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LG Bonn: Bei unzulässigen Inhalten im Internet müssen auch Branchenbucheinträge-Einträge kontrolliert und ggf entfernt werden - Falsche Bezeichnung als Architekt

LG Bonn
Urteil vom 01.06.2016
1 O 354/15


Das LG Bonn hat entschieden, dass bei unzulässigen Inhalten im Internet auch Branchenbucheinträge-Einträge im Internet kontrolliert und die Inhalte ggf. entfernt werden müssen. Vorliegend ging es um die falsche Bezeichnung als Architekt. Der Beklagte hatte zwei strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben und wurde jeweils zur Zahlung von zwei Vertragsstrafen verurteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Beklagte hat zunächst die Vertragsstrafe gemäß der Unterlassungserklärung vom 19.09.2007 in Höhe von 2.000 € verwirkt.

Die Internetrecherche seitens der Klägerin hat ergeben, dass der Beklagte auf den Internetseiten N-su.branchen-info.net und www.branchenbuch##.com sowie www.Y2.com weiterhin als Architekt aufgeführt wird, obwohl es ihm aufgrund der Unterlassungserklärung von 19.09.2007 untersagt war, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architekt“ zu verwenden.

Die Bejahung eines Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht widerspricht entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dem Wortlaut des Vertragsstrafeversprechens. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (vgl. BGH Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12GRUR 2014, 595 f, mwN). Nach dem Sinn und Zweck der Unterlassungserklärung ist in Anlehnung an § 5 UWG davon auszugehen, dass die Parteien verhindern wollten, dass der Beklagte durch die weitere Verwendung des Begriffs „Architekt“ eine irreführende geschäftliche Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Der Passus „im Wettbewerb handelnd“ ist mit dem in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG genannten Begriff der „geschäftlichen Handlung“ vergleichbar. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Parteien mit der Unterlassungserklärung eine geringere Verpflichtung des Beklagten annehmen wollten, als es ihm nach dem UWG auferlegt wird. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Dadurch, dass auf den streitgegenständlichen Seiten der Begriff „Architekt“ im Zusammenhang mit dem Namen des Beklagten und seiner Anschrift aufgeführt ist, wird suggeriert, dass der Beklagte als Architekt weiterhin tätig ist, mithin noch im Wettbewerb handelt. Dies gilt auch für das soziale Netzwerk Y2, in denen Mitglieder neben ihren privaten gerade auch ihre beruflichen Kontakte verwalten.

Dass die streitgegenständlichen Einträge letztlich auf den ursprünglich zutreffenden Registereinträgen des Beklagten als Architekt beruhen und er die jetzt noch vorhandenen und sich verbreitenden Einträge selbst nicht mehr unmittelbar veranlasst hat, steht einer Zahlungspflicht aus der Unterlassungserklärung nicht entgegen. Der Beklagte ist aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 19.09.2007 vielmehr verpflichtet, die Löschung der streitgegenständlichen Einträge der Branchendienste und Suchportale zu veranlassen. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Zwar hat er für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten des Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist (BGH Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12GRUR 2014, 595 f, mwN.)

Der Beklagte musste nach der Löschung aus der Architektenliste damit rechnen, dass die Einträge im Internet nach wie vor bestehen, sich ggf. verbreiten und ihm wirtschaftlich zugutekommen. Folglich war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der ihm untersagten Begriffe durchzuführen. Hierbei kann der Beklagte zwar nicht dazu verpflichtet werden, unbegrenzt das Internet auf entsprechende Einträge hin zu durchsuchen. Zur erforderlichen Sorgfalt gehört jedoch ein regelmäßiges Durchsuchen des Internets auf noch vorhandene Einträge, vor allem dann, wenn er durch die Klägerin darauf hingewiesen wird.

Darüber hinaus war der Beklagte hier verpflichtet jedenfalls die Betreiber der gängigsten Dienste wie Branchenbuch ## zu veranlassen, die Berufsbezeichnung Architekt zu entfernen. Der Beklagte hat vorliegend lediglich vorgetragen, dass er sich nach Bekanntwerden der Einträge sofort gekümmert und alles ihm Mögliche zur Bereinigung veranlasst hat. Das Gericht ist sich hierbei dessen bewusst, dass bei Einträgen im Netz zum einen die Schwierigkeit besteht, den Urheber der Einträge ausfindig zu machen und zum anderen, aufgrund der globalen Natur des Internets, zeitnah eine Löschung eines Eintrags zu bewirken. Dennoch kann es dem Beklagten zugemutet werden beim Auffinden eines Eintrags konkrete Löschungsbemühungen anzustellen. So ist beispielsweise ein Löschungsantrag auf der jeweiligen Homepage, soweit vorhanden, auszufüllen und abzusenden. Ansonsten ist – vor allem bei ausländischen Betreibern – ein Gesuch zur Löschung über den Postweg oder zumindest per Email zu senden. Der Beklagte hat hier in keiner Weise dargelegt, wie seine konkreten Bemühungen ausgesehen haben, die Einträge zu löschen bzw. löschen zu lassen. Etwaige Löschungsanfragen per Brief oder Email hat er nicht dargetan.

Die dargelegten Grundsätze gelten auch hinsichtlich des Eintrages als Architekt auf der Internetseite www.Y2.com. Hierbei kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob der Beklagte für die Eintragung selbst verantwortlich war oder ein Mitarbeiter die Angaben ohne Auftrag des Beklagten vorgenommen hat. Spätestens nach dem Schreiben der Klägerin vom 23.04.2015, in welchem sie explizit auf den Eintrag hinwies, war er nach den oben genannten Grundsätzen gehalten, den Eintrag zu löschen.

Der Beklagte hat zudem die weitere Vertragsstrafe gemäß der Unterlassungserklärung 13.03.2012 in Höhe von 4.000 € verwirkt.

Hierbei kann dahinstehen, ob der Beklagte die Unterlassungserklärung wirksam gekündigt hat, da eine etwaige Kündigung das Vertragsverhältnis nur ex nunc beendet hätte. Die Klage stützt sich jedoch auf Handlungen, die vor der im Zuge der Klageerwiderung ausgesprochenen Kündigung liegen; das Vertragsversprechen würde daher für eine Verpflichtung des Beklagten als Rechtsgrund fortbestehen.

Dem Beklagten war es auf Grund der Unterlassungsverpflichtung vom 13.03.2012 verwehrt, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Architekturbüro“ zu verwenden. Infolgedessen stellt es einen schuldhaften Verstoß gegen die Unterlassungserklärung dar, wenn der Beklagte auf der Internetseite www.stadbranchenbuch-N.de mit dem Begriff „Architektur“ und auf der Seite www.firmenwissen.de mit dem Hinweis „Architekturbüro“, sowie auf den Seiten www.branchenverz.org. und immobilienT##.de mit dem Hinweis „Planungsbüro für Architektur in N“ aufgeführt wird.

Die Formulierung „im geschäftlichen Verkehr verwenden“ ist hier ebenfalls in Anlehnung an den Begriff der „geschäftlichen Handlung im Sinne des „ 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 5 UWG auszulegen. Entsprechend den obigen Ausführungen sollte nach dem Sinn und Zweck der Verpflichtungserklärung gerade vermieden werden, dass der nicht mehr in der Architektenliste eingetragene Beklagte weiterhin suggeriert, ein Architekturbüro als eingetragener Architekt zu führen. Der Hinweis „Architekturbüro“ lässt aber gerade nach der allgemeinen Verkehrsanschauung die Leistung eines in der Architektenliste eingetragenen Architekten erwarten.

Gleiches gilt für die Bezeichnung „Architektur“ und „Planungsbüro für Architektur“. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (4 U 140/03 = IBR 2005, 211) nicht als irreführend anzusehen, wenn ein Dipl.-Ing., der nicht Mitglied der Architektenkammer ist, auf seinem Briefkopf die Bezeichnung „Diplom-Ingenieur (TU) für Architektur“ verwendet. Der Beklagte war auf den entsprechenden Seiten jedoch im Zusammenhang mit den Begriffen „Architektur“ und „Planungsbüro für Architektur“ aufgeführt. Im Unterschied zur zitierten Entscheidung des OLG Hamm wird der Begriff „Architekt“ auf den streitgegenständlichen Seiten daher isoliert verwendet und es wird nicht ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei dem Betroffenen „lediglich“ um einen Ingenieur und nicht um einen eingetragenen Architekten handelt.

Der Beklagte war nach den oben genannten Grundsätzen auch gehalten, Löschungsbemühungen anzustellen. Konkrete Bemühungen hat der Beklagte auch hier nicht vorgewiesen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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