Skip to content

BGH legt EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 72 Biozidverordnung vor - Werbung für Desinfektionsmittel mit "Hautfreundlich"

BGH
Beschluss vom 20.04.2023
I ZR 108/22
Hautfreundliches Desinfektionsmittel
Verordnung (EU) Nr. 528/2012 Art. 72 Abs. 3 Satz 2


Der BGH hat dem EuGH Fragen zur Auslegung von Art. 72 Biozidverordnung zur Entscheidung vorgelegt. Es geht u.a. um die Bewerbung von Desinfektionsmitteln mit Eigenschaften wie "Hautfreundlich".

Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27. Juni 2012, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind "ähnliche Hinweise" im Sinne von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 nur solche in einer Werbung enthaltenen Hinweise, die genauso wie die in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgezählten Begriffe die Eigenschaften des Biozids
hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit in pauschaler Weise verharmlosen, oder fallen unter "ähnliche Hinweise" alle Begriffe, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit einen den konkret aufgezählten Begriffen vergleichbaren verharmlosenden, nicht aber zwingend auch einen generalisierenden Gehalt wie diese aufweisen?

BGH, Beschluss vom 20. April 2023 - I ZR 108/22 - OLG Karlsruhe - LG Karlsruhe

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EU-Kommission: Richtlinienvorschlag über neue Vorschriften zur Substantiierung von Umweltaussagen - Green Claims-Richtlinie - Greenwashing

Die EU-Kommission hat einen Richtlinienvorschlag über neue Vorschriften zur Substantiierung von Umweltaussagen (Green Claims-Richtlinie) vorgelegt, der die Werbung mit Umweltaussagen (Greenwashing) regulieren soll.

Die Pressemitteilung des EU-Kommission:
Verbraucherschutz: nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglichen und Greenwashing beenden

Die Kommission schlägt heute gemeinsame Kriterien gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen vor. Mit dem heutigen Vorschlag erhalten die Verbraucher größere Klarheit und mehr Sicherheit, dass etwas, das als umweltfreundlich verkauft wird, auch tatsächlich umweltfreundlich ist, und sie werden besser informiert, sodass sie fundiertere Entscheidungen für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen treffen können. Auch für die Unternehmen wird dies Vorteile mit sich bringen, da klarer erkennbar sein wird, welche Unternehmen echte Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit ihrer Produkte unternehmen, sodass sie die Verbraucher für sich gewinnen und ihre Absätze steigern können und nicht mehr unlauterem Wettbewerb ausgesetzt sind. Auf diese Weise wird der Vorschlag dazu beitragen, gleiche Ausgangsbedingungen in Bezug auf Aussagen zur Umweltleistung von Produkten zu schaffen.

Einer Studie der Kommission aus dem Jahre 2020 zufolge wurden 53,3 % der geprüften Umweltaussagen in der EU als vage, irreführend oder unfundiert beurteilt und 40 % waren nicht belegt. Da es keine gemeinsamen Vorschriften zu freiwilligen Umweltaussagen, sogenannten Green Claims, von Unternehmen gibt, kommt es zu Grünfärberei und es entstehen ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt, wodurch wirklich nachhaltige Unternehmen benachteiligt werden.

Zuverlässige, vergleichbare und überprüfbare Informationen für die Verbraucher

Nach dem Vorschlag müssen Unternehmen, die freiwillige Umweltaussagen über ihre Produkte oder Dienstleistungen machen, Mindeststandards einhalten. Diese beziehen sich sowohl darauf, wie diese Aussagen zu belegen sind, als auch darauf, wie sie kommuniziert werden.

Der Vorschlag zielt ab auf ausdrückliche Werbeaussagen, wie z. B.: „T-Shirt aus recycelten Kunststoffflaschen“, „klimaneutraler Versand“, „Verpackung zu 30 % aus recyceltem Kunststoff“ oder „ozeanfreundlicher Sonnenschutz“. Außerdem soll gegen den zunehmenden Wildwuchs öffetnlicher und privater Umweltzeichen vorgegangen werden. Der Vorschlag deckt alle freiwilligen Werbeaussagen über umweltbezogene Auswirkungen, Aspekte oder Leistungen von Produkten, Dienstleistungen und der Gewerbetreibenden selbst ab. Ausgenommen sind jedoch Umweltaussagen, die unter bestehende EU-Vorschriften fallen, wie das EU-Umweltzeichen oder das EU-Bio-Logo für ökologische/biologische Lebensmittel, da durch die geltenden Rechtsvorschriften bereits gewährleistet wird, dass diese regulierten Aussagen zuverlässig sind. Umweltaussagen, die von künftigen EU-Regulierungsvorschriften abgedeckt werden, werden aus demselben Grund ausgeschlossen.

Bevor Unternehmen eine der fraglichen Arten von Umweltaussagen in ihre Verbraucherinformationen aufnehmen, müssen diese Angaben künftig unabhängig überprüft und anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse belegt werden. Die Unternehmen werden im Rahmen einer wissenschaftlichen Analyse die Umweltauswirkungen, die für ihr Produkt tatsächlich relevant sind, und auch etwaige Zielkonflikte ermitteln, um ein vollständiges und genaues Bild zu liefern.

Klare und harmonisierte Vorschriften und Kennzeichnungen

Durch mehrere Vorschriften wird künftig sichergestellt, dass diese Angaben sachdienlich kommuniziert werden. So werden beispielsweise keine Werbeaussagen oder Zeichen mehr gestattet sein, bei denen die gesamten Umweltauswirkungen des Produkts pauschal bewertet werden, außer wenn dies nach den EU-Vorschriften so vorgesehen ist. Werden Produkte oder Organisationen mit anderen verglichen, so sollten solche Vergleiche auf gleichwertigen Informationen und Daten beruhen.

Der Vorschlag sieht auch eine Regelung für Umweltzeichen vor. Derzeit gibt es mindestens 230 verschiedene Zeichen. Es liegt auf der Hand, dass dies bei den Verbrauchern zu Verwirrung und Misstrauen führt. Um die Ausbreitung solcher Zeichen zu kontrollieren, werden neue öffentliche Kennzeichnungssysteme nur dann zulässig sein, wenn sie auf EU-Ebene entwickelt werden. Für neue private Systeme wird nachzuweisen sein, dass ihre Umweltziele ehrgeiziger sind als diejenigen bestehender Systeme. Zudem müssen sie vorab genehmigt werden. Es gibt detaillierte Vorschriften zu Umweltzeichen im Allgemeinen: Sie müssen auch verlässlich, transparent und unabhängig geprüft sein und regelmäßig überprüft werden.

Nächste Schritte

Nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren muss der Vorschlag für eine „Green Claims“-Richtlinie nun vom Europäischen Parlament und vom Rat gebilligt werden.

Hintergrund

Der heutige Vorschlag ergänzt den Vorschlag vom März 2022 zur „Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“, indem neben einem allgemeinen Verbot irreführender Werbung spezifischere Vorschriften für Umweltaussagen festgelegt werden. Der heutige Vorschlag wird auch zusammen mit einem Vorschlag für gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren vorgelegt, der ebenfalls zu einem nachhaltigen Verbrauch und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft beitragen wird.

Mit dem heutigen Vorschlag wird eine wichtige Zusage der Kommission im Rahmen des europäischen Grünen Deals umgesetzt. Es handelt sich um das dritte Paket von Vorschlägen zur Kreislaufwirtschaft, zusammen mit dem Vorschlag für gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren. Das erste und das zweite Paket zur Kreislaufwirtschaft wurden im März und November 2022 angenommen. Das erste Paket umfasste die vorgeschlagene neue Verordnung über Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte, die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien und die vorgeschlagene Verbraucherschutzrichtlinie zur Stärkung der Rolle der Verbraucher für den ökologischen Wandel. Das zweite Paket umfasste die Vorschläge für die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle, die Mitteilung über biologisch abbaubare, biobasierte und kompostierbare Kunststoffe und die vorgeschlagene EU-Verordnung über die Zertifizierung von CO2-Entnahmen.



OLG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit eigenem Bio-Logo dass Eindruck erweckt von unabhängigen Dritten erteilt worden zu sein

OLG München
Urteil vom 09.12.2021
6 U 1973/21


Das OLG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn Produkte mit einem eigenem Bio-Logo beworben werden, so dass der Eindruck erweckt wird, dass das Logo von unabhängigen Dritten stammt und eine Zertifizierung vorliegt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.



OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" bzw "Premiummineralwasser in Bio Qualität" wenn das geförderte arsenhaltigen Rohwasser nachbehandelt werden muss

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.04.2021
6 U 200/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" bzw. „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ für ein Mineralwasser vorliegt, wenn das geförderte arsenhaltigen Rohwasser nachbehandelt werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein „Bio-Mineralwasser“ bei Nachbehandlung des geförderten arsenhaltigen Rohwassers

Von einem als „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Der Verkehr rechnet nicht damit, dass das Mineralwasser mit einen so hohen Arsenanteil gefördert wird, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasserverordnung (i. F.: MTVO) nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss. Die Durchleitung des geförderten Rohwassers durch Mangansand zur Anbindung des Arsens stellt eine derartige Nachbehandlung dar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute veröffentlichten Urteil zahlreiche auf die “Bio-Qualität“ bezogene Werbeaussagen verboten.

Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“. Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio-Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hatte der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg. Die auf die „Bio-Qualität“ des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung erwarte der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz „Bio“ bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.

Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handele es sich hier jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handele, könne offenbleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege.

Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit „Bio-Qualität“ irreführend, treffe dies auch auf das Siegel „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ zu.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.04.2021, Az. 6 U 200/19
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.09.2019, Az. 2/6 O 407/18)


LG München: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 10 Absatz 1 Satz 5 AMG wenn Arzneitee mit "aus ökologischem Landbau" und Traditionsangabe "Arzneitee seit 1916" beworben wird.

LG München
Urteil vom 12.03.2021
37 O 2885/20


Das LG München hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 10 Absatz 1 Satz 5 AMG vorliegt, wenn Arzneitee mit "aus ökologischem Landbau" und Traditionsangabe "Arzneitee seit 1916" beworben wird. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass es sich dabei nicht um Angaben handelt, die mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen oder für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.



EuGH: Kein EU-Bio-Siegel mangels Einhaltung höchster Tierschutzstandards für halal geschlachtetes Fleisch

EuGH
Urteil vom 26.02.2019
C-497/17
Œuvre d’assistance aux bêtes d’abattoirs (OABA) / Ministre de l’Agriculture et de l’Alimentation, Bionoor, Ecocert France, Institut national de l’origine et de la qualité (INAO)


Der EuGH hat entschieden, dass halal geschlachtetes Fleischmangels Einhaltung höchster Tierschutzstandards kein EU-Bio-Siegel tragen darf.

Die Pressemitteilung des EuGH:

"Fleisch, das aus rituellen Schlachtungen ohne vorherige Betäubung stammt, darf nicht das europäische Bio-Logo tragen

Eine solche Schlachtmethode erfüllt nicht die höchsten Tierschutzstandards

2012 beantragte der französische Verband Œuvre d’assistance aux bêtes d’abattoirs (Hilfswerk für Schlachttiere, OABA) beim Ministre de l’Agriculture et de l’Alimentation (Minister für Landwirtschaft und Ernährung, Frankreich), die Kennzeichnung „ökologischer/biologischer Landbau“ in der Werbung für und auf der Verpackung von als „halal“ zertifizierten Hacksteaks verbieten zu lassen, die von Tieren stammten, die ohne vorherige Betäubung geschlachtet wurden.

Die betreffende Zertifizierungsstelle, Ecocert, lehnte den Antrag von OABA implizit ab, und das zuständige Verwaltungsgericht gab der Klage von OABA nicht statt.

Die mit dem Rechtsstreit befasste Cour administrative d’appel de Versailles (Verwaltungsberufungsgericht Versailles, Frankreich) fragt den Gerichtshof, ob die anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts, die sich u. a. aus der Verordnung über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen, ihrer Durchführungsverordnung und der Verordnung über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der
Tötung ergeben, dahin auszulegen sind, dass sie die Vergabe des europäischen Gütezeichens „ökologischer/biologischer Landbau“ an Erzeugnisse, die von Tieren stammen, die Gegenstand einer rituellen Schlachtung ohne Betäubung waren, zulassen oder verbieten. Der Gerichtshof stellt fest, dass der Unionsgesetzgeber in den betreffenden Verordnungen mehrfach seine Absicht betont, im Rahmen dieser Produktionsmethode, die sich durch die Beachtung strengerer Tierschutznormen an allen Orten und in allen Stadien dieser Produktion auszeichnet, in denen es möglich ist, das Tierwohl noch weiter zu verbessern, u. a. bei der Schlachtung, ein hohes Tierschutzniveau sicherzustellen.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass wissenschaftliche Studien gezeigt haben, dass die Betäubung die Technik darstellt, die das Tierwohl zum Zeitpunkt der Schlachtung am wenigsten beeinträchtigt.

Sodann führt der Gerichtshof aus, dass die Praxis der rituellen Schlachtung, in deren Rahmen das Tier ohne vorherige Betäubung getötet werden kann und die in der Union ausnahmsweise erlaubt ist, um die Beachtung der Religionsfreiheit sicherzustellen, nicht geeignet ist, Schmerzen, Stress oder Leiden des Tieres genauso wirksam zu mildern wie eine Schlachtung, der eine Betäubung vorausgeht. Die Betäubung ist nämlich erforderlich, um beim Tier eine Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit herbeizuführen, mit der sein Leiden erheblich verringert werden kann.

In diesem Zusammenhang hebt der Gerichtshof hervor, dass zwar bei der Schlachtung ohne Betäubung ein präziser Halsschnitt mit einem scharfen Messer erforderlich ist, damit das Tier nicht so lange leiden muss, eine solche Technik es jedoch nicht erlaubt, das Leiden der Tiere so gering wie möglich zu halten.

Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass die von religiösen Riten vorgeschriebenen speziellen Schlachtmethoden, die ohne vorherige Betäubung durchgeführt werden, nicht mit der grundsätzlich vom Unionsrecht vorgeschriebenen Schlachtmethode unter vorheriger Betäubung gleichwertig sind, was die Sicherstellung eines hohen Tierschutzniveaus zum Zeitpunkt der Tötung betrifft.

Schließlich hebt der Gerichtshof hervor, dass das Ziel der Unionsvorschriften über die ökologische/biologische Kennzeichnung darin besteht, „das Vertrauen der Verbraucher in als ökologisch/biologisch gekennzeichnete Erzeugnisse zu wahren und zu rechtfertigen“, und dass es wichtig ist, darauf zu achten, dass die Verbraucher die Sicherheit haben, dass die Erzeugnisse, die das EU-Bio-Logo tragen, auf das die Frage des vorlegenden Gerichts in Wirklichkeit abzielt, tatsächlich unter Beachtung der höchsten Normen, u. a. im Bereich des Tierschutzes, erzeugt wurden.

Der Gerichtshof ist daher der Auffassung, dass die Vorschriften des Unionsrechts die Anbringung des EU-Bio-Logos auf Produkten, die von Tieren stammen, die Gegenstand einer rituellen Schlachtung ohne vorherige Betäubung waren, nicht gestatten."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Celle: Wettbewerbsverstoß wenn Bio-Lebensmittel im Internet ohne Angabe der Codenummer der Kontrollbehörde angeboten werden

OLG Celle
Urteil vom 11.09.2018
13 W 40/18


Das OLG Celle hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn wenn Bio-Lebensmittel im Internet ohne Angabe der Codenummer der Kontrollbehörde angeboten werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Die Angabe der Codenummer nach Art. 27 Abs. 10 VO (EG) Nr. 834/2007 stellt eine verpflichtende Information über Lebensmittel nach Art. 2 lit.c) LMIV dar. Umfasst sind hiervon diejenigen Angaben, die dem Endverbraucher aufgrund von Unionsvorschriften bereitgestellt werden müssen. Zu den Art. 14 Abs. 1 LMIV unterfallenden Informationen gehören daher nicht nur Pflichtinformationen gemäß Art. 9 f. LMIV, sondern auch solche Pflichtinformationen, die sich aus anderen Rechtsakten der Kommission ergeben (Meisterernst in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 169. EL, LMIV Art. 14 Rn. 25; Grube in: Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl., Art. 9 Rn. 3 [auch zu Kennzeichnungsregelungen nach der VO (EG) Nr. 834/2007], Art. 14 Rn. 13).

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Anwendungsbereich von Art. 2 lit. c), Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV nicht auf Regelungen beschränkt, die ausschließlich für Lebensmittel (und nicht etwa wie die VO (EG) Nr. 834/2007 auch für Futtermittel) gelten. Eine entsprechende Einschränkung ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Bestimmungen zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts beschränken sich die verpflichtenden Informationen im Sinne dieser Verordnung zudem nicht auf die in deren Art. 9, 10 und Anhang III bezeichneten Verpflichtungen oder Verpflichtungen, die zeitlich nach Erlass dieser Verordnung begründet wurden. Aus der Annahme, geltende Kennzeichnungsvorschriften müssten gestrafft und modernisiert werden (EG 9 zur LMIV) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Ausdrücklich sind sie hiernach zumindest in ihren ursprünglichen Zielsetzungen und Kernbestimmungen weiterhin gültig. Es spricht nichts dafür, dass sie darüber hinaus auch ohne spezielle Regelung ihre Geltung verlieren sollten, soweit sie nicht in dieser Verordnung aufgegriffen wurden. Die Kriterien nach EG 18, 19 zu dieser Verordnung beziehen sich auf neu zu regelnde Anforderungen. Dass die Kennzeichnungspflicht nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 nicht von § 2 der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung vom 5. Juli 2017 erfasst ist und daher die Angabe der Codenummer nicht verpflichtend in deutscher Sprache zu erfolgen hat, lässt den vom Landgericht gezogenen Rückschluss ebenfalls nicht zu.

c) Selbst wenn die Codenummer nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 allein noch nicht in dem Internetangebot anzugeben sein sollte, muss diese nach Art. 14 Abs. 1 LMIV dem Verbraucher vor dem Abschluss des Kaufvertrages zugänglich sein.

d) Entgegen der Formulierung des Hauptantrags ist diese Information jedoch nicht notwendig „in unmittelbarer räumlicher Nähe“ zu dem Internetangebot anzugeben. Nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV muss die Information entweder auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäftes - also in dem jeweiligen Medium, das dem Vertragsabschluss mit dem Verbraucher dient (vgl. Meisterernst a.a.O. Rn. 31) - oder durch andere geeignete Mittel bereitgestellt werden. Denkbar ist deshalb insbesondere, dass diese Codenummer nicht unmittelbar auf der eigentlichen Angebotsseite genannt wird, sondern etwa auf einer verlinkten Seite mit weiteren Produktinformationen enthalten ist. Auch andere Gestaltungen sind denkbar. Mindestanforderungen ergeben sich aus Art. 13 Abs. 1 LMIV (vgl. Meisterernst a.a.O. Rn. 35).

Engere Vorgaben folgen auch nicht aus Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007, selbst wenn diese Regelung auf Kennzeichnungen in Internetangeboten anwendbar wäre. Hiernach ist die Codenummer zwar in die Kennzeichnung selbst aufzunehmen, wobei sich unmittelbar aus dieser Regelung nicht erschließt, wie weit dieser Begriff in dem vorliegenden Zusammenhang zu verstehen wäre, ob insbesondere auch eine weitere Internetseite, auf die verwiesen würde, noch erfasst wäre. Art. 14 LMIV enthält jedoch eine für den Fernabsatz von Lebensmitteln speziellere Regelung, die die insoweit allgemeinere Regelung in Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 jedenfalls ergänzt.

Begründet ist daher allein der - anerkannte - Hilfsantrag, der eine entsprechende Einschränkung nicht enthält.

e) Der gerügte Verstoß führt auch zu einer spürbaren Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG. Die Angabe der Codenummer ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. September 2014 - 14 U 201/13, juris Rn. 36)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen kann aufgrund Informationsinteresse der Öffentlichkeit zulässig sein

BGH
Urteil vom 10.04.2018
VI ZR 396/16
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12; BGB § 823, § 824; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen kann aufgrund Informationsinteresse der Öffentlichkeit und des Rechts auf Meinungs- und Medienfreiheit zulässig sein über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Maßgeblich für die Ermittlung des Informationsgehalts einer Filmberichter-stattung ist der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenom-menen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist unter Berücksichtigung der Eigengesetzlichkeiten des Übermittlungsmediums auf den Gesamtgehalt der Berichterstattung abzustellen. Das Bild darf in seiner Bedeutung für eine Erweiterung des Aussagegehalts über das gesprochene Wort hinaus nicht überinterpretiert werden. Für eine texterweiternde oder einengende Sinngebung bedarf es einer deutlich in diese Richtung weisenden besonderen Heraushebung des Bildes als eigenständigen Informationsträgers.

b) Die Verbreitung nicht genehmigter Filmaufnahmen über Betriebsinterna, zu denen auch die Produktionsbedingungen gehören, stellt grundsätzlich einen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

c) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.

d) Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit mit den Interessen des Betroffenen maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird.

e) Zur Abwägung in einer Fallgestaltung, in der sich der Publizierende die Informationen nicht selbst durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft hat, um sie anschließend zu verwerten, sondern aus dem erkannten Rechtsbruch lediglich Nutzen gezogen hat.

BGH, Urteil vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen kann aufgrund Informationsinteresse der Öffentlichkeit und des Rechts auf Meinungs- und Medienfreiheit zulässig sein

BGH
Urteil vom 10.04.2018
VI ZR 396/16


Der BGH hat entschieden, dass die Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen aufgrund des Informationsinteresses der Öffentlichkeit und des Rechts auf Meinungs- und Medienfreiheit zulässig sein kann.

Die Pressemitteilung des BGH:

Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 über die Zulässigkeit der Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen entschieden.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein auf die Vermarktung von Bio-Produkten spezialisierter Erzeugerzusammenschluss von elf ökologisch arbeitenden Betrieben, die Ackerbau und Hühnerhaltung betreiben. In den Nächten vom 11./12. Mai und 12./13. Mai 2012 drang F., der sich für den Tierschutz engagiert, in die Hühnerställe von zwei der in der Klägerin zusammengeschlossenen Betriebe ein und fertigte dort Filmaufnahmen. Die Aufnahmen zeigen u.a. Hühner mit unvollständigem Federkleid und tote Hühner. F. überließ die Aufnahmen der Beklagten, die sie am 3. September 2012 in der Reihe ARD Exklusiv unter dem Titel "Wie billig kann Bio sein?" bzw. am 18. September 2012 im Rahmen der Sendung "FAKT" unter dem Titel "Biologische Tierhaltung und ihre Schattenseiten" ausstrahlte. Die Beiträge befassen sich u.a. mit den Auswirkungen, die die Aufnahme von Bio-Erzeugnissen in das Sortiment der Supermärkte und Discounter zur Folge hat, und werfen die Frage auf, wie preisgünstig Bio-Erzeugnisse sein können.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, im Einzelnen näher bezeichnete Bildaufnahmen zu verbreiten, die verpackte Waren, tote Hühner oder solche, die ein unvollständiges Federkleid haben, eine umzäunte Auslauffläche und die Innenaufnahme eines Hühnerstalls zeigen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Die Entscheidung des Senats:

Der Bundesgerichtshof hat der Revision stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Verbreitung der Filmaufnahmen verletzt weder das Unternehmerpersönlichkeitsrecht der Klägerin noch ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zwar sind die Filmaufnahmen - die eine Massentierhaltung dokumentieren und tote oder nur mit unvollständigem Federkleid versehene Hühner zeigen - geeignet, das Ansehen und den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Der Senat ist auch davon ausgegangen, dass die Ausstrahlung der nicht genehmigten Filmaufnahmen das Interesse der Klägerin berührt, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Diese Beeinträchtigungen sind aber nicht rechtswidrig. Das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs und ihre unternehmensbezogenen Interessen. Dies gilt trotz des Umstands, dass die veröffentlichten Filmaufnahmen von F. rechtswidrig hergestellt worden waren. Die Beklagte hatte sich an dem von F. begangenen Hausfriedensbruch nicht beteiligt. Mit den beanstandeten Aufnahmen wurden keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin offenbart. Die Aufnahmen dokumentieren vielmehr die Art der Hühnerhaltung durch dem Erzeugerzusammenschluss angehörige Betriebe; an einer näheren Information über diese Umstände hat die Öffentlichkeit grundsätzlich ein berechtigtes Interesse. Die Filmaufnahmen informieren den Zuschauer zutreffend. Sie transportieren keine unwahren Tatsachenbehauptungen, sondern geben die tatsächlichen Verhältnisse in den beiden Ställen zutreffend wieder. Mit der Ausstrahlung der Filmaufnahmen hat die Beklagte einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geleistet. Die Filmberichterstattung setzt sich unter den Gesichtspunkten der Verbraucherinformation und der Tierhaltung kritisch mit der Massenproduktion von Bio-Erzeugnissen auseinander und zeigt die Diskrepanz zwischen den nach Vorstellung vieler Verbraucher gegebenen, von Erzeugern oder Erzeugerzusammenschlüssen wie der Klägerin herausgestellten hohen ethischen Produktionsstandards einerseits und den tatsächlichen Produktionsumständen andererseits auf. Es entspricht der Aufgabe der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit", sich mit diesen Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Funktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt.

Vorinstanzen:

Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 19. Juli 2016 - 7 U 11/14

Landgericht Hamburg - Urteil vom 13. Dezember 2013 - 324 O 400/13

Neuer Beitrag in der Internet World Business von RA Marcus Beckmann - Nur mit Zertifikat - EuGH stellt Regeln für Online-Shops auf die mit Bio-Lebensmitteln handeln

In Ausgabe 1/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Nur mit Zertifikat - EuGH stellt Regeln für Online-Shops auf die mit Bio-Lebensmitteln handeln".

Siehe auch zum Thema EuGH: Online-Verkauf von Bio-Produkten setzt Zertifizierung des Online-Shops voraus - kein "direkter Verkauf" nach Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 .


EuGH: Online-Verkauf von Bio-Produkten setzt Zertifizierung des Online-Shops voraus - kein "direkter Verkauf" nach Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007

EuGH
Urteil vom 12.10.2017
C-289/16
Kamin und Grill Shop GmbH
gegen
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V.


Der EuGH hat entschieden, dass der Online-Verkauf von Bio-Produkten eine Zertifizierung des Online-Shops durch die zuständige Öko-Kontrollstelle voraussetzt. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass kein "direkter Verkauf" nach Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 vorliegt und die Ausnahmevorschrift für den stationären Handel für den Online-Handel nicht gilt.

Gegenstand des Verfahrens war ein Vorlagebeschluss des BGH (siehe dazu BGH: EuGH muss entscheiden ob Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln durch zuständige Öko-Kontrollstelle zertifiziert werden muss )

Tenor der Entscheidung:

"Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 ist dahin auszulegen, dass Erzeugnisse nur dann im Sinne dieser Bestimmung „direkt“ an den Endverbraucher oder ‑nutzer verkauft werden, wenn der Verkauf unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: EuGH muss entscheiden ob Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln durch zuständige Öko-Kontrollstelle zertifiziert werden muss

BGH
Beschluss vom 24.03.2016
I ZR 243/14


Der BGH hat dem EuGH die umstrittene Rechtsfrage, ob der Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln durch die zuständige Öko-Kontrollstelle zertifiziert werden muss, zur Entscheidung vorgelegt.

Vorlagefrage des BGH lautet:

„Liegt ein im Sinne von Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 „direkter“ Verkauf an den Endverbraucher bereits vor, wenn der Unternehmer oder sein Verkaufspersonal dem Endverbraucher die Erzeugnisse ohne Zwischenschaltung eines Dritten verkauft, oder setzt ein „direkter“ Verkauf darüber hinaus voraus, dass der Verkauf am Ort der Lagerung der Erzeugnisse unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt?“

Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor.


OVG Münster: Firmeneigene Bio-Kennzeichnungen auf Arzneimittelverpackung sind unzulässige Werbung nach § 10 AMG

OVG NRW
Beschluss vom 26.10.2015
13 A 2597/14


Das OVG NRW hat entschieden, dass Firmeneigenen Bio-Kennzeichnungen auf Arzneimittelverpackung als unzulässige Werbung nach § 10 AMG zu qualifizieren ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Das Verwaltungsgericht hat angenommen, es sei mit § 10 Abs. 1 AMG und Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG nicht vereinbar, dass die Klägerin auf dem Etikett des Behältnisses und der äußeren Umhüllung das gelb-grüne firmeneigene Biosiegel (Schriftzug „bio“ und drei stilisierte Pflanzen) verwende. Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind weitere Angaben auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind, zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a nicht widersprechen. Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG bestimmt: Die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage können zur Veranschaulichung einiger der in den Artikeln 54 und 59 Absatz 1 genannten Informationen Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses zu vereinbarende Informationen enthalten, die für den Patienten wichtig sind; nicht zulässig sind Angaben, die Werbecharakter haben können. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Information, dass der pflanzliche Grundstoff aus – nicht näher definiertem – biologischem Anbau stamme, sei weder für die Anwendung des Arzneimittels noch für die Gesundheit des Patienten von Bedeutung und habe zudem Werbecharakter.

Die Antragsbegründung zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser im Einzelnen begründeten Erwägungen auf. Sie entsprechen der Rechtsprechung des Senats zum identischen firmeneigenen Biosiegel des Mutterunternehmens der Klägerin,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2013 – 13 A 2862/12 -, LRE 66, 308 = juris,

an der der Senat auch in Ansehung des Zulassungsvorbringens festhält.

Das Vorbringen, § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sei unionsrechtswidrig bzw. im Lichte der Richtlinie 2001/83/EG anders auszulegen, kann schon deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründen, weil das Verwaltungsgericht selbstständig tragend angenommen hat, dass das Biosiegel wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot auch mit Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG nicht vereinbar sei. Wie die Klägerin selbst zutreffend ausführt, wirkt sich nach dieser Rechtsauffassung eine mögliche Divergenz im konkreten Fall nicht aus.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2013 - 13 A 2862/12 -, juris, Rn. 5 ff.

Dem Einwand der Klägerin, das firmeneigene Werbesiegel sei nach dem unionsrechtlichen Verständnis der Richtlinie 2001/83/EG keine Werbung, ist nicht zu folgen. Firmeneigene Bio-Kennzeichnungen sind Angaben, die im Sinne des 2. Halbsatzes des Art. 62 Richtlinie 2001/83/EG Werbecharakter haben können. Sie dienen dem Ziel, den Absatz des Produkts zu fördern, indem sie es gegenüber anderen herausheben."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Mineralwasser darf Biomineralwasser genannt werden, wenn gesetzliche Grenzwerte deutlich unterschritten werden

BGH
Urteil vom 13.09.2012
I ZR 230/11
Biomineralwasser


Der BGH hat entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung "Biomineralwasser" für ein natürliches Mineralwasser, dass die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterscheidet, zulässig ist. Es ist nicht erforderlich, dass es bei Mineralwässern spezielle gesetzliche Vorgaben für Biomoineralwasser gibt.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der Verkehr erwartet von einem als "Biomineralwasser" bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterscheiden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt.
[...]
Der Verkehr erwartet auch nicht, dass die Verwendung von "Bio" bei Mineralwässern gesetzlichen Vorgaben unterliegt oder staatlich überwacht wird. Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine gesetzliche Regelung für die Verwendung von "Bio" getroffen hat, führt nicht dazu, dass diese Bezeichnung beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung nicht verwendet werden darf."


Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser
LG Nürnberg-Fürth - Urteil vom 19. Januar 2011 - 3 O 819/10
OLG Nürnberg - Urteil vom 15. November 2011 - 3 U 354/11, GRUR-RR 2012, 224

Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:


OLG Hamm: Wettbewerbswidrige Verwendung der Bezeichnung "Bio-Oil" wenn nicht mindestens über 50% natürliche / pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten sind

OLG Hamm
Urteil vom 27.03.2012
I-4 U 193/11


Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Produkts mit der Bezeichnung "Bio-Oil" wettbewerbswidrig ist, wenn das Produkt nicht mindestens über 50% natürliche / pflanzliche Inhaltsstoffe enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Er hat gegen den Antragsgegner einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG, weil die beanstandete Werbung mit der Bezeichnung "Bio-Oil" gegen §§ 3 Abs. 2, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3b LFGB verstößt.

§ 27 Abs. 1 S. 2, Nr. 3b LFGB verbietet bei kosmetischen Mitteln eine irreführende Werbung durch eine zur Täuschung geeignete Bezeichnung über Eigenschaften, insbesondere Beschaffenheit, Zusammensetzung oder Art der Herstellung.

Die Bezeichnung "Bio-Oil" vermittelt dem Verbraucher den Eindruck, dass das so bezeichnete Kosmetikum zumindest überwiegend, das heißt 50 % + X, aus natürlichen / pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt ist. Zu Recht macht der Antragsteller geltend, dass von der Silbe "Bio" diese Botschaft ausgeht. "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: