OLG Köln: Anspruch auf Entfernung von Inhalten aus dem Google-Suchindex gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO kann auch gegenüber Google Ireland und nicht nur Google USA geltend gemacht werden
OLG Köln
Urteil vom 04.07.2024
15 U 60/23
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Anspruch auf Entfernung von Inhalten aus dem Google-Suchindex gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO auch gegenüber Google Ireland und nicht nur gegenüber Google USA geltend gemacht werden kann.
Aus den Entscheidungsgründen:
2. Die Berufung hat Erfolg. Der Klageantrag zu 1 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts zulässig und begründet. Über den in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Antrag zu 3 ist deshalb nicht zu entscheiden.
a) Der mit dem Antrag zu 1 b geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
aa) In Fällen, in denen ein Betroffener - wie vorliegend der Kläger - vom Betreiber einer Internetsuchmaschine die Auslistung bestimmter Ergebnislinks verlangt, ist das in Art. 17 Abs. 1 DSGVO niedergelegte Recht auf Löschung schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern es umfasst unabhängig von der technischen Umsetzung auch das Begehren, eine erneute Listung zu unterlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22, GRUR 2023, 2472 Rn. 20 mwN).
bb) Die Haftung der Beklagten ist nicht subsidiär gegenüber der Haftung derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 12; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8.12.2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184).
cc) Der für das Auslistungsbegehren erforderliche Antrag ist jedenfalls in der Klageschrift zu sehen, in der der Kläger die Beklagte in formeller Hinsicht hinreichend deutlich auf die aus seiner Sicht vorliegende Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 29 mwN). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass der Antrag keine Rückwirkung entfaltet, trifft dies zwar zu. Für den Unterlassungsanspruch kommt es jedoch nur darauf an, dass der Antrag geeignet ist, für die Zukunft eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen.
dd) Der auf den Internetseiten, auf die in den Suchergebnissen verwiesen wird, veröffentlichte Artikel vom 00.00. 2019 enthält unstreitig den Kläger betreffende personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
ee) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Beklagte Verantwortlicher. Verantwortlicher ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, von der auch das Landgericht ausgegangen ist, soll durch die weite Definition des Ausdrucks „Verantwortlicher“ ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Person gewährleistet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Die Tätigkeit einer Suchmaschine, die darin besteht, von Dritten ins Internet gestellte oder dort veröffentlichte Informationen zu finden, automatisch zu indexieren, vorübergehend zu speichern und schließlich den Internetnutzern in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung zu stellen, ist, sofern die Informationen personenbezogene Daten enthalten, als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nummern 1 und 2 DSGVO einzustufen. Ferner ist der Betreiber einer solchen Suchmaschine als für diese Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO anzusehen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 49 mwN). Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte in Deutschland und anderen europäischen Ländern Betreiberin der MN.-Suchmaschine ist (vgl. auch LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29).
Unerheblich ist es, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet, während die Entscheidungen darüber, wie auf eine Suchanfrage reagiert wird und wie die relevanten Suchergebnisse angezeigt werden, nicht von ihr, sondern der MN. LLC getroffen werden. Bei seiner abweichenden Würdigung hat das Landgericht ebenso wie die Landgerichte Rostock und Mosbach in ihren von der Beklagten als Anlage BB 1 vorgelegten Entscheidungen (LG Rostock, Urteil vom 24. Mai 2023 - 3 O 95/22; LG Mosbach Urteil im Verfahren 2 O 86/24) nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits die Anzeige personenbezogener Daten auf einer Seite mit Suchergebnissen eine Verarbeitung dieser Daten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 57; zu einer Veröffentlichung auch EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Indem die Beklagte - wie von ihr selbst vorgetragen - den deutschen Internetnutzern den Zugang zur MN.-Suchmaschine anbietet, stellt sie den Nutzern die von ihrer Muttergesellschaft aufbereiteten Suchergebnisse bereit und führt damit, soweit personenbezogene Daten in Rede stehen (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO aus (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 28; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32). Dass die Beklagte sich die Inhalte der verlinkten Internetseiten zu eigen macht, ist dafür nicht erforderlich, weshalb die entsprechenden Erwägungen des Landgerichts dahinstehen können.
Ebenfalls unerheblich ist es, dass in der auf der Seite MN..com veröffentlichten Datenschutzerklärung die MN. LLC als zuständige Datenverantwortliche benannt ist. Denn nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann die Beklagte sich nicht durch eine Datenschutzerklärung von ihrer aus den tatsächlichen Umständen folgenden Verantwortlichkeit befreien.
Soweit das Kammergericht in einem von der Beklagten vorgelegten Hinweisbeschluss (Beschluss vom 4. Februar 2022 - 10 W 1024/20, Anlage B 5) eine Verantwortlichkeit der Beklagten letztlich allein mit der Erwägung verneint hat, der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 13) habe ausgeführt, dass im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Suchmaschine MN. die MN. LLC Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO sei, überzeugt dies nicht. Denn eine Verantwortlichkeit der MN. LLC schließt es, wie auch die Vorschrift des § 26 DSGVO zeigt, nicht aus, dass daneben auch die Beklagte Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist (vgl. LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32).
ff) Die personenbezogenen Daten des Klägers werden unrechtmäßig verarbeitet (Art. 17 Abs. 1 Buchstabe d DSGVO) und die Verarbeitung ist nicht erforderlich zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO). Die insoweit gebotene Gesamtabwägung der widerstreitenden Grundrechte, nämlich der Grundrechte des Klägers auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) sowie des Rechts der Beklagten auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GRCh), des Rechts der Inhalteanbieter auf Meinungsfreiheit (Art. 11 GRCh) und der Informationsinteressen der Nutzer (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 20 ff.; vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 14 ff.) geht zu Gunsten des Klägers aus. Denn der Artikel vom 00.00. 2019 enthält zumindest eine für das Gesamtverständnis des Artikels bedeutsame Information, die tatsächlich unwahr ist und die der Kläger nicht hinnehmen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 65; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18, GRUR 2020, 1338 Rn. 24; Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 32).
(1) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs obliegt der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihr vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 68; BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 33 f.).
Der Betreiber der Suchmaschine ist im Rahmen der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO nicht verpflichtet, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist. Daher ist der Betreiber der Suchmaschine bei der Bearbeitung eines solchen Antrags nicht verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln und hierfür mit dem Inhalteanbieter einen kontradiktorischen Schriftwechsel zu führen, der darauf gerichtet ist, fehlende Angaben zur Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erlangen. Denn da eine solche Verpflichtung den Betreiber der Suchmaschine dazu zwingen würde, selbst einen Beitrag zum Nachweis der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erbringen, würde sie zu einer Belastung dieses Betreibers führen, die über das hinausginge, was von ihm im Hinblick auf seinen Verantwortungsbereich, seine Befugnisse und seine Möglichkeiten vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 70 f.).
Folglich ist der Betreiber der Suchmaschine, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlegt, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist, verpflichtet, diesem Auslistungsantrag stattzugeben (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 72).
Wenn die fraglichen Informationen zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen können, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information besondere Bedeutung beizumessen. Zudem wäre eine Auslistung von Artikeln mit der Folge, dass es schwierig würde, im Internet Zugang zu der Gesamtheit dieser Artikel zu haben, auch dann unverhältnismäßig, wenn sich nur bestimmte Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt dieser Artikel von untergeordneter Bedeutung sind, als unrichtig erweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 73 f.).
(2) Gemessen daran hat im Streitfall der Kläger den ihm obliegenden Nachweis durch sein Vorbringen in der Klageschrift geführt.
Er hat aufgezeigt, dass die in dem Artikel vom 00.00. 2019 aufgestellte Behauptung, auf einem von ihm auf seinem Blog geposteten und neben dem Artikel gezeigten Bild habe er an der Uniform einen Patch des T. getragen, offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Der Kläger hat durch Vorlage zweier Lichtbilder des von ihm getragenen Abzeichens (Anlage K 3) und durch Vorlage zweier Internetausdrucke (Anlagen K 4 und 5) belegt, dass das von ihm getragene Abzeichen einem von der Logistikschule der Bundeswehr verwandten Logo (Anlage K 4) entspricht und sich - was bei Betrachtung der Anlagen K 3 bis 5 bereits auf den ersten Blick klar erkennbar ist - stark unterscheidet von dem Vereinszeichen des Y. TR. (Anlage K 5). Dass das als Anlage K 3 vorgelegte Lichtbild dasselbe Abzeichen zeigt, das der Kläger auch auf dem im Artikel vom 00.00. 2019 eingeblendeten Foto getragen hat, ist jedenfalls bei einer Vergrößerung des eingeblendeten Fotos, die der Beklagten ebenso wie dem Senat unschwer möglich ist und die Beklagte nicht unzumutbar belastet, ebenfalls hinreichend erkennbar. Soweit der Senat das Foto in der mündlichen Verhandlung als nicht eindeutig bezeichnet hat, bezog sich dies, wie der Senat von Anfang ausgeführt und auf den Einwand des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bereits in der Verhandlung auch nochmals klargestellt hat, nicht auf den angeblichen Patch des T., sondern nur auf den angeblichen DR.-Orden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Falschbehauptung nicht wertneutral. Denn zwar bestreitet der Kläger nicht, Mitglied im T. zu sein, der in dem Artikel vom 00.00. 2019 als ein „„Zitat wurde entfernt““ vorgestellt wird. Die angegriffene Falschbehauptung enthält aber eine Kritik am Kläger, die über den Vorwurf der Mitgliedschaft in einem militaristischen Verein hinausgeht. Mit der angegriffenen Falschbehauptung wird dem Kläger nämlich vorgehalten, sich auch bei der Ausübung seines Dienstes als N. und beim Tragen einer Uniform öffentlich als Mitglied des Verbandes zu erkennen gegeben zu haben, weshalb er „„Zitat wurde entfernt““ müsse. Ein derartiger Vorwurf ist deutlich schwerwiegender.
Die Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, ist auch kein ganz unbedeutender Teil des Artikels vom 00.00. 2019. Denn zwar enthält der Artikel eine Vielzahl weiterer Informationen und ist der Kläger nicht der einzige Politiker, der in dem Artikel vorgestellt wird. Die Vorstellung seiner Person ist aber für den Gesamtinhalt des Artikels zumindest ebenso bedeutend wie die Vorstellung der anderen Personen, zumal die den Kläger betreffenden Ausführungen an zweiter Stelle stehen und außer ihm nur noch zwei weitere Politiker auch im Bild gezeigt werden. Es kommt noch hinzu, dass der Kläger eine Auslistung nur insoweit begehrt, als die Nutzer der Suchmaschine Suchbegriffe eingeben, die zumindest seinen Nachnamen enthalten. Für diese Nutzer wird die Vorstellung des Klägers typischer Weise von größerer Bedeutung sein als die Vorstellung der anderen Politiker. Schließlich ist die Falschbehauptung betreffend das angebliche Tragen eines Patches des T. auch im Verhältnis zu den anderen den Kläger betreffenden Aussagen nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Das folgt schon daraus, dass die fragliche Falschbehauptung durch das den Kläger zeigende Foto belegt werden soll. Zudem ist - wie ausgeführt - der gegen den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe sich bei der Ausübung seines Dienstes als OM. als Mitglied eines militaristischen Verbandes zu erkennen gegeben, von erheblicher Tragweite.
Des Weiteren fällt entgegen der Auffassung der Beklagten die Abwägung nicht deshalb zu ihren Gunsten aus, weil dem Kläger die erfolgreiche Inanspruchnahme derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind, möglich und - ohne erhebliche Maßnahmen und Zeitaufwand - zumutbar wäre. Die für diesen - möglichen - Einwand darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 56) hat hierzu jedenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Nach dem unwiderlegten Vortrag des Klägers war ihm eine Inanspruchnahme anderer Verantwortlicher nicht zuzumuten, weil die hinter den beiden fraglichen Internetseiten stehende Antifaschistische Aktion und die für sie handelnden Personen nicht greifbar und die Registrare der beiden Domains im Ausland ansässig sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht es dem Auslistungsbegehren des Klägers schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte den Artikel vom 00.00. 2019 dem Antrag des Klägers zufolge nicht schon bei bloßer Eingabe des Namens des Klägers (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 80), sondern nur bei zusätzlicher Eingabe weiterer - im Antrag wiedergegebener - Suchbegriffe nicht anzeigen soll. Der Kläger hat insoweit zu Recht geltend gemacht, dass allein auf Grund der Eingabe der weiteren Suchbegriffe nicht davon ausgegangen werden kann, dass der jeweilige Nutzer den rechtswidrigen Drittinhalt bereits kennt und gezielt nach ihm sucht.
Da das Auslistungsbegehren nach alledem alleine auf Grund der Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, gerechtfertigt ist, kommt es auf die Angriffe des Klägers gegen weitere Inhalte des Artikels vom 00.00. 2019 nicht an.
b) Der mit dem Antrag zu 1 a geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
Das neben dem Artikel vom 00.00. 2019 gezeigte Lichtbild wird urheberrechtlich jedenfalls nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Das Recht stand nach § 72 Abs. 2 UrhG zunächst der Ehefrau des Klägers als Lichtbildnerin zu, da die Ehefrau das Bild nach den nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, die Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefern (§ 314 Satz 1 ZPO), aufgenommen hat. Der Umstand, dass das Foto nach Angaben des Klägers im Bereich seiner Arbeitsstelle aufgenommen worden ist, schließt es im Übrigen keineswegs aus, dass die Ehefrau das Bild aufgenommen hat. Mit Vertrag vom 15. März 2021 hat die Ehefrau als Rechteinhaberin dem Kläger das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht eingeräumt, das Lichtbild umfassend zu nutzen, weshalb nunmehr der Kläger aktiv legitimiert ist. Dafür, dass die Ehefrau vor Abschluss des Vertrags Rechte an dem Bild an Dritte übertragen hatte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Dadurch, dass die Beklagte ihren Nutzern Hyperlinks auf die beiden im Klageantrag wiedergegebenen Internetseiten anzeigt, auf denen das Lichtbild veröffentlicht ist, verletzt sie ein unbenanntes ausschließliches Recht des Klägers zur öffentlichen Wiedergabe des Lichtbildes (§ 15 Abs. 2 UrhG). Zwar ist die Bereitstellung eines Hyperlinks nur dann als öffentliche Wiedergabe anzusehen, wenn der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Link Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk schafft, etwa weil er vom Urheberrechtsinhaber zuvor darauf hingewiesen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 11/16, GRUR 2018, 178 Rn. 55, 67).
Ein solcher Hinweis ist aber im Streitfall mit den vorgerichtlichen Abmahnungen und dem Vortrag in der Klageschrift erfolgt. Der Kläger hat insbesondere durch Vorlage des schriftlichen Vertrags vom 15. März 2021 hinreichend nachgewiesen, dass seine Ehefrau das Bild aufgenommen und sie dem Kläger umfassende Nutzungsrechte eingeräumt hat. Dass der Vereinbarung nicht das Ursprungsbild, sondern offenbar nur ein Screenshot des Verletzungsmusters beigefügt war, ändert daran nichts.
Die öffentliche Wiedergabe des Fotos ist - wovon sich die Beklagte ohne eingehende rechtliche Prüfung überzeugen konnte und kann (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 u.a., GRUR 2021, 1054 Rn. 116) - auch nicht nach § 51 Satz 1 UrhG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung scheidet im Streitfall offensichtlich aus. Der Zweck der Nutzung des Fotos lag vorliegend darin, dass es dem Verfasser des Artikels vom 00.00. 2019 als Beleg für seine Behauptungen diente, der Kläger habe an seiner Uniform einen Patch des T. - eines Militaristenverbandes - und ein Abzeichen des DR.-Ordens - eines seltsamen Templerordens - getragen. Bei der ersten Behauptung handelt es sich - wie ausgeführt - um eine Falschbehauptung, deren Unwahrheit der Kläger der Beklagten gegenüber nachgewiesen hat. Zum Beleg der zweiten Behauptung ist das Foto nicht geeignet, weil das fragliche Abzeichen auf dem Foto schon nicht hinreichend deutlich zu erkennen ist; hiervon geht die Beklagte selbst aus. Unter diesen Umständen ist nicht zweifelhaft, dass das Recht des Verfassers des Artikels auf Meinungsfreiheit hinter dem Recht des Klägers am geistigen Eigentum zurücktreten muss.
Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte sich erstmals in der mündlichen Verhandlung auf § 50 UrhG berufen hat. Die insoweit gebotene Abwägung der betroffenen Grundrechte (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15, GRUR 2020, 859 Rn. 48) geht aus den oben zu § 51 UrhG genannten Gründen zu Lasten der Beklagten aus. Aus den als Anlage BB2 vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Hamburg (Beschluss vom 21. Februar 2023 - 308 O 2/23) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 4. August 2023 - 5 W 3/23) folgt nichts anderes, weil in dem von diesen Gerichten entschiedenen Fall eine Falschbehauptung nicht in Rede stand.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 04.07.2024
15 U 60/23
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Anspruch auf Entfernung von Inhalten aus dem Google-Suchindex gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO auch gegenüber Google Ireland und nicht nur gegenüber Google USA geltend gemacht werden kann.
Aus den Entscheidungsgründen:
2. Die Berufung hat Erfolg. Der Klageantrag zu 1 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts zulässig und begründet. Über den in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Antrag zu 3 ist deshalb nicht zu entscheiden.
a) Der mit dem Antrag zu 1 b geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
aa) In Fällen, in denen ein Betroffener - wie vorliegend der Kläger - vom Betreiber einer Internetsuchmaschine die Auslistung bestimmter Ergebnislinks verlangt, ist das in Art. 17 Abs. 1 DSGVO niedergelegte Recht auf Löschung schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern es umfasst unabhängig von der technischen Umsetzung auch das Begehren, eine erneute Listung zu unterlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22, GRUR 2023, 2472 Rn. 20 mwN).
bb) Die Haftung der Beklagten ist nicht subsidiär gegenüber der Haftung derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 12; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8.12.2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184).
cc) Der für das Auslistungsbegehren erforderliche Antrag ist jedenfalls in der Klageschrift zu sehen, in der der Kläger die Beklagte in formeller Hinsicht hinreichend deutlich auf die aus seiner Sicht vorliegende Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 29 mwN). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass der Antrag keine Rückwirkung entfaltet, trifft dies zwar zu. Für den Unterlassungsanspruch kommt es jedoch nur darauf an, dass der Antrag geeignet ist, für die Zukunft eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen.
dd) Der auf den Internetseiten, auf die in den Suchergebnissen verwiesen wird, veröffentlichte Artikel vom 00.00. 2019 enthält unstreitig den Kläger betreffende personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
ee) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Beklagte Verantwortlicher. Verantwortlicher ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, von der auch das Landgericht ausgegangen ist, soll durch die weite Definition des Ausdrucks „Verantwortlicher“ ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Person gewährleistet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Die Tätigkeit einer Suchmaschine, die darin besteht, von Dritten ins Internet gestellte oder dort veröffentlichte Informationen zu finden, automatisch zu indexieren, vorübergehend zu speichern und schließlich den Internetnutzern in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung zu stellen, ist, sofern die Informationen personenbezogene Daten enthalten, als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nummern 1 und 2 DSGVO einzustufen. Ferner ist der Betreiber einer solchen Suchmaschine als für diese Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO anzusehen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 49 mwN). Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte in Deutschland und anderen europäischen Ländern Betreiberin der MN.-Suchmaschine ist (vgl. auch LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29).
Unerheblich ist es, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet, während die Entscheidungen darüber, wie auf eine Suchanfrage reagiert wird und wie die relevanten Suchergebnisse angezeigt werden, nicht von ihr, sondern der MN. LLC getroffen werden. Bei seiner abweichenden Würdigung hat das Landgericht ebenso wie die Landgerichte Rostock und Mosbach in ihren von der Beklagten als Anlage BB 1 vorgelegten Entscheidungen (LG Rostock, Urteil vom 24. Mai 2023 - 3 O 95/22; LG Mosbach Urteil im Verfahren 2 O 86/24) nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits die Anzeige personenbezogener Daten auf einer Seite mit Suchergebnissen eine Verarbeitung dieser Daten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 57; zu einer Veröffentlichung auch EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Indem die Beklagte - wie von ihr selbst vorgetragen - den deutschen Internetnutzern den Zugang zur MN.-Suchmaschine anbietet, stellt sie den Nutzern die von ihrer Muttergesellschaft aufbereiteten Suchergebnisse bereit und führt damit, soweit personenbezogene Daten in Rede stehen (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO aus (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 28; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32). Dass die Beklagte sich die Inhalte der verlinkten Internetseiten zu eigen macht, ist dafür nicht erforderlich, weshalb die entsprechenden Erwägungen des Landgerichts dahinstehen können.
Ebenfalls unerheblich ist es, dass in der auf der Seite MN..com veröffentlichten Datenschutzerklärung die MN. LLC als zuständige Datenverantwortliche benannt ist. Denn nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann die Beklagte sich nicht durch eine Datenschutzerklärung von ihrer aus den tatsächlichen Umständen folgenden Verantwortlichkeit befreien.
Soweit das Kammergericht in einem von der Beklagten vorgelegten Hinweisbeschluss (Beschluss vom 4. Februar 2022 - 10 W 1024/20, Anlage B 5) eine Verantwortlichkeit der Beklagten letztlich allein mit der Erwägung verneint hat, der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 13) habe ausgeführt, dass im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Suchmaschine MN. die MN. LLC Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO sei, überzeugt dies nicht. Denn eine Verantwortlichkeit der MN. LLC schließt es, wie auch die Vorschrift des § 26 DSGVO zeigt, nicht aus, dass daneben auch die Beklagte Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist (vgl. LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32).
ff) Die personenbezogenen Daten des Klägers werden unrechtmäßig verarbeitet (Art. 17 Abs. 1 Buchstabe d DSGVO) und die Verarbeitung ist nicht erforderlich zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO). Die insoweit gebotene Gesamtabwägung der widerstreitenden Grundrechte, nämlich der Grundrechte des Klägers auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) sowie des Rechts der Beklagten auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GRCh), des Rechts der Inhalteanbieter auf Meinungsfreiheit (Art. 11 GRCh) und der Informationsinteressen der Nutzer (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 20 ff.; vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 14 ff.) geht zu Gunsten des Klägers aus. Denn der Artikel vom 00.00. 2019 enthält zumindest eine für das Gesamtverständnis des Artikels bedeutsame Information, die tatsächlich unwahr ist und die der Kläger nicht hinnehmen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 65; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18, GRUR 2020, 1338 Rn. 24; Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 32).
(1) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs obliegt der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihr vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 68; BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 33 f.).
Der Betreiber der Suchmaschine ist im Rahmen der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO nicht verpflichtet, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist. Daher ist der Betreiber der Suchmaschine bei der Bearbeitung eines solchen Antrags nicht verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln und hierfür mit dem Inhalteanbieter einen kontradiktorischen Schriftwechsel zu führen, der darauf gerichtet ist, fehlende Angaben zur Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erlangen. Denn da eine solche Verpflichtung den Betreiber der Suchmaschine dazu zwingen würde, selbst einen Beitrag zum Nachweis der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erbringen, würde sie zu einer Belastung dieses Betreibers führen, die über das hinausginge, was von ihm im Hinblick auf seinen Verantwortungsbereich, seine Befugnisse und seine Möglichkeiten vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 70 f.).
Folglich ist der Betreiber der Suchmaschine, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlegt, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist, verpflichtet, diesem Auslistungsantrag stattzugeben (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 72).
Wenn die fraglichen Informationen zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen können, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information besondere Bedeutung beizumessen. Zudem wäre eine Auslistung von Artikeln mit der Folge, dass es schwierig würde, im Internet Zugang zu der Gesamtheit dieser Artikel zu haben, auch dann unverhältnismäßig, wenn sich nur bestimmte Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt dieser Artikel von untergeordneter Bedeutung sind, als unrichtig erweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 73 f.).
(2) Gemessen daran hat im Streitfall der Kläger den ihm obliegenden Nachweis durch sein Vorbringen in der Klageschrift geführt.
Er hat aufgezeigt, dass die in dem Artikel vom 00.00. 2019 aufgestellte Behauptung, auf einem von ihm auf seinem Blog geposteten und neben dem Artikel gezeigten Bild habe er an der Uniform einen Patch des T. getragen, offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Der Kläger hat durch Vorlage zweier Lichtbilder des von ihm getragenen Abzeichens (Anlage K 3) und durch Vorlage zweier Internetausdrucke (Anlagen K 4 und 5) belegt, dass das von ihm getragene Abzeichen einem von der Logistikschule der Bundeswehr verwandten Logo (Anlage K 4) entspricht und sich - was bei Betrachtung der Anlagen K 3 bis 5 bereits auf den ersten Blick klar erkennbar ist - stark unterscheidet von dem Vereinszeichen des Y. TR. (Anlage K 5). Dass das als Anlage K 3 vorgelegte Lichtbild dasselbe Abzeichen zeigt, das der Kläger auch auf dem im Artikel vom 00.00. 2019 eingeblendeten Foto getragen hat, ist jedenfalls bei einer Vergrößerung des eingeblendeten Fotos, die der Beklagten ebenso wie dem Senat unschwer möglich ist und die Beklagte nicht unzumutbar belastet, ebenfalls hinreichend erkennbar. Soweit der Senat das Foto in der mündlichen Verhandlung als nicht eindeutig bezeichnet hat, bezog sich dies, wie der Senat von Anfang ausgeführt und auf den Einwand des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bereits in der Verhandlung auch nochmals klargestellt hat, nicht auf den angeblichen Patch des T., sondern nur auf den angeblichen DR.-Orden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Falschbehauptung nicht wertneutral. Denn zwar bestreitet der Kläger nicht, Mitglied im T. zu sein, der in dem Artikel vom 00.00. 2019 als ein „„Zitat wurde entfernt““ vorgestellt wird. Die angegriffene Falschbehauptung enthält aber eine Kritik am Kläger, die über den Vorwurf der Mitgliedschaft in einem militaristischen Verein hinausgeht. Mit der angegriffenen Falschbehauptung wird dem Kläger nämlich vorgehalten, sich auch bei der Ausübung seines Dienstes als N. und beim Tragen einer Uniform öffentlich als Mitglied des Verbandes zu erkennen gegeben zu haben, weshalb er „„Zitat wurde entfernt““ müsse. Ein derartiger Vorwurf ist deutlich schwerwiegender.
Die Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, ist auch kein ganz unbedeutender Teil des Artikels vom 00.00. 2019. Denn zwar enthält der Artikel eine Vielzahl weiterer Informationen und ist der Kläger nicht der einzige Politiker, der in dem Artikel vorgestellt wird. Die Vorstellung seiner Person ist aber für den Gesamtinhalt des Artikels zumindest ebenso bedeutend wie die Vorstellung der anderen Personen, zumal die den Kläger betreffenden Ausführungen an zweiter Stelle stehen und außer ihm nur noch zwei weitere Politiker auch im Bild gezeigt werden. Es kommt noch hinzu, dass der Kläger eine Auslistung nur insoweit begehrt, als die Nutzer der Suchmaschine Suchbegriffe eingeben, die zumindest seinen Nachnamen enthalten. Für diese Nutzer wird die Vorstellung des Klägers typischer Weise von größerer Bedeutung sein als die Vorstellung der anderen Politiker. Schließlich ist die Falschbehauptung betreffend das angebliche Tragen eines Patches des T. auch im Verhältnis zu den anderen den Kläger betreffenden Aussagen nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Das folgt schon daraus, dass die fragliche Falschbehauptung durch das den Kläger zeigende Foto belegt werden soll. Zudem ist - wie ausgeführt - der gegen den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe sich bei der Ausübung seines Dienstes als OM. als Mitglied eines militaristischen Verbandes zu erkennen gegeben, von erheblicher Tragweite.
Des Weiteren fällt entgegen der Auffassung der Beklagten die Abwägung nicht deshalb zu ihren Gunsten aus, weil dem Kläger die erfolgreiche Inanspruchnahme derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind, möglich und - ohne erhebliche Maßnahmen und Zeitaufwand - zumutbar wäre. Die für diesen - möglichen - Einwand darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 56) hat hierzu jedenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Nach dem unwiderlegten Vortrag des Klägers war ihm eine Inanspruchnahme anderer Verantwortlicher nicht zuzumuten, weil die hinter den beiden fraglichen Internetseiten stehende Antifaschistische Aktion und die für sie handelnden Personen nicht greifbar und die Registrare der beiden Domains im Ausland ansässig sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht es dem Auslistungsbegehren des Klägers schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte den Artikel vom 00.00. 2019 dem Antrag des Klägers zufolge nicht schon bei bloßer Eingabe des Namens des Klägers (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 80), sondern nur bei zusätzlicher Eingabe weiterer - im Antrag wiedergegebener - Suchbegriffe nicht anzeigen soll. Der Kläger hat insoweit zu Recht geltend gemacht, dass allein auf Grund der Eingabe der weiteren Suchbegriffe nicht davon ausgegangen werden kann, dass der jeweilige Nutzer den rechtswidrigen Drittinhalt bereits kennt und gezielt nach ihm sucht.
Da das Auslistungsbegehren nach alledem alleine auf Grund der Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, gerechtfertigt ist, kommt es auf die Angriffe des Klägers gegen weitere Inhalte des Artikels vom 00.00. 2019 nicht an.
b) Der mit dem Antrag zu 1 a geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
Das neben dem Artikel vom 00.00. 2019 gezeigte Lichtbild wird urheberrechtlich jedenfalls nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Das Recht stand nach § 72 Abs. 2 UrhG zunächst der Ehefrau des Klägers als Lichtbildnerin zu, da die Ehefrau das Bild nach den nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, die Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefern (§ 314 Satz 1 ZPO), aufgenommen hat. Der Umstand, dass das Foto nach Angaben des Klägers im Bereich seiner Arbeitsstelle aufgenommen worden ist, schließt es im Übrigen keineswegs aus, dass die Ehefrau das Bild aufgenommen hat. Mit Vertrag vom 15. März 2021 hat die Ehefrau als Rechteinhaberin dem Kläger das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht eingeräumt, das Lichtbild umfassend zu nutzen, weshalb nunmehr der Kläger aktiv legitimiert ist. Dafür, dass die Ehefrau vor Abschluss des Vertrags Rechte an dem Bild an Dritte übertragen hatte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Dadurch, dass die Beklagte ihren Nutzern Hyperlinks auf die beiden im Klageantrag wiedergegebenen Internetseiten anzeigt, auf denen das Lichtbild veröffentlicht ist, verletzt sie ein unbenanntes ausschließliches Recht des Klägers zur öffentlichen Wiedergabe des Lichtbildes (§ 15 Abs. 2 UrhG). Zwar ist die Bereitstellung eines Hyperlinks nur dann als öffentliche Wiedergabe anzusehen, wenn der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Link Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk schafft, etwa weil er vom Urheberrechtsinhaber zuvor darauf hingewiesen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 11/16, GRUR 2018, 178 Rn. 55, 67).
Ein solcher Hinweis ist aber im Streitfall mit den vorgerichtlichen Abmahnungen und dem Vortrag in der Klageschrift erfolgt. Der Kläger hat insbesondere durch Vorlage des schriftlichen Vertrags vom 15. März 2021 hinreichend nachgewiesen, dass seine Ehefrau das Bild aufgenommen und sie dem Kläger umfassende Nutzungsrechte eingeräumt hat. Dass der Vereinbarung nicht das Ursprungsbild, sondern offenbar nur ein Screenshot des Verletzungsmusters beigefügt war, ändert daran nichts.
Die öffentliche Wiedergabe des Fotos ist - wovon sich die Beklagte ohne eingehende rechtliche Prüfung überzeugen konnte und kann (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 u.a., GRUR 2021, 1054 Rn. 116) - auch nicht nach § 51 Satz 1 UrhG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung scheidet im Streitfall offensichtlich aus. Der Zweck der Nutzung des Fotos lag vorliegend darin, dass es dem Verfasser des Artikels vom 00.00. 2019 als Beleg für seine Behauptungen diente, der Kläger habe an seiner Uniform einen Patch des T. - eines Militaristenverbandes - und ein Abzeichen des DR.-Ordens - eines seltsamen Templerordens - getragen. Bei der ersten Behauptung handelt es sich - wie ausgeführt - um eine Falschbehauptung, deren Unwahrheit der Kläger der Beklagten gegenüber nachgewiesen hat. Zum Beleg der zweiten Behauptung ist das Foto nicht geeignet, weil das fragliche Abzeichen auf dem Foto schon nicht hinreichend deutlich zu erkennen ist; hiervon geht die Beklagte selbst aus. Unter diesen Umständen ist nicht zweifelhaft, dass das Recht des Verfassers des Artikels auf Meinungsfreiheit hinter dem Recht des Klägers am geistigen Eigentum zurücktreten muss.
Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte sich erstmals in der mündlichen Verhandlung auf § 50 UrhG berufen hat. Die insoweit gebotene Abwägung der betroffenen Grundrechte (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15, GRUR 2020, 859 Rn. 48) geht aus den oben zu § 51 UrhG genannten Gründen zu Lasten der Beklagten aus. Aus den als Anlage BB2 vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Hamburg (Beschluss vom 21. Februar 2023 - 308 O 2/23) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 4. August 2023 - 5 W 3/23) folgt nichts anderes, weil in dem von diesen Gerichten entschiedenen Fall eine Falschbehauptung nicht in Rede stand.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: