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LG Köln: Rechtsprechung des BGH in Sachen "Das Boot I - III" zum Nachvergütungsanspruch nach § 32a UrhG ist nicht schematisch auf andere Produktionen anzuwenden

LG Köln
Urteil vom 01.08.2024
14 O 59/22

Das LG Köln hat entschieden, dass die Rechtsprechung des BGH in Sachen "Das Boot I - III" zum Nachvergütungsanspruch nach § 32a UrhG nicht schematisch auf andere Produktionen anzuwenden ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Kläger ist jedoch aktivlegitimiert. Es ist unstreitig, dass zum einen der Kläger Alleinerbe des Herrn Dr. Z. O. (vgl. §§ 28 Abs. 1, 30 UrhG) ist und zum anderen Herr Dr. O. als Regisseur jedenfalls Miturheber aller streitgegenständlicher Filme ist. Es ist auch unstreitig, dass alle Filme als Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG anzusehen sind.

Der Kläger ist berechtigt, den Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gem. § 32a UrhG unabhängig von anderen Miturhebern geltend zu machen, und er kann Zahlung allein an sich selbst verlangen. Er kann neben dem Anspruch auf Einwilligung in die Vertragsanpassung auch eine Zahlungsklage erheben, obwohl die Bestimmung des § 32a II 1 UrhG iVm § 32a I 1 UrhG ihrem Wortlaut nach keinen Zahlungsanspruch, sondern einen Anspruch auf Vertragsanpassung gewährt (BGH GRUR 2021, 955, Rn. 133 – Das Boot III; GRUR 2020, 611 Rn. 23 – Das Boot II).

2. Die Beklagten sind auch im Ausgangspunkt als „Dritte“ gem. § 32a Abs. 2 S. 1 UrhG verpflichtet, einen Anspruch des Klägers auf weitere angemessene Beteiligung zu erfüllen – wenn ein solcher anzunehmen wäre. Der Vater des Klägers hatte jeweils den Produktionsgesellschaften der jeweiligen streitgegenständlichen Filme das Recht zur Nutzung seiner urheberrechtlich geschützten Leistungen eingeräumt. Mit diesen Rechteinhabern hat die Degeto Film GmbH jeweils Lizenzverträge zugunsten aller Beklagten geschlossen. Die Beklagten leiten ihre Rechte zur Nutzung der Filme im Rahmen der Fernsehauswertung unmittelbar von der Degeto Film GmbH, mittelbar von den Rechteinhabern her.

3. Die Beantwortung der Frage, ob im Lichte der Erträgnisse oder Vorteile eines Dritten eine unverhältnismäßig niedrige Vergütung des Urhebers iSv § 32a II 1 iVm Abs. 1 S. 1 UrhG (alte Gesetzesfassung: auffälliges Missverhältnis zwischen der als Gegenleistung für die Einräumung des Nutzungsrechts vereinbarten Vergütung des Urhebers und den aus der Nutzung des Werkes erzielten Erträgnissen und Vorteilen des Dritten) besteht, setzt nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. GRUR 2012, 496 Rn. 40 – Das Boot I; GRUR 2020, 611 Rn. 25 – Das Boot II; GRUR 2021, 955, Rn. 135 – Das Boot III) zunächst auf erster Stufe die Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung (dazu unten a.) und auf zweiter Stufe der vom Dritten erzielten Erträgnisse und Vorteile (dazu unten b.) voraus. Jedoch scheitert der klägerische Anspruch nach Auffassung der Kammer bereits an dieser Stelle. Sodann wäre auf den folgenden Stufen die Vergütung zu bestimmen, die – im Nachhinein betrachtet – insbesondere unter Berücksichtigung der erzielten Erträgnisse und Vorteile angemessen iSd § 32 II 2 UrhG ist. Schließlich wäre zu prüfen, ob die vereinbarte Vergütung mit Blick auf diese angemessene Vergütung unverhältnismäßig gering im Vergleich (früher: in einem auffälligen Missverhältnis steht) zu den Erträgen und Vorteilen ist. Für die dritte und vierte Stufe erübrigen sich Ausführungen der Kammer.

a) Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung (1. Stufe)

Im Ergebnis offenbleiben kann, wie konkret die ursprüngliche Vergütung des Herrn Dr. O. für die Regietätigkeit der einzelnen streitgegenständlichen Filme zu schätzen und auf die verschiedenen Nutzungsarten zu allokieren ist. Die Kammer hält den Vortrag des Klägers an dieser Stelle aber für hinreichend schlüssig, sodass entgegen der Ansicht der Beklagten die Klage an dieser Stelle nicht schon mangels Schlüssigkeit abzuweisen ist. Der Kläger hat ausführlich Tatsachen vorgetragen und dabei selbst Schätzungen vorgenommen. Wenn es darauf ankäme, liegen – auch mit Blick auf unstreitigen Sachvortrag der Beklagten und den sonstigen Sach- und Streitstand – hinreichende Anknüpfungstatsachen vor, um eine Schätzung gem. § 287 ZPO vorzunehmen (vgl. zu diesem Prüfungspunkt: des BGH GRUR 2020, 611 Rn. 49-51 – Das Boot II; Peifer, ZUM 2021, 813, 816: Schätzung könnte ggf. pauschal nach den zwei maßgeblichen Verwertungsformen zu je 50% ermessensfehlerfrei erfolgen).

Die Kammer verweist angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit auf die ausführlichen Ausführungen im Hinweisbeschluss der Kammer vom 23.10.2023 (Bl. 1770 ff. GA).

b) Feststellung der vom Dritten erzielten Erträgnisse und Vorteile (2. Stufe)

Der Kläger hat im Ergebnis keine im rechtlichen Sinne relevanten Erträgnisse und Vorteile der Beklagten dargelegt.

Der Begriff des Vorteils im Sinne des § 32a UrhG umfasst nicht nur Umsatzgeschäfte, sondern auch andere Verwertungshandlungen (BGH GRUR 2020, 611, Rn. 54 – Das Boot II). Im Urteil „Das Boot II“ hat das dortige Berufungsgericht laut BGH „zutreffend angenommen, dass eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die ein Filmwerk in ihrem – weitgehend gebührenfinanzierten – Programm ausstrahlt, einen solchen Vorteil erlangt und dieser Vorteil in der Ersparnis von Aufwendungen für die Erstellung eines Programms gesehen werden kann, das den Sendeplatz des Filmwerkes hätte füllen können“ (BGH GRUR 2020, 611, Rn. 54 – Das Boot II; nahezu wortgleich zuvor: BGH GRUR 2012, 496 Rn. 41 – Das Boot I).

aa) Die Kammer erkennt in der Feststellung eines Vorteils der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Fall „Das Boot“ jedoch eine Sonderkonstellation, die nicht zum abstrakten Grundsatz erhoben werden kann. Dies folgt auch aus der Formulierung des BGH in „Das Boot II“, wonach „ein konkreter Maßstab für die Ermittlung des Vorteils, den die [Bekl. als] öffentlich-rechtliche[n] Rundfunkanstalten durch die streitgegenständlichen Fernsehausstrahlungen erlangt haben, sich dem Gesetz nicht entnehmen lässt. Wird die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstands vom Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatgerichts, im Einzelfall die nach den Umständen sachgerechteste Bewertungsart auszuwählen und anzuwenden. In der Sache handelt es sich um eine Schätzung iSd § 287 II ZPO“ (BGH GRUR 2020, 611, Rn. 55 – Das Boot II).

Die Entscheidung des BGH sowie der Instanzgerichte im Fall „Das Boot“ beruhen insoweit auch maßgeblich auf dem festgestellten Sachverhalt wie folgt:

„2 Der Kl. war Chefkameramann („Director of Photography“) des von der Bekl. zu 1 in den Jahren 1980/1981 hergestellten Filmwerks „Das Boot“, einer Verfilmung des Romans „Das Boot“. Der Bekl. zu 2 ist der VG. CQ. (WC.); er ist mit anderen Rundfunkanstalten in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (E.) zusammengeschlossen. Die Bekl. zu 3 vertreibt Filme auf Videokassette und DVD.

3 Der Kl. verpflichtete sich gegenüber der Bekl. zu 1 mit Vertrag vom 3.6.‌1980, in der Zeit vom 1.1.‌1980 bis zum 31.12.‌1980 gegen eine Pauschalvergütung von 120.000 DM als Chefkameramann für die Produktion „Das Boot“ zur Verfügung zu stehen. Mit weiterem Vertrag vom 4.2.‌1981 verpflichtete er sich ihr gegenüber, auch in der Zeit vom 1.1.‌1981 bis zur Beendigung der Tätigkeit gegen eine Wochengage von 3500 DM zur Verfügung zu stehen. Der Kl. räumte der Bekl. zu 1 seine Werknutzungsrechte umfassend und zeitlich unbeschränkt ein.

4 Am 26.6.‌1980 schlossen die Bekl. zu 1 und der Bekl. zu 2 einen Produktionsvertrag betreffend die von der Bekl. zu 1 im Auftrag des Bekl. zu 2 herzustellende Filmaufzeichnung „Das Boot“ (Spielfilm), 120 Minuten Vorführungsdauer, sowie einen Produktionsvertrag betreffend die im Auftrag des Bekl. zu 2 von der Bekl. zu 1 herzustellende Fernsehaufzeichnung, bestehend aus vier Folgen a jeweils ca. 60 Minuten Sendedauer aus der insgesamt sechsteiligen Fernsehserie und einer Dokumentation. Gemäß Nr. 1a) dieser beiden Produktionsverträge besteht das Recht zur wiederholten Ausstrahlung grundsätzlich für unbeschränkte Zeit; die Nutzungsrechte an dem Roman Das Boot wurden zunächst bis 12.7.‌1991 eingeräumt und mit Zusatzvertrag in der Folgezeit verlängert. Hinsichtlich der Folgen fünf und sechs der Fernsehserie schloss die Bekl. zu 1 im Jahr 1980 einen entsprechenden Produktionsvertrag mit dem WZ. (nunmehr PO.).

5 Die Bekl. zu 1 stellte aus dem Filmmaterial zwei Kinoversionen her, eine am 17.9.‌1981 uraufgeführte ca. 151 Minuten lange erste Version („Das Boot“, nachfolgend nur Spielfilm) und im Jahre 1997 eine ca. 204 Minuten lange zweite Version (Das Boot – The director's cut, nachfolgend nur Director's Cut). Darüber hinaus wurde aus dem Filmmaterial eine insgesamt 312 Minuten lange sechsteilige Fernsehfassung hergestellt, die im Fernsehen auch als Dreiteiler ausgestrahlt wurde. Beim Director's Cut handelt es sich um eine neue Schnittfassung, die aus demselben Drehmaterial wie die Fernsehserie hergestellt wurde.

(…)

8 Mit Vertrag vom 19.12.‌2001 übertrug die M-GmbH, ein 100 %iges Tochterunternehmen der Bekl. zu 1, das ausschließliche Recht, den Film Director's Cut in deutschsprachiger Originalfassung in der Bundesrepublik Deutschland (Lizenzgebiet) vom 31.1.‌2002-30.6.‌2003 beliebig häufig fernsehmäßig zu verwerten bzw. verwerten zu lassen, zehn in der E. verbundenen Rundfunkanstalten, darunter dem Bekl. zu 2, als Lizenznehmern. Mit Schreiben vom 24.1.‌2003 übte die F-GmbH als Vertreter der genannten Lizenznehmer eine Option zur Verlängerung der Vertragszeit für den genannten Film bis zum 31.5.‌2012 aus. Mit Vertrag vom 30.1.‌2014 wurde der F-GmbH als „Lizenznehmer“, handelnd als Kommissionär für Rechnung von neun Landesrundfunkanstalten, das ausschließliche Recht übertragen, den Director's Cut vom 1.5.‌2014-30.4.‌2034 beliebig häufig fernsehmäßig zu verwerten bzw. verwerten zu lassen.“

(OLG München, Urteil vom 21.12.2017 – 29 U 2619/16, Volltext unter GRUR-RS 2017, 144766 – Hervorhebungen nur hier)

Maßgebliche Grundlage der Entscheidungen im Fall „Das Boot“ war demnach, dass die dortige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt bei der Produktion der Filmwerke bereits beteiligt war und jedenfalls für den Spielfilm und die Fernsehserie das Recht zur wiederholten Ausstrahlung grundsätzlich für unbeschränkte Zeit erhalten hatte. Diese Sachverhaltsumstände sind im hiesigen Fall mit Blick auf die streitgegenständlichen Filme nicht gegeben. Demnach hält die Kammer eine schablonenartige Übertragung der Rechtsprechung im Fall „Das Boot“ für nicht angezeigt und nicht angemessen.

Die Kammer hatte insoweit schon im Hinweisbeschluss vom 23.10.2023 zu dem Prüfungspunkt der Erträgnisse und Vorteile der Beklagten bereits wie folgt ausgeführt:

„aa) Bei diesem Prüfungspunkt neigt die Kammer nach derzeitigem Stand der Beratung nicht dazu, das „Wiederholungsvergütungsmodell“ auf Grundlage des „Tarifvertrags für auf Produktionsdauer Beschäftigte“ des WC. (Anlage K63) bzw. des V. (Anlage K64) bzw. des PO. indiziell heranzuziehen. Dabei ist sich die Kammer bewusst, dass diese Methode von den Oberlandesgerichten Stuttgart und München für den Fall „Das Boot“ für sachdienlich erachtet worden ist und der BGH dies in seinen Urteilen „Das Boot“ I und II jeweils grundsätzlich gebilligt hat.

Die Kammer hält den hiesigen Fall aber für wesentlich anders gelagert, worauf insbesondere die Beklagten ausführlich in ihren Schriftsätzen hingewiesen haben. Die Kammer erkennt in den Urteilen zu „Das Boot“ kein allgemeingültiges Schätzungsmodell für jegliche TV-Ausstrahlungen im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkt, sondern eine Einzelfallentscheidung für das dort konkret gegenständliche Filmprojekt.

Hiervon ausgehend erkennt die Kammer vorliegend keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für die indizielle Heranziehung des o.g. Tarifvertrages, weil hier weder in sachlicher, noch in persönlicher, noch in zeitlicher Hinsicht eine Anwendbarkeit besteht.

Denn in sachlicher Hinsicht handelt es sich vorliegend aus Sicht der Beklagten bei allen Filmen um reine Fremdproduktionen. Dies gilt auch für „Im Dschungel ist der Teufel los“, wo die Beklagte zu 4) zunächst bei der Produktion beteiligt war, aber ihre Fernsehsenderechte im Jahr 1991 an die Filmherstellerin D. T. zurückübertragen hat. Die Kammer hält es deshalb für fernliegend einen Tarifvertrag für die Schätzung von ersparten Aufwendungen der Beklagten heranzuziehen. Hiermit würden die Beklagten faktisch in jedem Fall wie für Eigenproduktionen nachvergüten müssen, was im hiesigen Fall aber durch nichts gerechtfertigt ist. Die Kammer weist insoweit darauf hin, dass auch der BGH in der Konstellation „Das Boot“ für den WC. jedenfalls eine vom OLG Stuttgart festgestellte besondere Nähe zur Herstellung des Filmwerks gebilligt hat (BGH GRUR 2020, 611 Rn. 87 - 89 – Das Boot II). Eine solche Nähe liegt im hiesigen Fall nicht vor.

Auch in persönlicher Hinsicht fehlt ein Anknüpfungspunkt, weil weder Herr Dr. O. ein Arbeitnehmer beim öffentlich-rechtlichen CQ. war, noch die Beklagten als Arbeitgeber der Produktion anzusehen wären. Es ist auch von Seiten der Beklagten nachvollziehbar vorgetragen worden, dass zu den Zeitpunkten der Produktionen der meisten streitgegenständlichen Filme die o.g. Tarifverträge noch nicht abgeschlossen waren und das sog. „Wiederholungsvergütungsmodell“ unbekannt war. So ergibt sich aus Anlagen K63 und K64, dass die dortigen Tarifverträge erst in den Jahren 1976 bzw. 1977 in Kraft getreten sind.

bb) Aus gleichgelagerten Erwägungen hält die Kammer auch eine indizielle Heranziehung der vom Kläger in Anlage K72 vorgelegten Gemeinsamen Vergütungsregeln im vorliegenden Fall für nicht sachgerecht. Dabei kann für die Gemeinsamen Vergütungsregeln des Bundesverbands der Film- und Fernsehregisseure in Deutschland e. V. und der CW. Deutschland GmbH ergänzend auf das vom BGH gebilligte Argument in „Das Boot II“ (GRUR 2020, 611 Rn. 96) verwiesen werden, dass private Fernsehsender aufgrund der Finanzierung durch Werbung eine andere finanzielle Struktur aufweisen als die ganz überwiegend durch die Rundfunkgebühren finanzierten Beklagten. Für die übrigen vorgelegten Gemeinsamen Vergütungsregeln, an denen auch die Beklagten oder andere öffentlich-rechtliche Sender beteiligt sind, gilt nichts anderes als für die oben als nicht sachgerecht angesehenen Tarifverträge. Es fehlt maßgeblich an der sachlichen Vergleichbarkeit des dort geregelten Vergütungsfalls für Eigenproduktionen mit dem hier zu bewertenden Fall der Ausstrahlung von kostenpflichtig lizensierten Fremdproduktionen.

Der von den Beklagten ins Spiel gebrachte „Ergänzungstarifvertrag Erlösbeteiligung Kinofilm“ (Anlage B32) ist hingegen schon deshalb nicht geeignet zur indiziellen Anwendung, weil laut Ziffer 4.3 für den hiesigen Fall der Schätzungen von Erträgen und Vorteilen eines Verwerters in der Lizenzkette keine Aussage getroffen wird. Er betrifft vielmehr einen Nachvergütungsanspruch gegen den Filmhersteller, als der die Beklagten hier - wie oben dargestellt - nicht zu verstehen sind.“

An diesen Ausführungen hält die Kammer auch nach dem weiteren Verfahrensgang fest. Eine Übertragung der indiziellen Heranziehung des „Wiederholungsvergütungsmodells“ für Fremdproduktionen, für die die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ggf. durch ihren zentralen Rechteeinkauf durch die Degeto Film GmbH, Lizenzgebühren zahlen, würde zu einer unangemessenen Benachteiligung der Rundfunkanstalten (aber auch jeglicher anderer „privater“ Sendeunternehmen) führen. Denn gerade bei alten „Klassikern“, die über Jahrzehnte hinweg regelmäßig im TV gesendet werden, würde diese Anwendung ab einem gewissen Zeitpunkt zu einer automatischen Direktvergütung der Urheber führen. Faktisch müssten TV-Sendeanstalten dann zum jeweiligen Lizenzpreis noch pauschal eine potentielle Nachvergütung der (Gesamtheit der) Urheber kalkulieren und ggf. Rückstellungen bilden. Gerade dies soll durch § 32a UrhG nach Ansicht der Kammer aber nicht bezweckt werden, was sich nicht zuletzt an der sehr dezidierten Rechtsprechung des BGH in den Urteilen „Das Boot I – III“ zeigt, die jeweils eine Rückverweisung an die Berufungsgerichte zum Ergebnis hatten.

bb) Die Kammer hält stattdessen im hiesigen Fall weiterhin ein „Lizenzkostenmodell“ für angemessen. Die Kammer wies insoweit bereits im o.g. Hinweisbeschluss wie folgt hin:

„cc) Stattdessen neigt die Kammer dazu, die vom BGH als „Lizenzkostenmodell“ bezeichnete Methode als sachgerecht anzunehmen.

Hierzu führte der BGH in „Das Boot II“ (GRUR 2020, 611 Rn. 99 ff., Hervorhebungen nur hier) wie folgt aus:

ee) Ohne Rechtsfehler hat das BerGer. die Erträgnisse und Vorteile der Bekl. nicht nach den Lizenzkosten bemessen, die für die Ausstrahlung der Filmproduktion „Das Boot“ zu zahlen gewesen wären.

(1) KT. BerGer. hat angenommen, die Frage nach den aus der Nutzung der Filmproduktion „Das Boot“ gezogenen Vorteilen der Bekl. könne bei der vorliegenden Konstellation der Inanspruchnahme von „Dritten“ iSv § 32a II UrhG zwar grundsätzlich nach den Lizenzkosten bemessen werden, die von den Bekl. für die Ausstrahlung des Werkes „Das Boot“ zu zahlen gewesen wären (Lizenzkostenmodell). Diese Berechnungsart sei jedoch nicht so sachgerecht wie die Bemessung der Vorteile aufgrund der indiziellen Heranziehung der tarifvertraglichen Regelungen zu Wiederholungsvergütungen. So enthielten die tarifvertraglichen Vergütungsprozentsätze eine Bewertung der im Streitfall in Rede stehenden Konstellation der Ausstrahlung eines Werkes in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern als Wiederholungssendung. Außerdem stünden keine ausreichenden tatsächlichen Grundlagen für die Schätzung des Werts der Vorteile durch die Ausstrahlung der Wiederholungssendungen nach § 287 II ZPO anhand von fiktiven Lizenzkosten zur Verfügung. Jedenfalls aber ergebe sich aus den infrage kommenden tatsächlichen Grundlagen eine derartige Bandbreite an Lizenzpreisen, dass dieses Berechnungsmodell im Vergleich zur Heranziehung der tarifvertraglichen Wiederholungsvergütungsregelungen zumindest im vorliegenden Fall nicht vorzugswürdig erscheine. Gegen diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung wendet sich die Revision der Bekl. ohne Erfolg.

(2) Die Revision der Bekl. macht geltend, entgegen der Ansicht des BerGer. sei die fiktive Lizenzgebühr das einzige Kriterium, das die durch die Ausstrahlung des Filmwerkes „Das Boot“ erzielten Vorteile abzubilden vermöge. Es erschließe sich nicht, warum diese Lizenzkosten nicht – wie vom LG vorgenommen – anhand des vorgetragenen Lizenzvertrags mit dem U. geschätzt werden könnten.

102Damit hat die Revision der Bekl. keinen Rechtsfehler des BerGer. dargelegt. Das BerGer. hat verschiedene von den Parteien vorgetragene Gebühren für die Lizenzierung von verschiedenen Fassungen des streitgegenständlichen Werkes aufgeführt und auf dieser tatsächlichen Grundlage angenommen, dass sich aus den bekannt gewordenen Lizenzpreisen für einzelne Ausstrahlungen von „Das Boot“ massive Unterschiede ergäben. Dass die vom BerGer. seiner Beurteilung zugrunde gelegten Lizenzbeträge unrichtig festgestellt sind, macht die Revision der Bekl. nicht geltend.“

Jedoch ist auch hier zu beachten, dass der Fall „Das Boot“ anders lag, weil dort eine andere Art der Lizenzierung für die TV-Verwertung vereinbart war, die maßgeblich mit der bedeutenden Beteiligung an der Vorfinanzierung zusammenhing.

Auf den hiesigen Fall übertragen versteht die Kammer unter einem „Lizenzkostenmodell“, dass aufzuklären ist, wie hoch eine angemessene Lizenzgebühr für die konkret streitgegenständlichen Ausstrahlungen der Beklagten oder vergleichbarer Filme mit Blick auf Genre, Produktionsdatum und Publikumsbeliebtheit gewesen wäre. Diese Lizenzgebühren für „vergleichbare“ Filme dürften deshalb von Bedeutung sein, weil die Beklagten nachvollziehbar vortragen, dass sie anstelle der Filme des Herrn Dr. O. andere Filme zur Füllung der Sendezeiten lizensiert und genutzt hätten. Diese angemessene Lizenzgebühr wäre sodann mit den tatsächlich gezahlten Lizenzgebühren zu vergleichen. Wenn sich bei diesem Vergleich ergäbe, dass die Beklagten die Lizenzen unter Marktwert eingekauft haben, dann würden sich insoweit Vorteile in Form von ersparten Aufwendungen ergeben. Mit dieser Methode würde auch den von Klägerseite vorgetragenen Sorgen vor einer „Quersubventionierung“ bei der Paketlizensierung durch die Degeto Film GmbH begegnet.

Zur Anwendung dieser Methode mangelt es aber bis jetzt an Tatsachenvortrag von beiden Seiten. Dabei liegt es nach vorläufiger Ansicht der Kammer zunächst am Kläger vorzutragen, wie hoch ein marktüblicher Lizenzpreis für die streitgegenständlichen TV-Ausstrahlungen ist. Mit Blick auf die tatsächlich gezahlten Lizenzpreise wäre zwar auch von der Darlegungs- und Beweislast des Klägers auszugehen. Die Kammer hält hier aber eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten für möglich. Wie oben dargelegt, dürfte es aber an anderer Stelle ohnehin im Interesse der Beklagten liegen, zu den gezahlten Lizenzgebühren vorzutragen.“

Auf diesen Hinweis hin hat der Kläger eingewandt, dass die von den Beklagten bzw. der Degeto Film GmbH gezahlten Lizenzbeträgen als betriebswirtschaftliche Ausgaben anzusehen seien, die jedoch ihrerseits keine Vorteile im Sinne des § 32a UrhG darstellen könnten. Dies ist korrekt, verkennt jedoch den Ansatzpunkt der Überlegung der Kammer. Dieser ist vielmehr wie folgt: Die Beklagten haben einen gesetzlichen Auftrag zur Sendung von Inhalten, wozu sie mit dem Rundfunkbeitrag ausgestattet werden (siehe zum Rundfunkbeitrag als potentieller Vorteil unten). Demnach verwenden die Beklagten einen Teil ihres Budgets für Eigenproduktionen, einen weiteren Teil für Fremdproduktionen (wie hier) und weitere Teile für andere vielfältige Inhalte. Die oben abgelehnte indizielle Heranziehung des „Wiederholungsvergütungsmodells“ würde den Sendeplatz einer Fremdproduktion mit dem Sendeplatz einer Eigenproduktion gleichstellen, was nicht gerechtfertigt ist. Wenn im Fall „Das Boot“ der Vorteil der Rundfunkanstalt in der ersparten Aufwendung von Kosten für die Vergütung der Urheber im Rahmen von Eigenproduktionen sein soll, dann muss für den Fall der Fremdproduktionen ein vergleichbarer Maßstab gefunden werden.

Bei gesendeten Fremdproduktionen ist der Vorteil der Sendeanstalt zunächst darin zu sehen, dass Zuschauer in einer breiten Medienlandschaft sich dazu entschließen, diesen Inhalt anzusehen. Dies ist gerade beim öffentlich-rechtlichen CQ. jedoch kein finanziell messbarer Vorteil, weil das Rundfunkaufkommen nicht quotenmäßig, sozusagen erfolgsabhängig, verteilt wird. In finanzieller Hinsicht erscheint im Ergebnis ein Vorteil nur dann denkbar, wenn die Beklagten für die Lizenzrechte der Fremdproduktion weniger zahlen als den marktüblichen Lizenzpreis. Daneben sind zwei andere Fallgestaltungen denkbar: Zum einen kann der gezahlte Lizenzpreis marktgerecht sein, dann steht dem Vorteil „Sendung eines interessanten Inhalts“ ein deckungsgleicher Nachteil „Lizenzzahlung“ entgegen, der sich auf Null saldiert. Zum anderen könnte der gezahlte Lizenzpreis über einem angemessenen Marktpreis liegen, wodurch dann aber der Nachteil überwiegen würde. Der letztgenannte Fall wird wohl nicht eintreten, weil die Beklagten in einem solchen Fall wohl, worauf sie selbst hinweisen, eine andere Fremdproduktion ausstrahlen würde (z.B. statt Filme der Winnetou-Reihe dann US-Westernfilme). Also sind die Lizenzausgaben zwar im Ausgangspunkt Ausgaben, die jedoch Gegenleistung für den Vorteil des Lizenzrechts darstellen.

Insofern bleibt es auch dabei, dass es am Kläger als Anspruchsteller liegt, Anhaltspunkte vorzutragen, dass die gezahlten Lizenzbeträge nicht marktüblich sind. Es mag sein, dass er auf seine Erkundigungen hin keine Mitteilungen erhalten hat. Dabei verkennt der Beklagte aber, dass er als Erbe des Urhebers Dr. O. in einer anderen Position ist. Er kann nämlich grundsätzlich für die Werke im Nachlass seines Vaters im weiten Umfang gegenüber den Rechteinhabern Auskunftsansprüche geltend machen und dadurch den Sachverhalt aufklären. Dass der Kläger aber während der Zeit der hiesigen Verfahren jemals bei den Rechteinhabern oder Produktionsgesellschaften der streitgegenständlichen Filme angefragt hätte, welche Erträgnisse und Vorteile diese aus den Werken erlangt haben, trägt er selbst nicht vor. Auf diese Weise hätte der Kläger – zwar mit rechtlichem und tatsächlichem Aufwand aber gleichwohl zuverlässig – die Angaben der Beklagten zu Lizenzzahlungen verifizieren können und diese ggf. auch mit etwaigen anderen Lizenzierungen an andere Dritte vergleichen können.

Zuletzt ist dem Kläger nicht zuzustimmen, dass die Überlegungen der Kammer allein anhand der möglichen Schwankungen und der Bandbreite von Lizenzzahlungen praktisch nicht handhabbar seien. Dabei verkennt der Kläger, dass § 32a UrhG nicht dem Zweck dient, dem Urheber einen möglichst bequemen Weg zur Nachvergütung zu vermitteln. Zweck ist vielmehr der Fairnessausgleich, wobei dieser aber auch die Vorteile des Anspruchsgegners bei wirtschaftlicher Betrachtung berücksichtigen muss. Dies gilt im vorliegenden Fall ganz deutlich, weil bei den Beklagten angesichts der von ihr getätigten Lizenzzahlungen nur schwerlich Vorteile zu erkennen sind, hingegen die mittleren Glieder der Lizenzkette offenbar seit Jahrzehnten ohne besondere eigene Aufwendungen finanzielle Vorteile aus der Verwertung der Rechte an den streitigegenständlichen Filmen erlangen. Ein Fairnessausgleich, der in dieser Fallkonstellation sicherlich nicht fernliegt, müsste wohl bei diesen Gliedern der Rechtekette erfolgen, was hier aber nicht streitgegenständlich ist.

cc) Zuletzt erkennt die Kammer auch in den erlangen Rundfunkbeiträgen der Beklagten keine einschlägigen Vorteile und Erträgnisse der Beklagten.

Hierzu hatte die Kammer im Hinweisbeschluss zunächst was folgt mitgeteilt:

„dd) Die Kammer hat auch erwogen, eine Schätzung der Erträge und Vorteile der Beklagten mit Blick auf das Rundfunkgebührenaufkommen zu schätzen (vgl. zur grundsätzlichen Geeignetheit BGH GRUR 2012, 496 – Das Boot I, Rn. 90, juris). Die Kammer konnte dabei aber – mangels Vortrags der Parteien und mangels offenkundiger Informationen – keine sinnvolle Allokation der Rundfunkgebühren auf die hier konkret in Rede stehenden Sendezeiten vornehmen. Gleichwohl mögen die Parteien hierzu ggf. vortragen, wenn ihrer Ansicht nach eine sinnvolle Berechnungsmethode auf Basis der Rundfunkgebühren existiert. In diesem Fall müssten aber die tatsächlich aufgewandten Lizenzgebühren der Beklagten vorteilsmindernd Berücksichtigung finden.“

Hierauf hat der Kläger methodisch nachvollziehbar auf einer verständlichen Datengrundlage für das Jahr 2018 eine Berechnung vorgeschlagen. Diese weicht auch nicht erheblich von den klägerseits errechneten Werten zum „Wiederholungsvergütungsmodell“ ab. Gleichwohl erscheinen die Werte schon in faktischer Hinsicht bedenklich.

Dies zeigt insbesondere die Berechnung für die Filme „Winnetou I – III“:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Demnach würde alleine die viermalige Sendung von Winnetou I in „KT. NM.“ im Jahr 2018 einem Rundfunkbeitrag von ca. 950.000,- € entsprechen. Nach dem Vortrag der Beklagten läge ein am Markt ausgehandelter Lizenzbetrag im Jahr 2018 bei „nur“ 25.000,- €, 2019 immerhin bei 45.000,- €. Dies zeigt, dass die grobe Methodik des Klägers der Errechnung eines pauschalen Preises pro Sendeminute unter prozentualer Berechnung vom Gesamtrundfunkbeitragsvolumen zu keinen angemessenen Ergebnissen kommt. Insoweit liegen auch keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für eine gerichtliche Schätzung vor. Denn für eine solche Schätzung müssten ggf. erhebliche Abschläge vom Rundfunkbeitragsaufkommen für andere Zwecke als die Füllung der Sendezeit vorgenommen werden, die weder dargelegt noch sonst ersichtlich sind. Von einem etwaig geschätzten Betrag wären sodann jeweils die gezahlten Lizenzgebühren abzuziehen, wozu der Sach- und Streitstand auch zu dürftig ist.

Im Ergebnis scheidet eine Heranziehung der Rundfunkbeiträge zur Berechnung der Vorteile der Beklagten aber auch aus normativen Gründen aus. Nach § 1 RbStV dient der Rundfunkbeitrag der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 34 Abs. 1 des Medienstaatsvertrages (MStV) sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 112 des MStV. § 34 Abs. 1 des MStV fordert, dass die Finanzausstattung den öffentlich-rechtlichen CQ. in die Lage zu versetzen hat, seine verfassungsmäßigen und gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen; sie hat insbesondere den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten. Aus § 112 des MStV ergeben sich weitere Aufgaben, die hier nicht vertieft dargestellt werden sollen. So zeigen diese Normen bereits, dass der Rundfunkbeitrag angesichts einer Vielfalt von Aufgaben nur anteilsmäßig zur Finanzierung des Sendungsprogramms zu verwenden ist. Sie zeigen jedenfalls eindringlich, dass der Rundfunkbeitrag nicht die Gegenleistung der Beitragszahlenden für die Sendeinhalte darstellen. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an dem Umstand, dass die Beitragszahlung keine freiwillige Leistung darstellt, bei deren Nichtleistung die Beklagten den Zugriff auf die Sendesignale verweigern könnten.

Neben dieser allgemeinen Qualifikation des Rundfunkbeitrags kann dieser aber auch aus spezifisch urheberrechtlichen Gründen nicht als Vorteil und Erträgnis der Beklagten aus der Nutzung des „Werks“ im Sinne von § 32a Abs. 1 und 2 UrhG angesehen werden. Da der Rundfunkbeitrag schon nicht den Vorteil aus der Nutzung jeglicher Inhalte im Wege der Sendung auf den Fernsehsendern der Beklagten darstellt, ist er erst recht kein Vorteil aus der Nutzung der hier streitgegenständlichen Filme. Insoweit kann wiederum darauf verwiesen werden, dass die Beklagten statt der Filme des Herrn Dr. O. auch andere Fremdproduktionen hätten zeigen können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Höhe und Verteilung der Rundfunkgebühren gehabt hätte.

dd) Andere Möglichkeiten zur Berechnung eines Vorteils der Beklagten durch die Ausstrahlung der streitgegenständlichen Filme sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Deshalb hat die Klage insgesamt keinen Erfolg. Ob die dritte und vierte Stufe der Anspruchsprüfung nach § 32a Abs. 1 und 2 UrhG erfüllt wären, kann dahinstehen. Die Kammer verweist insoweit jedoch nochmals auf den Hinweisbeschluss der Kammer.

4. Dahinstehen kann auch die zwischen den Parteien streitige Frage, ob und ggf. ab wann Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte verjährt sind. Die Kammer verweist auch insoweit auf den Hinweisbeschluss der Kammer und neigt dazu, an der dort geäußerten Ansicht festzuhalten. Die Kammer verweist dabei auch auf das zwischenzeitlich veröffentlichte Urteil des LG Berlin vom 27.09.2023 – 15 O 296/18, GRUR-RS 2023, 44670, Rn. 104 ff. – Keinohrhasen & Zweiohrküken, in dem eine durchaus vergleichbare Konstellation vorlag.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.2.2024
11 U 83/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Klage abgewiesen - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung sog. Nachvergütungsansprüche wegen der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten zurückgewiesen. Die Darstellung der europäischen Landmasse fußt auf einer von der Firma des Klägers lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern. Die vom Kläger begehrte Beteiligung an den der Beklagten jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Einkünften scheidet nach Auffassung des OLG bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht „aus der Nutzung des Werks“, sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

Der Kläger begehrt Nachvergütung wegen der Abbildung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten der ersten (2002) und der zweiten Serie (2019).

Die beklagte EZB ist allein berechtigt, Euro-Banknoten zu genehmigen und sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auszugeben. Die Gestaltung der Euro-Banknoten war das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der mit einem Gestaltungswettbewerb begonnen hatte. Diesen hatte ein österreichischer Designer gewonnen. Seine Entwürfe sahen als eines der Gestaltungselemente eine Abbildung der europäischen Landmasse vor. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragte die vom Kläger geführte Firma, ihr dafür eine „satellite projection of Europe“ herzustellen und die Rechte an der Nutzung dieser Abbildung für damals 25.000 österreichische Schillinge zu übertragen.

Der Kläger behauptet, er selbst habe auftragsgemäß die streitgegenständliche Bilddatei aus einer Vielzahl von Satellitenbildern als Foto-Collage zusammengesetzt und bearbeitet. Er errechnet sich einen Nachvergütungsanspruch für die überlassene Bilddatei u.a. auf Basis der sog. Seigniorage-Einkünfte. Diese werden der Beklagten jährlich in Höhe von 8% des Werts aller im Euro-Währungsgebiet umlaufenden Geldscheine zugewiesen. Im Wege der Teilklage begehrt er Zahlung von 25.000,00 €. Widerklagend hat die Beklagte beantragt feststellen, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch in Höhe von rund 5,5 Mio. € zustehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger erfolglos seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000 € weiter. Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zusteht. Der urheberrechtliche Nachvergütungsanspruch solle sicherstellen, dass der Schöpfer eines Werkes angemessen an der wirtschaftlichen Werknutzung beteiligt werde. Der Anspruch beziehe sich auf die Erträge und Vorteile „aus der Nutzung des Werkes“. Die vom Kläger angeführten Seigniorage-Einkünfte seien keine derartige wirtschaftliche Nutzung des vom Kläger reklamierten Werks. Sie entstünden ohne jede wirtschaftliche Verwertungshandlung des Werks allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Geldpolitik. „Der Wert der Banknoten - und damit verbunden die Höhe der Seigniorage-Einkünfte - bestimmt sich allein nach ihrem zahlenmäßigen Aufdruck/der Stückelung. Ihre optische Gestaltung wirkt sich weder auf den aufgedruckten Wert noch den Umfang des Umlaufvermögens aus“, vertieft das OLG. Der Umfang des umlaufenden Barvermögens werde rein ökonomisch ermittelt. Auch ohne Verwendung einer Abbildung der Landmasse Europas auf den Banknoten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, Banknoten im jeweils erforderlichen Umfang und den erforderlichen Größen zu genehmigen und auszugeben. Sie hätte in diesem Fall Seigniorage-Einkünfte in identischer Höhe erhalten.

Darüber hinaus seien die geldwerten Vorteile der Beklagten auch deshalb nicht „aus der Nutzung des Werkes“ entstanden, da die auf den Banknoten dargestellte europäische Landmasse als so genannte freie Benutzung anzusehen sei. Die eigentümlichen Bestandteile des Werkes des Klägers, das sich u.a. durch eine naturgetreue und in den Farben an der Farbskala eines Atlasses orientierten Darstellung auszeichne, träten hinter die eigenschöpferischen Veränderungen der Beklagten zurück. Prägend für die Banknoten sei insbesondere die einheitliche, an der Stückelungsgröße orientierte farbliche Gestaltung. „Der Betrachter nimmt keine naturgetreue Abbildung Europas war, sondern ein grafisches Element mit den Umrissen Europas“, begründet der Senat weiter.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.2.2024, Az. 11 U 83/22
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.5.2024, Az. 2-06 52/21)

Erläuterungen
§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers
Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.



OLG Köln: Kein Verfügungsgrund für einstweilige Verfügung wenn Rechteinhaber nur gegen Franchisenehmer und nicht gegen Franchisegeber als Quelle der Rechtsverletzung vorgeht

OLG Köln
Hinweisbeschluss vom 08.06.2022
6 U 220/21


Das OLG Köln hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass kein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung vorliegt, wenn der Rechteinhaber nur gegen Franchisenehmer und nicht gegen den Franchisegeber als Quelle der Rechtsverletzung gerichtlich vorgeht.


Aus den Gründen:
I. Im vorliegenden Verfügungsverfahren geht die Antragstellerin gegen einen Lizenznehmer und Franchisenehmer vor, dem vom Lizenzgeber und Franchisegeber Nutzungsrechte an Zeichnungen der Antragstellerin eingeräumt wurden. Streitig ist unter anderem, welche Rechte die Antragstellerin dem Lizenzgeber eingeräumt hat.

Der Antragsgegner eröffnete sein Geschäft am 10.04.2021. Die Antragstellerin suchte am 17.04.2021 die Filiale des Antragsgegners auf und stellte die mögliche Verletzungshandlung fest. Damit wusste die Antragstellerin, die bereits zahlreiche andere Filialen kannte, jedenfalls ab diesem Zeitpunkt, dass der Franchisegeber gegenüber dem Antragsgegner Nutzungsrechtsvereinbarungen über die streitgegenständlichen Rechte vereinbart hat.

Die Antragstellerin ließ daraufhin den Antragsgegner mit Schreiben vom 23.04.2021 abmahnen. Taggleich ließ sie auch den Franchisegeber abmahnen. Gegenüber dem Antragsgegner drohte die Antragstellerin, „sofort die geeigneten gerichtlichen Maßnahmen“ an, sollte eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden. Gegenüber dem Franchisegeber, mit dem sie sich bereits seit Anfang 2021 wegen der Vielzahl an weiteren Nutzungen durch verschiedene Franchiseunternehmen in einer Auseinandersetzung über den Umfang der Nutzungsberechtigungen in Bezug auf die streitbefangenen Werke befindet, kündigte die Antragstellerin das „Bestreben einer gütlichen außergerichtlichen Bereinigung des vorliegenden Konfliktfalles“ an und kündigte die Einleitung von „geeigneten gerichtlichen Maßnahmen“ für den Fall an, dass der Franchisegeber die erbetene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht fristgerecht abgeben werde. Die beiden Abgemahnten unterwarfen sich nicht. Weitere Abmahnungen an Franchisenehmer wurden nicht versandt. Mit dem Franchisegeber steht die Antragstellerin weiterhin in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen. Eine einstweilige Verfügung gegen den Franchisegeber wegen der einzelnen Zeichnungen, die diesem Verfahren zugrunde liegen, hat die Antragstellerin nicht erwirkt, während sie gegen den Antragsgegner als (einzigen) Franchisenehmer in diesem Verfügungsverfahren mit Antrag vom 12.05.2021 vorgegangen ist. Gegen den Franchisegeber richtet sich lediglich das Verfahren LG Köln, 14 O 329/21 / OLG Köln, 6 U 62/22, in dem eine bestimmte Verpackung Gegenstand ist, die auch mit dem vorliegenden Verfahren angegriffen wird.

II. Vor diesem Hintergrund besteht nach dem vorläufigen Ergebnis der Vorberatung des Senats kein Verfügungsgrund (mehr).

Es stellt sich die Frage, ob ein Verfügungsgrund angenommen werden kann, nachdem die Antragstellerin zwar gegen den Antragsgegner, nicht aber gegen den Franchisegeber im Rahmen eines Verfügungsverfahrens vorgegangen ist und dies nunmehr aufgrund des langen Zuwartens auch nicht (mehr) möglich ist.

Hierzu wird auf der einen Seite vertreten, dass der Verfügungsgrund allein im Verhältnis der Parteien zueinander zu bestimmen ist (vgl. ausführlich zum Meinungsstand: Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075, mwN; s. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21.10.2004 – 2 U 65/04, GRUR-RR 2005, 307).

Es wird allerdings auch vertreten, dass die vorstehende Argumentation zu kurz greife. Denn wenn der Berechtigte nicht gegen die Quelle einer Verletzungshandlung vorgehe, zeige er damit, dass ihm die Sache nicht eilig sei. Er schalte die Quelle nicht aus. Das OLG Frankfurt (Urteil vom 05.12.2019 – 6 U 151/19, GRUR-RR 2020, 368) führt hierzu in einem markenrechtlichen Fall folgendes aus:

Unterlässt es der Markeninhaber bewusst, gegen den Hersteller vorzugehen, kann er sich nicht mit Erfolg drauf berufen, das Vorgehen gegen ein Handelsunternehmen sei dringlich (vgl. Senat, GRUR 2015, 279). Zwar mag etwas anderes gelten, wenn ein Hersteller im Ausland ansässig ist und der Markeninhaber keine sicheren Anhaltspunkte dafür hat, dass der Hersteller das markenverletzende Angebot im Inland veranlasst hat (Senat, aaO). Solche Umstände lagen jedoch aus den genannten Gründen nicht vor, zumal auch die Antragsgegnerin zu 2 im Ausland ansässig ist.

Die letztgenannte Meinung überzeugt. Für die Frage, ob eine Dringlichkeit anzunehmen ist, kann insbesondere nicht allein auf das Verhalten des Anspruchstellers gegenüber dem Anspruchsgegner abgestellt werden. Vielmehr kann der Anspruchsteller auch durch sein sonstiges Verhalten zeigen, dass das Eilbedürfnis fehlt. Hieraus folgt, dass nicht nur eine zögerliche Verfahrensführung dringlichkeitsschädlich sein kann. Vielmehr kann jedes Verhalten des Antragstellers dringlichkeitsschädlich sein, aus welchem sich ergibt, dass ihm die Sache nicht eilig ist. Damit kann zwar nicht generell jedes Verhalten gegenüber einem Dritten für den Verlust der Dringlichkeit berücksichtigt werden. Auch gibt der Antragsteller bei Nichtvorgehen gegen einen Dritten im Ausgangspunkt lediglich zu erkennen, dass ihm ein Vorgehen gegen diesen nicht eilig ist. Allerdings kann in einem Nichtvorgehen gegen einen Dritten im Einzelfall zu erkennen sein, dass das Verfahren gegen den Antragsgegner ebenfalls nicht dringlich ist (vgl. Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075). Dies vorausgesetzt kann im Einzelfall auch darauf abgestellt werden, ob der Anspruchsteller gegen die Quelle einer möglichen Verletzungshandlung vorgegangen ist, um so einen umfassenden Rechtsschutz zu erlangen, oder ob die einstweilige Verfügung aus anderen Gründen beantragt worden ist.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, ob das Vorgehen gegen die Quelle letztlich mit vergleichbaren Prozessaussichten möglich ist. Dies kann abzulehnen sein, wenn ein Vorgehen aufgrund der Sach- und Rechtslage nicht hinreichend erfolgversprechend ist, die praktische Durchsetzbarkeit fraglich ist, Probleme bei einer möglichen Vollstreckung drohen oder die Rechtsverfolgung in einem solchen Fall insgesamt weniger effektiv erscheint (vgl. Hoppe-Jänisch in GRUR 2015, 1075).

Nach diesen Grundsätzen ist die vorliegende Sache nicht (mehr) als dringlich anzusehen. Denn gegen den Franchisegeber kann die Antragstellerin (mit Ausnahme der Verpackung) nicht mehr im Rahmen eines Verfügungsverfahrens vorgehen.

Bereits im Rahmen der Abmahnung hat die Antragstellerin gegenüber dem Franchisegeber lediglich geeignete gerichtliche Maßnahmen angekündigt, während sie gegenüber dem Antragsgegner sofortige gerichtliche Maßnahmen angedroht hat. Auch hat die Antragstellerin im Rahmen der Abmahnung gegen den Antragsgegner weitere Vergleichsgespräche erfragt, die tatsächlich stattgefunden haben. Weiter führt die Antragstellerin selbst aus, dass sie weitere Verletzungshandlungen durch den Franchisegeber erkennt und deren Fortsetzung ausdrücklich befürchtet. Diese weiteren Verletzungen hätte die Antragstellerin in erster Linie im Rahmen eines gerichtlichen Vorgehens durch ein Verfügungsverfahren gegen den Franchisegeber kurzfristig unterbinden können, zumal die Antragstellerin keinen weiteren Franchisenehmer abgemahnt hat.

Nachdem auch der Franchisegeber seinen Sitz in Deutschland hat, ist nicht ersichtlich, dass die Prozessaussichten gegen diesen geringer wären oder Probleme im Rahmen der ggf. notwendigen Vollstreckung auftreten könnten. Insbesondere wären in dem Verfahren gegen den Franchisegeber die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu klären und der Anspruch könnte effektiv durchgesetzt werden. Gründe, die darauf hindeuten würden, dass eine Vollstreckung gegen den Franchisegeber weniger aussichtsreich wären, sind nicht ersichtlich.

Soweit sich die Antragstellerin in Vergleichsverhandlungen mit dem Franchisegeber befindet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn sie hat die Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen, durch ein zeitnahes Vorgehen gegen diesen in einem Eilverfahren die Nutzungen unmittelbar und einheitlich zu unterbinden. Dadurch, dass die Antragstellerin somit tatsächlich die weiteren Nutzungen nicht unterbunden hat, hat sie gezeigt, dass die einstweilige Verfügung nicht beantragt wurde, um die rechtswidrigen Nutzungen kurzfristig zu unterbinden, sondern dass sie andere Gründe hatte (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 2015, 279).

Soweit die Antragstellerin den Franchisegeber hinsichtlich einer Verpackungsgestaltung im o.a. Verfügungsverfahren in Anspruch nimmt, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn das Verhalten der Antragstellerin zeigt insgesamt, dass ihr Ziel nicht das kurzfristige Unterbinden der Nutzungen war.


Den Volltext finden Sie hier:

LG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

LG Frankfurt
Urteil vom 18.05.2022
2-06 O 52/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten - Urheber der Bilddatei steht keine Nutzungsvergütung zu

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Urheber des Bildes von Europa, das auf allen Euro-Banknoten in abgewandelter Form verwendet wird, keine Vergütung für die Nutzung verlangen kann.

Der Kläger ist Geograf und Karthograph. Er hatte eine Abbildung des europäischen Kontinents erstellt und dafür verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien verwendet, bearbeitet und verändert, Küstenlinien, Fjorde und Inseln verschoben und Oberflächenstrukturen und Farben überarbeitet. Das so geschaffene Bild wurde im Rahmen eines 1996 ausgetragenen Wettbewerbs um die Gestaltung der Euro-Banknoten in dem letztlich als Sieger auserkorenen Entwurf verwendet. Der Kläger übertrug einer europäischen Institution die Nutzungsrechte an der bearbeiteten Satellitenaufnahme und erhielt dafür 2.180 €. Später wurde die Lizenz zur Nutzung des Bildes auf die Europäische Zentralbank übertragen.

Der Kläger hat verlangt, dass die Europäische Zentralbank ihm eine sog. angemessene Vergütung bzw. Nachvergütung nach dem Urhebergesetz zahlt. Für die Vergangenheit hat er 2,5 Mio. Euro gefordert und zusätzlich jährlich 100.000 Euro für die Dauer von weiteren 30 Jahren.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Eine Vergütung nach dem Urhebergesetz sei ausgeschlossen, weil ein Werk des Klägers tatsächlich nicht genutzt werde. Die Richterinnen und Richter erklärten in ihrem Urteil: „Zwar wird die Bilddatei des Klägers als Ausgangsprodukt für die Gestaltung verwendet, indem die Satellitenansicht Europas in ihren Umrissen übernommen wird.“ Jedoch weiche die Darstellung auf den Euro-Banknoten so stark von dem Satellitenbild des Klägers ab, dass ein selbständiges, neues Werk geschaffen worden sei. Maßgeblich sei, ob „die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, sodass die Benutzung des älteren Werkes durch das neue nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.“ Das sei vorliegend der Fall: „Bei einem Gesamtvergleich der Bilddatei mit den Euro-Banknoten ist ein Verblassen der eigenschöpferischen Merkmale der Bilddatei anzunehmen.“ Denn der europäische Kontinent werde nur auf einem verhältnismäßig geringen Teil der Banknoten dargestellt. Auf dem Bild des Klägers seien die Landmassen Europas außerdem in naturtypischer Darstellung in grün und dunkelbraun gehalten, während der Kontinent auf den Euro-Banknoten in der jeweiligen Grundfarbe der Stückelung nur einfarbig mit Linienreliefs gestaltet werde. Schließlich sei auf den Geldscheinen von der für eine Satellitenaufnahme prägenden Darstellung der Lebensumwelt, insbesondere der Höhen und Tiefen der Landschaftselemente, vollständig Abstand genommen worden.

Das Urteil vom 18.5.2022 (Aktenzeichen: 2-06 O 52/21) ist nicht rechtskräftig.
Zur Erläuterung
§ 32 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. (…)“

§ 32a Absatz 1 Urhebergesetz:
„Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. (…)“

§ 23 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes (…) dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.“



Volltext BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911

BGH
Urteil vom 07.04.2022
I ZR 222/20
Porsche 911
UrhG §§ 16, 17, 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1, § 32a Abs. 1; Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. a


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Der Begriff der Nutzung im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist dahingehend auszulegen, dass Erträge oder Vorteile aus einer Nutzung, die nicht in den Schutzbereich eines Verwertungsrechts des Urhebers eingreifen, keinen Anspruch gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere angemessene Beteiligung des Urhebers begründen können.

b) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten für Werke im Sinne von § 2 UrhG auch nach der durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Streichung des § 24 UrhG aF und der Änderung des § 23 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des "Verblassens" unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.

BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911

BGH
Urteil vom 07.04.2022
I ZR 222/20
Porsche 911


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 befasst.

Die Pressemitteilungd es BGH:
Bundesgerichtshof zu urheberrechtlichen Ansprüchen eines Konstrukteurs der Porsche AG auf
Fairnessausgleich nach § 32a UrhG

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über urheberrechtliche Beteiligungsansprüche des früheren Abteilungsleiters der Karosserie-Konstruktion der Porsche AG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 entschieden.

Sachverhalt:

Die Beklagte ist die Porsche AG. Die Klägerin ist die Tochter eines im Jahr 1966 verstorbenen Abteilungsleiters der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Dieser war im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfolgemodells Porsche 911 befasst. Der Umfang seiner Beteiligung an der Gestaltung dieser Modelle ist zwischen den Parteien streitig.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die Klägerin verlangt als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht einer weiteren Erbin von der Beklagten gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestaltungselemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungsmodelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat allerdings im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Klägerin keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG zustehen, soweit sie geltend macht, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Porsche 356 genutzt. Die Gestaltung des Porsche 356 ist zwar als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG). Die Klägerin hat auch nachgewiesen, dass ihr Vater diese Gestaltung geschaffen hat und damit deren Urheber ist (§ 7 UrhG). Die Beklagte hat mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 aber nicht das ihr vom Vater der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses eingeräumte Recht zur Verwertung dieses Werkes in körperlicher Form (§ 15 Abs. 1 UrhG) genutzt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sind bei einem Vergleich des Gesamteindrucks der beiden Fahrzeugmodelle die den Urheberrechtsschutz des Porsche 356 begründenden Elemente in der Gestaltung des Porsche 911 nicht mehr wiederzuerkennen. Die Beklagte hat daher mit der Herstellung und dem Vertrieb des Porsche 911 nicht in das ausschließliche Recht des Urhebers zur Vervielfältigung (§ 16 Abs. 1 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) des Porsche 356 eingegriffen. Ein Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung scheidet deshalb aus, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei der Gestaltung der Baureihe 991 des Porsche 911 gleichfalls um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt und damit die Voraussetzungen einer freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF vorliegen.

Die Annahme des Oberlandesgerichts, der Klägerin stünden auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit sie sich darauf berufe, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Ursprungsmodell des Porsche 911 genutzt, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Oberlandesgericht hat Ansprüche der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 geschaffen habe. Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren allerdings ihren Ehemann als Zeugen dafür benannt, dass ihr Vater diesem bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz klargemacht habe, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie "sein Auto, sein Entwurf" gewesen sei. Das Oberlandesgericht hätte sich mit diesem Beweisangebot auseinandersetzen müssen, weil die Zeugenaussage zumindest ein Indiz für die Urheberschaft des Vaters der Klägerin liefern konnte. Die Klägerin hat dieses Beweisangebot zwar erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht. Das Oberlandesgericht hat sich aber nicht damit befasst, ob die Klägerin deshalb mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist. Diese Frage kann nur vom Berufungsgericht und nicht vom Revisionsgericht entschieden werden.

Vorinstanzen:

LG Stuttgart - Urteil vom 26. Juli 2018 - 17 O 1324/17

OLG Stuttgart - Urteil vom 20. November 2020 - 5 U 125/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: …

4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; …

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

§ 7 UrhG

Urheber ist der Schöpfer des Werkes.

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfasst insbesondere

1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16),

2. das Verbreitungsrecht (§ 17), …

§ 16 Abs. 1 UrhG

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

§ 17 Abs. 1 UrhG

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

§ 23 Abs. 1 UrhG nF

(1) Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes, insbesondere auch einer Melodie, dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.

§ 24 Abs. 1 UrhG aF

Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

§ 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird.

Volltext BGH liegt vor: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Chefkameramann des Films "Das Boot"

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18
Das Boot III
UrhG § 32 Abs. 2 Satz 2, § 32a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG kommt es ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten an. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, kann bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses nicht die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung zu den gesamten vom Vertragspartner und den Dritten erzielten Erträgen und Vorteilen ins Verhältnis gesetzt werden, sondern nur der Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die verwerteten Nutzungsrechte entfällt. Es ist deshalb notwendig, auf allen Stufen der Prüfung des Anspruchs auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG die für die Einräumung der von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten genutzten Nutzungsrechte (fiktiv) vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den mit der Nutzung dieser Rechte erzielten Erträgen und Vorteilen zu setzen (Fortführung von BGH, GRUR 2020, 611 Rn. 46, 114, 128, 130 und 158 - Das Boot II).

b) Bei Filmwerken werden Urheber in einer die Vermutung gemäß § 10 Abs. 1 UrhG begründenden Weise üblicherweise im Vor- oder Abspann aufgeführt.

c) Soweit im Abspann eines Filmwerks neben einem "Chefkameramann" weitere "zusätzliche" Kameramänner aufgeführt werden, kommt darin zwar eine Weisungsbefugnis des "Chefkameramanns" und eine korrespondierende Weisungsgebundenheit der "zusätzlichen" Kameramänner zum Ausdruck. Es kann allerdings nicht ohne gesonderte Feststellungen angenommen werden, dass das Weisungsverhältnis über die Organisation und die technische Durchführung der Dreharbeiten hinausgreift und eine die
(Mit-)Urhebereigenschaft begründende eigene schöpferische Leistung der "zusätzlichen" Kameraleute ausschließt.

BGH, Urteil vom 1. April 2021 - I ZR 9/18 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Nachträgliche Erschöpfung des Markenrechts durch Zustimmung des Markeninhabers im Nachhinein

BGH
Urteil vom 25.03.2021
I ZR 37/20
myboshi
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 13 Abs. 1; Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 15
Abs. 1; MarkenG § 24 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass eine nachträgliche Erschöpfung des Markenrechts durch Zustimmung des Markeninhabers im Nachhinein erfolgen kann.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Inverkehrbringen im Sinne von § 24 Abs. 1 MarkenG durch eine Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware an einen Dritten, der die Ware bereits in Besitz hat, kommt in Betracht, wenn die veräußerte Ware bei dem Dritten gesondert von der übrigen mit der Marke versehenen Ware gelagert und entsprechend markiert wird.

b) Die spätere Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware durch die Lizenznehmerin an den Dritten, nachdem dieser die Ware weiterveräußert hat, kann nachträglich zur Erschöpfung des Markenrechts führen, weil der Markeninhaber seine Zustimmung nicht nur im Voraus (als Einwilligung), sondern auch im Nachhinein (als Genehmigung) erteilen kann.

BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18

Der BGH hat sich abermals zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für den Chefkameramann des Films "Das Boot" geäußert und seine Rechtsprechung zu § 32a UrhG weiter präzisiert. Erneut kommt es zu einer Zurückverweisung an das OLG.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Zur Vergütung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot"

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut über eine weitere angemessene Beteiligung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot" an den von der Produktionsgesellschaft, dem Westdeutschen Rundfunk und dem Videoverwerter erzielten Vorteilen aus der Verwertung des Films entschieden.

Sachverhalt:

Der Kläger war Chefkameramann des in den Jahren 1980/1981 hergestellten Filmwerks "Das Boot". Der Film wurde national und international im Kino, im Fernsehen sowie auf Videokassette und DVD ausgewertet. Die Beklagte zu 1 hat den Film produziert und mit dem Kläger für seine Leistung eine Pauschalvergütung in Höhe von 204.000 DM (104.303,54 €) gegen Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte vereinbart. Sie hat den Film an die Beklagten zu 2 und 3 sowie weitere Dritte lizenziert und im Rahmen der "Bavaria Filmtour" auf ihrem Studiogelände in München genutzt. Der Beklagte zu 2 ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Er hat den Film in seinem Sender und im Gemeinschaftsprogramm der ARD ausgestrahlt sowie entgeltliche Sublizenzen erteilt. Die Beklagte zu 3 hat das Werk auf Grundlage von Lizenzverträgen auf Bildträgern (DVD etc.) in Deutschland und Österreich verbreitet.

Der Kläger macht gegen die Beklagten für nach dem 28. März 2002 erfolgte Werknutzungen jeweils einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 1 UrhG (Beklagte zu 1) und § 32a Abs. 2 UrhG (Beklagte zu 2 und 3) geltend, weil ihre aus der Werknutzung gezogenen Erträgnisse und Vorteile in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Vergütung stünden. Ferner beansprucht er gegenüber der Beklagten zu 1 Vertragsanpassung und gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 jeweils Feststellung der Verpflichtung zur künftigen weiteren Beteiligung. Zudem verlangt er von der Beklagten zu 3 Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten beantragen jeweils Klageabweisung.

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger hat die Beklagten bereits auf einer ersten Klagestufe mit Erfolg auf Erteilung von Auskünften über die jeweils erzielten Erträgnisse und Vorteile in Anspruch genommen (BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 127/10 - Das Boot I).

Seine im vorliegenden Rechtsstreit auf die erteilten Auskünfte gestützte Zahlungsklage hatte vor dem Landgericht teilweise Erfolg (LG München I, ZUM 2016, 776). Auf die Berufung sämtlicher Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 162.079,27 € und zur Einwilligung in die Anpassung des streitgegenständlichen Vertrages verurteilt. Die Beklagten zu 2 und 3 hat es zur Zahlung in Höhe von 89.856,59 € bzw. 186.490,74 € verurteilt; zudem hat es für die Zeit ab dem 9. Oktober 2015 bzw. ab dem 1. April 2017 deren Verpflichtung zur Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung festgestellt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klagen abgewiesen (OLG München, GRUR-RR 2018, 225).

In einem weiteren Verfahren hat der Kläger die mit dem Beklagten zu 2 in der ARD organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus § 32a Abs. 2 UrhG in Anspruch genommen (OLG Stuttgart, ZUM-RD 2019, 20). Hierüber hat der Senat durch Zurückverweisung der Sache ans Berufungsgericht entschieden (Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 176/18, GRUR 2020, 611 - Das Boot II; vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen haben die Parteien ihre Anträge weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung nicht zuerkannt werden.

Der Kläger kann von den Beklagten nach § 32a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UrhG eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen, wenn die Vergütung, die er mit der Beklagten zu 1 vereinbart hat, in einem auffälligen Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die die Beklagten mit der Verwertung des Films erzielt haben. Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt, also der Vergütung, die mit Rücksicht auf die Höhe der erzielten Vorteile üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung, ob im Streitfall ein solches auffälliges Missverhältnis besteht, die vereinbarte Pauschalvergütung im Hinblick auf jeden Beklagten in voller Höhe zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass es bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten ankommt. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen - wie im vorliegenden Fall - einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, muss bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der - zu schätzende - Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten verwerteten Nutzungsrechte entfällt, ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden.

Das Berufungsgericht hat ferner die von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteile unter indizieller Heranziehung von Vergütungsregelungen in Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregeln bestimmt, die nach den Umständen des Streitfalls unmittelbar nicht anwendbar sind. Der Bundesgerichtshof hat diese Bemessung der Vorteile durch das Berufungsgericht gebilligt. Den Gerichten ist für die im Wege der Schätzung zu ermittelnde Höhe des Vorteils nach § 287 Abs. 2 ZPO ein weites Ermessen eingeräumt. In der Revisionsinstanz ist eine solche Schätzung nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Beurteilung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat. Danach ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung des Vorteils durch indizielle Heranziehung von nach den Umständen sachgerechten Bewertungsgrundlagen aus Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregelungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene indizielle Anwendung dieser Regelungen hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht in allen Einzelheiten stand (vgl. dazu bereits die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Wegen dieser Berechnungsfehler bei der Prüfung des vom Kläger erhobenen Anspruchs ist der Annahme des Berufungsgerichts, es liege im Verhältnis zu jedem Beklagten ein auffälliges Missverhältnis vor, die Grundlage entzogen. Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu prüfen haben, ob der auf die Einräumung der bei den Beklagten jeweils in Rede stehenden Rechte entfallende Teil der vereinbarten Pauschalvergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteilen steht und der Kläger von den Beklagten daher eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen kann.

Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 2. Juni 2016 - 7 O 17694/08

OLG München - Urteil vom 21. Dezember 2017 - 29 U 2619/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 32 UrhG Angemessene Vergütung

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

(2) Hat der andere das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen eines Dritten, so haftet dieser dem Urheber unmittelbar nach Maßgabe des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Die Haftung des anderen entfällt. ...

§ 287 ZPO Schadensermittlung; Höhe der Forderung

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. …

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BGH: Zur Auslegung und Abtretung des Rechts zur Kündigung eines markenrechtlichen Lizenzvertrages an den Erwerber einer Marke

BGH
Urteil vom 17.10.2019
I ZR 34/18
Valentins
MarkenG § 30 Abs. 1 und 5; BGB § 157


Leitsätze des BGH:

a) Für eine schriftliche Dokumentation des Abschlusses eines Lizenzvertrags genügt eine schriftliche Vereinbarung, der sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der Abschluss eines Gestattungs- oder Lizenzvertrags entnehmen lässt.

b) Hält sich der Lizenznehmer nicht an ein dem Lizenzgeber gegenüber abgegebenes Versprechen, nach dem Lizenzvertrag nicht gestattete Verwendungen der lizenzierten Marke zu unterlassen, kann dies den Lizenzgeber zu einer außerordentlichen Kündigung des Lizenzvertrags berechtigen.

c) Das Recht zur Kündigung eines Lizenzvertrags kann jedenfalls dann isoliert durch eine Vereinbarung an den Erwerber der Marke abgetreten werden, wenn das Markenrecht nach § 27 Abs. 1 MarkenG übertragen wird und derjenige, dem vor der Übertragung eine Lizenz erteilt worden ist, sich auf den Sukzessionsschutz des § 30 Abs. 5 MarkenG berufen kann. Die Frage, ob das Kündigungsrecht auf den Zessionar übergehen soll, ist im Wege der - ergänzenden - Vertragsauslegung zu beantworten.

BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - I ZR 34/18 - OLG Karlsruhe - LG Mannheim

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OLG Frankfurt : Keine Markenrechtsveretzung durch Domainnutzung wenn Markeninhaber dem Domaininhaber Lizenz zur umfassenden Nutzung der Marke erteilt hat

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.03.2018
6 W 18/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass keine Markenrechtsveretzung durch die Nutzung einer Domain vorliegt, wenn der Markeninhaber dem Domaininhaber eine Lizenz zur umfassenden Nutzung der Marke erteilt hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Landgericht hat den Unterlassungsantrag, darauf gerichtet, es der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Domain www.(...).de und die Domain www.(...).com zu benutzen, mit Recht mangels Bestehens eines Verfügungsanspruchs zurückgewiesen.

Das beanstandete Verhalten verstößt insbesondere nicht gegen §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 UWG.

Die Antragstellerin hat am 15. Dezember 1989 mit der Firma1 AG einen Franchisevertrag geschlossen, mit dem die Antragstellerin ermächtigt und verpflichtet wurde, die B-Methode anzuwenden, Trainer auszubilden und zu autorisieren und die gewerblichen Schutzrechte der Firma1, insbesondere das Warenzeichen "B" zu benutzen. Mit Ziffer 2.2 dieses Vertrages behielt es sich die Firma1 vor, in dem der Antragstellerin zugewiesenen Territorium solche Rechte selbst wahrzunehmen oder auch Dritten zu erteilen. Mit einem im Februar 2002 abgeschlossenen "Nachtrag Nr. 3" erhielt die Antragstellerin das exklusive Vertriebsrecht für die Bundesrepublik Deutschland für die im Vertrag genannten Produkte, solange der Vertrag vor 15.12.1989 ungekündigt ist und A Geschäftsführer und mehrheitsbeteiligter Gesellschafter ist. Der Franchisevertrag mit der Antragstellerin wurde mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 von der Firma1 ordentlich gekündigt.

Am 19 Januar 2018 schloss die Antragsgegnerin mit der Firm1 einen Partnerschaftsvertrag (Anlage AG 2 zur Schutzschrift, Bl. 83 ff. d. A.). In diesem Vertrag wurde der Antragsgegnerin das Recht eingeräumt, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das B-Training-System anzuwenden und hier Trainer auszubilden. Weiter wurde der Antragsgegnerin das Recht eingeräumt, nach außen als "B GmbH & Co. KG" zu firmieren. Auch wurde ihr die Benutzung der eingetragenen Wortmarke "B" im Zusammenhang mit ihrer vertraglichen Tätigkeit gestattet.

Daraus folgt, dass die Antragsgegnerin zulässigerweise die im Passivrubrum wiedergegebene Firmierung führt und die Marke "B" nutzt. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Daraus folgt zugleich, dass die Antragsgegnerin auch befugt ist, die beanstandete Domain zu nutzen. Auch dies folgt unmittelbar aus dem mit der Firma1 geschlossenen Partnerschaftsvertrag. Die Zuerkennung eines auf § 5 UWG gestützten Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin würde bedeuten, in einer Weise in die markenrechtlichen Befugnisse der Firma1 einzugreifen, die mit den Wertungen des Markengesetzes im Widerspruch steht. Es entspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei der Anwendung der lauterkeitsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Herkunftstäuschungen Wertungswidersprüche zu Markenrecht zu vermeiden sind (BGH GRUR 2016, 965 - Baumann II, Rdz. 23). Das heißt, der Zeichenschutz darf mit Hilfe des Lauterkeitsrechts weder erweitert noch eingeschränkt werden. Soweit eine Lizenzerteilung kennzeichenrechtlich zulässig ist, muss die damit verbundene Fehlvorstellung des Verkehrs hingenommen werden (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG 36. Aufl., § 5 Rdz. 0.112). Der Antragstellerin steht daher auch kein Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 3, Anhang Ziffer 13 UWG zu.

Für den hilfsweise geltend gemachten Unterlassungsanspruch gilt nichts anderes, da dieser auf das Verbot der Nutzung der Domain gerade den Geschäftsbereich der Antragsgegnerin betreffend gerichtet ist.


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OLG Hamburg: Rechtsmissbrauch durch ausschließlichen Lizenznehmer zahlreicher Marken wenn dieser keine Nutzung der Marken beabsichtigt

OLG Hamburg
Urteil vom 22.06.2017
3 U 223/16


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung markenrechtlicher Unterlassungs - und Nebenansprüche vorliegt, wenn dies durch den ausschließlichen Lizenznehmer zahlreicher Marken erfolgt und dieser keine ernsthafte eigene Nutzung der Marken beabsichtigt (Markentroll).

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gemäß Art. 102 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV auf Unterlassung der Benutzung des in der konkreten Verletzungsform angegriffenen Kennzeichens durch die Antragsgegner. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Antragstellerin ist rechtsmissbräuchlich. Insoweit ist auch im Rahmen des Unionsmarkenrechts nationales - hier also deutsches - Recht ergänzend anwendbar (Art. 101 Abs. 2 UMV).

Rechtsmissbrauch ist allerdings auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der nicht nur im deutschen Recht (vgl. BGH, NJW 2013, 66, Rn. 9), sondern auch im europäischen Recht anerkannt ist. Die Feststellung eines Missbrauchs setzt grundsätzlich zum einen voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde. Zum anderen setzt sie ein subjektives Element voraus, nämlich die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2000, C-110/99, Rn. 52f – Emsland Stärke; EuG, Urteil vom 7.7.2016, T-82/14, Rn. 52 – Luceo).

Der Bundesgerichtshof hat die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des markenrechtlichen Ausschließlichkeitsrechts weiter konkretisiert. Von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung sei auszugehen, wenn ein Markeninhaber (1) eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, (2) hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat - vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen konkreten Beratungskonzepts - und (3) die Marken im wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (Vgl. BGH, GRUR 2001, 242, Rn. 35 – Classe E).

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs entsprechen im Wesentlichen der Rechtsprechung zur Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 b) UMV. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat hinsichtlich der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 b) UMV in der Entscheidung LUCEO ausgeführt, dass sich der Begriff der Bösgläubigkeit auf ein Verhalten bezieht, das von den anerkannten Grundsätzen ethischen Verhaltens oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel abweicht. Um zu beurteilen, ob ein Anmelder bösgläubig sei, sei insbesondere zu prüfen, ob er beabsichtige, die angemeldete Marke zu benutzen. Die Absicht, die Vermarktung einer Ware zu verhindern, könne unter bestimmten Umständen für die Bösgläubigkeit des Anmelders kennzeichnend sein. Dies sei unter anderem dann der Fall, wenn sich später herausstelle, dass er ein Zeichen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein deshalb als Unionsmarke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern. Die Absicht des Anmelders zum maßgeblichen Zeitpunkt sei ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das anhand aller erheblichen Faktoren zu bewerten sei, die dem Einzelfall eigen seien und zum Zeitpunkt der Anmeldung eines Zeichens als Unionsmarke vorlägen. Diese Absicht lasse sich normalerweise anhand objektiver Kriterien feststellen, zu denen unter anderem die unternehmerische Logik gehöre, in die sich die Anmeldung einfüge (vgl. EuG, Urteil vom 7.7.2016, T-82/14, Leitsätze – Luceo).

Der Einwand einer rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist vorliegend bereits deshalb möglich, weil nicht der Markeninhaber, sondern der ausschließliche Lizenznehmer aus dem Markenrecht vorgeht. Gegenüber diesem kann der Einwand einer bösgläubigen Markenanmeldung nicht direkt verfangen. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs liegen auch vor.

a) Die Antragstellerin verfügt über eine Vielzahl von ausschließlichen Markenlizenzen. Die Antragstellerin ist nach ihrem eigenen Vortrag als Vertriebsgesellschaft Inhaberin der ausschließlichen Markenlizenzen der I. … GmbH für die EU. Die I. … GmbH war und ist unstreitig Alleininhaberin von 259 nationalen Schweizer Marken beziehungsweise Unionsmarken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen (Anlage AG 4). Die Antragstellerin verfügt damit über eine Vielzahl von Markenrechten, die die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen ermöglichen.

b) Es ist unstreitig, dass weder die Antragstellerin noch die Markeninhaberin der streitgegenständlichen Marke diese oder die weiteren Marken selbst im eigenen Geschäftsbetrieb zu nutzen beabsichtigt.

Die Antragstellerin hat aber auch nicht, wozu sie vorliegend aufgrund ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen wäre, ausreichend dargelegt, dass sie entsprechend der anerkannten Grundsätze ethischen Verhaltens oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel (vgl. EuG, Urteil vom 7.7.2016, T-82/14, Rn. 52 Leitsätze – Luceo) vorentwickelte Marken bzw. Markenrechte verwaltet und Unternehmen zum Kauf anbietet.

Die Antragsgegnerin behauptet, dass die I. … GmbH die streitgegenständliche Marke allein zu dem Zweck abgesichert habe, mit Hilfe einer zwischengeschalteten juristischen Personenhülle Dritte mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen. Die Antragstellerin beschreibe ihre Tätigkeit der Markenentwicklung nicht konkret sondern nur abstrakt. Sie entfalte keinerlei Geschäftstätigkeit. Dies zeige sich an dem Status als sogenannte „Dormant Company“, also einer Gesellschaft, die keine nennenswerte Tätigkeit ausübe.

Die Antragstellerin hat demgegenüber vorgetragen und durch ihren Geschäftsführer an Eides statt versichert (Anlage KPW 2), dass die Markeninhaberin, die I. … GmbH, ein Unternehmen sei, welches vorentwickelte Marken bzw. Markenrechte verwalte und Unternehmen zum Kauf anbiete. Die Tätigkeit der I. … GmbH sei ähnlich der einer Markennamen-, Namens-, Brand- oder Naming-Agentur. Die Antragstellerin sei eine eigenständige Vertriebsgesellschaft mit Sitz in der EU, welche die Marken der I. … GmbH Kunden in der EU zum Kauf oder zur Lizensierung anbiete und zu diesem Zweck Inhaberin der ausschließlichen Markenlizenz sei.

Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt, dass sie eine Tätigkeit ausübt, die vorliegend die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtfertigt. Zwar trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Indizien, die einen Rechtsmissbrauch begründen, die Antragsgegnerin. Vorliegend lag es jedoch an der Antragstellerin angesichts des unterschiedlichen Informationsstands nach Treu und Glauben im Wege der sekundären Darlegungslast zu den näheren Umständen ihres Geschäftsbetriebes vorzutragen (vgl. BGH, GRUR 2015, 685, Rn. 10 – STAYER). Dem ist die Antragstellerin nicht ausreichend nachgekommen. Sie hat in der Berufungsinstanz lediglich auf die Geschäftstätigkeit des Geschäftsführers der Antragstellerin und anderer Gesellschaften verwiesen. Nach ihrem Vortrag werbe der Geschäftsführer, Herr E., über die Internetseite Linkedin (Anlage KPW 28) und habe in der Vergangenheit erfolgreich Marken entwickelt und – auch über andere Gesellschaften - veräußert (z. B. E….., W. … und L. …). Er biete auch über eine seiner Gesellschaften Marken auf dem Handelsportal des Dänischen Patent- und Markenamtes an, z.B. die Marke E. … (Anlage KPW 32).

Dieser Vortrag genügt nicht den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast. Die Antragstellerin hat nicht ansatzweise ihre eigene Tätigkeit dargelegt, die immerhin 259 Marken der I. … GmbH als Vertriebsgesellschaft in der EU zum Kauf oder zur Lizensierung anzubieten. Es fehlt an einem konkreten Vortrag, die Marken im Rahmen eines stimmigen und seriösen Geschäftsmodells zu veräußern. Dies wäre aber vor dem Hintergrund des Hinweises der Antragsgegnerin auf den Status der Antragstellerin als Dormant Company erforderlich gewesen. Eine Dormant Company nimmt keine oder keine wesentlichen buchhalterisch zu erfassenden Transaktionen vor. Es wird lediglich eine einfache Bilanz als Jahresabschluss eingereicht. Im Hinblick darauf, dass seitens der Antragstellerin für das Jahr 2015, dem Jahr in dem die Abmahnung der Antragsgegnerin erfolgte, die Antragstellerin selbst mitgeteilt hat, keine wesentliche geschäftliche Tätigkeit auszuüben, hätte sie diesem Vortrag entgegentreten müssen. Vielmehr bestätigt der Vortrag der Antragstellerin, dass sich der Status der Antragstellerin im Geschäftsjahr 2016 ändern werde, dass die Antragstellerin im Jahr 2015 keinerlei Geschäftstätigkeit ausgeübt hat. In dieses Bild fügt sich ein, dass die Markeninhaberin, die I. … GmbH, die ausschließliche Lizenz unentgeltlich erteilt. Im Übrigen hat die Antragstellerin aber auch zur Tätigkeit des Geschäftsführers nicht ausreichend vorgetragen. Insbesondere fehlt es am Vortrag dazu, unter welchen exakten Umständen Herr E. die genannten Marken veräußert hat. Die Tatsache der Veräußerung der Marken alleine lässt keine Rückschlüsse über die Art und Weise zu. Im Ergebnis ist vorliegend deswegen zu Grunde zu legen, dass die Antragstellerin keine ausreichende Absicht hat, die angemeldete Marke in geschützter Weise zu benutzen.

c) Die Antragstellerin hortet die Markenlizenzen auf dieser Grundlage überwiegend wahrscheinlich auch allein, um daraus zu ihrem finanziellen Vorteil Ansprüche herzuleiten. Diese Absicht lässt sich anhand objektiver Kriterien feststellen, zu denen unter anderem die unternehmerische Logik gehört (vgl. EuG, Urteil vom 7.7.2016, T-82/14, Leitsätze – Luceo). Die Antragstellerin selbst entrichtet für die ausschließlichen Markenlizenzen, von denen nicht erkennbar ist, dass sie Grundlage einer weiteren, auf eine ernsthafte Benutzung der Marke gerichteten unternehmerischen Tätigkeit sind, kein Entgelt. Eine maßgebliche Tätigkeit im Rahmen einer Markennamen-, Namens-, Brand- oder Naming-Agentur hat die Antragstellerin, wozu sie, wie bereits ausgeführt, aufgrund ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen wäre, nicht dargelegt. Der unternehmerischen Logik folgend erzielt die Antragstellerin ihre Einkünfte daher überwiegend wahrscheinlich nur aus der Geltendmachung von Ansprüchen, die sie lediglich aus der Existenz von Markeneintragungen herleitet. Sie ist auch bezogen auf die streitgegenständliche Marke „ATHLET“ nicht auf die Antragsgegnerin beziehungsweise auf die H. … B.V zugegangen, um ihr die Marke zu veräußern oder diese zu lizenzieren. Vielmehr hat sie im Wege einer Abmahnung die Nutzung der Marke Athlete beanstandet und sowohl die H. … B.V. als auch ihre Abnehmerin, die Antragsgegnerin, zur Unterlassung aufgefordert. Die Folgen einer Schutzrechtsverwarnung wiegen schwer und üben auf den Unternehmer, dessen Vertrieb betroffen ist, einen erheblichen Druck aus, die betroffene Marke oder eine Lizenz zu erwerben. Die vorliegende Geltendmachung der Unterlassungsansprüche bestätigt im Ergebnis mangels anderweitiger Feststellungen, dass die der Antragstellerin eingeräumten Lizenz ebenfalls ausschließlich dazu dient, auf die abgemahnten Marktteilnehmer einzuwirken und so im Ergebnis finanzielle Vorteile zu erzielen. Sei es, um wirtschaftlichen Druck auszuüben und so eine Lizenzvereinbarung zu bewirken, sei es, um letztlich Lizenzzahlungen im Wege von Schadensersatzforderungen zu erzielen. Dass sie, wie sie vorträgt, bislang keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat, steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des markenrechtlichen Ausschließlichkeitsrechts liegen damit im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich vor."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Braunschweig: Vergibt ein Markeninhaber eine Herstellungslizenz und bringt der Lizenznehmer die Ware weisungswidrig in den Verkehr, so tritt markenrechtliche Erschöpfung ein

LG Braunschweig
Urteil vom 03.04.2014
22 O 334/14


Das LG Braunschweig hat entschieden, dass auch dann markenrechtliche Erschöpfung eintritt, wenn der Markeninhaber eine Herstellungslizenz vergibt und der Lizenznehmer die Ware weisungswidrig in den Verkehr bringt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Wenn der Markeninhaber - wie hier - eine Herstellungslizenz vergibt, ist für den Eintritt der Erschöpfung entscheidend, wo der Hersteller ansässig ist:

Wenn der Hersteller - wie hier - im europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, tritt Erschöpfung ein (Ingerl/Rohnke, aaO., § 24 Rdnr. 36, Fezer, MarkenG, 4. Auflg., § 24 Rn 34).

a.) Dies gilt auch dann, wenn nicht die Markeninhaberin selbst die Ware in den Verkehr gesetzt hat sondern der Hersteller, der dazu keine Erlaubnis erteilt hatte. Insoweit muss sich der Markeninhaber bei einer Auftragsproduktion rechtlich so behandeln lassen, als ob er die Ware selbst in Verkehr gesetzt hätte (BGH GRUR 1984, 545, 547 - „Schamotte-Einsätze“). Insoweit liegt die Sache nicht anders, als wenn der Markeninhaber die Kennzeichnung innerhalb seines eigenen Unternehmens vorgenommen hätte und dort infolge eines betrieblichen Organisationsfehlers die Ware weisungswidrig ausgeliefert worden wäre (BGH, aaO.)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zum Verhältnis von Kennzeichenrechten des Lizenzgebers und Lizenznehmers, die während der Vertragsbeziehung entstehen - Baumann

BGH
Urteil vom 27.03.2013
I ZR 93/12
Baumann
MarkenG § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 3, § 15 Abs. 2 und 4

Leitsätze des BGH:


a) Ein vom Lizenzgeber während der Vertragsbeziehung erworbenes Kennzeichenrecht geht dem Kennzeichenrecht des Lizenznehmers vor, das dieser ebenfalls während des Laufs des Lizenzvertrags erlangt hat, weil die Stellung des Lizenznehmers im Verhältnis zum Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenz- oder Gestattungsvertrags nicht besser als diejenige eines Dritten ist, der erstmals ein mit dem lizenzierten Kennzeichenrecht identisches oder ähnliches Zeichen nutzt.

b) An den Nachweis eines Lizenz- oder Gestattungsvertrags, aus dem der Lizenzgeber einen Vorrang seines Kennzeichenrechts im Verhältnis zum Kennzeichenrecht des Lizenznehmers ableitet, sind regelmäßig keine geringen Anforderungen zu stellen.

BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 93/12 - OLG Karlsruhe - LG Mannheim

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Zum Begriff "Lizenznehmer früherer Rechte" bei der Registrierung von .eu-Domains

EuGH
Urteil vom 19.07.2012
C‑376/11
Pie Optiek SPRL ./.
Bureau Gevers SA,
European Registry for Internet Domains ASBL

Tenor der Entscheidung:


Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung ist dahin auszulegen, dass in einem Fall, in dem das betroffene frühere Recht ein Markenrecht ist, der Begriff „Lizenznehmer früherer Rechte“ keine Person erfasst, der vom Inhaber der betreffenden Marke nur erlaubt worden ist, im eigenen Namen, aber für Rechnung dieses Inhabers einen Domänennamen zu registrieren, der mit der genannten Marke identisch oder ihr ähnlich ist, ohne dass dieser Person erlaubt worden wäre, die Marke kommerziell gemäß ihren Funktionen zu benutzen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: