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EuGH-Generalanwalt: Veräußerung einer Datenbank mit personenbezogenen Daten im Zwangsvollstreckungsverfahren kann ohne Zustimmung der Betroffenen DSGVO-konform und zulässig sein

EuGH
Schlussanträge vom 28.02.2024
C-693/22
Verkauf einer Datenbank


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass die Veräußerung einer Datenbank mit personenbezogenen Daten im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne Zustimmung der Betroffenen DSGVO-konform und zulässig sein kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Nach Ansicht von Generalanwalt Priit Pikamäe kann eine Datenbank mit personenbezogenen Daten unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens verkauft werden, auch wenn die von diesen Daten betroffenen Personen dem nicht zugestimmt haben.

Das ist dann der Fall, wenn die mit einem solchen Verkauf verbundene Datenverarbeitung in einer demokratischen Gesellschaft zur Sicherstellung der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs notwendig und verhältnismäßig ist .
Bei einem polnischen Gericht ist ein Rechtsstreit anhängig zwischen einer Gesellschaft und einem Mitglied des Vorstands einer anderen Gesellschaft, die auf den Online-Verkauf spezialisiert ist und gegenüber der die erstgenannte Gesellschaft eine Forderung hat. Die vermögensrechtliche Haftung dieses Mitglieds kann dann geltend gemacht werden, wenn die Schuldnergesellschaft nicht über hinreichende Vermögenswerte verfügt, um die Forderung der Gläubigergesellschaft zu befriedigen. Das Vorstandsmitglied ist jedoch der Ansicht, dass dies nicht der Fall sei, da die Schuldnergesellschaft u. a. zwei Datenbanken mit Daten von Nutzern der von ihr geschaffenen Online-Plattform besitze. Diese Datenbanken enthalten personenbezogene Daten von Hunderttausenden von Personen, die der Verarbeitung ihrer Daten in Form einer Bereitstellung an Dritte außerhalb dieser Plattform nicht zugestimmt haben.

Das polnische Gericht hat Zweifel, ob die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) es einem Gerichtsvollzieher gestattet, diese Datenbanken in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ohne die Zustimmung der von diesen Daten betroffenen Personen zu veräußern, und hat daher den Gerichtshof angerufen.

In seinen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Priit Pikamäe dem Gerichtshof vor, dies zu bejahen.

Seiner Ansicht nach fallen die von dem Gerichtsvollzieher zur Schätzung des Werts der betreffenden Datenbanken und zu ihrer Versteigerung vorgenommenen Handlungen in den Anwendungsbereich der DSGVO. Diese Handlungen umfassten nämlich mindestens das Auslesen, das Abfragen und die Verwendung der personenbezogenen Daten und ihre Bereitstellung an den Erwerber und seien daher als eine „Verarbeitung“ dieser Daten im Sinne dieser Verordnung anzusehen. Zudem meint der Generalanwalt, dass der Gerichtsvollzieher als der für diese Verarbeitung Verantwortliche eingestuft werden müsse.

Außerdem vertritt der Generalanwalt den Standpunk , dass die in Rede stehende Verarbeitung rechtmäßig sei, wenn sie für die Wahrnehmung einer dem Gerichtsvollzieher übertragenen Aufgabe, die in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge, erforderlich sei.

Schließlich stellt der Generalanwalt fest, dass sich der Zweck der von dem Gerichtsvollzieher vorgenommenen Verarbeitung von dem ursprünglichen Zweck unterscheide, der darin bestanden habe, die Nutzung der in Rede stehenden Online-Plattform zu ermöglichen. Damit diese weitere Verarbeitung als mit der DSGVO vereinbar angesehen werden könne, müsse sie eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung eines der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele im öffentlichen Interesse darstellen. Nach Auffassung des Generalanwalts kann unter diesen Zielen das der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche grundsätzlich die Verarbeitung der vorliegend in Rede stehenden Daten rechtfertigen. Er hebt auch hervor, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, die dem polnischen Gericht obliege, eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Gläubigergesellschaft und dem Recht der Nutzer der in Rede stehenden Online-Plattform auf Schutz personenbezogener Daten impliziere.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:

LG Karlsruhe: Online-Markplatz für Apotheken nicht mit § 8 Satz 2, § 11 Abs. 1a ApoG vereinbar und wettbewerbswidrig

LG Karlsruhe
Urteil vom 08.12.2022
13 O 17/22 KfH


Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Online-Markplatz für Apotheken nicht mit § 8 Satz 2, § 11 Abs. 1a ApoG vereinbar und somit wettbewerbswidrig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Urteil über die Zulässigkeit eines Online-Marktplatzes für Apotheken

Kurzbeschreibung: Landgericht Karlsruhe entscheidet über die Zulässigkeit eines Online-Marktplatzes für Apotheken (LG Karlsruhe, Urteil vom 08.12.2022 - 13 O 17/22 KfH -)

Mit Urteil vom heutigen Tage hat das Landgericht Karlsruhe (Kammer für Handelssachen) in einem Rechtsstreit eines (von einem großen niederländischen Anbieter betriebenen) Online-Marktplatzes für Apotheken mit einer Apothekerkammer, deren Mitglieder niedergelassene Apotheker*innen sind, wie folgt entschieden:

Angesichts der Regelungen in § 8 Satz 2, § 11 Abs. 1a ApoG ist es nicht zulässig, für Apotheken eine Online-Plattform bereitzustellen, über welche Apotheken Arzneimittel an Patienten verkaufen können, wobei der Marktplatzbetreiber von den teilnehmenden Apotheken eine monatliche Grundgebühr und eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr (letztere auf Verkäufe von rezeptfreien Arzneimitteln) verlangt. Die beklagte Apothekerkammer kann einen entgegen den Vorschriften des Apothekengesetzes erfolgten Betrieb eines solchen Online-Marktplatzes nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts (UWG) untersagen lassen.

Dies ergibt sich insbesondere aus dem vom Gesetzgeber mit den genannten Vorschriften verfolgten Zweck. Der Schutzzweck des § 11 Abs. 1a ApoG liegt im Allgemeininteresse an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dafür ist nach der Wertung des Gesetzes ein flächendeckendes Netz wohnortnaher Apotheken erforderlich. Die Versorgung der Bevölkerung mit wohnortnahen Apothekendienstleistungen kann gefährdet sein, wenn wirtschaftlicher Druck auf die niedergelassenen Apotheken entsteht. Sind solche Marktplätze wie derjenige der Klägerin erst einmal am Markt etabliert, stehen Apotheker*innen vor der Wahl, sich entweder an entsprechenden Geschäftsmodellen zu beteiligen oder Verschreibungen zu verlieren.

Der Gesetzeszweck des § 8 Satz 2 ApoG liegt darin, Rechtsverhältnisse zu vermeiden, in denen sich ein Dritter die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten von Apotheker*innen zunutze macht und an den Früchten der Apotheke partizipiert. Apotheker*innen soll die eigenverantwortliche Führung und Leitung ihres Betriebs sowohl in fachlicher, also wissenschaftlich-pharmazeutischer, als auch in betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht möglich sein, ohne (auch nur indirekt) bei ihren Entscheidungen von Dritten beeinflusst oder bestimmt zu werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Apotheker*innen ihrer öffentlichen Aufgabe, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung mitzuwirken, in sachgerechter Weise nachkommen. Apotheken können, wenn sie sich dem Marktplatz der Klägerin angeschlossen haben, möglicherweise in einigen Jahren aufgrund gestiegener Marktmacht der Klägerin und sich ggf. ändernder Vertragsbedingungen in wirtschaftliche Abhängigkeit geraten, wie dies von anderen Marktplätzen, etwa booking.com, als allgemeinbekannt vorausgesetzt werden kann.

Das Urteil gewinnt zusätzliche Bedeutung vor dem Hintergrund des elektronischen Rezepts, welches seit 01.09.2022 schrittweise in Deutschland eingeführt wird. Dabei übermitteln Arztpraxen die Verordnungsdaten elektronisch an den e-Rezept-Server. Patient*innen erhalten einen Zugangscode, den sie (ggf. unter Nutzung einer e-Rezept-App) einer Apotheke ihrer Wahl bereitstellen. Die Apotheke kann sich damit die Daten vom Server laden und die Medikamente ausgeben. Indem die Abläufe im Gesundheitswesen aufgrund der Einführung des e-Rezepts in naher Zukunft weitaus digitaler sein werden, würden sich die aufgezeigten – möglichen – Entwicklungen am Markt, die der Gesetzgeber gerade verhindern will, nochmals beschleunigen.

Die Klägerin (Marktplatzbetreiberin) kann das Urteil durch Berufung zum Oberlandesgericht anfechten.

§ 8 Satz 2 ApoG lautet:

Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.

§ 11 Abs. 1a ApoG lautet:

Es ist für die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dritten unzulässig, Verschreibungen, auch Verschreibungen in elektronischer Form oder elektronische Zugangsdaten zu Verschreibungen in elektronischer Form, zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren.


OLG Frankfurt: Ordnungsgeld für Verstoß gegen einstweilige Verfügung - Vermittlung und Veröffentlichung gekaufter Kundenrezensionen auf amazon.de

OLG Frankfurt
Beschluss vom 27.10.2020
6 W 101/20 und 6 W 102/20


In diesem Verfahren ging es um den Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit der Vermittlung von Amazon Kundenrezensionen.

Leitsätze des Gerichts:

1. Zu den Indizien für das Vorliegen eines schuldhaften Verstoßes gegen das wettbewerbsrechtliche Verbot, bezahlte Kundenrezensionen auf der Internetplattform amazon.de einzustellen

2. Zur Frage, welche möglichen und zumutbaren Handlungen der Schuldner aufgrund eines Unterlassungstitels unternehmen muss, um einen fortdauernden Störungszustand (hier: rechtswidrige Vermittlung von Produktbewertungen) zu beseitigen

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner schuldhaft gegen Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung verstoßen hat. Er war für das weitere Veröffentlichen gekaufter Kundenrezensionen, die über das Portal „b.de“ generiert und verkauft wurden, nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zumindest mitverantwortlich.

a) Der Antragsgegner kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei nie für den Betrieb der Seite „b.de“ verantwortlich gewesen; vielmehr habe er die Betreiberfirma als ehemaliger Geschäftsführer der Marketingfirma A2 GmbH lediglich beraten. Die Verantwortlichkeit des Antragsgegners steht aufgrund der bestandskräftigen einstweiligen Verfügung fest, die der Antragsgegner als materiell-rechtlich verbindliche und endgültige Regelung anerkannt hat. Im Übrigen ist der Antragsgegner unstreitig der Gründer des Internetangebots „B“ (Schriftsatz vom 12.6.2020, Seite 11). Als solcher ist er auch nach außen in Erscheinung getreten (vgl. LinkedIn-Profil, Anlage Ast9).

b) Über die Internetseite „b.de“ wurden nach Zustellung der einstweiligen Verfügung unstreitig weiterhin (bezahlte) Kundenbewertungen vermittelt.

Ohne Erfolg beruft sich der Antragsgegner darauf, es sei nicht belegt, dass bei den Bewertungen die Entgeltlichkeit nicht kenntlich gemacht werde. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass nach den Umständen davon auszugehen ist, dass weiterhin Bewertungen verkauft wurden, bei denen es an einer entsprechenden Kennzeichnung fehlt (§ 286 Abs. 1 ZPO). Es kann dahinstehen, ob darauf die Anlage ZV30 hindeutet. Jedenfalls wird auf dem Portal unstreitig in der Anleitung für die Tester nicht darauf hingewiesen, dass die Entgeltlichkeit kenntlich zu machen ist. Die Tester werden dies in der Regel nicht aus eigenem Antrieb tun. Vielmehr liegt es nahe, dass die Tester davon ausgehen, ein solcher Hinweis liege nicht im Interesse der Produktanbieter. Da sie weiterhin in den Genuss von Vergütungen oder Vergünstigungen kommen wollen, werden sie ohne ausdrückliche Anweisung von derartigen Hinweisen im Zweifel absehen. Das Geschäftsmodell des Internetportals ist damit darauf angelegt, dass Bewertungen ohne einen aufklärenden Hinweis über die Entgeltlichkeit abgegeben werden. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners muss die Antragstellerin bei dieser Sachlage nicht im Einzelnen nachweisen, dass die über „b.de“ vermittelten Bewertungen tatsächlich über keine ausreichende Kennzeichnung verfügten. Ohnehin ist fraglich, ob ein solcher Hinweis ausreichend wäre, um einer Irreführung des Verkehrs entgegenzuwirken. Denn viele - wenn nicht die meisten - Nutzer der Handelsplattform Amazon werden die Bewertungstexte nicht vollständig durchlesen, sondern sich bei ihren Käufen allein von der Sternebewertung leiten lassen. Auf diesen Aspekt kommt es vorliegend allerdings nicht an, da der Unterlassungstitel sich allein auf Bewertungen ohne aufklärenden Hinweis bezieht.

c) Der Antragsgegner ist für die fortgesetzte Vermittlung gekaufter Bewertungen über „b.de“ verantwortlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er persönlich entsprechende Vermittlungen durchgeführt hat.

aa) Nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet das in einem Unterlassungstitel enthaltene Verbot den Schuldner außer zum Unterlassen weiterer Handlungen auch dazu, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, die die Fortsetzung des rechtsverletzenden Verhaltens verhindern. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Verhalten des Schuldners - wie hier - zu einem fortdauernden Störungszustand geführt hat. Er ist außer zur Unterlassung auch zur Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands verpflichtet (BGH, Urteil vom 4.5.2017 - I ZR 208/15 = GRUR 2017, 823Rn 26 - Luftentfeuchter). Er muss im Rahmen des Möglichen, Erforderlichen und Zumutbaren auch auf Dritte einwirken (BGH, Beschluss vom 11.10.2017 - I ZB 96/16 = GRUR 2018, 292Rn 17 ff. - Produkte zur Wundversorgung). Zu diesen Pflichten gehört es vorliegend insbesondere, die Betreiber des Portals bei der rechtswidrigen Vermittlung von Produktbewertungen nicht weiter zu unterstützen, weder durch die Vermittlung von Produkttestern noch durch die Zurverfügungstellung personeller Ressourcen oder des eigenen Bildnisses zu Werbezwecken. Ausreichende Maßnahmen hat der Antragsgegner nicht ergriffen.

bb) Der Vortrag des Antragsgegners, er habe seit Zustellung der einstweiligen Verfügung mit den Aktivitäten des Internetportals „b.de“ nichts mehr zu tun bzw. er betreibe die Internetseite nicht, ist nicht ausreichend. Er war Gründer des Portals. Es hätte daher näheren Vortrags bedurft, auf welche Weise und an wen er die Verantwortung abgegeben hat und inwiefern er die nunmehr Verantwortlichen über den Inhalt der einstweiligen Verfügung in Kenntnis gesetzt hat. Dazu bestand auch deshalb Anlass, weil die Antragstellerin Verbindungen zwischen dem von der A3 GmbH betriebenen Internetportal „c.de“ und der Seite „b.de“ belegt hat, die weiterhin auf eine intensive Zusammenarbeit hindeuten (Anlagen ZV33, ZV34, ZV35, ZV36, ZV37). Der Antragsgegner ist der Geschäftsführer der A3 GmbH, Stadt2. Die A3 GmbH betreibt ausweislich des Impressums die Seite „c.de“ (Anlage ZV33). Auf dieser Seite ist der Antragsgegner auch aktuell im Impressum und auf der Unterseite „über uns“ als Geschäftsführer angegeben. Über das Portal „C“ werden bezahlte Tester für Online-Produkte rekrutiert (Anlage ZV33). Für die verschiedenen Plattformen arbeiten offenbar dieselben Personen. Soweit der Antragsgegner bestreitet, für das Angebot d.net verantwortlich zu sein, kommt es darauf nicht entscheidend an. Es kommt auch nicht darauf an, bis zu welchem Zeitpunkt der Antragsgegner Geschäftsführer der A2 GmbH war und in dieser Funktion Dienstleistungen für die Y Ltd. erbrachte. Das Landgericht hatte den Antragsgegner bereits mit Schreiben vom 11.5.2020 auf die Notwendigkeit substantiierten Vortrags hingewiesen.

cc) Es kommt hinzu, dass unstreitig auf der Internetseite „b.de“ im Rahmen eines Chat-Angebots weiterhin ein Foto des Antragsgegners zu sehen war. Der Antragsgegner hat seine Behauptung, wonach er bereits vor Zustellung des Ordnungsmittelantrags, nämlich per E-Mail im August 2019, auf eine Entfernung des Fotos hingewirkt hat, nicht unter Beweis gestellt. Er hat lediglich eine angebliche E-Mail vom 4.8.2020 vorgelegt (Anlage A1). Dies genügt nicht. Bezeichnend ist auch, dass die - ohnehin verspätete - E-Mail von einem mit „C“ bezeichneten Account versandt wurde. Das Internetangebot „c.de“ ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin mit jenem der Seite „b.de“ weiterhin personell verflochten. Es kann bei dieser Sachlage nicht angenommen werden, dass der Antragsgegner im Rahmen des Möglichen, Erforderlichen und Zumutbaren auf die Betreiber des Portals eingewirkt hat, um die Vermittlung gekaufter Bewertungen zu verhindern.

dd) Es reicht bei dieser Sachlage auch nicht aus, dass der Antragsgegner in Wiederholung der Ermittlungsergebnisse der Antragstellerin darlegt, das Angebot „b.de“ sei ab August 2018 von der Fa. E S.L., in der Folgezeit von der Fa. X Ltd. und schließlich von der Y Ltd. betrieben worden. Maßgeblich ist die persönliche Verantwortlichkeit des Antragsgegners, der das Portal „b.de“ gegründet hat, im MonatXX 2019 als Verantwortlicher der „X (B)“ im Ausstellungsverzeichnis der E-Commerce-Messe Net & Work angegeben wurde (Anlage Ast14) und noch während des Ordnungsmittelverfahrens mit einem Portraitfoto auf der Plattform „b.de“ vertreten war. Die pauschale Angabe, seit Juli 2019 sei er „nicht mehr dahingehend beteiligt“, dass sich daraus Unterlassungsansprüche ableiten ließen, genügt der sekundären Darlegungslast des Antragsgegners ersichtlich nicht.

d) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass keine (weitere) Zuwiderhandlung des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Internetangebot „a1.de“ nachgewiesen ist. Auch wenn die Umstände dafür sprechen mögen, dass er an diesem Angebot in irgendeiner Weise beteiligt ist, reicht dies nicht aus, um einen (weiteren) konkreten Verstoß gegen die Unterlassungspflicht zu begründen. Anders als bei dem Internetangebot „b.de“ steht nicht aufgrund der Bestandskraft der einstweiligen Verfügung fest, dass der Antragsgegner als Verantwortlicher für das Angebot „a1.de“ im Rahmen des Zumutbaren auf Dritte einwirken muss, um weitere Verstöße zu verhindern. Das gleiche gilt für die mit Schriftsatz vom 16.10.2020 erwähnte Verantwortlichkeit des Antragsgegners für die Website „f.net“. Die Antragsgegnerin legt nicht dar, welche konkreten Aktivitäten des Antragsgegners eine weitere selbstständige Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot darstellen.

3. Bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsmittels sind Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2017, 318 - Dügida). Insoweit kann auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen werden, die mit den Beschwerden der Parteien nicht angegriffen wird und der sich der Senat anschließt. Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes trägt auch den anzunehmenden wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners Rechnung, der Geschäftsführer der A2 GmbH war und aktuell Geschäftsführer der A3 GmbH ist. Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.10.2020 erstmals die Höhe des Ordnungsgeldes in dem Teil-Abhilfebeschluss des Landgerichts rügt, bezieht sie sich allein auf die Involvierung des Antragsgegners in den Betrieb der Websites „a1.com“ und „f.net“, die aus den genannten Gründen nicht als weitere Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot anzusehen ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Weiterverkauf gebrauchter E-Books über eine Website ist eine öffentliche Wiedergabe und nur mit Zustimmung des Urhebers bzw Rechteinhabers zulässig

EuGH
Urteil vom 19.12.2019
C-263/18
Nederlands Uitgeversverbond und Groep Algemene Uitgevers / Tom Kabinet Internet BV u. a.


Der EuGH hat entschieden, dass der Weiterverkauf gebrauchter E-Books über eine Website eine öffentliche Wiedergabe und nur mit Zustimmung des Urhebers bzw. Rechteinhabers zulässig ist.

Tenor der Entscheidung:

Die Überlassung eines E‑Books zur dauerhaften Nutzung an die Öffentlichkeit durch Herunterladen fällt unter den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ und insbesondere unter den Begriff der „Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind“, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Verkauf „gebrauchter“ E-Books über eine Website stellt eine öffentliche Wiedergabe dar, die der Erlaubnis des Urhebers bedarf

Mit Urteil von heute hat der Gerichtshof entschieden, dass die Überlassung eines E-Books zur dauerhaften Nutzung an die Öffentlichkeit durch Herunterladen unter den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie 2001/291 fällt.

Nederlands Uitgeversverbond (NUV) und Groep Algemene Uitgevers (GAU), zwei Verbände, deren Ziel die Vertretung der Interessen der niederländischen Verleger ist, erhoben bei der Rechtbank Den Haag (Gericht Den Haag, Niederlande) Klage und beantragten unter anderem, dem Unternehmen Tom Kabinet zu untersagen, Mitgliedern des von ihm gegründeten „Leseklubs“
auf seiner Website E-Books zugänglich zu machen oder diese Bücher zu vervielfältigen. NUV und GAU machen geltend, dass diese Tätigkeiten Urheberrechte ihrer Mitglieder an diesen E-Books verletzten. Dadurch, dass im Rahmen dieses Leseklubs „gebrauchte“ E-Books zum Verkauf angeboten würden, nehme Tom Kabinet eine unbefugte öffentliche Wiedergabe dieser Bücher vor.

Tom Kabinet macht hingegen geltend, dass auf diese Tätigkeiten das Verbreitungsrecht anwendbar sei, das in der genannten Richtlinie einer Erschöpfungsregel unterliege, wenn der betreffende Gegenstand – im vorliegenden Fall die E-Books – vom Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung in der Union verkauft worden seien. Diese Regel würde bedeuten, dass NUV und
GAU nach dem Verkauf der in Rede stehenden E-Books nicht mehr das ausschließliche Recht hätten, ihre Verbreitung an die Öffentlichkeit zu erlauben oder zu verbieten.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Überlassung eines E-Books zur dauerhaften Nutzung durch Herunterladen nicht unter das Recht der „Verbreitung an die Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, sondern vielmehr unter das in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehene Recht der „öffentlichen Wiedergabe“ fällt, für das die Erschöpfung gemäß Art. 3 Abs.
3 ausgeschlossen ist.

Der Gerichtshof hat diese Feststellung insbesondere darauf gestützt, dass er aus dem Urheberrechtsvertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), der dieser Richtlinie zugrunde lag, und den Vorarbeiten zu dieser Richtlinie abgeleitet hat, dass der Unionsgesetzgeber beabsichtigte, die Erschöpfungsregel der Verbreitung von körperlichen Gegenständen, wie Büchern auf einem materiellen Träger, vorzubehalten. Die Anwendung der Erschöpfungsregel auf
E-Books könnte die Interessen der Rechtsinhaber, für ihre Werke eine angemessene Vergütung zu erhalten, hingegen weitaus stärker beeinträchtigen als im Fall von Büchern auf einem materiellen Träger, da sich die nicht körperlichen digitalen Kopien von E-Books durch den Gebrauch nicht verschlechtern, und somit auf einem möglichen Second-Hand-Markt einen
perfekten Ersatz für neue Kopien darstellen.

Zum Begriff „öffentliche Wiedergabe“ hat der Gerichtshof genauer ausgeführt, dass dieser in weitem Sinne verstanden werden muss, nämlich dahin gehend, dass er jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist, und somit jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks umfasst. Dieser Begriff vereint zwei kumulative Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe eines Werkes und seine öffentliche Wiedergabe.

Was das erste Merkmal anbelangt, geht aus der Begründung des Vorschlags für die Richtlinie 2001/29 hervor, dass „die kritische Handlung die Zugänglichmachung des Werkes für die Öffentlichkeit [ist], also das Angebot eines Werkes an einem öffentlich zugänglichen Ort, das dem Stadium seiner eigentlichen ‚Übertragung auf Abruf‘ vorangeht“, und dass es „unerheblich [ist], ob eine Person es tatsächlich abgerufen hat oder nicht“. Daher ist nach der Ansicht des Gerichtshofs die Zugänglichmachung der betreffenden Werke für jede Person, die sich auf der Website des Leseklubs registriert, als „Wiedergabe“ eines Werks anzusehen, ohne dass es hierfür erforderlich wäre, dass die betreffende Person diese Möglichkeit wahrnimmt, indem sie das E-Book tatsächlich von dieser Website abruft.

Was das zweite Merkmal anbelangt, ist nicht nur zu berücksichtigen, wie viele Personen gleichzeitig Zugang zu demselben Werk haben können, sondern auch, wie viele von ihnen nacheinander Zugang zu diesem Werk haben können. Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des Gerichtshofs die Anzahl der Personen, die über die Plattform des Leseklubs parallel oder nacheinander Zugang zu demselben Werk haben können, erheblich. Somit ist vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände das in Rede stehende Werk als öffentlich wiedergegeben anzusehen.

Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass es für eine Einstufung als öffentliche Wiedergabe erforderlich ist, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von den bisher verwendeten unterscheidet, oder ansonsten für ein neues Publikum wiedergegeben wird, d. h. für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht
bereits gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten. Da im vorliegenden Fall die Zugänglichmachung eines E-Books im Allgemeinen mit einer Nutzungslizenz einhergeht, die nur das Lesen des E-Books durch den Benutzer, der das betreffende E-Book mit seinem eigenen Gerät heruntergeladen hat, gestattet, ist davon auszugehen, dass eine Wiedergabe, wie sie von dem Unternehmen Tom Kabinet vorgenommen wird, für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht bereits gedacht hatten, mithin für ein neues Publikum, vorgenommen wird.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Koblenz: Werbeverbot auf dem Friedhof umfasst auch Blumenvasen mit Werbeaufdruck - Wer trotz Unterlassungsverpflichtung Vasen mit Werbung verkauft oder kostenlos verteilt muss Kunden darauf hinwei

OLG Koblenz
Beschluss vom 28.01.2019
9 W 648/18


Das OLG Koblenz hat im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens entschieden, dass ein Werbeverbot auf dem Friedhof auch Blumenvasen mit Werbeaufdruck umfasst. Wer trotz Unterlassungsverpflichtung Vasen mit Werbung verkauft oder kostenlos verteilt muss Kunden darauf hinweisen

Werbeverbot auf Friedhof kann auch Blumenvasen mit Werbeaufdruck erfassen

Das OLG Koblenz hat entschieden, dass bei der Abgabe oder dem Verkauf von Blumenvasen, die mit einem Werbeaufkleber versehen sind, die Verpflichtung besteht, den Kunden darauf hinzuweisen, dass die Vasen nicht auf Friedhöfen aufgestellt werden dürfen, in denen per Satzung das Verteilen und Aufstellen von Werbung verboten ist.

Der Beschwerdeführer hatte in seinen Geschäftsräumen Friedhofsvasen, die mit seinen Werbeaufklebern versehen waren, zur kostenlosen Mitnahme und im Internet zum Preis von nur 1 Euro angeboten.
Das LG Trier hatte ihn am 25.05.2016 verurteilt es zu unterlassen, auf Friedhöfen, in denen per Friedhofssatzung das Verteilen und Aufstellen von Werbung verboten ist, auf Gräbern Blumenvasen mit Werbeaufklebern aufzustellen. Gleichwohl konnten im Zeitraum vom 18.05.2018 bis zum 25.05.2018 auf sieben Friedhöfen, auf welchen in der Friedhofssatzung das Verteilen und Aufstellen von Werbung verboten ist, insgesamt zwölf Blumenvasen festgestellt werden, welche mit Werbeaufklebern des Beschwerdeführers versehen waren. Mit Beschluss vom 29.10.2018 hatte das Landgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld i.H.v. 5.000 Euro verhängt, weil es hierin einen Verstoß gegen den Unterlassungstitel vom 25.05.2016 sah.

Das OLG Koblenz hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Beschwerdeführer für das Aufstellen der Vasen unabhängig davon, ob die Vasen von ihm selbst oder von dritten Personen aus seinem Kundenkreis aufgestellt wurden, verantwortlich. Denn derjenige, der verpflichtet sei, etwas zu unterlassen, könne, wenn er dieser Verpflichtung anders nicht gerecht werden könne, daneben auch verpflichtet sein, etwas aktiv zu tun. Das bedeute hier, dass der Beschwerdeführer nicht nur gehalten gewesen sei, alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung des Werbeverbotes führen könne, sondern dass er auch alles zu tun habe, was erforderlich und zumutbar gewesen sei, um künftige Verstöße zu verhindern oder rückgängig zu machen. Im konkreten Fall habe der Beschwerdeführer seine Kunden deshalb darauf hinweisen müssen, dass die mit Werbeaufdruck versehenen Vasen nicht auf solchen Friedhöfen aufgestellt werden dürften, in denen per Satzung das Verteilen und Aufstellen von Werbung verboten ist.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Vorinstanzen
LG Trier, Urt. v. 25.05.2016 - 7 HK O 6/16
LG Trier, Beschl. v. 29.10.2018 - 7 HK O 6/16


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Ärzte die Applikationsarzneimittel beschaffen und in Praxis am Patienten anwenden verstoßen nicht gegen § 43 Abs. 1 AMG

BGH
Urteil vom 26.04.2018
I ZR 121/17
Applikationsarzneimittel
AMG § 43 Abs. 1, § 73 Abs. 1, § 78 Abs. 1; AMPreisV §§ 1, 3; ApoG § 11; BOÄ Nordrhein § 31 Abs. 2; EuGH-Verfahrensordnung Art. 94 Buchst. a


Der BGH hat entschieden, dass Ärzte die Applikationsarzneimittel beschaffen und in ihrer Praxis am Patienten anwenden verstoßen nicht gegen § 43 Abs. 1 AMG

Leitsätze des BGH:

a) In einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist es Sache des vorlegenden Gerichts, den Sachverhalt festzustellen und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur rechtlichen Beurteilung zu unterbreiten. Handelt es sich bei dem Ausgangsverfahren um einen Zivilprozess, trifft das vorlegende Gericht seine Feststellungen nach den Regeln der Zivilprozessordnung auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien.

b) Ärzte, die Applikationsarzneimittel beschaffen und in ihrer Praxis am Patienten anwenden, verstoßen nicht gegen das in § 43 Abs. 1 AMG geregelte Verbot, apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch außerhalb von Apotheken in den Verkehr zu bringen.

c) Einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG Arzneimittel im Wege des Versandhandels an Endverbraucher in Deutschland liefern darf, ist es gestattet, Applikationsarzneimittel an den anwendenden Arzt zu liefern.

d) Das Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG erfasst Rechtsgeschäfte und Absprachen zwischen Apotheken und Ärzten, die Applikationsarzneimittel zum Gegenstand haben.

e) Dem Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG unterliegen nur Inhaber einer Erlaubnis nach dem Apothekengesetz, nicht dagegen Apotheken eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die über eine Erlaubnis nach ihrem nationalen Recht verfügen.

BGH, Urteil vom 26. April 2018 - I ZR 121/17 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Bielefeld: Streitwert von 3000 EURO bei Anbieten einer gebrauchten Bootleg-DVD mit 11 Titeln auf eBay

LG Bielefeld
Urteil vom 03.07.2018
20 S 62/17


Das LG Bielefeld hat entschieden, dass ein Streitwert von 3000 EURO bei Anbieten einer gebrauchten Bootleg-DVD mit 11 Titeln auf eBay angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

b) Es besteht auch eine wirksame Vollmacht der Klägerin für die Abmahnung im Namen der P. Music Ltd. Diese wurde durch Frau L. N. erteilt, Bl, 30 d.A.

Hier ist jedenfalls mit Schriftsatz vom 02.05.2017, Bl. 66 ff. d.A., die Anlage K9, Bl. 77 d.A., zur Akte gereicht worden, aus der sich ergibt, dass Frau L. N. bereits unter dem 24.07.2012 seitens der Ltd. bevollmächtigt wurde, Vollmachten an Rechtsanwälte zu erteilen im Zusammenhang mit der Verletzung von Urheberrechten.

Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des BGH so, dass § 174 S. 1 BGB jedenfalls nicht auf die mit einer Unterwerfungserklärung verbundene Abmahnung anzuwenden ist, BGH, Urteil vom 19.05.2010, I ZR 140/08, juris, Rn. 15.

Danach ist § 174 S. 1 BGB (i.V.m. § 180 BGB) nach dem ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist, vorliegend nicht einschlägig.

Auch hier ist mit der Abmahnung das Angebot, zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, übersandt worden, so dass die vorliegende Fallgestaltung derjenigen entspricht, die in der benannten BGH-Entscheidung zu Grunde gelegt wurde.

c) Die Kammer erachtet unter Zugrundelegung der bisherigen Kammerrechtsprechung und Berücksichtigung diverser Instanzentscheidungen, vgl. nur OLG Celle, Beschluss vom 11.06.2014, 13 W 40/14, LG Flensburg, Beschluss vom 17.03.2015, 8 O 29/15, OLG Schleswig, Beschluss vom 20.01.2015, 6 W 36/14, LG Hamburg, Beschluss vom 13.04.2012, 308 O 125/1, LG Hamburg, Urteil vom 06.12.2013, 308 S 24/13 und LG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2015, 308 O 135/15, hier einen Gegenstandswert für den der Klägerin zustehenden Gebührenanspruch in Höhe von 3.000,00 € als angemessen. Dieser Betrag wird dem Wert des geltend gemachten Unterlassungsanspruches bezüglich der angebotenen Veräußerung eines Bootleg mit 11 nicht annähernd aktuellen Aufnahmen der Gruppe P. auf einer DVD über eBay gerecht.

In einem Verfahren betreffend einen Unterlassungsanspruch wegen einer Urheberrechtsverletzung sind bei der Wertfestsetzung Art und Umfang der Verletzung des geschützten Rechts sowie das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Wertfestsetzung ist mithin gemäß § 3 ZPO freies Ermessen. Dieses hat sich hier an folgenden Gesichtspunkten zu orientieren:

Zunächst ist der beabsichtigte Verkauf des illegalen Mitschnitts der Live-Aufnahmen, jedenfalls die nicht lizensierte Veröffentlichung auf der zum Kauf angebotenen DVD, anders zu bewerten, als das Anbieten von Musiktiteln über Filesharing-Programme. Im Gegensatz zur Verbreitung von Musiktiteln über Tauschbörsen, einer unübersehbaren Anzahl von Rechtsverletzungen, liegt hier nur ein Verkaufsversuch vor. Insofern ist nur eine einmalige, wirtschaftlich für die Rechteinhaberhin eher geringfügige Verletzung ihres Urheberrechts im Rahmen eines Privatverkaufs gegeben.

Allerdings handelt es sich bei P. um eine, wie allgemein bekannt ist, weltweit immens erfolgreiche Gruppe, auch wenn die hier maßgeblichen Hits nun schon vor längerer Zeit veröffentlicht wurden.

Streitgegenständlich ist eine gebrauchte DVD mit 11 Tracks.

Weiterhin sind mangels gegenteiliger Anhaltspunkte wohl keine zukünftigen Rechtsverletzungen durch den Beklagten, der als Privatperson handelte, zu befürchten.

Unbestritten hat die Zedentin den Verkauf von Bootlegs offensichtlich auch jahrelang geduldet. So hat der Beklagte hierzu unbestritten ausgeführt, dass die streitgegenständliche DVD aus dem Jahr 2005 zum Herstellungszeitpunkt noch legal erwerbbar gewesen sei.

Es ist zudem nicht feststellbar, dass tatsächlich eine DVD in Verkehr gebracht worden wäre bzw. überhaupt hier vorhanden war; hier ist nur ein Angebot feststellbar.

Auch unter Berücksichtigung eines gewissen Sammlerwertes dürfte jedenfalls ein eher nicht so großes wirtschaftliches Interesse der Rechteinhaberin an der Unterbindung des streitgegenständlichen Angebotes gegeben sein.

Eine 1,3 Geschäftsgebühr (1,3 x 189,00 € // alte Gebührentabelle; Anlage der RVG geändert mit Wirkung zum 01.08.2013) zuzüglich 20,00 € für Auslagen ergeben den Betrag in Höhe von 265,70 €.

d)
Nach Abtretung des etwaigen Erstattungsanspruches der P. Music Ltd. für die aufgrund der Abmahnung vom 28.06.2013 entstandene anwaltliche Gebührenforderung kann die Klägerin diese nun vom Beklagten verlangen, § 398 BGB.

2.
Die Klägerin kann Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe gemäß §§ 288, 291 BGB ab dem 09.03.2017 beanspruchen. Rechtshängigkeit war hier ab dem auf die Zustellung der Anspruchsbegründung am 08.03.2017 folgenden Tag gegeben.

In Ermangelung einer alsbaldigen Abgabe nach Zustellung des Mahnbescheides am 20.12.2016, die nach Eingang des Widerspruches am 21.12.2016 und Nachricht hierüber an Klägerin am selben Tag erst am 17.02.2017 erfolgte, lagen die Voraussetzungen des § 696 Abs. 3 ZPO nicht vor.


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OLG Düsseldorf: Markenrechtliche Erschöpfung im EWR durch Verkauf unter Incoterm-Klausel CIP da diese nicht nur Frachtumstände regelt

OLG Düsseldorf
Urteil vom 25.01.2018
I-20 U 82/17


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine markenrechtliche Erschöpfung im EWR durch Verkauf unter der Incoterm-Klausel CIP erfolgt, da diese nicht nur Frachtumstände regelt.

Aus den Entscheidungen:

"Die streitgegenständlichen Fahrzeuge sind entgegen der Ansicht des Landgerichts im EWR in den Verkehr gebracht worden. Nach der Rechtsprechung des EuGH werden die dem Markeninhaber durch die Erste Richtlinie 89/104/EWG (abgelöst durch Richtlinie 2008/95) verliehenen ausschließlichen Rechte durch einen Verkauf erschöpft, der dem Inhaber erlaubt, den wirtschaftlichen Wert seiner Marke zu realisieren (vgl. EuGH GRUR 2005, 507 Rdnr. 40 – Peak Holding). Zur Realisierung des wirtschaftlichen Wertes ist nach der Rechtsprechung des BGH eine willentliche Übertragung der Verfügungsgewalt auf einen Dritten erforderlich (vgl. BGH GRUR 2006, 863 Rdnr. 15 a.E. – ex works). Ob letzteres die Realisierung des Wertes in dem vom EuGH vorausgesetzten Sinn zu sehr einengt, wie der Antragsgegner meint, bedarf vorliegend keiner Beurteilung. Denn selbst bei Zugrundelegung der Anforderung des BGH liegt hier ein Inverkehrbringen im EWR vor. Der Verkauf beider streitgegenständlichen Fahrzeuge erfolgte unstreitig unter Vereinbarung der Incoterm Klausel CIP. Diese beschränkt sich nicht auf die Bestimmung der Frachtumstände. Vielmehr wird durch sie auch der Leistungsort für die vom Verkäufer nach dem Kaufvertrag geschuldeten Leistungen bestimmt, zu denen grundsätzlich – die Ausnahme der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist für die streitgegenständlichen Kaufverträge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet worden – die unbedingte Eigentumsübertragung gehört. Zu differenzieren ist bei der Vereinbarung von Incoterm CIP daher zwischen dem Lieferort und dem Bestimmungsort. Der Lieferort ist der Ort, an dem die Ware dem Frachtführer übergeben wird. Der Bestimmungsort ist der Ort, an den dieser die Ware weisungsgemäß verbringt. Allein Bestimmungsort war vorliegend B. Alle entgegenstehenden Behauptungen der Antragstellerin (ihr Vorbringen ist insoweit allerdings auch nicht stringent) entbehren jeder Grundlage. Am Lieferort, also im Versandland erfüllt der Verkäufer seine (kauf)vertraglichen Verpflichtungen (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., Incoterms 2010 Rdnr. 23 a.E.). Hier findet demgemäß auch die Eigentumsübertragung statt, wie auch immer diese nach dem einschlägigen Recht konkret ausgestaltet ist. Es ist mithin im Ergebnis keine andere Sachlage gegeben als bei einem Verkauf „ab Werk“, bei dem auch nach der Rechtsprechung des BGH bereits mit der Übergabe an den Frachtführer die rechtliche und die tatsächliche Verfügungsgewalt auf den Erwerber übergeht (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 17). Dass beim Verkauf ab Werk der Käufer Auftraggeber des Frachtführers ist, bei der Vereinbarung CIP der Verkäufer, steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Denn bei der Vereinbarung CIP ist der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer an den einvernehmlich benannten Bestimmungsort gebunden. Ihre durch die in T. erfolgte Übergabe der Fahrzeuge erlangte rechtliche Verfügungsgewalt hat die Käuferin ausgeübt, indem sie im Zuge des Kaufvertragsabschlusses vorgreiflich im Einvernehmen mit der X. S. als Bestimmungsort der Ware gewählt hat. Die Berechtigung und Verpflichtung der X., die Fahrzeuge nach S. zu verbringen, hat hierin ihre Grundlage. Die ihr nach Art. 12 Nr. 1 CMR im Verhältnis zum Frachtführer zustehenden Rechte dürfte sie im Innenverhältnis zur Käuferin nur nach Maßgabe dieser vertraglichen Vereinbarung ausüben. Die Bindung im Innenverhältnis bestand unabhängig davon, ob die Konkretisierung des Bestimmungsortes durch die Käuferin widerruflich oder nach den Umständen des Vertrages unwiderruflich war. Denn auch wenn letzteres der Fall gewesen sein sollte, ist die rechtliche Verfügungsgewalt nicht an die Verkäuferin zurückgefallen. Auch diese war nicht berechtigt, den Bestimmungsort eigenmächtig auszutauschen, sondern (ebenfalls) an die einvernehmliche Wahl gebunden.

Dass die X. und/oder die Antragstellerin mit einem Wiederverkauf der nach S. verbrachten Fahrzeuge in den EWR nicht einverstanden waren, steht der Erschöpfung nicht entgegen, da eine solche Vereinbarung allein das Verhältnis der Parteien des Vertrages betrifft, in dem diese räumliche Beschränkung vereinbart worden ist (vgl. EuGH a.a.O. Rdnr. 54; BGH a.a.O. Rdnr. 16).

Aus dem Gesagten folgt, dass auch dann, wenn der Frachtführer zum Zeitpunkt der Verbringung der Ware von T. nach S. dem Konzern der Antragstellerin angehört haben sollte, keine konzerninterne Warenverschiebung stattgefunden hat. Denn die Waren hatten mit ihrer Übergabe am Lieferort und den damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen rechtlich den Konzern verlassen.

Das Inverkehrbringen der Fahrzeuge im EWR seitens der X. geschah auch in einer der Antragstellerin als Markeninhaberin zurechenbaren Weise. Denn bei der X. handelt es sich nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin um eine ihrer Tochtergesellschaften. Es entspricht sowohl der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 1159 Rdnr. 24 – Makro Zelfbedieningsgroothandel u.a.) als auch der des BGH (vgl. GRUR 1973, 468 (470) – Cinzano), dass die Erschöpfung des ausschließlichen Vertriebsrechts des Markeninhabers zum Tragen kommt, wenn die Waren von einem Wirtschaftsbeteiligten in den Verkehr gebracht werden, der wirtschaftlich mit dem Inhaber der Marke verbunden ist (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 20.12.2017 – C-291/16, ECLI:Eu:C:2017:990)."


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OLG Frankfurt: Kein Brötchengutschein in der Apotheke bei Verkauf preisgebundener Arzneimittel

OLG Frankfurt
Urteil vom 02.11.2017
6 U 164/16


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Apotheke beim Verkauf preisgebundener Arzneimittel keine Brötchengutscheine ausgeben darf. Dies stellt - so das Gericht - eine unzulässige Vergünstigung und einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung dar.

em>Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Keine Brötchen vom Apotheker

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagt mit heute veröffentlichtem Urteil die Abgabe von Brötchengutscheinen in Zusammenhang mit dem Verkauf preisgebundener Arzneimittel.

Die Klägerin ist ein gewerblicher Interessenverband. Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Darmstadt. Sie gab ihren Kunden beim Erwerb rezeptpflichtiger, preisgebundener Arzneimittel ungefragt einen „Brötchen-Gutschein“ über „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ mit. Der Gutschein konnte bei einer in der Nähe liegenden Bäckerei eingelöst werden.

Die Klägerin wertet die Gutscheinabgabe als Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung. Das Landgericht hatte die Beklagte daraufhin verpflichtet, die Abgabe von Brötchengutscheinen im Zusammenhang mit dem Verkauf rezeptpflichtiger, preisgebundener Arzneimittel zu unterlassen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG zurückgewiesen. Grundsätzlich, so das OLG, gelte für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis. Sinn dieser Vorschrift sei es, den Preiswettbewerb unter den Apotheken zu regeln. Hiergegen verstoße ein Apotheker, der preisgebundene Arzneimittel zwar zum korrekten Preis, aber gekoppelt mit einem weiteren wirtschaftlichen Vorteil - etwa in Form eines Gutscheins - abgebe. Nach der „Lebenserfahrung können - gerade wenn der Abgabepreis in allen Apotheken identisch ist - auch Zuwendungen von geringem Wert den Kunden veranlassen, bei nächster Gelegenheit ein preisgebundenes Arzneimittel in der Hoffnung auf weitere Vergünstigungen wieder in der gleichen Apotheke zu erwerben“, betont das OLG.

Auf die Entscheidung des EuGH zur Unvereinbarkeit der deutschen Arzneimittelpreisbindung mit dem Unionsrecht (Urteil vom 19.10.2016 – C-148/15 – DocMorris) komme es hier nicht an. Die Beklagte betreibe eine stationäre Apotheke, so dass die Warenverkehrsfreiheit nicht betroffen sei.

Die Arzneimittelpreisbindung sei schließlich gegenwärtig auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie beinhalte zwar einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Apotheker. Diese Beschränkung sei jedoch durch „hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt“. Apotheken sollen sich „in unattraktiven Lagen (…) keinen ruinösen Preiskampf liefern“. Zudem solle „im öffentlichen Interesse die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden“. Schließlich diene die Preisbindung dazu, das finanzielle Gleichgewicht im System der gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern.

Das OLG weist jedoch auch darauf hin, dass die Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung unter dem Gesichtspunkt der so genannten Inländerdiskriminierung verfassungsrechtlich zukünftig fragwürdig werden könnten. Nach der Rechtsprechung des EuGH können ausländische Versandhandelsapotheken seit gut einem Jahr rezeptpflichtige Arzneimittel im Inland ohne Rücksicht auf die deutsche Preisbindung verkaufen. Sollte ihr Marktanteil sich zukünftig so erhöhen, dass inländische Präsenzapotheken dadurch ernsthaft in ihrer Existenz bedroht würden, könnten die Vorschriften zur Arzneimittelpreisbindung nach Einschätzung des OLG bedenklich werden. Hierfür lägen jedoch derzeit angesichts eines Umsatzanteils der ausländischen Versandapotheken an rezeptpflichtigen Arzneimitteln von etwa 0,6 % keine Anhaltspunkte vor.

Der Senat hat im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage der Inländerdiskriminierung die Revision zugelassen.

Das Urteil ist in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 02.11.2017, Az. 6 U 164/16
(Landgericht Darmstadt, Urteil vom 10.06.2016, Az. 14 O 186/15)


Erläuterungen:

§ 78 [1] AMG Preise

(1) 1) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
- 1. Preisspannen für Arzneimittel, die im Großhandel, in Apotheken oder von Tierärzten im Wiederverkauf abgegeben werden,
- 2. Preise für Arzneimittel, die in Apotheken oder von Tierärzten hergestellt und abgegeben werden, sowie für Abgabege-fäße,
(…)

(2) 1) Die Preise und Preisspannen müssen den berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher, der Tierärzte, der Apotheken und des Großhandels Rechnung tragen; zu den berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher gehört auch die Sicherstellung der Versorgung. 2) Ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, ist zu gewährleisten. 3) Satz 2 gilt nicht für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(3) 1) Für Arzneimittel nach Absatz 2 Satz 2, für die durch die Verordnung nach Absatz 1 Preise und Preisspannen bestimmt sind, haben die pharmazeutischen Unternehmer einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen; (…)



Volltext BGH-Entscheidung Verbreitungsrecht des Urhebers umfasst das Recht das Werk der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten und zu bewerben liegt vor

BGH
Urteil vom 05.11.2015
I ZR 91/11
Marcel-Breuer-Möbel II
UrhG § 17 Abs. 1 Fall 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Designer Möbel / Designer-Leuchten) greift in das Urheberrecht ein" über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Das ausschließliche Verbreitungsrecht des Urhebers umfasst das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten und gegenüber der Öffentlichkeit gezielt für den Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes zu werben.

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 91/11 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH-Entscheidung Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Wagenfeld-Leuchte ) greift bereits in das Urheberrecht ein liegt vor

BGH
Urteil vom 05.11.2015
I ZR 76/11
Wagenfeld-Leuchte II
UrhG § 17 Abs. 1 Fall 2, § 28 Abs. 2 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Designer Möbel / Designer-Leuchten) greift in das Urheberrecht ein" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Wer seine Werbung für den Erwerb von Vervielfältigungsstücken eines Werkes auf in einem bestimmten Mitgliedstaat ansässige Mitglieder der Öffentlichkeit ausrichtet und diese Mitglieder der Öffentlichkeit durch ein spezifisches
Lieferungssystem und spezifische Zahlungsmodalitäten in die Lage versetzt, sich Vervielfältigungsstücke des Werkes liefern zu lassen, bringt die an diese Mitglieder der Öffentlichkeit gelieferten Vervielfältigungsstücke des Werkes in diesem Mitgliedstaat im Sinne von § 17 Abs. 1 Fall 2 UrhG in Verkehr.

b) Der Testamentsvollstrecker, dem der Urheber gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 UrhG durch letztwillige Verfügung die Ausübung des Urheberrechts übertragen hat, bleibt neben einem Dritten, dem der Urheber ein ausschließliches urheberrechtliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, berechtigt, selbst Ansprüche wegen Rechtsverletzungen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Verfolgung dieser Ansprüche hat.

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 76/11 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




BGH: Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Designer Möbel / Designer-Leuchten) greift in das Urheberrecht ein

BGH
Urteile vom 05.11.2015
I ZR 91/11 - I ZR 76/11 - I ZR 88/13
Marcel-Breuer-Möbel II
Wagenfeld-Leuchte II
Al Di Meola


Der BGH hat mit drei Urteilen entschieden, dass die Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Designer Möbel / Designer-Leuchten) in das Urheberrecht eingreift.

Die Pressemitteilung des BGH:

Werbung für den Erwerb eines Werkes greift in das Urheberrecht ein

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass das urheberrechtliche Verbreitungsrecht das Recht umfasst, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines Werkes der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten.

Die Klägerin im Verfahren I ZR 91/11 ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Möbeln nach Entwürfen von Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe. Die Beklagte ist eine in Italien ansässige Gesellschaft, die europaweit Designmöbel im Direktvertrieb vermarktet. Sie wirbt auf ihrer in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite und in Deutschland erscheinenden Tageszeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekten für den Kauf ihrer Möbel mit dem Hinweis: Sie erwerben Ihre Möbel bereits in Italien, bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt). Zu den Möbeln gehören auch Nachbildungen der von Marcel Breuer entworfenen Möbel. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit ihrer Werbung das Recht des Urhebers nach § 17 Abs. 1 Fall 1 UrhG*, Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Die Klägerin im Verfahren I ZR 76/11 ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Leuchten nach Entwürfen von Prof. Wilhelm Wagenfeld. Sie produziert und vertreibt die sogenannte Wagenfeld-Leuchte. Bei der Beklagten handelt es sich um das auch im Verfahren I ZR 91/11 beklagte Unternehmen. Sie bringt Nachbildungen der Wagenfeld-Leuchte auf den Markt. Sie wirbt deutschsprachig im Internet und in Printmedien unter wörtlicher oder bildlicher Bezugnahme auf die Wagenfeld-Leuchte mit der Möglichkeit des Bezugs einer derartigen Leuchte in Italien. Die Werbung enthält den Hinweis, dass deutsche Kunden die Leuchte unmittelbar oder zu Händen eines Spediteurs zur Mitnahme nach Deutschland übereignet erhalten können. Die Klägerin ist der Ansicht, die Werbung der Beklagten greife in das Recht des Urhebers zum öffentlichen Anbieten im Sinne von § 17 Abs. 1 Fall 1 UrhG ein. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Die Beklagte im Verfahren I ZR 88/13 betreibt im Internet einen Tonträgerhandel. Am 30. November 2011 war auf der Internetverkaufsseite der Beklagten die DVD "Al Di Meola - In Tokio (Live)" eingestellt. Die auf der DVD befindliche Aufnahme war vom aufführenden Künstler Al Di Meola nicht autorisiert worden (sog. Schwarzpressung). Die Klägerin, eine Rechtsanwaltskanzlei, mahnte die Beklagte im Auftrag des Künstlers ab. Sie ist der Ansicht, das Anbieten der DVD verletze das Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 UrhG**. Die Beklagte entfernte zwar das Angebot von ihrer Internetseite und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab; sie weigerte sich jedoch, die Kosten der Abmahnung zu erstatten. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision in allen drei Verfahren zurückgewiesen. Da es sich bei dem Verbreitungsrecht des Urhebers um nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmungen der § 17 Abs. 1 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG sei dahin auszulegen, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten könne, wenn nicht erwiesen sein sollte, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen sei, sofern die Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt sei, zu dessen Erwerb anrege. Entsprechendes gilt für den Inhaber des ausschließlichen Rechts des ausübenden Künstlers nach § 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2006/115/EG****), den Bild- oder Tonträger, auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers aufgenommen worden ist, zu verbreiten.



Danach verletzt die beanstandete Werbung in den Verfahren I ZR 91/11 und I ZR 76/11 das ausschließliche Recht zur Verbreitung von Vervielfältigungsstücken der in Deutschland als Werke der angewandten Kunst geschützten Modelle der Möbel von Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und der Wagenfeld-Leuchte. Bei der Werbung handelt es sich um eine gezielte Werbung in Bezug auf Vervielfältigungsstücke der Möbelmodelle und des Leuchtenmodells, die die Verbraucher in Deutschland zu deren Erwerb anregt. Sie kann daher auch dann verboten werden, wenn es aufgrund dieser Werbung nicht zu einem Erwerb solcher Möbel durch Käufer aus der Union gekommen sein sollte. Desgleichen stellt im Verfahren I ZR 88/13 das Einstellen der DVD auf einer Internetverkaufsplattform, durch das zum Erwerb des Vervielfältigungsstücks eines Bildtonträgers aufgefordert wird, auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers Al Di Meola aufgenommen worden ist, ein das Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers verletzendes Angebot an die Öffentlichkeit dar.

I ZR 91/11

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 91/11 - Marcel-Breuer-Möbel II

EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 - C-516/13 - Dimensione und Labianca/Knoll

BGH, Beschluss vom 1. April 2013 - I ZR 91/11 - Marcel-Breuer-Möbel I

OLG Hamburg - Urteil vom 27. April 2011 - 5 U 26/09

LG Hamburg - Urteil vom 2. Januar 2009 - 308 O 255/07

und

I ZR 76/11

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 76/11 - Wagenfeld-Leuchte II

OLG Hamburg, Urteil vom 30. März 2011 - 5 U 207/08

LG Hamburg, Urteil vom 12. September 2008 - 308 O 506/05

und

I ZR 88/13

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - Al Di Meola

LG Hamburg, Urteil vom 26. April 2013 - 308 S 11/12

AG Hamburg, Urteil vom 13. September 2012 - 35a C 159/12

Karlsruhe, den 5. November 2015

17 Abs. 1 UrhG

Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

**§ 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG

Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten.

***Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG

Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

****Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2006/115/EG

Die Mitgliedstaaten sehen das ausschließliche Recht, die in den Buchstaben a bis d genannten Schutzgegenstände sowie Kopien davon der Öffentlichkeit im Wege der Veräußerung oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen (nachstehend "Verbreitungsrecht" genannt), wie folgt vor a) für ausübende Künstler in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen.




LG Heidelberg: Wer einen beschädigten PKW im Internet als unfallfrei bewirbt handelt arglistig auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht

LG Heidelberg
Urteil vom 28.01.2015
1 S 22/13


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass derjenige der einen beschädigten PKW im Internet als "unfallfrei" bewirbt, arglistig handelt auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht. Der Verkäufer konnte sich in dem entschiedenen Fall daher nicht auf die vertraglich vereinbarte verkürzte Gewährleistungspflicht von 1 Jahr berufen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aufgrund dieses Sachmangels kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Beklagte nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Beklagte arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Vertrieb der Bot-Software gatherbuddy und honorbuddy für Online-Spiel World of Warcraft als Absatz- und Vertriebsstörung nach § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig

OLG Hamburg
Urteil vom 06.11.2014
3 U 86/13


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass der Vertrieb der Bot-Software gatherbuddy und honorbuddy für das Online-Spiel World of Warcraft als Absatz- und Vertriebsstörung nach § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig ist.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und die Revision beim BGH unter dem Aktenzeichen I ZR 253/14 anhängig.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Eine solche ergibt sich jedoch unter dem Aspekt der Absatz- und Vertriebsstörung.

Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 10 UWG liegt nämlich auch dann vor, wenn eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber gegeben ist, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen (1. Variante), oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (2. Variante). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH, GRUR 2014, 785, 787 Rn. 23 und 40 - Flugvermittlung im Internet; BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 - Automobil-Onlinebörse; BGH, GRUR 2010, 346 Rn. - Rufumleitung; BGH, GRUR 2010, 642 Rn. 53 - WM-Marken; BGH, GRUR 2009, 878, 879 f. Rn. 13 - Fräsautomat).


Eine gezielte Behinderung im Sinne der vorstehend definierten 1. Variante liegt im Streitfall nicht vor, denn die Beklagten verfolgen nicht den Zweck, die Klägerin bzw. die B. E. SAS an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen. Vielmehr setzt ihre wirtschaftliche Tätigkeit das Angebot der Klägerin bzw. ihrer indirekten Tochtergesellschaft gerade voraus, so dass die Beklagten - jedenfalls auch - ein Interesse am Fortbestand des angebotenen Spiels haben.


Die Klägerin hat jedoch substantiiert vorgetragen und belegt, dass die Klägerin bzw. die B. E. SAS durch die Verwendung der Buddy-Bots der Beklagten erheblichen wirtschaftlichen Schaden nehmen können, und dass sie bzw. die B. E. SAS ihre Leistung nicht mehr in unverfälschter Weise und durch eigene Anstrengungen in angemessener Weise am Markt zur Geltung bringen können.

(1)


Die Behinderung ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass es auf Seiten der Klägerin aufgrund der Verwendung des streitgegenständlichen Bots zu Betriebsstörungen gekommen wäre, etwa weil sie zusätzliche Mitarbeiter und zusätzliche Serverkapazitäten vorhalten müsste. Insoweit fehlt es bereits an hinreichend substantiiertem Klägervortrag dazu, in welcher Höhe der genannte finanzielle Aufwand für die Bearbeitung von Beschwerden und die Beseitigung von Bots durch die Verwendung der hier streitgegenständlichen Software der Beklagten (Buddy-Bots) in der Bundesrepublik Deutschland verursacht worden ist. Der Klagvortrag dazu und die entsprechenden Angaben in den beiden Privatgutachten von Prof. C. (Anlagen K 44 und K 70) sind weder hinreichend spezifiziert noch hinreichend nachvollziehbar.

(2)


Die unlautere Behinderung seitens der Beklagten folgt jedoch daraus, dass die Klägerin bzw. die B. E. SAS das Spiel World of Warcraft nicht mehr in seiner ursprünglichen "reinen Form", d.h. frei von den Buddy-Bots der Beklagten auf den Markt bringen können sowie aus den bereits vorliegenden sowie unmittelbar drohenden Reaktionen der ehrlichen Spieler auf die Verwendung der streitgegenständlichen Software.

Mit der Klägerin geht der Senat davon aus, dass grundlegende Voraussetzung des wirtschaftlichen Erfolgs des Spiels World of Warcraft ist, dass die Spieler die Spielregeln, zu denen - wie oben bereits ausgeführt - auch das Verbot der Verwendung von Bots gehört, einhalten. Es liegt auf der Hand, dass aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, ein auf Wettbewerb ausgerichtetes Spiel bei dem ehrliche Spieler gegenüber unehrlichen Spielern benachteiligt werden, erheblich an Attraktivität einbüßt. Der Erfolg jedes als kompetitiv konzipierten Spiels steht und fällt mit der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen der Spieler (vgl. OLG Hamburg, MMR 2013, 453, 455 - Runes of Magic; BGH NJW 1995, 583, 584 zur Erforderlichkeit der Herstellung von Chancengleichheit durch sportliche Regelwerke)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BVerwG: E-Zigaretten und Liquids sind weder Arzneimittel noch Medizinprodukt und dürfen somit ohne Zulassung verkauft werden

BVerwG
Urteil vom 20.11.2014
3 C 25/13


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass E-Zigaretten und Liquids weder Arzneimittel noch Medizinprodukte sind und dürfen somit ohne entsprechende Zulassung verkauft werden

Die Pressemitteilung des BVerwG:

"E-Zigarette ist kein Arzneimittel oder Medizinprodukt

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat heute in drei Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ent­schie­den, dass ni­ko­tin­hal­ti­ge Flüs­sig­kei­ten (sog. Li­quids), die mit­tels elek­tro­ni­scher Zi­ga­ret­ten (sog. E-Zi­ga­ret­ten) ver­dampft und in­ha­liert wer­den, keine Arz­nei­mit­tel sind und dem­entspre­chend die E-Zi­ga­ret­te selbst kein Me­di­zin­pro­dukt ist.

Die Klä­ge­rin im ers­ten Ver­fah­ren be­trieb in Wup­per­tal seit De­zem­ber 2011 ein La­den­ge­schäft für E-Zi­ga­ret­ten und Zu­be­hör. Im Fe­bru­ar 2012 un­ter­sag­te ihr die be­klag­te Stadt den Ver­trieb ni­ko­tin­hal­ti­ger Li­quids in ver­schie­de­nen Stär­ken mit der Be­grün­dung, es han­de­le sich um Arz­nei­mit­tel, die wegen Feh­lens der er­for­der­li­chen Zu­las­sung nicht ver­kehrs­fä­hig seien. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat die Klage gegen die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt das Ur­teil ge­än­dert und den an­ge­foch­te­nen Be­scheid auf­ge­ho­ben, weil die be­an­stan­de­ten Li­quids keine Arz­nei­mit­tel seien.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zu­rück­ge­wie­sen. Die ni­ko­tin­hal­ti­gen Li­quids sind keine Arz­nei­mit­tel im Sinne des Arz­nei­mit­tel­ge­set­zes. Sie er­fül­len nicht Vor­aus­set­zun­gen eines (sog.) Prä­sen­ta­ti­ons­arz­nei­mit­tels. Nach den das Re­vi­si­ons­ge­richt bin­den­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts wer­den die Li­quids nicht als Mit­tel zur Hei­lung, Lin­de­rung oder Ver­hü­tung von Krank­hei­ten ver­mark­tet („prä­sen­tiert“); eben­so wenig lässt die Pro­dukt­auf­ma­chung beim Ver­brau­cher den Ein­druck eines Arz­nei­mit­tels ent­ste­hen. Die Li­quids sind auch keine (sog.) Funk­ti­ons­arz­nei­mit­tel. Zwar ist Ni­ko­tin ein Stoff, der die mensch­li­chen phy­sio­lo­gi­schen Funk­tio­nen durch eine phar­ma­ko­lo­gi­sche Wir­kung nen­nens­wert be­ein­flusst. Je­doch ist die Ent­schei­dung, ob ein Er­zeug­nis unter die De­fi­ni­ti­on des Funk­ti­ons­arz­nei­mit­tels fällt, von Fall zu Fall zu tref­fen; dabei sind alle Merk­ma­le des Er­zeug­nis­ses zu be­rück­sich­ti­gen. An­hand die­ser Ge­samt­be­trach­tung ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ohne Rechts­feh­ler zu dem Schluss ge­langt, dass den Li­quids keine Arz­nei­mit­tel­ei­gen­schaft zu­kommt. Nach den be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen fehlt den Li­quids eine the­ra­peu­ti­sche Eig­nung, weil sich ein Nut­zen der E-Zi­ga­ret­te als Hilfs­mit­tel für eine dau­er­haf­te Rauch- und Ni­ko­tin­ent­wöh­nung wis­sen­schaft­lich nicht be­le­gen lässt. Ent­spre­chend mes­sen die Ver­brau­cher ni­ko­tin­hal­ti­gen Li­quids über­wie­gend keine arz­nei­li­che Zweck­be­stim­mung bei, son­dern ver­wen­den sie als Ge­nuss­mit­tel.

In einem zwei­ten Ver­fah­ren wand­te sich eine Her­stel­le­rin von E-Zi­ga­ret­ten und li­quid­hal­ti­gen Fil­ter­kar­tu­schen gegen eine im De­zem­ber 2011 ver­öf­fent­lich­te Pres­se­mit­tei­lung des nord­rhein-west­fä­li­schen Ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums. Darin wurde vor dem Han­del und Ver­kauf von E-Zi­ga­ret­ten und Li­quids ge­warnt und u. a. dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ni­ko­tin­hal­ti­ge Li­quids nur mit einer arz­nei­mit­tel­recht­li­chen Zu­las­sung in den Ver­kehr ge­bracht wer­den dürf­ten; E-Zi­ga­ret­ten dürf­ten nur unter Ein­hal­tung der Kenn­zeich­nungs­pflich­ten nach dem Me­di­zin­pro­duk­te­ge­setz ver­trie­ben wer­den. Die Klage auf Un­ter­las­sung die­ser Äu­ße­run­gen ist vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt ohne Er­folg ge­blie­ben. Auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt der Klage statt­ge­ge­ben und dem be­klag­ten Land die Äu­ße­run­gen un­ter­sagt.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on des Be­klag­ten zu­rück­ge­wie­sen. Die Klä­ge­rin kann die Un­ter­las­sung der amt­li­chen Äu­ße­run­gen be­an­spru­chen, weil das staat­li­che In­for­ma­ti­ons­han­deln sie in ihrem Grund­recht auf freie Be­rufs­aus­übung ver­letzt hat. Nach den Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts be­ein­träch­tig­ten die öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen die Wett­be­werbs­po­si­ti­on der Klä­ge­rin am Markt fak­tisch ähn­lich wie eine Ver­kaufs­be­schrän­kung. Wegen die­ser ver­bot­s­ähn­li­chen Wir­kung war das In­for­ma­ti­ons­han­deln ein funk­tio­na­les Äqui­va­lent zu einer klas­si­schen Ver­wal­tungs­maß­nah­me mit­tels ho­heit­li­cher Re­ge­lung und un­ter­lag des­halb den dafür gel­ten­den Recht­mä­ßig­keits­an­for­de­run­gen. Da­nach waren die Äu­ße­run­gen des Mi­nis­te­ri­ums rechts­wid­rig, weil es an einer ge­setz­li­chen Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge fehl­te. Zwar er­lau­ben die Vor­schrif­ten des Arz­nei­mit­tel­ge­set­zes und des Me­di­zin­pro­duk­te­ge­set­zes den Über­wa­chungs­be­hör­den er­for­der­li­chen­falls auch ein Han­deln durch öf­fent­li­che War­nun­gen. Hier aber sind die Vor­aus­set­zun­gen nicht er­füllt, weil die Li­quids und E-Zi­ga­ret­ten nicht den arz­nei­mit­tel- und me­di­zin­pro­duk­te­recht­li­chen Vor­schrif­ten un­ter­fal­len.

BVerwG 3 C 25.13 - Ur­teil vom 20. No­vem­ber 2014"