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LG Köln: Unterlassungsanspruch gegen Deutsche Telekom wegen Datenweitergabe an Google durch Nutzung von Google Analytics ohne ausreichende Einwilligung

LG Köln
Urteil vom 23.03.2023
33 O 376/22


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch gegen die Deutsche Telekom wegen der Datenweitergabe an Google durch Nutzung von Google Analytics ohne ausreichende Einwilligung besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagte hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der bezeichneten Datenübermittlung in die USA nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 UKlaG iVm §§ 8, 3 Abs. 1, 3a UWG iVm Art. 44 ff. DSGVO.

Die klägerseits vorgetragene Übermittlung von IP-Adressen sowie Browser- und Geräteinformationen an Google LLC als Betreiberin von Google Analyse- und Marketingdiensten mit Sitz in den USA ist als unstreitig zu behandeln und ist nicht von den Rechtfertigungstatbeständen der DSGVO gedeckt.

a. Die Übermittlung von IP-Adressen an die Google LLC in den USA gilt nach § 138 Abs. 2, 3 ZPO als zugestanden. Der Kläger hat substantiiert zu der Übermittlung vorgetragen. Das darauffolgende Bestreiten der Beklagten im Schriftsatz vom 02.02.2023 ist hingegen nicht hinreichend substantiiert. Vielmehr erschöpft es sich trotz des Aufgreifens einzelner Punkte im Ergebnis in einem pauschalen Bestreiten bzw. Anzweifeln.

Die Substantiierungslast des Bestreitenden hängt davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. Je detaillierter das Vorbringen des Darlegungsbelasteten ist, desto höher sind die Substantiierungsanforderungen gem. § 138 Abs. 2 ZPO. Substantiiertes Vorbringen kann danach grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden. Vorausgesetzt ist dabei, dass der bestreitenden Partei substantiierter Gegenvortrag möglich und zumutbar ist, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn die behaupteten Tatsachen in ihrem Wahrnehmungsbereich gelegen haben (BeckOK ZPO/von Selle ZPO § 138 Rn. 18; BGH NJW-RR 2019, 1332 Rn. 23 mwN).

So liegt der Fall hier. Die Übertragung und Verarbeitung von Daten liegt im Wahrnehmungs- und Organisationsbereich der Beklagten. Der Beklagten wäre es daher möglich gewesen, substantiiert dazu vorzutragen, unter welchen Voraussetzungen welche Daten an die Google LLC übertragen werden und wo diese verarbeitet werden. Daher genügt es insbesondere nicht, lediglich in Zweifel zu ziehen, ob der Standort der IP-Adresse „142.250.185.228“ in den USA befindlich ist oder ob der Sitz des Unternehmens unabhängig von dem Standort des Servers der IP-Adresse ist. Ebenso wenig genügt es, den Aussagegehalt der Registrierung der IP-Adresse und der Anlagen K11 und K12 in Frage zu stellen.

b. Die übermittelten IP-Adressen stellen sowohl für die Beklagte als auch Google LLC als Verantwortliche der Datenübermittlung personenbezogene Daten dar.

Dynamische IP-Adressen stellen dann personenbezogene Daten dar, wenn dem Verantwortlichen rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, die er vernünftigerweise einsetzen könnte, um mit Hilfe Dritter (zB der zuständigen Behörde und des Internetanbieters) die betroffene Person anhand der gespeicherten IP-Adresse bestimmen zu lassen (BGH ZD 2017, 424 = MMR 2017, 605).

Dies ist sowohl hinsichtlich der Beklagten als auch hinsichtlich Google LLC der Fall. Beiden stehen die rechtlichen Mittel zur Verfügung, über Zusatzinformationen von der IP-Adresse einen Rückschluss auf die natürliche Person zu ziehen.

Als Telekommunikationsanbieterin und Websitebetreiberin kann die Beklagte, soweit es sich bei den Besuchern um ihre Kunden handelt, ohne großen Aufwand InternetNutzer identifizieren, denen sie eine IP-Adresse zugewiesen hat, da sie in der Regel in Dateien systematisch Datum, Zeitpunkt, Dauer und die dem Internet-Nutzer zugeteilte dynamische IP-Adresse zusammenführen kann. In Kombination können die eingehenden Informationen dazu benutzt werden, um Profile der natürlichen Personen zu erstellen und sie (sogar ohne Heranziehung Dritter) zu identifizieren (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schild DS-GVO Art. 4 Rn. 20).

Gleiches gilt für Google LLC, die als Anbieterin von Online-Mediendiensten ebenso über die Mittel verfügt Personenprofile zu erstellen und diese auszuwerten. Dabei kann gerade die IP-Adresse als personenspezifisches Merkmal dienen (vgl. LG München I, Urteil vom 20.1.2022 – 3 O 17493/20) und etwa in der Kombination mit der Nutzung anderer Onlinedienste zur Identifizierung herangezogen werden (Feldmann, in: Forgó/Helfrich/Schneider, Betrieblicher Datenschutz, 3. Auflage 2019, Kapitel 4. Datenschutzkonformer Einsatz von Suchmaschinen im Unternehmen, Rn. 12).

Ob an die Dienste Heap und Xandr ebenfalls Daten in das Ausland übermittelt worden sind, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

c. In den USA ist kein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet (vgl. EuGH Urt. v. 16.7.2020 – C-311/18 – Facebook Ireland u. Schrems, im Folgenden: Schrems II).

Der EuGH hat ausgesprochen, dass der EU-US Angemessenheitsbeschluss („Privacy Shield“) – ohne Aufrechterhaltung seiner Wirkung – ungültig ist. Die gegenständliche Datenübermittlung findet daher keine Deckung in Art. 45 DSGVO.

d. Auch etwaige Standarddatenschutzklauseln vermögen die Datenübermittlung in die USA nicht zu rechtfertigen, da sie nicht geeignet sind ein der DSGVO entsprechendes Datenschutzniveau zu gewährleisten, insbesondere da solche Verträge nicht vor einem behördlichen Zugriff in den USA schützen.

Die Beklagte trägt vor, dass sie Standarddatenschutzklauseln in der bis zum 27.12.2022 gültigen Version mit ihren Dienstleistern und diese wiederum mit ihren Sub-Dienstleistern abgeschlossen hatte. Obschon der Kläger dies bestreitet, würde der Vortrag der Beklagten selbst bei Wahrunterstellung nicht genügen, um eine Rechtfertigung der Datenübermittlung zu begründen.

In Schrems II hat der EuGH zwar ausgeführt, dass Standarddatenschutzklauseln als Instrument für den Internationalen Datenverkehr dem Grunde nach nicht zu beanstanden sind, allerdings hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass Standarddatenschutzklauseln ihrer Natur nach ein Vertrag sind und demnach Behörden aus einem Drittstaat nicht binden können:

„Demnach gibt es zwar Situationen, in denen der Empfänger einer solchen Übermittlung in Anbetracht der Rechtslage und der Praxis im betreffenden Drittland den erforderlichen Datenschutz allein auf der Grundlage der Standarddatenschutzklauseln garantieren kann, aber auch Situationen, in denen die in diesen Klauseln enthaltenen Regelungen möglicherweise kein ausreichendes Mittel darstellen, um in der Praxis den effektiven Schutz der in das betreffende Drittland übermittelten personenbezogenen Daten zu gewährleisten. So verhält es sich etwa, wenn das Recht dieses Drittlands dessen Behörden Eingriffe in die Rechte der betroffenen Personen bezüglich dieser Daten erlaubt.“ (Schrems II, Rn. 126).

Der EuGH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der EU-US Angemessenheitsbeschluss aufgrund des einschlägigen Rechts der USA und der Durchführung von behördlichen Überwachungsprogrammen kein angemessenes Schutzniveau für natürliche Personen gewährleistet (Schrems II, Rn. 180 ff).

Wenn sogar der EU-US Angemessenheitsbeschluss aufgrund der Rechtslage in den USA für ungültig erklärt wurde, so kann erst recht nicht davon ausgegangen werden, dass vertragliche Bindungen zwischen privaten Rechtssubjekten ein angemessenes Schutzniveau nach Art. 44 DSGVO für die gegenständliche Datenübermittlung in die USA gewährleisten können. Denn diese können schon ihrer Natur nach ausländische Behörden nicht in ihrer Handlungsmacht beschränken.

Dies entspricht auch der Wertung des EuGH:

„Da diese Standarddatenschutzklauseln ihrer Natur nach keine Garantien bieten können, die über die vertragliche Verpflichtung, für die Einhaltung des unionsrechtlich verlangten Schutzniveaus zu sorgen, hinausgehen, kann es je nach der in einem bestimmten Drittland gegebenen Lage erforderlich sein, dass der Verantwortliche zusätzliche Maßnahmen ergreift, um die Einhaltung dieses Schutzniveaus zu gewährleisten.“ (Schrems II, Rn. 133).

Zu solchen – nach den „Empfehlungen 01/2020 zu Maßnahmen zur Ergänzung von Übermittlungstools zur Gewährleistung des unionsrechtlichen Schutzniveaus für personenbezogene Daten“ der EDSA wohl vertraglichen, technischen oder organisatorischen Maßnahmen – hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Solche Maßnahmen müssten geeignet sein, die im Rahmen des Schrems II Urteils des EuGH aufgezeigten Rechtsschutzlücken – also die Zugriffs- und Überwachungsmöglichkeiten von US-Nachrichtendiensten – zu schließen. Dies ist hier nicht gegeben.

e. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Einwilligung iSd Art. 49 Abs. 1 lit. a) DSGVO berufen.

Eine „ausdrückliche Einwilligung“ iSd Art. 49 Abs. 1 lit. a) DSGVO auf hinreichender Informationserteilung u.a. über den Empfänger der Informationen wurde schon nicht dargelegt.

Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine Einwilligung eine unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in der Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung. Für die nach Art. 49 Abs. 1 lit. a) DSGVO erforderliche Einwilligung ist es schon dem Wortlaut nach darüber hinaus erforderlich, dass die Erklärung „ausdrücklich“ abgegeben wird. Angesichts dieser unterschiedlichen Wortwahl sind an die Einwilligung zu Übermittlungen in Drittländer höhere Anforderungen als an sonstige Einwilligungen zu stellen. Insbesondere setzt Art. 49 Abs. 1 lit. a DSGVO schon dem Wortlaut nach eine besondere Informiertheit voraus.

Der Einwilligende muss u.a. darüber informiert worden sein, an welche Drittländer und an welche Empfänger seine Daten übermittelt werden (BeckOK DatenschutzR/Lange/Filip DS-GVO Art. 49 Rn. 7; Klein/Pieper in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, Artikel 49 Ausnahmen für bestimmte Fälle Rn. 6).

Hier sind die Website-Besucher aber keineswegs über eine Datenübermittlung an Google LLC unterrichtet worden. In den ehemaligen Datenschutzhinweisen wurde lediglich über eine Übermittlung von Daten an Xandr und Heap informiert worden, was ersichtlich nicht den Empfänger Google LLC erfasst.

Dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Datenübertragung an Google LLC am 03.01.2023 geänderte Datenschutzhinweise verwendet hat, die den o.g. Anforderungen genügen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist aber gemäß Art. 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 DSGVO an der Beklagten die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung darzulegen und zu beweisen (vgl. BeckOK DatenschutzR/Stemmer DS-GVO Art. 7 Rn. 89-91.1; Diekmann, in: Koreng/Lachenmann, Formularhandbuch Datenschutzrecht, 3. Auflage 2021, 4. Einwilligung der betroffenen Personen, Anm. 1.-12.). Dies ist für den relevanten Zeitpunkt am 03.01.2023 nicht erfolgt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Brandenburg: Berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DGSVO - Datenübermittlung zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Subunternehmer

OLG Brandenburg
Urteil vom 23.02.2022
4 U 111/21


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DGSVO vorliegt, wenn die Datenverarbeitung der Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Subunternehmer

Aus den Entscheidungsgründen:
b) Die Klägerin ist durch die Vorschriften der seit 2018 geltenden Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (im Folgenden DSGVO) nicht gehindert, gegenüber der Beklagten Nachweise über die Zahlung des Mindestlohns an die Mitarbeiter, die sie zur Erfüllung von Aufträgen der Beklagten eingesetzt hat, zu erbringen. Diese Form der Verarbeitung personenbezogener Daten der Mitarbeiter der Klägerin ist vielmehr, soweit dabei die Grenzen der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit eingehalten werden, gemäß Art 6 Abs. 1 lit f. DSGVO erlaubt.

aa) Dabei verkennt der Senat nicht, dass Vereinbarungen zwischen einem Generalunternehmer – wie der Beklagten – und einem Subunternehmer – wie der Klägerin – über Vorlagepflichten und Einsichtsrechte zur Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohngesetztes (im Folgenden MiLoG) zwar einerseits mit Blick auf die Haftung des Generalunternehmers aus § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG üblich sind und in der Literatur zum MiLoG sogar empfohlen werden (vgl. nur: Grimm in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Aufl. 2021, E. Arbeitnehmerentsendung und Mindestlohn Rn. 128; Bissels/Falter, Gesetzlicher Mindestlohn – Fallstricke bei der Haftung für Subunternehmer nach dem MiLoG) – DB 2015, 65, 67; Rittweger/Zieglmeier, Checkliste Mindestlohn, NZA 2015, 976,977), andererseits datenschutzrechtlich durchaus als problematisch (Tschöpe a.a.O., Datenschutzbeauftragte des Bundes du der Länger, z.B. Internetauftritt des Sächsischen Datenschutzbeauftragten), teilweise sogar als schlichtweg unzulässig (Frank/Krause, Datenschutzrechtliche Aspekte des Mindestlohngesetztes, DB 2015, 1285, 1286) erachtet werden.

Datenschutzrechtlich stellt sich die Rechtslage bezogen auf den für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Zeitraum August/September 2019 wie folgt dar:

Trotz Inkrafttretens der DSGVO mit Wirkung ab dem 25.05.2018 ist die Frage des Umgangs eines Unternehmers mit personenbezogenen Daten der bei ihm Beschäftigten grundsätzlich zunächst nach § 26 BDSG a.F. zu beurteilen, da die Bundesrepublik Deutschland mit dieser Vorschrift von der in Art. 88 DSGVO eingeräumten Befugnis, zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext spezifischere Vorschriften zu erlassen, Gebrauch gemacht hat. Dabei gehört zur Verarbeitung im Sinne des BDSG aufgrund der Begriffsdefinition in Art. 4 Ziff. 2 DSGVO auch die „Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung“. Gemäß § 26 Abs. 1 BDSG a.F. ist die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung bestimmter Rechte und Pflichten der Interessenvertretung von Beschäftigten erforderlich ist. Die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Generalunternehmer als Auftraggeber der Beschäftigten eines Unternehmens, mag sie auch im Interesse der Beschäftigten liegen, gehört nicht zu der danach erlaubten Verarbeitung persönlicher Daten. Erlaubt ist die Verarbeitung personenbezogener Daten der Beschäftigten darüber hinaus auf der Grundlage einer Einwilligung (§ 26 Abs. 2 BDSG a.F.). Derartige Einwilligungen der Mitarbeiter der Klägerin liegen indes – unbestritten – (jedenfalls bislang) nicht vor. Ebenso wenig gibt es einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Kollektivvereinbarung (§ 26 Abs. 4 BDSG a.F.). Schließlich geht es auch nicht um die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art 9 DSGVO, für die § 26 Abs. 3 BDSG eine gesonderte Regelung trifft.

Der Umstand, dass danach die Regelungen in § 26 BDSG eine Übermittlung von Stundennachweisen und Lohnabrechnungen – dass diese personenbezogene Daten der Mitarbeiter der Klägerin enthalten, steht außer Frage - nicht erlauben, bedeutet gleichwohl nicht zwingend, dass die Beklagten sich mit pauschalen Versicherungen der Klägerin oder deren Steuerberaters in Bezug auf die Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns zufrieden geben muss. Zulässig ist vielmehr – ebenso wie dies im Verhältnis zwischen § 32 BDSG a.F. und § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGSG a.F. der Fall war (BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 25 ff.) – ein Rückgriff auf Art. 6 DSGVO (Plath DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018 Rn. 13 m.w.N.). Gemäß Art 6 Abs. 1 lit f. DSGVO ist jedoch eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

bb) Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DGSVO liegen für einen Nachweis der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns durch einen Subunternehmer an den Generalunternehmer im Hinblick auf zur Nachweisführung erforderlichen persönliche Daten der Beschäftigten des Subunternehmers vor.

Der Generalunternehmer hat – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – ein berechtigtes Interesse, von dem Subunternehmer einen Nachweis zur Einhaltung der Mindestlohnzahlung zu verlangen. Dieses ergibt sich daraus, dass der Generalunternehmer gemäß § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG wie ein Bürge für die Verpflichtung des Subunternehmers gegenüber seinen Beschäftigten für die Zahlung des Mindestlohns einzustehen hat.

Die durch das Verlangen von Nachweisen über die Zahlung des Mindestlohns ermöglichte Kontrolle des Generalunternehmers gegenüber dem Subunternehmer ist zur Wahrung des berechtigten Interesses des Generalunternehmers auch erforderlich. Dem steht nicht entgegen (so aber Frank/Krause, Datenschutzrechtliche Aspekte des Mindestlohngesetztes, DB 2015, 1285, 1286), dass dem Generalunternehmer auch andere Möglichkeiten zur Minimierung seines Haftungsrisikos zur Verfügung stehen, so etwa die – hier von der Beklagten gemäß § 4 Abs. 3 und 4 des Nachunternehmervertrages auch ergriffenen - Möglichkeiten, sich durch vertragliche Vereinbarung im Verhältnis zu dem Subunternehmer freizuzeichnen oder sich im Falle des Verstoßes gegen das MiLoG ein Kündigungsrecht einräumen zu lassen. Daneben werden Vertragsstrafenregelungen oder, um auch das Insolvenzrisiko des Subunternehmers auszuschließen, die Möglichkeit des Verlangens der Absicherung einer Inanspruchnahme nach dem MiLoG durch eine Bürgschaft oder einen Sicherheitseinbehalt vorgeschlagen (vgl. nur etwa: Bissels/Falter, Gesetzlicher Mindestlohn – Fallstricke bei der Haftung für Subunternehmer nach dem MiLoG – DB 2015, 65, 67/68). Bei all diesen alternativen Maßnahmen muss der Generalunternehmer jedoch entweder in Kauf nehmen, dass der Subunternehmer von vornherein eine höhere Vergütung verlangt, etwa um Avalkosten oder Liquiditätseinbußen durch Sicherheitseinbehalte abzudecken, oder er kann lediglich reaktiv bei Verstößen das Vertragsverhältnis beenden und Ersatz seiner Aufwendungen/Schäden verlangen. Eine Vereinbarung, wonach sich der Subunternehmer verpflichtet, dem Generalunternehmer Unterlagen zum Nachweis der Mindestlohnzahl vorzulegen, wirkt dagegen allein wegen der damit verbundenen Kontrollfunktion präventiv, d.h. sie vermeidet – in den Grenzen einer im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen gebotenen Praktikabilität -, dass es überhaupt zu seiner Inanspruchnahme des Generalunternehmers durch die Beschäftigten des Subunternehmers kommen kann. Auch dieses Haftungsvermeidungsinteresse des Generalunternehmers ist jedoch gerade wegen des Gleichlaufs mit den Zwecken des Mindestlohngesetzes als berechtigt zu erachten.

Einer Weitergabe zur Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns erforderlicher personenbezogener Daten der Beschäftigten des Subunternehmers an den Generalunternehmer stehen schließlich auch keine Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Beschäftigten des Subunternehmers entgegen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern und das berechtigte Interesse des Generalunternehmers überwiegen. Den Rechten und Interessen der Beschäftigten des Subunternehmers kann nämlich im Rahmen der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung dadurch Rechnung getragen werden, dass die zur Erfüllung des – in seiner Präventivwirkung gerade auch die Beschäftigten des Subunternehmers in ihrem Interesse an der Zahlung des Mindestlohns schützenden - Kontrollinteresses des Generalunternehmers erforderliche Offenlegung ihrer personenbezogenen Daten so datensparsam wie eben möglich erfolgt, was – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – ggf. durch Anonymisierungen, Pseudonymisierungen oder Schwärzungen sicherzustellen ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Celle: Unterlassungsanspruch aber keine Geldentschädigung bei Veröffentlichung eines Fotos welches Polizisten im Dienst ohne Anonymisierung zeigt

OLG Celle
Urteil vom 23.09.2021
13 U 55/20


Das OLG Celle hat entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch bei Veröffentlichung eines Fotos, welches einen Polizisten im Dienst ohne Anonymisierung zeigt, besteht. Eine Geldentschädigung lehnte das Gericht in diesem Fall ab, da durch die Veröffentlichung des Fotos keine Gefahrenlage für den betroffenen Polizisten geschaffen worden sei.

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger ein Anspruch zusteht, die Verbreitung und/oder Veröffentlichung des im Wesentlichen streitgegenständlichen, unter anderem als Anlage K1 (Blatt 17) vorgelegten Lichtbildes zu unterlassen, sofern es nicht so verändert ist, dass der Kläger nicht mehr identifizierbar ist (dazu unter 1.). Der Unterlassungsanspruch beschränkt sich allerdings auf die Veröffentlichung dieses einen Bildes in dem Zusammenhang mit der in Bezug genommenen Berichterstattung und umfasst nicht sämtliche Bildnisse des Klägers von diesem Polizeieinsatz in jeglicher Form (dazu unter 2.), was der Kläger nunmehr durch die Beschränkung seines Antrags auf die konkrete Verletzungsform auch klargestellt hat.

1. Das Landgericht hat bezogen auf das unter anderem als Anlage K1 vorgelegte unverpixelte Lichtbild zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, §§ 22, 23 KUG wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht bejaht.

a) Die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen ist nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - VI ZR 125/12, juris Rn. 10; Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19, juris Rn. 15, jew. m. w. N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 2538/08, 1 BvR 6/09, juris Rn. 52, m. w. N.). Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14, juris Rn. 14; Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19, juris Rn. 21 ff., jew. m. w. N.).

Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Er darf nicht zu eng verstanden werden und umfasst im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse. Der Begriff wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2015, a. a. O., Rn. 17 m. w. N.). Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt. Bildaussagen nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (BGH, Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 533/16, juris Rn. 10; Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19, juris Rn. 21, jew. m. w. N.)

Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen. Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist.

Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 504/18, juris Rn. 13 m. w. N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2007, a. a. O.).

Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Berichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19, juris Rn. 24 m. w. N.).

Bezogen auf die Abbildung einzelner im Einsatz befindlicher Polizeibeamten wird vertreten, dass diese nur dann zulässig ist, wenn bezogen auf eben diese Abbildung - und nicht nur auf das dem Einsatz zugrundeliegende Ereignis - § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG greift. Denn der einzelne Beamte sei nicht schon allein auf Grund seines Einsatzes eine Person der Zeitgeschichte, sondern erst dann, wenn er an besonderen Ereignissen oder Handlungen teilnimmt, insbesondere, wenn er sich pflichtwidrig verhält (vgl. Engels in: BeckOK UrhR, KUG § 23 Rn. 17; OLG Celle, Urteil vom 25. August 2010 - 31 Ss 30/10, juris Rn. 21; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2. Oktober 1979 - 4 Ss 200/79, juris). Alltägliche Einsätze zählten indes nicht zum Zeitgeschehen, über das unter Abbildung der beteiligten Polizisten berichtet werden dürfe (vgl. Fricke in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Aufl., § 23 KUG Rn. 31 m. w. N.). Gezielte Aufnahmen von einzelnen Polizisten im Einsatz seien daher erst in dem Augenblick zulässig, in dem an ihnen ein besonderes öffentliches Informationsinteresse besteht (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoehne, Presserecht, 5. Aufl., § 21 Rn. 13c), weshalb beispielsweise regelmäßig kein schützenswertes Informationsinteresse an einer Einzelabbildung der bei einer Personenkontrolle oder Demonstrationsüberwachung Mitwirkenden bestehe (Dreyer in: Dreyer/Kotthoff/ Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl., § 23, Rn. 39).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich die angegriffene Abbildung des Verfügungsklägers als rechtswidrig dar, weil seine Einwilligung unstreitig nicht vorlag und es sich - unter Abwägung der widerstreitenden Interessen - nicht um eine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis handelt.

aa) Allerdings behandelt die Berichterstattung, deren Bebilderung das Bildnis des Klägers dient, durchaus eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, so dass sie - und auch die Bebilderung - im Ausgangspunkt der Zeitgeschichte zugerechnet werden könnte. Ein entsprechendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist anzunehmen.

Indiziell spricht für ein solches Informationsinteresse bereits der Umstand, dass der Polizeieinsatz Gegenstand der Berichterstattung in verschiedenen Presseorganen war. Auch in der Sache bestand ein Informationsinteresse angesichts des erheblichen Aufwandes des Einsatzes - unter anderem auch im Hinblick auf Straßensperrungen sowie den Schusswaffeneinsatz. Selbst wenn die Berichterstattung insoweit auch einen unterhaltenden Charakter hatte und die Neugier der Öffentlichkeit befriedigte, stellte gerade die Diskussion dieser Umstände eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse dar. Der Presseartikel der Beklagten (vorgelegt als Anlage zur Berufungsbegründung vom 21. September 2020, Bl. 334) thematisierte die fragliche Verhältnismäßigkeit auch zumindest im Ansatz, insbesondere indem er herausstellte: „Es sah aus wie ein Anti-Terror-Einsatz - war aber nur eine Wildschwein-Jagd“. Er befriedigte damit ein Informationsbedürfnis, auch wenn eine eingehendere sachliche Auseinandersetzung unterblieb. Nicht zu verkennen ist allerdings im Rahmen der nachfolgend vorzunehmenden Abwägung, dass das öffentliche Interesse sowohl in regionaler Hinsicht als auch im Hinblick auf die gesellschaftspolitische Bedeutung nur eingeschränkt bestand und insbesondere etwa nicht mit dem Interesse an der Diskussion polizeilicher Einsätze beispielsweise bei Demonstrationen vergleichbar war.

Die Verwendung des infrage stehenden Bildnisses des Klägers zur Bebilderung dieses Presseartikels diente - unabhängig davon, dass ein konkretes Bedürfnis insoweit ohnehin nicht festgestellt werden müsste - ebenfalls dem öffentlichen Informationsinteresse. Sie war nicht nur geeignet, allgemein Interesse für diese Berichterstattung zu erwecken. Vielmehr unterstrich sie gerade auch aufgrund des entschlossenen und martialisch wirkenden Auftretens des Klägers und dessen Bewaffnung mit einer Maschinenpistole die Thematisierung der möglichen Unverhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes.

bb) Diesem Informationsinteresse stehen vorliegend aber überwiegende Interessen des Klägers gegenüber.

(1) Dabei spricht für die Zulässigkeit der Bebilderung zwar, dass das Lichtbild ohne Belästigung, Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung und nicht an Orten der Abgeschiedenheit aufgenommen wurde (zu diesen Gesichtspunkten: BGH, Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 533/16, juris Rn. 23).

Zudem zeigt die Abbildung den Kläger bei der in die Sozialsphäre fallenden Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Sie ist im unmittelbaren Kontext mit der zugehörigen Wortberichterstattung auch nicht geeignet, das soziale Ansehen des Klägers in erheblicher Weise nachteilig zu beeinflussen. Sie zeigt den Kläger bei der Ausübung seiner Dienstpflichten. Sie suggeriert in diesem Kontext kein Fehlverhalten des Klägers. Zwar lässt der Zusammenhang der Bebilderung mit der Wortberichterstattung es als möglich erscheinen, dass es der Kläger gewesen wäre, der die tödlichen Schüsse auf das Tier abgegeben hat, was tatsächlich nicht der Fall war. Dies stellt jedoch nur ein mögliches Verständnis dar, das durch die Berichterstattung nicht nahegelegt wird. Zudem stellt es zumindest objektiv keinen wesentlichen Unterschied dar, ob der Kläger nur an dem fraglichen Einsatz beteiligt war oder auch selbst - auf Anweisung - geschossen hat. Nicht zu verkennen ist dabei allerdings, dass absehbar war, dass sowohl der Einsatz als solcher als auch die Tötung des Tieres von einzelnen Dritten als kritikwürdig eingeschätzt werden würde.

In die Abwägung ist dabei auch einzustellen, dass der Kläger durch seine Abbildung gerade das „Gesicht“ des als unverhältnismäßig kritisierten Polizeieinsatzes wurde, ohne dass er diesen angeordnet oder sonst zu verantworten hätte, weshalb auch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerade an der Identität des Klägers nicht bestand (zu diesem Gesichtspunkt: Senat, Urteil vom 20. April 2000 - 13 U 160/99, juris Rn. 9).

(2) Wesentlich gegen die Zulässigkeit der Abbildung des Klägers in der vorgenommenen Weise spricht zudem, dass es aufgrund ihrer Prägnanz nahelag, dass sie sich im Internet „verselbstständigte“ und als Symbol für unverhältnismäßige Polizeigewalt, möglicherweise auch für einen Polizeistaat, Verwendung finden würde. Die abgebildete Körperhaltung, Bewegung und Mimik des Klägers verleiht dem Bild eine martialische und militante Dynamik, die auch außerhalb des Kontextes zu der Wortberichterstattung eine plakative Wirkung entfaltete. Es lag daher nicht fern, dass sie gerade auch im Zusammenhang mit anderen kritischen oder gar feindlichen Meinungsäußerungen gegenüber der Polizei eingesetzt und den Kläger insoweit zur Zielscheibe verbaler, möglicherweise aber auch tätlicher Angriffe machen würde. Die Bebilderung hat insoweit durchaus einen mit einer Prangerwirkung vergleichbaren Effekt.

Bei der Gewichtung dieser Beeinträchtigung ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger ausschließlich optisch und auch insoweit nur von einem vergleichsweise kleinen Kreis von Personen identifiziert werden kann und das Bild deshalb nicht geeignet ist, die Identität des Klägers einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen (dazu: BGH, Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19, juris Rn. 32 f.). Bereits die nachteiligen Auswirkungen in seinem näheren Umfeld müssen dabei aber vom Kläger nicht hingenommen werden. Zudem ist auch seine Sorge nicht von der Hand zu weisen, im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung identifizierbar zu sein, die seinen Einsatzbereich erkennen lässt.

Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass die Berichterstattung nur an „lokale Leser“ gerichtet gewesen sei, weil der von ihr veröffentlichte Artikel und die dazugehörigen Fotos und Videos unstreitig weltweit im Internet abrufbar waren.

Nicht von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass eine tatsächliche, konkrete Gefährdung des Klägers auch unter Berücksichtigung der Aussage des als Zeugen vernommenen Vorgesetzten des Klägers, des Polizeibeamten B., nicht festzustellen ist.

Dass Abbildungen von Polizisten in großer Vielzahl im Internet abrufbar sind, steht der Schutzwürdigkeit der vorliegenden Interessen des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Seine hier infrage stehende Abbildung hebt sich gerade durch ihre Prägnanz aus der Masse allgemeiner Abbildungen heraus.

43
Unerheblich ist auch, dass der Kläger gegen die Verwendung dieser oder vergleichbarer Abbildungen von ihm durch Dritte nicht vorgegangen sein mag. Die Beklagte kann sich auf eine mögliche Gleichheit im Unrecht nicht berufen. Zudem ist nicht zu verkennen, dass gerade die Verbreitung auf den Internetseiten der Beklagten eine besondere Breitenwirkung hat.

44
cc) In der Abwägung dieser widerstreitenden Interessen hat das Informationsinteresse der Öffentlichkeit insoweit zurückzutreten, dass eine unverpixelte und zur Identifizierung des Klägers geeignete Verwendung des fraglichen Bildes nicht zulässig war. Die schützenswerten Interessen des Klägers überwiegen die für eine Verwendung des unverpixelten Bildes streitenden Interessen.

Zwar ist das Bedürfnis, eine Berichterstattung zu bebildern, grundsätzlich nicht zu überprüfen. Es ist im Rahmen dieser Gesamtabwägung aber ergänzend zu berücksichtigen, dass die Verwendung des infrage stehenden Bildes nicht grundsätzlich, sondern nur insoweit unzulässig ist, als der Kläger darauf identifizierbar ist. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit betreffend „dramatische Jagdszenen“, insbesondere betreffend den Einsatz von Beamten mit Maschinenpistolen und Scharfschützengewehren, hätte unter Verwendung dies darstellender Bilder befriedigt werden dürfen. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der Aussagegehalt des infrage stehenden Bildes bei einer Verpixelung der Gesichtspartie insbesondere dadurch eingeschränkt wäre, dass die entschlossene Mimik des Klägers nicht mehr zum Ausdruck käme, wäre dies aufgrund der dargestellten Gesamtabwägung hinzunehmen.

c) Die Wiederholungsgefahr ist durch die Erstbegehung indiziert und von der Beklagten nicht widerlegt. Zwar hat sie - möglicherweise irrtümlich - in der Klageerwiderung (S. 43) behauptet, sich zur Unterlassung verpflichtet zu haben. Dieser Vortrag ist jedoch streitig. Die dort in Bezug genommene Anlage hat die Beklagte nicht vorgelegt. Hierauf hat der Kläger hingewiesen, ohne dass die Beklagte ihren Vortrag konkretisiert oder sonst unter Beweis gestellt hätte.

Auch der Zeitablauf als solcher ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr ohne eine entsprechende Unterlassungserklärung der Beklagten zu beseitigen.

d) Die Verwendung dieses unter anderem als Anlage K1 vorgelegten Bildes ist nicht in jeglichem Zusammenhang, sondern nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den fraglichen Polizeieinsatz zu untersagen (vgl. dazu allg. BGH, Urteil vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, juris Rn. 10). Entsprechend hat der Kläger seinen Klageantrag in der Berufungsinstanz durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform auch klarstellend beschränkt.

2. Ein Unterlassungsanspruch besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts demgegenüber nicht auch für die Verbreitung sonstiger Bildnisse des Klägers von dem fraglichen Polizeieinsatz. Dabei ist unerheblich, dass insoweit die maßgeblichen Interessen noch nicht konkret bewertet werden können. Vielmehr fehlt es insoweit bereits an einer Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte solche anderen Abbildungen bislang nicht veröffentlicht hat. Auch hinreichende Anhaltspunkte einer Erstbegehungsgefahr fehlen insoweit. Auch insoweit hat der Kläger seinen Klageantrag nach Erörterung dieser Problematik im Termin zur mündlichen Verhandlung durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform beschränkt.

Ob in dieser Beschränkung eine Teil-Rücknahme oder nur eine Klarstellung liegt, kann letztlich offenbleiben. Kostenrechtlich wäre auch eine Teil-Rücknahme nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unbeachtlich. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger konkret die Veröffentlichung anderer Bilder von ihm befürchtet hatte, so dass der formal ursprünglich weitergehende Klageantrag insoweit in der Sache nicht ins Gewicht fiel.

II. Im Hinblick auf die Verbreitung der unter anderem als Anlage K1 vorgelegten Abbildung des Klägers hat das Landgericht zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten festgestellt, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Verbreitung dieser Abbildung entstanden ist und/oder noch entstehen wird. Bei Verletzung eines absoluten Rechtsgutes besteht ein Feststellungsinteresse bereits dann, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und der Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind; ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, juris Rn. 5). Diese Voraussetzungen für die Feststellung einer Ersatzpflicht liegen vor.

III. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung besteht demgegenüber unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht.

1. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Entschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können. Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab; es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14, juris Rn. 33 m. w. N.).

2. Vorliegend spricht gegen eine Geldentschädigung bereits, dass die Zulässigkeit der Verwendung des Bildes letztlich aufgrund einer Abwägung zu beurteilen war, die im Ergebnis nicht derart eindeutig sein mag, dass dies den Rückschluss auf einen erheblichen Verschuldensgrad zulässt. Selbst die 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Veröffentlichung eines vergleichbaren Fotos durch eine andere Verlagsgesellschaft nicht als rechtswidrig eingeordnet (Urteil vom 21. Dezember 2020 - 18 O 167/20, vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz vom 17. August 2021, Bl. 390 ff. d. A.). Insbesondere wird die Beklagte zwar eine mögliche Unzulässigkeit der Verwendung des Bildnisses und insoweit auch eine mögliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers billigend in Kauf genommen haben. Dass sie die Unzulässigkeit dieser Veröffentlichung aber positiv erkannt hätte, ist nicht festzustellen. Erst recht ist nicht anzunehmen, dass sie Angriffe auf den Kläger infolge der Veröffentlichung des Bildes billigend in Kauf genommen hätte.

Trotz des erheblichen Verbreitungsgrades des Bildes, der nicht fernliegenden Sorge des Klägers vor tätlichen Angriffen, des Umstandes, dass von einer Sensibilität der Beklagten hinsichtlich der Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen ist, diese eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung jedenfalls billigend in Kauf genommen hat und angesichts der prominenten Veröffentlichung des infrage stehenden Bildes unter anderem auch als Titelbild unter der Rubrik „Top-Videos“ (vgl. Anlage K3, Bl. 19 d. A.) besteht im Hinblick auf den Grad des die Beklagte treffenden Verschuldens und den Umstand, dass sie sowohl im Wege der einstweiligen Verfügung als auch nunmehr im Hauptsacheverfahren unter Ordnungsmittelandrohung zu Unterlassung der Bildveröffentlichung verurteilt wurde, kein Bedürfnis zur Zahlung einer Geldentschädigung, um die Persönlichkeitsrechtsverletzung aufzufangen.

3. Es kommt hinzu, dass aufgrund der Prägnanz des Bildnisses und des Verbreitungsgrades seiner Veröffentlichung zwar nahelag, dass es sich - wie oben näher dargestellt - im Internet verselbstständigte und der Kläger insoweit zur Zielscheibe verbaler und möglicherweise auch tätlicher Angriffe werden konnte. Eine konkrete, auf die Veröffentlichung dieses Fotos durch die Beklagte zurückzuführende Gefährdung des Klägers, die einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung begründete, kann aber nicht festgestellt werden.

Der als Zeuge vernommene Vorgesetzte des Klägers, der Polizeibeamte B., hat glaubhaft und auch glaubwürdig ausgesagt, dass nach der Beurteilung des Landeskriminalamts eine besondere Gefährdungslage für den Kläger nicht gegeben gewesen sei. Er, der Zeuge, habe zwar als Vorgesetzter des Klägers einen entsprechenden Antrag beim Landeskriminalamt gestellt, weil nach seiner eigenen Einschätzung eine besondere Gefährdungslage für den Kläger zwar nicht schon aufgrund des in Rede stehenden Fotos aber aufgrund der von einer Salafisten-Gruppe verbreiteten Bildmontage Anlage K 10 mit dem Foto bestanden habe. Der Antrag sei aber vom Landeskriminalamt abschlägig entschieden worden. Es sei zwar bestätigt worden, dass eine besondere Gefährdungslage für alle Polizeibeamten bestehe, nicht aber für den Kläger im Zusammenhang mit der Bildmontage. Dies deckt sich damit, dass das Landeskriminalamt Niedersachsen den Kläger nach der Aussage des Zeugen nicht im Hinblick auf eine etwaige Gefährdungslage über die Bildmontage in Kenntnis gesetzt hatte, sondern nur deshalb, weil dort ein möglicher Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz erkannt wurde.

IV. 1. Dem Kläger steht zunächst ein Anspruch auf Ersatz der in Vorbereitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens angefallenen Geschäftsgebühr nach einem Wert von 10.000 € zu. Hierauf ist die hälftige Verfahrensgebühr des einstweiligen Verfügungsverfahrens nach § 15a Abs. 1, 3 i. V. m. VV Vorb. 3 Abs. 4 RVG anzurechnen. Der Senat hat den Kläger insoweit darauf hingewiesen, dass er davon ausgeht, dass wegen der Verfahrensgebühr des einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen ist; dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Die hiernach erstattungsfähige Geschäftsgebühr beläuft sich unter Ansatz einer 0,65-fachen Gebühr nebst Portopauschale und Mehrwertsteuer auf 455,41 €.

2. Dem Kläger steht darüber hinaus ein Anspruch auf Ersatz der Geschäftsgebühr für die Fertigung des Abschlussschreibens in Vorbereitung des Hauptsacheverfahrens zu. Das Abschlussschreiben gehört gebührenrechtlich zum Hauptsacheverfahren (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl., § 12 Rn. 2.73; Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 15 Rn. 30). Einen isoliert auf die Fertigung des Abschlussschreibens gerichteten Auftrag, der nicht zugleich mit einem Auftrag zur Führung des Hauptsacheverfahrens verbunden war, hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen. Die erforderlichen und erstattungsfähigen Kosten einer Abschlusserklärung bemessen sich nach dem Streitwert der Hauptsacheklage, welche vermieden werden soll, und nicht nach dem Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens (OLG Hamm, Urteil vom 02. Juli 2009 - 4 U 39/09, juris Rn. 7; Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 12 UWG (Stand: 09.04.2018), Rn. 184), hier mithin nach einem Streitwert von 25.000 €, der im Hinblick auf den Unterlassungsantrag anzusetzen ist.

Eine weitergehende Geschäftsgebühr zur Vorbereitung des Hauptsacheverfahrens ist bereits deshalb nicht angefallen, weil der Kläger eine weitergehende außergerichtliche Tätigkeit seines Anwalts insoweit nicht hinreichend dargelegt hat.

Ersatzfähig ist damit eine 1,3-fache Gebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG nach einem Streitwert von 25.000 € nebst Portopauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt mithin 957,72 €


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OLG Köln: Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines alltäglichen Polizeieinsatzes ohne Verpixelung der Polizisten nach § 33 KUG strafbar

OLG Köln
Beschluss vom 08.10.2021
1 RVs 175/21


Das OLG Köln hat entschieden, dass die Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines alltäglichen Polizeieinsatzes ohne Verpixelung der Polizisten nach § 33 KUG strafbar ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Amtsgericht Bonn hat den Angeklagten bezüglich zweier angeklagter Verstöße gegen das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) mit Urteil vom 10. Februar 2021 freigesprochen und ihn wegen anderer Taten verurteilt.

Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht das Verfahren hinsichtlich der hier maßgeblichen Verstöße gegen das KunstUrhG abgetrennt und gegen den Angeklagten mit Urteil vom 8. Juni 2021 wegen „zweier Straftaten nach § 33 KUG“ eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu je 40,- Euro verhängt.

Gegen dieses, dem Angeklagten am 10. Juli 2021 zugestellte Urteil, hat er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9. Juni 2021, eingegangen beim Landgericht am selben Tag, Revision eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 9. August 2021, eingegangen beim Landgericht am selben Tag, mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.

II. Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat sieht sich lediglich zu folgenden Anmerkungen veranlasst:

1.
a. Die Frage, ob sich der Angeklagte (auch) auf die Pressefreiheit bzw. die - hinsichtlich der Schranken gleichermaßen ausgestaltete - Rundfunkfreiheit berufen kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung. Auch kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob hier die Schutzwirkung dieser Grundrechte gegenüber der vom Landgericht herangezogenen allgemeinen Meinungsfreiheit überhaupt weitergehend ist, soweit letztere - abgekoppelt von dem Vorbehalt eines öffentlichen Interesses - die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen verbürgt. Denn jedenfalls vermag der Senat auszuschließen, dass die zur Beurteilung des Vorliegens eines zeitgeschichtlichen Ereignisses nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen im Falle der Einstellung (auch) des Rechts auf Presse- bzw. Rundfunkfreiheit anders ausgefallen wäre, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Polizeibeamten hätte zurücktreten müssen. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei herausgearbeiteten Grundsätze beanspruchen auch insoweit Geltung. Danach genießen Polizisten im Amt als Repräsentanten des Staates zwar nicht denselben Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie als Privatperson (vgl. dazu auch jüngst Kirchhoff, NVwZ 2021, 1177 (1179) m.w.N.), jedoch führt dies nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung (jedenfalls) bei Routineeinsätzen nicht zur Annahme eines zeitgeschichtlichen Ereignisses (vgl. dazu auch jüngst VG Aachen, ZUM-RD 2021, 395). Soweit das Landgericht den Polizeieinsatz im Fall 1 als Routineeinsatz eingeordnet und dem grundrechtlichen Schutz von PK A insoweit Vorrang eingeräumt hat, begegnet dies auch im Lichte der Presse- und Rundfunkfreiheit von vornherein kein Bedenken. Auch im Fall 2 ist diese Einordnung naheliegend. Zwar weisen die Urteilsgründe hier einen Bezug zu einem von der Polizei angehaltenen Hochzeitskorso - und insoweit einer in der öffentlichen Diskussion durchaus anzutreffenden Thematik - auf; dieser wird indes nach den getroffenen Feststellungen nicht durch das die Polizeibeamten darstellende Video hergestellt. Denn nach dem im Einzelnen mitgeteilten Inhalt der Aufnahme belegt diese nicht etwa Näheres zu dem Korso und den dazu unmittelbar eingeleiteten polizeilichen Maßnahmen, sondern letztlich nur Vorkommnisse, wie sie lokal - in einer mittelgroßen Stadt wie Bonn - wiederkehrend anzutreffend sind; so etwa das Vorfahren eines Polizeiwagens mit Blaulicht, die Präsenz einer größeren Anzahl an Polizeibeamten sowie eine erhebliche Staubildung. Davon losgelöst ist ein überwiegendes Interesse an der bildlichen Darstellung der einzelnen Polizeibeamten im Fall 2 aber jedenfalls deshalb auszuschließen, weil im Falle der Verpixelung der Beamten eine Beschränkung des Informations- und Aussagewertes der Aufnahme - auch im Sinne eines Beitrages zur öffentlichen Meinungsbildung, welcher hier ohnehin primär auf der Grundlage des gesondert anklickbaren Textbeitrages in Betracht kommt - nicht zu befürchten war. Eine anonymisierte Abbildung der Beamten hätte insoweit für die Grundrechtsausübung des Angeklagten eine nur geringfügige Beschränkung bedeutet und zugleich dem Recht der abgebildeten Personen am eigenen Bild Rechnung getragen.

b. Die sprachliche Bezeichnung des danach rechtsfehlerfrei ergangenen Schuldspruchs war anzupassen. Fehlen - wie hier - für die Bezeichnung des Schuldspruchs nach § 260 Abs. 4 StPO gesetzliche Überschriften, soll die Tat mit einer anschaulichen und verständlichen Wortbezeichnung so genau wie möglich bezeichnet werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 63. Auflage, § 260 StPO Rn. 23). Für die Bezeichnung der Taten als „widerrechtliche Schaustellung eines Bildnisses“ hat der Senat die vom Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 KunstUrhG gewählte Formulierung herangezogen.

2. Soweit sich den Ausführungen des Landgerichts zum Rechtsfolgenausspruch die Prüfung des Vorliegens eines vermeidbaren Verbotsirrtums und insoweit einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 17 S. 2, 49 StGB nicht entnehmen lässt, bedeutet dies keinen Rechtsfehler. Eine ausdrückliche Erörterung war hier im Lichte der vorangestellten Ausführungen entbehrlich. Zwar hat sich das Landgericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung explizit allein mit der Frage eines unvermeidbaren Verbotsirrtums befasst (UA Bl. 16f.), den Urteilsausführungen in ihrer Gesamtheit, namentlich der (alleinigen) Feststellung, der Angeklagte habe die Belehrung von Staatsanwalt B „zur Kenntnis“ genommen (UA Bl. 6), sowie der vorgenommenen rechtlichen Würdigung, der Angeklagte habe „uneingeschränkt vorsätzlich“ gehandelt (UA Bl. 17), lässt sich indes hinreichend deutlich entnehmen, dass es einen Irrtum des Angeklagten bereits dem Grunde nach nicht anzunehmen vermochte. Die Kammer hat dies auch rechtsfehlerfrei begründet, soweit sie als tragende Erwägung die durch Staatsanwalt B erfolgte Belehrung herangezogen und im Übrigen ausgeführt hat, der seitens des Angeklagten nicht näher substantiierte Vortrag einer durchgeführten Internetrecherche könne ihn insoweit nicht entlasten.


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OLG Karlsruhe: Zulässigkeit der Veröffentlichung von Urteilen in anonymisierter Form und Anforderungen an die Anonymisierung

OLG Karlsruhe
Beschluss vom 22.12.2020
6 VA 24/20


Das OLG Karlsruhe hat sich in dieser Entscheidung zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von Urteilen in anonymisierter Form und zu den Anforderungen an die Anonymisierung geäußert.

Aus den Entscheidungsgründen:

Ein Verfahrensbeteiligter kann grundsätzlich nicht ausschließen, dass die ihn betreffende Entscheidung auch veröffentlicht wird, auch wenn die Prozessparteien der Öffentlichkeit oder einzelnen Dritten trotz Anonymisierung bekannt werden (BGH, Beschl. v. 5.4.2017 – IV AR (VZ) 2/16 juris Rn. 15). Denn Gerichtsentscheidungen unterliegen grundsätzlich nicht der Geheimhaltung, soweit nicht ausnahmsweise unabweisbare höhere Interessen die Unterrichtung der Allgemeinheit oder einzelner Personen verbietet. Darüber hinaus ist die mündliche Verhandlung öffentlich. Der Öffentlichkeitsgrundsatz folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und findet seinen Ausdruck unter anderem darin, dass - wie angesprochen - die mündliche Verhandlung nach § 169 Absatz 1 Satz 1 GVG grundsätzlich öffentlich ist und die Entscheidung nach § 310 ZPO i.V. mit § 173 GVG öffentlich zu verkünden ist.

Allerdings ist bei der Ermessensentscheidung zu beachten, dass der Antragsteller grundsätzlich ein berücksichtigungsfähiges und berechtigtes Interesse daran hat, dass seine persönlichen Angaben und Umstände in der veröffentlichten Entscheidung anonymisiert sind. In der zur Veröffentlichung vorgesehenen Fassung des Urteils des Revisionsgerichts sind aber u.a. der Name des Klägers, Orte, die genaue Bezeichnung des Lehrstuhls, und des Beklagten sowie der Titel des Großkommentars und die bearbeiteten Paragrafen anonymisiert. Soweit der Antragsteller meint, dass eine Identifikation seiner Person bei einer Veröffentlichung schlechterdings nicht mehr möglich sein dürfe, überspannt er angesichts dessen, dass das Gerichtsverfahren öffentlich geführt und die Entscheidungen öffentlich verkündet werden, die Anforderungen. Vielmehr ist das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen das Schutzinteresse der Prozessparteien jeweils abzuwägen. Der Antragsteller beachtet insoweit nicht hinreichend das Erfordernis der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit gegen sein Schutzinteresse. Im Streitfall ist darüber hinaus nicht maßgeblich, ob trotz des Weglassens von Namen und Bezeichnungen ein mit dem Fall Vertrauter feststellen kann, um welche Parteien und um welchen Sachverhalt es sich handelt, sondern ob dies auf einen durchschnittlichen Leser der von der Veröffentlichung Angesprochenen zutrifft. Außerdem ist bei der Abwägung nach den oben dargelegten Maßstäben zu berücksichtigen, dass die Veröffentlichung allein das Arbeitsumfeld des Antragstellers und damit dessen Sozialsphäre und nicht dessen Privatsphäre betrifft. Dem steht - anders als der Antragsteller meint - auch nicht entgegen, dass die Manuskriptabgabe in einem in der Entscheidung wiedergegebenen Schreiben der dortigen Beklagten als „chaotisch“ bezeichnet wird. Die von dem Antragsteller angeführten Umstände tragen aufgrund einer sachlichen Begründung jeweils einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung und es ist jedenfalls nicht ermessenfehlerhaft, diesem insoweit gegenüber dem Schutzinteresse des Antragstellers im Einzelfall Vorrang einzuräumen. Der Antragsteller führt aus, bereits jetzt habe für ihn das Vorgehen des im Ausgangsstreit beklagten Verlags zu erheblichen Nachteilen und zu Reputationsverlusten geführt, nicht zuletzt deshalb, weil sich der Verlag an gut 20 Autoren des Kommentars gewendet habe, die „in der wissenschaftlichen Community“ über Einfluss verfügten. Soweit er meint, dass dann, wenn das Urteil in der angegriffenen Fassung veröffentlicht würde, sein wissenschaftlicher Ruf so immens geschädigt werde, dass er es bereuen würde, den Rechtsstreit gegen den beklagten Verlag geführt zu haben, kann er dies nicht auf eine ermessenfehlerhafte Abwägung bei der Anonymisierung in den nachfolgend von ihm geltend gemachten Angaben stützen:

(1) Der Antragsteller meint, es hätte nicht der Bezeichnung des Klägers als ordentlicher Universitätsprofessor und Inhaber eines Lehrstuhls für ... Recht bedurft (vgl. in Anl. 3 dort Rn. 1). Die Angabe der Tätigkeit des Antragstellers ist aber im Zusammenhang mit der im Streit stehenden Beendigung seiner Kommentierung für einen Kommentar und vor allem für die Wirkung der Beendigung des Verlagsvertrags im Zusammenhang mit dem Schreiben des beklagten Verlags an die Mitautoren von Bedeutung. Der Inhalt des Schreibens ist ausdrücklich Gegenstand des Antrages auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden. Die Bezeichnung lässt für sich genommen auch keinen ausreichenden Rückschluss auf seine Person zu. Ohne die Information über die Stellung des dortigen Klägers ist die im Revisionsurteil referierte Begründung der Entscheidung des Berufungsgerichts und deren revisionsgerichtliche Einordnung durch den Bundesgerichtshof (I ZR 133/17, Rn. 27) zu einer vorrangigen Individualabrede nicht zu vermitteln, die der Antragsteller als dortiger Kläger argumentativ aus der Äußerung des ... herleiten wollte, angesichts des geringen Aktualisierungsaufwands bei Neuausgaben sei die Tätigkeit als Kommentator für die gesamte wissenschaftliche Laufbahn eines Hochschullehrers „eine Art Lebensversicherung“. Ebenso ist die Entscheidung für eine Veröffentlichung dieser Daten des Antragstellers deshalb nachvollziehbar und nicht ermessensfehlerhaft, weil der Bundesgerichtshof in dem zu veröffentlichenden Urteil im Anschluss an ältere Rechtsprechung bekräftigt, dass es für die Beurteilung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den konkreten Vertrag und die typischen Interessen der Vertragsschließenden ankommt (a.a.O., Rn. 30). Gleiches gilt, weil der I. Zivilsenat (a.a.O. Rn. 34) gerade aus der in einem Großkommentar zu leistenden umfassenden Auswertung von Gesetzeshistorie, von Literatur und Rechtsprechung und deren Erläuterung nach wissenschaftlichen Standards den Zeit- und Arbeitsaufwand des von der Klausel betroffenen Autors und daraus dessen in die dortige Abwägung einzustellenden Interessen ableitet. Ebenso leitet das Revisionsgericht in dem hier in Rede stehenden Urteil gerade aus der beruflichen Reputation des Klägers ab, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das beanstandete Schreiben des Verlags an die ... auch einen materiellen Schaden verursacht habe. Schließlich wäre auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Argument des hiesigen Antragstellers als dortigem Anschlussrevisionskläger, er habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts Anspruch auf eine Entschädigung in Geld für die von ihm erlittenen immateriellen Schäden, weil das Verhalten des Verlages „im wissenschaftlichen Bereich einem Rufmord“ gleichkomme (a.a.O, Rn. 62 f.), ohne Nennung der Amtsbezeichnung des Antragstellers nicht verständlich.

(2) Gleiches trifft auf die Bezeichnung der dortigen Beklagten als juristischen Fachverlag (in Anl. 3 dort Rn. 1) und die Benennung seines Werks als eine Kommentierung auf dem Gebiet des ... Rechts zu (wobei die Paragrafen nicht genannt werden). Diese Benennung ist darüber hinaus für das Verständnis der Bedeutung der Kommentierung für die Öffentlichkeit unerlässlich.

(3) Auch die Benennung der Kommentierung als eine solche für einen führenden Kommentar im ...recht und die Qualifizierung des Antragstellers (dort: Klägers) als Mitarbeiter an einem Großkommentar engt zwar die Zahl der potentiellen Parteien ein, lässt seine Person aber ohne Kenntnisse von dem Streit der Parteien nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand bestimmen.

(4) Ohne Erfolg macht der Antragsteller darüber hinaus geltend, die Bezeichnung der ... als „...“ (vgl. Anl. 3 u.a. in Rn. 4) stelle eine unzureichende Anonymisierung dar, denn aufgrund der ansonsten unüblichen Bezeichnung erschließe sich unschwer, welcher Großkommentar betroffen sei. Er meint, die von dem im Ausgangsverfahren beklagten Verlag verwendete Bezeichnung der „...“ hätte bei einer Anonymisierung in „Herausgeber“ oder „Redakteure“ abgeändert werden müssen und die Zahl der vom beklagten Verlag angeschriebenen ... hätte nicht genannt werden dürfen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Benennung der Zahl der angeschriebenen ... konnte im Hinblick auf das schützenswerte Interesse der Öffentlichkeit an der Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht anonymisiert werden. Denn diese ist von Relevanz für die Beurteilung des Vorwurfes des Antragstellers in dem Ausgangsverfahren, der die Übersendung des Schreibens an die ... gerügt hatte und die der Revisionssenat in seiner Entscheidung als einen kleinen Kreis der zur eigenständigen fachlichen Beurteilung berufenen ... bezeichnet hatte.

Auch gegen die Verwendung der Bezeichnungen ... statt Redakteure oder Herausgeber kann sich der Antragsteller nicht wenden. Diese von dem beklagten Verlag verwendete Bezeichnung muss nicht durch eine tatsächlich nicht verwendete Bezeichnung ersetzt werden. Es kann dahinstehen, ob - wie der Antragsgegner vortragen lässt - diese Bezeichnung auch für Kommentierende eines auf zahlreiche Bände konzipierten weiteren Kommentars verwendet wird. Jedenfalls macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, dass aufgrund der Verwendung dieser Terminologie jeder Jurist erkenne, dass es sich tatsächlich um den Großkommentar handle, in dem der Antragsteller kommentiert. Der Antragsteller beachtet bei seiner Beurteilung nicht hinreichend, dass es nicht darauf ankommt, dass ein Hochschullehrer oder häufiger Nutzer der Kommentierung des dortigen beklagten Verlags im Zuge der Recherche den betreffenden Kommentar und die Person des Klägers identifizieren kann, sondern ob ein durchschnittlicher Leser von Revisionsentscheidungen, der als Richter, Rechtsanwalt, Student, Referendar oder mit den Materien Beschäftigter, auf die sich die Entscheidung bezieht (hier z.B. Verlagsmitarbeiter), die Person des Klägers nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand bestimmen kann. Hinzu kommt, dass lediglich ein Weglassen oder Abkürzen des Begriffs auch nach der Vorstellung des Antragstellers nicht möglich ist, sondern die Bezeichnung durch einen von dem beklagten Verlag tatsächlich nicht verwendeten, aber bei anderen Verlagen üblichen Begriff ersetzt werden müsste. Selbst wenn der Antragsteller deshalb bestimmbar wäre, wäre die getroffene Abwägung des Schutzinteresses des Antragstellers gegen das öffentliche Informationsinteresse nicht ermessensfehlerhaft.

(5) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller darüber hinaus dagegen, dass nach der angegriffenen Entscheidung des Antragsgegners in der veröffentlichten Fassung des Revisionsurteils wiedergegeben ist, dass seine Ehefrau im selben Kommentarband kommentiere und in dem wiedergegebenen Anschreiben ebenfalls als Professorin angesprochen wird (vergl. Anl. 3, dort. Rn. 4).

Mit dem Antragsteller ist allerdings davon auszugehen, dass dies ein Umstand ist, der mit vertretbarem Aufwand Rückschlüsse auf den Antragsteller zulässt. Dies führt aber entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht für sich genommen zu dem Schluss, dass die Anonymisierung unzureichend ist und führt daher nicht dazu, dass die Entscheidung, das Urteil in dieser Form zu veröffentlichen, ermessensfehlerhaft ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Denn die Frage, ob eine Veröffentlichung in dieser Form rechtmäßig ist, ist vielmehr das Ergebnis der Abwägung zwischen dem Schutzinteresse des von der Veröffentlichung Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Wäre der Betroffene nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand identifizierbar, wäre das Schutzinteresse des Betroffenen wohl kaum berührt. Das Schutzinteresse vor einer Identifizierbarkeit des Betroffenen in der Entscheidung steht nicht generell über dem Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung, sondern muss mit diesem abgewogen werden.

Im Streitfall bedarf der Umstand, dass die Ehefrau im selben Kommentarband kommentiert und in dem wiedergegebenen Anschreiben des beklagten Verlags ebenfalls als Professorin angesprochen wird, aufgrund des Interesses der Öffentlichkeit an der Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht einer weitergehenden Anonymisierung. Zwar mag es - wie der Antragsteller geltend macht - für die im Rechtsstreit zur Entscheidung stehenden Rechtsfragen irrelevant sein, dass zwei selbständig arbeitende Kommentatoren mit selbständigen Kommentierungen Eheleute sind, die Entscheidung des Antragsgegners, diesen Umstand nicht zu anonymisieren, ist aber gleichwohl nicht ermessensfehlerhaft. Dies beruht auf folgenden Gründen:

Das Schreiben des beklagten Verlags, das Gegenstand von Klageanträgen auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden in den jeweiligen Klagen ist, richtet sich in der Anrede ausdrücklich zugleich an beide Kommentierende. Beiden Kommentierenden ist mit Schreiben vom 1.9.2014 der Autorenvertrag u.a. unter Bezugnahme auf eine bestimmte Klausel in den Geschäftsbedingungen gekündigt worden, die eine Zustimmung der Mehrheit der ... zur Kündigung voraussetzt, beide wenden sich gegen die Wirksamkeit dieser Klausel und den Inhalt des Schreibens v. 1.9.2014. Die Parallelität der beiden zur Veröffentlichung vorgesehen Revisionsentscheidungen wäre unverständlich, wenn der Hinweis darauf entfiele, dass die Kläger Eheleute (oder jedenfalls Zusammenlebende) sind. Das übereinstimmend genannte Jahr der Neubearbeitung geht damit einher, dass sie im selben Band kommentieren

Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass der Antragsteller selbst im Revisionsverfahren auch ein Argument daraus hergeleitet hat, dass zwischen seiner Kommentierung und der Kommentierung seiner Ehefrau durch den beklagten Verlag in dem beanstandeten Schreiben fehlerhaft nicht differenziert worden sei (a.a.O. Rn. 67).

(6) Soweit sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Anonymisierung des Erscheinungszeitpunkts der Kommentierung wendet (Rn. 3 und Rn. 24 der Fassung gemäß Anl. 3), lässt dies allein für einen durchschnittlichen Leser der Entscheidung nur bei unverhältnismäßig großem Aufwand einen Rückschluss auf die Person des Klägers als Kommentierenden und Kläger des Verfahrens zu und die Ermessenentscheidung verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten.

(7) Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, die Anonymisierung sei unzureichend, da das Schreibens des beklagten Verlags vom 5.3.2014 wörtlich wiedergegeben sei (Rn. 4 der Entscheidung gemäß Anl. 3). Das Schreiben ist für das Vorverständnis des vom Kläger im Ausgangsverfahren als persönlichkeitsverletzend angegriffenen Schreibens vom 4.6.2014 unerlässlich. Der Antragsteller hatte wegen des zuletzt genannten Schreibens Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz geltend gemacht. Für die rechtliche Bewertung ist die wörtliche Wiedergabe des Schreibens und dessen Versendung an die zahlreichen ... im Zusammenhang damit, dass der beklagte Verlag das Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller beenden wollte, unerlässlich. Gerade in Fällen der Geltendmachung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen und der daran anknüpfenden Frage eines Schadensersatzes oder Entschädigungsanspruches kommt es auf jede Einzelheit des Schreibens an und bedarf es für das Verständnis daher der wörtlichen Wiedergabe. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Kündigung des Autorenvertrages sei nicht auf die in den Schreiben angeführten Umstände gestützt und es hätte deshalb deren Wiedergabe nicht bedurft, beachtet er nicht hinreichend, dass das Schreiben v. 4.6.2014 Gegenstand weiterer Klageanträge war.

(8) Soweit der Antragsteller geltend macht, dass durch die Wiedergabe des Vortrages der Gegenseite im Ausgangsverfahren und insbesondere mit dem Abdruck des Inhalts der Schreiben der unzutreffende Eindruck vermittelt werde, dass über die inhaltliche Qualität der Kommentierung unterschiedliche Ansichten vertreten worden seien und durch die Wiedergabe unzutreffenden und bestrittenen Vortrags in dem Schreiben der dortigen Beklagten (z.B. bezüglich verschobener Termine für die Manuskriptabgabe bzw. der Nichteinhaltung von neu vereinbarten Abgabeterminen) ein falscher Eindruck entstehe, betrifft dies nicht die Frage der hinreichenden Anonymisierung. Insoweit handelt es sich im Wesentlichen um die wörtliche Wiedergabe des Schreibens der Beklagten v. 4.6.2014. An dessen Abdruck besteht ein Informationsinteresse, da auf dessen Inhalt der Antrag auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung gestützt ist.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Heidelberg: Kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gegen verarbeitende Stelle wenn der Aufwand unverhältnismäßig ist - Sichtung und Anonymisierung von über 10.000 E-Mails

LG Heidelberg
Urteil vom 06.02.2020
4 O 6/19


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gegen die verarbeitende Stelle besteht, wenn der Aufwand unverhältnismäßig ist. Vorliegend hat das Gericht eine Unverhältnismäßigkeit bejaht, da die Sichtung und Anonymisierung von über 10.000 E-Mails erforderlich gewesen wäre.

LG Dresden: Verwendung von Google-Analytics ohne anonymizeIP ist Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - Unterlassungsanspruch gegen Websitebetreiber

LG Dresden
Urteil vom 11.01.2019
1a O 1582/18


Das LG Dresden hat entschieden, dass die die Verwendung von Google-Analytics ohne anonymizeIP eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Betroffene haben - so das Gericht - gegen den Website-Betreiber einen Unterlassungsanspruch sowie die üblichen Nebenansprüche (Auskunft, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten).

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Unterlassungsanspruch beruht auf §§ 823 Abs. 1 i. V. m. 1004 BGB analog.

I. Die unerlaubte Weitergabe personenbezogener Daten des Klägers durch die Beklagte an Google Inc. stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nach § 823 Abs. 1 BGB dar.

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ab und stellt ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar; auch der Datenbestand einer Person stellt ein solches sonstiges Recht dar (vgl. Palandt/Sprau,BGB, 77. Auflage 2018, § 823 Rn. 19).

2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers – im speziellen das informationelle Selbstbestimmungsrecht – wurde verletzt, als die Beklagte die Daten des Klägers an Google Inc. weitergab.

II. Der Schutzbereich des § 823 Abs. 1 BGB umfasst das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen Identität. Damit kann der Inhaber des Rechts Angriffe abwehren; es währt ihm aber auch die aktive Handlungs- und Entschließungsfreiheit, die ihm das Recht gibt, selbstbestimmt zu handeln und sich frei zu entfalten (vgl. dazu Palandt/Sprau, aao. § 823 Rn. 86, 115).

Der Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts umfasst auch Daten, die gegenüber Dritten erkennbar einer Person zugeordnet sind. Dabei geht es um die Erhebung der Daten und um die Frage, ob und inwieweit diese Daten gespeichert werden.

III. IP-Adressen stellen personenbezogene Daten i. S. d. § 12 Abs. 1 und Abs. 2 TMGLV m. § 3 Abs. 1 BDSG dar, wenn diese von einem Anbieter von Online-Mediendiensten beim Zugriff auf Internetseiten gespeichert werden (BGH NJW 2017, 2416, zitiert nach juris, dort Rn. 18 ff.).

IV. Die Beklagte verletzt auch das Recht des Klägers: Die Beklagte griff auch zum Nachteil des Klägers in die geschützte Sphäre des Klägers ein: Die Beklagte hat hier die IP-Adresse des Klägers an die Google Inc. weitergeleitet, ohne diese Adresse zu anonymisieren, als der Kläger die Webseite des Beklagten aufsuchte. Denn die Beklagte nutzte den sogenannten Tracking-Dienst Google Analytics, ohne dabei gleichzeitig den Quellcode-Zusatz „anonymisiert“ zu verwenden. Dieser Quellcode-Zusatz hätte es ermöglicht, die IP-Adressen zu anonymisieren.

V. Die Übermittlung der IP-Adresse des Klägers an Google Inc. war unzulässig, da die Verletzungshandlung rechtswidrig war. Denn die Weitergabe der IP-Adresse ist nach dem Datenschutzrecht ein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.




BVerwG: Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen - Presse hat Anspruch auf Mitteilung der Namen aller Personen die an Gerichtsverfahren beteiligt waren

BVerwG
6 C 35.13
Ur­teil vom 01.10.2014


Die Pressemitteilung des BVerwG:

"Anspruch der Presse auf Kenntnis der Namen von Personen, die an Gerichtsverfahren mitgewirkt haben

Einem Aus­kunfts­er­su­chen der Pres­se, das auf Mit­tei­lung der Namen von Per­so­nen ge­rich­tet ist, die in einem Ge­richts­ver­fah­ren mit­ge­wirkt haben, ist re­gel­mä­ßig statt­zu­ge­ben. Dies hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heute ent­schie­den.

Der Klä­ger ist Re­dak­teur der „An­walts­nach­rich­ten Aus­län­der- und Asyl­recht“. Er bat den Di­rek­tor des Amts­ge­richts Nür­tin­gen, ihm die Ab­schrift einer straf­ge­richt­li­chen Ent­schei­dung zwecks Pu­bli­ka­ti­on in die­ser Zeit­schrift zu über­sen­den. Er er­hielt eine an­ony­mi­sier­te Kopie des Ur­teils, in der die Namen der Per­so­nen ge­schwärzt waren, die an dem Ver­fah­ren mit­ge­wirkt hat­ten (Be­rufs­rich­te­rin und Schöf­fen, Ver­tre­ter der Staats­an­walt­schaft, Ver­tei­di­ger, Ur­kunds­be­am­tin der Ge­schäfts­stel­le). In der Folge teil­te der Di­rek­tor des Amts­ge­richts dem Klä­ger den Namen der Be­rufs­rich­te­rin mit, lehn­te aber wei­te­re An­ga­ben ab. Der Klä­ger hat hier­ge­gen Klage er­ho­ben. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Stutt­gart hat die Klage ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klä­gers hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Mann­heim das be­klag­te Land Ba­den-Würt­tem­berg ver­pflich­tet, dem Klä­ger Aus­kunft auch über die Namen der Schöf­fen zu er­tei­len, und im Üb­ri­gen, näm­lich hin­sicht­lich der Namen des Ver­tre­ters der Staats­an­walt­schaft, des Ver­tei­di­gers und der Ur­kunds­be­am­tin, die Ab­wei­sung der Klage be­stä­tigt: In­so­weit über­wie­ge das grund­recht­lich ge­schütz­te Per­sön­lich­keits­recht der Be­trof­fe­nen das eben­falls grund­recht­lich ge­schütz­te Aus­kunfts­recht der Pres­se. Mit sei­ner Re­vi­si­on wen­det sich der Klä­ger gegen das Be­ru­fungs­ur­teil, so­weit die­ses die Kla­ge­ab­wei­sung be­stä­tigt hat.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat der Re­vi­si­on hin­sicht­lich des An­spruchs auf Aus­kunfts­er­tei­lung über die Namen des Staats­an­walts und des Ver­tei­di­gers statt­ge­ge­ben. Das Per­sön­lich­keits­recht die­ser Per­so­nen muss hin­ter dem grund­recht­lich ge­schütz­ten Aus­kunfts­in­ter­es­se der Pres­se zu­rück­ste­hen. Sie ste­hen kraft des ihnen über­tra­ge­nen Amtes bzw. ihrer Stel­lung als Organ der Rechts­pfle­ge hin­sicht­lich ihrer Mit­wir­kung an Ge­richts­ver­fah­ren im Blick­feld der Öf­fent­lich­keit. Ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se, ihre Iden­ti­tät nicht ge­gen­über der Pres­se preis­zu­ge­ben, ist an­ge­sichts der hohen Be­deu­tung des Grund­sat­zes der Öf­fent­lich­keit für ein rechts­staat­li­ches Ge­richts­ver­fah­ren nur dann an­zu­neh­men, wenn sie er­heb­li­che Be­läs­ti­gun­gen oder eine Ge­fähr­dung ihrer Si­cher­heit zu be­fürch­ten haben. Letz­te­res war nach den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs hier nicht der Fall.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs lässt sich ein Vor­rang ihres Per­sön­lich­keits­rechts nicht mit der Er­wä­gung be­grün­den, sie trü­gen keine un­mit­tel­ba­re Ver­ant­wor­tung für ein Straf­ur­teil, so dass die Kennt­nis ihrer Namen kei­nen hin­rei­chen­den In­for­ma­ti­ons­wert für die Pres­se be­sit­ze. Un­ab­hän­gig davon, dass Ver­tei­di­ger und Staats­an­walt auf den ge­richt­li­chen Ver­fah­rens­gang Ein­fluss neh­men kön­nen, ist es nicht Sache staat­li­cher Stel­len, son­dern Sache der Pres­se selbst, dar­über zu be­stim­men, wel­che In­for­ma­tio­nen unter wel­chen As­pek­ten von­nö­ten sind, um ein be­stimm­tes Thema zum Zweck einer mög­li­chen Be­richt­er­stat­tung über Ge­richts­ver­fah­ren im Re­cher­che­we­ge auf­zu­be­rei­ten. Der Staat hat nicht in eine jour­na­lis­ti­sche Re­le­vanz­prü­fung ein­zu­tre­ten.

Dies be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass die Pres­se im Rah­men der Re­cher­che zu Ge­richts­ver­fah­ren auch sol­che per­so­nen­be­zo­ge­nen In­for­ma­tio­nen her­aus­ver­lan­gen dürf­te, denen selbst bei An­le­gung eines groß­zü­gi­gen, den be­son­de­ren Funk­ti­ons­be­dürf­nis­sen und Ar­beits­ge­wohn­hei­ten der Pres­se voll­auf Rech­nung tra­gen­den Maß­stabs jede er­kenn­ba­re ma­te­ri­el­le Be­deu­tung im Zu­sam­men­hang mit dem Thema der Re­cher­che bzw. der ins Auge ge­fass­ten Be­richt­er­stat­tung ab­geht. Das Per­sön­lich­keits­recht be­trof­fe­ner Per­so­nen hat kei­nen Nach­rang ge­gen­über dem Aus­kunfts­in­ter­es­se der Pres­se, wenn letz­te­res in Bezug auf diese Per­son im Dun­keln bleibt und so die Ver­mu­tung na­he­liegt, das In­for­ma­ti­ons­ver­lan­gen er­fol­ge in­so­weit „ins Blaue“ hin­ein oder be­sit­ze je­den­falls kei­nen ernst­haf­ten sach­li­chen Hin­ter­grund. Ver­wei­gert eine staat­li­che Stel­le aus die­sen Grün­den die Her­aus­ga­be einer per­so­nen­be­zo­ge­nen In­for­ma­ti­on und er­läu­tert die Pres­se dar­auf­hin nicht zu­min­dest an­satz­wei­se den von ihr zu­grun­de ge­leg­ten Wert die­ser In­for­ma­ti­on für ihre Re­cher­che bzw. die ins Auge ge­fass­te Be­richt­er­stat­tung, muss die staat­li­che Stel­le davon aus­ge­hen, dass dem In­for­ma­ti­ons­ver­lan­gen ein ernst­haf­ter Hin­ter­grund fehlt, und ist daher aus­nahms­wei­se nicht zur In­for­ma­ti­ons­her­aus­ga­be ver­pflich­tet. Des­halb hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt im vor­lie­gen­den Fall die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen, so­weit sie das Ver­lan­gen nach Be­kannt­ga­be des Na­mens der Ur­kunds­be­am­tin be­traf."



BVDW: "Whitepaper Webanalyse und Datenschutz" - Hilfestellung für den rechtskonformen Einsatz von Analyse-Tools

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) hat ein Whitepaper zum Thema "Webanalyse und Datenschutz" als PDF-Datei veröffentlicht. DIe Publikation bietet einen Hilfestellung beim Einsatz von Webanalyse-Tools wie Google Analytics oder Piwik.