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EuG: Unionsmarke bestehend aus dem Batmanlogo ist unterscheidungskräftig und wird als Herkunftshinweis auf DC Comics verstanden - Fledermaus in einem ovalen Rund

EuG
Urteil vom 07.06.2023
T-735/21
Aprile und Commerciale Italiana / EUIPO – DC Comics (Darstellung einer Fledermaus in einem ovalen Rund)


Das EuG hat entschieden, dass die Unionsmarke bestehend aus dem Batmanlogo (Fledermaus in einem ovalen Rund) unterscheidungskräftig ist und als Herkunftshinweis auf DC Comics verstanden wird.

Die Pressemitteilung des EuG:
Batman-Logo: Die Beweismittel, die dem Gericht vorgelegt wurden, beweisen nicht, dass eine Unionsmarke mit Darstellung einer Fledermaus in einem ovalen Kreis zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung keine Unterscheidungskraft gehabt hätte

Laut EUIPO können die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren, auf die sich die Marke bezieht, gerade wegen ihrer Unterscheidungskraft gedanklich mit DC Comics in Verbindung bringen und von den Waren anderer Unternehmen unterscheiden.

Am 1. April 1996 meldete DC Comics, der Verlag von Batman, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) folgendes Bildzeichen als Unionsmarke an:

Die Marke wurde am 2. Februar 1998 eingetragen. 2019 beantragte die Commerciale Italiana Srl beim EUIPO, die Marke für nichtig zu erklären. Der Antrag, der bestimmte Warenklassen wie Kleidung und Faschings-/Karnevalskostüme betraf, wurde vom EUIPO (zunächst von der Widerspruchsabteilung, dann von der Beschwerdekammer) zurückgewiesen. Das EUIPO stellte fest, dass die Figur des Batman in den Beweismitteln, die ihm vorgelegt worden seien, gedanklich stets mit dem entsprechenden Verlag in Verbindung gebracht worden sei und dass nicht dargetan worden sei, dass die Verbraucher die Marke gedanklich mit einem anderen Unternehmen in Verbindung gebracht hätten.

Die Commerciale Italiana Srl und ihr alleiniger Gesellschafter, Herr Luigi Aprile, haben beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO erhoben. Sie machen insbesondere geltend, dass die Marke keine Unterscheidungskraft habe und beschreibend sei. Sie hätte deshalb nicht eingetragen werden dürfen und müsse für nichtig erklärt werden. Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht diese Klage ab.

Es stellt fest, dass die Entscheidung des EUIPO hinreichend begründet ist. Trotz der Bezugnahme auf bestimmte Ausführungen der Nichtigkeitsabteilung (Widerspruchsabteilung) haben die Commerciale Italiana Srl und Herr Aprile anhand der Begründung nachvollziehen können, von welchen Erwägungen sich die Beschwerdekammer bei ihrer Entscheidung hat leiten lassen. Zur Unterscheidungskraft der Marke stellt das Gericht fest, dass Unterscheidungskraft bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das Gericht stellt weiter fest, dass im Nichtigkeitsverfahren eine Vermutung dafür spricht, dass die eingetragene Marke gültig ist, und der Antragsteller deshalb konkret darzutun hat, warum die Marke nicht gültig sein soll. Das Gericht ist der Auffassung, dass nicht allein deshalb, weil die Verbraucher die angegriffene Marke gedanklich mit der fiktiven Figur des Batman in Verbindung brachten, ausgeschlossen ist, dass die Marke auch auf die Herkunft der betreffenden Waren hinweist. Im Übrigen hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Figur Batman gedanklich immer mit DC Comics in Verbindung gebracht wurde und dass die von der Commerciale Italiana Srl und Herrn Aprile vorgelegten Beweise nicht beweisen, dass dies zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung nicht der Fall gewesen wäre oder dass die Marke zu diesem Zeitpunkt gedanklich mit einem anderen Unternehmen in Verbindung gebracht worden wäre. Das EUIPO hat daher zu Recht festgestellt, dass die angegriffene Marke Unterscheidungskraft hatte. Was schließlich das Vorbringen angeht, dass die Marke beschreibend sei, weist das Gericht das Argument der Commerciale Italiana Srl und von Herrn Aprile zurück, dass die Marke, da die Figur des Batman ohne sie überhaupt nicht dargestellt werden könne, ein Merkmal der Waren beschreibe. Nach Auffassung des Gerichts haben die Commerciale Italiana Srl und Herr Aprile nicht hinreichend dargetan, inwiefern die Marke geeignet sein soll, die Merkmale der Figur des Batman und damit auch nicht der in Rede stehenden Waren zu beschreiben.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuG: Emmentaler kann nicht als Unionsmarke für Käse eingetragen werden da für deutsche Verkehrskreise rein beschreibend für Käsesorte

EuG
Urteil vom 24.05.2023
T-2/21
Emmentaler Switzerland / EUIPO (EMMENTALER)


Das EuG hat entschieden, dass der Begriff "Emmentaler" nicht als Unionsmarke für Käse eingetragen werden kann, da dieser Begriff für deutsche Verkehrskreise rein beschreibend für eine Käsesorte ist.

Die Pressemitteilung des EuG:
Der Begriff „Emmentaler“ kann nicht als Unionsmarke für Käse geschützt werden

Für Emmentaler Switzerland wurde beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum die internationale Registrierung des Wortzeichens EMMENTALER für „Käse mit der geschützten Ursprungsbezeichnung ‚Emmentaler‘“ vorgenommen.

Diese internationale Registrierung wurde dem Europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) angezeigt, jedoch wies die Prüferin die Anmeldung zurück. Emmentaler Switzerland legte daher eine Beschwerde ein, die sodann von der Zweiten Beschwerdekammer mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass die angemeldete Marke beschreibend sei.

Mit seinem Urteil weist das Gericht die gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer gerichtete Klage ab. Es prüft in dieser Rechtssache, ob die Beschwerdekammer, indem sie die angemeldete Marke als beschreibend ansah, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat. Außerdem präzisiert das Gericht das Zusammenspiel zwischen Art. 74 Abs. 2 dieser Verordnung, der beschreibenden Zeichen oder Angaben gewidmet ist, die als Kollektivmarken bezeichnet werden können, und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung, der beschreibende Marken betrifft.

Würdigung durch das Gericht

Was zum einen den beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke angeht, ist das Gericht angesichts der von der Beschwerdekammer berücksichtigten Indizien der Auffassung, dass die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise das Zeichen EMMENTALER unmittelbar als Bezeichnung für eine Käsesorte verstehen. Da es für die Ablehnung der Eintragung eines Zeichens genügt, dass dieses Zeichen in einem Teil der Union, der gegebenenfalls aus einem einzigen Mitgliedstaat bestehen kann, beschreibenden Charakter hat, ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke beschreibend ist, ohne dass es erforderlich wäre, Gesichtspunkte zu prüfen, die nicht die Wahrnehmung der maßgeblichen deutschen Verkehrskreise betreffen.

Was zum anderen den Schutz der angemeldeten Marke als Kollektivmarke betrifft, weist das Gericht darauf hin, dass Kollektivmarken nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 abweichend von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung aus Zeichen oder Angaben bestehen können, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Ausnahme ist jedoch eng auszulegen. Von ihrer Reichweite sind somit keine Zeichen erfasst, die als Hinweis auf die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die Zeit der Herstellung oder eine andere Eigenschaft der betreffenden Waren anzusehen sind, sondern lediglich Zeichen, die als eine Angabe der geografischen Herkunft dieser Waren erachtet werden. Da die angemeldete Marke für die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise eine Käsesorte beschreibt und nicht als geografische Herkunftsangabe für den betreffenden Käse wahrgenommen wird, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass sie als Kollektivmarke keinen Schutz genießt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Marke "Terra Greca" wird nach dem Verkehrsverständnis in Deutschland von einem Durchschnittsverbraucher nicht rein beschreibend verstanden

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.11.2022
6 U 277/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Marke "Terra Greca" nach dem Verkehrsverständnis in Deutschland von einem Durchschnittsverbraucher nicht rein beschreibend für ein Produkt aus Griechenland verstanden wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen unberechtigter Abnehmerverwarnung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB oder einem anderen Rechtsgrund zu. Die Abmahnung gegenüber der A GmbH & Co. KG (Anlage K19) war wegen einer begangenen Markenverletzung berechtigt.

a) An der geschäftlichen Verwendung und der markenmäßigen Benutzung des auf der Nudel-Verpackung angebrachten Wort-/Bilds-Zeichens "Terra Greca“ bestehen keine Zweifel.

b) Zwischen der Unionsbildmarke „Terra Greca“ der Beklagten und dem von der A GmbH & Co. KG verwendeten Wort-/Bildzeichen „Terra Greca“ besteht Verwechslungsgefahr (Art. 9 Abs. 2 b UMV).

aa) Es ist eine zumindest geringe Warenähnlichkeit gegeben. Von absoluter Warenunähnlichkeit kann entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ausgegangen werden.

(1) Warenähnlichkeit ist anzunehmen, wenn die sich die gegenüberstehenden Waren unter Berücksichtigung insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rn 65 - OBELIX/MOBILIX; BGH GRUR 2015, 176, 177Rn 16 - ZOOM). Mit anderen Worten geht es darum, ob die beteiligten Verkehrskreise davon ausgehen, beide Warenarten könnten von ein- und demselben Unternehmen hergestellt und angeboten werden (BeckOK UMV/Büscher/Kochendörfer, 26. Ed. 15.8.2022, UMV Art. 8 Rn 42). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (BGH a.a.O. Rn 17 - ZOOM).

(2) Vorliegend kommt es auf Beklagtenseite auf die im Warenverzeichnis der prioritätsälteren Marke eingetragenen Waren an. Die Marke ist für folgende Waren der Klasse 29 eingetragen:

„Fleisch; Molkereiprodukte und deren Ersatzprodukte; Natürliche oder künstliche Wursthäute; Nicht lebende Fische, Meeresfrüchte und Weichtiere; Speiseöle und -fette; Suppen und Brühen, Fleischextrakte; Verarbeitetes Obst und Gemüse [einschließlich Nüsse, Hülsenfrüchte] sowie verarbeitete Pilze; Vogeleier und Eierprodukte; Zubereitete Insekten und Larven.“

Auf Klägerseite ist maßgeblich, für welche Waren das angegriffene Zeichen tatsächlich verwendet wurde. Es kommt - anders als im amtlichen Widerspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren - nicht auf einen Registervergleich mit den im Warenverzeichnis für die jüngere Marke der Klägerin eingetragenen Waren an. Die Beklagte machte mit ihrer Abmahnung einen Unterlassungsanspruch gegenüber einer konkreten Benutzungshandlung des Zeichens durch eine Abnehmerin der Klägerin geltend (Anlage K19). Maßgeblich ist daher die konkrete Verletzungsform, die mit der Abmahnung angegriffen wurde und die Gegenstand des Unterlassungsantrags ist. Das angegriffene Zeichen ist auf der Vorder- und Rückseite einer in einem X-Markt erworbenen Packung Nudeln (Sorte: Penne) aufgebracht. Auf die weiteren Produkte, für die die jüngere Marke eingetragen ist, kommt es nicht an.

(3) Eine Ähnlichkeit wird vorliegend nicht schon dadurch begründet, dass sich die gegenüberstehenden Waren unter den weiten Warenoberbegriff der „Lebensmittel“ fassen lassen. Denn nach den Erfahrungen des Verkehrs werden ganz unterschiedliche Lebensmittel üblicherweise nicht von den gleichen Unternehmen, sondern von spezialisierten Unternehmen für bestimmte Lebensmittelbereiche produziert. So bestehen z.B. keine Ähnlichkeiten zwischen „alkoholischen Getränken“ und „Heilwässern“ (BPatG, Beschluss vom 28.6.2021 - 26 W (pat) 511/18, Rn 75, juris). Allerdings gibt es keine strikte Trennung zwischen jedem einzelnen Nahrungsmittel. Es bestehen vielfach Überschneidungen von Lebensmittelarten, die nach den Erfahrungen des Verkehrs aus demselben Unternehmen stammen können. Das betrifft z.B. „feine Backwaren“, zu denen neben Mehlen, Müsliprodukten und Brot auch Nudeln und Tortillas rechnen können (BPatG, Beschluss vom 19.1.2010 - 27 W (pat) 189/09, Rn 34 - Mami/MAMA). Nicht entscheidend ist auch, ob sich die gegenüberstehenden Waren unter den gemeinsamen Oberbegriff der „mediterranen Produkte“ fassen lassen. Die im Warenverzeichnis der älteren Marke eingetragenen Waren (z.B. Fleisch- und Molkereiprodukte) lassen ohne nähere Angaben nicht auf eine mediterrane Herkunft schließen. Es kommt entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht darauf an, dass Nudeln und die von der älteren Marke beanspruchten Waren im Warenverzeichnis unter benachbarte Klassen (29 bzw. 30) fallen. Die Klasseneinteilung dient Verwaltungszwecken und ist bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit nicht zu berücksichtigen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, 13. Aufl., § 9 Rn 94).

(4) Es entspricht den Erfahrungen des Verkehrs als Durchschnittsverbraucher, der regelmäßig in Supermärkten einkauft, dass Teigwaren wie Nudeln auch von Unternehmen vertrieben werden, die gleichzeitig Zutaten für Nudelgerichte wie Speiseöle oder Suppen, für die die ältere Marke eingetragen ist, im Angebot haben (z.B. Y, B, C etc.). Dies kann der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde beurteilen. Es handelt sich um einander ergänzende Waren. Insbesondere im Konserven- und Fertiggerichtbereich sind Überschneidungen zwischen diesen Produkten gang und gäbe. Zudem haben einige namhafte Herstellungsbetriebe unter derselben Marke sowohl Teigwaren als auch Soßen dazu im Angebot (vgl. dazu auch BPatG, Beschluss vom 31.3.2004 - 32 W (pat) 43/03, Rn 21 - Maggi/MARTI). Warum dies heute anders sein soll, hat die Klägerin nicht plausibel dargelegt. Der Verkehr schließt daher nicht aus, dass auch Speiseöle und Suppen einerseits und Nudeln andererseits von demselben Unternehmen stammen können. Es ist damit zumindest von einer geringen Warenähnlichkeit auszugehen.

(5) Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten hat, der Senat sei an einer eigenen Feststellung des Verkehrsverständnisses gehindert, weil das von der Klägerin vorgetragene Verkehrsverständnis unwidersprochen geblieben sei, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat das von der Klägerin behauptete Verkehrsverständnis bereits mit ihrer Klageerwiderung vom 23.8.20212 bestritten (Bl. 114 d.A.).

bb) Es ist mangels abweichender Anhaltspunkte eine durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Wort-/Bildmarke „Terra Greca“ von Haus aus anzunehmen. Die Marke weist einen Bildbestandteil auf, der die Produkte des Warenverzeichnisses nicht beschreibt, sowie den Wortbestandteil „Terra Greca“. Eine originäre Kennzeichenschwäche des Wortbestandteils kann nicht festgestellt werden. Das gilt auch dann, wenn man von beschreibenden Bezügen im Hinblick auf die mögliche Herkunft der gekennzeichneten Produkte ausgeht. Eine glatt beschreibende Bedeutung ist jedenfalls nicht ersichtlich (vgl. unten). Insgesamt bildet die Wortkombination ein prägnantes, schlagwortartiges Kennzeichen, das als „sprechende“ Marke über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung der originären Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen bestehen nicht. Der Umstand, dass es einige Lebensmittelmarken mit dem Bestandteil „terra“ gibt, reicht dafür - angesichts der unüberschaubaren Vielzahl von Lebensmittelmarken - nicht aus (vgl. Anlage K11).

cc) Die gegenüberstehenden Zeichen sind in klanglicher Hinsicht identisch. Der Gesamteindruck sowohl der älteren Marke als auch der Gesamteindruck des angegriffenen Kombinationszeichens werden durch ihren Wortbestandteil geprägt. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, wonach sich der Verkehr für die Aussprache eines Zeichens erfahrungsgemäß an der einfachsten Benennungsmöglichkeit orientiert (EuGH BeckRS 2013, 81259 Rn 20 - MILRAM/RAM; EuG GRUR Int. 2010, 722 Rn 43 - Golden Eagle; BGH GRUR 2008, 903Rn 25 - SIERRA ANTIGUO; OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2021, 273Rn 35 - ALFALIQUID/ALPA TOBACCO). Eine Ausnahme gilt nur bei besonders markanten Bildbestandteilen, wenn gleichzeitig der Wortbestandteil kennzeichnungsschwach ist. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegt ein solcher Ausnahmefall hier nicht vor. Die grafischen Elemente erschöpfen sich zwar - in beiden Zeichen - nicht in völlig nichtssagenden Verzierungen, sondern sind markant. Der Wortbestandteil ist jedoch weder glatt beschreibend noch besonders kennzeichnungsschwach. Die Marken werden daher phonetisch vom Wortbestandteil dominiert. Für die Zeichenähnlichkeit genügt die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung (BGH GRUR 2011, 824 Rn 26 - KAPPA). Unterschiede in den Bildbestandteilen spielen daher keine entscheidende Rolle.

(1) Zunächst kommt es nicht darauf an, ob „Terra Greca“ als Unionswortmarke schutzfähig wäre, insbesondere über die notwendige Unterscheidungskraft verfügen würde. Dies wäre schon dann zu verneinen, wenn dem Begriff nach Auffassung des Verkehrs in einem der über 20 verschiedenen Sprachgebiete der Europäischen Union ein glatt beschreibender Gehalt zugemessen werden würde. Das ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht maßgeblich, weil diese Beurteilung - anders als die Beurteilung der Schutzfähigkeit als Unionsmarke - je nach Sprachgebiet unterschiedlich ausfallen und ggf. zu territorial begrenzten Verboten führen kann (vgl. EuGH GRUR 2011, 518 Rn 48 - DHL/Chronopost; EuGH EuZW 2016, 906 - combit; Kochendörfer GRUR 2016, 778, 779). Im streitgegenständlichen, auf Deutschland bezogenen Kollisionsfall kommt es allein darauf an, welche Bestandteile den Gesamteindruck der Wort-/Bildmarke nach dem Verkehrsverständnis in Deutschland prägen. Denn die Abmahnung zielte auf ein Verbot in der Bundesrepublik Deutschland ab (vgl. Anlage K19).

(2) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann nicht angenommen werden, dass der Durchschnittsverbraucher den Begriff „Terra Greca“ zutreffend mit „griechischer Erde“ oder „aus griechischer Erde“ übersetzt. Hierfür sind Fremdsprachkenntnisse erforderlich, die über den Horizont des Durchschnittsverbrauchers, der im Regelfall nur den englischen Grundwortschatz beherrscht (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Rn 30 - pjur/pure; BGH GRUR 2015, 173 Rn 18 - for you), hinausgehen. Auch sonst erschließt sich die Wortbedeutung nicht ohne weiteres. Selbst wenn der Verkehr aber die Wortkombination zutreffend übersetzen würde, kann jedenfalls ein glatt beschreibender Gehalt nicht festgestellt werden. Der Verkehr wird „griechische Erde“ zwar als Hinweis auf die örtliche Herkunft der gekennzeichneten Lebensmittel verstehen. Der Herkunftsort (Griechenland) wird dabei aber nicht unmittelbar bezeichnet, sondern subtil umschrieben. Dem Wortbestandteil kann daher die Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden. Zwischen den Zeichen besteht damit eine hohe klangliche Ähnlichkeit.

dd) Nach Abwägung aller Umstände ist die Verwechslungsgefahr zu bejahen. Zwar liegt nur eine geringe Warenähnlichkeit, jedoch eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und eine überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit vor.

2. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte auch keine Ansprüche wegen unberechtigter Abnehmerverwarnung im Hinblick auf die in der Abmahnung erwähnten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu. Auf UWG-Ansprüche war die Abmahnung ersichtlich nur hilfsweise gestützt. Dies ergibt sich auch aus der vorformulierten Unterlassungserklärung, die auf ein markenrechtliches Verbot abzielt und nicht kumulativ eine Unterlassung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen fordert. Da eine Markenverletzung tatsächlich gegeben war, kommt es auf die subsidiär geltend gemachten Ansprüche nicht an.

3. Da die Abmahnung berechtigt war, stehen der Klägerin auch nicht die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten zu.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuG: "Biomarkt" ist beschreibend und kann mangels Unterscheidungskraft nicht als Unionsmarke eingetragen werden

EuG
Urteil vom 13.07.2022
T‑641/21


Das EuG hat entschieden, dass die Zeichnfolge "Biomarkt" beschreibend ist und mangels Unterscheidungskraft nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Art. 7 Abs. 2 finden die Vorschriften des Abs. 1 ferner auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

Solche Zeichen oder Angaben werden als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zu identifizieren (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 37).

Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Marke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Die Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Damit ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2017/1001 aufgestellte Verbot fällt, muss es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweisen, der es den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich nur danach, wie die angesprochenen Verkehrskreise es verstehen, und in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in Bezug auf die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise weder die von der Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung getroffene Schlussfolgerung beanstandet, wonach sich die Großhandelsdienstleistungen an ein Fachpublikum und die anderen Waren und Dienstleistungen an allgemeine Verkehrskreise richteten, noch die Möglichkeit für die Beschwerdekammer, ihre Beurteilung auf den deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise zu beschränken.

In Bezug auf den beschreibenden Charakter des Wortbestandteils „Biomarkt“ ist erstens festzustellen, dass dieser Begriff von den maßgeblichen Verkehrskreisen naturgemäß mit den deutschen Begriffen „Bio“ bzw. „Markt“ gleichgesetzt werden wird. Was die einzelnen Bedeutungen dieser Begriffe betrifft, so beanstandet die Klägerin weder die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach Verkaufsstätten, die in der deutschen Sprache durch zusammengesetzte Begriffe mit dem Bestandteil „-markt“ bezeichnet würden, Supermärkte, Drogeriemärkte, Fachmärkte, Großmärkte und Kaufmärkte umfassten, noch die Feststellung, dass zum einen das Wort „bio“ auf den Gedanken der Achtung der Umwelt, der Verwendung natürlicher Stoffe bzw. ökologischer Herstellungsverfahren hinweise und zum anderen dieser Begriff in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel als Hinweis auf Methoden des biologischen Landbaus verwendet werde.

Das Vorbringen der Klägerin, der Wortbestandteil „Biomarkt“ in seiner Gesamtheit sei im Gegensatz zum Ausdruck „Biosupermarkt“ eine Wortneuschöpfung sowie ein von ihr erfundener Phantasiebegriff, greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung bzw. dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung bzw. das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Insoweit ist auch die Analyse des fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung (vgl. Urteil vom 28. April 2021, Freistaat Bayern/EUIPO [GEWÜRZSOMMELIER], T‑348/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:228, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Jedoch handelt es sich vorliegend bei dem Wortbestandteil „Biomarkt“ in seiner Gesamtheit um eine einfache Kombination zweier Begriffe der deutschen Sprache, die vom deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise leicht verstanden werden. Dieser Wortbestandteil wird, wie die Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung zu Recht feststellte, von diesen Verkehrskreisen als Hinweis auf eine Verkaufsstätte wie einen Supermarkt oder auf einen Fachmarkt für Erzeugnisse aus biologischem Landbau, besonders Lebensmittel, und für Produkte, zu deren Herstellung natürliche Stoffe und ökologische Herstellungsverfahren verwendet werden, wahrgenommen. Der Begriff „bio“ steht nämlich unter Beachtung der Syntax der deutschen Sprache vor dem Begriff „Markt“, so dass die Verbindung dieser beiden Begriffe strukturell nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr im Deutschen geläufig ist. Da die Anmeldemarke somit in ihrer Gesamtheit aus einer Begriffskombination besteht, die den Grammatikregeln der deutschen Sprache entspricht, erzeugt die Aneinanderreihung dieser Begriffe im Deutschen keinen anderen Gesamteindruck als den der Summe dieser Bestandteile und ist daher nicht geeignet, ihren beschreibenden Charakter für die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu mindern, zumal diese Begriffe einen verständlichen Ausdruck bilden.

Das Vorbringen der Klägerin, wonach der Begriff „Biomarkt“ bis zu dessen aktuellster Auflage keinen Eingang in das deutsche Rechtschreibwörterbuch Duden – die deutsche Rechtschreibung gefunden habe, ist unerheblich. Selbst wenn der fragliche Begriff nicht in Wörterbüchern aufgeführt wäre, wäre ein solcher Umstand für die Prüfung des beschreibenden Charakters ohne Bedeutung (Urteile vom 12. Januar 2000, DKV/HABM [COMPANYLINE], T‑19/99, EU:T:2000:4, Rn. 26, und vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 25). Im Übrigen bezog sich die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung auf das Online-Wörterbuch Duden und auf das deutsche Universalwörterbuch Duden, und hat klargestellt, in Letzterem sei der Begriff „Biomarkt“ seit 2011 aufgeführt. Wie die Beschwerdekammer in derselben Randnummer der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, ergibt sich aus dem Duden-Online-Wörterbuch, dass der Begriff „Biomarkt“ als „Verkaufsstätte für Erzeugnisse (besonders Lebensmittel) aus dem biologischen Anbau“ und „Markt für Bioprodukte“ definiert ist. Selbst wenn der Wortbestandteil „Biomarkt“ der Anmeldemarke zum damaligen Zeitpunkt eine Wortneuschöpfung der Klägerin gewesen sein sollte, folgt aus dem Vorstehenden, dass die allgemeine Behauptung der Klägerin, wonach dieser Bestandteil als Phantasiebegriff verstanden werde, so dass er nicht beschreibend sei, zurückzuweisen ist.

Dass es im Deutschen einen anderen Begriff gibt, um sich auf das Konzept von Supermärkten zu beziehen, die Bioprodukte anbieten, nämlich „Biosupermarkt“, ist ebenfalls unerheblich, da feststeht, dass der Ausdruck „Biomarkt“ im Deutschen auch existiert, um auf dieses Konzept Bezug zu nehmen. Die Anmeldemarke ist nämlich selbst dann von der Eintragung auszuschließen, wenn es andere Zeichen oder Angaben gibt, die gebräuchlicher sind als die, aus denen sie besteht, um dieselben Merkmale der in der Anmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2017/1001 muss die Marke zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt diese Bestimmung nicht, dass die betreffenden Zeichen oder Angaben die alleinige Art und Weise der Bezeichnung der fraglichen Merkmale sind (vgl. Urteil vom 13. September 2016, Paglieri Sell System/EUIPO [APOTEKE], T‑563/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:467, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Gleichlautendes Titelschutzrecht wird nicht durch Verwendung von "Rezepturtipp" als Überschrift einer Rubrik für pharmazeutische Beiträge verletzt

OLG Frankfurt
Beschluss vom 18.03.2021
6 W 17/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein gleichlautendes Titelschutzrecht durch Verwendung von "Rezepturtipp" als Überschrift einer Rubrik für pharmazeutische Beiträge nicht verletzt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 MarkenG auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung „Rezeptur-Tipp“ bzw. „Rezepturtipp“, wie geschehen auf der Internetseite „d.de“ (Anlage BRP10).

1. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin an der Bezeichnung „Rezepturtipp“ ein Titelschutzrecht nach § 5 Abs. 3 MarkenG beanspruchen kann. Dies ist allerdings zweifelhaft. Die Antragstellerin verwendet die Angabe für einen Newsletter, der die Unterüberschrift „Rezepturtipp der Woche [nebst Datum]“ trägt (Anlage BRP9). Eine isolierte Verwendung des Begriffs „Rezepturtipp“ ist dort nicht feststellbar. Die Bezeichnung genießt auch keinen isolierten Schutz als Titelschlagwort. Zwar neigt der Verkehr dazu, insbesondere längere Werktitel auf ein markantes Zeichen zu verkürzen (vgl. OLG Frankfurt am Main MMR 2001, 696 - weltonline.de; Hans. OLG Hamburg, Urteil vom 22.3.2006 - 5 U 188/04, Rn 54 - OBELIX). Der Untertitel des Newsletters „Rezepturtipp der Woche“ ist jedoch schon in vollständiger Form hinreichend kurz und prägnant. Es kann nicht angenommen werden, dass der Verkehr zu einer Verkürzung auf den - auch kaum unterscheidungskräftigen - Bestandteil „Rezepturtipp“ tendiert. Soweit die Antragstellerin die Angabe auf ihrer Internetseite als Bezeichnung einer Rubrik isoliert verwendet (Anlage BRP12, 14), liegt keine Benutzung als Werktitel vor. Zwar kann bei periodisch erscheinenden Druckwerken unter Umständen einer bloßen Rubrikbezeichnung Schutz als Werktitel zukommen (vgl. BGH GRUR 2012, 1265, Rn 23 - Stimmt`s?; BGH GRUR 2010, 156 Rn 15 - EILFEL-ZEITUNG). Dies gilt aber in der Regel nicht in gleicher Weise für die Überschriften der Rubriken einer Homepage (Ingerl/Rohnke MarkenG, 3. Aufl., § 5 Rn 76). Sie dienen im Gegensatz zum Domainnamen (vgl. dazu BGH GRUR 2016, 939, Rn 17 - wetter.de) meist nicht der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, sondern erfüllen nur einen inhaltsgliedernden Zweck. Ihnen kommt daher nicht die Funktion eines Werktitels zu. So liegt es auch im Streitfall. Die Rubriküberschrift „Rezepturtipps“ wird vom Verkehr als Sachangabe aufgefasst.

2. Geht man demgegenüber von einem Titelschutzrecht der Antragstellerin an der Bezeichnung „Rezepturtipp“ aus, fehlt es jedenfalls an einer rechtsverletzenden Benutzung seitens der Antragsgegnerin.

a) Dritten ist es nach § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Werktitel dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Die rechtsverletzende Benutzung eines Werktitels erfordert daher eine titelmäßige Verwendung. Es bedarf einer Verwendung zur Unterscheidung eines Werks von anderen Werken (BGH, Urteil vom 12.11.2009 - I ZR 183/07, Rn 37 - WM-Marken; BGH, Urteil vom 31.1.2019 - I ZR 97/17, Rn 61 - Das Omen).

b) Streitgegenstand des Eilantrags ist die Verwendung der Bezeichnung als Überschrift des Beitrags „Rezeptur-Tipp: Atropin-Augentropfen gegen Kurzsichtigkeit“ (Anlage BRP10). In dem Artikel wird auf eine neue standardisierte Vorschrift für die Herstellung der Augentropfen hingewiesen. Der Beitrag wendet sich an Fachkreise im pharmazeutischen Bereich. Dieser Verkehrskreis wird in der Angabe „Rezeptur-Tipp“ allein einen Hinweis auf den Inhalt des Artikels sehen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Es handelt sich um eine glatt beschreibende Sachangabe, die nicht als Titel eines Werks verstanden wird. Daran ändert sich auch nichts, wenn man entsprechend dem Vortrag in der Beschwerdeschrift davon ausgeht, dass die Antragsgegnerin zahlreiche Beiträge veröffentlicht, die Informationen zu neuen Rezepturen enthalten, und bei denen eine Überschrift mit dem vorangestellten Begriff „Rezeptur-Tipp: …“ verwendet wird (Anlagen BRP 20-30). Es kann nicht angenommen werden, dass es sich hierbei um eine eigene, so bezeichnete Rubrik handelt. Das geht jedenfalls aus den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Anlagen nicht hervor. Vielmehr verwendet die Antragsgegnerin den Begriff in sämtlichen Artikeln in einem rein beschreibenden Sinn. Die Bezeichnung ist überaus naheliegend, um Informationen zu neuen Rezepturen zu bezeichnen.

c) Eine Titelverletzung ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Serientitels gegeben. In Ausnahmefällen kommt eine mittelbare Verwechslungsgefahr in Betracht, wenn durch ausdrückliche Bezugnahme auf einen älteren Titel der Eindruck eines Serientitels oder geschäftlicher Zusammenhänge erzeugt wird (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering MarkenG, 12. Aufl., § 15 Rn 77). Bei der Verwendung durch die Antragsgegnerin entsteht für die angesprochenen Fachkreise nicht der Eindruck, die Bezeichnung „Rezepturtipp: …“ sei gewissermaßen Teil einer Serie, nämlich des von der Antragstellerin veröffentlichten „Rezepturtipps der Woche“. Der Verkehr erkennt in der als Überschrift eines redaktionellen Beitrags verwendeten Angabe lediglich einen Sachhinweis auf den Inhalt des Artikels.

3. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin schließlich darauf, es bestünde die Befürchtung, die Antragsgegnerin könnte dazu übergehen, ihre „Rezepturtipps“ als Titel ihres wöchentlichen Newsletters veröffentlichen. Eine Erstbegehungsgefahr setzt greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass ein rechtswidriges Verhalten unmittelbar bevorsteht. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin eine titelmäßige Verwendung des Begriffs „Rezepturtipps“ für ihren Newsletter plant. Sie ergeben sich insbesondere nicht auf den insoweit in Bezug genommenen Anlagen BRP31, BRP10.


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BGH: Bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Marken bzw. Kennzeichen sind beschreibende Bestandteile nicht von vornherein von Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen

BGH
Beschluss vom 09.07.2020
I ZB 80/19
YOOFOOD / YO
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2


Der BGH hat entschieden, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Marken bzw. Kennzeichen beschreibende Bestandteile nicht von vornherein von der Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen sind.

Leitsatz des BGH:

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Kennzeichen sind beschreibende Bestandteile nicht von vornherein und generell von der Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen. Das schließt es allerdings nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können. Von diesem Maßstab ist auch auszugehen, wenn es um die Beurteilung eines aus mehreren Bestandteilen zu einem Wort zusammengesetzten Zeichens geht.

BGH, Beschluss vom 9. Juli 2020 - I ZB 80/19 - Bundespatentgericht

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LG Frankenthal: Keine Verletzung der Marke Astrosophie wenn Zeichenfolge für Ausbildungsangebote als beschreibende Angaben in ihrer beschreibenden Funktion verwendet wird

LG Frankenthal
Urteil vom 11.08.2020
6 O 213/19


Das LG Frankenthal hat entschieden, dass keine Verletzung der Marke Astrosophie vorliegt, wenn die Zeichenfolge für Ausbildungsangebote als beschreibende Angaben in ihrer beschreibenden Funktion verwendet wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) ist nach § 140 MarkenG i.V.m. der LandesVO über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sachlich und örtlich zuständig. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) ist gem. §§ 32, 35 ZPO für die Klage sowohl auf Grund der bundesweiten Abrufbarkeit der Homepage der Beklagten örtlich zuständig, als auch deshalb, da der Erfolg der Verletzungshandlung im hiesigen Bezirk, dem Wohnsitz des Klägers auftritt (OLG München, GRUR-RR 2013, 388, beck-online).

Der in Ziff. 3) gestellte Feststellungsantrag ist zulässig nach § 256 ZPO.

Die von den Beklagten erhobene Widerklage ist zulässig nach § 33 ZPO.

II.

1. Die Klage ist unbegründet. Es liegt hinsichtlich der eingetragenen Wortmarke „Astrosophie“ eine erlaubte Drittnutzung durch die Beklagten vor. Die Nutzung der Wortmarke „Astrosoph“ bzw. „beratender Astrosoph“ ist durch den Kläger zwar vorgetragen, aber nicht unter Beweis gestellt.

A) Der Unterlassungsanspruch kommt in Betracht aus § 14 Abs. 2 Nummer 1 MarkenG; der Auskunftsanspruch aus § 19 Abs. 7 MarkenG und der Schadenersatzanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG.

Der Kläger ist insoweit aktivlegitimiert. Im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes ist er als Inhaber der streitgegenständlichen Marken „ASTROSOPHIE“, „ASTROSOPH“ und „beratender Astrosoph“, jeweils auch für die Nizzaklasse Ausbildung eingetragen; dies ergibt sich aus K 1 und K 2.

Ob die Marken mangels Unterscheidungskraft, wie von den Beklagten vorgetragen, von Anfang an nicht hätten eingetragen werden dürfen, ist hier nicht zu prüfen. Das Verletzungsgericht ist an die Eintragung einer Marke auch dann gebunden, wenn gegen die Marke wegen Ablaufs der Frist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG kein Löschungsantrag mehr gestellt werden kann (OLG Frankfurt, GRUR-Prax 2010, 56, beck-online).

Die Beklagten benutzen den Ausdruck „Astrosophie“ ebenfalls für ihre Ausbildungsangebote; dies ist bewiesen durch die Anlage K 9. Damit liegt eine identische Nutzung zumindest für die Marke „Astrosophie“ vor. Die jeweiligen Dienstleistungen sind identisch.

B) Zur Überzeugung der Kammer liegt in der Verwendung des Begriffes durch die Beklagten für ihre Kurse eine erlaubte Drittnutzung nach § 23 MarkenG vor, weshalb der Kläger hieraus keine Ansprüche herleiten kann.

Der Vortrag der Beklagten, wonach der Begriff „Astrosophie“ seit nahezu 150 Jahren gebräuchlich ist für die sogenannte Gestirnskunde (Astro = Stern; Sophie = Wissenschaft), ist belegt und im Übrigen vom Kläger nicht weiter bestritten. Durch Vorlage von Eintragungen in Fremdwörterlexika, Duden, Lehrbüchern und Aufsätzen, die zum Teil schon mehrere Jahrzehnte alt sind, ist ersichtlich, dass der Begriff „Astrosophie“ nicht vom Kläger stammt, sondern ein - jedenfalls in den beteiligten und interessierten Verkehrskreisen - allgemein bekannter Begriff zur Darstellung dieser Wissenschaft ist. Dies ist u.a. belegt durch die schriftlichen Unterlagen des Rudolf Steiner Archivs, der Rudolf Steiner Bibliothek (Zentralbibliothek der Astrosophischen Gesellschaft in Deutschland), dem Eintrag im Duden sowie durch die vorgelegten Beispiele von Büchern, die vor der Markeneintragung des Klägers im In- und Ausland erschienen sind.

Auch nach dem Klägervortrag, wonach er ein eigenes System entwickelt hat und eine eigene Symbolkunde in langjährigen Studien der hermetischen Philosophie und Alchemie ausgearbeitet hat, kann er damit nicht untersagen, dass auch andere Personen den Begriff „Astrosophie“ für ihre eigenen Angebote und Inhalte benutzen, da dieser Begriff seit mehr als hundert Jahren ein Oberbegriff für die Gestirnskunde darstellt.

Genauso, wie es beispielsweise den Begriff der Philosophie gibt, der von verschiedenen Wissenschaftlern mit verschiedenen Inhalten gefüllt wird, muss es Dritten und damit auch den Beklagten erlaubt sein, den Begriff der „Astrosophie“ zu verwenden und mit eigenen Inhalten zu füllen. Dies wird nach den von den Beklagten vorgelegten Büchertiteln und Publikationen auch seit mehr als hundert Jahren so praktiziert.

C) Nach § 23 MarkenG wird der Schutz der Marke nach § 14 MarkenG und der geschäftlichen Bezeichnung nach § 15 MarkenG dahin eingeschränkt, dass der Kennzeicheninhaber einem Dritten nicht untersagen kann, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches oder ähnliches Zeichen als beschreibende Angabe zu benutzen.

Die Schutzrechtsschranke des § 23 MarkenG besteht für Marken und geschäftliche Bezeichnungen. Unter Marken sind alle nach der Entstehung des Markenschutzes zu unterscheidenden drei Kategorien von Marken des § 4 Nr. 1 bis 3 MarkenG zu verstehen; das sind die eingetragene Marke (Registermarke), die benutzte Marke mit Verkehrsgeltung (Benutzungsmarke) und die notorisch bekannte Marke (Notorietätsmarke), (Fezer MarkenR, 4. Aufl. 2009, MarkenG § 23 Rn. 10).

D) Die Benutzungsfreiheit des Dritten steht unter dem Vorbehalt des redlichen Geschäftsverkehrs (Fezer MarkenR, 4. Aufl. 2009, MarkenG § 23 Rn. 5). Die Beklagten verwenden den Begriff „Astrosophie“ für ihre Kurse und Seminare. Es ist nicht vorgetragen, dass sie hierbei unredlich handeln, indem sie etwa das Konzept des Klägers unredlicherweise kopieren oder ausnutzen. Sie verwenden für ihre Seminare lediglich den seit jeher gebräuchlichen Begriff der „Astrosophie“.

Die Benutzung einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung durch einen Dritten ist gesetzlich gestattet, wenn beschreibende Angaben in ihrer beschreibenden Funktion verwendet werden. Handelt es sich bei dem benutzten Kennzeichen für eine Dienstleistung um ein Synonym für eine bestimmte Methode, Angaben über die Art der Dienstleistung, ist die Benutzung zulässig und verstößt nicht gegen die guten Sitten. Dies erachtet die Kammer bei dem Begriff „Astrosophie“, ebenso wie in der Entscheidung des BGH zu „Feldenkrais“ als gegeben (BGH, NJW-RR 2003, 623, -Feldenkrais-).

Mit „Astrosophie“ wird die Gestirnskunde beschrieben. Diesen Begriff gibt es seit 150 Jahren; er wurde nicht vom Kläger kreiert. Nur durch die Eintragung dieses Begriffs als Marke kann der Kläger nicht unterbinden, dass auch andere Personen diese Gestirnskunde ausüben und hierin unterrichten und ausbilden.

Entscheidend ist vielmehr, ob die angegriffenen Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen verwendet werden und die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel nach Art. 6 MRL entspricht, somit nicht gegen die guten Sitten nach § 23 MarkenG verstößt. Dabei ist von einer inhaltlichen Übereinstimmung zwischen einer Benutzung entsprechend den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel und einer nicht gegen die guten Sitten verstoßenden Benutzung auszugehen.

Nach dieser BGH-Formel gilt: Eine beschreibende Benutzung des Zeichens innerhalb des redlichen Geschäftsverkehrs ist nach § 23 Nr. 2 MarkenG auch dann zulässig, wenn eine markenmäßige Benutzung im Sinne einer Benutzung des Zeichens als Marke vorliegt und Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht (Fezer MarkenR, 4. Aufl. 2009, MarkenG § 23 Rn. 17).

Die Benutzung einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung durch einen Dritten ist grundsätzlich gestattet, wenn die beschreibende Angaben in ihrer beschreibenden Funktion verwendet werden, also nicht markenmäßig. Selbst eine kennzeichenmäßige Verwendung einer beschreibenden Angabe ist gestattet, sofern die Benutzung nicht gegen § 23 Abs. 2 MarkenG verstößt (BGH-Entscheidung „Venus Multi“). Allerdings darf die kennzeichenmäßigen Verwendung nicht zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung des Markeninhabers oder des Inhabers einer geschäftlichen Bezeichnung führen (BGH-Entscheidung „AMARULA/Marulablu“; Berlit MarkenR, 7. Drittgebrauch § 23 MarkenG Rn. 317b, beck-online).

Hier verwenden die Beklagten den Begriff „Astrosophie“ beschreibend und nicht markenmäßig. Die Beklagten wollen eine Ausbildung in „Astrosophie“ anbieten bewerben. Die „Astrosophie“ ist in den einschlägigen Kreisen seit Jahrzehnten als Wissenschaft bekannt.

Es muss erlaubt sein, in einer Wissenschaft Ausbildung und Fortbildung zu betreiben. Die Nutzung des Begriffs „Astrosophie“ für die Ausbildungsangebote durch die Beklagten ist notwendig. Die Benutzung der Marke ist das einzige Mittel, um der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Dienstleistung zu liefern (Büscher/Dittmer/Schiwy-Schalk, Gewerblicher Rechtsschutz Kommentar 3. Aufl., § 23, Rn. 22).

Eine wettbewerbswidrige Behinderung des Klägers hierdurch liegt nicht vor.

Damit ist die Klage insgesamt wegen erlaubter Drittnutzung nach § 23 MarkenG abzuweisen.

III.

Die Widerklage ist, bis auf die Höhe der Zinsforderung, begründet.

Der Anspruch ergibt sich aus § 823 BGB, Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten (BGH, GSZ, GRUR 2005, 882, beck-online).

Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes, um sich gegen eine unbegründete Schutzrechtsverwarnung zur Wehr zu setzen, ist nach § 249 BGB geboten und erforderlich.

Da die Abmahnung des Klägers unberechtigt war, kann die Beklagtenseite die Rechtsanwaltskosten für das Entgegnungsschreiben geltend machen.

Der Gegenstandswert mit 50.000 € ist angemessen festgesetzt.

Die Forderung ist zu verzinsen gemäß § 288 Abs. 1 BGB mit 5%- Punkten über Basiszinssatz. Nicht geschuldet ist der beantragte höhere Zinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB.

Zwar sind die Beteiligten keine Verbraucher.

Es handelt sich aber bei den Rechtsanwaltskosten wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung im Verhältnis zum Kläger nicht um eine Entgeltforderung, sondern um Schadenersatz, auf den der höhere Zinssatz keine Anwendung findet ( MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 82; OLG Celle NJW-RR 2007, 393).

Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird entsprechend dem vorläufigen Streitwertbeschluss auf 55.000,00 € festgesetzt. Auf den Unterlassungsanspruch entfällt gemäß § 3 ZPO ein Betrag von 50.000,00 €. Zwar liegen hier zwei Marken vor. Diese sind aber mit dem Wort „Astrosophie“ bzw. „Astrosoph“ nahezu identisch, so dass die Kammer nach Ausübung des richterlichen Ermessens davon absieht, hierfür jeweils 50.000 € anzusetzen. Dies wird als sachgerecht erachtet, zumal beide Parteivertreter vorgerichtlich diesen Betrag als angemessen erachtet haben und es sich auch um unterdurchschnittlich bekannte Marken handeln dürfte. Auf den Auskunftsanspruch entfällt ein Betrag von 1.000,00 € und auf den Feststellungsanspruch ein Betrag von 4.000,00 €.


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BGH: Bei Prüfung der Unterscheidungskraft im Rahmen einer Markenanmeldung sind vom DPMA sämtliche wahrscheinliche Verwendungsarten der angemeldeten Marke zu prüfen

BGH
Urteil vom 30.01.2020
I ZB 61/17
#darferdas? II
Richtlinie 2008/95/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. b; Richtlinie 2015/2436/EU Art. 4 Abs. 1 Buchst. b; MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft im Rahmen einer Markenanmeldung vom DPMA sämtliche wahrscheinliche Verwendungsarten der angemeldeten Marke zu prüfen sind.

Leitsätze des BGH:

a) Die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens muss unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden. Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden.

b) Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist und der Anmelder keine konkreten Anhaltspunkte geliefert hat, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen.

BGH, Beschluss vom 30. Januar 2020 - I ZB 61/17 - Bundespatentgericht

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OLG Frankfurt: Markenrechtsverletzung durch Verwendung einer Marke in Metatags auch wenn die Marke stark beschreibenden Charakter hat - Scan2Net

OLG Frankfurt
Urteil vom 06.10.2016
6 U 17/14


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Markenrechtsverletzung durch Verwendung einer fremden Marke in Metatags vorliegt, auch wenn die Marke stark beschreibenden Charakter hat. Vorliegend ging es um die Zeichenfolge "Scan2Net".

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung "scan2net" im HTML-Quellcode ihrer Internetseite (§ 14 II Nr. 1, V MarkenG).

a) Die Klägerin ist Inhaberin der Wortmarke "Scan2Net". Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist das Verletzungsgericht an die Eintragung der Marke gebunden (BGH GRUR 2008, 798, [BGH 05.06.2008 - I ZR 169/05] Rn. 14 - POST I). Der Senat hat deshalb davon auszugehen, dass der Klagemarke insbesondere nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist.

b) Die Beklagte hat die Bezeichnung "scan2net" als Metatag im HTML-Code der Internetseite www.(...)verwendet (Anlage K4). Die Beklagte hat zwar erstinstanzlich bestritten, die Bezeichnung "Scan2Net" als Metatag eingegeben zu haben. Das Bestreiten bezog sich jedoch ersichtlich nur auf die Schreibweise mit Großbuchstaben. Dies ist unerheblich. Aus dem vorgelegten Quellcode-Ausdruck ergibt sich die Schreibweise mit kleinen Anfangsbuchstaben. Die Echtheit des Quellcode-Ausdrucks ist unstreitig. Die Beklagte hat auch eingeräumt, dass sie den Begriff "scan2net" nachträglich aus den Metadaten des HTML-Dokuments gelöscht hat (Bl. 73, 169 d.A.). Er muss also vorhanden gewesen sein. Sie hat außerdem die Feststellungen des Landgerichts nicht angegriffen, wonach im HTML-Quellcode der Beklagten die in Anlage K4 ersichtlichen Metadaten enthalten waren.

c) Die Beklagte hat die Bezeichnung "scan2net" markenmäßig benutzt. Der Verletzungsrichter muss unabhängig von der Bindung an die Eintragung der gleichlautenden Klagemarke prüfen, ob gerade die beanstandete Verwendungsform markenmäßig, insbesondere in einer die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigenden Art und Weise benutzt wird (BGH GRUR 2007, 780 Rn. 24 [BGH 25.01.2007 - I ZR 22/04] - Pralinenform). Nach Gesamtwürdigung aller Umstände ist von einer markenmäßigen, die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigenden Benutzung auszugehen.

aa) Für eine markenmäßige Verwendung reicht es grundsätzlich aus, dass ein Zeichen dazu benutzt wird, das Ergebnis des Auswahlverfahrens in der Trefferliste einer Internetsuchmaschine zu beeinflussen um den Nutzer, der das Zeichen als Suchwort eingibt, zu der Internetseite des Verwenders zu führen (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 14 [BGH 07.10.2009 - I ZR 109/06] - Partnerprogramm; GRUR 2010, 835 Rn. 25 [BGH 04.02.2010 - I ZR 51/08] - POWER BALL). Dies ist unter anderem dann anzunehmen, wenn das Markenwort als "Metatag" in dem normalerweise für den Nutzer nicht sichtbaren Quelltext der Internetseiten enthalten ist (BGHZ 168, 28 Rn. 17, 19 - Impuls; BGH GRUR 2007, 784 Rn. 18 [BGH 08.02.2007 - I ZR 77/04]- AIDOL). Die Beklagte hat den Begriff "scan2net" als Metatag im Quelltext ihrer Internetseite verwendet (Anlage K4).

bb) Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Begriff im Quelltext allein in einem beschreibenden Zusammenhang verwendet wird. In diesem Fall fehlt es an einer markenmäßigen Benutzung, selbst wenn der Begriff durch das vom Beklagten nicht beeinflussbare Auswahlverfahren einer Suchmaschine in der Trefferliste in einen Zusammenhang gestellt wird, dem der Verkehr eine markenmäßige Benutzung dieser Begriffe entnimmt (BGH GRUR 2009, 1167 Rn. 18 [BGH 07.10.2009 - I ZR 109/06] - Partnerprogramm). Dem als Verletzer in Anspruch Genommenen obliegt eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Umstände, die für eine nur beschreibende Bedeutung des in Rede stehenden Begriffs im Quelltext sprechen (BGH aaO Rn. 19).

cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann eine glatt beschreibende Verwendung des Metatags "scan2net" nicht festgestellt werden.

(1) Es kann unterstellt werden, dass der Verkehr dem Begriff "scan2net" einen beschreibenden Inhalt beimisst, wenn er ihm im Zusammenhang mit Scannern, die an Netzwerke angeschlossen werden können, unmittelbar begegnet. Wie das BPatG in anderem Zusammenhang zutreffend festgestellt hat, bedeutet das zum englischen Grundwortschatz gehörende Wort "scan" als Verb "abtasten, absuchen, skandieren" und als Substantiv "Absuchen, Abtastung". Der Begriff "Scan" ist inzwischen in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und steht für "Scanning" (= Untersuchung, Abtasten mithilfe eines Scanners). Das englische Wort ist wie das entsprechende Verb "scannen" (= mit einem Scanner abtasten) auch im Deutschen gebräuchlich (BPatG, Beschl. v. 4.12.2013 - 28 W (pat) 85/11, Rn. 17 - juris). Der Begriff "net" wird vom Verkehr als Abkürzung für "Internet" verstanden. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden. Somit sieht der Verkehr in der Gesamtbezeichnung "scan to net" eine Abkürzung für die Wendung "Scannen ins Netz". Damit wird letztlich eine Funktion der von den Parteien vertriebenen Geräte beschrieben. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Durchschnittsverbraucher diesen beschreibenden Gehalt auch erkennt, wenn er der Schreibweise "scan2net" begegnet. Ihm wird sich nach kurzer Überlegung erschließen, dass die Ziffer 2 für die Präposition "to" verwendet wird. Ähnliche Schreibweisen sind dem Durchschnittsverbraucher schon an anderer Stelle bei englischen Begriffspaaren begegnet. Auch insoweit kann auf die vom Landgericht aufgeführten Beispiele Bezug genommen werden. Ob bei den hier maßgeblichen Fachkreisen, die sich nach Angaben der Beklagten vorwiegend aus Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zusammensetzen, in diesem Punkt ein vom Durchschnittsverbraucher abweichendes Verkehrsverständnis anzunehmen ist, kann im Ergebnis offen bleiben.

(2) Für eine markenmäßige Benutzung spricht im Streitfall entscheidend die Besonderheit, dass die Bezeichnung lediglich im Quellcode der Internetseite als Metatag abgebildet ist. Es steht keine Markenverwendung in Rede, bei der der Verkehr die Bezeichnung unmittelbar wahrnimmt, sie also liest oder hört. Er stößt vielmehr auf die Internetseite der Beklagten, wenn er den Begriff selbst als Suchwort eingibt. Die Frage der markenmäßigen Benutzung hängt in diesem Fall davon ab, ob der Nutzer bereits bei der Eingabe das Suchwort für eine Marke oder einen generischen Begriff hält. Auch wenn der Verkehr dem ihm unmittelbar begegnenden Begriff "scan2net" aus den genannten Gründen einen beschreibenden Inhalt beimisst, folgt daraus noch nicht, dass er auch dann, wenn er selbst mit Hilfe einer Suchmaschine Informationen über die Technik des unmittelbaren Scannen in Netzwerke oder die entsprechenden Produkte erhalten möchte, sich hierzu des Suchworts "scan2net" bedienen wird. Auch wenn der Nutzer inzwischen in der Lage sein mag, innerhalb einer englischsprachigen Wortfolge die Zahl 2 als Synonym für das Wort "to" zu erkennen, ist diese Schreibweise im deutschen Sprachraum noch nicht derart verbreitet, dass sie auch bei der aktiven Bildung von Suchwörtern ohne weiteres Verwendung findet. Da weder ersichtlich noch von der Beklagten dargetan ist, dass "scan2net" ansonsten bisher schon in nennenswertem Umfang als generischer Begriff tatsächlich verwendet worden ist, wird das mit der Klagemarke identische Suchwort nur oder jedenfalls weit überwiegend von solchen Nutzern verwendet, die diese Marke kennen und hierüber nähere Informationen erhalten wollen. Unter diesen Voraussetzungen stellt die Verwendung der Marke als Metatag eine markenmäßige, die Herkunftsfunktion beeinträchtigende Benutzung dar.

(3) Die Entscheidung "Partnerprogramm" des BGH steht dieser Würdigung nicht entgegen. Es liegt kein Fall vor, bei der eine Bezeichnung im Quellcode in einen rein beschreibenden Zusammenhang gestellt wurde und erst durch das - vom Seitenbetreiber nicht beeinflussbare - Auswahlverfahren einer Suchmaschine das Markenwort in der Trefferliste in einer Art und Weise erscheint, welcher der Verkehr eine markenmäßige Benutzung entnimmt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Angaben in Zeile 8 des Quellcodes etwa einen Erläuterungstext auf der Internetseite betreffen oder sonst in einem beschreibenden Kontext stehen. Vielmehr steht der Begriff in der Rubrik "meta name="keywords" und nicht in der Rubrik "meta name="description" (Zeile 11). Der Bereich "meta name="keywords" im HTML-Code ist für Stichwörter vorgesehen und zielt damit gerade auf die schlagwortartige Suchworteingabe ab.

(4) Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob durch die streitgegenständliche Zeichenverwendung auch die Werbefunktion und die Investitionsfunktion der Marke beeinträchtigt werden.

d) Es liegt ein Fall der Doppelidentität vor (§ 14 II Nr. 1 MarkenG). Die Marke "Scan2Net" findet sich in der Schreibweise "scan2net" im HMTL-Code der Beklagten wieder. Der Unterschied in der Groß- und Kleinschreibung schließt den Identitätsschutz nicht aus (BGH GRUR 2015, 607 Rn. 21 [BGH 12.03.2015 - I ZR 188/13] - Uhrenankauf im Internet). Die Marke ist für "Scanner" eingetragen. Die Beklagte bewirbt auf ihrer Internetseite Scanner.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen der festgestellten Markenverletzung nach § 14 Abs. 6 MarkenG auch Anspruch auf Schadensersatz (Antrag zu 2.). Zur Vorbereitung der Schadensberechnung kann sie gemäß § 242 BGB die beantragten Auskünfte verlangen (Antrag zu 3.).


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OLG Frankfurt: Keine Kennzeichenrechtsverletzung durch beschreibende Verwendung eines Unternehmenskennzeichens im Namen eines Verbandes

OLG Frankfurt
Beschluss vom 02.04.2015
6 U 35/15


Das OLG Frankfurt hat in einem Hinweisbeschlus ausgeführt, dass keine Kennzeichenrechtsverletzung vorliegt, wenn ein Verband ein fremdes Unternehmenskennzeichen beschreibend im Verbandsnamen verwendet ( "Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter [... MARKE ... ] ).

Aus den Entscheidungsgründen:

"Fraglich ist bereits, ob der Antragsgegner das Unternehmenskennzeichen „Marke1“ mit dem angegriffenen Verbandsnamen „Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der Marke1“ im Sinne von § 5 II MarkenG „benutzt“. Denn innerhalb dieses Vereinsnamens dient der Bestandteil „Marke1“ gerade nicht der Kennzeichnung des Vereins oder Unternehmens des Beklagten. Vielmehr wird erkennbar ein Dritter, nämlich die Antragstellerin, zutreffend mit dessen Namen bezeichnet, um den Gegenstand der Tätigkeit des Antragsgegners bereits in dessen eigenem Namen zu beschreiben. Ob eine solche bloße Nennung eines fremden Kennzeichens im Rahmen des eigenen Kennzeichens den Benutzungsbegriff im Sinne von § 15 II MarkenG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Zwar hat der Senat dies in einer früheren, einen vergleichbaren Fall betreffenden Entscheidung (vgl. Urt. v. 19.8.1999 – 6 U 84/99; MD 1999, 1344 - Hapimag) im Hinblick auf die Entscheidung „BMW/Deenik“ des EuGH (WRP, 1999, 407) zumindest für möglich gehalten. Zum einen hat der EuGH diese Rechtsprechung jedoch inzwischen in der Entscheidung „Adam Opel“ (GRUR 2007, 318; Tz. 27-29) relativiert (vgl. hierzu im Einzelnen Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rdz. 106 und 327 zu § 14 MarkenG). Zum andern lassen sich die vom EuGH weiterentwickelten Grundsätze über die „funktionsbeeinträchtigende“ Benutzung einer eingetragenen Marke (vgl. GRUR 2009, 756 – L’Oréal/Bellure) auf den Benutzungsbegriff in § 15 II MarkenG nicht ohne weiteres übertragen. Denn diese vom Anwendungsbereich der Markenrechtsrichtlinie 2008/95/EG nicht erfasste Vorschrift ist allein nach deutschem Recht auszulegen (vgl. BGH GRUR 2009, 500 – Beta Layout, Tz. 25) und unterscheidet sich von der den Schutz der eingetragenen Marke betreffenden Regelung des § 14 II MarkenG dadurch, dass § 15 II MarkenG Schutz allein gegen eine verwechslungsfähige, also die Herkunftsfunktion des Unternehmenskennzeichens beeinträchtigende Benutzung gewährt; demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O. – L’Oréal/Bellure) für eine „doppelidentische“ Benutzung einer Marke (§ 14 II Nr. 1 MarkenG) auch die Beeinträchtigung einer anderen als deren Herkunftsfunktion ausreichen.

Die Frage der kennzeichenmäßigen Benutzung im Sinne von § 15 II MarkenG kann aber im vorliegenden Fall dahinstehen, da sich der Antragsgegner jedenfalls mit Erfolg auf die Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG berufen kann (vgl. auch hierzu Senat a.a.O.). Die Vorschrift erlaubt es, eine fremde geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung hierfür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Wenn man – wie zugunsten der Antragstellerin unterstellt – in dem Angebot des Antragsgegners an seine Mitglieder, deren geschäftliche Interessen gegenüber der Antragstellerin zu vertreten, eine Dienstleistung sieht, dient die Erwähnung des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin im Verbandsnamen des Antragsgegners dazu, den Inhalt dieser Dienstleistung zu beschreiben. Es ist auch nicht ersichtlich, wie der Antragsgegner dies innerhalb seines Verbandsnamens anders tun könnte als durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin."


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BGH: Keine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke "Post" der Deutschen Post und "TNT Post " bzw. "TNT Post Deutschland" - Bestandteil Post wird als reine Sachangabe verstanden

BGH
Beschluss vom 23.10.2014
I ZR 37/14


Der BGH hat im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entschieden, dass zwischen der Marke "Post" der Deutschen Post AG und "TNT Post " bzw. "TNT Post Deutschland" keine Verwechslungsgefahr besteht. Der Bestandteil Post wird - so der BGH - als reine Sachangabe verstanden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Es hat im Anschluss an die Ausführungen des Senats in der Entscheidung „OSTSEE-POST“ (GRUR 2009, 672 Rn. 34 ff.) unter zutreffender Würdigung der Umstände des Streitfalls angenommen, der Verkehr, welcher auch vorliegend keine zergliedernde Betrachtung anstelle, werde den Bestandteil „Post“ in den angegriffenen Bezeichnungen „TNT Post“ und „TNT Post Deutschland“ als reine Sachangabe verstehen und darin nicht die Klagemarke oder ein Firmenschlagwort der Klägerin erkennen. Diese Beurteilung lässt keinen zulassungsrelevanten Rechtsfehler erkennen."

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BGH: Die Wortfolge "for you" enthält für Waren aus dem Gesundheits- und Ernährungsbereich keine produktbeschreibende Sachaussage

BGH
Beschluss vom 10.07.2014
I ZB 81/13
for you
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1

Leitsatz des BGH:

Die Wortfolge "for you" enthält für Waren aus dem Gesundheits- und Ernährungsbereich keine produktbeschreibende Sachaussage.

BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 - I ZB 81/13 - Bundespatentgericht

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BGH: Maßstäbe für Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind für Waren- und Dienstleistungsmarken gleich - DüsseldorfCongress

BGH
Beschluss vom 15.03.2014
I ZB 29/13
DüsseldorfCongress
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1


Leitsätze des BGH:


a) Bei der Beurteilung des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestehen keine unterschiedlichen Maßstäbe für Waren- und Dienstleistungsmarken.

b) Hat sich in einer Branche die Kennzeichnungsgewohnheit herausgebildet, Unternehmen mit dem Namen einer Region und dem Unternehmensgegenstand zu bezeichnen, kann dies dazu führen, dass der Verkehr derartige Bezeichnungen
auch als Produktkennzeichen ansieht.

BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 29/13 - Bundespatentgericht

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OLG Köln: Betreiber des Portals wetter.de hat mangels Verkehrsgeltung keinen Anspruch gegen Anbieter der App "wetter DE"

OLG Köln
Urteil vom 05.09.2014
6 U 205/13


Das OLG Köln hat entschieden, dass der Betreiber des Portals wetter.de mangels Verkehrsgeltung der an sich beschreibenden Zeichenfolge "wetter.de" keinen Anspruch gegen Anbieter der Handy-App "wetter DE" hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Werktitel, die von Haus aus mangels hinreichender Unterscheidungskraft oder wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nicht schutzfähig sind, können den Schutz der §§ 5, 15 MarkenG in Anspruch nehmen, wenn sie innerhalb der angesprochenen Kreise durchgesetzt sind (vgl. BGH GRUR 2001, 1050 ff, Rn. 23 m.w.N. – Tagesschau). Dabei erscheint es möglich, dass die Verkehrsgeltung bzw. Verkehrsdurchsetzung durch eine Benutzung nur im Internet erreicht werden kann (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rn. 58). Entsprechendes hat die Klägerin jedoch nicht hinreichend dargetan.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass und warum die Klägerin einen Werktitelschutz kraft Verkehrsgeltung nicht hinreichend dargelegt hat. Die Rechtsprechung hat vor allem bei glatt beschreibenden Angaben wiederholt höhere Zuordnungsgrade als 50 % bis hin zu einer „nahezu einhelligen“ Verkehrsdurchsetzung angenommen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 8 Rn. 342 m.w.N.). Jedenfalls ist nach der auch von der Kammer zitierten Entscheidung „Kinder II“ (BGH GRUR 2007, 1071) ein „deutlich erhöhter Durchsetzungsgrad“ erforderlich. Soweit die Klägerin sich in erster Linie auf die als Anlage K 31 vorgelegte FORSA-Umfrage beruft, belegen die dort ermittelten Bekanntheitswerte den erforderlichen „deutlich erhöhten“ Durchsetzungsgrad unter keinen Umständen. Die offenen und geschlossenen Fragen nach Wetterseiten im Internet haben eine Bekanntheit der Seite „wetter.de“ bei nur 33 % aller Befragten und bei 41 % aller Internetnutzer – d.h. nicht einmal bei 50 % - ergeben. Auch „gestützt“ ergibt sich eine Bekanntheit bei allen Befragten von nur knapp über 50 %, nämlich 56 %. Selbst bei dem engsten Kreis der Internetnutzer ergibt sich eine „gestützte“ Bekanntheit von unter 70 %. Auch kann von einer durch die Umfrage ermittelten Bekanntheit der Bezeichnung „wetter.de“ für eine Wetterseite im Internet nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass auch ein entsprechender Werktitel für eine App durchgesetzt wäre.

Soweit die Klägerin mit der Berufung beanstandet, dass das Landgericht nicht hinreichend sämtliche zur Benutzung und Bekanntheit der Apps und Internetbezeichnungen angebotenen Beweise „ausgewertet“ habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die als Anlagen K 32 und K 33 vorgelegten Screenshots zu Trefferlisten über die Beliebtheit von Wetter-Apps rechtfertigen keine Erhöhung der Bekanntheit gegenüber den durch die FORSA-Umfrage ermittelten Werten. Gleiches gilt für die unter Beweis gestellten Werbeaufwendungen in „6- bis 7-stelliger“ Höhe sowie die Testberichte (vgl. Anlagen K 35-K 39). Der unter der Bezeichnung „wetter.de“ verfügbaren Domain bzw. App mag eine gewisse Bekanntheit und Beliebtheit nicht abgesprochen werden. Die einzig durch die Umfrage, nicht jedoch durch die anderen Beweismittel konkretisierten und danach „fassbaren“ Werte rechtfertigen die Feststellung von Verkehrsdurchsetzung aus den genannten Gründen jedoch nicht."


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OLG Frankfurt: Wortfolge "Allnet Flat" ist rein beschreibend für Telefontarif und verletzt daher keine Kennzeichenrechte des Unternehmens "ALLNET"

OLG Frankfurt a.M
Urteil vom 10.07.2014
6 U 98/13


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Wortfolge "Allnet Flat" rein beschreibend für einen Telefontarif ist und verletzt daher keine Kennzeichenrechte des Unternehmens "ALLNET"

Aus den Entscheidungsgründen:

"Das Unternehmenskennzeichen der Klägerin wird jedoch von der Beklagten nicht rechtsverletzend benutzt (§ 15 II MarkenG), weil es an dem dafür erforderlichen kennzeichenmäßigen Gebrauch fehlt.Dieser setzt voraus, dass die angegriffene Bezeichnung aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Hinweis auf ein Unternehmen oder die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden kann (vgl. BGH GRUR2009, 685 – ahd.de, juris-Tz. 20). In der konkret angegriffenen Verletzungsform – der Verwendung des Begriffs „ALLNET FLAT“ im Rahmen der im Tenor des wiedergegebenen Urteils wiedergegebenen Werbung - sieht der Verkehr jedoch einen rein beschreibenden Hinweis, dem keinerlei Herkunftsfunktion beigemessen wird.

Die Verletzungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass die mit dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin übereinstimmende Bezeichnung „ALLNET“ um den Begriff „FLAT“ ergänzt wird, den – wie das auch das Landgericht zutreffend angenommen hat – der Verkehr als Abkürzung des Begriffs „Flatrate“ erkennt. Zudem heißt es unterhalb der blickfangartig Hervorhebung von „ALLNET FLAT“ auf der ersten Seite der Werbung „Hier findest Du alle Details zu Deinem Tarif“. Damit wird deutlich, dass es sich bei „ALLNET FLAT“ um die Bezeichnung für einen bestimmten von der Beklagten angebotenen Telefontarif handeln soll. In der Funktion als Bezeichnung für einen Telefontarif wird „ALLNETFLAT“ vom angesprochenen Verkehr aber allein dahin verstanden, dass der so bezeichnete Tarif eine Flatrate in alle Netze beinhaltet. Auch aus der Tatsache, dass die englischen Begriffe in diesem Sinnzusammenhang grammatisch nicht korrekt verwendet werden, ergibt sich kein kennzeichnender Überschuss, da der Verkehr sich an diese Art der Begriffsbildung inzwischen gewöhnt hat. Ein kennzeichenmäßiger Gebrauch der angegriffenen Verletzungsform kann schließlich nicht aus der großen Bekanntheit des Klagezeichens hergeleitet werden (vgl. allgemein hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rdz. 33 zu § 15 sowie Rdz.151 zu § 14 m.w.N.); denn dass das Unternehmenskennzeichen der Klägerin innerhalb der Verbraucher, an die sich Beklagte mit ihrer Werbung richtet, einen erhöhten Bekanntheitsgrad verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Die getroffenen Feststellungen zum rein beschreibenden Verständnis der angegriffenen Bezeichnung kann der erkennende Senat, deren Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis gehören,aus eigener Sachkunde treffen. Sie werden im Übrigen durch die von der Beklagten vorgelegten zahlreichen Beispiele dafür bestätigt,dass auch in der Werbung von Mitbewerbern sowie in sonstigen Publikationen wie etwa dem Heft der Stiftung Warentest oder in Vergleichsportalen die Begriff „Allnet Flat“ oder „Allnet Flatrate“ – teilweise in abweichender Schreibweise – in dem dargestellten rein beschreibenden Sinn verwendet werden (Anlagen B 1- 26, Bl. 174 ff. d.A., B 28-30, Bl.292 ff. d.A., B 31-34, Bl. 409 ff. d.A.)."


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