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BGH: § 54b Abs. 1 UrhG ist weder direkt noch analog auf Internet-Marktplätze anzuwenden so dass diese keine Urheberrechtsabgabe zahlen müssen

BGH
Urteil vom 10.11.2022
I ZR 10/22
rakuten.de
Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5; UrhG § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2, § 54f Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass § 54b Abs. 1 UrhG weder direkt noch analog auf Internet-Marktplätze anzuwenden ist, so dass diese keine Urheberrechtsabgabe zahlen müssen.

Leitsätze des BGH:
a) Händler im Sinne des § 54b Abs. 1 UrhG ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt.

b) Es ist mit Blick auf die aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG folgende Ergebnispflicht bei der Gewährung des gerechten Ausgleichs für die Anfertigung von privaten Vervielfältigungen nicht geboten, Online-Marktplätze, die die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, in den Kreis der Schuldner der Gerätevergütung (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2 UrhG) aufzunehmen.

c) Die analoge Anwendung des § 54b Abs. 1 UrhG auf Internet-Marktplätze kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.

BGH, Urteil vom 10. November 2022 - I ZR 10/22 - OLG München

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Magdeburg: Gaststättenbetreiber muss unangekündigte Besuche eines GEMA-Kontrolleurs dulden - Vorher ausgesprochenes Hausverbot gegenüber GEMA unwirksam

LG Magdeburg
Urteil vom 28.10.2020
7 S 69/20


Das LG Magdeburg hat entschieden, dass ein Gaststättenbetreiber unangekündigte Besuche eines GEMA-Kontrolleurs dulden muss. Ein vorher gegenüber der GEMA ausgesprochenes Hausverbot ist unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Berufung der Klägerin ist zwar gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 517, 519, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet. Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Amtsgericht hat richtig entschieden.

Die Klägerin kann gemäß §§ 97 Abs. 2, 15 ff. UrhG, §§ 823 Abs. 1, 242, 1004 Abs. 1 und 2 BGB analog die Duldung unangekündigter Kontrollen in den Gaststätten der Beklagten verlangen.

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Verpflichtung zur Duldung von unangekündigten Kontrollen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dann bestehen kann, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchführung seines Zahlungsanspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d. h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten eine besondere rechtliche Beziehung besteht, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis, z.B. aus unerlaubter Handlung, genügt (BGH, Urt. v. 18.1.1978 - VIII ZR 262/76, NJW 1978, 1002 m.w.N.; BGH, Urt. v. 5.6.1985 - I ZR 53/83 - GEMA-Vermutung I).

Zwar bleibt es dabei, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine Urheberrechtsverletzung der Beklagten und damit für das Bestehen einer rechtlichen Beziehung zwischen den Parteien der Klägerin obliegt. Die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin wird aber durch die sogenannte GEMA-Vermutung erleichtert. Die von der Rechtsprechung anerkannte GEMA-Vermutung besagt - wie der BGH zuletzt im Urteil vom 5.6.1985 (I ZR 53/83) ausgeführt hat -, dass zugunsten der G angesichts ihres umfassenden In- und Auslandsrepertoires eine tatsächliche Vermutung ihrer Wahrnehmungsbefugnis für die Aufführungsrechte an in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik und für die sogenannten mechanischen Rechte besteht. Die Vermutung erstreckt sich weiter darauf, dass diese Werke auch urheberrechtlich geschützt sind (BGH, Urt. v. 12.6.1963 - Ib ZR 23/62, GRUR 1964, 91, 92 - Tonbänder-Werbung I). Darüber hinaus besteht nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung auch dafür, dass bei Verwendung von Unterhaltungsmusik in den von der Klägerin wahrgenommenen Bestand eingegriffen wird (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.1960 - I ZR 17/59, GRUR 1961, 97, 98 - Sportheim).

Gemessen hieran ist das Amtsgericht völlig zu Recht davon ausgegangen, dass eine Vermutung dafür besteht, dass auch in den von der Beklagten betriebenen Gaststätten Musikstücke zur Darbietung gelangen, die dem Rechtebestand der Klägerin unterfallen. Die Beklagte selbst bestreitet nicht, dass, was ebenfalls der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, in ihren Gaststätten Musik dargeboten wird. Damit spricht zunächst die Vermutung dafür, dass dabei auch Musikstücke gespielt werden, die dem Rechtebestand der Klägerin unterfallen.

Es bestehen auch mit Blick auf das grundrechtlich geschützte Hausrecht keine Bedenken dagegen, dass die Beauftragten der Klägerin die Räumlichkeiten betreten. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.11.2003, die die Beklagte in ihrer Berufungsschrift selbst zitiert, eindeutig zum Ausdruck gebracht (Bl. 109 zweiter Absatz):

„Mit der Eröffnung eines Geschäfts für den allgemeinen Publikumsverkehr bringt der Inhaber des Hausrechts zum Ausdruck, dass er an jeden Kunden Waren verkaufen oder Dienstleistungen erbringen will. Gestattet damit grundsätzlich und ohne Prüfung im Einzelfall allen Kunden den Zutritt zu den Geschäftsräumen, die sich im Rahmen üblichen Käuferverhaltens nehmen. Danach ist der Anbieter von Waren oder Dienstleistungen verpflichtet, Testkäufe oder die testweise Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu dulden, sofern die den testdurchführenden Personen sich wie normale Nachfrager verhalten. Üblichem Käuferverhalten einer Testperson kann der Kaufmann nicht entgegentreten.“

Und genau darum geht es hier. Die Beklagte ist vom Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung verurteilt worden, es zu dulden, dass von der Klägerin Beauftragte ihre Gaststätten betreten können, um die für sie notwendigen Informationen erheben zu können, nämlich ob möglicherweise in diesen Räumlichkeiten GEMA-pflichtige Musik dargeboten wird. Diese Vorgehensweise weicht von dem sonstigen kundentypischen Verhalten anderer Gäste nicht ab und ist daher vom Inhaber der Gaststätten hinzunehmen.

Auch der verfassungsrechtliche Schutz der Wohnung gemäß Art. 13 GG, der für die hier in Rede stehenden Geschäftsräume (eingeschränkt) ebenfalls Anwendung findet, gebietet keine andere Entscheidung. Denn die Grundrechtsposition der Beklagten ist mit der der Inhaber von Urheberrechten in Ausgleich zu bringen, die in dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG zu verorten ist. Gemessen aber an den vielfach begangenen und somit immer wieder aufs Neue drohenden Verletzungen von Urheberrechten stellt sich der mit einer solchen Kontrolle verbundene Eingriff in die Rechte der Beklagten als verhältnismäßiger Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen dar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte bis auf den untauglichen Vorschlag anzukündigender Kontrollen durch die Klägerin nicht aufgezeigt hat, auf welchem anderen Weg Urheberrechte in diesem Fällen effektiv geschützt werden können.

Die Beklagte hat die gegen sie sprechende Vermutung auch nicht widerlegen können. Sie hat noch nicht einmal ausreichenden Vortrag dazu gehalten, dass sie in der Vergangenheit nur GEMA-freie Musik abgespielt hat. Zwar behauptet sie unter Vorlage der Anlagen BK 2 bis BK 4 (Bl. 129 ff.), dass sie Vereinbarungen mit bestimmten Unternehmen getroffen habe, die ihr GEMA-freie Musikstücke angeboten hätten. Bau genauer Betrachtung dieser Unterlagen offenbart sich aber, dass die Anlage BK 2 z.B. eine Lizenz erst ab dem 25.1.2020 gewährt und die Anlage BK 3 als begünstigte Firma ein "Modelleisenbahnfachgeschäft" und nicht die hier in Rede stehenden Gaststätten aufführt. Die Klägerin hat damit entgegen ihrem Vortrag gerade keinen lückenlosen Nachweis der von ihr gespielten Stücke gebracht, so dass die gegen sie sprechende Vermutung hierdurch nicht widerlegt ist.

Die Kammer hatte auch den Beweisangeboten der Beklagten durch Einvernahme verschiedener Zeugen nicht nachzukommen, weil diese Angebote untauglich waren. Weder hat die Klägerin vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, aus welchem Grund ein gewöhnlicher Besucher der Gaststätte in der Lage sein soll, GEMA-freie von GEMA-pflichtiger Musik zweifelsfrei abzugrenzen. Im Übrigen sind diese Beweisangebote auch insofern nicht sachdienlich, weil es unter Umständen so sein kann, dass zum Zeitpunkt des jeweiligen Besuchs einer einzelnen Person nur GEMA-freie Musik abgespielt wurde. Dies gewährleistet aber nicht mit der notwendigen Sicherheit, dass dies auch zu anderen Anlässen oder aber grundsätzlich der Fall ist.

Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die Beklagte Musik öffentlich darbietet. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfordert der Begriff der öffentlichen Wiedergabe eine individuelle Beurteilung. Im Interesse eines hohen Schutzniveaus für die Urheber ist der Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" weit zu verstehen (vgl. EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - C-117/15, GRUR 2016, 684 Rn. 36 - Reha Training/GEMA; Urteil vom 8. September 2016 - C-160/15, GRUR 2016, 1152 Rn. 30 - GS-Media; Urteil vom 26. April 2017 - C-527/15, GRUR 2017, 610 Rn. 27 - Stichting Brein/Wullems; Urteil vom 14. Juni 2017 - C-610/15, GRUR 2017, 790 Rn. 22 - The Pirate Bay).

Die Beklagte betreibt Gaststätten, zu denen jeder zu den gewöhnlichen Öffnungszeiten Zugang hat, was die Darbietung der in diesen Zeiten präsentierten Musik zu einer Öffentlichen macht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie
hier:


LG Düsseldorf: Schauspielhaus Düsseldorf darf nicht von einem Tonkünstler für ein anderes Theater komponierte und arrangierte Musik zum Stück "Der Idiot" verwenden

LG Düsseldorf
Urteil vom 12.06.2019
12 O 263/18


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass das Schauspielhaus Düsseldorf die von einem Tonkünstler für ein anderes Theater komponierte und arrangierte Musik zum Stück "Der Idiot" nicht verwenden darf. Auch nach dem GEMA-Berechtigungsvertrag werden keine Rechte an der bühnenmäßigen Aufführung eingeräumt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Landgericht Düsseldorf: Schauspielhaus Düsseldorf ist nicht befugt, die von einem Tonkünstler für ein anderes Theaterhaus komponierte und arrangierte Musik zu „Der Idiot“ im eigenen Haus zu verwenden

Mit Urteil vom 12. Juni 2019 hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 263/18) entschieden, dass das Schauspielhaus Düsseldorf es zu unterlassen hat, die von dem Tonkünstler Parviz Mir-Ali für das Schauspielhaus Dresden komponierte und arrangierte Musik zu "Der Idiot" aufzuführen.

Der bekannte Tonkünstler hatte im Jahre 2015 die Musik zu dem Bühnenstück "Der Idiot" von Fjodor Dostojewski in der Inszenierung von Matthias Hartmann für das Staatsschauspiel Dresden komponiert. Im Jahre 2016 übernahm das Düsseldorfer Schauspielhaus die Inszenierung aus Dresden zusammen mit der von Mir-Ali komponierten Musik. Für die Spielzeit 2016/2017 zahlte das Schauspielhaus Düsseldorf dem Tonkünstler eine pauschale Vergütung. Zahlungen für die weiteren Spielzeiten 2017/2018 und 2018/2019 verweigerte das Schauspielhaus unter Hinweis auf seine Zahlungen an die GEMA. Der klagende Tonkünstler sieht mit den Aufführungen seine Urheberrechte verletzt.

Die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat dem klagenden Tonkünstler Recht gegeben. Die von ihm komponierte Musik sei ein Werk der Tonkunst, das im Rahmen der Inszenierung von "Der Idiot" des Schauspielhauses Dresden bühnenmäßig dargestellt werde. Nach ständiger Rechtsprechung werde Musik, die ein bewegtes Spiel begleitet, im Sinne von § 19 Abs. 2 UrhG bühnenmäßig dargestellt, wenn sie integrierender Bestandteil des Spielgeschehens ist und nicht nur zur bloßen Untermalung dient. Das Gericht stellte nach Inaugenscheinnahme eines Mitschnitts der Inszenierung fest, dass bei der Dresdener Inszenierung von "Der Idiot" die Dramaturgie des gesprochenen Wortes und die Musik sich zu einer Einheit verbinden. Das gelte auch, wenn die Musik nur 30 Minuten der Gesamtspieldauer von 2:50 Stunden umfasse. Da es sich bei dem Musikwerk des Klägers um eine bühnenmäßige Darstellung handele, habe das Schauspielhaus Düsseldorf von der GEMA keine Nutzungsrechte erwerben können. Denn nach § 1 lit a GEMA-Berechtigungsvertrag können zwar Musikrechte, aber keine Rechte an der bühnenmäßigen Aufführung erworben werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es besteht das Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf.



LG Hamburg: Usenet-Provider UseNeXT muss GEMA Schadensersatz für von Nutzern hochgeladene urheberrechtlich geschützte Inhalte zahlen

LG Hamburg
Urteil vom 22.06.2018
308 O 314/16

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Usenet-Provider UseNeXT der GEMA Schadensersatz für die von Nutzern hochgeladenen urheberrechtlich geschützte Inhalte zahlen muss. Zur Begründung führt das Gericht an, dass das Geschäftsmodell von UseNeXT darauf angelegt ist, Urheberrechtsverletzungen durch die Nutzer zu fördern.


BGH: Krankenhausradio ist eine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe - Abgrenzung zur Wiedergabe von Hintergrundmusik in Arztpraxis

BGH
Urteil vom 11.01.2018
I ZR 85/17
Krankenhausradio
BGB § 313; UrhG § 15 Abs. 3, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3, §§ 20, 20b Abs. 1 Satz 1, § 78 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1


Der BGH hat entschieden, dass ein Krankenhausradio über eine krankenhauseigene Kabelanlage eine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe ist.

Leitsätze des BGH:

a) Das Recht zur Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB infolge der Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass diese Rechtsprechung nach der gemeinschaftlichen Vorstellung der Parteien auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist.

b) Die Rechtsprechung zur Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen ist nicht auf die Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Patientenzimmern eines Krankenhauses anwendbar (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 14/14, GRUR 2016, 278 = WRP 2016, 218 - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen).

c) Der Betreiber eines Krankenhauses, der Patientenzimmer mit Radiogeräten ausstattet, mit denen Patienten ausgestrahlte Radiosendungen über eine krankenhauseigene Kabelanlage empfangen können, gibt die Radiosendungen im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich wieder und verletzt daher die Rechte von Urhebern, ausübenden Künstlern und Sende-unternehmen zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke oder Leistungen.

BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 - I ZR 85/17 - LG Bochum - AG Bochum

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



KG Berlin: GEMA darf den Urhebern zustehende Vergütungsanteile nicht um den Verlegeranteil kürzen und an Verleger auszahlen

KG Berlin
Urteil vom 14.11.2016
24 U 96/14


Das KG Berlin hat entschieden, dass die GEMA die den Urhebern zustehenden Vergütungsanteile nicht um den Verlegeranteil kürzen und an Verleger ausschütten darf.

Die Pressemitteilung des Gericht:

Kammergericht: Teilurteil zur Ausschüttung von Nutzungsentgelten für Urheberrechte

Das Kammergericht hat in einem heute verhandelten Berufungsverfahren die Rechte von Musikern/Künstlern gestärkt: Die GEMA ist danach gegenüber den klagenden Künstlern ab dem Jahr 2010 nicht berechtigt, die diesen als Urhebern zustehenden Vergütungsanteile um sogenannte Verlegeranteile zu kürzen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Frage, wie Einnahmen aus Nutzungsrechten für Urheberrechte zu verteilen sind. Der 24. Senat des Kammergerichts hat in seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2016 – Verlegeranteil; BGH I ZR 198/13) auf die Ausschüttung für Nutzungen von Urheberrechten übertragen und fortgeführt. Danach dürfe die GEMA Gelder nur an diejenigen Berechtigten ausschütten, die ihre Rechte wirksam übertragen hätten. Hätten die Urheber ihre Rechte zuerst aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf die GEMA übertragen, so könnten die Verleger keine Ansprüche aus den Urheberrechten der Künstler ableiten. Denn den Verlegern stehe kein eigenes Leistungsschutzrecht zu. Dementsprechend könnten sie auch nicht beanspruchen, an den Einnahmen aus Nutzungsrechten beteiligt zu werden.

Etwas Anderes könne zwar gelten, wenn die Urheber zugunsten der Verleger konkrete Zahlungsanweisungen getroffen oder ihre Ansprüche auf ein Entgelt gegen die GEMA an die Verleger (zumindest teilweise) abgetreten hätten. Solche besonderen Vereinbarungen zugunsten der Verleger seien aber weder typisiert erkennbar noch in dem vorliegenden Fall der klagenden Künstler feststellbar.

Das Kammergericht hat ferner die GEMA in der heutigen Entscheidung verurteilt, den Klägern Auskunft über die entsprechenden Verlegeranteile zu erteilen und darüber Rechnung zu legen. Über die Frage, ob den Künstlern aufgrund der zu erteilenden Auskünfte auch ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Entgelten zustehe, wurde heute noch nicht entschieden. Zunächst muss die Auskunft abgewartet werden, so dass nur ein Teilurteil verkündet wurde.

Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen; die Beschwerde beim Bundesgerichtshof gegen die Nichtzulassung der Revision dürfte wäre mangels Erreichen der erforderlichen Beschwerdesumme nicht zulässig sein.

Kammergericht Berlin, 24. Zivilsenat, Urteil vom 14. November 2016
Aktenzeichen 24 U 96/14
Landgericht Berlin, Urteil vom 13. Mai 2014
Aktenzeichen 16 O 75/13


LG München: Sharehoster haftet auf Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte - GEMA gegen uploaded

LG München
Urteil vom 10.08.2016
21 O 6197/14


Das LG München hat entschieden, dass ein Sharehoster auf Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte haftet, wenn dieser den erneuten upload gerügter Inhalte nicht verhindert. Vorliegend ging es um eine Klage der GEMA gegen den Sharehoster uploaded.

EuGH: Reha-Zentren müssen GEMA-Gebühren zahlen

EuGH
Urteil vom 31.05.2016
C‑117/15
Reha Training Gesellschaft für Sport- und Unfallrehabilitation mbH
gegen
Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte e. V. (GEMA)


Der EuGH hat entschieden, dass Betreiber eines Rehabilitationszentrums (Reha-Zentrum) verpflichtet ist, GEMA-Gebühren für die Verbreitung von Fernsehsendungen über Fernsehgeräte zu zahlen.

Tenor der Entscheidung:

In einer Rechtssache wie der des Ausgangsverfahrens, in der durch die Verbreitung von Fernsehsendungen über Fernsehgeräte, die der Betreiber eines Rehabilitationszentrums in seinen Räumlichkeiten installiert hat, die Urheberrechte und Leistungsschutzrechte einer Vielzahl von Betroffenen, insbesondere Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern, aber auch ausübenden Künstlern, Tonträgerherstellern und Urhebern von Sprachwerken sowie deren Verlagen, betroffen sein sollen, ist die Frage, ob ein solcher Sachverhalt eine „öffentliche Wiedergabe“ darstellt, sowohl nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft als auch nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums zu beurteilen, und zwar anhand derselben Auslegungskriterien. Ferner sind diese beiden Bestimmungen dahin auszulegen, dass eine solche Verbreitung eine „öffentliche Wiedergabe“ darstellt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Neue Regeln für Verwertungsgesellschaften - Verwertungsgesellschaftengesetz tritt am 01.06.2016 in Kraft

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) wurde heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) tritt am 1. Juni 2016 in Kraft.

Die Pressemitteilung des DPMA:

Das Verwertungsgesellschaftengesetz tritt am 1. Juni 2016 in Kraft - Neue Rechtsgrundlage für die Aufsicht über Verwertungsgesellschaften durch das DPMA

München. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) ist seit mehr als 50 Jahren die Aufsichtsbehörde über Verwertungsgesellschaften in Deutschland. Ab morgen stützt das DPMA diese Tätigkeit auf das neue "Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz - VGG)". Das Gesetz ist am 31. Mai 2016 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1190) verkündet worden. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des VGG wird das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz aus dem Jahr 1965 aufgehoben.

Cornelia Rudloff-Schäffer, Präsidentin des DPMA: "Das heute verkündete Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) erweitert unsere Aufgaben und Befugnisse, und die Verwertungsgesellschaften müssen umfassendere Informations- und Transparenzpflichten erfüllen. Wir freuen uns auch auf den künftigen Austausch mit anderen nationalen Aufsichtsbehörden, der einer der wesentlichen Bausteine der erweiterten Zusammenarbeit in Europa sein wird."

Der Bundestag hat mit dem VGG die "Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt" (VG-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. Das VGG regelt die Rechte und Pflichten der Verwertungsgesellschaften, der Rechtsinhaber (z.B. Urheber und ausübende Künstler) und der Nutzer (z.B. Sendeunternehmen) detailliert, beispielsweise bei der Mitwirkung der Wahrnehmungsberechtigten in der Verwertungsgesellschaft. Neu sind Regelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken durch Verwertungsgesellschaften.

Das DPMA als Aufsichtsbehörde des Bundes hat darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen. Von der Aufsicht umfasst sind jetzt auch weitere Organisationen - die so genannten abhängigen und unabhängigen Verwertungseinrichtungen. Mit den Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union arbeitet das DPMA künftig zusammen und tauscht Informationen aus.


Volltext BGH-Entscheidung Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen liegt vor: Keine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe

BGH
Urteil vom 18.06.2015
I ZR 14/14
Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen
UrhG § 15 Abs. 2 und 3, § 22 Satz 1, § 78 Abs. 2 Nr. 3


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxis ist keine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe im Sinne des UrhG" über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Zahnarztpraxen ist im Allgemeinen nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG anzusehen. Sie greift daher in der Regel nicht in das ausschließliche Recht der Urheber von Musikwerken oder Sprachwerken ein, Funksendungen ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 5 Fall 1, § 22 Satz 1 Fall 1 UrhG) und begründet auch keinen Anspruch der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung, soweit damit Sendungen ihrer Darbietungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 UrhG).

BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 14/14 - LG Düsseldorf - AG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Keine GEMA-Gebühren für Weiterübertragung über Gemeinschaftsantenne - Volltext der BGH-Entscheidung liegt vor

BGH
Urteil vom 17.09.2015
I ZR 228/14
Ramses
UrhG § 15 Abs. 3, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3, §§ 20, 20b Abs. 1 Satz 1, § 78
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 94 Abs. 1 Satz 1 Fall 4,
Abs. 4; UrhWG § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Keine GEMA-Gebühren für Weiterübertragung über Gemeinschaftsantenne per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch Wohnungseigentümergemeinschaft" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:


a) Überträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, handelt es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG und sind weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft begründet.

b) Die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist bei einem Streitfall nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG, an dem eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und der die Nutzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Werken oder
Leistungen betrifft, gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UrhWG keine Sachurteilsvoraussetzung nach § 16 Abs. 1 UrhWG, wenn die Frage der Anwendbarkeit und der Angemessenheit des Tarifs nicht entscheidungserheblich ist. Die Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG kommt in einem solchen Fall gleichfalls nicht in Betracht.

BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Neue Regeln für Verwertungsgesellschaften - Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten

Die Bundesregierung hat den Entwurf des "Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung" vorgelegt.

Die wesentliche Änderungen (Auszug aus dem Entwurf):

"Das UrhWahrnG wird durch ein neues Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) abgelöst, das sowohl die in Umsetzung der VG-Richtlinie erlassenen Bestimmungen als auch die Reformvorschriften hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung der Geräte- und Speichermedienvergütung enthält.

Das VGG übernimmt neben den Vorgaben der VG-Richtlinie auch die bewährten Regeln des deutschen Wahrnehmungsrechts, teils angepasst, soweit unionsrechtlich oder sonst geboten. Zugleich gestaltet das VGG das Verfahren zur Tarifaufstellung im Bereich der Geräte- und Speichermedienvergütung schneller und effizienter aus, stärkt die Effizienz der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) und sichert den gesetzlichen Anspruch auf die Geräte- und Speichermedienvergütung gegenüber den Vergütungsschuldnern.

[...]

– Die Reform übernimmt die Erlaubnispflicht für Verwertungsgesellschaften als aufsichtsrechtliche Vorabkontrolle (§§ 77 ff. VGG). Verwertungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bedürfen einer Erlaubnis nur, wenn sie bestimmte Rechte oder gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen wollen, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben (§ 77 Absatz 2 VGG).

– Abschlusszwang und Hinterlegungsrecht (§§ 34, 37 VGG) zugunsten der Nutzer werden als bewährte Instrumente des bisherigen Wahrnehmungsrechts beibehalten.

– Wie bislang sollen Verwertungsgesellschaften kulturelle und soziale Zwecke verfolgen (§ 32 VGG).

– Die Maßgaben der VG-Richtlinie werden umgesetzt. Detailliert ausgestaltet wird zum einen das Innenverhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und Rechtsinhabern, Berechtigten und Mitgliedern (§§ 9 ff. VGG), zum anderen das Außenverhältnis zu den Nutzern geschützter Werke und Leistungen (§§ 34 ff. VGG). Die §§ 59 ff. VGG enthalten besondere Regelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Onlinerechten für die Nutzung von Musik im Internet. Das Recht der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften wird in den §§ 75 ff. VGG modernisiert und an die künftige Zusammenarbeit der europäischen Aufsichtsbehörden angepasst.

– Das VGG ermöglicht die raschere Aufstellung von Tarifen für die Geräte- und Speichermedienvergütung, indem es die bisher bestehende Pflicht aufgibt, vor der Tarifaufstellung Verhandlungen über den Abschluss eines Gesamtvertrags zu führen (§ 40 Absatz 1 VGG). Gleichzeitig stellt es in § 93 VGG ein neues, selbständiges Schiedsstellenverfahren zur Ermittlung der für die Vergütung relevanten Nutzung von Geräten und Speichermedien zur Verfügung. Außerdem wird für die Schiedsstelle für Urheberrechtsstreitigkeiten beim DPMA die Möglichkeit geschaffen, eine Sicherheitsleistung für die Geräte- und Speichermedienvergütung anzuordnen (§ 107 VGG).

BGH: Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens nach § 16 Abs. 1 UrhWG auch Prozessvoraussetzung wenn die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht bestritten ist

BGH
Beschluss vom 27.08.2015
I ZR 148/14
Schiedsstellenanrufung II
UrhWG § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 16 Abs. 1


Leitsatz des BGH:

Bei Streitfällen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UrhWG, an denen eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und die die Vergütungspflicht nach § 54 oder § 54c UrhG betreffen, ist die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens nach § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann Prozessvoraussetzung, wenn die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht bestritten sind.

BGH, Beschluss vom 27. August 2015 - I ZR 148/14 - OLG München

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Keine GEMA-Gebühren für Weiterübertragung der über Gemeinschaftsantenne per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch Wohnungseigentümergemeinschaft

BGH
Urteil vom 17.09.2015
I ZR 228/14


Der BGH hat zutreffend entschieden, dass keine GEMA-Gebühren für die Weiterübertragung der über eine Gemeinschaftsantenne per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft anfallen.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur Vergütungspflicht von Gemeinschaftsantennenanlagen

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft keine Vergütung für die Weiterübertragung der über die Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer schuldet.

Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Außerdem führt die Klägerin das Inkasso für auf vergütungspflichtigen Kabelweitersendungen beruhende Ansprüche anderer Verwertungsgesellschaften durch. Diese Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr.

Die Beklagte ist die Wohnungseigentümergemeinschaft eines Wohngebäudes mit 343 Wohneinheiten. Sie betreibt in dem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne abgeleitete Sendesignal in die einzelnen Wohnungen weitergeleitet wird. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten. Sie hat die Beklagte daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat, so der Bundesgerichtshof, mit Recht angenommen, dass die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Betrieb der Kabelanlage nicht das von der Klägerin wahrgenommene ausschließliche Recht von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern zur Kabelweitersendung verletzt hat. Eine Kabelweitersendung setzt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG* voraus. Die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG). Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach setzt die Öffentlichkeit einer Wiedergabe voraus, dass einer "unbestimmten Zahl potentieller Adressaten" der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören.

Eine Wiedergabe beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf "besondere Personen", wenn sie für einen begrenzten Personenkreis vorgenommen wird. So verhält es sich hier. Die Empfänger der von der Beklagten über eine Gemeinschaftsantenne per Satellit und durch ein Kabelnetz in die Wohnungen der Wohnanlage weitergeleiteten Sendesignale sind in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage von anderen Personenkreisen abgegrenzt.

Der für den unionsrechtlichen Begriff der Öffentlichkeit maßgebliche Begriff der "privaten Gruppe" kann nicht ohne Weiteres mit dem für den nationalen Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG maßgeblichen Begriff der "persönlichen Verbundenheit" gleichgesetzt werden. Es handelt sich dabei um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, der im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen ist. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich nicht, dass eine "private Gruppe" aus wenigen Personen bestehen muss.

Bei der Beurteilung der Frage, ob im Streitfall die über eine Gemeinschaftsantenne empfangenen und durch ein Kabelnetz weitergeleiteten Sendesignale einer "privaten Gruppe" übermittelt werden, ist zu berücksichtigen, dass diese Sendesignale von einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich in die Wohnungen der dieser Gemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümer übermittelt werden. Bei einer wertenden Betrachtung unterscheiden sich der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen nicht von der Fallgestaltung, dass jeder einzelne Eigentümer für seine eigene Wohnung eine gesonderte Antenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in seiner Wohnung weiterleitet. Im zuletzt genannten Fall liegt keine Wiedergabe für eine Öffentlichkeit vor, weil die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören. Wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiterleitet, ist das daher gleichfalls als eine Wiedergabe anzusehen, die auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören. Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter.

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft keine Vergütung für die Weiterübertragung der über die Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer schuldet. Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Außerdem führt die Klägerin das Inkasso für auf vergütungspflichtigen Kabelweitersendungen beruhende Ansprüche anderer Verwertungsgesellschaften durch. Diese Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Die Beklagte ist die Wohnungseigentümergemeinschaft eines Wohngebäudes mit 343 Wohneinheiten. Sie betreibt in dem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne abgeleitete Sendesignal in die einzelnen Wohnungen weitergeleitet wird. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten. Sie hat die Beklagte daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat, so der Bundesgerichtshof, mit Recht angenommen, dass die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Betrieb der Kabelanlage nicht das von der Klägerin wahrgenommene ausschließliche Recht von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern zur Kabelweitersendung verletzt hat. Eine Kabelweitersendung setzt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG* voraus. Die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG). Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach setzt die Öffentlichkeit einer Wiedergabe voraus, dass einer "unbestimmten Zahl potentieller Adressaten" der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören. Eine Wiedergabe beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf "besondere Personen", wenn sie für einen begrenzten Personenkreis vorgenommen wird. So verhält es sich hier. Die Empfänger der von der Beklagten über eine Gemeinschaftsantenne per Satellit und durch ein Kabelnetz in die Wohnungen der Wohnanlage weitergeleiteten Sendesignale sind in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage von anderen Personenkreisen abgegrenzt. Der für den unionsrechtlichen Begriff der Öffentlichkeit maßgebliche Begriff der "privaten Gruppe" kann nicht ohne Weiteres mit dem für den nationalen Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG maßgeblichen Begriff der "persönlichen Verbundenheit" gleichgesetzt werden. Es handelt sich dabei um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, der im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen ist. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich nicht, dass eine "private Gruppe" aus wenigen Personen bestehen muss. Bei der Beurteilung der Frage, ob im Streitfall die über eine Gemeinschaftsantenne empfangenen und durch ein Kabelnetz weitergeleiteten Sendesignale einer "privaten Gruppe" übermittelt werden, ist zu berücksichtigen, dass diese Sendesignale von einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich in die Wohnungen der dieser Gemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümer übermittelt werden. Bei einer wertenden Betrachtung unterscheiden sich der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen nicht von der Fallgestaltung, dass jeder einzelne Eigentümer für seine eigene Wohnung eine gesonderte Antenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in seiner Wohnung weiterleitet. Im zuletzt genannten Fall liegt keine Wiedergabe für eine Öffentlichkeit vor, weil die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören. Wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiterleitet, ist das daher gleichfalls als eine Wiedergabe anzusehen, die auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören. Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter.

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LG München I - Urteil vom 20. Februar 2013 - 21 O 16054/12

OLG München - Urteil vom 11. September 2014 - 6 U 2619/13

Karlsruhe, den 17. September 2015

§ 15 Abs. 3 UrhG

Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

BGH: Theaterbetreiber als Veranstalter im Sinne von § 13b UrhWG auch wenn Veranstaltung nur organisatorisch und nicht inhaltlich betreut wird - Trassenfieber

BGH
Urteil vom 12.02.2015
I ZR 204/13
Trassenfieber
UrhG § 15 Abs. 2, § 19 Abs. 2, § 97; UrhWG § 13b

Leitsätze des BGH:

a) Unabhängig von der Möglichkeit der Programmgestaltung kann die Verantwortlichkeit als Veranstalter im Sinne von § 13b UrhWG für die Einholung der Einwilligung der Verwertungsgesellschaft anzunehmen sein, wenn Umfang und Gewicht der vorgenommenen Tätigkeiten die Annahme rechtfertigen, dass eine Mitwirkung an der Aufführung vorliegt.

b) Stellt ein Theaterbetreiber den Saal für die Aufführung zur Verfügung, bewirtet die Veranstaltungsbesucher, vereinnahmt die Bewirtungserlöse und wirbt für die Aufführung in seinem Veranstaltungskalender, so wirkt er als Veranstalter
an der Aufführung mit.

BGH, Versäumnisurteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 204/13 - LG Düsseldorf - AG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: