OVG Berlin-Brandenburg
Beschluss vom 18.10.2024
OVG 6 S 37/24
Das OVG Berlin-Brandenburg, dass ein Newsportal einen presserechtlichen Anspruch gegen das Innenministerium auf Auskunft über anwaltliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts: OVG: Innenministerium muss Auskunft erteilen
Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, dem Betreiber eines Online-Nachrichtenportals Auskunft zu erteilen, gegen welche Person es im Jahr 2022 mit einem anwaltlichen Unterlassungsbegehren vorgegangen ist und wie die beanstandete Äußerung lautete.
Nach Auffassung des Senats hat der Betreiber des Online-Nachrichtenportals einen verfassungsunmittelbaren presserechtlichen Auskunftsanspruch. Das Portal sei ein im Internet frei zugängliches, audiovisuelles und journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot. Deshalb sei es im Hinblick auf den Auskunftsanspruch der Presse oder dem Rundfunk im funktionalen Sinn gleichzustellen. Zudem bestehe hinsichtlich des in Rede stehenden Auskunftsbegehrens ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein Aktualitätsbezug, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigten. Der Antragsteller habe hinreichend dargelegt, dass es sich beim Vorgehen der Bundesregierung gegen regierungskritische Presseberichterstattung mit Hilfe externer Anwaltskanzleien um ein neues Phänomen handele, an dem ein großes Interesse der Öffentlichkeit bestehe.
Das OVG Münster hat entschieden, dass ein Ministerium bzw. eine Behörde bei einer IFG-Anfrage über fragdenstaat.de nicht standardmäßig die Angabe der Postanschrift des Antragstellers verlangen darf.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Standardmäßige Erhebung der Postanschrift des Antragstellers bei IFG-Antrag über „fragdenstaat.de“ unzulässig
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) darf nicht standardmäßig die Angabe der Postanschrift des Antragstellers verlangen, der über die Internetplattform „fragdenstaat.de“ einen Antrag auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) stellt. Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit heute verkündetem Urteil entschieden und die vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln geändert.
Ein Bürger stellte mittels einer von der Internetplattform „fragdenstaat.de“ generierten, nicht personalisierten E-Mail-Adresse beim BMI einen Auskunftsantrag nach dem IFG. Das Ministerium forderte ihn dazu auf, seine Postanschrift mitzuteilen, da andernfalls der verfahrensbeendende Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben und das Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könne. Aufgrund dessen sprach der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) eine datenschutzrechtliche Verwarnung gegenüber dem BMI aus. Das Verwaltungsgericht Köln gab der dagegen gerichteten Klage des BMI statt und hob die Verwarnung auf. Die Berufung des BfDI hatte nun Erfolg.
Zur Begründung hat der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Die Verwarnung des Ministeriums durch den BfDI ist rechtmäßig. Die Erhebung der Postanschrift war im Zeitpunkt der Datenverarbeitung für die vom BMI verfolgten Zwecke nicht erforderlich. Weder aus den maßgeblichen Vorschriften des IFG noch aus den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts geht hervor, dass ein Antrag nach dem IFG stets die Angabe einer Postanschrift erfordert. Anhaltspunkte dafür, dass eine Datenerhebung im vorliegenden Einzelfall erforderlich war, liegen ebenfalls nicht vor.
Das Oberverwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
In einem weiteren, auf einem vergleichbaren Sachverhalt beruhenden Verfahren hatten der BfDI und die beigeladene Open Knowledge Foundation, die die Internetplattform „fragdenstaat.de“ betreibt, mit ihren Berufungen hingegen keinen Erfolg. Der BfDI hatte dem BMI die datenschutzrechtliche Anweisung erteilt, in Verfahren nach dem IFG über die vom Antragsteller übermittelten Kontaktdaten hinaus nur noch dann zusätzliche personenbezogene Daten zu verarbeiten, wenn ein Antrag ganz oder teilweise abzulehnen sein wird oder wenn Gebühren zu erheben sind. Wie schon das Verwaltungsgericht Köln hielt auch das Oberverwaltungsgericht mit heute verkündetem Urteil diese Anweisung für rechtswidrig - allerdings aus anderen Gründen: Der streitgegenständliche Bescheid weist jedenfalls einen zu weitreichenden Regelungsgehalt auf, weil er eine Datenverarbeitung auch für die Fälle verbietet, in denen sie ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte.
In diesem Verfahren hat das Oberverwaltungsgericht die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Es liegt eine neue Version - Stand 19.11.2020 - des Referentenentwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme - IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – IT-SiG 2.0 vor.
Es liegt der Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme - IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – IT-SiG 2.0 vor.
Das Bundeskabinett hat das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit (NIS-Richtlinie) beschlossen.
Die Pressemitteilung des BMI:
"Bundesregierung stärkt Cybersicherheit
Kabinett beschließt Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit
Digitale binäre Daten geschützt durch das Sicherheitssystem (Quelle: Netzwerk- und Informationssystemsicherheit)
Das Kabinett hat heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 (NIS-Richtlinie) beschlossen.
Hierzu erklärt der Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière: "Die NIS-Richtlinie ist ein wichtiger Schritt für mehr Cyber-Sicherheit auch in Europa. Die Bundesregierung hat nun die Voraussetzungen dafür geschaffen, die europäischen Vorgaben rechtzeitig und zeitnah auch in nationales Recht umzusetzen. Dabei war die Ausgangsposition hierfür denkbar gut: In Deutschland haben wir mit dem IT-Sicherheitsgesetz, das bereits im Juli 2015 in Kraft getreten ist, schon einen einheitlichen Rechtsrahmen, bei dem Staat und betroffene Wirtschaft für mehr Cyber-Sicherheit der Kritischen Infrastrukturen in Deutschland zusammenarbeiten. Wir setzen uns dafür ein, dass der im IT-Sicherheitsgesetz verankerte kooperative Ansatz EU-weit als Vorbild für die Umsetzung der NIS-Richtlinie genutzt werden kann. Damit werden wir unserer Vorreiterrolle in Europa auf dem Gebiet der Cyber-Sicherheit gerecht."
Mit dem Gesetzentwurf wird zudem die Umsetzung der Cybersicherheitsstrategie vorangebracht: "Wir schaffen mit dem Gesetz eine Rechtsgrundlage für den Einsatz so genannter Mobiler Incident Response Teams („MIRTs“). Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik wird zukünftig die Verwaltung und Betreiber kritischer Infrastrukturen auf deren Ersuchen hin bei herausgehobenen Sicherheitsvorfällen unterstützen können. Der Schutz von Staat, Wirtschaft und der Bevölkerung vor erheblichen Cyber-Sicherheits-Vorfällen wird damit weiter verbessert."
Die Richtlinie (EU) 2016/1148 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union sieht den EU-weiten Aufbau nationaler Kapazitäten für die Cyber-Sicherheit (nationale Strategien, Behörden und CERTs), eine stärkere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und Mindestanforderungen sowie Meldepflichten vergleichbar zum nationalen IT-Sicherheitsgesetz vor. Viele Maßnahmen aus der NIS-Richtlinie sind in Deutschland in dem bereits im Juli 2015 in Kraft getretenen IT-Sicherheitsgesetz enthalten. Insofern besteht in Deutschland relativ geringer zusätzlicher Umsetzungsbedarf. Sie ist bis spätestens zum 9. Mai 2018 in nationales Recht umzusetzen."
Daten als Rohstoff der Zukunft - Neues Gesetz soll Zugang zu öffentlich finanzierten Daten verbessern
Die Bundesregierung hat heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des E-Government-Gesetzes, sog. Open-Data-Gesetz, beschlossen.
Mit der unentgeltlichen Bereitstellung offener Daten durch Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung erfüllt die Bundesregierung eine Forderung aus der Digitalen Agenda der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich finanzierten Daten zu verbessern.
"In Zeiten der Digitalisierung sind offene Daten eine sehr wertvolle Ressource. Transparenz und Offenheit im digitalen Bereich ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Teilhabe und eine intensivere Zusammenarbeit der Behörden mit der Zivilgesellschaft. Die Daten werden in unbearbeiteter Form, maschinenlesbar ohne Zugangsbeschränkung bereitgestellt und können von jedermann frei verwendet, nachgenutzt und verbreitet werden - soweit keine Rechte Dritter entgegenstehen", erklärt Bundesinnenminister de Maizière.
"Zwar stellt die Verwaltung bereits heute eine Vielzahl von Daten bereit, mit dem Gesetzentwurf wird die Veröffentlichung nun aber zum Regelfall. Damit sollen der Wirtschaft neue Geschäftsmodelle eröffnet werden. Wir wollen Impulse geben und Innovationen bieten. Davon profitieren dann vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger, wenn beispielsweise mit Verkehrs-, Wetter- oder Geodaten Apps oder Internetangebote geschaffen werden, die im täglichen Leben oder im Umgang mit der Verwaltung für Erleichterungen sorgen", so de Maizière weiter.
Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, Daten der Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung für Bürgerinnen und Bürger zugänglich zu machen. Um dem Anspruch auf eine Vorreiterrolle Deutschlands gerecht zu werden, orientiert sich die Regelung dabei an international anerkannten Open-Data-Prinzipien, wie beispielsweise der Internationalen Open-Data-Charta. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass unter anderem der Schutz personenbezogener Daten sowie Sicherheitsbelange berücksichtig werden.
Das Bundeskabinett hat einen Maßnahmenkatalog "für einen besseren Schutz der Privatsphäre" beschlossen und einen entsprechenden Fortschrittsbericht veröffentlicht. Es bleibt abzuwarten, ob die gesetzten Ziele erreicht werden. Papier ist geduldig.
Die dazugehörige Pressemitteilung des Bundeskabinetts finden Sie hier: