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EuGH: Transferregeln für Profifußballer der FIFA wegen unzulässiger Beschränkung bzw. Verhinderung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs teilweise unionsrechtswidrig

EuGH
Urteil vom 04.10.2024
C-650/22
FIFA


Der EuGH hat entschieden, dass die Transferregeln für Profifußballer der FIFA wegen unzulässiger Beschränkung bzw. Verhinderung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs teilweise unionsrechtswidrig sind.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Fußball: Einige FIFA-Bestimmungen über internationale Transfers von Berufsfußballspielern verstoßen gegen das Unionsrecht

Diese Bestimmungen behindern die Freizügigkeit der Spieler und beschränken den Wettbewerb zwischen den Vereinen.

Ein ehemaliger Berufsfußballspieler mit Wohnsitz in Frankreich wendet sich vor den belgischen Gerichten gegen einige von der Fédération internationale de football association (FIFA), dem Verband, der weltweit für die Organisation und Kontrolle des Fußballs zuständig ist, erlassene Bestimmungen und macht geltend, sie hätten seine Verpflichtung durch einen belgischen Fußballverein behindert. Die fraglichen Bestimmungen finden sich im „FIFAReglement bezüglich Status und Transfer von Spielern“ (RSTS).

Diese Bestimmungen, die sowohl von der FIFA als auch von den ihr angehörenden nationalen Fußballverbänden wie dem belgischen Verband (URBSFA) angewandt werden sollen, gelten u. a. für den Fall, dass ein Verein der Ansicht ist, dass einer seiner Spieler seinen Arbeitsvertrag vorzeitig ohne „triftigen Grund“ aufgelöst hat. In einem solchen Fall haften der Spieler und jeder Verein, der ihn verpflichten möchte, gesamtschuldnerisch für die Zahlung einer Entschädigung an den ehemaligen Verein. Außerdem kann der neue Verein unter bestimmten Umständen mit einer sportlichen Sanktion in Form eines Verbots der Verpflichtung neuer Spieler für eine vorgegebene Periode geahndet werden. Schließlich muss der nationale Verband, dem der ehemalige Verein des Spielers angehört, es ablehnen, dem Verband, bei dem der neue Verein registriert ist, einen internationalen Freigabeschein auszustellen, solange zwischen dem ehemaligen Verein und dem Spieler eine Streitigkeit über die Auflösung des Vertrags besteht.

Die Cour d’appel de Mons (Appellationshof Mons, Belgien) fragt den Gerichtshof, ob diese unterschiedlichen Bestimmungen mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und dem Wettbewerbsrecht vereinbar sind.

Der Gerichtshof entscheidet, dass alle diese Bestimmungen gegen das Unionsrecht verstoßen.

Zum einen sind die fraglichen Bestimmungen geeignet, die Freizügigkeit von Berufsfußballspielern zu behindern, die ihre Tätigkeit weiterentwickeln möchten, um für einen neuen Verein mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Union zu arbeiten. Diese Bestimmungen belasten diese Spieler und die Vereine, die sie einstellen möchten, nämlich mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken, die zusammen genommen geeignet sind, den internationalen Transfer dieser Spieler zu behindern. Zwar können Beschränkungen der Freizügigkeit von Berufsfußballspielern durch das im Allgemeininteresse liegende Ziel gerechtfertigt werden, die Ordnungsmäßigkeit der Fußballwettbewerbe zwischen den Vereinen zu gewährleisten, indem ein gewisser Grad an Beständigkeit in den Mannschaften der Profifußballvereine aufrechterhalten wird, im vorliegenden Fall scheinen die fraglichen Bestimmungen jedoch, vorbehaltlich einer Überprüfung durch die Cour d’appel de Mons, in mehrerlei Hinsicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

Zum anderen entscheidet der Gerichtshof im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht, dass die beanstandeten Bestimmungen eine Beschränkung bzw. Verhinderung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs bezwecken, der zwischen allen Profifußballvereinen in der Union bestehen kann, wenn sie einseitig Spieler verpflichten, die bei einem anderen Verein unter Vertrag stehen oder denen vorgeworfen wird, ihren Arbeitsvertrag ohne triftigen Grund aufgelöst zu haben. Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass die Möglichkeit, miteinander in den Wettbewerb zu treten, indem man bereits ausgebildete Spieler verpflichtet, eine wesentliche Rolle im Bereich des professionellen Fußballs spielt und dass Bestimmungen, die diese Art des Wettbewerbs in allgemeiner Weise beschränken, indem sie die Verteilung der Arbeitnehmer auf die Arbeitgeber festschreiben sowie die Märkte abschotten, einer Abwerbeverbotsvereinbarung ähneln. Im Übrigen stellt der Gerichtshof fest, dass diese Bestimmungen – vorbehaltlich einer Überprüfung durch die Cour d’appel de Mons – nicht unerlässlich oder erforderlich zu sein scheinen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Voraussetzungen für Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht durch Vereinbarung zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits zwischen Inhaber eines Arzneimittelpatents und Generikahersteller

EuGH
Urteil vom 30.01.2020
C-307/18
Generics (UK) Ltd, GlaxoSmithKline plc, Xellia Pharmaceuticals ApS, Alpharma LLC, formerly Zoetis Products LLC, Actavis UK Ltd, Merck KGaA
./.
Competition and Markets Authority,


Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Gerichtshof stellt klar, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits zwischen dem Inhaber eines Arzneimittelpatents und einem Generikahersteller gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstößt.

In dem Urteil Generics (UK) u. a. (C-307/18), das am 30. Januar 2020 verkündet wurde, hat der Gerichtshof klargestellt, unter welchen Voraussetzungen Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Inhaber von Arzneimittelpatenten und Generikaherstellern unter das Verbot von Verhaltensweisen und Vereinbarungen, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Art. 101 AEUV), bzw. unter das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung (Art. 102 AEUV) fallen.

Das vom Competition Appeal Tribunal (Gericht für Wettbewerbssachen, Vereinigtes Königreich) beim Gerichtshof eingereichte Vorabentscheidungsersuchen betraf die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung über Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten, die die Competition and Markets Authority (Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde, Vereinigtes Königreich) gegen verschiedene Generikahersteller und den Pharmakonzern GlaxoSmithKline (im Folgenden: GSK) erlassen hatte (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). GSK war Inhaberin eines Patents für den Wirkstoff des Antidepressivums Paroxetin sowie von Sekundärpatenten für bestimmte Verfahren zur Herstellung dieses Wirkstoffs. Als das Primärpatent 1999 auslief, erwogen mehrere Generikahersteller, mit generischem Paroxetin in den Markt des Vereinigten Königreichs einzutreten. Vor diesem Hintergrund erhob GSK gegen die Generikahersteller Klagen wegen Verletzung ihrer Patente. Diese wiederum fochten eines der Sekundärpatente von GSK an. Die Rechtsstreitigkeiten wurden schließlich durch Vereinbarungen, die GSK mit den betreffenden Generikaherstellern schloss, gütlich beigelegt. Die Generikahersteller erklärten sich gegen Zahlungen von GSK bereit, für einen bestimmten Zeitraum darauf zu verzichten, mit eigenen Generika in den Markt einzutreten (im Folgenden: streitige Vereinbarungen). Mit der angefochtenen Entscheidung stellte die Competition and Markets Authority fest, dass die streitigen Vereinbarungen gegen das Kartellverbot verstießen und dass GSK mit den Vereinbarungen auch ihre beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt missbraucht habe, weshalb gegen die beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt wurden.

Der Gerichtshof hat zunächst darauf hingewiesen, dass eine Vereinbarung zwischen Unternehmen nur dann unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn sie den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts spürbar einschränkt, was voraussetzt, dass die betreffenden Unternehmen zumindest potenzielle Wettbewerber sind. Bei einem Generikahersteller, der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch nicht in den Markt eingetreten war, muss hierzu nachgewiesen werden, dass für ihn tatsächlich konkrete Möglichkeiten bestanden, in den Markt einzutreten. Insoweit ist im Einzelfall zu prüfen, ob der betreffende Generikahersteller in Anbetracht der von ihm getroffenen Vorbereitungsmaßnahmen fest entschlossen war, in den Markt einzutreten, und hierzu auch aus eigener Kraft in der Lage war, und ob unüberwindliche Marktzutrittsschranken bestanden. Patente stellen, da sie angefochten werden können, für sich genommen keine unüberwindlichen Marktzutrittsschranken dar.

Zum Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung die Feststellung voraussetzt, dass die streitigen Vereinbarungen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen. Maßgeblich sind insoweit neben dem Inhalt der Vereinbarungen die mit ihnen verfolgten Ziele sowie der wirtschaftliche und der rechtliche Zusammenhang, in dem sie stehen. Da bei Arzneimitteln der Verkaufspreis nach dem Markteintritt von Generika erheblich sinkt, ist nach Auffassung des Gerichtshofs davon auszugehen, dass Vereinbarungen wie die streitigen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, wenn sich die vorgesehenen Wertübertragungen in Anbetracht ihres Umfangs nur mit dem geschäftlichen Interesse der Vertragsparteien an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lassen und sie somit für die Generikahersteller einen Anreiz darstellen, auf den Eintritt in den betreffenden Markt zu verzichten. Bei der Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sind, sofern sie erwiesen sind, auch wettbewerbsfördernde Auswirkungen der fraglichen Vereinbarungen zu berücksichtigen, jedoch allein im Rahmen der Prüfung der Frage, ob die betreffende Vereinbarung den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall zu prüfen, ob die festgestellten wettbewerbsfördernden Auswirkungen ausreichen, um begründete Zweifel daran aufkommen zu
lassen, dass die betreffende Vereinbarung den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt.

Zu der Frage, ob Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits wie die streitigen Vereinbarungen als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden können, hat der Gerichtshof entschieden, dass, um festzustellen, ob die Vereinbarung potenzielle oder tatsächliche Auswirkungen auf den Wettbewerb hatte, zu prüfen ist, wie sich der Markt ohne die Absprachen wahrscheinlich verhalten hätte und welche Struktur er dann gehabt hätte, ohne dass ermittelt zu werden braucht, wie wahrscheinlich es war, dass der Generikahersteller obsiegt oder einen den Wettbewerb weniger einschränkenden Vergleich schließt.

Zu den Fragen betreffend den Begriff des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung hat der Gerichtshof als Erstes festgestellt, dass bei einem Arzneimittel, dessen Herstellungsverfahren nach wie vor durch ein Patent geschützt sind, auch Generika in den Produktmarkt einzubeziehen sind, sofern die betreffenden Generikahersteller nachweislich in der Lage sind, mit hinreichender Stärke in den Markt einzutreten, um ein ernst zu nehmendes Gegengewicht zu dem bereits auf dem Markt vertretenen Originalpräparatehersteller bilden zu können. Als Zweites hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Feststellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung einen Eingriff in die Wettbewerbsstruktur des Markts voraussetzt, der über die spezifischen Auswirkungen der einzelnen durch Art. 101 AEUV verbotenen Vereinbarungen hinausgeht. Da diese auch in ihrer Gesamtheit wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen haben können, kann ihr Abschluss, soweit er Teil einer entsprechenden Gesamtstrategie ist, auf dem Markt eine erhebliche abschottende Wirkung haben, indem den Verbrauchern die Vorteile des Markteintritts potenzieller Wettbewerber, die ihr eigenes Arzneimittel herstellen, vorenthalten werden und der Markt mithin unmittelbar oder mittelbar dem Hersteller des Originalpräparts vorbehalten wird. Schließlich hat der Gerichtshof als Drittes darauf hingewiesen, dass ein solches Verhalten gerechtfertigt sein kann, wenn das Unternehmen nachweist, dass dessen wettbewerbswidrige Auswirkungen durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden, die auch dem Verbraucher zugutekommen. Bei der entsprechenden Abwägung sind die wettbewerbsfördernden Auswirkungen des betreffenden Verhaltens ohne Rücksicht auf die mit diesem verfolgten Ziele zu berücksichtigen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





Bundeskartellamt: Gemeinsame App für Girokonten der Sparkassen kartellrechtlich nicht zu beanstanden - Yomo

Das Bundeskartellamt hat entschieden, dass die gemeinsame App für Girokonten der Sparkassen (Yomo) kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen App-basiertes Girokonto der Sparkassen

Mehrere Sparkassen planen derzeit unter dem Projektnahmen „Yomo“ („Your Money“) eine gemeinsame App zu entwickeln, die eine Kontoeröffnung und Kontoführung über das Mobiltelefon ermöglicht. Da die einzelnen regionalen Sparkassen bei einem solchen bundesweit verfügbaren Angebot im Wettbewerb zueinander stehen, hat sich das Bundeskartellamt mit dem Vorhaben befasst.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die Sparkassen haben uns vorab über ihre Pläne informiert. In der uns vorgelegten Ausgestaltung haben wir keine wettbewerblichen Bedenken gegen das Vorhaben. Die Zusammenarbeit der Sparkassen ermöglicht es insbesondere auch kleineren Instituten, ein eigenes App-basiertes Girokonto anzubieten und junge Kunden anzusprechen. Dadurch dürfte der Wettbewerb auf dem Markt für Girokonten eher belebt werden.“

Über die App wird der Kunde die Möglichkeit haben, unter den teilnehmenden Sparkassen ein kontoführendes Institut auszuwählen. Das Angebot soll die grundlegenden Funktionen eines normalen Girokontos bieten, u.a. soll der Kunde auch eine übliche Girocard zum Geldabheben und Bezahlen erhalten. In dieser Version soll das Konto kostenlos sein. Sollte der Kunde weitere Dienstleistungen wünschen, etwa eine Kreditkarte oder einen Dispositionskredit, werden die teilnehmenden Sparkassen die Konditionen hierfür unabhängig voneinander selbst festlegen.

Mit einem Angebot, das sich an Kunden innerhalb Deutschlands unabhängig von seinem Wohnort wendet, stehen die teilnehmenden Sparkassen im Wettbewerb zueinander. Die gemeinsame Vereinbarung der Sparkassen darüber, die Basisversion des App-Kontos kostenlos anzubieten, könnte eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung darstellen.

Im Rahmen seines Aufgreifermessens hat das Bundeskartellamt entschieden, kein Verfahren gegen die teilnehmenden Sparkassen einzuleiten. Das gemeinsame Vorgehen der Sparkassen erscheint in diesem Fall gerechtfertigt, da so insbesondere auch kleinere Institute die Möglichkeit haben, über die App Neukunden zu gewinnen. Darüber hinaus erscheint es in dem derzeitigen Marktumfeld unumgänglich, die Basisversion eines App-Kontos kostenfrei anzubieten, so dass die Vereinbarung – wenn überhaupt – den Wettbewerb nur geringfügig beschränkt.

BGH: Markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung - Ob eine kartellrechtswidrige spürbare Wettbewerbsbeschränkung besteht bedarf sorgfältiger Prüfung

BGH
Urteil vom 15.12.2015
KZR 92/13
Pelican/Pelikan
GWB § 1; AEUV Art. 101 Abs. 1

Leitsätze des BGH:


a) Dem Umstand, dass Unternehmen eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung abgeschlossen haben, kommt regelmäßig keine erhebliche Bedeutung für die Beurteilung der Frage zu, ob zwischen ihnen potentieller Wettbewerb besteht.

b) Für die Frage, ob eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung den Wettbewerb beschränkt, kommt es nicht auf den Schutzbereich der Marken der Parteien, sondern darauf an, ob sie nach allgemeinen Grundsätzen aktuelle oder potentielle
Wettbewerber sind.

c) Beschränkt eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung zwischen Nichtwettbewerbern einen der Vertragspartner im Wettbewerb mit Dritten, weil er eine auf den Drittmärkten bereits benutzte Marke dort nicht weiter verwenden darf, bedarf die Feststellung der Spürbarkeit einer solchen Wettbewerbsbeschränkung sorgfältiger Prüfung.

d) Jedenfalls eine kartellrechtlich nicht relevante Abgrenzungsvereinbarung wird nicht ohne weiteres schon mit der Löschung der Marke in entsprechendem Umfang unwirksam.

BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - KZR 92/13 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Bundeskartellamt ermittelt gegen ASICS wegen unzulässiger Beschränkungen des Online-Vetriebs - Unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen durch selektives Vertriebssystem

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamts:

"Nach vorläufiger Prüfung durch das Bundeskartellamt enthält das selektive Vertriebssystem von ASICS Deutschland, in dem Laufschuhe nur über autorisierte Händler an Endkunden verkauft werden, eine Reihe von schwerwiegenden Wettbewerbsbeschränkungen. Diese Bedenken treffen vor allem die weitgehende Behinderung des Internetvertriebs. ASICS Deutschland wurden die Bedenken des Bundeskartellamtes heute schriftlich mitgeteilt. Dem Unternehmen ist eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10. Juni 2014 eingeräumt worden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Es ist allgemein anerkannt, dass Hersteller ihre Händler nach bestimmten Kriterien auswählen dürfen und Qualitätsanforderungen aufstellen können. ASICS untersagt den Händlern allerdings den Vertrieb über Online-Marktplätze und die Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen und schießt damit über das Ziel hinaus. Nach unserer vorläufigen Einschätzung dient das ASICS-Vertriebssystem in der jetzigen Form vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs im Online- sowie im stationären Vertrieb. Durch die umfangreichen Vorgaben des Herstellers wird der Wettbewerb unter den Händlern beim Vertrieb von ASICS-Laufschuhen beeinträchtigt. Zudem schränkt ASICS den Wettbewerb im Markt für Laufschuhe insgesamt stark ein, weil ASICS über eine starke Marktposition verfügt und auch andere große Laufschuhhersteller das Onlinegeschäft in ähnlicher Weise beschränken.“

Das Bundeskartellamt kritisiert insbesondere, dass den Händlern die Nutzung von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon ohne Ausnahme untersagt wird. Die Behörde bemängelt auch, dass ASICS seinen Händlern die Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen verbietet. Ferner dürfen die Markenzeichen von ASICS nicht auf Internetseiten Dritter verwendet werden, auch nicht um Kunden auf den Online-Shop des autorisierten ASICS-Händlers zu leiten. Das Bundeskartellamt sieht jedes dieser drei pauschalen Verbote für sich genommen als eine unzulässige Kernbeschränkung an. Zusammen begründen diese Verbote sogar ein de-facto-Verbot des Internetvertriebs.

Kritisch sieht das Bundeskartellamt über die Beschränkungen des Online-Vertriebs hinaus auch die sehr detaillierte Ausdifferenzierung des Vertriebssystems in über 20 Händlerkategorien, denen teilweise ein unterschiedliches Produktsortiment zugewiesen wird. Hieran sind die Händler auch bei Querlieferungen an andere zugelassene ASICS-Händler gebunden. Außerdem können viele der zugelassenen Händler nur ein eingeschränktes Produktsortiment an Endkunden verkaufen.

Viele Markenhersteller sind derzeit damit befasst, ihre selektiven Vertriebssysteme umzustellen und an die Gegebenheiten des Online-Vertriebs anzupassen. Das Bundeskartellamt führt in diesem Zusammenhang derzeit auch ein Verfahren gegen den Sportartikelhersteller Adidas.

Soweit Hersteller konkrete Fragen zur wettbewerbskonformen Ausgestaltung ihrer Selektivsysteme haben, steht das Bundeskartellamt grundsätzlich auch für Gespräche und eine Prüfung dieser Vorschläge bereit."

LG Mannheim: Hersteller von Schulranzen ist berechtigt den Vertrieb über die Auktionsplattform eBay zu verbieten

Das LG Mannheim hat mit Urteil vom 14.03.2008 - 7 O 263/07 Kart entschieden, dass der Hersteller von hochwertigen Schulranzen berechtigt ist, seinen Vertriebspartnern den Vertrieb über die Auktionsplattform eBay zu verbieten und einen Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften verneint. Das LG Berlin vertritt die gegenteilige Ansicht (6 O 412/07 Kart). Der BGH hatte seinerzeit mit Urteil vom 04.11.2003 – KZR 2/02 entschieden, dass ein Hersteller von Luxuskosmetika nicht verpflichtet ist, Online-Händler zu beliefern. Der BGH ist der Ansicht, dass der Betreiber eines selektiven Vertriebssystems für hochwertige Markenparfums ein berechtigtes Interesse daran hat, den Online-Vertrieb auszuschließen oder an besondere Voraussetzungen zu knüpfen. Ob sich diese Grundsätze auch auf alltägliche Produkte wie Schulranzen übertragen lassen, ist zumindest sehr fraglich.


LG Mannheim, Urteil vom 14.3.2008 - 7 O 263/07 Kart

Leitsätze des Gerichts:

1. Richtet der Hersteller von hochpreisigen Schulranzen, die er als Markenware vertreibt, ein selektives Vertriebssystem ein, in dem er seinen Fachhändlern vorschreibt, ein stationäres Einzelhandelsgeschäfts mit dem Ambiente eines Fachgeschäfts zu unterhalten, sämtliche Markenprodukte einschließlich von Ergänzungswaren zu bevorraten und anzubieten, kompetentes Fachpersonal einzusetzen und das Geschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet zu halten, so bedeutet die zusätzliche Verpflichtung, im Internet nur über einen diesen Anforderungen entsprechenden eigenen Internetshop und nicht über Auktionsplattformen zu vertreiben, keinen Verstoß gegen § 1 GWB, weil sich diese Bedingungen für den Internetvertrieb auf das zur Gewährleistung eines qualitätsangemessenen Vertriebs Erforderliche beschränken.

2. Auch wenn der Hersteller Normadressat ist und der Abnehmer von ihm sortimentsbedingt abhängig ist, liegt in diesem Fall kein Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB vor, weil die Abwägung aller Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes ergibt, dass die darin liegende Behinderung nicht unbillig ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
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