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BGH: Verletzung eines inländischen Urheberrechts durch Verhalten mit Schwerpunkt im Ausland setzt hinreichenden Inlandsbezug voraus

BGH
Urteil vom 05.12.2024
I ZR 50/24
Produktfotografien
UrhG § 15 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, § 19a


Der BGH hat entschieden, dass die Verletzung eines inländischen Urheberrechts durch Verhalten mit Schwerpunkt im Ausland einen hinreichenden Inlandsbezug voraussetzt.

Leitsatz des BGH:
Die Verletzung eines inländischen Urheberrechts durch ein Verhalten, das seinen
Schwerpunkt im Ausland hat, setzt voraus, dass das Verhalten einen hinreichenden Inlandsbezug aufweist (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. Juni 1994 - I ZR 24/92, BGHZ 126, 252 [juris Rn. 17 bis 20] - Folgerecht bei Auslandsbezug; Urteil vom 15. Februar 2007 - I ZR 114/04, BGHZ 171, 151 [juris Rn. 31] - Wagenfeld-Leuchte I).

BGH, Urteil vom 5. Dezember 2024 - I ZR 50/24 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Volltext BGH liegt vor: Birkenstock-Sandalen sind nicht als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt

BGH
Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 16/24
Birkenstocksandale
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Birkenstock-Sandalen sind nicht als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann. Die ästhetische Wirkung der Gestaltung kann einen Urheberrechtsschutz nur begründen, soweit sie auf einer künstlerischen Leistung beruht und diese zum Ausdruck bringt. Für die Gewährung urheberrechtlichen Schutzes muss eine gestalterische Freiheit bestehen, die in künstlerischer Weise ausgenutzt wird. Eine persönliche geistige Schöpfung ist ausgeschlossen, wo für eine künstlerische Gestaltung kein Raum besteht, weil die Gestaltung durch technische Erfordernisse vorgegeben ist. Mit einer künstlerischen Leistung ist nicht mehr und nicht weniger als eine schöpferische, kreative, originelle, die individuelle Persönlichkeit ihres Urhebers widerspiegelnde Leistung auf dem Gebiet der Kunst gemeint.

b) Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ist - wie für alle anderen Werkarten auch - eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz muss vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität überhaupt erkennen lässt.

c) Die Klägerseite trägt im urheberrechtlichen Verletzungsprozess die Darlegungslast für das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Sie hat daher nicht nur das betreffende Werk vorzulegen, sondern grundsätzlich auch die konkreten Gestaltungselemente darzulegen, aus denen sich der urheberrechtliche Schutz ergeben soll. Bei Gebrauchsgegenständen muss genau und deutlich dargelegt werden, inwieweit sie über ihre von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sind.

BGH, Urteil vom 20. Februar 2025 - I ZR 16/24 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Birkenstock-Sandalen sind nicht als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt

BGH
Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 16/24
Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 17/24
Urteil vom 20.02.2025 - I ZR 18/24


Der BGH hat entschieden, dass Birkenstock-Sandalen nicht als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt sind.

DIe Pressemitteilung des BGH:
Kein Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in drei Revisionsverfahren über den Urheberrechtsschutz von Birkenstock-Sandalen entschieden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Teil der Birkenstock-Gruppe. Sie vertreibt verschiedene Sandalenmodelle. Die Beklagten bieten über das Internet ebenfalls Sandalen an oder stellen Sandalen als Lizenznehmer her.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei ihren Sandalenmodellen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst. Die Angebote und Produkte der Beklagten verletzten das an ihren Sandalenmodellen bestehende Urheberrecht. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz sowie Rückruf und Vernichtung der Sandalen in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat den Klagen jeweils stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klagen dagegen abgewiesen und einen urheberrechtlichen Schutz der Sandalenmodelle der Klägerin als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG verneint.

Mit den vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revisionen der Klägerin hatten keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Ansprüche sind unbegründet, weil die Sandalenmodelle der Klägerin keine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind.

Das Oberlandesgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass Urheberrechtsschutz voraussetzt, dass ein gestalterischer Freiraum besteht und in künstlerischer Weise genutzt worden ist. Ein freies und kreatives Schaffen ist ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen. Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst ist - wie für alle anderen Werkarten auch - eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich. Für den Urheberrechtsschutz muss vielmehr ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht werden, der Individualität erkennen lässt. Wer urheberrechtlichen Schutz beansprucht, trägt die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen.

Das Oberlandesgericht hat sich mit sämtlichen Gestaltungsmerkmalen auseinandergesetzt, die nach Auffassung der Klägerin den Urheberrechtsschutz ihrer Sandalenmodelle begründen. In rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der bestehende Gestaltungsspielraum in einem Maße künstlerisch ausgeschöpft worden ist, das den Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlichen Schutz verleiht.

Vorinstanzen:

im Verfahren I ZR 16/24

LG Köln - Urteil vom 11. Mai 2023 - 14 O 39/22

OLG Köln - Urteil vom 26. Januar 2024 - 6 U 86/23

und

im Verfahren I ZR 17/24

LG Köln - Urteil vom 11. Mai 2023 - 14 O 41/22

OLG Köln - Urteil vom 26. Januar 2024 - 6 U 85/23

und

im Verfahren I ZR 18/24

LG Köln - Urteil vom 11. Mai 2023 - 14 O 121/22

OLG Köln - Urteil vom 26. Januar 2024 - 6 U 89/23

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: […]

4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; […]

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.


LG Köln: Copyright-Strike bei YouTube macht eine Abmahnung nach § 97a UrhG nicht entbehrlich was zur Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO führen kann

LG Köln
Urteil vom 22.07.2024
14 O 197/24


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Copyright-Strike bei YouTube eine Abmahnung nach § 97a UrhG nicht entbehrlich macht, was zur Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO (Sofortiges Anerkenntnis) führen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
Tenorziffer zu 1) beruht auf dem Anerkenntnis des Verfügungsbeklagten. Insoweit sind keine rechtlichen Ausführungen angezeigt, §§ 307, 313b ZPO.

Im Übrigen hat die Kosten des Rechtsstreits die Verfügungsklägerin gem. § 93 ZPO zu tragen, weil der Verfügungsbeklagte sofort anerkannt hat und keine Veranlassung für dieses einstweilige Verfügungsverfahren gegeben hat.

Es muss zunächst ein sofortiges Anerkenntnis vorliegen. Ein Anerkenntnis erfolgt grundsätzlich dann "sofort", wenn der Beklagte die erste sich bietende prozessuale Möglichkeit zum Anerkenntnis gegenüber dem Gericht und dem Gegner wahrnimmt (MüKo ZPO/Schulz, 6. Aufl., § 93, Rn. 12). So liegt der Fall hier. Der Verfügungsbeklagte hat nach Zuleitung des Verfügungsantrags fristgemäß den Verfügungsanspruch anerkannt.

Der Beklagte gibt Veranlassung zur Klage, wenn er sich vor Prozessbeginn so verhält, dass der Kläger davon ausgehen muss, er werde nur durch Klageerhebung zu seinem Recht kommen. Eine Veranlassung zur Klageerhebung in den Fällen des gewerblichen Rechtsschutzes liegt regelmäßig vor, wenn auf eine nicht entbehrliche und ordnungsgemäße Abmahnung keine ausreichende Unterwerfungserklärung erfolgt. Eine Berechtigungsanfrage oder Austausch von unterschiedlichen Rechtsansichten statt Abmahnung sind nicht ausreichend. Eine Abmahnung ist dann nicht erforderlich bzw. dem Antragsteller sogar unzumutbar, wenn zum einen die Gefahr besteht, dass der Antragsgegner aufgrund der Abmahnung eine Besichtigung des Gegenstandes durch Veränderung oder Beiseiteschaffen vereiteln würde, und/oder (2) dass die Abmahnung und die entsprechende Fristsetzung soviel Zeit in Anspruch nehmen würden, dass der Gegenstand dem Besichtigungszugriff entzogen würde; dies ist regelmäßig bei Besichtigungsansprüchen der Fall (vgl. Cepl/Voß/Rüting, 3. Aufl. 2022, ZPO § 93 Rn. 18 f., 32, jeweils mwN).

Soweit ersichtlich ist die Rechtsfrage, ob ein „M.“ bei B. einer Abmahnung gleich steht oder diese entbehrlich macht, noch nicht entschieden worden. Die Kammer ist der Ansicht, dass ein solcher „M.“ grundsätzlich nicht einer urheberrechtlichen Abmahnung im Sinne von § 97a UrhG gleichsteht und diese auch grundsätzlich nicht entbehrlich macht. Zwar mag dies in gegebenen Einzelfällen möglich sein, jedoch ist der hiesige Einzelfall jedenfalls nicht geeignet, durch den „B.-M.“ die urheberrechtliche Abmahnung obsolet zu machen. Auch die hier unstreitige Counter Notification des Verfügungsbeklagten führt nicht zur Annahme, dass der Verfügungsbeklagte hinreichend Veranlassung zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen ihn gegeben hat.

Zunächst geht die Kammer davon aus, dass eine Abmahnung vor der Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich notwendig ist, um die Kostenfolge des § 93 ZPO abzuwenden. Dies folgt zunächst aus der gesetzgeberischen Wertung des § 97a Abs. 1 UrhG, der sich nicht nur auf Hauptsacheverfahren, sondern auf „gerichtliche Verfahren auf Unterlassung“ bezieht. Zwar handelt es sich dabei um eine „Soll-Vorschrift“ und keine gesetzliche Pflicht. Jedoch ergibt sich auch aus dieser „Soll-Vorschrift“ die vom Gesetzgeber gewünschte Funktion der Abmahnung, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Davon soll nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Denn weder war vorliegend aus zeitlichen, noch aus sachlichen Gründen, ein Fall gegeben, in dem die Durchführung der Abmahnung zu einem unzumutbaren Nachteil der Verfügungsklägerin führen könnte.

Das System von „M.s“ und „Counter Notifications“ bei B., das den gesetzlichen Anforderungen etwa von § 14 UrhDaG bzw. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 UrhDaG oder Art. 16 DSA entspricht, hat einen gänzlich anderen Sinn und Zweck als das grundsätzliche Abmahnerfordernis. Deshalb ist die Beschwerdemöglichkeit von Rechteinhabern nach Ansicht der Kammer grundsätzlich nicht gleichwertig oder sogar vorrangig zu einer Abmahnung. Denn die oben genannten Normen betreffen Anforderungen an Plattformen, mit denen sie etwa im Fall des UrhDaG eine eigene urheberrechtliche Haftung für die auf ihren Diensten sich ereignenden Urheberrechtsverletzungen abwenden können. Das System dient sicherlich auch der Unterbindung von Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtsinhaber. Jedoch sind die Plattformbetreiber, hier B., kein Ersatz- oder Spezialgericht für Rechtsverletzungen im Internet. Demnach wies B. nach Eingang der Counter Notification des Verfügungsbeklagten zu Recht die Verfügungsklägerin darauf hin, dass sie binnen 10 Tagen gerichtlich gegen die öffentliche Zugänglichmachung vorzugehen hat. Denn die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, bleibt den Gerichten, konkret den spezialisierten Spruchkörpern wie der hiesigen Kammer vorbehalten. Dann wiederum ist eine Abmahnung nach § 97a Abs. 1 UrhG aber der Regelfall. Die von B. gewährten 10 Tage genügen auch ohne Weiteres für eine Abmahnung mit einer angemessenen Frist und danach der Einreichung eines Verfügungsantrags. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der vorliegende Sachverhalt keine maßgeblichen Schwierigkeiten tatsächlicher Art aufweist, vielmehr die Rechtsverletzung maßgeblich durch Vergleich der streitgegenständlichen Videos rechtlich bewertet werden kann.

Das Beschwerdeverfahren von Online-Plattformen steht auch deshalb nicht der Abmahnung gleich, weil die „M.s“ nicht darauf gerichtet sind, dass die Plattformnutzer (hier der Verfügungsbeklagte) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem „M.er“ abgeben. Damit wird der Plattformnutzer und vermeintliche Urheberrechtsverletzer aber auch nicht in eine Situation versetzt, in der er ohne weitere rechtliche Hilfe die rechtlich gebotene Handlung zur Abwendung eines gerichtlichen Verfahrens vornehmen kann. Dies umso mehr, wenn wie hier, eine natürliche Person in Anspruch genommen wird.

Auch zu beachten ist, dass die Sperrung von Inhalten durch Plattformen regelmäßig grenzüberschreitend wirkt, sich die Rechtslage in den verschiedenen Staaten jedoch unterscheidet. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der in Deutschland notwendigen Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Abwendung der Wiederholungsgefahr, die es so in anderen Rechtssystemen nicht gibt. Wenn nun also nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens bei einer Plattform der Rechtsweg beschritten werden soll, dient die Abmahnung dem Abgemahnten auch zur Aufklärung darüber, nach welchen Gesetzen und vor welchen staatlichen Gerichten ein Verfahren stattfinden soll. Dies zeigt gerade der hiesige Fall, bei dem es um Videos in albanischer Sprache mit Vorgängen in Q. geht, der aber vor einem deutschen Gericht ausgetragen werden soll. Gerade im Urheberrecht stellen sich angesichts des Standes der Harmonisierung teils schwierige Fragen der Anwendung des Rechts in verschiedenen Mitgliedsstaaten; dies gilt erst recht für die Rechtslage außerhalb der EU. Hinzu kommt die Problematik bei der Bewertung von Schrankenregelungen, die wie hier Grundrechte der Verfahrensbeteiligten, etwa das Recht der freien Meinungsäußerung und/oder der Pressefreiheit tangieren.

Im konkreten Fall ist sodann zu beachten, dass die Verfügungsklägerin nicht den konkreten Wortlaut des „B. M.s“ vorlegt, sondern nur das grundsätzliche Vorgehen der Verfügungsklägerin beim „M.“ glaubhaft macht. Vor diesem Hintergrund mag zwar der Streitgegenstand hinreichend konkretisiert sein, die oben dargestellte notwendige Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lässt sich hieraus aber nicht entnehmen. Demnach kommt der Counter Notification auch keine gleiche Wirkung zu wie der ausdrücklichen Zurückweisung von Unterlassungsansprüchen nach einer Abmahnung. Hierin ist insbesondere keine eindeutige Zurückweisung von Ansprüchen nach deutschem Urheberrecht verbunden, die eine sofortige gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nahelegt. Vielmehr eröffnet eine Abmahnung, insbesondere auch durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, eine weitere Eskalationstufe, auf die der Abgemahnte ggf. anders reagiert als auf die bloße Beschwerde über eine Plattform. Letztere steht eher dem Austausch von divergierenden Rechtsansichten gleich, die noch keine Veranlassung zur Klageerhebung gibt (so zum Markenrecht: OLG P. GRUR 2006, 616).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Der Unterlassungsstreitwert für die Verwendung von Laufbildern kann sich je nach Art des in Rede stehenden Schutzgegenstandes im Bereich von 10.000,00 EUR bis 50.000,00 EUR oder sogar höher belaufen. Dabei ist - wie auch etwa bei Lichtbildern - eine wertende Betrachtung geboten, ob es sich bei den Laufbildern um hochwertige, aufwändig hergestellte und ggf. mit besonderer Schöpfungshöhe ausgestattete Werken handelt, was zur Annahme eines hohen Unterlassungsstreitwerts führen kann. Vorliegend erkennt die Kammer aber eher einfache Laufbilder, die nicht besonders aufwändig produziert worden sind und eine Aufbereitung von Archivmaterial darstellen. Deshalb ist der Ansatz von 15.000,00 EUR im vorliegenden Fall angemessen und ausreichend.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Köln: Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung sind auf unberechtigte Copyright-Strikes auf Streamingplattformen übertragbar

LG Köln
Urteil vom 09.01.2025
14 O 387/24


Das LG Köln hat entschieden, dass die Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf unberechtigte Copyright-Strikes auf Streamingplattformen übertragbar sind.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Verfügungskläger hat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verfügungsbeklagten in der Widerspruchsbegründung hinreichend glaubhaft gemacht, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Auch im Übrigen stehen der Bestätigung der einstweiligen Verfügung keine Umstände entgegen. Der auf Antrag des Verfügungsklägers ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde. Der Verbots- bzw. Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 S. 1 BGB analog, die Androhung der Ordnungsmittel aus § 890 ZPO.

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Köln gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Wie bereits in der Beschlussverfügung ausgeführt, liegt der Erfolgsort der hier gegenständlichen unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO in Form der unberechtigten Rechteberühmung durch die Verfügungsbeklagte gegenüber U. angesichts der damit bezweckten weltweiten Sperrung des online verfügbaren Musikstücks an jedem Ort, an dem das Musikstück ohne die Sperrung hätte abgespielt werden können. Demnach liegt der Erfolgsort der gerügten Rechteberühmung auch im hiesigen Gerichtsbezirk.

Die dagegen erhobenen Einwände mit Blick auf die allgemeinen Gerichtsstände der Verfügungsbeklagten bzw. des Unternehmens, das den Dienst U. verantwortet, greifen nicht durch. Dem Verfügungskläger steht gemäß § 35 ZPO das Recht zu, den besonderen Gerichtsstand aus § 32 ZPO zu wählen.

Im Übrigen ist der Unterlassungsantrag – wie bereits in der Beschlussverfügung ausgeführt und von der Verfügungsbeklagten nicht in Zweifel gezogen – hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das begehrte abstrakte Verbot der Rechteberühmung an dem konkret genannten Musikstück „I.“ mit einer „insbesondere“-Verknüpfung für die konkrete Verletzungsform des „Copyright-Strikes“ bei U. ist hinreichend klar abgegrenzt und lässt keine Zweifel an der Reichweite der Unterlassungspflicht.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

1. Es besteht ein Verfügungsanspruch. Dieser folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB. Die Kammer hat auch nach der Widerspruchsbegründung und der mündlichen Verhandlung keine Zweifel daran, dass die Verfügungsbeklagte in das Recht des Verfügungsklägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in rechtswidriger Weise eingegriffen hat.

Die Kammer hat dazu in der Beschlussverfügung vom 18.11.2024 wie folgt ausgeführt:

„a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition des Gewerbetreibenden darstellen kann, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGH Beschluss vom 15. 7. 2005 - GSZ 1/04NJW 2005, 3141 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).

Nun liegt dieser Fall hier zwar mit Blick auf die beteiligten Personen anders, jedoch sind die obigen Erwägungen auch auf die hier erfolgte unberechtigte Rechteberühmung gegenüber einem Verwertungskanal des tatsächlich berechtigten Urhebers bzw. Leistungsschutzrechtsinhabers übertragbar. Denn durch den Aufstieg der Internetplattformen, die überdies regelmäßig die Anforderungen des UrhDaG erfüllen müssen, ist die Rechtebeschwerde gegenüber der Plattform, hier U., funktional mit einer Schutzrechtsverwarnung gegenüber Abnehmern vergleichbar. Die Kammer beobachtet insoweit auch, dass „Copyright-Strikes“ zum Teil alleine ohne flankierende Abmahnung vorgenommen werden (vgl. zu diesem Themenkreis das Urteil der Kammer vom 22.7.2024 – 14 O 197/24, ZUM 2024, 757). Faktisch verschiebt sich damit der Fokus der Auseinandersetzungen bei Rechteberühmungen weg von den oben bereits angesprochenen hergekommenen rechtsförmlichen außergerichtlichen Schreiben (z.B. Berechtigungsanfragen und Abmahnungen) hin zur Nutzung der Beschwerdeverfahren der Plattformen. Diese „Strikes“ – seien sie bei U. oder RU. oder anderen Plattformen – zeigen oft unmittelbare Wirkung wie im vorliegenden Fall. Zur Abwendung einer eigenen Haftung der Plattform durch die Regeln des UrhDaG (siehe insbesondere § 1 Abs. 1 und 2 UrhDaG) werden dabei regelmäßig vorsorglich Inhalte blockiert. Diese „Copyright-Strikes“ sind deshalb noch erheblich effektiver als eine bloße Schutzrechtsverwarnung, weil sie durch die zu erwartende Sperrreaktion des Plattformbetreibers unmittelbar und ohne ein notwendiges Zutun der zu Unrecht abgemahnten Person Wirkungen entfalten. Demnach ist in einer unberechtigten, pauschalen und nicht nachvollziehbar begründeten Urheberrechtsbeschwerde gegenüber einer Online-Plattform erst recht ein Verstoß in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Urheber, Rechteinhaber bzw. Content-Creator anzunehmen.

b) Die Antragsgegnerin hat mit ihrer aus Anlagen ASt 7 und 8 zur Akte gereichten Beschwerde gegenüber U. durch ihren Mitarbeiter X. V. eine solche unberechtigte und pauschale Urheberrechtsbeschwerde eingereicht.

Die Antragsgegnerin verfügt nach der Glaubhaftmachung des Antragstellers (Anlage ASt 5) sowie nach dem gerichtsbekannten Sachverhalt zur Beendigung früherer Rechtsbeziehungen der Parteien zueinander über keine Rechte an dem hier gegenständlichen Musikstück „I.“.

Dabei hat der Antragsteller zunächst glaubhaft gemacht, dass das Lied „I.“ im November 2023 geschaffen und aufgenommen worden ist. Die Antragsgegnerin war dabei auch jedenfalls nicht als Tonträgerherstellerin beteiligt.

Die Kammer nimmt im Übrigen Bezug auf ihre eigenen Ausführungen im Urteil im vorangegangenen Verfahren der Parteien vor der Kammer zum Aktenzeichen 14 O 354/23 sowie das dazugehörige Berufungsurteil des OLG Köln zum Aktenzeichen 6 U 167/23. Eine Wiederholung ist nicht geboten. Aus den Urteilen ergibt sich, dass das frühere Vertragsverhältnis Ende des Jahres 2022 durch wirksame außerordentliche Kündigung des Antragstellers beendet worden ist. Bei dieser Wertung bliebt die Kammer. Der Antragsgegnerin stehen deshalb jedenfalls für die hier gegenständlichen neuen Werke bzw. Darbietungen des Antragstellers keine Rechte zu.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der direkten zeitlichen Nähe der Urheberrechtsbeschwerde zur Erstveröffentlichung liegt eine Handlung mit Schädigungsabsicht vor. Wie der Antragsteller nachvollziehbar darstellt, wurden durch die Sperre bei U. die ersten Tage der wichtigen ersten Auswertungsphase des neuveröffentlichten Musikstücks behindert. Demnach dürften neben dem oben bereits bejahten Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB auch die Verwirklichung von § 826 BGB anzunehmen sein, was hier jedoch nicht vertieft werden muss.“

An diesen Ausführungen hält die Kammer weiterhin fest. Die Verfügungsbeklagte wendet gegen diese rechtlichen Ausführungen im Kern nichts ein, sodass es keiner Ergänzungen bedarf.

Soweit die Verfügungsbeklagte der Ansicht ist, dass die Kündigungen des Verfügungsklägers betreffend den Künstlerexklusivvertrag zwischen den Parteien unwirksam sind und das entsprechende Vertragsverhältnis nicht beendet ist, so tritt die Kammer dieser Rechtsansicht der Verfügungsbeklagten weiterhin und nach erneuter Prüfung nicht bei. Folglich ist die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Parteien zueinander, wie sie im Vorprozess vor der Kammer ausführlich behandelt worden sind, auch weiterhin als wirksam anzusehen, sodass der Kläger jedenfalls in der Zeit seit seiner wirksamen Kündigung frei neue Musik schaffen und verwerten (lassen) kann. So liegt der Fall hier. Dass das von dem „copyright claim“ bei U. betroffene Musikstück „I.“ in der Zeit nach den Kündigungserklärungen des Verfügungsklägers geschaffen worden ist, bestreitet die Verfügungsbeklagte nicht.

Die Passivlegitimation, die die Verfügungsbeklagte in ihrem Widerspruch von sich weist, liegt nach Ansicht der Kammer vor. Unmittelbare Täterin für die unberechtigte Urheberrechtsbeschwerde gegenüber U. ist ausweislich der zur Akte gereichten Informationen über den Einreicher der Beschwerde die Firma der Verfügungsbeklagten. Dass hier ergänzend der Name des Mitarbeiters angegeben ist, ändert daran nach Ansicht der Kammer nichts, weil die Beklagte als juristische Person zwingenderweise durch natürliche Personen handeln muss. Dabei hat der namentlich genannte Mitarbeiter auch ersichtlich im üblichen Interessenkreis der gewerblich handelnden Verfügungsbeklagten gehandelt. Ob dies – wie in der mündlichen Verhandlung nur am Rande behauptet und nicht im Protokoll festgehalten – ohne Absprache mit dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten erfolgt ist, ist im Ergebnis unerheblich, weil die Verfügungsbeklagte als arbeitsteilig organisierte GmbH nicht nur für Verhalten ihrer Organe haftet. Soweit man hier gleichwohl auf § 831 BGB als Zurechnungsnorm zurückgreifen müsste, wäre hier jedenfalls nichts zur Exkulpation vorgetragen, sodass sich auch insoweit nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand eine Haftung der Verfügungsbeklagten ergibt.

Der Verfügungskläger hätte sich auch nicht primär (gerichtlich) an U. wenden müssen. Denn der deliktische Vorwurf einer unberechtigten Urheberrechtsbeschwerde trifft allein die Verfügungsbeklagte. Nichts anderes wird durch Antrag und Begehren des Verfügungsklägers abgebildet.

Die Aktivlegitimation des Verfügungsklägers für allgemein deliktische Anspruchsgrundlagen folgt schon aus der Betroffenheit in seinen eigenen Rechtsgütern, hier primär seines eigenen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als professioneller Musiker. Außerdem ist seine hier nicht streitentscheidende urheberrechtliche Position, zumindest als einer der Ausübenden Künstler, in Anlage AST5 glaubhaft gemacht und nicht bestritten. Ob der Verfügungskläger anderweitig über seine Verwertungsrechte verfügt hat, ist für die hier gegenständliche Anspruchsgrundlage aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB unerheblich. Denn es liegt auf der Hand, dass der Verfügungskläger durch eine beeinträchtigte Erstverwertung des gegenständlichen Titels zumindest mittelbar in seinen Beteiligungsansprüchen negativ beeinflusst worden ist.

Das Verhalten der Verfügungsbeklagten ist rechtswidrig. Es ist durch keinen rechtlich triftigen Grund gerechtfertigt.

Die Wiederholungsgefahr für die erfolgte konkrete Verletzung ist indiziert und nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt worden. Die Abgabe einer solchen Erklärung hat die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich abgelehnt. Wie bereits in der Beschlussverfügung ergänzend ausgeführt, besteht auch für das begehrte abstrakte Verbot auch eine weitergehende Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr. Es ist unstreitig geblieben, dass eine Urheberrechtsbeschwerde mit folgender Sperre auch bei dem Musikstreamingdienst von T. erfolgt ist. Insoweit ist es nicht fernliegend, dass die Verfügungsbeklagte bei anderen neueren Titeln des Verfügungsklägers und/oder anderen Plattformen entsprechende Urheberrechtsbeschwerden einreichen könnte, wenn sie insoweit nicht zur Unterlassung verpflichtet wird. Der als konkrete Verletzungsform in Bezug genommene Vorgang bei U. ist dabei durch die „insbesondere“-Verknüpfung eine beispielhafte Ausprägung des tenorieren Verbots, auf das sich die Unterlassungspflicht jedoch nicht beschränkt. Nach den obigen Ausführungen besteht keinerlei Berechtigung der Verfügungsbeklagten – jedenfalls – an Musikstücken des Verfügungsklägers aus der Zeit nach der wirksamen Kündigung, sodass unter das abstrakt formulierte Verbot keine erlaubten Handlungsweisen fallen.

2. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Der Verfügungskläger hat dabei die Sache zunächst hinreichend dringlich betrieben. Angesichts der in Urheberrechtsstreitsachen – eine solche liegt auch hier vor (vgl. Wortlaut des § 104 Abs. 1 S. 1 UrhG) – bestehenden Interessenlage, ist der Verfügungsgrund bei zügiger Behandlung regelmäßig zu bejahen. Der Verfügungskläger hat das Verfahren zügig betrieben, insbesondere innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung von der konkreten Rechteberühmung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht. Insoweit hat der Verfügungskläger – unbestritten – glaubhaft gemacht, erstmals am 17.10.2024 Kenntnis von der Person erhalten zu haben, die den „Copyright-Strike“ bei U. eingereicht hat (siehe Anlagen ASt 5, 7 und 8). Dass der Verfügungskläger zuvor angesichts der gerichtsbekannten Vorgeschichte entsprechende Vermutungen angestellt hat, genügt nicht dafür, eine frühere Kenntnis vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt anzunehmen. Denn dafür ist die Frage der Passivlegitimation und der Person des deliktisch Handelnden unabdingbar.

Es ist auch im Wege der Interessenabwägung im Einzelfall notwendig, zukünftige gleichartige Rechteberühmungen und „Strikes“ der Verfügungsbeklagten bei Internetplattformen einstweilig zu unterbinden. Das Interesse des Verfügungsklägers an einer ungestörten Werkauswertung überwiegt insoweit die aus dem Sach- und Streitstand ersichtlichen Interessen der Verfügungsbeklagten. Dem Verfügungskläger ist es nicht zumutbar auf das zeitlich erheblich länger dauernde Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, weil die Verfügungsbeklagte trotz der deutlichen rechtlichen Ausführungen der hiesigen Kammer als auch des Berufungssenats wiederholt eine Feststellungsklage zur Klärung der Wirksamkeit der Kündigung ankündigt und sich insgesamt als berechtigte Rechteinhaberin für das musikalische Schaffen des Verfügungsklägers ansieht. Die Kammer geht – wie bereits in der Beschlussverfügung zum Verfügungsgrund ausgeführt – davon aus, dass die Verfügungsbeklagte die fehlende Begründungsnotwendigkeit bei der Beschwerde gegenüber U. dazu genutzt hat, um die ersten Tage der Auswertung des neuen Musikstücks u.a. des Verfügungsklägers zu behindern. Auch erfolgte keine Reaktion auf die Abmahnung des Verfügungsklägers, was den obigen Befund noch bekräftigt. Die darin und auch in dem Prozessverhalten während des Widerspruchsverfahrens zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber Gerichtsentscheidungen u.a. der hiesigen Kammer und die Bereitschaft den Verfügungskläger und dessen Mitmusiker zu schädigen, lassen keinen Grund erkennen, der in einer wertenden Interessenabwägung für die Verfügungsbeklagte Gewicht entfalten kann.

III. Die durch §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vorgesehene Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Verfügung beim Verfügungskläger ist durch die Zustellung der Beschlussverfügung am 21.11.2024 gewahrt. Zustellungsmängel werden nicht gerügt.

IV. Auch war die Beschlussverfügung nicht wegen eines Gehörsverstoßes der Kammer aufzuheben. Es genügt, wenn der Gegenseite vorprozessual ermöglicht wird, sich zu einer vorgeworfenen Rechtsverletzung zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass entsprechende Äußerungen dem Gericht vollständig vorliegen. Die Verfügungsbeklagte hatte nach der Abmahnung des Verfügungsklägers Kenntnis von der ihr vorgeworfenen Rechtsverletzung und reagierte hierauf nicht. Unter diesen Umständen konnte die Kammer von einer Anhörung der Verfügungsbeklagten vor Erlass der Beschlussverfügung absehen.

Im Übrigen würde sich ein etwaiger Gehörsverstoß angesichts der nunmehr durchgeführten mündlichen Verhandlung und der damit einhergehenden umfassenden Möglichkeit zur Stellungnahme nicht mehr auf dieses Urteil auswirken.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie
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AG München: Keine materiell-rechtliche Verletzung des deutschen Urheberrechts durch Nutzung eines Fotos auf rein spanischsprachiger Website

AG München
Urteil vom 23.08.2024
161 C 12981/24


Das AG München hat entschieden, dass keine materiell-rechtliche Verletzung des deutschen Urheberrechts durch Nutzung eines Fotos auf einer rein spanischsprachigen Website vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichts gegeben. Das Amtsgericht München ist für eine Entscheidung über denjenigen Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verursacht wurde. Die internationale Zuständigkeit folgt aus Art. 7 Nr. 2 der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012 (Brüssel Ia-VO; EuGVVO). Hiernach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der EuGH wendet dabei die klägerfreundliche Ubiquitätstheorie an, die sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort zum Tatort erklärt. Fallen Handlungs- und Erfolgsort auseinander, steht dem Kläger ein Wahlrecht zu (BeckOK IT-Reht/Rühl, Stand 01.10.2023, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Rn. 9).

Die Klägerin verfolgt hier Ansprüche am Erfolgsort. Im Rahmen einer deliktischen Haftung wegen der Veröffentlichung von Fotografien im Internet unter Verletzung von Urheberrechten bestimmt sich der Erfolgsort nach zwei Gesichtspunkten. Erstens muss das betroffene Recht in dem Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts überhaupt geschützt sein (EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 Rn. 29; EuGH, Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 Rn. 32, 33). Zweitens muss die Internetseite, über die die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, im Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts zugänglich sein. Dabei ist unerheblich, ob die Inhalte der Seite sich auch bestimmungsgemäß an ein Publikum im Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts richten (EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 Rn 31-34; EuGH, Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 Rn. 42, 47; so auch der BGH für § 32 ZPO: BGH, Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 43/14 – An Evening with Marlene Dietrich, Rn. 18) (AG Köln, Urteil vom 13.04.2021 – 125 C 319/18, GRUR-RS 2021, 9276).

Die von der Klägerin geltend gemachten Rechte sind in Deutschland und damit auch im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts München geschützt. Weiterhin war der Internetauftritt der Beklagten in Deutschland und im Gerichtsbezirk M. abrufbar, wobei es insoweit auch nicht darauf ankommt, ob sich dieser bestimmungsgemäß an Personen in Deutschland richtete.

Die Klägerin hat zwar auch vorgetragen, dass der Handlungsort der Beklagten in Deutschland sei, da die Beklagte die Erlaubnis zur Werknutzung in Deutschland hätte einholen müssen bzw. diese in Deutschland erteilt worden wäre. Dieser Vortrag führt aber nicht dazu, dass der Handlungsort der Rechtsverletzung i.S.d. § 19 a UrhG, für welche der Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, in Deutschland ist. Denn hierbei ist auf den Ort abzustellen, an dem der rechtswidrige Inhalt hochgeladen wird (EuGH, Urt. v. 22.1.2015 – C-441/13, GRUR 2015, 296, BeckOK IT-Reht/Rühl, Stand 01.10.2023, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Rn. 12) und nicht auf den Ort an dem eine vorherige Erlaubnis zur Nutzung zuvor hätte eingeholt werden müssen. Dies ist infolge des Wahlrechts der Klägerin aber hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage unschädlich.

II. Die Klage ist unbegründet. Zwar ist das deutsche Recht im vorliegenden Fall anwendbar, allerdings steht der Klägerin der Schadensersatzanspruch mangels Vorliegens einer materiell-rechtlichen Verletzung deutschen Urheberrechts nicht zu.

1. Vorliegend ist deutsches Recht anwendbar. Dies folgt aus dem Territorialitätsprinzip. Danach gilt jedes Urheberrecht nur auf dem Territorium desjenigen Staates, der es erlassen hat (Peukert, 19. Aufl. 2023, Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, § 49 Rn. 23, 24).

Urhebern stehen keine einheitlichen Schutzrechte zu, die einem einzigen Statut unterliegen, sondern sie verfügen über ein Bündel nationaler Schutzrechte (BGH GRUR 2007, 691, 691 – Staatsgeschenk). Demnach sind bei einer grenzüberschreitenden Rechtsverletzung, entsprechend einer Mosaikbetrachtung, alle betroffenen Rechtsordnungen anzuwenden, allerdings jede nur für das jeweilige Territorium (Katzenberger/Metzger, in: Schricker/Loewenheim, 5. Aufl. 2017, Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 143). Das Territorialitätsprinzip verweist wiederum auf das Schutzlandprinzip. Danach ist auf alle Fragen, die das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte betreffen, das Urheberrecht des Staates anzuwenden, für den Schutz beansprucht wird (lex loci protectionis; BGH GRUR Int 2003, 470, 471). Beruft sich der Kläger vor einem deutschen Gericht nur auf das UrhG, folgt daraus zugleich, dass Schutz nur für das Inland geltend gemacht wird (BGH ZUM 2014, 517, 518; BGH GRUR 2010, 628, 629) (LG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019 – 12 O 48/18, GRUR-RS 2019, 60596).

2. Der Klägerin steht allerdings kein Anspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu.

a) Ein inländisches Urheberrecht kann grundsätzlich nur durch eine zumindest teilweise im Inland begangene Handlung verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – I ZR 42/04 – Staatsgeschenk, Rn. 31, juris, m.w.N.). Daher wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum hinsichtlich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung mehrheitlich darauf abgestellt, in welchen Ländern ein Angebot bestimmungsgemäß abrufbar ist, an welche inländischen Internet-Nutzer sich ein Angebot also gezielt richtet; als Kriterien werden hierbei die Sprache des Angebots sowie ggf. Zahlungs- und Versandmodalitäten herangezogen (BeckOK UrhR, UrhG Kollisionsrecht und internationale Zuständigkeit, Rn. 26, beck-online).

Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der auf der einen Seite zu berücksichtigen ist, wie groß die Auswirkungen der Nutzungshandlung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Schutzrechtsinhabers sind. Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat oder ob die Beklagte vielmehr zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert und die Beeinträchtigung des Schutzrechtsinhabers dadurch nicht nur unwesentlich ist (LG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019 – 12 O 48/18, GRUR-RS 2019, 60596; BGH, Urteil vom 8.3.2012 – I ZR 75/10, GRUR 2012, 621, Schricker/Loewenheim/Katzenberger/Metzger, 6. Auflage 2020, UrhG Vor §§ 120 ff Rn. 146).

Bei Anwendung dieser Kriterien liegt kein ausreichender Inlandsbezug vor. Die Websites „…“ sowie „…“ sowie die Beiträge auf I. und F. sind ausschließlich auf Spanisch verfasst. Die Beklagte ist lediglich in Spanien tätig und die Mitarbeiter der Beklagten können kein Deutsch. Sie wenden sich nicht an deutsche Kunden und die Beklagte hat keine Kunden in Deutschland. Insofern richten sich die Websites bzw. die Einträge auf F. und I. nicht an Personen im Inland. Hieran ändert auch die Verwendung der Top-Level Domain der Website „…“ nichts, da ansonsten kein weiteres Indiz auf das Inland verweist. Sofern die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.08.2024 nunmehr ausführt, die Sprache auf F. sei in aller Regel die Sprache des Benutzers, also in Deutschland deutsch, so dass Personen die in Spanien etwas auf spanisch posten würden, zumindest billigend in Kauf nehmen würden, dass der Post im Ausland in die jeweilige Landessprache übersetzt wird, vermag auch dies nach Auffassung des Gerichts – selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrags – nichts am mangelnden Inlandsbezug zu verändern. Denn selbst bei Zugrundelegung dieser Tatsache handelt es sich letztlich nur um eine technisch unvermeidbare Begleiterscheinung, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat. Im Übrigen würde eine Bejahung des Inlandsbezugs infolge dieser Tatsache letztlich wiederum dazu führen, dass infolge der weltweiten Abrufbarkeit des Beitrags auf F. , nur der Inhaber weltweiter Nutzungsrechte F. insoweit ohne Risiko nutzen könnte. Dies hätte für den jeweiligen Nutzer kaum vorhersehbare und mitunter unangemessene Folgen. Gerade um dies zu vermeiden, verlangt die Rechtsprechung und die überwiegende Literatur mehrheitlich einen hinreichenden Inlandsbezug. Dieses Erfordernis würde aber gerade unterlaufen werden, würde man eine automatische Übersetzung durch etwaige Internetportale in die jeweilige Benutzersprache des Benutzers der Plattform ausreichen lassen, um diesen zu bejahen.

3. Auch der Vortrag der Klägerin, dass deutsches Urheberrecht zur Anwendung komme, da die Beklagte mangels Einholung einer Erlaubnis zur Verwendung der Bilder die Schadensursache in Deutschland gesetzt habe, verfängt nicht. Zöge man dies als Kriterium für den Inlandsbezug heran, würde dessen Zweck, dem Recht des jeweiligen Landes nur solche Urheberrechtsverletzungshandlungen zu unterwerfen, die einen Bezug zu ebendiesem Land aufweisen, wiederum verfehlt. Eine derartige Herleitung des Inlandsbezugs würde letztlich dazu führen, dass bei einer Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung immer in dem Land, in dem der Rechteinhaber seinen Sitz hat, eine Verletzung des Urheberrechts in Betracht kommen würde. Dann müsste der jeweilige Verwerter bzw. Nutzer eines urheberrechtlich geschützten Werks wiederum jeweils vor einer Nutzung den Sitz des Rechteinhabers und die dort geltenden Urheberrechtsbestimmungen recherchieren, was zu einer immensen Rechtsunsicherheit führen würde. Auch würde dies dazu führen, dass durch die Verlegung des Sitzes der jeweiligen Urheber, diese die Geltung der jeweiligen Urheberrechte herbeiführen könnten.

4. Mangels materiell-rechtlicher Verletzung des deutschen Urheberrechts stehen dem Kläger auch die mit den weiteren Klageanträgen geltend gemachten Ansprüche – jedenfalls vor dem angerufenen Gericht – nicht zu.

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BGH: Recht auf Anerkennung der Urheberschaft nach § 13 Satz 1 UrhG schützt auch vor Bestreiten oder Anmaßung der Urheberschaft allein gegenüber dem Urheber

BGH
Urteil vom 27.06.2024
I ZR 102/23
Der verratene Himmel
UrhG § 13 Satz 1; ZPO § 308 Abs. 1 Satz 1, § 557 Abs. 1


a) Das durch § 13 Satz 1 UrhG geschützte Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft wird auch dann beeinträchtigt, wenn das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft lediglich gegenüber dem Urheber selbst zum Ausdruck gebracht wird.

b) Änderungen des Klageantrags sind im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht möglich (§ 557 Abs. 1 ZPO). Eine aus Gründen der Prozessökonomie ausnahmsweise auch in der Revisionsinstanz in Betracht kommende abschließende Entscheidung über eine Änderung, die nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt, setzt voraus, dass auf der Grundlage des festgestellten und unstreitigen Sachverhalts ohne Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Gegners eine abschließende Entscheidung möglich und sachdienlich ist.

BGH, Urteil vom 27. Juni - 2024 - I ZR 102/23 - OLG Bremen LG Bremen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Celle: Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an anderweitiger Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers an der Erhaltung regelmäßig vor

OLG Celle
Urteil vom 27.02.2024
13 U 57/23


Das OLG Celle hat entschieden, dass bei Werken der Baukunst die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers an der Erhaltung des Werkes regelmäßig vorgehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Es besteht auch ein Verfügungsanspruch. Die Kläger haben derzeit einen Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1, § 14 UrhG.

1. Die in Rede stehende Brunnenanlage ("Wasserspiegel") ist als Teil der von Prof. Lange geschaffenen Platzgestaltung urheberrechtlich geschützt. Die Platzgestaltung ist ein Werk der bildenden Kunst i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Sie weist in der Gesamtschau - insbesondere im Hinblick auf die Brunnenanlage - die für urheberrechtlich geschützte Werke erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) auf. Dies ist nicht zweifelhaft und steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

2. Die Kläger sind als Erben Gesamtrechtsnachfolger von Prof. Lange (§ 1922 BGB) und daher auch Inhaber von dessen urheberrechtlichen Ansprüchen geworden.

3. Der Schutzbereich von § 14 UrhG ist betroffen. Die Entfernung des Brunnens als ein wesentliches Element des Entwurfs von Prof. Lange stellt eine Beeinträchtigung seines Werkes "Platzgestaltung" dar.

Auch wenn man - wie das Landgericht - isoliert nur auf den Brunnen abstellte, wäre dies der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst § 14 UrhG auch die Vernichtung des Werks (BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212, Rn. 31). Das Urheberpersönlichkeitsrecht kann durch die Vernichtung eines Werks in besonderer Weise betroffen sein, weil die Vernichtung das Fortwirken des Werks (als Ausdruck der Persönlichkeit seines Schöpfers) vereiteln oder erschweren kann. Durch die Vernichtung wird das geistige Band zwischen dem Urheber und seinem Werk durchschnitten (BGH, aaO Rn. 33).

4. Für das Interesse des Urhebers an dem Erhalt seines Werks streitet die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Kunstfreiheit. Demgegenüber ist das Grundstückseigentum der Beklagten an dem Platz Gegenstand und Grundlage kommunaler Betätigung und genießt somit den verfassungsrechtlichen Schutz der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212, Rn. 34 f.)

5. Es ist somit eine umfassende Abwägung zwischen dem Erhaltungsinteresse der Kläger als Rechtsnachfolger des Urhebers und dem Interesse der Beklagten an einer Umgestaltung ihres Platzes vorzunehmen.

Hierbei überwiegt zum derzeitigen Zeitpunkt das Interesse der Kläger an dem Erhalt des Brunnens.

a) Bei der Prüfung, ob die Beeinträchtigung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks nach den folgenden, durch den Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212):

Bei der Interessenabwägung ist auf Seiten des Urhebers zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werks handelte oder ob von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke existieren. Ferner ist zu berücksichtigen, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient (aaO, Rn. 39).

Auf Seiten des Eigentümers können, wenn ein Bauwerk oder Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein. Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt (aaO, Rn. 40).

Im Rahmen der Interessenabwägung kann sich auswirken, ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen oder - wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Werks nicht möglich ist - Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen (aaO, Rn. 41).

b) Nach dieser Maßgabe überwiegt derzeit im Ergebnis das Erhaltungsinteresse der Kläger.

aa) Auf Seiten der Kläger ist zu berücksichtigen, dass die in Rede stehende Platzgestaltung eine vergleichsweise hohe Gestaltungshöhe aufweist und durch die Entfernung des Brunnens ihr wesentliches Element verlieren würde.

(1) Die Platzgestaltung weist eine - bezogen auf die Aufgabenstellung - vergleichsweise hohe Gestaltungshöhe auf. Die Relativierung durch das Landgericht überzeugt nicht. Insbesondere die Brunnenanlage trägt zu der besonderen Gestaltungshöhe bei, sie weist eine hohe Originalität auf. Die strenge, monumentale Geometrie der kreisrunden Brunneneinfassung wird "gestört" durch einen asymmetrisch kreuzenden Steg und geheimnisvoll wirkende, teilweise bepflanzte "Ruinen-Elemente", die die Phantasie des Betrachters dazu anregt, sich über die mögliche Funktion und Bedeutung Gedanken zu machen. Die Spiegelungen der geometrischen Naturstein-Elemente und der Bepflanzung in der Wasserfläche verstärken diesen Eindruck. Es ist verfehlt und verkennt die künstlerische Gestaltung, wenn das Landgericht darauf abstellt, dass ein Wasserspiegel ein nicht selten anzutreffendes Grundelement sei. Es ist künstlerischem Schaffen immanent, dass regelmäßig bekannte Grundelemente in neuer Weise kombiniert werden. Die Besonderheit liegt hier gerade darin, wie der Entwurf verhältnismäßig einfache geometrische Formen und das Element Wasser nutzt, um bestimmte Eindrücke zu erzeugen.

Darüber hinaus verkennt das Landgericht das zu beurteilende Werk, wenn es darauf abstellt, dass bei einem Brunnen vor allem Gebrauchszwecke zentral seien. Auch wenn der Platz als solches als Verkehrs- und Aufenthaltsfläche bestimmten Gebrauchszwecken dient, betrifft dies nicht den Brunnen als wesentliches Gestaltungselement des Platzes. Gerade der Brunnen beeindruckt dadurch, dass er mit seinen ungewöhnlichen Ausmaßen und seinen besonderen, spielerischen Elementen (Stege und Inseln) - außer der Möglichkeit, auf der gestuften Einfassung zu sitzen - weitgehend zweckfrei ist. Auch wenn der Entwurf Bezüge zu der in den 1980er Jahren aktuellen Architekturrichtung der Postmoderne aufweist, ist er stark durch eigenständige Merkmale geprägt.

Es trifft auch nicht zu, dass der Brunnen keine Bezüge zu seiner Umgebung aufweist. Der Entwurfsplan (Anlage Ast 2) veranschaulicht, dass die Platzgestaltung durchaus in Beziehung zu dem damaligen Neubau des Bankgebäudes tritt. Dies geschieht zum einen durch den das Gebäude durchquerenden Weg und die - wie der Brunnen - mit runden, gestuften Steinelementen eingefasste Baumreihe an der Berliner Allee, die an der dem Platz abgewandten Gebäudeseite im Bereich des Durchlasses des vorgenannten Weges beginnt, wodurch das Gebäude in die Platzgestaltung einbezogen wird. Zum anderen finden sich das Kreissegment des Grundrisses des Hauptgebäudes der Bank sowie der runde Aufbau des Nebengebäudes auch in der Geometrie des Brunnens wieder.

Ein bedeutendes Indiz für die besondere Gestaltungshöhe der Platzgestaltung ist schließlich auch, dass der Entwurf aus einem Architektenwettbewerb, an dem im Übrigen auch der damalige Stadtbaurat der Beklagten als Fachpreisrichter beteiligt war, als Sieger hervorging (s. Anlagen Ast 24 und 25).

(2) Im Grundsatz zur Recht beanstanden die Kläger auch, dass das Landgericht bei seiner Interessenabwägung von der Beseitigung des Brunnens als einem isolierten Werk ausgegangen sei und nicht die Platzgestaltung als Gesamtwerk berücksichtigt habe, das durch die Beseitigung des Brunnens eine gravierende Änderung erfahre.

Wenn infolge einer teilweisen Vernichtung eines Werkes Fragmente des Werkes erhalten bleiben, kann dies unter Umständen das Urheberpersönlichkeitsrecht stärker beeinträchtigen, als die vollständige Vernichtung des Werkes. Die Existenz des Fragments, das noch auf den Urheber hindeutet, stört dessen persönliche geistige Beziehung zu dem ursprünglichen, vollständigen Werk (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 14 Rn. 26). Die Interessen des Urhebers sind besonders dann beeinträchtigt, wenn Betrachter die verbliebenen Fragmente dem ursprünglichen Urheber zuordnen und dabei nicht erkennen, dass der Urheber das Werk so, wie es sich jetzt darstellt, nicht geschaffen hat.

Im Streitfall ist allerdings eher fernliegend, dass die nach einer Entfernung des Brunnens verbleibenden Teilelemente für einen interessierten Betrachter noch auf eine einheitliche Platzgestaltung als Gesamtwerk hinweisen. Der ursprüngliche Entwurf ist bereits durch die Entfernung der "Wasserwand" erheblich verändert worden. Nach einer Beseitigung des Brunnens würden nur noch wenige Gestaltungselemente verbleiben. Am Markantesten sind noch die Natursteineinfassungen der Bäume und Anpflanzungen an der Berliner Allee; diese sind aber durch den Hotelneubau von dem Platz deutlich getrennt worden, sodass sie auch von interessierten Betrachtern - wenn sie nicht über besonderes Hintergrundwissen über den früheren Zustand des Platzes verfügen - nach einer Entfernung des Brunnens kaum noch als Bestandteil einer einheitlichen Platzgestaltung wahrgenommen werden dürften. Auch der etwas abseits des eigentlichen Platzes gelegene Abgang zu der Unterführung wird unter Berücksichtigung der abweichenden Materialien (Sichtbeton und rote Klinkerpflasterung) kaum als Bestandteil der sonstigen Platzgestaltung wahrgenommen werden.

Wer hingegen die ursprüngliche Platzgestaltung kennt, wird auch erkennen, dass das ursprüngliche Werk verändert wurde und der beeinträchtigte Zustand nicht dem Urheber zugerechnet werden kann.

Dem Aspekt, dass die nach der Brunnenentfernung verbleibende Platzgestaltung auf ein Werk hindeuten würde, dass der Entwurfsverfasser so nicht geschaffen hat, kommt daher bei der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die bereits entfernte Wasserwand im Hinblick auf eine absehbare Bebauung von Anfang an nur als Provisorium konzipiert war oder - wie die Beklagte nach dem Schluss der Verhandlung näher vortragen hat - als wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzepts von Prof. Lange anzusehen war.

(3) Weil das Werk entscheidend durch das markante Brunnenbauwerk geprägt wird, reduziert es auf der anderen Seite das Erhaltungsinteresse der Kläger aber auch nicht wesentlich, dass die ursprünglich entworfene Platzgestaltung durch den Hotelneubau und die Entfernung der "Wasserwand" bereits eine Änderung erfahren hat, bei der das Hotel teilweise die Funktion der "Wasserwand" übernommen hat, den Platz gegenüber der Berliner Allee abzuschirmen.

(4) Der von der Beklagten angebotenen Überlassung von Brunnenbauteilen und einer Dokumentation ist bei der Abwägung kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Die Aufbewahrung einzelner Bauteile könnte kaum dazu beitragen, eine Erinnerung an die Gestaltung des Brunnens zu bewahren. Dass die Kläger den Brunnen mit den Bauteilen andernorts wieder aufbauen könnten, erscheint schon angesichts der Dimensionen des Brunnens fernliegend und könnte auch die ursprüngliche Platzgestaltung nicht rekonstruieren. In dem gegenwärtigen sanierungsbedürftigen Zustand des Brunnens ist auch die Anfertigung einer Foto-Dokumentation - über bereits vorhandene Unterlagen hinaus - kaum geeignet, Urheberinteressen zu dienen.

bb) Auf Seiten der Beklagten ist entscheidend ihr Interesse an einer anderweitigen Nutzung der durch den Brunnen eingenommenen Fläche zu berücksichtigen.

(1) Allerdings existieren noch keine Planungen der Beklagten dazu, wie der Platz und insbesondere die bisherige Brunnenfläche nach der Entfernung des Brunnens dauerhaft gestaltet werden sollen. In der dem Stadtbezirksrat vorgelegten Beschlussdrucksache vom 21. August 2023 zum "Rückbau des Zierbrunnens Andreas-Hermes-Platz-Brunnen auf dem Andreas-Hermes-Platz" kündigte die Beklagte an, dass sie im Jahr 2024 mit den Planungen für ein neues dauerhaftes Gestaltungs- und Nutzungskonzept des Platzes beginnen und dieses den Ratsgremien vorschlagen werde (Bl. 141 LG-A). Es muss einem schutzwürdigen Interesse der Beklagten an einer Nutzungsänderung jedoch nicht entgegenstehen, dass noch keine Planung für die dauerhafte Gestaltung des Platzes vorliegt. Schutzwürdig kann auch das Interesse sein, während einer Zwischenphase neue Konzepte zu erproben und dafür auch bereits den Brunnen zu entfernen. Dem steht nicht grundsätzlich entgegen, dass die Beklagte dann im Verlauf dieser Zwischennutzung möglicherweise auch zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass für die endgültige Platzgestaltung eine Entfernung des Brunnens, den Prof. Lange nach den im Architektenwettbewerb vom damaligen Stadtbaurat geäußerten Vorstellungen der Beklagten, insbesondere zur Unterstützung von mehr Sozialkontrolle, statt des ursprünglich vorgesehenen "Paradiesgartens" entworfen hatte (Anlage Ast 24, Bl. 78 f. OLG-A), gar nicht erforderlich gewesen wäre.

(2) Auch für die beabsichtigte Zwischennutzung liegt aber keine näher konkretisierte Planung vor.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bezirksrats war dazu nach der Beschlussvorlage angekündigt, dass die Projektgruppe der AG bahnhofsnahe Plätze zeitnah Ideen entwickeln werde. Die hierzu nunmehr in der Berufungsinstanz vorgelegte Planungsskizze hat erkennbar den Charakter einer ersten Ideensammlung. Sie wirft zahlreiche Fragen auf, die sich bei der konkreten Planung der Interimsnutzung stellen werden. Bei vielen der schlagwortartig aufgeführten Ideen ist noch nicht ersichtlich, wie die Umsetzung erfolgen soll. Es ist unklar, ob tatsächlich für eine nur dreijährige Interimsnutzung eine derart aufwändige Umgestaltung - mit Pflanzung zahlreicher Bäume ("Wald") und der Anlage großer Grünflächen ("Gärten") - erfolgen soll, wie es die Skizze nahelegt. Welchen Bezug die eingefügten Fotos zu der Planung haben, ob beispielsweise eine versiegelte Fläche zum Rollschuhfahren angelegt werden soll, ist nicht ersichtlich. Unklar ist auch der konkrete Stand der erforderlichen Abstimmungsprozesse mit den verschiedenen zu beteiligenden Fachbereichen der Beklagten und ihren politischen Gremien sowie mit den Anliegern und den für eine "soziale Kuratierung" vorgesehenen "vielen Partner*innen". Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die Finanzierung für eine derart aufwändige Umgestaltung des Platzes zur Interimsnutzung gesichert ist. Der auf dem Plan unter "Die nächsten Schritte" aufgeführte Punkt "Konkretisierung der notwendigen Finanzmittel" verdeutlicht, dass mit hohen Kosten zu rechnen und die Finanzierung zu klären ist. Im Ergebnis bleibt unklar, welche Aussicht auf eine Umsetzung für die in der Planungsskizze dargestellte Zwischennutzung besteht.

(3) Auf den vorstehend dargestellten Planungsstand der Beklagten zu der endgültigen Platzgestaltung und der Zwischennutzung käme es nicht entscheidend an, wenn aus Sicht der Beklagten in jedem Fall - unabhängig von der konkreten Planung - schon mit der bloßen Entfernung des Brunnens eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation eintreten würde, die bei einem Erhalt des Brunnens nicht erreicht werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr geht auch die Beklagte davon aus, dass verschiedene Maßnahmen erforderlich sind, um nach einem Abriss des Brunnens die gewünschte Revitalisierung des Platzes zu erreichen. Auf der anderen Seite erscheint es auch nicht ganz fernliegend, dass auch bei dem Erhalt des Brunnens mit gewissen anderweitigen Änderungen, insbesondere bei Eröffnung einer Außengastronomie, die gewünschte Verbesserung der derzeitigen Situation zu erreichen wäre. Es kommt daher bei der Interessenabwägung entscheidend darauf an, inwieweit konkrete Planungen der Beklagten zur geänderten Nutzung und Umgestaltung des Platzes vorliegen und eine hinreichende Aussicht auf eine Realisierung besteht.

(4) Weiter ist bei dem Beseitigungsinteresse der Beklagten in den Blick zu nehmen, dass der Brunnen gegenwärtig sanierungsbedürftig ist und die Ertüchtigung mit - im Einzelnen zwar streitigen, jedenfalls aber erheblichen - Kosten verbunden wäre. Allerdings wären auch die Entfernung des Brunnens (geschätzte Kosten mit Herstellung einer Steinsandfläche: 368.000 €, Bl. 142 LG-A), die beabsichtigte Umgestaltung zur Zwischennutzung und die abschließende Neugestaltung des Platzes und sowie der laufende Unterhalt etwaiger Geräte, Bepflanzungen etc. mit hohen, möglicherweise deutlich höheren Kosten verbunden (vgl. auch Angaben auf der Planungsskizze der Beklagten). Um das Gewicht des Kosteninteresses der Beklagten abschätzen zu können, wären nachvollziehbare Kostenschätzungen für beide Szenarien erforderlich.

cc) Im Ergebnis überwiegt derzeit bei der umfassenden Interessenabwägung das von den Klägern wahrgenommene Interesse des Urhebers an der Erhaltung seines Werks gegenüber dem Interesse der Beklagten an einer Umgestaltung des Platzes. Zwar gehen die Interessen des Grundstückseigentümers in der Regel gegenüber dem Urheberinteresse vor. Vorliegend genügt jedoch der gegenwärtige Stand der Planung der Beklagten für eine - dauerhafte oder vorübergehende - Umgestaltung und Umnutzung des Platzes nicht, um das verfassungsrechtlich geschützte Interesse des Urhebers an dem Erhalt seines Werks zurücktreten zu lassen. Es ist der Beklagten zuzumuten, zunächst ihre Nutzungsabsichten näher zu konkretisieren.

6. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen war der Verbotstenor abweichend von dem Wortlaut des Verfügungsantrags zu fassen. Dass die Beklagte gegenwärtig - auf der Grundlage des vorliegenden Planungsstandes als konkrete Verletzungsform - den Brunnen nicht beseitigen darf, schließt es nicht aus, dass sie weitere Planungen für eine Änderung der Platzgestaltung vornimmt, die den Abriss des Brunnens beinhalten und bei einer erneuten Interessenabwägung zu berücksichtigen wären.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.2.2024
11 U 83/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Klage abgewiesen - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung sog. Nachvergütungsansprüche wegen der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten zurückgewiesen. Die Darstellung der europäischen Landmasse fußt auf einer von der Firma des Klägers lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern. Die vom Kläger begehrte Beteiligung an den der Beklagten jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Einkünften scheidet nach Auffassung des OLG bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht „aus der Nutzung des Werks“, sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

Der Kläger begehrt Nachvergütung wegen der Abbildung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten der ersten (2002) und der zweiten Serie (2019).

Die beklagte EZB ist allein berechtigt, Euro-Banknoten zu genehmigen und sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auszugeben. Die Gestaltung der Euro-Banknoten war das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der mit einem Gestaltungswettbewerb begonnen hatte. Diesen hatte ein österreichischer Designer gewonnen. Seine Entwürfe sahen als eines der Gestaltungselemente eine Abbildung der europäischen Landmasse vor. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragte die vom Kläger geführte Firma, ihr dafür eine „satellite projection of Europe“ herzustellen und die Rechte an der Nutzung dieser Abbildung für damals 25.000 österreichische Schillinge zu übertragen.

Der Kläger behauptet, er selbst habe auftragsgemäß die streitgegenständliche Bilddatei aus einer Vielzahl von Satellitenbildern als Foto-Collage zusammengesetzt und bearbeitet. Er errechnet sich einen Nachvergütungsanspruch für die überlassene Bilddatei u.a. auf Basis der sog. Seigniorage-Einkünfte. Diese werden der Beklagten jährlich in Höhe von 8% des Werts aller im Euro-Währungsgebiet umlaufenden Geldscheine zugewiesen. Im Wege der Teilklage begehrt er Zahlung von 25.000,00 €. Widerklagend hat die Beklagte beantragt feststellen, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch in Höhe von rund 5,5 Mio. € zustehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger erfolglos seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000 € weiter. Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zusteht. Der urheberrechtliche Nachvergütungsanspruch solle sicherstellen, dass der Schöpfer eines Werkes angemessen an der wirtschaftlichen Werknutzung beteiligt werde. Der Anspruch beziehe sich auf die Erträge und Vorteile „aus der Nutzung des Werkes“. Die vom Kläger angeführten Seigniorage-Einkünfte seien keine derartige wirtschaftliche Nutzung des vom Kläger reklamierten Werks. Sie entstünden ohne jede wirtschaftliche Verwertungshandlung des Werks allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Geldpolitik. „Der Wert der Banknoten - und damit verbunden die Höhe der Seigniorage-Einkünfte - bestimmt sich allein nach ihrem zahlenmäßigen Aufdruck/der Stückelung. Ihre optische Gestaltung wirkt sich weder auf den aufgedruckten Wert noch den Umfang des Umlaufvermögens aus“, vertieft das OLG. Der Umfang des umlaufenden Barvermögens werde rein ökonomisch ermittelt. Auch ohne Verwendung einer Abbildung der Landmasse Europas auf den Banknoten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, Banknoten im jeweils erforderlichen Umfang und den erforderlichen Größen zu genehmigen und auszugeben. Sie hätte in diesem Fall Seigniorage-Einkünfte in identischer Höhe erhalten.

Darüber hinaus seien die geldwerten Vorteile der Beklagten auch deshalb nicht „aus der Nutzung des Werkes“ entstanden, da die auf den Banknoten dargestellte europäische Landmasse als so genannte freie Benutzung anzusehen sei. Die eigentümlichen Bestandteile des Werkes des Klägers, das sich u.a. durch eine naturgetreue und in den Farben an der Farbskala eines Atlasses orientierten Darstellung auszeichne, träten hinter die eigenschöpferischen Veränderungen der Beklagten zurück. Prägend für die Banknoten sei insbesondere die einheitliche, an der Stückelungsgröße orientierte farbliche Gestaltung. „Der Betrachter nimmt keine naturgetreue Abbildung Europas war, sondern ein grafisches Element mit den Umrissen Europas“, begründet der Senat weiter.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.2.2024, Az. 11 U 83/22
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.5.2024, Az. 2-06 52/21)

Erläuterungen
§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers
Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.



LG Berlin: Urheberrechtsverletzung durch Verwendung eines Zertifizierungssiegels nebst Urkunde bei Instagram ohne Lizenz Rechteinhabers

LG Berlin
Beschluss vom 27.09.2023
15 O 464/23

Das LG Berlin hat entschieden, dass die Verwendung eines Zertifizierungssiegels nebst Urkunde bei Instagram ohne Lizenz des Rechteinhabers eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Antragstellerin steht ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch nach §§ 97 Abs. 1 S. 1, 31, 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 16 Abs. 1, 19a UrhG zu.

a) Das Siegel und die Urkunde sind jeweils persönliche geistige Schöpfungen, die die Schutzhöhe des § 2 UrhG erreichen. Die designte Gestaltung beider Grafiken erreicht die erforderliche Schöpfungshöhe jedenfalls im Sinne der sogenannten „kleinen Münze“. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH ist bei Gestaltungen, welche auch Schutz nach dem Designgesetz beanspruchen können, keine gesteigerte Gestaltungshöhe mehr zu fordern (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2013 – I ZR 143/12 – Geburtstagszug, Rn 26 ff.; Schulze, in: Dreier/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 2 Rn. 160).

b) Die Antragsgegnerin hat in die ausschließlichen Verwertungsrechte der Antragstellerin eingegriffen oder dies zumindest willentlich ermöglicht, indem sie das Siegel und die Urkunde eigenmächtig im Internet abrufbar gemacht oder abrufbar machen lassen hat (§§ 19a, 16 Abs. 1 UrhG).

Soweit die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 1.8.2023 (vorgelegt als Anlage Ast 7) vorgerichtlich behauptet hat, die verfahrensgegenständliche Urkunde sei kurzfristig lediglich „im Status“ ihrer 13-jährigen Tochter erschienen, steht dies der Passivlegitimation der Antragsgegnerin für den verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruch nicht entgegen.

Mit dem als Anlage AST5 vorgelegten Screenshot der Antragstellerin wurde glaubhaft gemacht, dass die verfahrensgegenständliche Urkunde auf dem gewerblichen Instagram-Account der Antragsgegnerin sichtbar war. Dem Screenshot ist zu entnehmen, dass der Account „xxxxxx“ einer „zertifzierte[n] Wimpernstylistin“ zuzuordnen ist. Soweit die Antragsgegnerin behaupten wollte, dass die Urkunde lediglich über ein anderes soziales Medium veröffentlicht worden sei, wäre dies - insbesondere unter Beachtung des Screenshots - unsubstantiiert. Soweit die Antragsgegnerin behaupten wollte, dass der aus S. 2 der Anlage AST 5 ersichtliche Post von ihrer Tochter stammt, haftete sie insoweit jedenfalls als Störerin. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann als Störer für eine Schutzrechts-/Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, „der (...) in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes oder zu einer verbotenen Handlung beigetragen hat“ (vgl. BGH, Urteil vom 18. 10. 2001 - I ZR 22/99). Die Tochter der Antragsgegnerin hätte die Urkunde nur dann auf dem Account der Antragsgegnerin posten können, wenn diese ihr sowohl die entsprechenden Zugangsdaten als auch die Urkunde zur Verfügung stellte. Beides setzt ein willentliches Handeln der Antragsgegnerin voraus. Zudem liegt es bei Zurverfügungstellung sowohl der Zugangsdaten als auch der Urkunde nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass die Urkunde dort eingestellt wird.

Eine Berechtigung zu dieser Verwertung ist nicht festzustellen. Die Antragstellerin hatte eine Benutzung des Siegels und der Urkunde nur als Bestandteil eines entgeltlichen Vertrages, den die Antragsgegnerin erst mit ihr abschließen müsste, angeboten. Die Antragsgegnerin hat einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen. Die mit anwaltlichem Schreiben vom 7.9.2023 (Anlage Ast 12) erklärte Anfechtung ist für den Unterlassungsanspruch irrelevant.

Auch auf ein Verschulden kommt es für den Unterlassungsanspruch nicht an.

c) Dem Unterlassungsanspruch stehen auch keine Erwägungen nach § 242 BGB entgegen. Die Frage, ob der Antragstellerin ein Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG zustünde, ist nicht verfahrensgegenständlich.

Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin läge lediglich vor, wenn es nach sorgfältiger Abwägung der beteiligten Interessen als untragbar erschiene, das aus der Gesetzesanwendung folgende Resultat zu akzeptieren (vgl. Staudinger/Looschelders/Olzen (2019) BGB § 242, Rn. 219). So liegt der Fall hier nicht. Zur Überzeugung der Kammer könnte ein etwaig wettbewerbswidriges Verhalten der Antragstellerin allenfalls der Durchsetzung ihres urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs entgegenstehen, wenn insoweit Schutzzwecke des § 5 UWG berührt wären (vgl. auch zur Relevanz von gesetzlichen Wertungen bei der gebotenen Abwägung: Olzen, a.a.O., Rn. 221). Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Gegenüber der Marktgegenseite soll das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot verhindern, dass diese durch irreführende Angaben zu wirtschaftlich relevanten Dispositionen veranlasst werden (vgl. Ruess, in: MüKo zum Lauterkeitsrecht, 3. Auflage 2020, § 5 UWG, Rn. 21 m.w.N.). Die Antragsgegnerin hat zur Überzeugung der Kammer vorliegend keine vom Schutzzweck des § 5 UWG erfasste vermögensrechtliche Disposition vorgenommen. Selbst wenn man in der Veröffentlichung der Urkunde ohne Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit der Antragstellerin eine vermögensrechtliche Disposition sehen wollte, weil sich die Antragsgegnerin dem Risiko der Abmahnung aussetzt, hätte die Antragstellerin sie insoweit jedenfalls nicht irregeführt. Zur Überzeugung der Kammer wäre die Geltendmachung von urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen durch die Antragstellerin vorliegend allenfalls rechtsmissbräuchlich, wenn sie über die Bedingungen der Lizenzerteilung getäuscht hätte. Dies ist indes nicht der Fall. In dem als Anlage AST 4 vorgelegten Schreiben wird bereits auf der ersten Seite darauf hingewiesen, dass das Zertifikat „bestellt“ werden müsste. Am Ende der nächsten Seite wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Nutzung des Siegels und der Urkunde ohne Bestellung nicht gestattet ist. Die sich über eine ganze Seite erstreckende Übersicht unterschiedlicher buchbarer Pakete auf S. 4 verdeutlicht anschaulich, dass das übersandte Siegel und die Urkunde nur gegen Zahlung benutzt werden dürfen.

c) Die Wiederholungsgefahr wird durch die Rechtsverletzung indiziert. Sie entfällt auch nicht durch bloßes Entfernen des Siegels und der Urkunde aus dem Instagram-Auftritt; es hätte eine ernsthafte und strafbewehrte Unterlassungserklärung hinzukommen müssen, um die Antragstellerin abzusichern. Die dem auf den 7.9.2023 datierten anwaltlichen Schreiben beigefügte Unterlassungserklärung vom 8.9.2023 beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht. Es fehlt insoweit an der notwendigen verhaltenssteuernden Vertragsstrafendrohung, die die Antragsgegnerin als Schuldnerin von zukünftigen Verstößen abhalten soll (vgl. BGH, Vers.-Urt. v. 1.12.2022 – I ZR 144/21, Rn. 41 m.w.N.; zitiert nach: GRUR 2023, 255). Zudem hat die Antragstellerin mit Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung konkludent erklärt, die Unterlassungserklärung nicht annehmen zu wollen.

2. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem Verletzungsgeschehen. Die Antragstellerin ist hinsichtlich ihrer Rechte nicht lediglich auf die Geltendmachung im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens beschränkt. Sie muss die Verletzung ihrer Rechte nicht hinnehmen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verzicht des Urhebers gegenüber Microstockportal auf Benennung als Urheber kann nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein

BGH
Urteil vom 15.06.2023
I ZR 179/22
Microstock-Portal
UrhG §§ 13, 97a Abs. 4 Satz 1; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Verzicht des Urhebers gegenüber einem Microstockportal auf Benennung als Urheber nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein kann.

Leitsätze des BGH_
a) Das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gemäß § 13 Satz 2 UrhG ist in seinem Kern unverzichtbar. Daraus, dass der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, ergibt sich jedoch, dass es ihm außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns grundsätzlich freisteht, durch ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarungen mit dem Werkverwerter auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten oder in dieses Recht beeinträchtigende Nutzungen einzuwilligen.

b) Solche Vereinbarungen unterliegen allerdings Grenzen, deren Überschreitung gemäß § 138 Abs. 1 BGB und - soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen - gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt.

c) Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind der sachliche und zeitliche Umfang der in Rede stehenden Einschränkung des Namensnennungsrechts. Dabei kommt es etwa darauf an, ob die Einschränkung nur bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungen betrifft und nur für eine bestimmte Zeit gelten oder widerruflich sein soll oder aber der Urheber sich pauschal und dauerhaft zum Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts verpflichtet hat. Im Rahmen der Abwägung können zudem Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen berücksichtigt werden.

BGH, Urteil vom 15. Juni 2023 - I ZR 179/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Kassel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Nutzungsrechte an einem von einem Vereinsmitglied für einen Verein erstellten Logo sind nicht an Fortbestand der Vereinsmitgliedschaft gebunden

OLG Frankfurt
Urteil vom 16.05.2023
11 U 61/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Nutzungsrechte an einem von einem Vereinsmitglied für einen Verein erstellten Logo nicht an Fortbestand der Vereinsmitgliedschaft gebunden sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Vereinslogo - Nutzungsrecht für Vereinslogo nicht an fortbestehende Vereinsmitgliedschaft des Urhebers gebunden

Räumt ein Vereinsmitglied einem Verein – hier aus Fans der Filmreihe „Star Wars“ - ein Nutzungsrecht an einem von ihm gestalteten Logo ein, ist das Fortbestehen dieses Nutzungsrechts nicht grundsätzlich an die weitere Mitgliedschaft im Verein gebunden. Allein der Ausschluss des Urhebers aus dem Verein rechtfertigt nicht den Rückruf des Nutzungsrechts wegen gewandelter Überzeugung des Urhebers (§ 42 UrhG). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung deshalb bestätigt, dass dem Kläger keine Unterlassungsansprüche zustehen.

Die Beklagten sind Mitglieder und Organisatoren eines Vereins, der aus Fans der Filmreihe „Star Wars“ besteht. Der Kläger war ebenfalls Mitglied dieses Vereins, bis es zum – im Rahmen des Verfahrens nicht näher erläuterten - Zerwürfnis kam. Er hatte für den Verein ein Logo gestaltet, welches weiterhin vom Verein genutzt wird. Mit seiner Klage begehrt er u.a., den Beklagten die Nutzung des Logos zu untersagen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger habe dem Verein ein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht an dem Logo eingeräumt. Dieses Nutzungsrecht sei nicht davon abhängig, dass der Kläger - weiterhin - Vereinsmitglied sei. „Zweck der Rechteeinräumung war, dem Verein, auch für seine Außendarstellung, ein Logo zu verschaffen, nicht die Identifikation gerade des Klägers mit dem Verein auszudrücken“, betont das OLG.

Der Kläger könne die Rechteeinräumung auch nicht zurückrufen (§ 42 UrhG). Ob die gesetzliche Voraussetzung, dass das Werk nicht mehr Überzeugung des Urhebers entspreche, auch dann erfüllt sei, wenn sich das Verhältnis des Urhebers zum Auftraggeber und nicht zum Werk geändert habe, könne dabei offenbleiben. Jedenfalls habe der Kläger keine die weitere Verwertung des Werks unzumutbar machende Veränderung hinreichend konkret vorgetragen. Seine pauschale Angabe, er sei aus dem Verein „rausgeschmissen“ worden bzw. der Gruppe auf verletzende Weise verwiesen worden, sei nicht ausreichend, um auf eine Unzumutbarkeit zu schließen. Es fehlten nähere Tatsachendarstellungen.

Es fehle zudem an einer hinreichenden Rückerklärung. Das an den Verein gerichtete Schreiben enthalte keine näheren Ausführungen zum Umstand, dass das Werk nicht mehr seiner Überzeugung entspreche.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.5.2023, Az. 11 U 61/22
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 7.4.2022, Az. 2-03 O 193/21)

Erläuterungen:
§ 42 UrhG Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung
(1) Der Urheber kann ein Nutzungsrecht gegenüber dem Inhaber zurückrufen, wenn das Werk seiner Überzeugung nicht mehr entspricht und ihm deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden kann. Der Rechtsnachfolger des Urhebers kann den Rückruf nur erklären, wenn er nachweist, daß der Urheber vor seinem Tode zum Rückruf berechtigt gewesen wäre und an der Erklärung des Rückrufs gehindert war oder diese letztwillig verfügt hat.



OLG Frankfurt: Verzicht des Urhebers auf Benennung als Urheber in AGB von Stockfoto-Portal Fotolia wirksam und keine unangemessene Benachteiligung

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.9.2022
11 U 95/21

Das OLG Frankfurt hat entscheiden, dass der Verzicht des Urhebers auf Benennung als Urheber in den AGB des Stockfoto-Portals Fotolia wirksam ist und keine unangemessene Benachteiligung darstellt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Verzicht auf Urheberbenennung in AGBs eines Microstock-Portals ist wirksam

Microstock-Portale für Lichtbilder/Videos sprechen aufgrund geringer Lizenzgebühren und eines geringen Abwicklungsaufwands einen großen Nutzerkreis an. Wegen dieses Geschäftsmodells stellt ein in den Lizenzbedingungen eines Microstock-Portals enthaltener Verzicht der Urheber auf ihr Benennungsrecht keine unangemessene Benachteiligung dar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche eines Berufsfotografen wegen unterlassener Urheberbenennung zurückgewiesen.

Der Kläger ist Fotograf und zählt zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit. Er schloss mit dem Betreiber des Portals Fotolia einen so genannten Upload-Vertrag. Damit räumte er dem Portalbetreiber eine Lizenz zur Nutzung der von ihm eingestellten Fotografien ein sowie das Recht, Unterlizenzen an Kunden des Portals zu erteilen. Fotolia war laut Urteil eine der „führenden europäische Microstock Bildagenturen“ mit Millionen Bildern/Videos und Mitgliedern. Die Kunden können eingestellte Lichtbilder zu „äußerst günstigen Lizenzen“ nutzen. Dies führt zu einer hohen Anzahl eingeräumter Lizenzen und einer starken Verbreitung der eingestellten Werke. Der Kläger vermarktet seine Werke ausschließlich über Microstock-Portale.

Die Beklagte ist eine Kundin des Portals. Sie verwendete ein Lichtbild des Klägers auf ihrer Webseite als Hintergrund, ohne ihn als Urheber zu benennen. Der Kläger verlangt von der Beklagten u.a., es zu unterlassen, das Lichtbild ohne Urheberbenennung zu nutzen und wegen der bereits erfolgten Verletzung Schadensersatz an ihn zu zahlen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger habe wirksam auf das Recht zur Urheberbenennung im Rahmen des Upload-Vertrags mit Fotolia verzichtet, führt das OLG zur Begründung aus. Gemäß der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe „sowohl Fotolia als auch jedes herunterladende Mitglied, welches ein Werk über Fotolia bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung (...), das hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen“. Diese Formulierung und insbesondere der Begriff „Quelle“ seien bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Urheber damit auf sein Urheberbenennungsrecht verzichte.

Dieser Verzicht sei auch wirksam vereinbart worden. Er verstoße nicht gegen das Transparenz- und Verständlichkeitsgebot. Der Verzicht werde ausdrücklich und klar erklärt. Die Klausel führte auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Urheber. Ein Urheber entscheide sich willentlich für die Nutzung von Microstock-Portalen. Damit vermeide er eigenen zeitlichen und finanziellen Vermarktungsaufwand. Die fehlende Verpflichtung zur Urheberbenennung habe für die Attraktivität des Angebots von Fotolia für die Kunden und damit für die große Verbreitung erhebliche Bedeutung. Dies räume auch der Kläger ein. „Der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung ermöglicht mithin (auch) die große Reichweite des Microstock-Portals und die große Anzahl von Unterlizenzen, was dem Urheber zugutekommt und so die geringe Lizenzgebühr für die Unterlizenzen kompensiert“, vertieft das OLG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der klärungsbedürftigen Frage, ob ein Urheber in AGBs für jede Verwendungsart gegenüber einem Microstock-Portal wirksam auf sein Urheberbenennungsrechts verzichten kann, die Revision zum BGH zugelassen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.9.2022, Az. 11 U 95/21
(vorausgehend Landgericht Kassel, Urteil vom 5.7.2021, Az. 10 O 2109/20)



OLG Köln: Kein Verfügungsgrund für einstweilige Verfügung wenn Rechteinhaber nur gegen Franchisenehmer und nicht gegen Franchisegeber als Quelle der Rechtsverletzung vorgeht

OLG Köln
Hinweisbeschluss vom 08.06.2022
6 U 220/21


Das OLG Köln hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass kein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung vorliegt, wenn der Rechteinhaber nur gegen Franchisenehmer und nicht gegen den Franchisegeber als Quelle der Rechtsverletzung gerichtlich vorgeht.


Aus den Gründen:
I. Im vorliegenden Verfügungsverfahren geht die Antragstellerin gegen einen Lizenznehmer und Franchisenehmer vor, dem vom Lizenzgeber und Franchisegeber Nutzungsrechte an Zeichnungen der Antragstellerin eingeräumt wurden. Streitig ist unter anderem, welche Rechte die Antragstellerin dem Lizenzgeber eingeräumt hat.

Der Antragsgegner eröffnete sein Geschäft am 10.04.2021. Die Antragstellerin suchte am 17.04.2021 die Filiale des Antragsgegners auf und stellte die mögliche Verletzungshandlung fest. Damit wusste die Antragstellerin, die bereits zahlreiche andere Filialen kannte, jedenfalls ab diesem Zeitpunkt, dass der Franchisegeber gegenüber dem Antragsgegner Nutzungsrechtsvereinbarungen über die streitgegenständlichen Rechte vereinbart hat.

Die Antragstellerin ließ daraufhin den Antragsgegner mit Schreiben vom 23.04.2021 abmahnen. Taggleich ließ sie auch den Franchisegeber abmahnen. Gegenüber dem Antragsgegner drohte die Antragstellerin, „sofort die geeigneten gerichtlichen Maßnahmen“ an, sollte eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden. Gegenüber dem Franchisegeber, mit dem sie sich bereits seit Anfang 2021 wegen der Vielzahl an weiteren Nutzungen durch verschiedene Franchiseunternehmen in einer Auseinandersetzung über den Umfang der Nutzungsberechtigungen in Bezug auf die streitbefangenen Werke befindet, kündigte die Antragstellerin das „Bestreben einer gütlichen außergerichtlichen Bereinigung des vorliegenden Konfliktfalles“ an und kündigte die Einleitung von „geeigneten gerichtlichen Maßnahmen“ für den Fall an, dass der Franchisegeber die erbetene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht fristgerecht abgeben werde. Die beiden Abgemahnten unterwarfen sich nicht. Weitere Abmahnungen an Franchisenehmer wurden nicht versandt. Mit dem Franchisegeber steht die Antragstellerin weiterhin in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen. Eine einstweilige Verfügung gegen den Franchisegeber wegen der einzelnen Zeichnungen, die diesem Verfahren zugrunde liegen, hat die Antragstellerin nicht erwirkt, während sie gegen den Antragsgegner als (einzigen) Franchisenehmer in diesem Verfügungsverfahren mit Antrag vom 12.05.2021 vorgegangen ist. Gegen den Franchisegeber richtet sich lediglich das Verfahren LG Köln, 14 O 329/21 / OLG Köln, 6 U 62/22, in dem eine bestimmte Verpackung Gegenstand ist, die auch mit dem vorliegenden Verfahren angegriffen wird.

II. Vor diesem Hintergrund besteht nach dem vorläufigen Ergebnis der Vorberatung des Senats kein Verfügungsgrund (mehr).

Es stellt sich die Frage, ob ein Verfügungsgrund angenommen werden kann, nachdem die Antragstellerin zwar gegen den Antragsgegner, nicht aber gegen den Franchisegeber im Rahmen eines Verfügungsverfahrens vorgegangen ist und dies nunmehr aufgrund des langen Zuwartens auch nicht (mehr) möglich ist.

Hierzu wird auf der einen Seite vertreten, dass der Verfügungsgrund allein im Verhältnis der Parteien zueinander zu bestimmen ist (vgl. ausführlich zum Meinungsstand: Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075, mwN; s. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21.10.2004 – 2 U 65/04, GRUR-RR 2005, 307).

Es wird allerdings auch vertreten, dass die vorstehende Argumentation zu kurz greife. Denn wenn der Berechtigte nicht gegen die Quelle einer Verletzungshandlung vorgehe, zeige er damit, dass ihm die Sache nicht eilig sei. Er schalte die Quelle nicht aus. Das OLG Frankfurt (Urteil vom 05.12.2019 – 6 U 151/19, GRUR-RR 2020, 368) führt hierzu in einem markenrechtlichen Fall folgendes aus:

Unterlässt es der Markeninhaber bewusst, gegen den Hersteller vorzugehen, kann er sich nicht mit Erfolg drauf berufen, das Vorgehen gegen ein Handelsunternehmen sei dringlich (vgl. Senat, GRUR 2015, 279). Zwar mag etwas anderes gelten, wenn ein Hersteller im Ausland ansässig ist und der Markeninhaber keine sicheren Anhaltspunkte dafür hat, dass der Hersteller das markenverletzende Angebot im Inland veranlasst hat (Senat, aaO). Solche Umstände lagen jedoch aus den genannten Gründen nicht vor, zumal auch die Antragsgegnerin zu 2 im Ausland ansässig ist.

Die letztgenannte Meinung überzeugt. Für die Frage, ob eine Dringlichkeit anzunehmen ist, kann insbesondere nicht allein auf das Verhalten des Anspruchstellers gegenüber dem Anspruchsgegner abgestellt werden. Vielmehr kann der Anspruchsteller auch durch sein sonstiges Verhalten zeigen, dass das Eilbedürfnis fehlt. Hieraus folgt, dass nicht nur eine zögerliche Verfahrensführung dringlichkeitsschädlich sein kann. Vielmehr kann jedes Verhalten des Antragstellers dringlichkeitsschädlich sein, aus welchem sich ergibt, dass ihm die Sache nicht eilig ist. Damit kann zwar nicht generell jedes Verhalten gegenüber einem Dritten für den Verlust der Dringlichkeit berücksichtigt werden. Auch gibt der Antragsteller bei Nichtvorgehen gegen einen Dritten im Ausgangspunkt lediglich zu erkennen, dass ihm ein Vorgehen gegen diesen nicht eilig ist. Allerdings kann in einem Nichtvorgehen gegen einen Dritten im Einzelfall zu erkennen sein, dass das Verfahren gegen den Antragsgegner ebenfalls nicht dringlich ist (vgl. Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075). Dies vorausgesetzt kann im Einzelfall auch darauf abgestellt werden, ob der Anspruchsteller gegen die Quelle einer möglichen Verletzungshandlung vorgegangen ist, um so einen umfassenden Rechtsschutz zu erlangen, oder ob die einstweilige Verfügung aus anderen Gründen beantragt worden ist.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, ob das Vorgehen gegen die Quelle letztlich mit vergleichbaren Prozessaussichten möglich ist. Dies kann abzulehnen sein, wenn ein Vorgehen aufgrund der Sach- und Rechtslage nicht hinreichend erfolgversprechend ist, die praktische Durchsetzbarkeit fraglich ist, Probleme bei einer möglichen Vollstreckung drohen oder die Rechtsverfolgung in einem solchen Fall insgesamt weniger effektiv erscheint (vgl. Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075).

Nach diesen Grundsätzen ist die vorliegende Sache nicht (mehr) als dringlich anzusehen. Denn gegen den Franchisegeber kann die Antragstellerin (mit Ausnahme der Verpackung) nicht mehr im Rahmen eines Verfügungsverfahrens vorgehen.

Bereits im Rahmen der Abmahnung hat die Antragstellerin gegenüber dem Franchisegeber lediglich geeignete gerichtliche Maßnahmen angekündigt, während sie gegenüber dem Antragsgegner sofortige gerichtliche Maßnahmen angedroht hat. Auch hat die Antragstellerin im Rahmen der Abmahnung gegen den Antragsgegner weitere Vergleichsgespräche erfragt, die tatsächlich stattgefunden haben. Weiter führt die Antragstellerin selbst aus, dass sie weitere Verletzungshandlungen durch den Franchisegeber erkennt und deren Fortsetzung ausdrücklich befürchtet. Diese weiteren Verletzungen hätte die Antragstellerin in erster Linie im Rahmen eines gerichtlichen Vorgehens durch ein Verfügungsverfahren gegen den Franchisegeber kurzfristig unterbinden können, zumal die Antragstellerin keinen weiteren Franchisenehmer abgemahnt hat.

Nachdem auch der Franchisegeber seinen Sitz in Deutschland hat, ist nicht ersichtlich, dass die Prozessaussichten gegen diesen geringer wären oder Probleme im Rahmen der ggf. notwendigen Vollstreckung auftreten könnten. Insbesondere wären in dem Verfahren gegen den Franchisegeber die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu klären und der Anspruch könnte effektiv durchgesetzt werden. Gründe, die darauf hindeuten würden, dass eine Vollstreckung gegen den Franchisegeber weniger aussichtsreich wären, sind nicht ersichtlich.

Soweit sich die Antragstellerin in Vergleichsverhandlungen mit dem Franchisegeber befindet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn sie hat die Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen, durch ein zeitnahes Vorgehen gegen diesen in einem Eilverfahren die Nutzungen unmittelbar und einheitlich zu unterbinden. Dadurch, dass die Antragstellerin somit tatsächlich die weiteren Nutzungen nicht unterbunden hat, hat sie gezeigt, dass die einstweilige Verfügung nicht beantragt wurde, um die rechtswidrigen Nutzungen kurzfristig zu unterbinden, sondern dass sie andere Gründe hatte (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 2015, 279).

Soweit die Antragstellerin den Franchisegeber hinsichtlich einer Verpackungsgestaltung im o.a. Verfügungsverfahren in Anspruch nimmt, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn das Verhalten der Antragstellerin zeigt insgesamt, dass ihr Ziel nicht das kurzfristige Unterbinden der Nutzungen war.


Den Volltext finden Sie hier:

LG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

LG Frankfurt
Urteil vom 18.05.2022
2-06 O 52/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten - Urheber der Bilddatei steht keine Nutzungsvergütung zu

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Urheber des Bildes von Europa, das auf allen Euro-Banknoten in abgewandelter Form verwendet wird, keine Vergütung für die Nutzung verlangen kann.

Der Kläger ist Geograf und Karthograph. Er hatte eine Abbildung des europäischen Kontinents erstellt und dafür verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien verwendet, bearbeitet und verändert, Küstenlinien, Fjorde und Inseln verschoben und Oberflächenstrukturen und Farben überarbeitet. Das so geschaffene Bild wurde im Rahmen eines 1996 ausgetragenen Wettbewerbs um die Gestaltung der Euro-Banknoten in dem letztlich als Sieger auserkorenen Entwurf verwendet. Der Kläger übertrug einer europäischen Institution die Nutzungsrechte an der bearbeiteten Satellitenaufnahme und erhielt dafür 2.180 €. Später wurde die Lizenz zur Nutzung des Bildes auf die Europäische Zentralbank übertragen.

Der Kläger hat verlangt, dass die Europäische Zentralbank ihm eine sog. angemessene Vergütung bzw. Nachvergütung nach dem Urhebergesetz zahlt. Für die Vergangenheit hat er 2,5 Mio. Euro gefordert und zusätzlich jährlich 100.000 Euro für die Dauer von weiteren 30 Jahren.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Eine Vergütung nach dem Urhebergesetz sei ausgeschlossen, weil ein Werk des Klägers tatsächlich nicht genutzt werde. Die Richterinnen und Richter erklärten in ihrem Urteil: „Zwar wird die Bilddatei des Klägers als Ausgangsprodukt für die Gestaltung verwendet, indem die Satellitenansicht Europas in ihren Umrissen übernommen wird.“ Jedoch weiche die Darstellung auf den Euro-Banknoten so stark von dem Satellitenbild des Klägers ab, dass ein selbständiges, neues Werk geschaffen worden sei. Maßgeblich sei, ob „die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, sodass die Benutzung des älteren Werkes durch das neue nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.“ Das sei vorliegend der Fall: „Bei einem Gesamtvergleich der Bilddatei mit den Euro-Banknoten ist ein Verblassen der eigenschöpferischen Merkmale der Bilddatei anzunehmen.“ Denn der europäische Kontinent werde nur auf einem verhältnismäßig geringen Teil der Banknoten dargestellt. Auf dem Bild des Klägers seien die Landmassen Europas außerdem in naturtypischer Darstellung in grün und dunkelbraun gehalten, während der Kontinent auf den Euro-Banknoten in der jeweiligen Grundfarbe der Stückelung nur einfarbig mit Linienreliefs gestaltet werde. Schließlich sei auf den Geldscheinen von der für eine Satellitenaufnahme prägenden Darstellung der Lebensumwelt, insbesondere der Höhen und Tiefen der Landschaftselemente, vollständig Abstand genommen worden.

Das Urteil vom 18.5.2022 (Aktenzeichen: 2-06 O 52/21) ist nicht rechtskräftig.
Zur Erläuterung
§ 32 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. (…)“

§ 32a Absatz 1 Urhebergesetz:
„Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. (…)“

§ 23 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes (…) dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.“