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EuGH: Suchmaschinenbetreiber Google muss offensichtlich unrichtige Inhalte nach Art. 17 DSGVO aus Suchindex entfernen - keine gerichtliche Entscheidung gegen Websitebetreiber erforderlich

EuGH
Urteil vom 08.12.2022
C-460/20
TU, RE gegen Google LLC


Der EuGH hat entschieden, dass der Suchmaschinenbetreiber Google offensichtlich unrichtige Inhalte nach Art. 17 DSGVO (Recht auf Vergessenwerden) aus dem Suchindex entfernen muss. Dabei muss der Betroffene zum Nachweis der Unrichtigkeit keine gerichtliche Entscheidung gegen den eigentlichen Websitebetreiber, auf dessen Website der gerügte Inhalt veröffentlicht wird, erwirken.

Tenor der Entscheidung:
1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

2. Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679

sind dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Google (Auslistung eines angeblich unrichtigen Inhalts) - Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“): Der Betreiber einer Suchmaschine muss die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen auslisten, wenn der Antragsteller nachweist, dass sie offensichtlich unrichtig sind

Allerdings ist es nicht erforderlich, dass sich dieser Nachweis aus einer gerichtlichen Entscheidung ergibt, die gegen den Herausgeber der Website erwirkt wurde.

Zwei Geschäftsführer einer Gruppe von Investmentgesellschaften forderten Google auf, aus den Ergebnissen einer anhand ihrer Namen durchgeführten Suche die Links zu bestimmten Artikeln auszulisten, die das Anlagemodell dieser Gruppe kritisch darstellten. Sie machen geltend, dass diese Artikel unrichtige Behauptungen enthielten. Ferner forderten sie Google auf, dass Fotos von ihnen, die in Gestalt von Vorschaubildern („thumbnails“) angezeigt werden, in der Übersicht der Ergebnisse einer anhand ihrer Namen durchgeführten Bildersuche gelöscht werden. In dieser Übersicht wurden nur die Vorschaubilder als solche angezeigt, ohne die Elemente des Kontexts der Veröffentlichung der Fotos auf der verlinkten Internetseite wiederzugeben.

Anders ausgedrückt, wurde bei der Anzeige des Vorschaubildes der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung der Bilder nicht benannt und war auch im Übrigen nicht erkennbar.

Google lehnte es ab, diesen Aufforderungen Folge zu leisten, und zwar unter Hinweis auf den beruflichen Kontext dieser Artikel und Fotos sowie unter Berufung darauf, nicht gewusst zu haben, ob die in diesen Artikeln enthaltenen Informationen unrichtig seien.

Der mit diesem Rechtsstreit befasste deutsche Bundesgerichtshof hat den Gerichtshof darum ersucht, die Datenschutz- Grundverordnung, die u. a. das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) regelt, und die Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr unter Berücksichtigung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auszulegen.

In seinem heutigen Urteil erinnert der Gerichtshof daran, dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist, sondern im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss. So sieht die Datenschutz-Grundverordnung ausdrücklich vor, dass das Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn die Verarbeitung u. a. für die Ausübung des Rechts auf freie Information erforderlich ist.

Die Rechte der betroffenen Person auf Schutz der Privatsphäre und auf Schutz personenbezogener Daten überwiegen im Allgemeinen gegenüber dem berechtigten Interesse der Internetnutzer, die potenziell Interesse an einem Zugang zu der fraglichen Information haben. Der Ausgleich kann aber von den relevanten Umständen des Einzelfalls abhängen, insbesondere von der Art dieser Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information, das u. a. je nach der Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt, variieren kann.

Allerdings kann das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information dann nicht berücksichtigt werden, wenn zumindest ein für den gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil der in dem aufgelisteten Inhalt stehenden Informationen unrichtig ist.

Was zum einen die Verpflichtungen der Person, die wegen eines unrichtigen Inhalts die Auslistung begehrt, anbelangt, betont der Gerichtshof, dass dieser Person der Nachweis obliegt, dass die Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diese Informationen nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Beweise beizubringen, die von ihr vernünftigerweise verlangt werden können. Insoweit kann diese Person grundsätzlich nicht dazu verpflichtet werden, bereits im vorgerichtlichen Stadium eine – auch in Form einer im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes ergangene – gerichtliche Entscheidung vorzulegen, die gegen den Herausgeber der betreffenden Website erwirkt wurde.

Was zum anderen die Verpflichtungen und den Verantwortungsbereich des Betreibers der Suchmaschine anbelangt, führt der Gerichtshof aus, dass sich dieser Betreiber infolge eines Auslistungsbegehrens auf alle betroffenen Rechte und Interessen sowie auf alle Umstände des Einzelfalls zu stützen hat, um zu prüfen, ob ein Inhalt in der Ergebnisübersicht der über seine Suchmaschine durchgeführten Suche verbleiben kann. Gleichwohl ist dieser Betreiber nicht verpflichtet, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist.

Folglich ist der Betreiber der Suchmaschine dann, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlegt, die ihr Begehren stützen können und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt stehenden Informationen offensichtlich unrichtig sind, verpflichtet, diesem Auslistungsantrag nachzukommen. Dies gilt umso mehr, wenn diese Person eine gerichtliche Entscheidung vorlegt, die das feststellt.

Dagegen ist bei Nichtvorliegen einer solchen gerichtlichen Entscheidung dieser Betreiber, wenn sich aus den von der betroffenen Person vorgelegten Nachweisen nicht offensichtlich ergibt, dass die in dem aufgelisteten Inhalt stehenden Informationen unrichtig sind, nicht verpflichtet, einem solchen Auslistungsantrag stattzugeben.

Allerdings muss sich die Person, die in einem solchen Fall die Auslistung begehrt, an die Kontrollstelle oder das Gericht wenden können, damit diese die erforderlichen Überprüfungen vornehmen und den Verantwortlichen anweisen, die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Ferner verlangt der Gerichtshof von dem Betreiber der Suchmaschine, dass er die Internetnutzer über ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren informiert, in dem die Frage geklärt werden soll, ob in einem Inhalt enthaltene Informationen unrichtig sind, sofern dem Betreiber dieses Verfahren zur Kenntnis gebracht worden ist.

In Bezug auf die Anzeige der Fotos in Gestalt von Vorschaubildern („thumbnails“) betont der Gerichtshof, dass die nach einer namensbezogenen Suche erfolgende Anzeige von Fotos der betroffenen Person in Gestalt von Vorschaubildern einen besonders starken Eingriff in die Rechte dieser Person auf Schutz des Privatlebens und der personenbezogenen Daten dieser Person darstellen kann.

Der Gerichtshof stellt fest, dass der Betreiber einer Suchmaschine, wenn er in Bezug auf in Gestalt von Vorschaubildern angezeigte Fotos mit einem Auslistungsantrag befasst wird, prüfen muss, ob die Anzeige der fraglichen Fotos erforderlich ist, um das Recht auf freie Information auszuüben, das den Internetnutzern zusteht, die potenziell Interesse an einem Zugang zu diesen Fotos haben. Insoweit stellt der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse einen entscheidenden Gesichtspunkt dar, der bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte zu berücksichtigen ist.

Der Gerichtshof stellt klar, dass eine unterschiedliche Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interesse vorzunehmen ist: Einerseits dann, wenn es sich um Artikel handelt, die mit Fotos versehen sind, die in ihrem ursprünglichen Kontext die in diesen Artikeln enthaltenen Informationen und die dort zum Ausdruck gebrachten Meinungen veranschaulichen, und andererseits dann, wenn es sich um Fotos handelt, die in Gestalt von Vorschaubildern in der Ergebnisübersicht außerhalb des Kontexts angezeigt werden, in dem sie auf der ursprünglichen Internetseite veröffentlicht worden sind. Im Rahmen der Abwägung hinsichtlich der in Gestalt von Vorschaubildern angezeigten Fotos kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass ihrem Informationswert unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, Rechnung zu tragen ist. Allerdings ist jedes Textelement zu berücksichtigen, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG München: Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO umfasst auch einen Anspruch auf Unterlassung der zukünftigen Verarbeitung der gelöschten Daten

OLG München
Urteil vom 22.03.2022
18 U 1697/21 Pre


Das OLG München hat entschieden, dass der Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO auch einen Anspruch auf Unterlassung der zukünftigen Verarbeitung der gelöschten Daten umfasst.

Aus den Entscheidungsgründen:
Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht der Klägerin kein Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO darauf zu, dass die Beklagte es unterlässt, die private Anschrift der Klägerin oder deren Telefonnummer zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie im Februar 2020 unter der URL https://www. …

1. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass Art. 17 DS-GVO dem Betroffenen im Einzelfall auch einen Unterlassungsanspruch gewähren kann. Der gegenteiligen Rechtsansicht der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Der Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO schließt den Anspruch darauf ein, dass die gelöschten Daten nicht erneut verarbeitet werden. Hat der Verantwortliche - wie die Beklagte im vorliegenden Fall - die personenbezogenen Daten bereits gelöscht, kann bei Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr der auf Unterlassung künftiger Verarbeitung gerichtete Anspruch selbständig geltend gemacht werden.

a) Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 27.07.2020 (Az: VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285) bereits entschieden, dass ein auf dauerhafte Auslistung beanstandeter Suchergebnisse gerichtetes Rechtsschutzbegehren grundsätzlich von Art. 17 Abs. 1 DS-GVO erfasst wird. Dem steht nicht entgegen, dass die technische Umsetzung eines solchen Begehrens sich unter Umständen nicht im einmaligen Löschen von Daten erschöpft, sondern weitere Maßnahmen erfordert, um die erneute Indexierung der beanstandeten Information unter dem fraglichen Suchbegriff zu verhindern.

Der Begriff der Löschung im Sinne des Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ist autonom auszulegen. Das in der Vorschrift niedergelegte „Recht auf Löschung“ ist schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern - entsprechend der zielorientierten weiteren Artikelüberschrift - als „Recht auf Vergessenwerden“ normativ zu verstehen, so dass ihm auch das Auslistungsrecht der von einer Suchmaschine betroffenen Person unterfällt (vgl. BGH a.a.O., Rn. 17, zit. nach juris). In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war das Rechtsschutzziel des damaligen Klägers im Übrigen ausdrücklich als Unterlassungsbegehren formuliert worden (vgl. a.a.O., Rn. 1).

b) Die Beklagte führt selbst aus, dass das Recht auf Löschung personenbezogener Daten gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO in die Zukunft wirkt und einen Anspruch darauf gewährt, dass die gelöschten Daten nicht mehr verarbeitet werden dürfen (Berufungsbegründung, S. 3 f. = Bl. 83 f. d.A.). Da gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO der Verantwortliche nach einem Widerspruch des Betroffenen nicht mehr verarbeiten dürfe und gemäß Art. 6 Abs. 1 DS-GVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sei, bedeute dies im Umkehrschluss, dass eine Verarbeitung auch zukünftig nicht mehr erfolgen dürfe (a.a.O., S. 3 f. = Bl. 83 f. d.A.). Es erschließt sich nicht, warum es dem Betroffenen verwehrt sein sollte, dieses Verbot durch Erhebung einer Unterlassungsklage titulieren zu lassen, wenn der Verantwortliche dem Löschungsbegehren bereits entsprochen hat, aber eine Wiederholungsgefahr zu bejahen ist.

2. Im vorliegenden Fall fehlt es aber sowohl an der Störereigenschaft der Beklagten als auch an der für einen Unterlassungsanspruch konstitutiven Wiederholungsgefahr. Denn die von der Klägerin beanstandete Datenverarbeitung - die Wiedergabe ihrer Privatanschrift und Telefonnummer unter den „Local Listings“ - war jedenfalls bis zum Löschungsverlangen der Klägerin, dem die Beklagte unverzüglich nachkam, rechtmäßig gewesen.

Als Betreiberin einer Suchmaschine ist die Beklagte nicht von sich aus zu einer proaktiven Prüfung des Inhalts der von ihrer Suchmaschine generierten Nachweise verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 27.07.2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285, Rn. 19 m.w.N.). Störerin kann die Beklagte erst werden, wenn sie durch Benennung der konkret beanstandeten Ergebnislinks und eine zusammenhängende Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts und der daran geknüpften rechtlichen Erwägungen in formeller Hinsicht hinreichend deutlich auf die aus Sicht des Betroffenen vorliegende Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hingewiesen und zur Löschung aufgefordert wird (vgl. BGH a.a.O.). Kommt sie der Aufforderung unverzüglich nach, fehlt es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung, welche die Störereigenschaft - und die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr (vgl. Grüneberg-Herrler, BGB, 81. Aufl., § 1004 Rn. 32 m.w.N.) - begründen könnte.

a) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DS-GVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten unter anderem dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten gilt nicht uneingeschränkt, sondern muss - wie im vierten Erwägungsgrund der Datenschutz-Grundverordnung ausgeführt - im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden (BGH, Urteil vom 27.07.2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285, Rn. 23, zit. nach juris, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 24.09.2019 - C-136/17, NJW 2019, 3503, Rn. 57). Diese Grundrechtsabwägung ist auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person einerseits, der Grundrechte des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, der Interessen seiner Nutzer und der Öffentlichkeit sowie der Grundrechte der Anbieter der in den beanstandeten Ergebnislinks nachgewiesenen Inhalte andererseits umfassend vorzunehmen (BGH a.a.O., Rn. 23 m.w.N.).

Im Hinblick auf die in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht gebotene umfassende Prüfung muss die Abwägung jeweils zu demselben Ergebnis führen, unabhängig davon, ob der Abwägungsvorgang seinen Ausgangspunkt in der Frage nimmt, ob die Verarbeitung der Daten allgemein zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich war (Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO), ob die Verarbeitung speziell der Daten des Betroffenen aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich war (Art. 9 Abs. 2 lit. g DS-GVO) oder ob der Verantwortliche zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen kann, welche die Interessen, Rechte und Freihei18 U 1697/21 Pre - Seite 5 - ten des Betroffenen überwiegen (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO) (vgl. BGH a.a.O., Rn. 24 unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 24.09.2019 - C-136/17, NJW 2019, 3503, Rn. 59, 66; Urteil vom 13.05.2014 - C-131/12, NJW 2014, 2257, Rn. 76).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind im Bereich der unionsrechtlich vollständig vereinheitlichten Regelungen nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich (BGH a.a.O., Rn. 25 unter Verweis auf BVerfG, NJW 2020, 314, Rn. 34 - Recht auf Vergessen II). Der Senat hat bereits im Berufungstermin darauf hingewiesen, dass der Hinweisbeschluss vom 10.02.2022 (Bl. 94/99 d.A.), in dem er die Grundrechte der Parteien nach dem Grundgesetz fallbezogen gegeneinander abgewogen hatte, in diesem Punkt zu korrigieren ist.

b) Im vorliegenden Fall sind auf Seiten der Klägerin deren Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh in die Abwägung einzustellen. Das Interesse der Beklagten, im Rahmen des von ihr betriebenen Geolokalisierungsdienstes ihren Nutzern unter den „Local Listings“ Kontaktinformationen zu dem jeweiligen Ort zur Verfügung zu stellen, wird durch ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 GRCh geschützt.

Für das Ergebnis der vorzunehmenden Abwägung kommt im vorliegenden Fall dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, dass die Beklagte die von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten nicht nur allgemein zugänglichen Quellen, sondern sogar der eigenen Internetpräsenz der Klägerin entnommen hat. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten hatte die Klägerin jedenfalls im Zeitraum von September 2013 bis August 2018 im Impressum ihres Internetauftritts eben jene Anschrift und Telefonnummer angegeben, deren Veröffentlichung sie der Beklagten nunmehr untersagen will (vgl. Anlage B 2). Die Beklagte durfte deshalb zunächst davon ausgehen, dass die Klägerin kein Interesse an der Geheimhaltung der von ihr selbst veröffentlichten Kontaktdaten hatte, sondern vielmehr mit deren Aufnahme in die „Local Listings“ einverstanden war.

c) Eine Pflicht zur unverzüglichen Löschung der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO traf die Beklagte deshalb allenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem sie von der Klägerin zur Löschung aufgefordert worden war. Da aufgrund des Vorbringens der Parteien davon auszugehen ist, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Einträge auf Verlangen der Klägerin unverzüglich gelöscht hat, kann im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits dahinstehen, ob der Klägerin ein Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO auf deren Löschung zustand.

aa) Einen Widerspruch im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. c DS-GVO gegen die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch die Beklagte hat die Klägerin erst mit Anwaltsschreiben vom 07.05.2020 (Anlage K 2) erhoben, mit dem sie die Beklagte unter anderem aufgefordert hat, die Veröffentlichung ihrer privaten Anschrift und ihrer privaten Telefonnummer zu unterlassen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist ihr dieses Schreiben am 14.05.2020 per Telefax zugegangen (vgl. Klageerwiderung, S. 5 = Bl. 19 d.A.).

bb) Die E-Mail der Klägerin vom 13.02.2020 (Anlage K 1) hatte dagegen keine Prüfungspflichten der Beklagten ausgelöst, weil die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt hat, dass diese E-Mail der Beklagten zugegangen ist oder die Beklagte sich so behandeln lassen muss, als ob sie die E-Mail erhalten hätte.

Die Beklagte behauptet, dass die E-Mail vom 13.02.2020 ausweislich des von der Klägerin verwendeten Antragsformulars nicht an sie, sondern an die G. LLC gegangen sei. Dabei handele es sich um ein selbständiges Unternehmen, mit dem die Beklagte lediglich im Konzern der Alphabet Inc. verbunden sei (vgl. Klageerwiderung, S. 4 = Bl. 18 d.A.; Schriftsatz vom 21.12.2020, S. 2 = Bl. 32 d.A.).

Die Klägerin bestreitet dies nicht, hält den Einwand aber für unbeachtlich, weil sich das sogenannte „Local Listing“ auch für einen erfahrenen Benutzer der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine als ein - wenn auch besonders hervorgehobenes - Suchergebnis darstelle. Für den Benutzer sei in keiner Weise erkennbar, dass es sich dabei um einen vermeintlich nicht von der Beklagten verbreiteten Inhalt handeln solle, auf den sich das von der Beklagten bereitgestellte Formular angeblich nicht beziehe. Selbst wenn es sich so verhielte, müsste die Beklagte aber Vorsorge dafür treffen, dass Datenschutz-Beschwerden, die unter Verwendung des Formulars eingereicht würden, intern entsprechend zugeordnet und bearbeitet würden (Schriftsatz vom 10.12.2020, S. 2 = Bl. 26 d.A.).

Mit diesen Ausführungen verkennt die Klägerin, dass die Beklagte nicht ihre Verantwortlichkeit für die Veröffentlichung der „Local Listings“ bestreitet, sondern den Erhalt der - an eine andere juristische Person gerichteten - E-Mail vom 13.02.2020. Eine Organisationspflicht der Beklagten, sicherzustellen, dass an andere juristische Personen des Konzerns gerichtete E-Mails ihr zeitnah zugeleitet werden, ist nicht ersichtlich. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag ist die Beklagte nicht die Muttergesellschaft des Konzerns (vgl. Schriftsatz vom 23.02.2021, S. 2 = Bl. 36 d.A.). Ihr obliegen deshalb auch keine Koordinationspflichten hinsichtlich der einzelnen zum Konzern gehörenden Unternehmen.

Die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Beklagte durch eine irreführende Gestaltung ihrer Formulare oder sonstiger Mitteilungen in zurechenbarer Weise eine Ursache gesetzt hatte, dass die Klägerin sich mit ihrer E-Mail vom 13.02.2020 an die unzuständige G. LLC gewandt hat. Dagegen spricht nicht zuletzt der Umstand, dass das Anwaltsschreiben vom 07.05.2020 (Anlage K 2) zutreffend an die Beklagte („G. Ireland Ltd.“) gerichtet ist.

cc) Auf das Anwaltsschreiben vom 07.05.2020 hin hat die Beklagte unstreitig den streitgegenständlichen Eintrag unter den „Local Listings“ gelöscht. Dass die Beklagte auf die Aufforderung verspätet reagiert hätte, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt.

Das in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO verwendete Wort „unverzüglich“ bedeutet nach der für das deutsche Recht maßgeblichen Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Anhaltspunkte dafür, dass das Wort im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung einen anderen Sinngehalt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Der Beklagten ist grundsätzlich eine angemessene Prüfungsfrist zuzubilligen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann zu deren Konkretisierung regelmäßig die in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NetzDG geregelte Frist zur Entfernung rechtswidriger Inhalte nach Eingang einer Beschwerde herangezogen werden. Danach muss ein rechtswidriger Inhalt - von dem hier nicht einschlägigen Sonderfall eines offensichtlich rechtswidrigen Inhalts abgesehen - innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde entfernt werden.

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, dass sie auf die Löschungsaufforderung der Klägerin vom 07.05.2020 verspätet reagiert hätte. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist ihr die Aufforderung erst am 14.05.2020 zugegangen. Ihre Antwort, in der sie die Prüfung der Beanstandung der Klägerin ankündigt, datiert vom 19.05.2019 (Anlage K 3). In der Folgezeit wurde der streitgegenständliche Eintrag unstreitig gelöscht. Da die Klägerin den konkreten Zeitpunkt der Löschung nicht mitteilt, ist zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Löschung jedenfalls innerhalb einer Frist von sieben Tagen nach Eingang der Löschungsaufforderung bei der Beklagten erfolgt ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO und erfordert Abwägung aller Umstände des Einzelfalls - Recht auf Vergessenwerden

BGH
Urteil vom 03.05.2022
VI ZR 832/20
DSGVO Art. 17


Der BGH hat entschieden, dass sich der Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO richtet und eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erfordert.

Leitsatz des BGH:
Zu den Voraussetzungen eines Auslistungsanspruchs gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes nach Art. 17 DS-GVO.

BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20 - OLG Karlsruhe - LG Karlsruhe

Aus den Entscheidungsgründen:

"I. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, sondern ausschließlich aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ergeben.

Die Datenschutz-Grundverordnung ist zeitlich, sachlich und räumlich anwendbar (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 12 ff.). Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt insoweit aus Art. 79 Abs. 2 DS-GVO (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 16). Das auf dauerhafte Auslistung gerichtete Rechtsschutzbegehren des Klägers ist grundsätzlich von Art. 17 Abs. 1 DS-GVO erfasst (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 17). Im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des vorliegend unionsweit abschließend vereinheitlichten Datenschutzrechts und die bei Prüfung eines Auslistungsbegehrens nach Art. 17 DS-GVO vorzunehmende umfassende Grundrechtsabwägung kann der Kläger seinen Anspruch hingegen nicht auf Vorschriften des nationalen deutschen Rechts stützen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 64).

II. Der Kläger hat auf der Grundlage des im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auslistung des streitgegenständlichen Ergebnislinks aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO, da die von der Beklagten vorgenommene Datenverarbeitung nach den relevanten Umständen des Streitfalls nicht zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist (Art. 17 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Buchst. f, Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH-Generalanwalt: Suchmaschinenbetreiber Google muss bei Antrag auf Löschung angeblich unrichtiger Inhalte aus Suchindex Richtigkeit im Rahmen des Möglichen prüfen

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 07.04.2022
C-460/20
TU, RE gegen Google LLC
Google (Auslistung eines angeblich unrichtigen Inhalts)


Der EUGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass ein Suchmaschinenbetreiber (hier: Google) bei einem Antrag auf Löschung angeblich unrichtiger Inhalte aus dem Suchindex Richtigkeit im Rahmen des Möglichen prüfen

Die Pressemitteilung des EuGH:
Generalanwalt Pitruzzella ist der Auffassung, dass ein auf die angebliche Unrichtigkeit der Informationen gestützter Antrag auf Auslistung den Suchmaschinenbetreiber verpflichtet, die Überprüfungen vorzunehmen, die in den Rahmen seiner konkreten Möglichkeiten fallen.

Des Weiteren darf im Rahmen eines Antrags auf Entfernung von Vorschaubildern aus den Ergebnissen einer Bildersuche nur der Informationswert der Bilder als solcher berücksichtigt werden.

TU und RE erhoben gegen die Google LLC Klage und beantragten zum einen die Auslistung bestimmter Links, die in den Ergebnissen der Suchen über die von der Google LLC betriebene Suchmaschine angezeigt wurden. Die Links beziehen sich auf im Internet veröffentliche Artikel eines Dritten, in denen TU und RE genannt werden. Zum anderen beantragten sie die Unterlassung der Anzeige von Fotos, die mit diesen Artikeln in Form von Vorschaubildern verbunden sind. TU ist für verschiedene Gesellschaften, die Finanzdienstleistungen anbieten, in verantwortlicher Position tätig oder an ihnen beteiligt. RE war die Lebensgefährtin von TU und bis Mai 2015 Prokuristin einer dieser Gesellschaften. Auf der Website g-net erschienen drei Artikel, in denen kritische Meinungen und Zweifel hinsichtlich der Seriosität des Anlagemodells verschiedener dieser Gesellschaften zum Ausdruck gebracht wurden und von denen einer mit vier Fotos bebildert war, auf denen TU und RE am Steuer von Luxus-Autos, in einem Hubschrauber und vor einem Charterflugzeug gezeigt wurden, was den Eindruck erwecken konnte, dass sie in fremdfinanziertem Luxus schwelgten. TU und RE forderten die Google LLC auf, die fraglichen Artikel auszulisten, die ihrer Auffassung nach unrichtige Behauptungen und verleumderische Ansichten enthielten, die auf unwahren Tatsachen beruhten, und die Vorschaubilder aus der Ergebnisliste der Suche zu entfernen.

Der deutsche Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die erste Frage betrifft die Besonderheit der Funktion von Suchmaschinen und das Spannungsverhältnis, das sie zwischen den Grundrechten aus den Art. 7,8 und 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union1 erzeugt, in einem vom Gerichtshof noch nicht geprüften Szenarium, nämlich dem, dass die betroffene Person die Richtigkeit der verarbeiteten Daten bestreitet und aus diesem Grund die Auslistung der Links verlangt, die auf von Dritten herausgegebene Inhalte verweisen, in denen diese Daten enthalten sind. Die zweite Frage betrifft die Notwendigkeit, bei der Prüfung eines Antrags auf Entfernung von Vorschaubildern aus den Ergebnissen einer Bildersuche den Inhalt der Website, in die das betreffende Foto eingefügt ist, zu berücksichtigen.

In seinen heute vorgelegten Schlussanträgen untersucht Generalanwalt Pitruzzella zunächst die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Verpflichtungen, die einem Suchmaschinenbetreiber obliegen, und arbeitet dabei vier Eckpunkte heraus.

Zunächst erläutert er, welche Verpflichtungen dem Betreiber einer Suchmaschine bei der Behandlung eines Antrags auf Auslistung obliegen, wenn dieser auf die nicht durch Beweise untermauerte Behauptung gestützt wird, dass einige der in dem gelisteten Inhalt enthaltene Informationen unrichtig seien.

Der Generalanwalt weist darauf hin, dass die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten keinen absoluten Charakter hätten. Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten müsse im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Dabei sei das Recht, zu informieren, angemessen zu gewichten. Soweit in dem Fall, dass die betroffene Person eine öffentliche Rolle habe, das Recht, zu informieren, und das Recht auf Information Vorrang hätten, kehre sich dies dann um, wenn sich die Informationen, die Gegenstand des Auslistungsantrags seien, als unrichtig herausstellten.
Denn die Richtigkeit der Daten stelle nicht nur eine der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten dar, sondern dieses Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit könne in seiner zweifachen, aktiven und passiven, Bedeutung, wenn es sich um eine unrichtige Information handele, auch nicht auf der gleichen Ebene stehen wie die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten. In diesem Fall kommt nach Auffassung des Generalanwalts ein vorrangiges Kriterium zum Tragen, das in einem der Grundwerte der Europäischen Union wurzelt, nämlich dem der in Art. 1 der Charta der Grundrechte verbürgten Menschenwürde. Eine unrichtige
Information verletze nicht nur das Grundrecht der Person, auf die sich der Schutz personenbezogener Daten beziehe, sondern beeinträchtige ihre Würde, da sie auf einer unrichtigen Darstellung beruhe und eine Verfälschung ihrer Identität bewirke, die heute vor allem im Netz definiert werde.

Wenn Zweifel an der Richtigkeit der vom Suchmaschinenbetreiber verarbeiteten Information bestünden, stelle sich die Frage der Abwägung der betroffenen Grundrechte daher ganz besonders, zumindest in dem Stadium, in dem die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Information noch nicht festgestellt worden sei. Zwar könne der Suchmaschinenbetreiber nicht verpflichtet
werden, die gespeicherten Inhalte einer allgemeinen Kontrolle in Bezug auf deren Richtigkeit zu unterziehen; aufgrund seiner besonderen Verantwortung, die mit seiner Funktion eines „gatekeeper“ der Information verbunden sei, müsse er jedoch eine aktive Rolle bei der Löschung der Ergebnisse der Suche nach Inhalten spielen, in denen unrichtige personenbezogene Daten
enthalten seien.

Allerdings schließt der Generalanwalt aus, dass eine Auslistung allein auf der Grundlage des bloß einseitigen Antrags des Betroffenen vorgenommen werden kann, ebenso wie er es ausschließt, dass von dem Betroffenen verlangt werden kann, sich an den Herausgeber der Webseite zu wenden, um die Entfernung des angeblich unrichtigen Inhalts zu verlangen. Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass der Betroffene verpflichtet sei, die Umstände anzugeben, auf die der Antrag gestützt wird, und einen Anfangsbeweis dafür zu erbringen, dass die Inhalte, deren Auslistung verlangt wird, unrichtig seien. Der Suchmaschinenbetreiber müsse demgegenüber die Überprüfungen durchführen, mit denen die Begründetheit des Antrags
bestätigt oder nicht bestätigt werde und die sich im Rahmen seiner konkreten Möglichkeiten hielten. Dabei habe er, wenn möglich, den Herausgeber der gelisteten Website zu kontaktieren, und dann darüber zu entscheiden, ob er dem Auslistungsantrag stattgebe oder nicht. Wenn sich der Inhalt auf eine Person beziehe, die eine öffentliche Rolle habe, müsse
sich die Entscheidung für die Auslistung auf besonders aussagekräftige Bestätigungen für die Unrichtigkeit der Informationen stützen. Schließlich könne der Suchmaschinenbetreiber, wenn die Umstände des Falls dies angezeigt erscheinen ließen, um einen nicht wiedergutzumachenden Schaden für die betroffene Person zu vermeiden, die Listung vorübergehend aussetzen oder in den Ergebnissen der Suche angeben, dass die Richtigkeit einiger der Informationen bestritten werde.

Hinsichtlich der Antwort auf die zweite Frage stellt der Generalanwalt fest, dass für namensbezogene Bildersuchen über eine Internetsuchmaschine dieselben Regeln gelten wie für Websuchen und dass der Suchmaschinenbetreiber mit der Zusammenstellung von im Internet veröffentlichten Fotos von natürlichen Personen und der Wiedergabe dieser Fotos einen
Dienst anbiete, bei dem er eine eigenständige Verarbeitung personenbezogener Daten vornehme, die sowohl von der des Herausgebers der Website, von der die Fotos entnommen seien, als auch von derjenigen der Listung dieser Website verschieden sei.

Nach Auffassung des Generalanwalts ist bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte, die im Rahmen eines an den Suchmaschinenbetreiber gerichteten Antrags auf Entfernung von als Vorschaubilder angezeigten Fotos vorzunehmen sei, nur der Informationswert der Fotos als solcher zu berücksichtigen, unabhängig von dem Inhalt, in den sich diese Fotos auf der Webseite, von der sie entnommen worden seien, einfügten.

Angesichts des Umstands, dass das Bild einer Person eines der Hauptmerkmale ihrer Persönlichkeit sei, komme dem Schutz des Rechts der Person auf Vertraulichkeit in diesem Kontext besondere Bedeutung zu, da die Fotos besonders persönliche Informationen vermitteln könnten.

Schlussanträge:

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des BGH wie folgt zu antworten:

1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte aus den Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta, die im Rahmen der Prüfung eines Auslistungsbegehrens gegen den Betreiber einer Suchmaschine, das auf der Grundlage erhoben wird, dass die in dem indexierten Inhalt enthaltenen Informationen unrichtig seien, vorzunehmen ist, nicht maßgeblich darauf abgestellt werden kann, ob der Betroffene in zumutbarer Weise, z. B. durch eine einstweilige Verfügung, Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen kann. Im Rahmen eines solchen Antrags obliegt es dem Betroffenen, einen Anfangsbeweis dafür zu erbringen, dass die Inhalte, deren Auslistung verlangt wird, unrichtig sind, wenn dies, insbesondere in Bezug auf die Art der in Rede stehenden Informationen, nicht offensichtlich unmöglich oder übermäßig schwer ist. Es ist Sache des Suchmaschinenbetreibers, die in den Rahmen seiner konkreten Möglichkeiten fallenden Überprüfungen in Bezug auf die behauptete Unrichtigkeit der verarbeiteten Daten durchzuführen und so weit wie möglich mit dem Herausgeber der indexierten Webseite in Kontakt zu treten. Der Suchmaschinenbetreiber kann, wenn die Umstände des Falls dies angezeigt erscheinen lassen, um einen nicht wiedergutzumachenden Schaden für die betroffene Person zu vermeiden, die Listung vorübergehend aussetzen oder in den Ergebnissen der Suche angeben, dass die Richtigkeit einiger Informationen, die in dem Inhalt enthalten sind, zu dem der fragliche Link führt, bestritten wird.

2. Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta, die im Rahmen eines an den Suchmaschinenbetreiber gerichteten Antrags auf Entfernung von als Vorschaubilder angezeigten Fotos, die eine natürliche Person darstellen, aus den Ergebnissen einer mit dem Namen dieser Person durchgeführten Bildersuche vorzunehmen ist, der Kontext der Veröffentlichung im Internet, in dem diese Fotos ursprünglich erscheinen, nicht zu berücksichtigen ist.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:


BGH: Anspruch auf Löschung einer vom Betroffenen selbst erwirkten Gegendarstellung aus dem Online-Archiv eines Presseorgans

BGH
Urteil vom 28.09.2021
VI ZR 1228/20
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

Der BGH hat entschieden, dass auch bei einer vom Betroffenen selbst erwirkten Gegendarstellung ein Anspruch auf Löschung aus dem Online-Archiv eines Presseorgans bestehen kann.

Leitsatz des BGH:
Zum Anspruch auf Löschung einer selbst erwirkten Gegendarstellung aus dem Online-Archiv eines Presseorgans, wenn auch die unzulässige Erstmitteilung dort nicht mehr zum Abruf vorgehalten wird.

BGH, Urteil vom 28. September 2021 - VI ZR 1228/20 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zur Zulässigkeit von Altmeldungen im Online-Archiv eines Presseorgans - Haftung des Inhalteanbieters nicht subsidiär gegenüber der Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers

BGH
Urteil vom 22.09.2020
VI ZR 476/19
BGB § 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1


Der BGH hat sich erneut mit der Zulässigkeit von Altmeldungen im Online-Archiv eines Presseorgans befasst und dabei ausgeführt, dass die Haftung des Inhalteanbieters nicht subsidiär gegenüber der Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers ist.

Leitsatz des BGH:

Zur Zulässigkeit des Vorhaltens von Altmeldungen im Online-Archiv eines Presseorgans (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17).

BGH, Urteil vom 22. September 2020 - VI ZR 476/19 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Aus den Entscheidungsgründen:

Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Artikel aus den Jahren 1982 und 1983 zum Abruf im Internet sei rechtswidrig, wird durch die getroffenen Feststellungen nicht getragen.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Bereithalten der Artikel einen Eingriff in den Schutzbereich des durch § 823 Abs. 1, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers darstellt (vgl. auch Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 9 mwN). Es hat zu Recht angenommen, dass dem Eingriff angesichts der durch das Internet ermöglichten allgemeinen Verfügbarkeit der Artikel, die bereits bei einer bloßen Eingabe des Namens des Klägers im Suchfeld einer Suchmaschine an erster Stelle der Ergebnisliste erscheinen, eine ganz erhebliche Intensität zukommt (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 146 ff.).

2. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat indes nicht beurteilen, in welchem Maße die Interessen der Beklagten hinter dem Schutzinteresse des Klägers zurückzutreten haben.

a) Soweit nicht die ursprüngliche oder eine neuerliche Berichterstattung, sondern das öffentlich zugängliche Vorhalten eines Berichts, insbesondere in Onlinearchiven, in Rede steht, ist dessen Zulässigkeit im Ausgangspunkt anhand einer neuerlichen Abwägung der im Zeitpunkt des jeweiligen Löschungsverlangens bestehenden gegenläufigen grundrechtlich geschützten Interessen zu beurteilen (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 115 f., 127; NJW 2020, 1793 Rn. 10). Dabei ist die ursprüngliche Zulässigkeit eines Berichts allerdings ein wesentlicher Faktor, der ein gesteigertes berechtigtes Interesse von Presseorganen begründet, diese Berichterstattung ohne erneute Prüfung oder Änderung der Öffentlichkeit dauerhaft verfügbar zu halten (BVerfG, NJW 2020, 1793 Rn. 10).

Steht - wie vorliegend - die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht im Streit, ist insbesondere die Schwere der aus der trotz der verstrichenen Zeit andauernden Verfügbarkeit der Information drohenden Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 121, 131; Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 16 mwN), die Einbindung zurückliegender Ereignisse in eine Folge weiterer hiermit einen Zusammenhang bildender Vorkommnisse sowie das zwischenzeitliche Verhalten des Betroffenen (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 107, 109, 122 f.; BVerfG, AfP 2020, 307 Rn. 20; Senatsurteil vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn. 14 mwN), die fortdauernde oder verblassende konkrete Breitenwirkung der beanstandeten Presseveröffentlichung (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 114, 124 f., 131; Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 24 mwN), die Priorität, mit der die Information im Netz von Suchmaschinen kommuniziert wird (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 125) sowie das generelle Interesse der Allgemeinheit an einer dauerhaften Verfügbarkeit einmal zulässig veröffentlichter Informationen und das grundrechtlich geschützte Interesse von Inhalteanbietern an einer grundsätzlich unveränderten Archivierung und Zurverfügungstellung ihrer Inhalte (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 112 f., 121, 130; EGMR, NJW 2020, 295 Rn. 90; Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 25 mwN) angemessen zu berücksichtigen (vgl. auch
BVerfG, NJW 2020, 1793 Rn. 11).

Für den Interessenausgleich zwischen den Medien und dem Betroffenen sind zudem mögliche Abstufungen hinsichtlich der Art der Schutzgewähr in die Betrachtung einzubeziehen. Zu berücksichtigen ist, wieweit dem Betreiber eines Onlinearchivs Mittel zu Gebote stehen, zum Schutz des Betroffenen auf die Erschließung und Verbreitung der Berichte im Netz Einfluss zu nehmen (Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 21 ff.). Solche Schutzmaßnahmen sind den Medien nicht grundsätzlich unzumutbar; sie dürfen technische Anstrengungen und Kosten mit sich bringen. Anzustreben ist ein Ausgleich, der einen ungehinderten Zugriff auf den Originaltext möglichst weitgehend erhält, diesen auf besonderen (wie hier) Schutzbedarf hin - insbesondere gegenüber namensbezogenen Suchabfragen mittels Suchmaschinen - aber einzelfallbezogen doch hinreichend begrenzt (BVerfG, NJW 2020, 300 Rn. 128 ff., 139, 153; vgl. auch BVerfG, NJW 2020, 1793 Rn. 11).

b) Eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht möglich. Das Berufungsgericht hat die Rechtswidrigkeit des weiteren Bereithaltens der Artikel zum Abruf aus der Schwere der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung abgeleitet. Diese entsteht für den Kläger dadurch, dass trotz der seit den Straftaten verstrichenen langen Zeit jeder, der den Namen des Klägers im Suchfeld einer Suchmaschine eingibt, davon erfährt, so dass ein In-Vergessenheit-Geraten nicht möglich ist. Offen geblieben ist aber, ob und auf welchem
Wege es der Beklagten möglich und zumutbar ist, lediglich die Auffindbarkeit der Artikel über Internet-Suchmaschinen zu unterbinden oder einzuschränken. Eine abschließende Gewichtung der widerstreitenden Rechtspositionen nach den obigen Grundsätzen ist nicht möglich, solange dies nicht geklärt ist. Die generelle Untersagung des weiteren Bereithaltens der Artikel zum Abruf im Onlinearchiv geht über das zur Wahrung der Rechte des Klägers Erforderliche hinaus, falls die Beklagte dessen Auffindbarkeit ausschließen oder (beispielsweise unter Berücksichtigung von Suchbegriffen) einschränken könnte. Das würde umso mehr gelten, wenn die Beklagte die Voraussetzungen der Zugänglichmachung der Artikel durch Internet-Suchmaschinen kontrollieren könnte (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881 Rn. 21 f. mwN).

c) Entgegen der Auffassung der Revision scheitert der geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass der Kläger die Suchmaschinenbetreiber nicht auf Auslistung der bei einer namensbezogenen Suche angezeigten und auf die streitgegenständlichen Artikel hinführenden Ergebnislinks in Anspruch genommen hat. Die Haftung des Inhalteanbieters ist nicht subsidiär gegenüber der Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers. Im Gegenteil kann in einer Konstellation wie der vorliegenden über den Antrag eines Betroffenen auf Unterlassung des Bereitstellens von Suchnachweisen gegenüber einem Suchmaschinenverantwortlichen nicht ohne Berücksichtigung der Frage entschieden werden, ob und wieweit der Inhalteanbieter gegenüber den Betroffenen zur Verbreitung der Information berechtigt ist (BVerfG, NJW 2020, 314 Rn. 109 mwN; Senatsurteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, juris Rn. 35). Da bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verbreitung eines Berichts durch die Beklagte dessen Wirkung für den Kläger im Internet in der Abwägung mit zu berücksichtigen ist, muss die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verbreitung auch die Entscheidung gegenüber den Suchmaschinenverantwortlichen anleiten (Senatsurteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, juris Rn. 38).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Vorlagebeschluss an EuGH zum Recht auf Vergessenwerden nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO

BGH
Beschluss vom 27.07.2020
VI ZR 476/18
EU-Grundrechtecharta Art. 7, 8, 11, 16; DSGVO Art. 17


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO und erfolgt nach umfassender Grundsrechtsabwägung - Recht auf Vergessenwerden über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Unionsrechts folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, GRCh, ABl. EU C 202 vom 7. Juni 2016, S. 389) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, ABl. EU L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachenbehauptungen und auf Tatsachenbehauptungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise - z.B. durch eine einstweilige Verfügung - Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte?

b) Ist im Falle eines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes, der bei einer Namenssuche nach Fotos von natürlichen Personen sucht, die Dritte im Zusammenhang mit dem Namen der Person ins Internet eingestellt haben, und der die von ihm aufgefundenen Fotos in seiner Ergebnisübersicht als Vorschaubilder ("thumbnails”) zeigt, im Rahmen der nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie, DS-RL, ABl. EU L 281 vom 23. November 1995, S. 31) / Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DSGVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zu berücksichtigen, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext vom Internet-Suchdienst nicht mit angezeigt wird?

BGH, Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH liegt vor: Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO und erfolgt nach umfassender Grundsrechtsabwägung - Recht auf Vergessenwerden

BGH
Urteil vom 27.07.2020 - VI ZR 405/18
DSGVO Art. 17


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO und erfolgt nach umfassender Grundsrechtsabwägung - Recht auf Vergessenwerden über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Zu den Voraussetzungen eines Auslistungsanspruchs gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes nach Art. 17 DS-GVO

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO und erfolgt nach umfassender Grundsrechtsabwägung - Recht auf Vergessenwerden

BGH
Urteil vom 27.07.2020 - VI ZR 405/18
Beschluss vom 27.07.2020 - VI ZR 476/18


Der BGH hat sich in in zwei Entscheidungen mit einem Anspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber Google auf Entfernung von Inhalten befasst. Der BGH hat entschieden, dass sich ein ein Anspruch auf Entfernung aus dem Google-Suchindex nunmehr nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO (Recht auf Vergessenwerden) richtet und eine umfassende Grundsrechtsabwägung der Grundrechte aller Beteiligten erfordert.

Seine Rechtsprechnung, wonach ein Suchmaschinenbetreiber erst nach Kenntnis von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung tätig werden muss, hat der BGH dabei ausdrücklich aufgegeben (siehe zur alten BGH-Rechtsprechung BGH: Google muss ab Inkenntnissetzung klar erkennbare Persönlichkeitsrechtsverletzungen aus Suchindex löschen - Keine Vorabüberprüfung der im Suchindex gelisteten Inhalte).

Darüber hinaus hat der BGH weitere Fragen im Zusammenhang mit dem Recht auf Vergessenwerden dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof entscheidet über Auslistungsbegehren gegen den Internet-Suchdienst von Google ("Recht auf Vergessenwerden")

Verfahren VI ZR 405/18:

Der Kläger war Geschäftsführer eines Regionalverbandes einer Wohlfahrtsorganisation. Im Jahr 2011 wies dieser Regionalverband ein finanzielles Defizit von knapp einer Million Euro auf; kurz zuvor meldete sich der Kläger krank. Über beides berichtete seinerzeit die regionale Tagespresse unter Nennung des vollen Namens des Klägers. Der Kläger begehrt nunmehr von der Beklagten als der Verantwortlichen für die Internetsuchmaschine "Google", es zu unterlassen, diese Presseartikel bei einer Suche nach seinem Namen in der Ergebnisliste nachzuweisen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Datenschutzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers zurückgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Auslistung der streitgegenständlichen Ergebnislinks ergibt sich nicht aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO. Der Auslistungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO erfordert nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 2019 (1 BvR 276/17 – Recht auf Vergessen II) eine umfassende Grundrechtsabwägung, die auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person einerseits (Art. 7, 8 GRCh), der Grundrechte der Beklagten, der Interessen ihrer Nutzer und der Öffentlichkeit sowie der Grundrechte der Anbieter der in den beanstandeten Ergebnislinks nachgewiesenen Inhalte andererseits (Art. 11, 16 GRCh) vorzunehmen ist. Da im Rahmen dieser Abwägung die Meinungsfreiheit der durch die Entscheidung belasteten Inhalteanbieter als unmittelbar betroffenes Grundrecht in die Abwägung einzubeziehen ist, gilt keine Vermutung eines Vorrangs der Schutzinteressen des Betroffenen, sondern sind die sich gegenüberstehenden Grundrechte gleichberechtigt miteinander abzuwägen. Aus diesem Gebot der gleichberechtigten Abwägung folgt aber auch, dass der Verantwortliche einer Suchmaschine nicht erst dann tätig werden muss, wenn er von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung des Betroffenen Kenntnis erlangt. An seiner noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten der DS-GVO entwickelten gegenteiligen Rechtsprechung (Senatsurteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16, BGHZ 217, 350, 363 Rn. 36 i.V.m. 370 f. Rn. 52) hält der Senat insoweit nicht fest.

Nach diesen Grundsätzen haben die Grundrechte des Klägers auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs im konkreten Fall hinter den Interessen der Beklagten und den in deren Waagschale zu legenden Interessen ihrer Nutzer, der Öffentlichkeit und der für die verlinkten Zeitungsartikel verantwortlichen Presseorgane zurückzutreten, wobei der fortdauernden Rechtmäßigkeit der verlinkten Berichterstattung entscheidungsanleitende Bedeutung für das Auslistungsbegehren gegen die Beklagte zukommt.

Im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des vorliegend unionsweit abschließend vereinheitlichten Datenschutzrechts und die bei Prüfung eines Auslistungsbegehrens nach Art. 17 DS-GVO vorzunehmende umfassende Grundrechtsabwägung kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf Vorschriften des nationalen deutschen Rechts stützen.

Verfahren VI ZR 476/18:

Der Kläger ist für verschiedene Gesellschaften, die Finanzdienstleitungen anbieten, in verantwortlicher Position tätig oder an ihnen beteiligt. Die Klägerin ist seine Lebensgefährtin und war Prokuristin einer dieser Gesellschaften. Auf der Webseite eines US-amerikanischen Unternehmens, dessen Ziel es nach eigenen Angaben ist, "durch aktive Aufklärung und Transparenz nachhaltig zur Betrugsprävention in Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen", erschienen im Jahr 2015 mehrere Artikel, die sich kritisch mit dem Anlagemodell einzelner dieser Gesellschaften auseinandersetzten. Einer dieser Artikel war mit Fotos der Kläger bebildert. Über das Geschäftsmodell der Betreiberin der Webseite wurde seinerseits kritisch berichtet, u.a. mit dem Vorwurf, sie versuche, Unternehmen zu erpressen, indem sie zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein sog. Schutzgeld die Berichte zu löschen bzw. die negative Berichterstattung zu verhindern. Die Kläger machen geltend, ebenfalls erpresst worden zu sein. Sie begehren von der Beklagten als der Verantwortlichen für die Internetsuchmaschine "Google", es zu unterlassen, die genannten Artikel bei der Suche nach ihren Namen und den Namen verschiedener Gesellschaften in der Ergebnisliste nachzuweisen und die Fotos von ihnen als sog. "thumbnails" anzuzeigen. Die Beklagte hat erklärt, die Wahrheit der in den verlinkten Inhalten aufgestellten Behauptungen nicht beurteilen zu können. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Zum einen ist durch den Gerichtshof der Europäischen Union zu klären, ob es mit den Rechten des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar ist, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachenbehauptungen und auf Tatsachenbehauptungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise - z.B. durch eine einstweilige Verfügung - Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte.

Zum anderen bittet der Bundesgerichtshof um Antwort auf die Frage, ob im Falle eines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes, der bei einer Namenssuche nach Fotos von natürlichen Personen sucht, die Dritte im Zusammenhang mit dem Namen der Person ins Internet eingestellt haben, und der die von ihm aufgefundenen Fotos in seiner Ergebnisübersicht als Vorschaubilder ("thumbnails") zeigt, im Rahmen der nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a DS-RL / Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zu berücksichtigen ist, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext vom Internet-Suchdienst nicht mit angezeigt wird.

Vorinstanzen:

VI ZR 405/18:

Oberlandesgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 6. September 2018 – 16 U 193/17

Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 26. Oktober 2017 – 2-03 O 190/16

und

VI ZR 476/18:

Oberlandesgericht Köln – Urteil vom 8. November 2018 – 15 U 178/17

Landgericht Köln – Urteil vom 22. November 2017 – 28 O 492/15

Die maßgebliche Vorschrift der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) lautet:

Art. 17 Recht auf Löschung ("Recht auf Vergessenwerden")

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

a) Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig. (…)

c) Die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 1 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein und es liegen keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vor, oder die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 2 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein.

d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet. (…)

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Verarbeitung erforderlich ist

a) zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (…)


OLG Frankfurt: Löschungsanspruch gegen Google nach § 17 DSGVO auf Entfernung aus Suchindex nur nach Interessenabwägung - Recht auf Vergessenwerden

OLG Frankfurt
Urteil vom 06.09.2018
16 U 193/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Löschungsanspruch gegen Google nach § 17 DSGVO auf Entfernung aus dem Suchindex ( Recht auf Vergessenwerden ) nur gegeben ist, wenn bei einer Interessenabwägung das Informationsinteresse hinter die Interessen des Betroffenen zurücktritt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Löschungsanspruch nach der DSGVO gegen Google setzt umfassende Interessenabwägung voraus

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat entschieden, dass es Google nicht generell untersagt werden darf, ältere negative Presseberichte über eine Person in der Trefferliste anzuzeigen, selbst wenn diese Gesundheitsdaten enthalten. Es komme auch nach Inkrafttreten der DSGVO darauf an, ob das Interesse des Betroffenen im Einzelfall schwerer wiegt als das Öffentlichkeitsinteresse. Das durch die DSGVO anerkannte „Recht auf Vergessen“ überwiegt entgegen einer Entscheidung des EuGH zum früheren Recht nicht grundsätzlich das öffentliche Informationsinteresse.
Nr. 37/2018

Der Kläger war Geschäftsführer einer bekannten gemeinnützigen Organisation. Diese wies im Jahre 2011 ein erhebliches finanzielles Defizit auf. Kurz zuvor hatte der Kläger sich aus gesundheitlichen Gründen krankgemeldet. Die Presse berichtete wiederholt über die finanzielle Schieflage, teilweise unter namentlicher Nennung des Klägers sowie der Tatsache, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht im Dienst befinde. Die in den USA-ansässige Beklagte betreibt die Suchmaschine „Google“ (Google).

Der Kläger begehrt nunmehr von Google, es zu unterlassen, bei einer Suche nach seinem Vor- und Zunamen, fünf konkrete sog. URL bei den Suchergebnissen in Deutschland anzuzeigen, die zu entsprechenden Presseberichten führen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Kläger könne sich im Ergebnis nicht auf einen Unterlassungsanspruch aus Art. 17 DSGVO berufen, meint das OLG. Das amerikanische Unternehmen Google müsse zwar die Vorgaben der DSGVO einhalten, wenn Daten von Personen in der EU verarbeitet werden. Der in Art. 17 DSGVO geregelte Löschungsanspruch umfasse auch den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

Es bestehe aber kein Löschungsgrund nach Art. 17 DSGVO. Abzuwägen seien hier das klägerische Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Recht von Google und seinen Nutzern auf Kommunikationsfreiheit. Jedenfalls „noch“ müsse hier das Anonymitätsinteresse des Klägers hinter das Interesse der Öffentlichkeit an der weiteren Zurverfügungstellung der Berichte zurücktreten. Die verlinkten Artikel enthielten zwar teilweise sensible Daten des Klägers, soweit es sich um Gesundheitsdaten handele. Auch deren Schutz gehe jedoch nur so weit, wie er „erforderlich“ sei. Dabei sei zu beachten, dass Suchmaschinenbetreiber wie Google aufgrund ihrer besonderen Stellung erst dann handeln müssten, wenn sie durch „einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ... durch den Inhalt einer in der Ergebnisliste der Suchmaschine nachgewiesenen Internetseite erlangt haben“. Zu einer präventiven Kontrolle sei Google nicht verpflichtet. An einer derartigen Rechtsverletzung fehle es hier. Die ursprüngliche Berichterstattung sei rechtmäßig gewesen. Es habe ein erhebliches öffentliches Interesse bestanden. Dies treffe auch auf die gesundheitsbezogenen Angaben des Klägers zu. Sie erklärten, aus welchen Gründen er zu Mitarbeit in der Krise nicht zur Verfügung gestanden habe.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom EuGH erstmals anerkannten „Recht auf Vergessenwerden“. Der Ablauf von 6-7 Jahren seit der Veröffentlichung der Artikel lasse nicht eindeutig auf die Erledigung jeglichen Informationsinteresses schließen. Der EuGH (Urteil vom 13.05.2014 – C-131/12 – google spain) habe zwar in einer Entscheidung vor Erlass der DS-GVO angenommen, dass grundsätzlich das Interesse eines Betroffenen, nicht mehr namentlich genannt zu werden, dass Interesse an der fortbestehenden Verlinkung überwiege. Lediglich in Ausnahmefällen könne, so der EuGH, der Grundrechtseingriff durch ein überwiegendes Interesse einer breiten Öffentlichkeit gerechtfertigt sein. Das OLG betont jedoch, dass sich diese Entscheidung nicht auf einen vergleichbaren presserechtlichen Sachverhalt bezogen habe. Zudem finde sich das vom EuGH angenommene „Regel-Ausnahme-Verhältnis“ nicht im Regelungsgefüge der DSGVO wider; die Entstehungsgeschichte spreche ebenfalls gegen eine Übertragung.

Der „Abwägungsmechanismus“ des EuGH könne demnach auf die DS-GVO nicht „schematisch“ angewendet werden; es müsse vielmehr „mit Vorsicht den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung“ getragen werden.

Aus den dargestellten Gründen könne der Kläger sich auch nicht auf einen Unterlassungsanspruch wegen der unerlaubten Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts berufen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen, da die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der DSGVO von grundlegender Bedeutung und höchstrichterlich nicht geklärt seien.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 06.09.2018, Az. 16 U 193/17

(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.10.2017, Az. 2-03 O 190/16)

Es handelt sich – soweit ersichtlich – um das erste obergerichtliche Urteil zu Löschungsfragen nach der neuen DSGVO.

Artikel 6 DSGVO Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

a) ...

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Artikel 17 DSGVO Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden”)
(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

a) Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig...

d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.


LG Frankfurt: Recht auf Vergessenwerden - Google muss 6 Jahre alten Pressebericht über Geschäftsführertätigkeit nicht entfernen wenn Informationsinteresse überwiegt

LG Frankfurt
Urteil vom 26.10.2017
2-03 O 190/16


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass der Suchmaschinenbetreiber Google einen 6 Jahre alten Pressebericht über die Geschäftsführertätigkeit des Betroffenen nicht entfernen muss, da das Gericht im vorliegenden Fall eine überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit angenommen hat. Insofern besteht - so das Gericht - weder ein Anspruch aus dem vom EuGH entwickelten Recht auf Vergessenwerden noch aus sonstigen datenschutzrechtlichen Anspruchsgrundlagen.

Die Entscheidung:

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche auf Entfernung von Suchergebnissen wegen angeblich rechtsverletzender Inhalte.

Der Kläger war bis April 2012 Geschäftsführer des A, der über 500 Beschäftigte und mehr als 35.000 Mitglieder hat und bundesweit der zweitgrößte Regionalverband des A ist. Der A organisiert und finanziert Bauprojekte, Einrichtungen und Pflegedienste.

Die Beklagte zu 2) betreibt die Suchmaschine Google, die Beklagte zu 1) ist eine deutsche Zweigniederlassung der Beklagten zu 2). Als Admin-C der Domain www.google.de ist Frau C eingetragen, für die als "Organisation" die Beklagte zu 1) angegeben ist. Frau C ist laut LinkedIn Mitarbeiterin der Beklagten zu 2).

Im Jahr 2011 wies der A ein finanzielles Defizit von knapp einer Million Euro auf. Der Kläger meldete sich kurz zuvor aufgrund gesundheitlicher Probleme krank.

Über die finanzielle Schieflage berichtete die Presse wiederholt, teils unter Nennung des Klägers, auf das Anlagenkonvolut K1, Bl. 10 ff. d.A., wird wegen des Inhalts der Berichterstattung Bezug genommen. In der Berichterstattung der F vom 10.03.2012 heißt es beispielsweise (Bl. 11 d.A.):

...

Der Kläger verwendete am 17.05.2015 ein Formular der Suchmaschine und verlangte die Entfernung von Links (Anlage K3, Bl. 24 d.A.). Er habe ein Recht auf Anonymität. Mit E-Mail vom 01.09.2015 verlangte der vorgerichtlich Bevollmächtigte des Klägers erneut Löschung. Die Beklagte zu 2) kam dem Ansinnen teilweise nach, nicht aber in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Links.

Der Kläger trägt vor, dass bei Eingabe seines Vor- und Zunamens in die Suchmaschine Google die im Klageantrag genannten URLs aufgezeigt werden.

Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) sei ebenfalls Betreiberin der Suchmaschine Google.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er die Entfernung der streitgegenständlichen Suchergebnisse auf Grundlage des vom EuGH postulierten "Rechts auf Vergessenwerden" verlangen könne. Die Anzeige der Links beeinträchtige ihn in seinem Persönlichkeitsrecht. Die zugrundeliegenden Vorfälle seien mittlerweile sechs Jahre her, der letzte Artikel immerhin vier Jahre. Die streitgegenständlichen Artikel enthielten Angaben zur Gesundheit des Klägers. Er könne seinen Anspruch auch auf §§ 35 i.V.m. 28, 29 BDSG stützen.

Die Beklagte zu 1) sei jedenfalls Störerin. Die Beklagten seien personell miteinander verflochten, so dass auch die Beklagte zu 1) in Anspruch genommen werden könne.

Der Kläger beantragt nach teilweiser Umstellung seines Antrages,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meldung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, folgende URLs bei den Suchergebnissen Ihrer Suchmaschine in Deutschland bei einer Suche nach dem Vor- und Zunamen des Klägers, sowohl isoliert als auch in Verbindung mit den geographischen Angaben Frankfurt und/oder Wetterau und/oder Offenbach und/oder Karben und/oder Marburg, anzuzeigen:

...

wenn dies geschieht wie in den Suchanfragen in Anlage K1.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1) sei nicht in der Lage, die Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse zu unterlassen. Die Entscheidung über die Sperre von Links liege allein bei der Beklagten zu 2).

Die Beklagten sind der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da der Klageantrag unverständlich und unvollständig sei.

Der Kläger habe nicht dargelegt, dass eine "isolierte" Suche nach seinem Namen zu den streitgegenständlichen Suchergebnissen führe. Es werde bestritten, dass der Kläger die streitgegenständlichen Links bei einer isolierten Suche nach seinem Namen aufgefunden habe. Die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert, da sie keine Suchmaschine betreibe.

Der Kläger könne nicht verlangen, dass Suchergebnisse bei Suche nach seinem Namen in Verbindung mit geographischen Angaben entfernt würden, sondern ausschließlich bei Suche nach seinem Namen.

Der Anspruch auf Löschung nach § 35 BDSG sei abschließend. Die Entscheidung des EuGH "Google Spain" könne auf Presseartikel nicht übertragen werden. Der Kläger habe nicht hinreichend konkret auf eine Rechtsverletzung hingewiesen. Es fehle an einer offensichtlichen Rechtsverletzung.

Eine Abwägung falle hier zu Gunsten der Beklagten aus. Die vom Kläger monierten Äußerungen gäben wahre Tatsachen wieder. Sie beträfen den Kläger lediglich in seiner Sozialsphäre. Über den konkreten gesundheitlichen Zustand des Klägers werde nichts offenbart, sensible Gesundheitsdaten im Sinne von § 35 Abs. 2 Nr. 2 BDSG lägen nicht vor. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Berichterstattung. Die Vorfälle lägen noch nicht lange zurück. Der Kläger müsse zunächst die Betreiber der angegriffenen Webseiten in Anspruch nehmen. Die Beklagte sei nach §§ 8 oder 9 TMG von der Haftung freigestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht aus dem Grunde wegen eines Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, dass der Klageantrag unvollständig und unverständlich sei, u.a., weil nicht klar sei, was mit den "und/oder"-Verknüpfungen gemeint sei. Der Antrag ist jedenfalls in der in der mit Schriftsatz vom 20.10.2016 gestellten Fassung hinreichend bestimmt und verständlich. Insoweit ist zur Auslegung auch die Klagebegründung zu beachten. Hieraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass das Begehren des Klägers darin besteht, dass einerseits bei einer Suche nach seinem Vor- und Zunamen und andererseits bei einer Suche nach einer Kombination seines Vor- und Zunamens jeweils mit einem der im Antrag genannten Orten die streitgegenständlichen Links im Suchergebnis nicht angezeigt werden sollen.

Soweit die Beklagten rügen, dass der Kläger nicht dargelegt habe, welche Äußerungen er im Einzelnen für rechtswidrig halte und der Klageantrag deshalb über das Ziel hinausschieße, betrifft dies eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit.

Wenn die Beklagten ferner rügen, dass der Kläger gar nicht dargelegt habe, dass bei einer "isolierten" Suche nach seinem Vor- und Zunamen die streitgegenständlichen Links angezeigt werden, betrifft auch dies allein die Begründetheit. Im Übrigen hat der Kläger dies vorgetragen und die Beklagten haben dies nicht bestritten, sondern lediglich fehlenden Vortrag gerügt.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Grund einen Anspruch gegen die Beklagten auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Links.

1. Die Beklagte zu 1) ist insoweit bereits nicht passivlegitimiert. Der Kläger hat zunächst vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) die Suchmaschine Google betreibe (S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A.), sich sodann aber darauf bezogen, dass die Beklagte zu 1) eine Zweigniederlassung der Beklagten zu 2) sei, die die Suchmaschine betreibe. Deshalb sei die Beklagte zu 1) Störerin (S. 8 der Klageschrift, Bl. 8 d.A.). Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, dass sie die Suchmaschine Google nicht betreibe und die Entscheidung, welche Suchergebnisse angezeigt werden, allein der Beklagten zu 2) obliege.

Der Kläger hat sich sodann darauf berufen, dass zwischen den Beklagten eine personelle Verflechtung bestehe und insbesondere, dass als Admin-C Frau C eingetragen sei, für die bei der DeNIC als "Organisation" die Beklagte zu 1) genannt sei. Allerdings hat der Kläger auch vorgetragen, dass Frau C nach seinen Erkenntnissen bei der Beklagten zu 2) tätig ist. Jedenfalls hafte die Beklagte zu 1) aufgrund ihrer Eigenschaft als Admin-C als Störerin.

Mit seinem Vortrag hat der Kläger, der insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist, während der Beklagten zu 1) diesbezüglich eine sekundäre Darlegungslast obliegen kann, die hier erfüllt wäre, nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte zu 1), die der Kläger selbst als Zweigniederlassung bezeichnet, Entscheidungsgewalt über die in der Suchmaschine angezeigten Ergebnisse hat. Der Kläger hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagte zu 1), die - wie der Kammer u.a. aus der "Google Spain"-Entscheidung des EuGH (EuGH GRUR 2014, 895 - Google Spain) bekannt ist - nur eines von mehreren Tochterunternehmen der Beklagten zu 2) bzw. der Alphabet-Gruppe ist, Einfluss auf Suchergebnisse nehmen kann. Dementsprechend kann die Beklagte zu 1) auch nicht als Störerin für die vorgetragenen Rechtsverletzungen der Beklagten zu 2) haften (vgl. insoweit auch OLG Köln, Urt. v. 16.10.2016 - 15 U 173/15, Rn. 134 ff. - juris; LG Wiesbaden, Urt. v. 09.08.2016 - 4 O 7/15, Anlagenkonvolut B3, Bl. 63 d.A.; LG Berlin CR 2015, 124 [LG Berlin 21.08.2014 - 27 O 293/14]; LG Hamburg, Urt. v. 29.01.2016 - 324 O 456/14 Rn. 38 f. - juris).

Die Beklagte zu 1) haftet auch nicht aus dem Grunde als Störerin, dass sie als Admin-C für die Domain www.google.de eingetragen ist. Zum einen ist schon nach dem Vortrag des Klägers als Admin-C nicht die Beklagte zu 1) eingetragen, sondern Frau C, die für die Beklagte zu 2) tätig sein soll. Zum anderen ist allein die Stellung als Admin-C nicht ausreichend für eine Haftung als Störer.

2. Der Kläger kann auch von der Beklagten zu 2) nicht aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die begehrte Unterlassung der weiteren Anzeige der streitgegenständlichen Links verlangen. Denn die Rechte des Klägers auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die Beklagte zu 2) bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht rechtswidrig verletzt.

a. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist vorliegend durch die von der Beklagten zu 2) erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BGH GRUR 2014, 200 [BGH 05.11.2013 - VI ZR 304/12] Rn. 11 - Mascha S.).

Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Betreiber einer Suchmaschine aus dem Grund auf Entfernung von Suchergebnissen haften, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Anzeige der Daten verursacht, weil der Suchmaschinenbetreiber in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (EuGH GRUR 2014, 895 Rn. 35 - Google Spain). Dabei kann die Organisation und Aggregation der im Internet veröffentlichten Informationen bei einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Suche dazu führen, dass die Nutzer der Suchmaschinen mit der Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu der betreffenden Person im Internet zu findenden Informationen erhalten, anhand dessen sie ein mehr oder weniger detailliertes Profil der Person erstellen können (EuGH GRUR 2014, 895 Rn. 37 - Google Spain). Die Anzeige solcher Informationen in einem Suchergebnis kann daher auf der Grundlage des "Rechts auf Vergessenwerden" eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen.

b. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ist auch nicht bereits aus dem Grunde ausgeschlossen, dass sich die Beklagte zu 2) vorliegend auf die Privilegierung der §§ 8, 9 TMG berufen könnte und ihre Haftung bereits aus diesem Grunde ausscheidet (im Ergebnis offen gelassen OLG Köln, Urt. v. 13.10.2016 - 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916 Rn. 91 ff.).

Zunächst ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die §§ 8 ff. TMG nicht auf Unterlassungsansprüche Anwendung finden (BGH GRUR 2007, 724 - Meinungsforum; BGH GRUR 2009, 1093 - Focus Online; BGH GRUR 2012, 311 - Blog-Eintrag). Der EuGH hat diese Auffassung im Hinblick auf die auch §§ 8-10 TMG zu Grunde liegenden Art. 12-15 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG grundsätzlich bestätigt (EuGH EuZW 2016, 821 - McFadden; näher dazu LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391).

Insoweit kann sich die Beklagte zu 2) auch nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des 3. TMG-ÄndG die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG auf Unterlassungsansprüche ausweiten wollte (BT-Drs. 18/12202; BT-Drs. 18/12496). Dieses Gesetz war zwar beschlossen, aber bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit nicht in Kraft getreten. Das Gesetz gilt erst ab dem 13.10.2017. Dieser Umstand ist im Termin zur mündlichen Verhandlung erörtert worden.

Unabhängig davon, ob § 8 Abs. 1 TMG in der Fassung des 3. TMG-ÄndG in Kraft ist, kann sich die Beklagte zu 2) im Rahmen des hiesigen Klagebegehrens nicht auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG berufen. Access Provider nach § 8 TMG ist, wer fremde Informationen in einem Kommunikationsnetz übermittelt oder zu diesen den Zugang vermittelt und die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert hat. Grundlage für die Privilegierung ist, dass der Access Provider sich im Hinblick auf die betroffenen Informationen in einer neutralen Rolle befindet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 13.10.2016 - 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916 Rn. 109; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391; zum Kriterium der Neutralität von Intermediären im Rahmen der Art. 12-15 E-Commerce-Richtlinie Ohly, ZUM 2015, 308).

Es fehlt hier bereits am Merkmal der "Übermittlung fremder Informationen in einem Kommunikationsnetz". Im Streit steht vorliegend nämlich nicht der Vorgang der Übermittlung fremder Informationen, worunter man möglicherweise noch den Vorgang der reinen Verlinkung ansehen könnte, wenn der Nutzer auf einen konkreten Link klickt, sondern die Anzeige bestimmter Links in einer Ergebnisliste. Diese Ergebnisliste besteht - wie aus der Akte ersichtlich und der Kammer bekannt ist - aus Links und kurzen "Snippets" aus dem Inhalt der hinter den Links liegenden Seiten. Diese Inhalte übermittelt die Beklagte zu 2) - wie der Kammer bekannt ist - nicht vom Server des Dritten, der die verlinkte Webseite ins Internet gestellt hat, sondern von ihren eigenen Servern, da sie die entsprechenden Informationen auf ihren eigenen Servern gespeichert und indexiert hat (vgl. auch Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1, 14). Wenn überhaupt, könnte sich die Beklagte daher allenfalls auf die Privilegierung des § 9 TMG berufen, der die Zwischenspeicherung von Daten Dritter umfasst (ebenso Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1, 15 ff., 29), aber Unterlassungsansprüche nicht erfasst (s.o.).

Es fehlt darüber hinaus - in Auslegung von § 8 Abs. 1 TMG nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck - in Bezug auf die Anzeige der Ergebnisliste daran, dass die Beklagte zu 2) Informationen "nicht auswählt". Anders als derjenige, der den Zugang zum Internet anbietet, vermittelt die Beklagte zu 2) nicht nur in rein neutraler Funktion den Zugang und wäre deshalb als "neutral" anzusehen, weil ein Zugriff auf die Masse an Informationen im Internet ohne Suchmaschinen kaum möglich ist. Die Beklagte zu 2) speichert und wählt die Informationen in der Ergebnisliste vielmehr - in gewissem Rahmen - selbst aus. Nach ihren eigenen Bekundungen, die der Kammer bekannt sind, zeigt die Beklagte zu 2) ihren Nutzern auf deren Interessen abgestimmte Informationen an, so dass sich das Suchergebnis je nach Person des Suchenden unterscheiden kann. Nicht jeder Nutzer bekommt bei der Suche nach einem Suchbegriff eine identische Ergebnisliste. Vielmehr werden bestimmte - möglicherweise für andere Personen relevantere - Informationen weggelassen oder erst später in den Ergebnislisten aufgeführt und andere dafür angezeigt. Auch ist der Kammer bekannt, dass die Beklagte zu 2) ihren Suchalgorithmus z.B. anpasst, um trotz der Anstrengungen von Anbietern, die für Kunden Webseiten derart gestalten, dass sie möglichst weit oben in den Ergebnislisten stehen ("Search Engine Optimization", SEO), den Suchenden möglichst "relevante" Ergebnisse zu präsentieren. Auch die EU-Kommission wirft der Beklagten zu 2) vor, dass sie in 13 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums ihre marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine missbraucht habe, indem sie den eigenen Preisvergleichsdienst in den Suchergebnissen bevorzugt habe (EU-Kommission, MEMO/17/1785, http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-1785_de.htm) und hat hierfür eine Geldbuße verhängt, was ebenfalls dafür spricht, dass die Beklagte zu 2) Einfluss auf die Suchergebnisse hat.

Der Kläger hat im Schriftsatz vom 13.09.2017 auch vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) Einfluss auf die Suchergebnisse nimmt. Die Beklagte zu 2) hat hierauf nicht mehr erwidert. In Anbetracht der oben dargestellten Umstände ist daher festzustellen, dass die Beklagte zu 2) den Informationen, die sie in ihren Suchergebnissen darstellt, nicht rein neutral gegenübersteht, sondern selbst Einfluss auf die Auswahl der übermittelten Daten nimmt (vgl. auch näher LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391; zur - hier fehlenden - Neutralität von Suchmaschinen vgl. auch Trentmann, CR 2017, 26, 28 m.w.N.).

Im Übrigen wird dieses Ergebnis auch durch eine historische Auslegung gestützt. Die Frage, ob der Suchmaschinenbetreiber sich auf § 8 Abs. 1 TMG berufen kann, ist bereits seit längerer Zeit umstritten (vgl. nur Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat sich im Jahr 2016 entschieden, in § 8 Abs. 3 TMG klarzustellen, dass Betreiber von öffentlichen Funknetzwerken (WLAN) in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 1 TMG fallen sollen (BT-Drs. 18/6745). Hätte der Gesetzgeber das Anzeigen von Suchergebnissen durch Suchmaschinen in den (streitigen) Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 TMG einschließen wollen, hätte er dies zu diesem Zeitpunkt tun können. Ferner hat der Gesetzgeber erst kürzlich entschieden, den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 1 TMG auf Unterlassungsansprüche zu erweitern. In diesem Zusammenhang war ausschließlich von der Haftung des Betreibers von WLANs nach § 8 Abs. 3 TMG sowie von "klassischen" Access Providern die Rede, nicht aber von Suchmaschinen (vgl. BT-Drs. 18/12202; BT-Drs. 18/12496). Die Ausweitung der Privilegierung auch für Ergebnislisten der Suchmaschinenbetreiber war offensichtlich nicht beabsichtigt.

Im Rahmen des hier geltend gemachten Anspruchs ist die Beklagte zu 2) daher nicht entsprechend § 8 Abs. 1 TMG privilegiert (vgl. ebenso OLG Celle CR 2017, 551 [OLG Celle 01.06.2017 - 13 U 178/16]; OLG Köln, Urt. v. 13.10.2016 - 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916 Rn. 91 ff.; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391; Spindler/Schuster-Mann/Smid, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Kap. PresseR Rn. 79 m.w.N.; Spindler/Schuster-Hoffmann, a.a.O., § 8 TMG Rn. 24; Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1, 29; die von der Beklagten zu 2) in Bezug genommene Entscheidung des OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 - 15 U 188/16, Anlage B10, Bl. 265 d.A., hat eine Nähe zum Access Provider zwar in der Abwägung berücksichtigt, die Frage aber letztlich ebenfalls offen gelassen).

Es ist im Übrigen auch vor dem Hintergrund, dass der EuGH den auf das "Recht auf Vergessenwerden" gestützten Anspruch aus der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG abgeleitet hat, fraglich, ob sich die Beklagte zu 2) für diesen Anspruch auf die erweiterte Privilegierung des § 8 Abs. 1 TMG berufen könnte. Nach Art. 1 Abs. 5 lit. b) der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG findet die E-Commerce-Richtlinie nämlich keine Anwendung auf Fragen betreffend die Dienste der Informationsgesellschaft, die von den Richtlinien 95/46/EG und 97/66/EG erfasst werden. Gemäß dem dies erläuternden ErwGr 40 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG ist der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ausschließlich Gegenstand der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Wenn man also davon ausgeht, dass es sich beim Anspruch aus dem "Recht auf Vergessenwerden", auch wenn er vorliegend über §§ 823, 1004 BGB i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verankert wird, um einen originär datenschutzrechtlichen Anspruch handelt, wofür auch die Neuregelung in Art. 17 Abs. 1 DS-GVO spricht (dazu Trentmann, CR 2017, 26; Sydow/Peuker, DS-GVO, Art. 17 Rn. 11 ff.) könnte es für die Beklagte zu 2) ausgeschlossen sein, sich auf Art. 12 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG, der § 8 Abs. 1 TMG zu Grunde liegt, zu berufen (vgl. auch Sartor, IDPL 2013, Vol. 3, No. 1, 3, der für einen vermittelnden Ansatz plädiert). Hierfür könnte auch sprechen, dass der EuGH weder in der Sache "Google Spain" (EuGH GRUR 2014, 895 - Google Spain) noch in der Sache "Manni" (EuGH CR 2017, 395 - Manni) die Privilegierungen in Art. 12-15 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG erwähnt hat, obwohl dort jeweils die Beklagte zu 2) als Intermediärin Partei war.

c. Der Kläger kann von der Beklagten dennoch nicht die begehrte Unterlassung verlangen, da die Beklagte zu 2) nicht als Störerin anzusehen ist. Mittelbarer Störer ist, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 2016, 104 [BGH 28.07.2015 - VI ZR 340/14]). Die Haftung als mittelbarer Störer darf aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (BGH GRUR 2016, 855 - Ärztebewertungsportal III m.w.N.). Dies gilt auch für den Betreiber einer Suchmaschine (vgl. BGH GRUR 2010, 628 - Vorschaubilder I; OLG Köln NJOZ 2016, 1814 Rn. 51).

aa. Eine Haftung des Suchmaschinenbetreibers greift deshalb erst, wenn der Betreiber einer Suchmaschine konkret auf die Rechtsverletzung hingewiesen worden ist und für den Betreiber hierdurch die behauptete Rechtsverletzung im Rahmen seiner Prüfung offensichtlich erkennbar ist (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391). Das Inkenntnissetzungsschreiben des Betroffenen muss daher so detailliert über den Sachverhalt informieren, dass sich die behauptete Rechtsverletzung sowohl in tatsächlicher Hinsicht eindeutig darstellt als auch in rechtlicher Hinsicht die nicht hinzunehmende Beeinträchtigung des Betroffenen auf der Hand liegt. Auf Grund dieser Anforderungen darf sich der Betroffene folglich nicht darauf beschränken, die beanstandeten Links zu nennen und zu behaupten, er werde durch die Inhalte auf den durch die Links nachgewiesenen Seiten in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt (OLG Köln NJOZ 2016, 1814 Rn. 70). Ausreichend kann insoweit im Klageverfahren auch die Inkenntnissetzung durch die Klagebegründung sein (OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 - 15 U 188/16, S. 16, Anlage B10, Bl. 265 d.A.). Diese Anforderungen sind hier erfüllt, nachdem der Kläger die streitgegenständlichen Links und die dahinter liegenden Inhalte moniert und sich insoweit auf eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und einen Anspruch auf Grundlage des "Rechts auf Vergessenwerden" berufen hat.

bb. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist daher grundsätzlich nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH GRUR 2016, 855 - Ärztebewertungsportal III m.w.N.).

Auf Seiten des Betreibers einer Suchmaschine ist das eigene wirtschaftliche Interesse am Betrieb der Suchmaschine zu berücksichtigen, das für sich allein die grundrechtlich geschützte Position des Klägers nicht überwiegen kann. Darüber hinaus kann sich die Beklagte zu 2) zwar nicht selbst auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 - 15 U 197/15, Rn. 62 m.w.N.). Allerdings sind auf Seiten der Beklagten zu 2) die durch den Betreiber einer Suchmaschine gewährleisteten Rechte der Autoren und Seiteninhaber zu berücksichtigen, deren Recht aus Art. 5 Abs. 1 GG auch den Anspruch beinhaltet, mit ihrer Meinung gehört bzw. gefunden zu werden, bei Medienorganen ferner das Recht auf Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Weiter sind die Ansprüche der Nutzer zu berücksichtigen, die sich im Rahmen ihrer Suche über im Netz vorgehaltene Inhalte informieren wollen (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 - 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391).

cc. Die hiernach gebotene Abwägung fällt vorliegend zu Lasten des Klägers aus.

Der Kläger wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass bei Suche nach seinem Namen durch die Beklagte zu 2) offenbart wird, dass er im Jahr 2011, als der A in finanzielle Schwierigkeiten geriet, deren Geschäftsführer war, ferner, dass er aufgrund einer Erkrankung nicht erreichbar war, wobei die Erkrankung länger dauerte und eine Rehabilitationsmaßnahme erforderlich machte. Diese über ihn getätigten Angaben sind sämtlich wahr.

Durch die betroffenen Angaben und die Anzeige der streitgegenständlichen Links in den Suchergebnissen ist der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Die Beeinträchtigung ist aber in der Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht als rechtswidrig anzusehen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass der Kläger Geschäftsführer des A war, der Sozialsphäre des Klägers entstammt (zum Anspruch der ehemaligen Geschäftsführerin einer Gesellschaft, über die kritisch berichtet wurde OLG Celle NJW-RR 2017, 362 [OLG Celle 29.12.2016 - 13 U 85/16] Rn. 16; ähnlich bei OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 - 15 U 197/15, Rn. 59 - juris; LG Berlin NJOZ 2016, 534; vgl. zum Recht auf Vergessenwerden bei Daten aus der Sozialsphäre auch OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 - 15 U 188/16; OLG Köln NJOZ 2016, 1814; OLG Celle, Urt. v. 01.06.2017 - 13 U 178/16 Rn. 21 - juris).

Weiter ist einzustellen, dass - wie auch die umfassende Berichterstattung gezeigt hat - ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, wenn und vor welchem Hintergrund über eine finanzielle Schieflage des A berichtet wird. Denn der A als Ganzes ist in der Öffentlichkeit überaus bekannt und für vielfältige soziale Tätigkeiten von Bedeutung. Dass also ein großer Regionalverband des A finanzielle Schwierigkeiten hat, kann eine Vielzahl von Personen unmittelbar betreffen, die von diesen Dienstleistungen abhängig sind.

Zu Gunsten des Klägers war aber zu berücksichtigen, dass es sich bei der Angabe, dass der Kläger - längerfristig - erkrankt war, um besondere Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG, nämlich Gesundheitsdaten, handelt. Die Veröffentlichung von besonderen Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG ist nämlich geeignet, den Betroffenen in besonderem Maße zu beeinträchtigen (vgl. ErwGr 33 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG). Dies ist auch im Rahmen des "Rechts auf Vergessenwerden" einzubeziehen (Art. 29-Gruppe, WP 225, S. 5 f., 17).

Zu den Gesundheitsdaten gehören nicht nur einzelne Krankheiten sowie Ablauf und Inhalt einer medizinischen Behandlung, sondern auch die Angabe, ob eine bestimmte Person (inzwischen) genesen oder überhaupt völlig gesund ist (Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 3 Rn. 260 m.w.N.). "Sensitiv" sind in diesem Zusammenhang alle Angaben, die direkt oder indirekt Informationen zur Gesundheit vermitteln (Simitis, a.a.O., § 3 Rn. 263 m.w.N.). Die Betroffenheit von Gesundheitsdaten an sich führt jedoch nicht dazu, dass die Verwendung der Daten per se unzulässig ist (ebenso Hof Den Haag, Urt. v. 23.05.2017, ECLI:NL:GHDHA:2017:1360; wohl auch Art. 29-Gruppe, WP 225, S. 5 f., 17; zur Problematik eingehend Kulk/Borgesius, Privacy, Freedom of Expression, and the Right to Be Forgotten in Europe, in: Polonetsky/Tene/Selinger, Cambridge Handbook of Consumer Privacy, abrufbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2923722 m.w.N.). Vielmehr ist auch insoweit eine Abwägung im Einzelfall geboten (vgl. BGH GRUR 2017, 304 Rn. 9 ff., 15 ff., 26 ff. - Michael Schumacher). So hat der BGH beispielsweise darauf abgestellt, ob durch eine Berichterstattung über den gesundheitlichen Zustand eines ehemaligen Rennfahrers dem Leser konkrete Informationen über die (vermeintlichen) Auswirkungen eines erlittenen Schädel-Hirn-Traumas auf den Gesundheitszustand und über das genaue Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen vermittelt wird (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 11 - Michael Schumacher). Solch konkrete Angaben hätten in der Öffentlichkeit nichts zu suchen (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 16 - Michael Schumacher). Zu berücksichtigen kann insoweit auch sein, ob der Betroffene selbst Angaben zu seinem Gesundheitszustand veröffentlicht und diese damit selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 13 - Michael Schumacher). Eine solche Selbstöffnung soll in Bezug auf die dem Leser konkret vermittelten Informationen aber nicht bereits dann vorliegen, wenn der Betroffene nur allgemeine Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht hat (BGH a.a.O.). Weiter kann in die Abwägung das öffentliche Interesse an den Angaben auch zum Gesundheitszustand einzustellen sein (BGH GRUR 2017, 304 [BGH 29.11.2016 - VI ZR 382/15] Rn. 27 - Michael Schumacher).

Die Angaben zur Erkrankung des Klägers sind vorliegend wenig konkret. Offenbart wird lediglich, dass der Kläger länger erkrankt ist und "Reha-Maßnahmen" durchführt. Zwar handelt es sich um Gesundheitsdaten, jedoch gerade nicht um Angaben, die das genaue Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers offenbaren. Das hohe öffentliche Interesse an der Berichterstattung über die finanzielle Schieflage des A umfasst hier - auch aufgrund der Art und Weise der Berichterstattung - auch die gesundheitsbezogenen Angaben. In der Berichterstattung wird insbesondere darauf Bezug genommen, dass der Kläger in der aktuellen Schieflage nicht zur Verfügung stehe. Der Landesgeschäftsführer des A wird mit den Aussagen wiedergegeben, dass aufgrund der Erkrankung lediglich schriftlicher Kontakt bestehe, ein persönliches Gespräch aber vorteilhaft gewesen wäre. Es fehle jemand, der Auskunft geben kann. An diesen Angaben und dem zu Grunde liegenden Sachverhalt, nämlich der Erkrankung des Klägers, besteht ebenfalls ein hohes öffentliches Interesse, da das Fehlen des Geschäftsführers des A in einer Krisensituation und seine Verfügbarkeit als Auskunftsperson über die Hintergründe der finanziellen Schieflage auch die Frage betreffen, ob und wie schnell der A die finanzielle Schieflage überwinden und seinen Aufgaben weiter nachgehen kann.

Nach alledem muss der Kläger vorliegend die Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse durch die Beklagte zu 2) hinnehmen.

dd. Auch unter Berücksichtigung des "Rechts auf Vergessenwerden" und der Rechtsprechung des EuGH fällt die Abwägung nicht zu Gunsten des Klägers aus. Denn auch insoweit überwiegt das öffentliche Interesse an der Auffindbarkeit der betroffenen Artikel das Interesse des Klägers an deren Nichtauffindbarkeit. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich einzustellen, dass der Vorfall hier sechs Jahre zurück liegt, die letzte Berichterstattung sogar lediglich ca. vier Jahre. Der Fall "Google Spain" des EuGH betraf hingegen Angaben zum dortigen Kläger, die immerhin 16 Jahre zurück lagen und deren Informationszweck bereits erfüllt war. In der Rechtsprechung sind bisher Löschungsbegehren erörtert worden, bei denen der betroffene Vorfall - bei jeweils bestehendem öffentlichen Interesse - jeweils lediglich vier (LG Wiesbaden, Urt. v. 09.08.2016 - 4 O 7/15, Anlagenkonvolut B3, Bl. 63 d.A.), sechs (OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 - 15 U 197/15), sieben (OLG Celle NJW-RR 2017, 362 [OLG Celle 29.12.2016 - 13 U 85/16]) oder acht Jahre (OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 - 15 U 188/16, Anlage B10, Bl. 265 d.A.) zurück lag. Diese wurden jeweils aufgrund des fehlenden hinreichenden Zeitablaufs nicht nach dem "Recht auf Vergessenwerden" als begründet angesehen. So war dies aus den oben genannten Gründen auch hier zu berurteilen.

3. Der Kläger kann von der Beklagten zu 2) auch nicht aus den §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG die Unterlassung der Anzeige der beanstandeten Suchergebnisse verlangen.

Zwar hat die Beklagte zu 2) personenbezogene Daten des Klägers erhoben, verarbeitet und übermittelt. Die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung ist jedoch nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zulässig, deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG.

a. Vorliegend ist auf die Nutzung der Daten durch die Beklagte zu 2) § 29 BDSG und nicht § 28 BDSG anwendbar (vgl. insoweit OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 -15 U 197/15 Rn. 88 ff. m.w.N.).

b. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zwecke der Übermittlung zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung offensichtlich überwiegt. Dies war hier der Fall, nachdem die Angaben über den Kläger in im Internet abrufbaren Veröffentlichungen zugänglich gemacht wurden. Das Interesse des Klägers als Betroffenem überwiegt insoweit nicht. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

c. Auch die Datenübermittlung durch die Beklagte zu 2) an die Nutzer war zulässig. Nach § 29 Abs. 2 BDSG ist die Übermittlung im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat.

Insoweit ist nach der Rechtsprechung in verfassungskonformer Auslegung von § 29 Abs. 2 BDSG in Abweichung vom Wortlaut der Regelung nicht erforderlich, dass die Nutzer einer Suchmaschine an den übermittelten Informationen ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegen können, da § 29 Abs.1 S. 2 BDSG bei Suchmaschinen - ebenso wie bei Bewertungsportalen - dahingehend auszulegen ist, dass es auf eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt (OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 - 15 U 197/15 Rn. 95 ff. unter Bezug auf BGH NJW 2009, 2888 - spickmich.de).

Der Übermittlung der Daten durch die Beklagte zu 2) an die anfragenden Nutzer stehen schutzwürdige Interessen des Klägers nicht entgegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig.

Es ist daher auch hier eine Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers, des wirtschaftlichen Interesses der Beklagten zu 2) sowie der von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Rechte auf Presse-, Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer nach Art. 5 Abs. 1 GG vorzunehmen. Diese Abwägung fällt ebenfalls zu Lasten des Klägers aus, auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Dies gilt auch mit Blick auf die EuGH-Entscheidung "Google Spain".

4. Der Kläger kann von der Beklagten auch nicht gestützt auf § 35 Abs. 1 BDSG die Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Links verlangen.

Der in § 35 Abs. 1 BDSG normierte Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel des Klägers. Er macht keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter Berufung auf das "Recht auf Vergessenwerden" erreichen, dass die Beklagte zu 2) bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem das Internet wiederholt durchsucht und indexiert und hiervon ausgehend jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte zu 2) nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern nach dem nächsten Indexierungsvorgang und bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte zu 2) dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint (vgl. OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 - 15 U 197/15, Rn. 105).

Schon vor diesem Hintergrund war auch dem Argument der Beklagten zu 2), dass § 35 BDSG abschließend sei und andere Ansprüche ohnehin schon ausschieden, nicht zu folgen.

5. Es kam im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob der Anspruch gegen die Beklagte zu 2) lediglich subsidiär geltend gemacht werden kann (in diesem Sinne OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 - 15 U 188/16, das von einer Ähnlichkeit von Suchmaschinen zu Access Providern ausgeht, dazu BGH

LG Hamburg: Yahoo Deutschland ist nicht für rechtswidrige Inhalte in den Yahoo-Suchergebnissen verantwortlich - Suchmaschine wird von Yahoo Irland betrieben

LG Hamburg
Urteil vom 10.07.2015
324 O 17/15


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Yahoo Deutschland nicht für rechtswidrige Inhalte in den Yahoo-Suchergebnissen verantwortlich ist. Betreiber der Suchmaschine ist die Yahoo Irland E.L. Der Kläger hatte Yahoo Deutschland auf Löschung von Suchmaschinenergebnissen in Anspruch genommen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet, ein Anspruch auf Löschung oder Unterlassung ist nicht ersichtlich.

Die Beklagte ist nicht Betreiberin der Suchmaschine Y.!, weder unter der Domain y..de noch unter der Domain y..com. Außer der beleglosen Behauptung des Klägers besteht für die Betreibereigenschaft der Beklagten keinerlei Anhaltspunkt. Vielmehr lässt sich Anlage B 1 entnehmen, dass für sämtliche Dienste die Y.! E. L. mit Sitz in Irland verantwortlich ist. Dies nimmt der Kläger nicht in Abrede.

Es besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Niederlassung kein Anhaltspunkt für eine Haftung der Beklagten für die von dem Kläger begehrte Entfernung bestimmter Links aus der Suchmaschine Y.!. Ein solcher Anhaltspunkt ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 13.05.2014 (C-131/12) hinsichtlich einer anderen Suchmaschine. Denn in jener Entscheidung wird die spanische Gesellschaft des amerikanischen Suchmaschinenbetreibers lediglich für die Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts herangezogen, nicht jedoch wird die spanische Gesellschaft selbst aufgrund der Vorgaben der Richtlinie verpflichtet.

Letztlich besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, dass eine Haftung der Beklagten weder als Täterin, noch als Störerin in Betracht kommt. Ein anderer Haftungsgrund ist nicht ersichtlich, wird auch von Klägerseite nicht geltend gemacht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: