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OLG Köln: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit Sofortbonus wenn dieser nicht zeitnah automatisch ausgezaht wird

OLG Köln
Urteil vom 05.05.2020
6 U 282/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn mit einem "Sofortbonus" geworben wird und dieser nicht zeitnah automatisch ausgezahlt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Dem Kläger steht ein Anspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Nr. 7, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG zu wegen der verspäteten und erst nach Aufforderung durch die Kundin erfolgten Auszahlung des im Angebot auf Abschluss eines Energieliefervertrages ausgelobten sog. „Sofortbonus“.

a. Unstreitig handelt es sich bei der Internetvergleichsplattform W. um einen offiziellen Vertragspartner der Beklagten, die die Informationen für das Vergleichsportal von der Beklagten erhält. Über dieses Portal hat die Kundin Rita L. ihren Stromliefervertrag mit der Beklagten geschlossen. Im Portal war im Angebot der Beklagten der Begriff „Sofortbonus“ mit einer Erläuterung hinterlegt, die sich beim Anklicken des Begriffs öffnete und in der es hieß:

„Den angegeben Bonus gewährt der Anbieter einmalig für den Anbieterwechsel, Der Bonus wird innerhalb von 60 Tagen nach Lieferbeginn überwiesen. (…)“.

Damit hat die Beklagte, der das Verhalten der von ihr beauftragten W. nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen ist, eine Auszahlung des „Sofortbonus“ innerhalb von 60 Tagen nach Lieferbeginn angekündigt und versprochen.

Tatsächlich überwiesen wurde der Bonus jedoch erst nach ausdrücklicher Aufforderung seitens der Kundin vom 10.6.2018 am 13.6.2018, also mehr als 100 Tage nach Lieferbeginn.

b. Das Verhalten der Beklagten stellt eine unlautere, weil irreführende geschäftliche Handlung iSd § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Nr. 7 UWG über die Rechte der Verbraucher bzw. die Bedingungen, unter denen die Ware oder Dienstleistung erbracht wird, dar. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 erfasst dabei u.a. das Bestehen von Rechten und deren Inhalt und die Voraussetzungen ihrer Ausübung, Höhe, Berechnung und Gegenstand einer zu empfangenden Leistung sowie den Leistungszeitpunkt sowie Erfüllungsmodalitäten (vgl. Bornkamm/Feddersen in: K/B/F, UWG, 38. Aufl. § 5 Rn. 8.4). Nr. 2 erfasst sämtliche vertraglichen Regelungsaspekte. Dazu zählen neben dem Bestehen von Rechten und Pflichten, Höhe, Berechnung beispielsweise auch Gegenstand einer zu zahlenden oder zu empfangenden Haupt- oder Nebenleistung sowie Leistungszeitpunkte (vgl. Bornkamm/Feddersen in: K/B/F, UWG, 38. Aufl., § 5 Rn, 3.193).

aa. Vorliegend wird dem Verbraucher bei einem Versorgerwechsel ein ausdrücklich als „Sofortbonus“ bezeichneter Bonusbetrag versprochen, der innerhalb einer bestimmten Frist gezahlt werden soll. Dass ein Bonus besonders geeignet ist, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, steht außer Frage. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass es nicht um die Frage der Auszahlung des Bonus an sich geht, sondern allein um die Frage der fristgerechten Auszahlung. Insoweit könnte die zeitliche Komponente – wie die Beklagte meint – zwar zivilrechtliche Ansprüche begründen, weil sich die Beklagte mit ihrer Leistung in Verzug befunden haben mag. Es sei aus Sicht der Beklagten jedoch keine geschäftliche Handlung ersichtlich, die von wettbewerbsrechtlicher Relevanz sei.

bb. Dieser Ansicht der Beklagten kann nicht gefolgt werden, weil vorliegend ausdrücklich ein „Sofortbonus“ ausgelobt worden ist. Bei einem „Sofortbonus“, der die Bedeutung (auch) der zeitlichen Komponente bereits im Namen trägt, geht es dem Verbraucher nicht nur darum, irgendwann einen Geldvorteil zu erhalten, etwa wie bei vielen „Neukundenboni“, bei denen am Ende des ersten Jahres eine Verrechnung erfolgt. Bei einem „Sofortbonus“ wird neben dem Geldvorteil gerade mit einer schnellen Auszahlung geworben. Die Erwartung des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers mit der situationsadäquaten Aufmerksamkeit, auf den abzustellen ist (s. nur Bornkamm/Feddersen in: K/B/F, 38. Aufl. § 5 Rn. 0.71 mwN), geht dahin, dass der Bonusbetrag zwar nicht sofort, aber jedenfalls zeitnah wie angekündigt ausbezahlt werden wird. Diesen Lockeffekt macht sich die Beklagte – wie im Übrigen viele ihrer Konkurrenten auch – zunutze, um Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung, nämlich zu einem Anbieterwechsel zu bewegen. Der Durchschnittsverbraucher erwartet dann, dass das Geld innerhalb der Frist von der Beklagten automatisch überwiesen werden wird. Wenn der Sofortbonus dann nach 60 Tagen nach Lieferbeginn nicht ausbezahlt wird, werden diejenigen Verbraucher, denen es gerade auf die zeitliche Komponente des Sofortbonus ankam, enttäuscht. Bei geringfügigen Fristüberschreitungen mag eine Relevanz zu verneinen sein. Wann eine Fristüberschreitung noch hinnehmbar wäre, kann dahin gestellt bleiben. Vorliegend ist die Auszahlung zum einen erst nach Aufforderung durch den Kunden und zum anderen ca. 40 Tage nach der angekündigten Frist erfolgt. Sie ist damit auch unter Berücksichtigung der einschränkenden „ca“-Angabe in der Auftragsbestätigung aus Sicht des Verbrauchers in keinem Fall mehr nur geringfügig und hinnehmbar. Der Kläger hat zudem behauptet, dass festzustellen sei, dass die Beklagte „vertraglich vereinbarte Boni erkennbar nur auf ausdrückliche Aufforderung des Verbrauchers auskehrt“. Dies ist unbestritten geblieben und deckt sich überdies mit den beiden weiteren diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Fällen, in denen die Beklagte ebenfalls erst auf ausdrückliche Aufforderung des Kunden, ihren vertraglich übernommenen oder gesetzlich auferlegten Pflichten nachgekommen ist.

cc. Mit dieser Handhabung wird dem Kunden eine Überwachungspflicht auferlegt mit dem Risiko, dass er die Nichtzahlung möglicherweise übersieht und seine Ansprüche nicht geltend macht. Die Kontrolle über die Einhaltung der versprochenen Leistungen wird entgegen der Ankündigung in der Werbung dem Kunden – mit den daraus folgenden möglichen Risiken – auferlegt, obwohl der Kunde aufgrund der vor Vertragsschluss getätigten Auslobung davon ausgegangen ist, dass ihm der Sofortbonus ohne Weiteres innerhalb der angekündigten Frist ausbezahlt wird und er u.a. wegen der unter Einrechnung des Sofortbonus erzielten Kostengünstigkeit, aber auch wegen der durch die Ankündigung suggerierten Einfachheit und Problemlosigkeit den Anbieterwechsel vorgenommen hat. Insoweit ist vorliegend ein wettbewerbsrechtlich relevantes Verhalten und damit eine geschäftliche Handlung anzunehmen.

c. Die Beklagte verweist zwar darauf, dass es sich allenfalls um eine bloße Schlechtleistung bzw. verzögerte Leistung handele, die die für den betroffenen Vertragspartner die ihm zustehenden Rechte (hier wegen Verzugs) nach sich ziehen könne, aber für sich gesehen keine Wettbewerbshandlung sei. Dies trifft indes nur zu, wenn eine unrichtige Angabe, beispielsweise ein nicht eingehaltenes Versprechen, nicht auf eine bestimmte geschäftliche Entscheidung des Vertragspartners abzielt (vgl. BGH GRUR 2013, 945 Rn. 35 ff – Standardisierte Mandatsbearbeitung). Anders verhält es sich aber, wenn – wie hier – die Handlung des Unternehmers auf die Beeinflussung einer geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers, einen Versorgerwechsel, gerichtet ist und deshalb objektiv mit der Absatzförderung oder Vertragsdurchführung zusammenhängt (vgl. Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. § 5 Rn. 1.12). Bei einer Ankündigung eines Unternehmers vor Vertragsschluss, vertragsgemäß leisten zu wollen, obwohl tatsächlich von vornherein kein entsprechender Leistungswille bestand, dient die Ankündigung als Mittel im Wettbewerb um Kunden und stellt eine „geschäftliche Handlung“ dar (s. Franzke in: Büscher, UWG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 64 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend trotz größtmöglicher Sicherungsmaßnahmen unter Beachtung der unternehmerischen Sorgfalt ausnahmsweise eine verspätete Zahlung unvermeidbar gewesen wäre, hat selbst die Beklagte nicht vorgetragen. Sie geht vielmehr davon aus, dass ihr aufgrund der „ca.“-Angabe in der Auftragsbestätigung ein gewisser Spielraum eingeräumt sei, den sie nicht überschritten habe. Daraus lässt sich schließen, dass sie von vornherein meinte, zu einer Zahlung innerhalb der 60-Tage-Frist - trotz ihrer eigenen Ankündigung auf der Internetseite W. - nicht verpflichtet zu sein.

d. Die Frage, ob bei einem einmaligen Fehlverhalten eines Unternehmers möglicherweise keine Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr besteht, sondern diese im Einzelnen festzustellen ist (so Köhler in: K/B/F, UWG, 38. Aufl. § 2 Rn. 86; aA: Franzke in: Büscher, UWG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 63, Fn. 126) stellt sich nicht. Denn auch nach Ansicht Köhlers ist die Wiederholungsgefahr zu vermuten, wenn das konkrete Handeln des Unternehmers – wie hier - seiner Art nach wiederholbar ist und es sich nicht etwa um das Bestreiten eines Sachmangels in einem Einzelfall handelt. Da die Beklagte die Ansicht vertritt, dass ihr durch die „ca.“ Angabe ein gewisser Spielraum eingeräumt sei, der mit 40 Tagen nach der vereinbarten Frist noch gewahrt sei, ist die Wiederholungsgefahr im vorliegenden Fall nach beiden in der Literatur vertretenen Ansichten ohne weiteres anzunehmen.

2. Dem Kläger steht auch ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten zu, es zu unterlassen, Verbrauchern Abschlussrechnungen nicht innerhalb von sechs Wochen nach Beendigung des Lieferverhältnisses zu erteilen. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 3, 3a, 8 UWG iVm § 40 Abs. 4 EnWG UWG.

Nach § 40 Abs. 4 EnWG müssen Lieferanten sicherstellen, dass der Letztverbraucher die Abrechnung nach § 40 Abs. 3 EnWG spätestens sechs Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraums und die Abschlussrechnung spätestens sechs Wochen nach Beendigung des Lieferverhältnisses erhält. Diese Pflicht hat die Beklagte im vorliegenden Fall des Kunden Sven C. verletzt.

a. Die Nichterfüllung der gesetzlichen Pflicht, stellt eine geschäftliche Handlung iSv § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, welche der Tatbestand des § 3a UWG voraussetzt. Das Handeln muss objektiv mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages zusammenhängen (Köhler in: K/B/F, UWG, 38. Aufl. § 3a Rn. 1.61). Für die Auslegung sind jedenfalls die Erwägungsgründe der UGP-RL und einzelne Regelungen heranzuziehen. Nach Erwägungsgrund 7 UGP-RL sollen solche Geschäftspraktiken erfasst werden, „die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers in Bezug auf Produkte stehen“ (s. Köhler, aaO, § 2 Rn. 43).

Mit Einführung des § 40 Abs. 4 EnWG ist die Vorgabe des Anhangs I Abs. 1 lit. j der StromRL (RL 2009/72/EG) umgesetzt worden (vgl. BT-Drs. 17/6072, 84). Nach Art. 3 Abs. 7 S. 6, 7 StromRL soll sichergestellt werden, dass zugelassene Kunden tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln können. Zumindest im Fall der Haushalts-Kunden schließen solche Maßnahmen die in Anhang I aufgeführten Maßnahmen ein. Denn der Anhang I dient der Erleichterung des Wechsels des Versorgers. Damit ist § 40 Abs. 4 EnWG als Umsetzung der Maßnahmen des Anhangs I unmittelbar auf eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers in Bezug auf Produkte gerichtet. Ein Verstoß gegen diese in § 40 Abs. 4 EnWG aufgeführte Pflicht stellt danach eine geschäftliche Handlung iSd § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Es handelt sich bei § 40 Abs. 4 EnWG auch – schon nach seinem Wortlaut - um eine echte Pflicht und nicht um eine bloße Obliegenheit (vgl. Heinlein/Weitenberg in: Danner/Theobald, Energierecht, Stand: 103. EL, Oktober 2019, § 40 EnWG Rn. 48; Hellermann in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 40 Abs. 4 EnWG Rn. 39). Dies ergibt sich auch daraus, dass mit der Einführung des § 40 Abs. 4 EnWG die Vorgabe des Anhang I Abs. 1 Buchst. j der StromRL umgesetzt wird und durch die Einführung einer bloßen Obliegenheit die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wäre.

b. Da § 40 Abs. 4 EnWG dem Verbraucher den Wechsel des Versorgers erleichtern will und den Unternehmen eine echte Pflicht auferlegt, handelt es sich offensichtlich auch um eine verbraucherschützende und marktverhaltensregelnde Norm, zu deren Geltendmachung der Kläger befugt ist.

3. Wegen der nicht rechtzeitigen Ausbezahlung eines Überschusses nach Schlussrechnung an Verbraucher steht dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung nach §§ 3, 3a UWG iVm §§ 812, 242 BGB, § 40 Abs. 4 EnWG oder nach allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts bzw. jedenfalls aus § 3 Abs. 2 UWG zu.

Insoweit rügt die Beklagte in der Berufung lediglich, dass § 13 Abs. 3 S. 2 StromGVV bzw. die entsprechende GasGVV auf Sonderkundenverträge nicht anwendbar sei und sich das Landgericht auf diese Regelung gestützt habe, ohne sich mit ihrer Anwendbarkeit auseinandergesetzt zu haben.

a. Die Frage, ob § 13 Abs. 3 S. 2 StromGVV auf Verträge mit Sonderkunden anwendbar ist oder die Norm jedenfalls eine Leitbildfunktion aufweist, kann dahingestellt bleiben. Denn die in § 13 Abs. 3 S. 2 StromGVV normierte Pflicht stellt keine lex specialis dar, sondern spiegelt lediglich einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wider. Aus der Natur von Abschlagszahlungen/Vorschüssen ergibt sich, dass ein etwaiger Überschuss nach Abrechnung sofort zurückzuzahlen bzw. mit der nächsten Abschlagszahlung, die bei einer Vertragsbeendigung jedoch ausgeschlossen ist, zu verrechnen ist (vgl. BR-Drs. 306/06, 34 zu § 13 Abs. 3 StromGVV). Da Abschlagszahlungen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie nur vorläufig bis zu einer im Wege der Abrechnung festzustellenden endgültigen Vergütung zu leisten sind, ohne dass sie auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können, ergibt sich, dass ein etwaiger Überschuss nach Abrechnung sofort zurückzuzahlen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.12.2014 – 20 U 136/14 -, juris Rn. 33 mwN), § 271 Abs. 1 BGB. Ein Grund für den Energieversorger, noch nach der Schlussrechnung einen etwaigen Überschuss des ehemaligen Kunden behalten zu dürfen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auch der BGH geht – so das OLG Düsseldorf - wie selbst verständlich davon aus, dass ein etwaiger Überschuss bei Abrechnung oder Abrechnungsreife unverzüglich auszukehren sei (s. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.12.2014 – 20 U 136/14 -, juris Rn. 32 f., mwN). Damit ist davon auszugehen, dass die in § 40 Abs. 4 EnWG geregelte Frist für die Abrechnung gleichzeitig auch eine entsprechende Frist für die Auszahlung setzt und eine Überschreitung der Frist aus den Gründen zu Ziff. 2b. wegen der Verletzung einer Regelung, die der Erleichterung eines Versorgerwechsels dient, eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt.

b. Im Übrigen läge aus den o.g. Erwägungen selbst dann, wenn der Unlauterkeitstatbestand des § 3a UWG hier nicht greifen würde, jedenfalls eine nach § 3 Abs. 2 UWG unlautere geschäftliche Handlung vor, die nicht der unternehmerischen Sorgfalt entspricht und geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Die Generalklausel in § 3 Abs. 2 UWG dienst als Auffangtatbestand für diejenigen unlauteren geschäftlichen Handlungen, die nicht von den in § 3a bis 7 UWG geregelten Fallgruppen erfasst werden; sie hat die Funktion, Schutzlücken zu schließen und den Gerichten die Möglichkeit der Rechtsfortbildung zu geben (s. Büscher in: Büscher, UWG, § 3 Rn. 8).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Berlin: Online-Vermittlungsportal für Fahrschulen darf mangels Fahrschulerlaubnis nicht mit "Online Fahrschule" und nicht mit falschen Konditionen werben

LG Berlin
Urteil vom 26.09.2019
52 O 346/18


Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Online-Vermittlungsportal für Fahrschulen mangels eigener Fahrschulerlaubnis nicht mit der Aussage "Online Fahrschule" werben darf. Zudem liegt eine Irreführung vor, wenn auf dem Online-Portal mit Konditionen und Preisen geworben wird, die von den gelisteten Fahrschulen nicht angeboten werden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


OLG Köln: Unzulässige vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 UWG durch Preisvergleichsportal Check24 zu Lasten von HUK Coburg wenn Tarife ohne Preisangabe in Tarifvergleich aufgenommen werden

OLG Köln
Urteil vom 12.04.2019
6 U 191/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine nach § 6 Abs.2 UWG unzulässige vergleichende Werbung durch das Preisvergleichsportal Check24 zu Lasten des Versicherers HUK Coburg vorliegt, wenn Tarife ohne Preisangabe in Tarifvergleich aufgenommen werden

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zu der von der Klägerin beantragten Verurteilung zur Unterlassung und Zahlung der weiteren Abmahnkosten. Es liegt eine vergleichende Werbung vor, was das Landgericht zutreffend angenommen hat. Diese verstößt gegen § 6 Abs. 2 UWG. Im Einzelnen:

1. Der Klageantrag ist nach Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung im Antrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt gefasst. Jedenfalls nach Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung ergibt sich die Unbestimmtheit des Klageantrags nicht daraus, dass der Begriff „Vergleiche(n) von Preisen“ zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemacht worden ist, während die Parteien über die Frage streiten, ob ein solcher vorliegt.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 6 Abs. 2 UWG.

a) Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Darstellung des Preisvergleichs der Beklagten ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

b) Die geschäftliche Handlung der Beklagten ist gemäß § 3, 6 Abs. 2 UWG unzulässig.

aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vergleich der Beklagten eine vergleichende Werbung im Sinne des § 6 UWG darstellt. Diese Annahme lässt keinen Fehler in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht erkennen und wird von den Parteien auch nicht angegriffen.

bb) Die Werbung ist gemäß § 6 Abs. 2 UWG unzulässig und daher unlauter.

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen wird. Daher ist eine vergleichende Werbung unzulässig, wenn im Rahmen eines Preisvergleichs Produkte mit Preisangabe anderen Produkten gegenübergestellt werden, ohne den jeweiligen Preis zu nennen. Denn der Vergleich bezieht sich in diesem Fall nicht auf eine oder mehrere Eigenschaften, sondern schließt ein Produkt von dem eigentlichen Vergleich von vorne herein aus.

Wird indes nicht der Preis alleine verglichen, sondern erfolgt eine Gegenüberstellung von diversen Eigenschaften eines Produkts oder einer Dienstleistung, so kann der Vergleich weiterhin zulässig sein. Dies beruht, was das Landgericht – von der Berufung nicht beanstandet – angenommen hat, darauf, dass eine vergleichende Werbung nicht vollständig sein muss, weil dem Durchschnittsverbraucher bewusst ist, dass eine solche regelmäßig dazu dient, die Vorteile der Erzeugnisse des Werbenden herauszustellen. Es begegnet daher grundsätzlich keinen Bedenken, einen Werbevergleich lediglich auf bestimmte Gesichtspunkte zu beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2009 – I ZR 141/07, GRUR 2010, 658 Rn. 15).

Der Bundesgerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung weiter ausgeführt, dass die Grenze zur Irreführung überschritten ist, wenn der Eindruck der Vollständigkeit vermittelt werde.

Die Werbung ist somit nur dann nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG unlauter, wenn die Darstellung der Beklagten ein reiner Preisvergleich wäre.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist vorliegend von einem reinen Preisvergleich auszugehen, weil eine vergleichende Gegenüberstellung der sonstigen Leistungen der jeweiligen Versicherungsleistungen aus der maßgeblichen Sicht des angesprochenen Verkehrs nicht erfolgt.

In diesem Zusammenhang kann der Senat das Verkehrsverständnis der angesprochenen Verkehrskreise selbst beurteilen, weil sich die Werbung der Beklagten an einen allgemeinen Verbraucherkreis richtet. Selbst wenn sich die Werbung allein an die Personen richtete, die eine Versicherung für ein Kraftfahrzeug abgeschlossen haben, oder sich wegen Erwerbs eines Kraftfahrzeugs für einen entsprechenden Abschluss interessieren, gehören die Mitglieder des Senats diesem Verkehrskreis an.

Vorliegend stellt die angegriffene Gegenüberstellung der Produkte aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise einen reinen Preisvergleich dar. Zwar spricht insbesondere die Möglichkeit, die Produktauswahl durch zahlreiche Vorgaben zu begrenzen, sowie die Möglichkeit, die Ergebnisse nach bestimmten Kriterien, die den Umfang der Versicherungsleistungen betreffen, dafür, dass nicht allein ein Preisvergleich erfolgt, sondern auch die weiteren Leistungen der jeweiligen Versicherungen gegenübergestellt werden. Der Verkehr versteht die im Tenor dargestellte Gegenüberstellung der Leistungen der verschiedenen KFZ-Versicherungen dennoch als reinen Preisvergleich.

Dies beruht zunächst darauf, dass die Beklagte ihre Leistungen unstreitig damit bewirbt, Preise für Leistungen miteinander zu vergleichen, und den Preisvergleich so werblich in den Vordergrund stellt. Bereits aufgrund dieser Werbung wird der Nutzer des Portals der Beklagten die Gegenüberstellung in erster Linie als Preisvergleich ansehen.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Nutzer bestimmte Kriterien für den Preisvergleich vorgeben kann. So kann der Nutzer die Voraussetzungen für die Produkte vorgeben, deren Preise miteinander vergleichen werden sollen. Auch später ist eine Einschränkung des Vergleichs auf bestimmte Produkte durch den Nutzer möglich. Diese Möglichkeiten zur Filterung der Ergebnisse ändert indes nichts daran, dass der jeweilige Nutzer das Portal der Beklagten allein als Preisvergleichsportal ansieht. Denn die Eingabe der Kriterien erfolgt letztlich ausschließlich mit dem Zweck, einen Preisvergleich unter Vorgabe der Kundenkriterien zu ermöglichen. Dies führt nicht dazu, dass ein Verbraucher das Portal der Beklagten als ein solches ansehen würde, bei dem etwas anderes als die Preise verglichen werden könnten.

Auch die Art der Darstellung führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn in der Darstellung wird der Vergleich der Preise derart in den Vordergrund gestellt, dass der Verbraucher allein die Gegenüberstellung der Preise als wesentliches Kriterium ansieht und die weiteren Kriterien nur dazu dienen, den Preisvergleich auf die Produkte zu beschränken, die die vom Kunden vorgegebenen Anforderungen erfüllen.

cc) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr wird in Form der Wiederholungsgefahr aufgrund der Erstbegehung vermutet.

dd) Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verwirkt (vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2013 – I ZR 188/11, BGHZ 198, 159 Rn. 21 – F), zumal auch ein hinreichendes Umstandsmoment weder ersichtlich noch hinreichend dargelegt ist.

3. Der Anspruch, die Klagemarken nicht zu nutzen, ergibt sich vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG. Die Beklagte nutzte die zugunsten der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Marken DE3xx60xxx und DE3xx71xxx in identischer Form im geschäftlichen Verkehr für ein identisches Produkt. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Eine Berechtigung zur Nutzung der Marken ergibt sich nicht aus der Zulässigkeit der vergleichenden Werbung. Zwar kann die Nutzung der identischen Zeichen im Rahmen der vergleichenden Werbung zulässig sein, wie das Landgericht mit Recht angenommen hat. Da die vergleichende Werbung – wie dargelegt – in der angegriffenen Form aber nicht zulässig ist, ist auch die streitgegenständliche Nutzung der Klagemarken unzulässig.

4. Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Der Anspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe.

Die Klägerin hat den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten ursprünglich aus einem Streitwert von 300.000 € auf der Basis einer 1,3-fachen Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale und MwSt. gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend gemacht. Nachdem der Landgericht die Beklagte zu 2 zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.743,43 € (1,3-fache Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale und MwSt.) verurteilt hat und die Klägerin lediglich die Differenz zum ursprünglich eingeklagten Betrag gegenüber der Beklagten (zu 1) geltend macht, ist der Anspruch in dieser Höhe in jedem Fall begründet.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Köln: Irreführende Werbung des Vergleichsportals check24 mit "Nirgendwo Günstiger Garantie“ im Bereich Kfz-Versicherungen wenn es günstigere Angebote gibt

LG Köln
Urteil vom 18.09.2018
31 0 376/17


Das LG Köln hat entschieden, dass eine irreführende Werbung des Vergleichsportals check24 vorliegt, wenn der Portalbetreiber mit einer "Nirgendwo Günstiger Garantie“ im Bereich Kfz-Versicherungen wirbt, es aber tatsächlich günstigere Angebote gibt. Geklagt hatte die HUK Coburg die teilweise günstigere Tarife anbietet.

LG Berlin: Wettbewerbswidrige Werbung eines Immobilienportals mit Zum Höchstpreis verkaufen und bis zu 25.000 EUR mehr

LG Berlin
Urteil vom 05.06.2018
16 O 267/17


Das LG Berlin hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Immobilienportal mit den Aussagen "Zum Höchstpreis verkaufen" und "bis zu 25.000,00 EUR".

Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


LG Berlin: Vergleichsportal für Augenlaser-Behandlungen muss auf Provisionsvereinbarungen mit gelisteten Ärzten hinweisen

LG Berlin
Urteil vom 09.11.2017
52 O 15/17


Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Vergleichsportal für Augenlaser-Behandlungen darauf hinweisen muss, dass mit den gelisteten Ärzten Provisionsvereinbarungen bestehen.




Bundeskartellamt untersucht Online-Vergleichsportale in den Bereichen Reise, Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Energie

Das Bundeskartellamt untersucht Online-Vergleichsportale in den Bereichen Reise, Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Energie.

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Bundeskartellamt startet Untersuchung von Vergleichsportalen

Das Bundeskartellamt hat eine Sektoruntersuchung „Vergleichsportale“ im Internet eingeleitet.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Millionen von Verbrauchern informieren sich alltäglich mit Hilfe von Vergleichsportalen im Internet. Buchungen über hohe Beträge und weitreichende Vertragsabschlüsse werden von den Angaben der Portale beeinflusst. Wir müssen sicherstellen, dass die Verbraucher sich dabei auf die Zuverlässigkeit, die Objektivität und die Transparenz der Portale verlassen können.“

Die Untersuchung des Bundeskartellamtes wird sich auf Vergleichsportale im Internet aus den Bereichen Reise, Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Energie konzentrieren. Die Behörde wird zahlreiche Betreiber zu Themen wie Rankings, Finanzierung, Verflechtungen, Bewertungen, Verfügbarkeiten oder relevante Marktabdeckung befragen, um mögliche Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften aufklären und konkretisieren zu können. Dabei werden die umfassenden Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes gegenüber den Portalen die bisherigen Möglichkeiten der Identifizierung und Bewertung möglicher Rechtsverstöße erheblich verbessern.

Andreas Mundt weiter: „Bislang werden Probleme mit Vergleichsportalen vor allem im Wege einzelner privatrechtlicher Gerichtsverfahren verfolgt. Hinweise von Verbands- und Verbraucherseite legen nahe, dass wir uns nun grundlegend mit dem Thema befassen. Wir ermitteln nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern schauen uns diesen Wirtschaftszweig insgesamt an, um etwaige verbotene Verhaltensweisen anhand einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung identifizieren zu können.“

Derzeit führt das Bundeskartellamt die Auswahl der zu befragenden Vergleichsportale durch und bereitet die Fragebögen vor, die bis Jahresende versandt werden sollen. Nach Eingang und Auswertung der Antworten sowie einer anschließenden Konsultation der betroffenen Wirtschaftskreise wird das Bundeskartellamt die Ergebnisse der Sektoruntersuchung in einem Bericht zusammenfassen.

Mit der Sektoruntersuchung können etwaige Defizite in der zivilrechtlichen und behördlichen Durchsetzung des Verbraucherrechts in diesem Bereich identifiziert werden. Der Bericht wird in Abhängigkeit von den Untersuchungsergebnissen Aufschluss darüber geben können, wie das Bundeskartellamt vorbehaltlich entsprechender Kompetenzen einen Beitrag dazu leisten könnte, um Lauterkeitsrecht zum Schutz einer Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland durchzusetzen.

Mit der Sektoruntersuchung „Vergleichsportale“ setzt das Bundeskartellamt seine neuen Untersuchungskompetenzen im Bereich des Verbraucherschutzes (vgl. Pressemitteilung vom 12. Juni 2017) in einem ersten konkreten Verfahren ein. Eine Sektoruntersuchung im Bereich der Verbraucherrechte nach § 32e Abs. 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) richtet sich wie Sektoruntersuchungen im Bereich des Wettbewerbsschutzes nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern dient der Untersuchung eines Wirtschaftszweigs.

Das Bundeskartellamt wird noch in diesem Jahr über die Einleitung einer weiteren Sektoruntersuchung zu Problemen aus dem digitalen Verbraucheralltag entscheiden.

Über Entscheidungs- und Durchsetzungsbefugnisse zur Ergänzung des zivilrechtlichen Systems der Durchsetzung von Verbraucherschutz in Deutschland verfügt das Bundeskartellamt noch nicht.