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AG München: Mutter hat keinen Anspruch gegen Hotel auf Herausgabe der Daten eines Hotelgastes zur Ermittlung des Vaters und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen

AG München
Urteil vom 28.10.16
191 C 521/16


Das AG München hat entschieden, dass eine Mutter keinen Anspruch gegen ein Hotel auf Herausgabe der Daten eines Hotelgastes hat, um die Identität des Vaters zu ermitteln und Unterhaltsansprüche durchzusetzen. Nach der angreifbaren Ansicht des Gerichts geht das Recht des Hotelgastes auf informationelle Selbstbestimmung den Rechten der Mutter vor.

Die Pressemitteilung des AG München:

Väterroulette

Die Klägerin aus Halle mietete in der Zeit vom 04.06.2010 bis 07.06.2010 ein Zimmer in einem Hotel in Halle gemeinsam mit ihrem damaligen männlichen Begleiter mit dem Vornamen Michael. Mit dieser Person nutzte die Klägerin in dem Zeitraum ein Hotelzimmer in der zweiten Etage. Am 14.03.2011 brachte sie den Jungen Joel zur Welt. Ihr Begleiter aus dem Hotel in Halle könnte der Vater des Kindes sein. Die Klägerin möchte von der Hotelleitung Auskunft über die Anschrift und den vollständigen Namen ihres damaligen Begleiters. Sie selbst ist nicht im Besitz von Unterlagen, aus denen sich der vollständige Name ihres Begleiters ergeben könnte. Die Klägerin benötigt die Auskünfte, um Kindesunterhaltsansprüche gegenüber ihrem damaligen Begleiter geltend machen zu können. Sie ist der Meinung, dass ihr gegenüber dem Hotel ein Auskunftsanspruch nach dem Bundesdatenschutzgesetz zusteht.

Das Hotel ist der Ansicht, dass kein Anspruch auf die Weitergabe der persönlichen Daten der Gäste besteht. In dem fraglichen Zeitraum wären insgesamt vier männliche Personen mit dem Vornamen Michael in dem Hotel zu Gast gewesen. Da die Klägerin die genannte Person nicht näher beschreiben könne, sei eine eindeutige Feststellungen der infrage kommenden Personen nicht möglich.

Die Klägerin erhob gegen die Hotelleitung Klage zum Amtsgericht München auf Auskunftserteilung. Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die Klägerin kann nicht die Erteilung der geforderten Auskünfte verlangen.

Das Gericht stellt fest, dass das Recht der betroffenen Männer auf informationelle Selbstbestimmung und auf den eigenen Schutz der Ehe und Familie das Recht der Klägerin auf Schutz der Ehe und Familie und auf den Unterhaltsanspruch überwiegt. Außerdem hätten die betroffenen Männer das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre, das davor schützt, geschlechtliche Beziehungen offenbaren zu müssen. Danach könne jeder selbst darüber befinden, ob und in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Leben gewährt wird. „Dieses Recht ist durch die Preisgabe der Daten betroffen, weil bereits hierdurch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Klägerin als Mutter des Kindes letztlich unwiderlegbar in den Raum gestellt ist, so das Gericht. Für das Gericht steht weiter fest, dass die Gefahr bestehe, dass die Datenübermittlung ins Blaue hinein erfolgen würde. Der Klägerin ist es nicht möglich, weitere Umstände vorzutragen, durch die der unterhaltsverpflichtete Betroffene eingrenzbar wäre. Allein der Vorname, wobei sich die Klägerin nicht sicher ist, ob es sich um den einzigen Vornamen handelt, und die Etagenzahl sind für die erforderliche Eingrenzung nicht ausreichend. Auch ist nicht mit Sicherheit feststellbar, ob es sich bei dem Namen auch tatsächlich um den richtigen Namen des Betroffenen handelt“.


Urteil des Amtsgerichts München vom 28.10.16, Aktenzeichen 191 C 521/16

Das Urteil ist rechtskräftig


OLG Köln: Online-Magazin durfte über Beziehung zwischen Carolin Kebekus und Serdar Somuncu berichten

OLG Köln
Urteil vom 06.04.2017
15 U 92/16

Das OLG Köln hat entschieden, dass ein Online-Magazin über das Bestehen eines vermuteten Beziehung zwischen Carolin Kebekus und Serdar Somuncu berichten durfte. Das OLG Köln wies in der Entscheidung darauf hin, dass aus prozessualen Gründen davon auszugehen sei, dass diese verheiratet sind. Dies war nicht substantiiert bestritten worden.

Die Pressemitteilung des OLG Köln:

Köln Reporter durfte über Carolin Kebekus und Serdar Somuncu berichten

Das Online Magazin www.koelnreporter.de externer Link, öffnet neues Browserfenster durfte über ein vermutetes "Verhältnis" der Kabarettistin Carolin Kebekus mit dem Kabarettisten Serdar Somuncu berichten. Eine Klage von Carolin Kebekus gegen das Online Magazin mit dem Ziel, entsprechende Veröffentlichungen zu unterlassen, hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln heute abgewiesen und das anderslautende Urteil des Landgerichts Köln aufgehoben.

Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass der Senat für den Rechtsstreit prozessual davon auszugehen hatte, dass Carolin Kebekus und Serdar Somuncu sogar miteinander verheiratet sind. Ob das wirklich der Fall ist, war in dem Zivilrechtsstreit nicht endgültig zu klären. Der Beklagte habe aber in der Berufungsinstanz so viele Anhaltspunkte für eine Ehe zwischen den Kabarettisten vorgetragen, dass das einfache Bestreiten der Klägerin, sie sei jedenfalls nicht seit 2012 mit Herrn Somuncu verheiratet, nicht mehr ausreichend gewesen sei. So ergäben sich aus öffentlich einsehbaren Informationen Anhaltspunkte für eine Ehe. Prozessual sei daher die Ehe der Kabarettisten als unstreitig zu behandeln. Anders als im Strafrecht darf ein Gericht im Zivilrecht den Sachverhalt nicht von Amts wegen weiter aufzuklären versuchen.

Das Bestehen der Ehe als unstreitig vorausgesetzt, sei die Berichterstattung über ein "Verhältnis" der Kabarettisten zulässig. Eine Eheschließung sei dem Bereich der sogenannten "Sozialsphäre" zuzuordnen. Über wahre Tatsachen aus dem Bereich der Sozialsphäre dürfe regelmäßig berichtet werden. Der Bericht über ein "Verhältnis" der Ehepartner werde von diesem Recht mit umfasst. Es liege auch keine Ausnahme vor, etwa weil Serdar Somuncu besonders sensible Themen satirisch behandle (u.a. Lesungen von Textstellen aus Hitlers "Mein Kampf") und daher möglicherweise die Gefahr gewaltsamer Übergriffe durch Neonazis bestehe. Denn die Klägerin sei in ihrer kabarettistischen Tätigkeit selbst mit entsprechenden Themen in der Öffentlichkeit präsent (u.a. das Video "Wie blöd du bist").

Der Senat hat in der Entscheidung aber auch deutlich gemacht, dass Medien nicht folgenlos über bloße "Gerüchte" berichten dürfen. Die Einzelfallentscheidung sei davon geprägt, dass der Beklagte mit diesem "Gerücht" - auch wenn er dies zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (wohl) nicht gewusst habe - eine wahre Tatsache aus der Sozialsphäre behauptet habe. Eine wahre Tatsachenbehauptung aus der Sozialsphäre könne aber nicht deswegen verboten werden, weil die Wahrheit dem Äußernden zum Äußerungszeitpunkt nicht bewusst sei.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da sich die Entscheidung mit der Zulässigkeit der Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall befasst und der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Urteil des Landgerichts Köln vom 18.05.2016, Az. 28 O 417/15

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 06.04.2017, Az. 15 U 92/16