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LG München: Audi obsiegt im Rechtsstreit gegen NIO - Verwechslungsgefahr zwischen Automobilbezeichnungen "S6" bzw. "S8" und "es 6" bzw. "es 8"

LG München
Urteil vom 19.01.2023
1 HK O 13543/21


Das LG München hat im markenrechtlichen Rechtsstreit zwischen Audi und NIO entschieden, dass Verwechslungsgefahr zwischen den Automobilbezeichnungen "S6" bzw. "S8" und "es 6" bzw. "es 8" besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
„Verwechslungsgefahr bei Werbung für Automarken“

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat heute in einem Markenstreit zwischen zwei Automobilherstellern zugunsten der Klageseite entschieden und der Beklagten die angegriffene Werbung untersagt (1 HK O 13543/21).

Der beklagte Autokonzern bewirbt auf seiner Internetseite zwei seiner Automobile mit seinem Firmennamen sowie dem Zusatz „es 6“ bzw. „es 8“ und plant die von ihm dergestalt beworbenen Fahrzeuge in Deutschland auf den Markt zu bringen.

Hiergegen wandte sich der Kläger in seiner Klage auf Unterlassung, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Feststellung des Schadenersatzes mit dem Argument, dass bezüglich der für ihn eingetragenen Marken „S 6“ und „S 8“ Verwechslungsgefahr bestehe.

Das Gericht bejahte im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr der beiden Zeichen durch gedankliches Inverbindungbringen.

Das Gericht ging davon aus, dass der in der Werbung zu sehende Firmenname für die Bewertung der Verwechselungsgefahr rechtlich außer Betracht zu bleiben habe, da es sich bei dem angegriffenen Zeichen erkennbar um einen Kfz-Typenbezeichnung handele und es im Automobilbereich die Gepflogenheit gebe, Typenbezeichnungen als eigenständige Marken im Sinne von Zweitmarken anzusehen. Es gelte dann der Grundsatz, dass Marken als Ganzes zu vergleichen seien.

Im Weiteren führte das Gericht zur Begründung aus:

Zwar weiche die angegriffene Gestaltung des beklagten Unternehmens durch den zusätzlichen Buchstaben „E“ im Zeichen der Beklagten schriftbildlich und klanglich merkbar von der klägerischen Marke „S 6“ und „S 8“ ab. Der zusätzliche Buchstabe „E“ sichere jedoch vorliegend keine hinreichende Unterscheidungskraft. Beide Marken würden zumindest in klanglicher Hinsicht gedanklich in Verbindung gebracht, was unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und bestehenden Warenidentität zu einer mittelbaren Verwechslungsgefahr führe.

Der Buchstabe „E“ in Verbindung mit einem Produkt sei nämlich aktuell als Abkürzung für „Elektro“/ „elektronisch“ quasi allgegenwärtig. Der Buchstabengebrauch betreffe sämtliche Lebensbereiche (z.B. als E-Akte das Gericht), insbesondere aber auch den Automobilbereich. Die Bedeutung bzw. der Ausbau der sogenannten „E-Mobilität“ sei ein wichtiges Gesellschaftsthema. Dementsprechend werde ein Kraftfahrzeug, das über einen Elektromotor verfüge, nicht nur als Elektroauto, sondern auch sehr häufig kurz als „E-Auto“ bezeichnet.

Die Kammer führte aus, es sei deshalb zu erwarten, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das „E“ in dem angegriffenen Zeichen und damit den einzigen Unterschied zwischen den beiden Zeichen auch hier als in diesem Sinne beschreibend verstehe und darin lediglich einen Hinweis auf den Motortyp des Fahrzeugs sehe. Es bestehe die Gefahr, dass Verbraucher annehmen, der „ES 6“ sei der „S 6“ in der Elektroversion, die beiden Fahrzeuge seien vom selben Hersteller. Es gebe damit eine über die reine Assoziation hinausgehende Gefahr einer Verwechselung durch Inverbindungbringen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


LG München: Wirkung markenrechtlicher Erschöpfung greift nicht wenn Zeichen auch nur geringfügig verändert wird

LG München
Urteil vom 24.11.2022
33 O 4349/22


Das LG München hat entschieden, dass die Wirkung markenrechtlicher Erschöpfung nicht greift, wenn das Zeichen auch nur geringfügig verändert wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

a) Bei der Wort-/Bildunionsmarke Nr. ... (Bild) und der Unionswortmarke Nr. ... („M“), handelt es sich um bekannte Marken im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. c UMV. Das Merkmal „bekannt“ setzte nach der Rechtsprechung des EuGH einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum voraus, der als erreicht anzusehen ist, wenn die Unionsmarke einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch diese Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist (EuGH GRUR 2015, 1002, 1003 Rn. 17 - Iron & Smith/Unilever). In territorialer Hinsicht ist die Voraussetzung der Bekanntheit als erfüllt anzusehen, wenn die Unionsmarke in einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets bekannt ist, wobei dieser Teil gegebenenfalls unter anderem dem Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats entsprechen kann (EuGH GRUR 2015, 1002, 1003 Rn. 19 - Iron & Smith/Unilever).

Nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Klägerin nutzt diese die M-Marken seit Jahrzehnten intensiv in mehreren Baureihen, wobei die Produktionszahlen seit 1997 auf hohem Niveau steigen. Danach soll beispielsweise im Jahr 2019 jedes dritte BMW-Serienfahrzeug serienmäßig über eine „M“ Ausstattung verfügt haben. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Instituts für Demoskopie Allensbach (Anlage K 5) beträgt die Bekanntheit des „M“ Logos 48 % im allgemeinen Verkehr. Der Beklagte hat dies nicht in Zweifel gezogen.

Danach rechtfertigen es die hohen Umsatzzahlen in Deutschland als bedeutendem Absatzmarkt für Fahrzeuge und als dem Sitz der Klägerin sowie die unbestritten hohe Bekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen von der Bekanntheit der M-Marken der Klägerin auszugehen.

b) Für den Bekanntheitsschutz nach Art. 9 Abs. 2 lit. c UMV kommt es weiter darauf an, ob die Benutzung des angegriffenen Zeichens eine gedankliche Verknüpfung zu der bekannten Marke nahelegt und es zu den dort näher spezifizierten Beeinträchtigungen der bekannten Marke kommt. Daneben bedarf es nicht der gesonderten Feststellung, dass in eine der geschützten Markenfunktionen der bekannten Marke eingegriffen wird (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rn. 135 mit Verweis auf BGH GRUR 2020, 401, 404 Rn. 36 - ÖKO-TEST I). Erforderlich ist aber eine Benutzung des Zeichens für Waren oder Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2020, 401, 404 Rn, 32 ff. - ÖKO-TEST I).

Die Frage, ob die Unterscheidungskraft einer Marke in unlauterer Weise ausgenutzt wird, ist anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände zu beurteilen, zu denen das Ausmaß der Bekanntheit und der Grad der Unterscheidungskraft der Marke, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und der Grad ihrer Nähe gehören. Von der Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn ein Dritter durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 49 - L’Oréal; BGH GRUR 2015, 1114 Rn. 38 - Springender Pudel).

In die vorzunehmende Abwägung ist auch der Freistellungstatbestand des Art. 14 UMV einzustellen, dem grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung gegenüber dem Schutz bekannter Marken zukommt. Die Wertungen des Art. 14 UMV - insbesondere die Frage, ob die Benutzung der Marke gegen die guten Sitten verstößt - kommen im Tatbestand des Art. 9 UMV bei der Prüfung zum Tragen, ob Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden (vgl. zu § 23 MarkenG BGH GRUR 2019, 165 Tz. 22 - keine-vorwerkvertretung).

c) Vorliegend verwendet der Beklagte mit dem Zeichen „M-Look“ ein zu den M-Marken klanglich und auch schriftbildlich ähnliches Zeichen. Auch der durch einen Bindestrich angefügte rein beschreibende englische Begriff „-look“ als Hinweis auf Aussehen/Design der Ware kann eine gedankliche Verknüpfung mit den M-Marken der Klägerin nicht verhindern und verstärkt sogar nochmals die Bedeutung des vorangestellten Zeichens „M“, indem auf die damit verbundene Verkehrserwartung anpreisend Bezug genommen wird. Daneben sind auch die weiteren, in der beanstandeten Produktbezeichnung genutzten Zusätze - mit Ausnahme des Zeichens „BMW“ - rein beschreibend. Die Verwendung des beanstandeten Zeichens erfolgt außerdem in der Produktbezeichnung und damit an einer Stelle, an der der Verkehr üblicherweise Hinweise auf die betriebliche Herkunft erwartet. Auch ist zu berücksichtigen, dass das angebotene Produkt identisch ist zu Waren, für welche die Klagemarken Schutz genießen. Schließlich wird die bereits entstandene gedankliche Verknüpfung zu den „M“-Marken der Klägerin noch weiter durch die Verbindung mit dem anschließend genutzten und eine Verwechslungsgefahr begründenden Zeichen „BMW“ verstärkt.

Damit nutzt der Beklagte die Unterscheidungskraft der Klagemarken dadurch aus, indem er die Aufmerksamkeit, die mit den bekannten Marken Nr. ... (Bild) und Nr. ... („M“) der Klägerin verbunden ist, dazu verwendet, auf die von ihm angebotene identische Ware hinzuweisen. Es besteht auch keine anzuerkennende Notwendigkeit, die M-Marken der Klägerin zur Beschreibung der angebotenen Ware in diesem Zusammenhang zu nutzen.

7. Die Nutzung der beanstandeten Zeichen, insbesondere des Zeichens „BMW“, erfolgte auch nicht lediglich als Hinweis auf die Bestimmung der Ware, etwa als Zubehör oder Ersatzteil, im Sinne des Art. 14 c) UMV. Das Zeichen wurde in der hier beanstandeten Bezeichnung bereits markenmäßig und nicht als bloßer Hinweis auf die Eignung der angebotenen Ware verwendet (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 23 Rn. 132). Insbesondere erblickt der angesprochene Verkehr in der konkreten Verwendung der klägerischen Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware (siehe oben unter II.3.). So fehlt in der beanstandeten Produktüberschrift jegliche Kenntlichmachung des beanstandeten Zeichens als bloße Bestimmungsangabe („passend für“).

8. Soweit der Beklagte sich durch die Behauptung, bei dem angebotenen Produkt habe es sich Originalware gehandelt, auf Erschöpfung beruft, kann dem nicht gefolgt werden.

a) Nach Art. 15 Abs. 1 UMV hat der Inhaber einer Marke zwar nicht das Recht, die Benutzung der Marke für Waren zu untersagen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Handelt es sich bei den in Rede stehenden Waren um Produktfälschungen, scheidet eine Erschöpfung jedoch von vornherein aus, da diese weder durch den Markeninhaber selbst noch mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind (BeckOK UMV/Müller, 26. Ed. 15.2.2022, UMV Art. 15 Rn. 15). Vorliegend hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. zur Beweislast: BGH GRUR 2012, 626 S2. 26 - CONVERSE, m.w.N.) - wie bereits oben unter Ziffer 2 d) bereits festgestellt - jedoch nicht darzulegen vermocht, dass es sich bei dem angebotenen Kühlergrill um Originalware der Klägerin handelte. Insbesondere fehlt belastbarer Vortrag zur konkreten Herkunft der angebotenen Ware einschließlich einer lückenlosen Lieferkette bis zum Hersteller. Solcher Vortrag wäre aber insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der angebotenen Ware nach bestrittenem Vortrag des Beklagten um ein Einzelteil gehandelt haben soll, zu erwarten gewesen.

b) Im Übrigen schiede eine Erschöpfung vorliegend auch aus, weil die von dem Beklagten verwendete Bezeichnung derart abgewandelt worden wäre, dass sie nicht mehr der Form des Inverkehrbringens durch die Klägerin - eine solche unterstellt - entspräche. Denn die Klägerin hat unbestritten vorgebracht, dass sie gar kein Produkt mit der Bezeichnung „M-Look“ vertreibe. Die Wirkung der Erschöpfung beschränkt sich jedoch auf das konkrete Zeichen in der Form, in welcher es von dem Markeninhaber beim Inverkehrbringen verwendet wurde. Selbst geringfügige Änderungen des Zeichens sind daher unzulässig (Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, Rn. 72).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo für Apps von Telefonica

OLG Hamburg
Urteil vom 29.09.2022
5 U 91/21


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo, welches von Telefonica für Apps verwendet wird, vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
"(e) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Beim Zeichenvergleich mit der isolierten Nutzung besteht unmittelbare markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Im Hinblick auf den selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil Abbildung in den angegriffenen Kombinationszeichen ist von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn auszugehen. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2008, 258 Rn. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Die erforderlichen besonderen Umstände werden eher gegeben sein, wenn der betreffende Zeichenbestandteil mit der Klagemarke identisch oder ihr hochgradig ähnlich ist (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Besondere Umstände, aufgrund deren der Verkehr wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhänge annimmt, können außerdem dann vorliegen, wenn der Verkehr in der älteren Marke zugleich ein Unternehmenskennzeichen oder eine bekannte Marke erkennt (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Vorliegend wird wegen der Ähnlichkeit des Bestandteils Abbildung mit der älteren Marke Abbildung bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Es handelt sich – wie noch auszuführen ist – bei der älteren Marke Abbildung um eine bekannte Marke und zugleich ein Unternehmenskennzeichen. Wie auch das angegriffene Zeichen Abbildung zeigt, ist der Verkehr im maßgeblichen Telekommunikationssektor daran gewöhnt, das verschiedene Unternehmenskennzeichen in Kombination verwendet werden, um die wirtschaftliche Verbindung darzustellen. Diese Gewohnheit des Verkehrs spricht im Streitfall für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Ob einzelne Waren / Dienstleistungen von einem Verbot gem. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV auszunehmen sind, kann vorliegend offenbleiben, da – wie noch auszuführen ist – jedenfalls ein umfassender Anspruch aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht.

(4) Der Antragstellerin stehen die gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) verfolgten Ansprüche überwiegend wahrscheinlich aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV zu, auch hinsichtlich der Anträge I.c) und I.e), die sich gegen firmenmäßige Verwendungen als Kennzeichen für ein Telekommunikationsunternehmen richten und die folgende Zeichennutzungen zum Gegenstand haben:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c)

Abbildung(Antrag I.e).

(a) Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV sieht einen erweiterten Schutz solcher Unionsmarken vor, die in der Union bekannt sind, sofern der Nutzende die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Hintergrund für den erweiterten Schutz des Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV ist der Umstand, dass vor allem bekannten Marken ein eigener wirtschaftlicher Wert zukommt, der unabhängig von den Waren und Dienstleistungen besteht, für die sie eingetragen sind (Grundmann in BeckOK MarkenR, 30. Ed., MarkenG Art. 9 UMV Rn. 32). Schutz gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht für ähnliche und unähnliche Waren und Dienstleistungen (Müller in in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 9 Rn. 47). Voraussetzung für den erweiterten Schutz einer Marke insbesondere gegen die Ausnutzung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung ist zunächst das Vorliegen einer bekannten Marke, wobei die Bekanntheit im Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates ausreichend sein kann (EuGH GRUR 2015, 1002 Rn. 19 – IRON & SMITH/UNILEVER).

Eine Marke ist bekannt, wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind (vgl. EuGH GRUR 2009, 1158, 1159 Rn. 24 – PAGO/Tirolmilch; BGH GRUR 2003, 428, 432 – BIG BERTHA; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Erforderlich ist eine Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II). Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falls, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (BGH GRUR 2011, 1043, 1045 Rn. 42 – TÜV II; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Das Merkmal der „Bekanntheit“ ist nicht rein quantitativ im Sinne einer Auswertung demoskopischer Gutachten zu verstehen, sondern es umfasst auch qualitative Aspekte, wobei sämtliche Faktoren in eine wertende Gesamtbeurteilung eingehen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder). Die Tatsachen, aus denen sich eine Bekanntheit der Marke ergibt, können allgemeinbekannt und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu zählt auch, ob die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (BGH GRUR 2014, 378 Rn. 22, 27 – OTTO CAP).

(b) Zu Recht hat das Landgericht eine Bekanntheit der Verfügungsmarke Abbildung im vorgenannten Sinn hinsichtlich des Kernbereichs der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angenommen. Angesprochener Verkehrskreis ist das allgemeine Publikum, sind also auch die Mitglieder des Senats. Eine 20jährige umfangreiche Nutzung der Verfügungsmarke (auch in abweichender Farbgestaltung) für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationstechnologie und in der Werbung ist – wie ausgeführt – im vorliegenden Verfahren dargetan, glaubhaft gemacht und auch gerichtsbekannt. Hinzu kommt ein unwidersprochen dargetaner hoher Markenwert der Marke Abbildung im Jahr 2021 als zweitwertvollste deutsche Marke mit einem Brand Value von 47,096 Mio. USD (vgl. Anlage Ast 31), der auch auf die Verfügungsmarke Abbildung einzahlt. Schließlich ergibt sich – überwiegend wahrscheinlich – eine Bekanntheit der Marke i.S.v. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV auch aus der jüngsten von der Antragstellerin vorgelegten Verkehrsbefragung gem. Anlage BB 59 der Pflüger Rechtsforschung GmbH vom 03.08.2022 (Durchführung der Interviews im Juli 2022). Diese Verkehrsbefragung hat für die Verfügungsmarke im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation bei der Gesamtbevölkerung einen bereinigten Kennzeichnungsgrad von mehr als 80 % (89,2 %, vgl. S. 8 der Anlage BB 59) ergeben. Der erforderliche Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum, dem allgemeinen Publikum in Deutschland, ist damit für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen glaubhaft gemacht.

(c) Der EuGH legt bei der Beurteilung des Bekanntheitsschutzes anstelle der Verwechslungsgefahr ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der gedanklichen Verknüpfung zu Grunde (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 36 – L’Oréal/Bellure; Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Danach kann ein geringerer Grad an Zeichenähnlichkeit genügen, als er für die Verwechslungsgefahr erforderlich wäre (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Weiter ist eine herkunftshinweisende Zeichennutzung nicht zwingend erforderlich, wohl aber eine Benutzung, die geeignet ist, eine tatbestandsmäßige Beeinträchtigung der bekannten Marke hervorzurufen (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 541). Demnach kann auch bei nicht markenmäßiger Benutzung, etwa einem firmenmäßigen Gebrauch wie vorliegend zum Teil angegriffen, ein Anspruch aus Bekanntheitsschutz in Betracht kommen. Zudem stimmt bei Dienstleistungskennzeichen das Zeichen in vielen Fällen mit dem Unternehmenskennzeichen überein, so dass firmenmäßige und markenmäßige Benutzung häufiger ineinander übergehen (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 – AKZENTA).

Die erforderliche gedankliche Verknüpfung, die einen geringeren Grad an Zeichenähnlichkeit erfordert als die Verwechslungsgefahr, liegt hier insbesondere auch hinsichtlich der mit den Anträgen I.c) und I.e) angegriffenen Zeichennutzungen vor. Hinsichtlich der übrigen Zeichennutzungen kann auf die obigen Ausführungen zur Verwechslungsgefahr verwiesen werden. Der Verkehr nimmt eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Verfügungsmarke auch mit den angegriffenen Zeichen

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c) und


Abbildung(Antrag I.e) vor. Auch in den vorgenannten zusammengesetzten Zeichen nimmt das Abbildung aus den oben genannten Gründen wiederum jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung ein, wenn der Verkehr nicht sogar, was insbesondere beim Zeichen gem. Antrag I.e) naheliegt, eine Mehrfachkennzeichnung annehmen wird, bei der der Bestandteil Abbildungals eigenständiges Zeichen wahrgenommen wird. Da jedoch auch bei Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung innerhalb eines Kombinationszeichens – wie ausgeführt – eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn überwiegend wahrscheinlich anzunehmen ist, kann im Streitfall die Abgrenzung zwischen einem Kombinationszeichen und einer Mehrfachkennzeichnung offenbleiben.

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Die im Wesentlichen dem Tatrichter obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist, hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grads ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der vorliegenden Einzelfallumstände liegt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen eine gedankliche Verknüpfung bei den angesprochenen Verkehrskreisen vor. Die Bekanntheit der Verfügungsmarke ist hoch. Die Parteien zählen zu den großen Telekommunikationsdienstleistern in Deutschland, was eine Nähe zwischen den Unternehmen begründet. Auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit wird der Verkehr aufgrund des jedenfalls selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteils Abbildung und des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht. Dies gilt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen, auch wenn der Grad der Nähe der fraglichen Waren und Dienstleistungen z.T. geringer ist. Denn auch dort wirken sich die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke und die Nähe der vorliegend gegenüberstehenden Unternehmen aus.

(d) Offenbleiben kann im Streitfall, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft gegeben ist.

(aa) Der Nachweis, dass die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen würde, setzt voraus, dass dargetan wird, dass sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der Waren oder Dienstleistungen, für die die ältere Marke eingetragen ist, in Folge der Benutzung der jüngeren Marke geändert hat oder dass die ernsthafte Gefahr einer künftigen Änderung dieses Verhaltens besteht (EuGH GRUR 2009, 56 Rn. 77 – Intel Corporation/CPM United Kingdom). Die Anforderungen an die (potentielle) Änderung des Verbraucherverhaltens sind nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht hoch; die Gefahr, dass eine Marke einen Bedeutungsverlust erleidet und damit einhergehend für den Verkehr von abnehmender Relevanz ist, ist für eine solche Annahme bereits ausreichend (vgl. BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I; Müller-Broich in Büscher/Kochendörfer, BeckOK UMV, 25. Ed., Art. 8 Rn. 521). Leidet das Ansehen der Marke, so folgt hieraus ohne Weiteres eine hinreichende Gefahr, dass Verbraucher sich bei ihrer Kaufentscheidung in abnehmendem Maße vom Logo der Klägerin beeinflussen lassen (BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I). Ob vorliegend durch die angegriffenen Zeichennutzungen ein Ansehensverlust der Verfügungsmarke zu befürchten ist, kann jedoch offenbleiben.

(bb) Denn es liegt – überwiegend wahrscheinlich – eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vor.

(i) Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (BGH GRUR 2020, 405 Rn. 58 – ÖKO-TEST II). Anders als bei der Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft kommt es bei deren Ausnutzung nicht darauf an, ob eine Änderung des wirtschaftlichen Verhaltens der von der bekannten Marke angesprochenen Durchschnittsverbraucher festzustellen ist oder droht (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 393). Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer Marke wird oft mit einer Ausnutzung der Wertschätzung einhergehen, dies muss aber nicht sein (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 394). Auch ohne eine gedankliche Partizipation an etwaigen mit der Marke verbundenen Gütevorstellungen kann eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft in der Weise erfolgen, dass sich der Verletzer den Aufmerksamkeitswert der Marke zunutze machte (Aufmerksamkeitsausbeutung, vgl. BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte, OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

Eine blickfangmäßige Zeichenverwendung, um auf die angebotenen Dienstleistungen aufmerksam zu machen, kann als Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke angesehen werden, so dass sich das Verletzerzeichen in deren Sogwirkung begibt, um von dem fremden guten Ruf zugunsten des eigenen Absatzes zu profitieren (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

(ii) Die vorgenannten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Durch das vorliegend angegriffene „T-Rebranding“ und den neuen Markenauftritt soll Aufmerksamkeit auf die Dienstleistungen der Antragsgegnerinnen gezogen werden. Dass der neue Markenauftritt der Antragsgegnerinnen zu einer deutlich höheren Aufmerksamkeit mit hierdurch höheren Kaufanreizen führen wird, erscheint naheliegend. Es liegt eine blickfangmäßige Herausstellung des Abbildungvor, worin – wie ausgeführt – ein Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke Abbildung zu sehen ist. Die Antragsgegnerinnen begeben sich damit in die Sogwirkung der bekannten Marke Abbildung.

(iii) Es liegt auch das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit vor. Die Unlauterkeit der Zeichenverwendung ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und umso eher zu bejahen, desto höher der Bekanntheitsgrad der bekannten Marke, deren Unterscheidungskraft, Originalität und Werbewert sowie die daraus resultierenden Möglichkeiten einer Beeinträchtigung der Marke sind (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 550). Dabei ist dem Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens der Unterscheidungskraft die Unlauterkeit bereits immanent, weshalb eine Markennutzung unter Verwirklichung dieser Eingriffstatbestandsmerkmale stets als unlauter zu qualifizieren ist (BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte). So liegt der Fall auch hier.

(e) Aus Bekanntheitsschutz besteht ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.a). Im Streitfall besteht für den Unterlassungsanspruch auch Erstbegehungsgefahr für eine markenmäßige Verwendung der Kollisionszeichen durch die Markenanmeldung. Denn die Anmeldung eines Zeichens als Marke begründet im Regelfall die Vermutung, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen (st. Rspr, vgl. BGH GRUR 2014, 382 Rn. 30 – REAL-Chips). Im Streitfall greift diese Regelvermutung ein. Gegenteilige Umstände machen die Antragsgegnerinnen nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Auf eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kommt es für den Anspruch aus Bekanntheitsschutz – wie ausgeführt – nicht an, solange – wie hier – jeweils eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr anzunehmen ist. Einer gedanklichen Verknüpfung steht auch nicht entgegen, dass der Verkehr aufgrund einer Zeichennutzung auf der Webseite der Antragsgegnerinnen eine Verbindung zu diesen herstellt. Denn dies geht nicht über die Verknüpfung über den als Unternehmenskennzeichen erkannten Zeichenbestandteil „Telefónica“ hinaus. Die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke, die Nähe der gegenüberstehenden Unternehmen und die Kennzeichnungsgewohnheiten im Telekommunikationsbereich sprechen vorliegend überwiegend wahrscheinlich auch in diesen Fällen für eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr.

(f) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.b). Ein hinreichender Inlandsbezug der dem Antrag zugrunde liegenden Verletzungshandlung ist gegeben, weshalb Wiederholungsgefahr vorliegt.

(aa) Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot für Dienstleistungen oder Waren aus dem Ausland im Internet löst bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche aus. Erforderlich ist, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph). Es sind im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen. Weiter ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der in Anspruch Genommene keinen Einfluss hat, oder ob dieser etwa durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph).

(bb) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist die Annahme eines hinreichenden Inlandsbezugs der in Deutschland im Google Play Store abrufbaren, spanisch-sprachigen „Telefónica Check-in“-App durch das Landgericht zu Recht erfolgt. Die Antragsgegnerinnen haben unter Vorlage der als Anlage LSG 11 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn Rafael Fernadez de Alarcón zwar geltend gemacht, die App sei ausschließlich für Hostessen in Spanien im Hinblick auf Veranstaltungen wie Messen in Spanien bestimmt gewesen. Jedoch handelte es sich – unwidersprochen – bei der Verfügbarkeit der App im deutschen Google Play Store nicht um eine unvermeidbare technische Begleiterscheinung, da aktiv die Länder ausgewählt werden müssen, in denen die App veröffentlicht werden soll. Durch diese technische Maßnahme ist von einer ursprünglich gezielten Adressierung auch des deutschen Marktes beim Angebot der Check-In App auszugehen. Dies ist vorliegend hinreichend.

(g) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.c) bis I.e). Durch entsprechend dargetane und glaubhaft gemachte Zeichennutzungen mit Inlandsbezug besteht Wiederholungsgefahr. Anspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, so lange – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung vorliegt. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über.

bbb. Gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) bestehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus der nationalen Marke 39529531 Abbildung aufgrund von Verwechslungsgefahr und aus Bekanntheitsschutz gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG.

(1) Im Bereich der Identität oder hochgradigen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen besteht ein Anspruch aus Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

(a) Die nationale Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung ist zugunsten der Antragstellerin am 19.07.1995 angemeldet und am 04.01.1996 eingetragen worden mit Schutz für diverse Waren/Dienstleistungen in den Klassen 9, 14, 16, 18, 25, 28, 36, 37, 38, 41, 42, insbesondere für Reparatur und Installation von Einrichtungen für die Telekommunikation, Telekommunikation, Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

(b) Die Marke steht in Kraft. Die von den Antragsgegnerinnen erhobene Einrede der Nichtbenutzung gem. §§ 25, 26 MarkenG bleibt ohne Erfolg. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie oben zur Unionsmarke ausgeführt, insbesondere zu einer rechtserhaltenden Benutzung in abweichender Form gem. § 26 Abs. 3 MarkenG, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen wird.

(c) Weiter besteht auch aus der nationalen Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung – jedenfalls im Waren-/Dienstleistungsidentitätsbereich und hohen Ähnlichkeitsbereich – Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Hinblick auf die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen, hinsichtlich der eine markenmäßige Verwendung beanstandet wird:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung(Antrag II.a).

(aa) Die Kennzeichnungskraft der nationalen Verfügungsmarke 39529531 Abbildung ist aufgrund langjähriger und umfangreicher Nutzung und Bekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen, dem allgemeinen Publikum, hoch, was den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angeht. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung im maßgeblichen Zeitpunkt der konkreten Kollisionslage (hier April / Mai 2021), auf den es für den Grad der Kennzeichnungskraft ankommt, ist nicht anzunehmen. Zum Grad der Kennzeichnungskraft kann insoweit vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Es ergibt sich hinsichtlich der nationalen Verfügungsmarke keine abweichende Bewertung.

(bb) Es besteht zwischen der Verfügungsmarke Abbildung und den gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen wiederum eine jedenfalls geringe Zeichenähnlichkeit und keine – wie die Antragsgegnerinnen geltend machen – absolute Zeichenunähnlichkeit.

Dabei kommt wiederum dem Bestandteil Abbildung in den angegriffenen Zeichennutzungen jedenfalls bei der Prüfung des Gesamteindrucks eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, wenn es sich nicht sogar um ein eigenes Zeichen (Zweitzeichen) in einer Mehrfachkennzeichnung handelt. Im Grundsatz gelten auch hier die obigen Ausführungen. Das Bildelement – grafisch ausgestaltetes Abbildung – nimmt in den jeweils angegriffenen zusammengesetzten Zeichen eine abgesonderte Stellung ein, es ist vorangestellt neben vom Verkehr eindeutig als Unternehmenskennzeichen erkannten weiteren Zeichen (Telefónica und O2). Auch „Telefónica Deutschland“ wird vom Verkehr ohne weiteres als Unternehmensbezeichnung erkannt. Die abgesonderte Stellung neben eindeutig als solchen erkannten Unternehmenskennzeichen in der Art eines Logos führt im Streitfall zur Bejahung jedenfalls einer selbständig kennzeichnenden Stellung, wenn nicht insbesondere im Zeichen Abbildunggar zur Annahme einer Mehrfachkennzeichnung. Letztlich kann diese Abgrenzung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren – wie ausgeführt – offenbleiben, da die Prüfung der Verwechslungsgefahr in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis führt.

Beim Bildzeichenvergleich wird der Verkehr wiederum sowohl in der Verfügungsmarke als auch im selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil ohne Weiteres ein „T“ erkennen können, so dass beide gegenüberstehenden Zeichen auf die gleiche Art ausgesprochen werden können (vgl. EuG BeckRS 2018, 2761 Rn. 64). Klanglich und begrifflich ist daher eine hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Jedoch kommt es – wie ausgeführt – beim Bildzeichenvergleich von Einzelbuchstabenmarken maßgeblich auf deren grafische Ausgestaltung an. Hier wird der Verkehr auch bei einem undeutlichen Erinnerungseindruck – wie ausgeführt – die bildlichen Unterschiede zwischen Abbildung und Abbildung wahrnehmen, insbesondere deshalb, weil es sich bei der Verfügungsmarke um eine bekannte Marke handelt, die dem Verkehr besonders im Gedächtnis ist und weil der Verkehr bei Einzelbuchstaben-Bildmarken besonders auf die grafische Ausgestaltung achtet. Dennoch entsteht – wie ausgeführt – kein gänzlich abweichender Gesamteindruck, so dass sich im Ergebnis eine Zeichenähnlichkeit zwischen Abbildung und Abbildung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht verneinen lässt.

(cc) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Wie vorstehend ausgeführt können auch hier die weiteren Einzelheiten dahinstehen.

(2) Die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind vorliegend überwiegend wahrscheinlich vollumfänglich aus Bekanntheitsschutz gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet, und zwar auch, soweit sich die Antragstellerin mit ihren Anträgen II.b) und II.c) gegen eine firmenmäßige Zeichenverwendung wendet:

Abbildung (Antrag II.b) und

Abbildung, Abbildung(Antrag II.c).

(a) Die nationale Verfügungsmarke Abbildung ist eine in Deutschland „bekannte Marke“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(b) Es besteht eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit und keine absolute Zeichenunähnlichkeit.

Voraussetzung des Bekanntheitsschutzes ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Zeichenähnlichkeit im Rahmen des Bekanntheitsschutzes keine strengeren Anforderungen zu stellen, sondern es ist vielmehr nach den gleichen Maßstäben wie bei Prüfung der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festzustellen, ob eine klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Ähnlichkeit besteht (BGH GRUR 2009, 672 Rn. 49 – OSTSEE-POST). Bei absoluter Zeichenunähnlichkeit kann demzufolge kein Bekanntheitsschutz gewährt werden, selbst wenn das angegriffene Zeichen Assoziationen an die bekannte Marke hervorruft (BGH GRUR 2004, 779 (783) – Zwilling/Zweibrüder).

Im Streitfall liegt eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit vor.

(c) Wie ausgeführt ist auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer gedanklichen Verknüpfung gegeben.

Die rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erfordert keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Ausreichend ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Dies ist – wie ausgeführt – vorliegend der Fall, und zwar auch hinsichtlich aller drei angegriffenen Zeichennutzungen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) (Anträge II.a), II.b) und II.c)). Es besteht bei den Anträgen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) zudem eine hochgradige Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen bzw. sogar Identität. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit aufgrund des Zeichenbestandteils Abbildungund des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht, und zwar bei sämtlichen angegriffenen Zeichennutzungen.

(d) Wiederum kann offenbleiben, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vorliegend – wie ausgeführt – gegeben ist. Insoweit kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(e) Es besteht jeweils Wiederholungsgefahr, indiziert durch erfolgte Verletzungshandlungen. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, da – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Düsseldorf: Unterlassungsanspruch von LEGO gegen Händler wegen Minifiguren die nach ihrem Gesamteindruck den bekannten LEGO-Minifiguren nachgebildet sind

LG Düsseldorf
Urteil vom 12.08.2022
38 O 91/21


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die LEGO-Unternehmensgruppe gegen einen Händler einen Unterlassungsanspruch wegen des Vertriebs von aus China stammenden Minifiguren, die nach ihrem Gesamteindruck den bekannten LEGO-Minifiguren nachgebildet sind, hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Spielzeughändler muss Vertrieb von Minifiguren unterlassen

Mit Urteil vom heutigen Tage hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf der Klage der LEGO Juris A/S mit Sitz in Dänemark gegen die Steingemachtes GmbH aus Paderborn in vollem Umfang stattgegeben (Aktenzeichen 38 O 91/21).

Die Klägerin ist Teil der LEGO-Unternehmensgruppe und Inhaberin der europäischen Markenrechte auf die weltbekannten LEGO-Minifiguren. Die Beklagte vertreibt über ein von ihr unterhaltenes Ladenlokal und im Versandhandel Spielzeug aus Klemmbausteinen, die mit Legosteinen kompatibel sind und von verschiedenen Herstellern stammen. Außerdem ist sie Großimporteurin von Spielzeugwaren eines chinesischen Herstellers.

Die Klägerin kaufte testweise bei der Beklagten drei Spielzeugsets, in denen jeweils Minifiguren enthalten waren. Nach Auffassung verletze dies ihre Markenrechte, da die Figuren ihren LEGO-Minifiguren zum Verwechseln ähnlich
seien.

Sie erhob daher Klage zum Landgericht Düsseldorf und verlangte, dass die Beklagte es unterlässt, entsprechende Minifiguren in Deutschland zu verkaufen, einzuführen oder zu bewerben. Ferner verlangte sie, dass die Beklagte alle in
ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Minifiguren zerstört und ihr die Namen der Hersteller, Lieferanten und Abnehmer der Minifiguren sowie die Preise nennt, die für die betreffenden Waren verlangt und erzielt wurden. Schließlich
beantragte sie noch, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Markenverletzungen entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Das Landgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Nach der hier maßgeblichen europäischen Verordnung über die Unionsmarke könne die Klägerin von der Beklagten zu Recht Unterlassung verlangen. Es sei offenkundig, dass die LEGO-Minifigur eine bekannte Marke darstelle; sie sei seit Jahren auf dem deutschen und europäischen Spielzeugmarkt präsent, trete praktisch jedermann in Alltag, Werbung und Kunst gegenüber, werde vielfältig beworben und habe insgesamt eine große Bekanntheit erreicht. Die von der Beklagten vertriebenen Figuren seien der Marke der Klägerin aus der hier maßgeblichen Perspektive des Gesamteindrucks eines durchschnittlichen Verbrauchers hochgradig ähnlich. Prägend sei bei den von der Klägerin beanstandeten Figuren das kantige und gedrungene, von geometrischen
Formen dominierte Erscheinungsbild mit dem im Kontrast zum Körper rundlichen und großen Kopf. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr.

Die Beklagte habe die Marke ohne Zustimmung der Klägerin für ihre geschäftlichen Zwecke ausgenutzt.
Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden.

OLG Frankfurt: Verletzung der bekannten Marke "The North Face" durch Verwendung der Zeichenfolge "The Dog Face" für Tierbekleidung

OLG Frankfurt
Beschluss vom 28.6.2022
6 W 32/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass durch Verwendung der Zeichenfolge "The Dog Face" für Tierbekleidung die bekannte Marke "The North Face" verletzt wird, da der Verkehr eine gedankliche Verknüpfung zwischen beiden Zeichenfolgen herstellt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Markenverletzung durch Angebot von „The-Dog-Face“-Tierkleidung

Zwischen den Zeichen „The North Face“ und „The Dog Face“ besteht keine Verwechslungsgefahr. Da die Marke „The North Face“ jedoch in erheblichem Maß bekannt ist, wird der Verkehr trotz der erkennbar unterschiedlichen Bedeutung von „Dog“ und „North“ die Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung der Antragsgegnerin die Verwendung des Zeichens „The Dog Face“ im Zusammenhang mit Tierbekleidung untersagt.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Marke „The North Face“, die u.a. für Bekleidung eingetragen ist. Die Antragsgegnerin vertreibt online Bekleidung für Tiere und kennzeichnet diese mi". Im Eilverfahren geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin hatte das Landgericht abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG nun Erfolg. Die Antragstellerin könne von der Antragsgegnerin verlangen, dass sie ihre Tierbekleidungsprodukte nicht mit „The Dog Face“ kennzeichnet, stellte das OLG fest. Die Marke „The North Face“ sei eine bekannte Marke. Sie sei einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt.

Die Antragsgegnerin benutze diese Marke in rechtsverletzender Weise, da die Verkehrskreise das Zeichen „The Dog Face“ gedanklich mit „The North Face“ verknüpften. Nicht erforderlich sei dabei, dass zwischen den Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe. An dieser würde es hier fehlen. Es liege aber Zeichenähnlichkeit vor. Die Wortfolge „The Dog Face“ lehne sich erkennbar an die Marke „The North Face“ an. Da die Marke der Antragstellerin in erheblichem Maß bekannt sei und durch intensive Benutzung ein hohes Maß an Unterscheidungskraft besitze, verknüpfe der Verkehr trotz der unterschiedlichen Bedeutung von „Dog“ und „North“ das Zeichen der Antragsgegnerin mit der Marke der Antragstellerin. Dies gelte auch, da eine gewisse Warenähnlichkeit zwischen Outdoor-Bekleidung und Tierbekleidung bestehe. Insoweit genüge es, „dass das Publikum glauben könnte, die betreffenden Waren stammten aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen“. Es liege die Vermutung nahe, dass angesprochenen Verkehrskreise annehmen, die Antragstellerin habe ihr Bekleidungssortiment auf Hundebekleidung erweitert, etwa um es „dem sporttreibenden Hundebesitzer zu ermöglichen, seinen Outdoor-Sport im Partnerlook mit dem Tier zu betreiben“.

Die Zeichenverwendung beeinträchtige auch die Marke der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin lehne sich mit dem Zeichen an die bekannte Marke der Antragstellerin an, um deren Wertschätzung für ihren Absatz auszunutzen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.6.2022, Az. 6 W 32/22
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.3.2022, Az. 3/8 O 12/22)



LG München: Anmeldung einer im Ausland bekannten Marke für Schokoriegel als Marke nicht per se bösgläubig - nahezu identische Aufmachung des Produkts unlautere Nachahmung

LG München
Urteil vom 01.06.2021
33 O 12734/19


Das LG München hat entschieden, dass die Anmeldung einer im Ausland bekannten Marke für Schokoriegel als Marke nicht per se bösgläubig ist. Eine nahezu identische Aufmachung des Produkts stellt jedoch eine unlautere Nachahmung dar.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Schokoriegel

Die Anmeldung von im Ausland bekannten Marken für Schokoladenriegel ist nicht per se rechtsmissbräuchlich
Die auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer das Landgerichts München I hat mit Urteil vom 01.06.2021, Az 33 O 12734/19, über eine Klage der Süßwarenherstellerin FERRERO entschieden, mit der diese u.a. Rechte an den Zeichen „Butterfinger“ und „Baby Ruth“ geltend macht.

Die zur Entscheidung berufene Kammer hat der Klage insoweit stattgegeben, als die Klägerin ein Verbot des Vertriebs eines Schokoladenriegels „Butterfinger“ in einer mit dem US-amerikanischen „Original“ vergleichbaren Aufmachung begehrt. Soweit die Klägerin Löschungsansprüche im Hinblick auf die Marken „Butterfinger“ oder „Baby Ruth“ erhebt, hat die Kammer die Klage weitgehend abgewiesen.

Nach dem Vortrag der Klägerin verfügen die Zeichen „Butterfinger“ und „Baby Ruth“ jedenfalls in den USA über herausragende Bekanntheit. Denn die Firma Nestlé, von der die Klägerin im Jahr 2018 Teile des US-Süßwarengeschäfts erworben hatte, vertrieb unter diesen Zeichen Schokoladenriegel. Die Beklagte, ein Unternehmen aus Brühl, das vorwiegend im Getränkehandel tätig ist, ist Inhaberin von deutschen Markenrechten an den Zeichen „Butterfinger“ und „Baby Ruth“ unter anderem für „Schokoladenwaren“.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Eintragung dieser Zeichen und begehrt deren Löschung wegen Verfalls und bösgläubiger Markenanmeldung. Sie ist der Ansicht, einziger Zweck der Anmeldungen sei gewesen, ein lukratives Drohpotential gegenüber der Klägerin aufzubauen, um die Markenrechte im Anschluss möglichst gewinnbringend veräußern zu können. Die Klägerin wendet sich ferner mit ihrer Klage u.a. gegen den Vertrieb eines Schokoladenriegels unter dem Zeichen „Butterfinger“ durch die Beklagte, soweit dieser ein nahezu identisches Verpackungsdesign aufweist, wie der seinerzeit von der Firma Nestlé in den USA angebotene Riegel. Ein solches Produkt hatte die Beklagte im hiesigen Verfahren zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung ihrer „Butterfinger“-Marke vorgelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht. Insbesondere seien die Voraussetzungen einer missbräuchlichen Markenanmeldung nicht gegeben. Die Beklagte habe die Marken nicht in Behinderungsabsicht angemeldet, sondern stets eine eigene Benutzungsabsicht aufgewiesen.

Nach Auffassung der Kammer gelang es der Beklagten zum einen, die ernsthafte rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Bezeichnung „Butterfinger“ jedenfalls für Schokoladenwaren nachzuweisen, indem sie aussagekräftige Unterlagen vorlegte, die Bewerbung und Verkauf eines Schokoladenriegels unter dem Zeichen „Butterfinger“ belegen. Zum anderen lagen nach Ansicht der erkennenden Kammer die Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung nicht vor. Der Grund hierfür lag unter anderem darin, dass die Firma Nestlé in der Vergangenheit selbst über Markenrechte an den streitgegenständlichen Zeichen in Deutschland verfügte, von diesen aber spätestens ab Ende des Jahres 2010 keinen Gebrauch mehr gemacht hatte. In dem Vertrieb eines Schokoladenriegels „Butterfinger“ in einer dem US-amerikanischen Original nahezu identischen Aufmachung sah die Kammer hingegen eine unlautere Nachahmung.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


LG Köln: Zur Frage wann eine bekannte Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliegt - Knochenmuster auf einer Schuhsohle

LG Köln
Urteil vom 03.12.2019
31 O 318/15


Aus den Entscheidungsgründen:

In Bezug auf einen auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützten Anspruch ist dies bereits darin begründet, dass es sich bei der Klagemarke nicht um eine bekannte Marke im Sinne der Norm handelt. Hiervon ist nämlich nur dann auszugehen, wenn einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, dass die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen sind (vgl. BGH, GRUR 2015, 1114/1115 – „Springender Pudel“).

Der erforderliche Bekanntheitsgrad, für den sich feste Prozentsätze nicht angeben lassen, ist anhand aller relevanten Umstände, wie des Marktanteils der Marke, der Intensität, der geografischen Ausdehnung und der Dauer ihrer Benutzung sowie des Umfangs der zu ihrer Förderung getätigten Investitionen zu bestimmen, was eine Heranziehung demoskopischer Umfragen indes nicht ausschließt (vgl. OLG Köln, Urt. 11.04.2014, 6 U 230/12 – „Haribo-Goldbär/Lindt-Teddy“; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., [2010], § 14 Rn. 1333; Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 359 ff.).

Nach den vorstehenden Maßstäben lässt sich die notwendige Bekanntheit der Klagemarke nicht feststellen. Denn der Umstand, dass der Marke C eine hohe Bekanntheit zu Eigen sein mag, lässt keine Rückschlüsse auf eine Bekanntheit der zugunsten der Klägerin eingetragenen Bildmarke mit einer Abbildung des Knochenmusters zu. Gleiches gilt für eine etwaige Bekanntheit des von der Klägerin genutzten Knochenmusters zur Gestaltung von Sohlen. Dass die Klägerin das Knochenmuster konkret in der eingetragenen, quadratischen, ausschnittsweisen Form in einem Umfang genutzt hätte, dass dieses Zeichen einem bedeutenden Teil des Publikums als Herkunftszeichen für hierunter vertriebene Schuhe bzw. Sandalen bekannt wäre, vermag die Kammer – auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Werbemaßnahmen in jüngeren Jahren sowie der vorgelegten demoskopischen Gutachten – nicht zu erkennen. Gegenstand des Gutachtens des Instituts Q Rechtsforschung GmbH (Anl. K26, Bl. 257 ff. d.A.) war eine Schuhsohle mit Knochenmuster, nicht die klägerische Bildmarke. Auch aus den Gutachten des Instituts für Demoskopie Z von April bzw. April/Mai 2018 (Anl. K28, Bl. 491 ff./499 d.A. sowie Anl. K29, Bl. 516 ff. /523 d.A.) folgt lediglich ein Bekanntheitsgrad von 37% bzw. 35% in Bezug auf das „Muster“, wobei dem jeweiligen Befragten überlassen bleibt, ob er hierunter das quadratische Bildzeichen versteht, oder vielmehr – was nach Auffassung der Kammer aufgrund der gewählten Formulierung „Muster“ anstatt „Zeichen“ näher liegt – das darin abgebildete Knochenmuster. Die so ermittelte Bekanntheit bezieht sich demnach nicht auf die Funktion als Produktkennzeichen. Zudem erscheint die Fragestellung in Tabelle 1 leitend, weil in ihr bereits vorgegeben ist, dass das Zeichen nicht nur im Zusammenhang mit Schuhen, sondern mit Schuhsohlen stehe. Auch die langjährige Marktpräsenz der Klägerin vermag die Annahme einer Bekanntheit der Klagemarke nicht zu begründen, da sich die in diesem Zusammenhang vorgetragenen Umstände in erster Linie auf die vertriebenen Schuhwaren insgesamt beziehen und spezifische Rückschlüsse auf die eingetragene Bildmarke nicht zulassen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Köln: Keine Markenrechtsverletzung durch nicht blickfangmäßige Aufschrift Thermomix auf Cover eines Kochbuchs mit Thermomix-Rezepten

OLG Köln
Urteil vom 13.09.2019
6 U 29/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass keine Markenrechtsverletzung durch die nicht blickfangmäßige Aufschrift "Thermomix" auf dem Cover eines Kochbuchs mit Thermomix-Rezepten vorliegt.

Die Pressemitteilung des OLG Köln:

Oberlandesgericht Köln: Kochbücher für "Thermomix" - Aufschrift "Thermomix" kann trotz Markenschutz zulässig sein

Ein Verlag darf auf das Cover seiner Kochbücher mit Rezepten für den "Thermomix" trotz bestehenden Markenschutzes den Produktnamen und ein stilisiertes Bild der Küchenmaschine drucken. Die Verwendung der Marke hat sich allerdings im Rahmen dessen zu halten, was erforderlich ist, um die Verbraucher über den Zweck des Kochbuches zu informieren. Dies hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 13.09.2019 im Rechtsstreit zwischen der Herstellerfirma und dem Kochbuchverlag entschieden und eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt.

Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, dass es sich bei "Thermomix" um eine bekannte Wortmarke handele, um die sich seit langen Jahren ein "Kult" entwickelt habe. Der Kochbuchverlag habe durch die Verwendung des Produktnamens die Wertschätzung dieser bekannten Wortmarke ausgenutzt, um auf ihre Kochbücher aufmerksam zu machen. In Deutschland werde eine unübersehbare Flut von Kochbüchern angeboten, so dass die Bezugnahme auf eine bekannte Marke erkennbar dazu diene, sich aus der Masse hervorzuheben und interessierte Verbraucher aufmerksam zu machen.

Die Benutzung der Marke sei aber gem. § 23 Nr. 3 MarkenG gerechtfertigt. Die Kochbücher seien für jeden nutzlos, der nicht über einen "Thermomix" verfüge. Um eine Irreführung der Verbraucher zu vermeiden, habe der Verlag deutlich darauf hinweisen müssen, dass die Kochbücher ausschließlich für diese Küchenmaschine bestimmt sind. Im konkreten Fall habe der Verlag bei der Covergestaltung auch die Grenze der Erforderlichkeit (das "Wie" der Markennutzung) noch nicht überschritten. Der Blick der Verbraucher richte sich in erster Linie auf den hervorgehobenen Buchtitel und erst danach gleichrangig auf das Wort "Thermomix" sowie das ebenfalls auf dem Cover aufgedruckte Zeichen des Kochbuchverlags. Die stilisierte Abbildung der Küchenmaschine nehme als relativ kleines Dekorationselement nicht am Blickfang teil.

Insgesamt sei klar, dass es bei den Kochbüchern um Rezepte aus dem Verlag der Beklagten für die Küchenmaschine der Klägerin gehe.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da das Urteil die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf den Einzelfall betrifft. Nach der Streitwertfestsetzung durch den Senat ist die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegeben.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 13.09.2019 - Az. 6 U 29/19


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG München: Alleiniger Geschäftsführer haftet auch persönlich für Markenrechtsverletzung einer GmbH - 400.000 EURO Streitwert bei Verletzung einer bekannten Marke

LG München
Urteil vom 09.07.2019
33 O 11904/18


Das LG München hat entschieden, dass der alleinige Geschäftsführer einer GmbH neben der GmbH auch persönlich für Markenrechtsverletzungen der GmbH haftet. Zudem hat das Gericht entschieden, dass ein Streitwert von 400.000 EURO bei Verletzung einer bekannten Marke angemessen ist. Das Gericht ist zudem der Ansicht, dass für die vorgerichtlichen Abmahnkosten eine 1,5 Geschäftsgebühr angesetzt werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"5. Als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) haftet der Beklagte zu 2) für die streitgegenständliche Markenrechtsverletzung auch persönlich.

a) Eine persönliche Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters als Täter oder Teilnehmer setzt voraus, dass der gesetzliche Vertreter an der Markenverletzung entweder durch positives Tun beteiligt war oder er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 14 Rdn. 469 m.w.N.). Eine Verantwortlichkeit aufgrund positiven Tuns liegt danach etwa dann vor, wenn positiv festgestellt ist, dass der gesetzliche Vertreter an der verletzenden Zeichenbenutzung selbst beteiligt war. Aber auch ohne solche positiven Feststellungen kann von einer Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer ausgegangen werden, wenn es um Maßnahmen der Gesellschaft geht, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. Dann kann nach dem äußeren Erscheinungsbild und vorbehaltlich abweichender Feststellungen im Einzelfall davon ausgegangen werden, dass die jeweilige Maßnahme von dem gesetzlichen Vertreter veranlasst worden ist (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 14 Rdn. 469 m.w.N.).

b) Von einem solchen typischen Geschehensablauf ist vorliegend auszugehen. Typischerweise wird der alleinige Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens entscheiden, welche Produkte unter welcher Kennzeichnung in das Produktportfolio des Unternehmens aufgenommen werden.

II. Als Folge der Markenrechtsverletzung der Beklagten zu 1) und zu 2) bestehen auch die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gegen die zumindest fahrlässig handelnden Beklagten (vgl. zu den im Kennzeichenrecht anzulegenden strengen Maßstäben Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, Vor §§ 14-19d Rdnr. 219) gemäß § 19 MarkenG und § 242 BGB bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6 MarkenG.

III. Der Klägerin steht ferner der geltend gemachte Anspruch auf Erklärung der Teilnichtigkeit der angegriffenen Marken der Beklagten zu 1) für „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ aus §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 MarkenG a.F., § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 MarkenG n.F. zu. Der Eintragung stehen die älteren Rechte der Klägerin an ihrer deutschen Wort-/Bildmarke Nr. ... entgegen, da Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Zeichen besteht. Insoweit gelten die Ausführungen zur Verwechslungsgefahr unter B. I. 2. für die Waren „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ entsprechend, mit der Folge, der vollständigen Löschung des Oberbegriffs (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 - il Padrone/II Portone; Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, 12. Auflage, MarkenG, § 51 Rdn. 34, § 55 Rdn. 35).

[...)

IV. Der Klägerin steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagten gemäß §§ 683 S. 1, 670, 677 BGB in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert vom 400.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale, mithin von 4.299,50 Euro, zu. Die Abmahnung der Klägerin vom 09.07.2018 (Anlage K 56) war nach dem oben Gesagten berechtigt und begründet. Die von der Klägerin angesetzte hälftige 1,5 Geschäftsgebühr ist ebenso wie der zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von EUR 400.000 nicht zu beanstanden. Die Abmahnkosten wurden von der Klägerin unstreitig bereits ausgeglichen. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB. "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Wort-Bildmarke des Online-Portals chefkoch.de ist eine bekannte Marke - unlauteres Ausnutzen durch andere Chefkoch-Marke für Küchenzubehör

LG München
Urteil vom 13.12.2016
33 O 7174/16


Das LG München hat entschieden, dass die Wort-Bildmarke des Online-Portals chefkoch.de eine bekannte Marke ist und ein unlauteres Ausnutzen der Marke durch eine andere Chefkoch-Marke für Küchenzubehör vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der Klagemarke 1 handelt es sich um eine bekannte Marke im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG.

1. Von einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn diese einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch diese Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung sind alle relevanten Umstände des Falles zu berücksichtigen, also insbesondere der Marktanteil der Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (EuGH, GRUR Int. 2000, 73, Tz 26 f - Chevy), EuGH, GRUR 2009, 1158 Tz 25 - PAGO/Tirolmilch).

2. Die Klagemarke 1 erfüllt diese Voraussetzungen. Die Klägerin hat umfangreich dargelegt und nachgewiesen, dass ihr Portal über eine erhebliche Anzahl von Nutzern verfügt: Sie kann seit 2009 jährlich eine dreistellige Millionenzahl von Besuchen auf ihrer Webseite verzeichnen (vgl. Anlage K 12); andere Umfragewerte belegen eine seit 2008 monatlich kontinuierlich über 2,7 Mio. liegende Zahl an sog. Unique Usern. Die Klägerin ist unstreitig Marktführerin bei Internetseiten im kulinarischen Bereich; sie wird von Google unter den Top 10 aller Webseiten geführt, auf die am häufigsten und am besten platziert in der Trefferliste verwiesen wird. Des Weiteren hat die Klägerin für ihr Portal mehrere Preise, darunter auch Publikumspreise gewonnen. Die durch das Portal generierten Umsätze liegen bei 5,8 Mio. Euro (2011) bzw. 10,8 Mio. Euro (2015), was bei einem grundsätzlich kostenfrei zu nutzenden Portal eine erhebliche Verbreitung voraussetzt. Des Weiteren betreibt die Klägerin das Portal unter der Klagemarke bereits seit 1998. Es findet auch in den Medien immer wieder Erwähnung (vgl. Anlagenkonvolut K 23).

Die Bekanntheit des Portals ist mit der Bekanntheit der Klagemarke 1 gleichzusetzen, da diese blickfangmäßig auf der Webseite verwendet wird und somit jeder, der das Portal aufruft, zugleich die Marke wahrnimmt. Des Weiteren ist der Wortbestandteil der Klagemarke wesentlicher Bestandteil des Domainnamens, unter welchem das Portal aufgerufen werden kann. Zugleich wird „C.“ bzw. „ bei den Umfragen, den Preisen wie auch den Erwähnungen in den Medien stets als Bezeichnung für das Portal der Klägerin verwendet. Die Hinzufügung der Top-Level-Domain wird von den angesprochenen Verkehrskreisen als technische Notwendigkeit verstanden, so dass keine Differenzierung zwischen Bekanntheit des Portals und der Marke vorgenommen werden muss.

III.
Zwischen den Waren, für welche die angegriffene Marke eingetragen wurde und den Dienstleistungen, für welche die Klagemarke 1 jedenfalls rechtserhaltend benutzt wurde, besteht (unstreitig) keine Ähnlichkeit, so dass der originäre Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG eröffnet ist.

IV.
Die angesprochenen Verkehrskreise - zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören - stellen zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Marke eine gedankliche Verknüpfung her.

1. Von einer gedanklichen Verknüpfung ist auszugehen, wenn die beteiligten Verkehrskreise aufgrund eines bestimmten Grades der Ähnlichkeit zwischen den Marken einen Zusammenhang zwischen diesen sehen, ohne sie jedoch zu verwechseln (EuGH GRUR 2004, 58 Tz 29 - Adidas-Salomon und Adidas Benelux). Der Grad der Zeichenähnlichkeit ist dabei nicht allein entscheidend; vielmehr sind alle relevanten Umstände wie der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der Waren und Dienstleistungen, für die die einander gegenüberstehenden Marken jeweils eingetragen sind, einschließlich des Grades der Nähe oder der Unähnlichkeit dieser Waren und Dienstleistungen sowie die betreffenden Verkehrskreise, das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke, der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft sowie das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2009, 56, Tz 42-Intel).

2. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Marken vornehmen werden.

a) Zwischen den beiden Marken besteht hochgradige Ähnlichkeit: Der Aufbau der Zeichen entspricht sich, da beide aus dem identischen Wortbestandteil sowie der Abbildung einer Kochmütze bestehen, die graphisch zentriert über dem Wortbestandteil angeordnet wurde. Der Verkehr nimmt bei beiden Zeichen jeweils auch nur eine Kochmütze wahr: Es ist fernliegend, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Formen oder der unterschiedlichen Herkunft der Kochmützen vornehmen. Dies gilt umso mehr, als dem angesprochenen Verkehr die beiden Zeichen in der Regel nicht gleichzeitig begegnen und er sich somit auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd, Tz. 26).

b) Zwar hat die Klagemarke 1 beschreibende Anklänge; da sie jedoch gerade kein Portal für Chefköche, sondern für Hobbyköche bezeichnet, verfügt sie über Unterscheidungskraft, welche durch die umfangreiche Benutzung und daraus folgende Bekanntheit des Portals erheblich gesteigert wurde.

c) Die Klägerin hat des Weiteren umfassend dazu vorgetragen, dass ihre Marke über einen erheblichen Bekanntheitsgrad bei den angesprochenen Verkehrskreisen verfügt, das Portal häufig und auch mit überdurchschnittlich langer Verweildauer (vgl. Anlage K 17) genutzt wird, so dass es im Gedächtnis der Nutzer entsprechend präsent ist. Bei Kontakt mit dem Zeichen der Beklagten wird somit die Klagemarke in Erinnerung gerufen; die fehlende Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit ändert daran nichts.

V.
Die Beklagte nutzt die Unterscheidungskraft der Klagemarke 1 darüber hinaus auch in unlauterer Weise aus.
1. Von der Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist insbesondere auszugehen, wenn ein Dritter durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist (BGH GRUR 2014, 378, Tz 33 - Otto Cap).

Dies ist der Fall, da die Beklagte insbesondere durch die enge Anlehnung an die Klagemarke erreicht, dass die angesprochenen Verkehrskreise ihren Produkten ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit zukommen lassen und sich ggf. aufgrund des Wiedererkennungseffektes auch mit den entsprechend gekennzeichneten Waren intensiver beschäftigen werden, als dies bei einer anderen Kennzeichnung der Fall wäre.

Es ist nicht erforderlich, dass die Marke durch die Beklagte in der Absicht, die Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke auszunutzen, eingetragen wurde: Ein Verhalten, das objektiv den Tatbestand erfüllt, reicht zu dessen Verwirklichung aus; ein subjektives Element ist gerade nicht erforderlich (zum gleichlautenden § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG: BGH GRUR 2014, 378, Tz 43 - Otto Cap).

2. Da für die Fallgruppe der „Ausnutzung der Unterscheidungskraft“ gerade keine Rufübertragung erforderlich ist, ist es unschädlich, dass bei einzelnen Waren (z. B. Bartschneidemaschinen oder Dolche) eine erhebliche Entfernung zu den Dienstleistungen der Klägerin vorliegt: Entscheidend und ausreichend ist, dass beide Marken sich mit ihren Waren bzw. Dienstleistungen jeweils an die gleichen Verkehrskreise (nämlich jedermann) richten und somit der angegriffenen Marke bei diesen aufgrund der Bekanntheit der Klagemarke sowie der großen Nähe zu dieser erhöhte Aufmerksamkeit zukommen wird.

3. Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft erfolgte schließlich auch in unlauterer Weise und ohne rechtfertigenden Grund, weil kein legitimes Interesse der Beklagten zur Verwendung der Bezeichnung ersichtlich ist. Bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten Marke zu dem Zweck, die mit ihr verbundene Aufmerksamkeit oder Wertschätzung auszunutzen, ist ohnehin regelmäßig von einem die Unlauterkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG begründenden Verhalten auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 17.08.2011, Az.: I ZR 108/09 - TÜV II m. w. N.)

4. Sofern man mit BGH, Urteil vom 23.09.2015, Az.: I ZR 78/14 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot es für den Schutz einer bekannten Marke für erforderlich hält, dass die Benutzung des beanstandeten Zeichens durch den Dritten die Funktion der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann, ist auch dies hier unproblematisch gegeben: Die Beklagte brachte durch die Markeneintragung zum Ausdruck, dass sie das angegriffene Zeichen zur Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Waren nutzen möchte, so dass die Herkunftsfunktion der Klagemarke beeinträchtigt wird.

C.
Der Klägerin steht auch gem. § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Beklagte nutzt mit ihrem Zeichen die Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke unlauter aus; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Ob das Zeichen „C.“ bezüglich Waren oder Dienstleistungen mit kulinarischem Bezug auch beschreibend genutzt werden kann, ist für die hiesige Entscheidung ohne Bedeutung: Aufgrund der Eintragung des Zeichens als Marke besteht eine Erstbegehungsgefahr einer markenmäßigen und somit rechtsverletzenden Benutzung (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, vor § 14 Rn. 103).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




EuGH: Adidas kann Eintragung seitlicher Parallelstreifen auf Sportschuhen als Gemeinschaftsmarke verhindern - auch bei anderer Anzahl und Länge der Streifen

EuGH
Urteil vom 17.02.2016
C 396/15 P


Der EuGH hat entschieden, dass der Sportartikelhersteller die Eintragung seitlicher Parallelstreifen auf Sportschuhen als Gemeinschaftsmarke verhindern und damit auch gegen die entsprechende Kennzeichnung von Sportschuhen verbieten kann. Dies gilt auch bei anderer Anzahl und Länge der Streifen, wobei das Bestehen einer Verwechslungsgefahr stets eine Frage des Einzelfalls ist.


Die Pressemitteilung des EuGH:

adidas kann sich der Eintragung seitlicher Parallelstreifen auf Sportschuhen als Gemeinschaftsmarke widersetzen

2009 beantragte die belgische Gesellschaft Shoe Branding Europe beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) die Eintragung der unten links abgebildeten Gemeinschaftsmarke für Schuhe. Die Gesellschaft adidas widersprach der Eintragung. Sie berief sich u. a. auf ihre unten rechts abgebildete Marke:

[Abbildung der von Shoe Branding Europe angemeldete Marke]

[Abbildung der Von adidas entgegengehaltene Marke]

Der Widerspruch wurde vom HABM zurückgewiesen. Daraufhin rief adidas 2014 das Gericht der Europäischen Union an, um die Aufhebung der Entscheidung des HABM zu erwirken. Mit Urteil vom 21. Mai 2015 gab das Gericht der Klage von adidas statt. Das HABM habe zu Unrecht angenommen, dass zwischen den beiden Marken keine bildliche Ähnlichkeit bestehe. Wegen ihrer offensichtlich gemeinsamen Elemente (gleich breite, parallele Querstreifen im selben Abstand, die auf dem Schuh seitlich angebracht sind und mit der Grundfarbe des Schuhs kontrastieren) seien die beiden Marken hinsichtlich des von ihnen hervorgerufenen Gesamteindrucks bis zu einem gewissen Grad ähnlich. Shoe Branding Europe war mit dem Urteil des Gerichts nicht einverstanden und legte beim Gerichtshof ein Rechtsmittel ein.

Mit seinem Beschluss vom 17. Februar 20162 bestätigt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts. Er stellt insbesondere fest, dass sich das Gericht mit seiner Feststellung, dass das HABM seine Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken nicht hinreichend begründet habe, nicht widersprochen hat. Die geringen Unterschiede, die zwischen den Marken
bestehen (unterschiedliche Länge der Streifen, bedingt durch den unterschiedlichen Winkel), ändern nämlich nichts an dem Gesamteindruck, der durch die seitlich auf dem Schuh angebrachten breiten Querstreifen hervorgerufen wird.

Außerdem stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht eine umfassende Beurteilung der einander gegenüberstehenden Marken vorgenommen und somit keinen Rechtsfehler begangen hat. Es hat nämlich ausgeführt, dass die Unterschiede hinsichtlich der Anzahl und der Länge der Streifen nicht genügten, um die Ähnlichkeiten der streitigen Marken in Frage zu stellen.

Die Pressemitteilung mit Abbildungen der Marken finden Sie hier:

EuG: Verwechslungsgefahr zwischen Kaiman und Lacoste-Krokodil - Kaiman-Logo kann nicht als Marke eingetragen werden

EuG
Urteil vom 30.09.2015
T‑364/13
Lacoste-Krokodil


Das EuG hat entschieden, dass ein Kaiman-Logo aufgrund von Verwechslungsgefahr mit dem bekannten Lacoste-Krokodil-Logo nicht als Marke für Bekleidung und Lederwaren eingetragen werden kann. Dies soll auch dann gelten, wenn sich die Logos grafisch unterscheiden.

Die Pressemitteilung des EuG:

"Das Gericht sieht in der Bekanntheit des Krokodils von Lacoste ein mögliches Eintragungshindernis für Formen von Krokodilen oder Kaimanen in Bezug auf Lederwaren, Bekleidungsstücke und Schuhe

Im Jahr 2007 meldete die polnische Gesellschaft Eugenia Mocek und Jadwiga Wenta KAJMAN Firma Handlowo-Usługowo-Produkcyjna (Mocek und Wenta) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) das nachstehend wiedergegebene Bildzeichen für verschiedene Waren und Dienstleistungen (u. a. Taschen, Bekleidungsstücke und Kissen für Tiere, Schuhe und Vermietung von Immobilien) als Gemeinschaftsmarke an:

Die französische Gesellschaft Lacoste trat dieser Anmeldung entgegen, wobei sie sich auf eine ältere Gemeinschaftsmarke berief, deren Inhaberin sie ist:

Das HABM gab dem Widerspruch von Lacoste teilweise statt und lehnte die Eintragung des Zeichens von Mocek und Wenta für Lederwaren, Bekleidungsstücke und Schuhe ab. Mocek und Wenta klagte daraufhin beim Gericht der Europäischen Union auf Aufhebung der Entscheidung des HABM.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage ab und bestätigt damit die Ablehnung der Eintragung des Zeichens von Mocek und Wenta für Lederwaren, Bekleidungsstücke und Schuhe.

Das Gericht prüft zunächst, ob die Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen besteht, was der Fall sein könnte, wenn sie einen gewissen Grad an bildlicher, klanglicher und begrifflicher Ähnlichkeit aufweisen. Das Gericht kommt wie das HABM erstens zu dem Ergebnis, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen eine geringe bildliche Ähnlichkeit
aufweisen, da beide ein Reptil der Ordnung der Krokodile abbilden und da die breite Öffentlichkeit normalerweise nur ein unvollkommenes Bild einer Marke im Gedächtnis behält (in beiden Fällen die Abbildung eines Reptils der Ordnung der Krokodile im Profil mit gebogenem Schwanz). Das Gericht hält ferner den klanglichen Aspekt für irrelevant, da die Marke von Lacoste, anders als die angemeldete Marke, keine Wortbestandteile enthält. Schließlich bestätigt das Gericht, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen zumindest durchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit aufweisen, da die Bildbestandteile jedes dieser Zeichen begrifflich einem Reptil der Ordnung der Krokodile entsprechen.

Das Gericht prüft sodann, ob die schwache bildliche Ähnlichkeit und die durchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen angesichts der unbestrittenen Tatsache, dass die Marke Lacoste für Lederwaren (insbesondere Taschen), Bekleidungsstücke und Schuhe durch Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat, den Schluss zulassen,
dass die Gefahr einer Verwechslung dieser Zeichen besteht. Das Gericht bejaht für diese drei Warenarten eine Verwechslungsgefahr, da die breite Öffentlichkeit glauben könnte, dass die Waren mit den einander gegenüberstehenden Zeichen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Insbesondere könnte die Abbildung des Kaimans von Mocek und Wenta als Variante der Abbildung des Krokodils von Lacoste wahrgenommen werden, da Letztere in der breiten Öffentlichkeit weithin bekannt ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH-Entscheidung im Rechtsstreit Puma gegen Pudel - unzulässige Parodie einer bekannten Marke liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 02.04.2015
I ZR 59/13
Springender Pudel
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 51 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1 und 3, Art. 14;
EU-Grundrechtecharta Art. 11 Abs. 1, Art. 13, Art. 17 Abs. 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Puma gegen Pudel - Inhaber einer bekannten Marke kann Löschung einer Marke verlangen die eine Parodie der bekannten Marke darstellt" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Sind bei einem aus einem Wort und einem Bild bestehenden Zeichen die Komposition des Gesamterscheinungsbildes, die Anordnung der Markenbestandteile sowie der Wortanfang mit einer bekannten Wort-Bild-Marke identisch (hier: Bildbestandteil eines Tiers im Sprung aus derselben Perspektive, in derselben Haltung und in derselben Sprungrichtung), kann von bildlicher Zeichenähnlichkeit auszugehen sein.

b) Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, die Ähnlichkeiten zwischen den Kollisionszeichen aber so groß ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angegriffene Zeichen mit der bekannten Marke gedanklich verknüpfen.

c) Der durch die Eigentumsgarantie geschützte Inhaber einer bekannten Marke muss es nicht dulden, dass für ein sein Markenrecht verletzendes Zeichen Registerschutz für identische oder ähnliche Waren begründet wird, auch wenn das Zeichen in humorvoller Weise auf die bekannte Marke anspielt und als Markenparodie in den Schutzbereich der Kunstfreiheit fällt.

BGH, Urteil vom 2. April 2015 - I ZR 59/13 - OLG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BPatG: Rechtswidrige Rufausbeutung der Markenrechte von Bayern München durch grafisch ähnliche gestaltete Wort-/Bildmarke Super Bayern

BPatG
Beschluss vom 17.03.2015
27 W (pat) 110/12


Das BPatG hat entschieden, dass die Wort-/Bildmarke "Super Bayern" zu löschen ist. Die Marke stellt - so das Gericht - insbesondere durch die grafisch ähnliche Gestaltung eine rechtswidrige Rufausbeutung der Markenrechte von Bayern München.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Ob die Ausnutzung der Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise erfolgt, ist auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen (BGH, Urteil vom 01.03.2001 – I ZR 211/98, GRUR 2001, 1050 - Tagesschau). Allerdings ist bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten Marke zu dem Zweck, die mit ihr verbundene Aufmerksamkeit oder Wertschätzung auszunutzen, regelmäßig von einem die Unlauterkeit im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründenden Verhalten auszugehen (BGH, Urteil v. 03.02.2005 - I ZR 159/02, GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte; EuGH, Urteil v. 27.11.2008 - C-252/07, GRUR 2009, 56 Rn. 39 – Intel/CPM).

So liegt der Fall auch hier.

Die angegriffene Marke wird für dieselben Waren und denselben Dienstleistungsbereich – bzw. Werbung mit einem gewissen Bezug zu den mit der bekannten Marke gekennzeichneten Dienstleistungen – beansprucht.

Die Markeninhaberin hat sich damit in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke begeben, um von ihrem Ruf und Ansehen zu profitieren und ohne finanzielle Gegenleistung die wirtschaftlichen Anstrengungen der Widersprechenden zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images der bekannten Marke auszunutzen. Einen rechtfertigenden Grund dafür hat sie weder vorgetragen, noch ist er ersichtlich.

Vielmehr hat die Markeninhaberin bewusst die Kreisform des Logos der Widersprechenden sowie die darin eingefügte Raute, die Darstellung des Schriftzuges auf dem lnnenring, die weiße Absetzung des Randes sowie die Farben Rot-Blau gewählt, um sich dem Logo der Widersprechenden unmittelbar anzunähern."


Den Volltext der Entscheidung mit einer Wiedergabe beider Wort-/Bildmarken finden Sie hier:

BGH: Puma gegen Pudel - Inhaber einer bekannten Marke kann Löschung einer Marke verlangen die eine Parodie der bekannten Marke darstellt

BGH
Urteil vom 02.04.2015
I ZR 59/13
Springender Pudel


Der BGH hat entschieden, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Löschung einer Marke verlangen kann, die eine Parodie der bekannten Marke darstellt. Das Gericht gab der Klage des Sporartikelherstellers PUMA statt, der sich gegen eine Pudel-Marke zur Wehr setzte.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit einer Parodie einer bekannten Marke

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Löschung einer Marke verlangen kann, die sich in ihrem Gesamterscheinungsbild in Form einer Parodie an seine Marke anlehnt.

Die Klägerin ist eine führende Herstellerin von Sportartikeln. Sie ist Inhaberin der bekannten deutschen Wort-Bild-Marke mit dem Schriftzug "PUMA" und dem Umriss einer springenden Raubkatze. Das Zeichen wird auf Sportbekleidung verwendet. Der Beklagte ist Inhaber einer prioritätsjüngeren deutschen Wort-Bild-Marke, die aus dem Schriftzug "PUDEL" und dem Umriss eines springenden Pudels besteht und seit Anfang 2006 unter anderem für Bekleidungsstücke sowie T-Shirts registriert ist. Die Marken sind wie folgt gestaltet:

Die Klägerin sieht in der Eintragung dieser Marke eine Verletzung ihres Markenrechts.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung seiner Marke verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt. Er hat angenommen, dass die beiden Zeichen trotz der unübersehbaren Unterschiede im Sinne des Markenrechts einander ähnlich sind. Zwar ist die Ähnlichkeit der Zeichen nicht so groß, dass dadurch eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG* besteht. Der Beklagte nutzt mit seinem Zeichen die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Marke der Klägerin im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus. Er profitiert von der Ähnlichkeit der beiden Marken und erlangt dadurch eine Aufmerksamkeit, die er für seine mit der Marke gekennzeichneten Produkte ansonsten nicht erhielte. Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken jedoch so groß ist, dass die beteiligten Verkehrskreise sie gedanklich miteinander verknüpfen. Gegenüber dem Recht aus der bekannten Marke kann sich der Beklagte zur Rechtfertigung nicht mit Erfolg auf die Grundrechte auf freie künstlerische Betätigung oder auf freie Meinungsäußerung berufen. Seine Rechte müssen gegenüber dem ebenfalls durch die Verfassung geschützten Markenrecht der Klägerin zurücktreten, weil der Grundrechtsschutz dem Beklagten nicht die Möglichkeit einräumt, ein eigenes Markenrecht für identische oder ähnliche Waren eintragen zu lassen.

Urteil vom 2. April 2015 - I ZR 59/13 - Springender Pudel

LG Hamburg - Urteil vom 10. Februar 2009 - 312 O 394/08

BeckRS 2010, 02140

OLG Hamburg - Urteil vom 7. März 2013 - 5 U 39/09

BeckRS 2015, 01706

Karlsruhe, den 2. April 2015

* § 9 MarkenG

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1. …

2.

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder

3.

wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch oder dieser ähnlich ist … , falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde."