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BVerwG: Portoerhöhung für Standardbriefe der Deutschen Post AG von 0,62 EURO auf 0,70 EURO im Jahr 2016 war rechtswidrig

BVerwG
Urteil vom 27.05.2020
6 C 1.19


Das BVerwG hat entschieden, dass die Portoerhöhung für Standardbriefe der Deutschen Post AG von 0,62 EURO auf 0,70 EURO im Jahr 2016 rechtswidrig war.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Briefporto für Standardbriefe rechtswidrig

Die Erhöhung des Entgelts für die Beförderung von Standardbriefen von 0,62 € auf 0,70 € für den Zeitraum von 2016 bis 2018 war rechtswidrig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Bundesnetzagentur hat der beigeladenen Deutschen Post AG die beantragten Erhöhungen der Entgelte für verschiedene Standardbriefdienstleistungen für den Zeitraum von 2016 bis 2018 genehmigt (sog. Price-Cap-Verfahren). Die beklagte Bundesrepublik ist verfassungs- und unionsrechtlich verpflichtet sicherzustellen, dass diese Leistungen flächendeckend im gesamten Bundesgebiet in einer bestimmten Qualität und zu erschwinglichen Preisen erbracht werden (Universaldienst). Die Deutsche Post AG hat sich gegenüber der Bundesrepublik rechtsverbindlich verpflichtet, den Universaldienst wahrzunehmen. Als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost verfügt sie über die Infrastruktur, die für eine flächendeckende Briefbeförderung notwendig ist. Ihr Umsatzanteil im Briefmarkt liegt nach wie vor bei mehr als 80 %.

Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Deutschen Post AG schreibt das Postgesetz vor, dass die Entgelte für Standardbriefdienstleistungen genehmigungspflichtig sind. Maßstab ist das Entgelt, das ein vernünftig wirtschaftendes Unternehmen in einem funktionierenden Wettbewerb unter Marktbedingungen erzielen würde (Wettbewerbspreis). Hierfür sind die Kosten, die das regulierte Unternehmen tatsächlich aufwendet, um die Leistungen zu erbringen, mit den fiktiven Kosten, die bei Vornahme der gebotenen Innovationen und Rationalisierungen im Regulierungszeitraum anfielen, zu vergleichen (Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung). Bestandteil der Effizienzkosten ist ein angemessener Gewinnzuschlag. Darüber hinaus sind Kosten zu berücksichtigen, die dem regulierten Unternehmen entstehen, weil es bei der Erbringung der Leistungen gesetzliche Verpflichtungen beachten muss. Hierbei handelt es sich insbesondere um Kosten für die Erfüllung der rechtsverbindlichen Anforderungen an den Universaldienst, die ein effizient wirtschaftendes Unternehmen nicht eingehen würde. Das so ermittelte Kostenniveau ist mit dem Ausgangsentgeltniveau zu vergleichen.

Die genehmigten Entgelterhöhungen für die Jahre 2016 bis 2018 sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung als Verordnungsgeber im Jahr 2015 einen neuen Maßstab für die Ermittlung des Gewinnzuschlags eingeführt hat. Sie hat die Postentgeltregulierungsverordnung dahingehend geändert, dass sich der Gewinnzuschlag nicht mehr nach dem unternehmerischen Risiko, d.h. nach der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, bemisst, sondern Ergebnis einer Vergleichsmarktbetrachtung ist. Maßgebend sind die Gewinnmargen solcher Unternehmen, die in anderen europäischen Ländern auf vergleichbaren Märkten tätig sind. Die Briefmärkte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind ausnahmslos dadurch gekennzeichnet, dass die früheren staatlichen Monopolunternehmen nach wie vor eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Dementsprechend hat die Bundesnetzagentur auf die nach dem Geschäftsumfang gewichteten Umsatzrenditen dieser Unternehmen abgestellt.

Die Klage eines Vereins, in dem andere Postunternehmen zusammengeschlossen sind, gegen die Genehmigung der Entgelterhöhung für die Beförderung von Standardbriefen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf die Sprungrevision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die angefochtene Entgeltgenehmigung aufgehoben.

Die Entgeltgenehmigung ist rechtswidrig und verletzt daher den Kläger als Kunden der Beigeladenen in seinem grundgesetzlich geschützten Recht, den Inhalt von Verträgen autonom auszuhandeln. Die Rechtswidrigkeit folgt daraus, dass die im Jahr 2015 erlassenen Bestimmungen der Postentgeltregulierungsverordnung über die Ermittlung des unternehmerischen Gewinns durch eine Vergleichsmarktbetrachtung unwirksam sind. Sie sind nicht durch eine Verordnungsermächtigung des Postgesetzes gedeckt. Denn der seit 1998 unverändert geltende postgesetzliche Entgeltmaßstab der Effizienzkosten für den Gewinnzuschlag stellt auf die angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals des regulierten Unternehmens ab. Dieser Kostenbegriff erfasst keinen Gewinnzuschlag, der sich an Gewinnmargen vergleichbarer Unternehmen auf vergleichbaren anderen Märkten orientiert.

BVerwG 6 C 1.19 - Urteil vom 27. Mai 2020

Vorinstanz:

VG Köln, 25 K 7243/15 - Urteil vom 04. Dezember 2018 -



KG Berlin: eBay-Händler / Online-Shopbetreiber müssen Versandkosten in das europäische Ausland angegeben - Hinweis Versandkosten auf Anfrage reicht nicht

KG Berlin
Beschluss vom 02.10.2015
5 W 196/15


Das KG Berlin hat entschieden, dass Online-Shopbetreiber / gewerbliche eBay- Anbieter jedenfalls die Versandkosten in das europäische Ausland angegeben müssen, sofern auch Kunden im Ausland beliefert werden. Ein Hinweis "Versandkosten auf Anfrage" reicht nicht aus.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Antragsgegnerin bietet über eBay die genannten Produkte mit einem Versand u.a. nach Europa an, ohne dabei die Höhe der Versandkosten jedenfalls für die Länder der Europäischen Union anzugeben.

Nach den eBay-Bedingungen kann ein Verkäufer sein Angebot auf allen internationalen eBay-Websites (insgesamt 14 Länder, darunter auch die größeren Länder der Europäischen Union) erscheinen lassen, wenn er entsprechende Versandoptionen auswählt. Damit erreicht die Antragsgegnerin vorliegend mit ihrem Angebot eines Versands (auch) in die Länder der Europäischen Union, dass mit ihren eBay-Angeboten ebenso Verbraucher in diesen Ländern (zumindest in den von eBay genannten) angesprochen werden. Dies gilt vorliegend selbst dann, wenn nicht ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin auch Übersetzungen ihres Angebotes beigefügt hat. Sprachbarrieren verlieren innerhalb der Länder der Europäischen Union angesichts des zunehmenden länderübergreifenden Umzugs vieler Verbraucher und kostenloser Übersetzungsprogramme an Bedeutung.

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass nicht jedenfalls für die Länder der Europäischen Union jeweils die Höhe der Versandkosten ohne unzumutbaren Aufwand angegeben werden kann (vergleiche auch die Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats in GRUR-RR 2010, 440, in der selbst ein kleingewerblicher Händler die Versandkosten für die Europäische Union und die Schweiz angeben konnte). Dies gilt umso mehr, als in der Europäischen Union die wirtschaftlichen Bedingungen weit gehend angeglichen sind und ein Warenaustausch zwischen diesen Ländern grundsätzlich frei möglich ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: