berücksichtigung der unter dem Blickwinkel des Auftraggebers gewählten Zielrichtung einem der im BGB geregelten Vertragstypen zuzuordnen ist.

Vor diesem Hintergrund führt der BGH zunächst aus, es sei naheliegend, einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631ff BGB anzunehmen, wenn der Schwerpunkt des Vertrages in der Gewährleistung der Abrufbarkeit einer Website des Kunden im Internet liege. Auch bei einem „Webdesign-Vertrag“, bei dem sich der Anbieter verpflichte, für den Kunden eine individuelle Website zu erstellen, sei Werkvertragsrecht anwendbar; ebenso bei einem Vertrag, der auf die Beschaffung und Registrierung einer von dem Kunden gewünschten Internet-Domain gerichtet sei. Verträge über die „Wartung“ oder „Pflege“ von Software, EDV-Programmen oder Websites seien ebenfalls als Werkverträge einzuordnen, soweit sie auf die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und die Beseitigung von Störungen (und somit: auf einen Tätigkeitserfolg) gerichtet seien. Der nun zu beurteilende „Internet-System-Vertrag“ weise in einzelnen Elementen Bezüge zu diesen Vertragstypen auf, müsse indes als eigener Vertragstyp angesehen werden, der sich insgesamt als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff BGB darstelle. Bei dem „Internet-System-Vertrag“ habe die Unternehmerin für ihren Kunden unter der von ihm gewünschten Domain eine Website (Homepage, Internetpräsentation) einzurichten, diese Website für den vereinbarten Zeitraum zu unterhalten und sie über das Internet Dritten zugänglich zu machen.

Gegenstand des „Internet-System-Vertrages“ sei somit die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin für ihren Kunden erstellten und betreuten Website (Homepage) im Internet und somit nicht das schlichte Tätigwerden der Klägerin als solches. Vielmehr sei mit der Abrufbarkeit der Homepage im Internet die Herbeiführung eines Erfolges als Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin geschuldet. Die Website sei so bereitzustellen, dass sie durch Internetnutzer abgerufen werden könne, wenn das Internet im üblichen Rahmen den Zugriff ermögliche. Dementsprechend sei ein solcher Vertrag als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB einzuordnen.

Der BGH führt weiter aus, auch das von der Klägerin zu erbringende „Website-Hosting“ stehe einer werkvertraglichen Leistung näher als einer dienst- oder mietvertraglichen Leistung, da es in erster Linie dazu diene, die Abrufbarkeit der Website des Kunden im Internet zu gewährleisten und in diesem Sinne einen Erfolg herbeizuführen. Damit sei nicht lediglich ein bloßes Tätigwerden oder eine bloße Gebrauchsüberlassung von Speicherplatz geschuldet.

Im Lichte dieser prägenden Zweckrichtung stellten sich auch die vertraglich vereinbarten Beratungs- und Betreuungspflichten der Klägerin so dar, dass diese auf eine Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von der Klägerin erstellten und betreuten Internetpräsentation des Kunden abzielten.

Schließlich - so der BGH - stehe es der Einordnung dieses Vertrages als Werkvertrag nicht entgegen, dass dieser auf eine bestimmte Zeit angelegt sei und auch nicht, dass dem Kunden kein körperlicher Gegenstand als Werkleistung übereignet werde. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks komme diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu. Solche Umstände fänden sich insbesondere auch bei Werbeverträgen außerhalb des Internets, die einen ähnlichen Zweck und Gegenstand wie der hier zu beurteilende Vertrag aufwiesen und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Werkverträge angesehen worden seien; etwa Verträge über die Anbringung von Werbeplakaten auf bestimmten Flächen für eine festgelegte Zeitspanne (BGH, Urteil vom 19.06.1984 - X ZR 93/83 = NJW 1984, 2406).

d) Diese Erwägungen gelten entsprechend für den hier zu entscheidenden Fall.

Es macht keinen Unterschied, ob eine Website (wie in dem von dem BGH entschiedenen Fall) oder eine Werbeanzeige (wie im vorliegenden Fall) erstellt und im Internet abrufbar gemacht werden soll. Der Aufwand für die Erstellung einer Werbeanzeige dürfte vielmehr sogar deutlich geringer sein als der Aufwand, der für die Erstellung einer vollständigen Website erforderlich ist.

Entscheidend ist, dass es das erkennbare Interesse des Beklagten ist, Werbung für sein Unternehmen zu machen. Dies ist das Ziel, das er mit dem Abschluss des Vertrages verfolgt. Der Schwerpunkt der Vereinbarung liegt damit - wie in dem von dem BGH entschiedenen Fall - auf der Abrufbarkeit des von der Klägerin erstellten Werkes im Internet. Diesen Erfolg schuldet die Klägerin. Damit ist Werkvertragsrecht anwendbar.

Die Argumentation der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, dass es sich - im Gegensatz zu der Auslieferung einer Zeitung - bei der ständigen Bereitstellung einer Anzeige in einem elektronischen Branchenverzeichnis im Internet um eine dienstvertragliche und nicht um eine werkvertragliche Leistung handele, ist mit den dargelegten Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 04.03.2010, Az.: III ZR 79/09, nicht zu vereinbaren; hier wird gerade herausgearbeitet, dass es sich bei der Abrufbarkeit im Internet (also eben bei der ständigen Bereitstellung) um den als Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin geschuldeten Erfolg handelt.

Auch die hier in dem streitgegenständlichen Vertrag enthaltene „Pflege und Gestaltung“ der Werbeanzeige, die nicht näher konkretisiert worden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. In seiner Entscheidung vom 04.03.2010 betont der BGH gerade, dass Verträge über die „Wartung“ oder „Pflege“ von Software, EDV-Programmen oder Websites ebenfalls als Werkverträge einzuordnen sind, soweit sie der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und der Beseitigung von Störungen dienen. Es ist nicht ersichtlich, dass die nicht näher beschriebene „Pflege“ der Werbeanzeige hier einem anderen Zweck als der Gewährleistung ihrer Abrufbarkeit mit ggf. aktualisiertem Inhalt während der Vertragslaufzeit dienen kann; somit ist auch die „Pflege“ der Werbeanzeige auf einen Erfolg gerichtet.

2. Bei einem Internet- Werbevertrag als Sonderform des Werkvertrages erschöpft sich der von der Klägerin geschuldete Erfolg im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB jedoch nicht in der Erstellung und bloßen faktischen Einstellung der Anzeige im Internet.

Die Besonderheit bei einem Werbevertrag liegt gerade darin, dass es dem Besteller nicht nur - wie beim klassischen Werkvertrag - auf die Herstellung eines Werbemittels, sondern darüber hinaus entscheidend gerade darauf ankommt, mit dem in Auftrag gegebenen Werbemittel das Produkt, das er bewerben möchte, bei einem möglichst großen Kreis potentieller Kunden bekannt zu machen, um so die Möglichkeit zu haben, neue Kunden zu gewinnen.

Dies war auch im vorliegenden Fall erkennbar das ausschließliche Interesse des Beklagten, als er die Werbeanzeige für sein Geschäft bei der Klägerin in Auftrag gab. Der Vertragsgegenstand wird bereits in dem vorgedruckten Teil des von der Klägerin verwendeten Vertragsformulars, das die Parteien unterzeichnet haben, ausdrücklich als „Werbeanzeige“ bezeichnet. Beiden Parteien war damit bewusst, dass die Bekanntmachung der Anzeige bei potentiellen Kunden der eigentliche Vertragszweck ist.

Vor diesem Hintergrund kann sich der von der Klägerin geschuldete Erfolg nicht in der schlichten Herstellung des Werkes (Erstellung und Einstellung der Anzeige im Internet) erschöpfen. Dies verdeutlicht die Parallele zum Printbereich. Bei einem bloßen Druckauftrag (als klassischem Werkvertrag) erhält der Besteller nach Fertigstellung die in Auftrag gegebenen Druckerzeugnisse und kümmert sich dann selbst um deren Verteilung und Verbreitung. Damit liegt es in der Hand des Bestellers, diese bei einem möglichst großen Kreis potentieller Kunden bekannt zu machen und so eine Werbewirkung herbeizuführen. Anders ist es aber, wenn der Besteller eine Werbeanzeige in einem Anzeigenblatt des Unternehmers schaltet. In diesem Fall eines „echten“ Werbevertrages ist der Unternehmer neben dem Erstellen und dem Druck der Anzeige auch für die Verteilung des Anzeigenblattes verantwortlich.

Dementsprechend sind die Verantwortungsbereiche auch bei Internet- Verträgen verteilt. Soll der Unternehmer für den Besteller etwa lediglich eine Homepage entwerfen (klassischer Werkvertrag), die dieser auf einer eigenen Website veröffentlicht, gehört es nicht zum Pflichtenkreis des Unternehmers, diese Homepage auch bekannt zu machen. Wenn aber - wie hier - eine Internet- Werbeanzeige auf einer Website des Unternehmers geschaltet werden soll („echter“ Werbevertrag), hat der Unternehmer für die Verbreitung der Anzeige Sorge zu tragen. Der Besteller hat hierauf keinen Einfluss.

Die Werbeanzeige des Beklagten sollte hier unter www.k.l...de in ein elektronisches Branchenverzeichnis der Klägerin eingestellt werden. Da die Klägerin die Verfügungsgewalt über dieses elektronische Branchenverzeichnis hat, liegt es auch in ihrer Hand und jedenfalls nicht in der Hand des Beklagten, in welchem Umfang die Bekanntmachung der dort geschalteten Anzeigen bei potentiellen Kunden erfolgen kann und damit, wie groß die mögliche Werbewirksamkeit der Anzeige ist.

Der geschlossene Vertrag enthält indessen keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Hinsichtlich des eigentlichen Vertragsgegenstandes sind somit keine Vereinbarungen getroffen worden.

Wie bei jedem Vertrag muss auch im hier zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können (vgl. Voit in Beck'scher Online-Kommentar BGB, 41. Edition, Stand: 01.02.2015, § 631 Rn. 32). An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehlt es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankommt, gänzlich ungeregelt bleibt. So liegt der Fall hier. Gesichtspunkte, die den Umfang einer möglichen Werbewirkung bestimmen könnten, enthält der Vertrag der Parteien nicht. Wenn die „Sollbeschaffenheit“ des Werkes im Hinblick auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden aber völlig offen bleibt, kann auch schwerlich ein Abweichen von dieser Sollbeschaffenheit festgestellt werden, so dass dem Besteller die Gewährleistungsrechte (§§ 633 ff. BGB) versagt bleiben dürften. Ein solcher Werbevertrag ist für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten will.

Der BGH hat bereits in einer Entscheidung vom 19.06.1984 (Az.: X ZR 93/83; abgedruckt in NJW 1984, 2406) die bei einem Werbevertrag geschuldete Werkleistung gerade als die „einheitliche und fortdauernde planmäßige Werbewirkung“ beschrieben.

Hieran anschließend haben die Instanzgerichte zwischenzeitlich Anforderungen an die Bestimmtheit der Werbewirksamkeit bei Werbeverträgen im Bereich der Printwerbung entwickelt:

Der Vertragsinhalt ist bei Werbeverträgen, also Verträgen über die Veröffentlichung und Verbreitung von Anzeigen, nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthalten. Ferner muss vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden soll, weil andernfalls vom Gericht nicht festgestellt werden kann, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden kann bzw. tatsächlich eingetreten ist (AG Oldenburg, Urteil vom 13.04.2010 - 25 C 19/10, abgedruckt in NJOZ 2010, 1343 mit Verweis auf: LG Lübeck, Urt. v. 06.04.1999 - 6 S 71/98, NJW-RR 1999, 1655; LG Lübeck, Hinweisschreiben v. 13.08.2008 - 14 S 60/08, S. 2; LG Mönchengladbach, Urt. v. 11.07.2006 - 2 S 176/05, juris Rn. 20; LG Mönchengladbach, Urt. v. 07.04.2006 - 2 S 172/05, juris Rn. 20; AG Lübeck, Urt. v. 13.02.2008 - 23 C 2709/07, S. 8 f.; AG Montabaur, Urt. v. 29.10.1997 - 5 C 431/97, NJW-RR 1998, 632, 633; AG Mönchengladbach-Rheydt, Urt. v. 17.11.2005 - 10 C 282/05, juris Rn. 3); LG Mainz, Urt. v. 04.11.1997 - 6 S 149/97, NJW-RR 1998, 631; LG Mainz, Urt. v. 02.03.2010 - 6 S 112/09; LG B.K., Urt. v. 13.02.2001 - 1 S 194/00, NJW-RR 2002, 130; AG Köpenick, Urt. v. 10.01.1996 - 7 C 345/95, NJW 1996, 1005, 1006; AG Donaueschingen, Urt. v. 25.07.2002 - 31 C 176/02, juris Rn. 13).

Bei dem Sonderfall der Platzierung einer Werbeanzeige auf einem Anhänger muss der Vertrag Angaben über den zeitlichen und räumlichen Einsatz des Fahrzeugs enthalten, damit der Umfang der Bekanntmachung bei möglichen Kunden und damit die Werbewirksamkeit bestimmt werden kann (vgl. LG B.K., 1. Zivilkammer, Beschluss vom 07.10.2015 - 1 S 41/15).

Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmen. So können etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. „clicks“) auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Zentral für die Werbewirksamkeit ist auch die Frage, ob die Werbeanzeige von einem Internetnutzer nur zur Kenntnis genommen werden kann, wenn er zunächst die Domain „www.k.l...de aufruft und sich dann deren Inhalte ansieht, oder ob auch direkt Treffer in der Domain möglich sind, wenn in Internet-Suchmaschinen allgemeine Suchbegriffe eingegeben werden (z.B. Teppich und Ort). Nur im letzteren Fall, der der üblichen Internetnutzung potentieller Kunden entspricht, ist überhaupt eine faktische Werbewirksamkeit gegeben. Diese könnte durch Angaben der zu erwartenden Position in der Trefferliste von bestimmten gängigen Suchmaschinen (z.B. google) bei Eingabe üblicher Suchbegriffe (z.B. Ort, Art des Gewerbes, Name des Beklagten) noch näher konkretisiert werden. Schließlich hätte auch unschwer festgelegt werden können, ab welchem Datum die Werbeanzeige geschaltet werden soll.

Keiner dieser Punkte wurde indessen in der vertraglichen Vereinbarung der Parteien geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlen.

Der Vertragsinhalt kann insoweit auch nicht im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157, 242 BGB ermittelt werden. Bei einem regelmäßig erscheinenden und vertriebenen Druckwerk kann sich zwar, wenn die Vertriebsmodalitäten nicht ausdrücklich oder nicht eindeutig benannt werden, im Wege der Auslegung ergeben, dass der Werbeträger entsprechend der vorangegangenen Verteilungspraxis verteilt werden soll (vgl. AG Oldenburg a.a.O mit Verweis auf LG Lübeck, NJW-RR 1999, 1655). Im hier zu beurteilenden Fall ist jedoch schon nicht bekannt, wie und in welchem Umfang in der Vergangenheit eine Bekanntmachung der in dem elektronischen Branchenverzeichnis enthaltenen Werbeanzeigen bei potentiellen Kunden erfolgt ist. Die Klägerin selbst hat auch nicht behauptet, dass eine bisherige Praxis für den Beklagten erkennbar gewesen sei.

Die vertragswesentlichen Pflichten können auch nicht nach §§ 315, 316 BGB bestimmt werden. Aus der Vertragsurkunde ergibt sich schon nicht, dass das Recht zur Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 1 BGB der Klägerin zustehen sollte. Unabhängig davon hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, von einem Bestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 2 BGB gegenüber dem Beklagten Gebrauch gemacht zu haben.

Im Ergebnis haben die Parteien somit keinen wirksamen Vertrag geschlossen. Die Vertragsgestaltung ist nicht ausreichend, um den von der Klägerin geschuldeten Erfolg im Hinblick auf die Werbewirksamkeit der Anzeige bestimmen zu können."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH bestätigt Runes of Magic-Entscheidung: Duzen, Anglizismen und direkte Ansprache in Online-Spielen ist unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen

Wie der vzbv berichtet hat der BGH nunmehr die Runes of Magic-Entscheidung (I ZR 34/12) bestätigt. Siehe zum Thema BGH: Online-Werbung gegenüber Kindern, die zum Kauf auffordert, ist wettbewerbswidrig - Free2Play, Sparabo & Co vor dem Aus ? und BGH: Unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen durch direkte Ansprache, Duzen und Anglizismen - Volltext der Runes of Magic Entscheidung liegt vor

Die Pressemitteilung des vzbv:

"Runes of Magic: Kinderwerbung bei Computerspiel nicht erlaubt
BGH urteilt: Unzulässige Kaufaufforderung an Kinder

An Kinder gerichtete Werbeaussagen mit einem Link zu kostenpflichtigen Zubehörangeboten für das Computerspiel „Runes of Magic“ sind unzulässig. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte sein Urteil aus dem Juli 2013. Geklagt hatte Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Gameforge 4D GmbH. Gegen das Versäumnisurteil hatte das Unternehmen Einspruch eingelegt.

„Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas“. Mit dieser an Kinder gerichteten Kaufaufforderung wurde auf der Website des Computer-Rollenspiels „Runes of Magic“ für Spielzubehör geworben. Nach Klick auf den Link öffnete sich ein eine neue Internetseite, auf der diverse Zusatzprodukte zum Kauf angeboten wurden. Der BGH hat das nun untersagt.

Der vzbv hatte geklagt, da eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder nach dem Anhang des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verboten ist. Dabei mache es keinen Unterschied, dass das Angebot erst über einen Link konkretisiert werde.

Virtuelle Ware gegen echtes Geld

Der vzbv hatte außerdem vorgetragen, dass durch das Angebot von zusätzlichen Gegenständen, die die Teilnahme an dem Spiel attraktiver machen, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern ausgenutzt werde.

Zwar lässt sich das Rollenspiel „Runes of Magic“ kostenlos herunterladen, Erweiterungen sind aber nur durch den Kauf virtueller Gegenstände möglich. Für die virtuelle Ware muss echtes Geld gezahlt werden: 3.000 Diamanten kosteten den Spieler im Jahr 2009 zum Beispiel 99,99 Euro. Ein Reittier gab es reduziert für 199 Diamanten.

Der BGH bestätigte mit seiner Entscheidung das Versäumnisurteil vom 17. Juli 2013. Gegen dieses hatte das Unternehmen Einspruch eingelegt (Versäumnisurteil des BGH vom 17. Juli 2013 (I ZR 34/12))."

BGH: Unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen durch direkte Ansprache, Duzen und Anglizismen - Volltext der Runes of Magic Entscheidung liegt vor

BGH
Urteil vom 17.07.2013
I ZR 34/12
Runes of Magic
UWG Nr. 28 Anh. zu § 3 Abs. 3


Wir hatten bereits in den Beitrag "BGH: Online-Werbung gegenüber Kindern, die zum Kauf auffordert, ist wettbewerbswidrig - Free2Play, Sparabo & Co vor dem Aus ?" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Eine Werbung, die sprachlich von einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlicher Anglizismen geprägt wird, richtet sich in erster Linie gezielt an Kinder.

b) Mit der im Sinne von „Kauf Dir …“ oder „Hol Dir …“ zu verstehenden Formulierung „Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse ‚Etwas‘“ werden die mit der Werbung angesprochenen Kinder im Sinne der Nummer 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG unmittelbar aufgefordert, selbst die beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu erwerben. Dem steht nicht entgegen, dass die Preise und Merkmale der einzelnen Produkte und Dienstleistungen nicht auf der Internetseite, die die Werbeaussage enthält, sondern erst auf der nächsten durch einen elektronischen Verweis verbundenen Seite dargestellt werden.
BGH, Versäumnisurteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 34/12 - KG Berlin - LG Berlin


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Online-Werbung gegenüber Kindern, die zum Kauf auffordert, ist wettbewerbswidrig - Free2Play, Sparabo & Co vor dem Aus ?

BGH
Urteil vom 17.07.2013
I ZR 34/12
Runes of Magic


Der BGH hat entschieden, dass Online-Werbungg gegenüber Kindern, die zum Kauf auffordert, wettbewerbswidrig ist. Der BGH hat auf Klage des vzbv dem Betreiber des Online-Spiels "Runes of Magic" u.a. untersagt, mit Aussagen wie "Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas" zu werben.

Damit steht letztlich das komplette Geschäftsmodell zahlreicher Free2Play-Spiele auf der Kippe, die entsprechende Werbemethoden verwenden um Einnahmen zu generieren. Auch andere Online-Angebote und Mobile-Angebote mit entsprechender "kindgerechter" Werbung müssen nun mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten rechnen.

Der BGH stützt seine Entscheidung auf Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG. Eine unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 UWG und damit wettbewerbswidrig ist nach Ziff. 28.

"die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen"

Die Entscheidungsgründe müssen nun abgewartet werden, um die tatsächliche Tragweite der Entscheidung abschätzen zu können.

Update: Der vzbv hat inzwischen eine Pressemitteilung zur Entscheidung veröffentlicht.